Drogen in Europa - SMP-Clan
Drogen in Europa - SMP-Clan
Drogen in Europa - SMP-Clan
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
34<br />
Extra<br />
Extra<br />
35<br />
ihnen häufiger der zu dieser Zeit ge-<br />
e<strong>in</strong> Dritter dies unverhohlen ausspre-<br />
»Se<strong>in</strong>e Lebensordnung <strong>in</strong> den letz-<br />
Vielmehr wurde das Mittel regelmä-<br />
Verlust der Freiheit und Destruktion<br />
<strong>Drogen</strong>konsum und se<strong>in</strong>e Aus-<br />
feierte Schauspieler Ludwig Devrient.<br />
chen, denn er selbst hat es auf se<strong>in</strong>em<br />
ten sechs Jahren von 1816 bis 1822<br />
ßig und oft hoch dosiert e<strong>in</strong>genomm-<br />
durch Alkohol, Opium, andere <strong>Drogen</strong><br />
wirkungen werden wie seelische<br />
Er starb, bald nach Hoffmanns Tod<br />
