Theater Nordhausen
Theater Nordhausen
Theater Nordhausen
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DIE MUSIK DER OPER<br />
von Egon Voss<br />
DIE STADTBIBLIOTHEK<br />
„Rudolf Hagelstange“, Wilhelm-Nebelung-Straße 10, Tel. (0 36 31) 98 37 95,<br />
hält zur Oper „André Chénier“ folgende Medien bereit:<br />
14<br />
Kai Günther, Gustavo Zahnstecher<br />
Die Oper ist ein Hauptwerk des italienischen<br />
Verismo. Im Unterschied zu<br />
Mascagnis „Cavalleria rusticana“<br />
(1890) und Leoncavallos „Pagliacci“<br />
(1892), den veristischen Paradigmen,<br />
verzichtet Giordano nicht auf das Einbeziehen<br />
von Musik aus der Realität,<br />
in der die Handlung spielt, sondern<br />
greift auf präexistente Musik zurück,<br />
auf Lieder aus der Zeit der Französischen<br />
Revolution: „Carmagnole“, „Ça<br />
ira“ und „Marseillaise“. Sie werden<br />
entsprechend ihrer Funktion, authentische<br />
Wirklichkeit zu präsentieren, unverändert<br />
übernommen (…). Auf eine<br />
Verwendung von Motiven aus diesen<br />
Liedern verzichtet die Partitur, wie es<br />
scheint, bewusst, so dass die Lieder<br />
unverbunden neben Giordanos Musik<br />
stehen, also in der Tat als ein Stück<br />
Wirklichkeit in das Stück hineinragen.<br />
Die drei Revolutionslieder sind den drei<br />
Revolutionsbildern (2.–4. Bild) vorbehalten,<br />
während im 1. Bild durch die<br />
archaisierende Nachahmung von Musik<br />
des 18. Jahrhunderts (Schäferchor,<br />
Cembalostück – in <strong>Nordhausen</strong> Harfenstück/d.<br />
Red., Tempo di gavotta) das<br />
Ancien régime porträtiert wird. Der<br />
Rückgriff auf ältere Formen und Prinzipien<br />
der Melodik und Harmonik begegnet<br />
auch in den anderen Bildern,<br />
erscheint indessen weniger als bewusst<br />
ausgeprägter Werkstil denn als<br />
Stil Giordanos. Kennzeichnend für den<br />
Verismo des Stücks ist die lärmendlaute<br />
Instrumentation in den Volksszenen<br />
des 2. und 3. Bilds mit ihrem<br />
forcierten Schlagzeugeinsatz, dem<br />
die Anweisungen an die Sänger (gridando=schreiend,<br />
urlando=heulend,<br />
tumultuosamente=lärmend) korrespondieren.<br />
(…)<br />
Da das Volk, die Menge, eine bedeutende<br />
Rolle spielt, ist der Choranteil besonders<br />
groß, obwohl das Werk nicht<br />
einen einzigen ausgedehnten und geschlossenen<br />
Chorsatz enthält. Ensemblesätze<br />
fehlen völlig; die wenigen<br />
Stellen mit simultanem Gesang mehrerer<br />
Personen lassen die Gleichzeitigkeit<br />
als gleichsam zufälliges Nebeneinander<br />
erscheinen.<br />
Das Werk ist durchkomponiert; sein<br />
Fluss fußt vornehmlich auf der Arbeit<br />
mit Orchestermotiven, die entsprechend<br />
den Szenen und Auftritten wechseln,<br />
jedoch in der Regel nicht im Wagnerschen<br />
Sinn symphonisch durchgeführt<br />
werden. Einzelne dieser Szenenmotive<br />
kehren leitmotivartig wieder und werden<br />
dabei gemäß den szenischen<br />
Situationen in Charakter und Struktur<br />
abgewandelt. Die geschlossenen,<br />
arienhaften Partien, zu denen sich die<br />
Musik immer wieder nummernartig<br />
verfestigt, folgen keinen bestimmten<br />
traditionellen Modellen oder Schemata,<br />
basieren jedoch durchweg auf<br />
herkömmlicher Periodik und arbeiten<br />
in freilich unregelmäßiger Weise mit<br />
Wiederholungen.<br />
Harden, Ingo: Epochen der Musikgeschichte:<br />
Entwicklung und Formen der<br />
europäischen Musikgeschichte/Ingo<br />
Harden. – Hildesheim: Gerstenberg,<br />
2007. – 480 S.: Ill.<br />
Lexikon der französischen Literatur<br />
/hrsg. von Manfred Neumann. –<br />
1. Aufl. – Leipzig: Bibliograph. Inst.,<br />
1987. – 512 S. SY: Literatur 10<br />
Französische Literaturgeschichte/<br />
hrsg. von Jürgen Grimm. Unter Mitarb.<br />
von Elisabeth Arend-Schwarz. – 3., um<br />
frankophone Literaturen außerhalb<br />
Frankreichs erw. Aufl. – Stuttgart:<br />
Metzler, 1994. – 10, 476 S.: Abb.<br />
Absolutismus, Aufklärung und die<br />
Revolution: 1648 – 1793 – Gütersloh;<br />
München: Wissen Media Verl., 2008. –<br />
400 S.: Ill. – (Die große Chronik–Weltgeschichte:<br />
von den Anfängen bis zur<br />
Gegenwart; 11)<br />
Sabine Mucke, Yavor Genchev<br />
Die Französische Revolution: Bilder<br />
und Berichte 1789–1799/Hrsg. von<br />
Walter Markov … – 1. Aufl. – Leipzig:<br />
Reclam, 1989. – 363 S.: 220 Abb. z. T.<br />
farb.; 29 cm<br />
Grab, Walter: Die Französische Revolution:<br />
Aufbruch in die moderne Demokratie/Walter<br />
Grab. – 2. Aufl. – Stuttgart:<br />
Parkland, 1990. – 248 S.: Ill.<br />
Jeschonnek, Bernd: Frankreich im Aufbruch:<br />
Volksaufstände und Schlachten<br />
1789–1794/Bernd Jeschonnek. – 1.<br />
Aufl. – Berlin: Militärverl. d. DDR, 1989.<br />
– 59 S.: Abb. – (Militärgeschichtliche<br />
Skizze)<br />
Tilly, Charles: Die europäischen Revolutionen/Charles<br />
Tilly. Aus d. Engl.<br />
übers. von Hans-Jürgen Baron von Koskull.<br />
– München: Beck, 1999. – 368 S.<br />
Quellen:<br />
S. 3: zit. nach http://www.zitate-portal.com/<br />
ergebnisliste_css.php?g_autorid=1754. S. 4: Die<br />
Handlung wurde für das Programmheft neu erzählt.<br />
S. 6: Originalbeitrag für dieses Programmheft<br />
unter Verwendung von Armstrong, Judith,<br />
Andrea Chénier by Umberto Giordano auf http://<br />
mtu.flinders.edu.au/pac/cf/prodinfo.cfm?id=32;<br />
Hamlet-Metz, Mario, André Chénier – The sweet<br />
poet, auf: http://artfuljesus.0catch.com/litopera/chenier.html<br />
und www.lettres-et-arts.net/<br />
histoire_litteraire_17_18_emes_siecles/219-<br />
presentation_andre_chenier; Zitat aus Chénier,<br />
André, Jamben, Heidelberg 1946. S. 8/9: Zeittafel<br />
aus Büchner, Georg, Dantons Tod, Erläuterungen<br />
und Dokumente, Stuttgart 1990 (gekürzt). S. 10–<br />
13: Originalinterview für dieses Programmheft.<br />
S. 14: Voss, Eugen, zit. aus Pipers Enzyklopädie<br />
des Musiktheaters in 8 Bdn., Bd. 2, S. 393f.,<br />
München 1987. S. 16: zit. nach Chénier, André,<br />
Jamben, a.a.O.<br />
Die Probenbilder entstanden zur ersten Kostümprobe<br />
10 Tage vor der Premiere. Urheber ist Tilmann<br />
Graner (www.tilmann-graner.de).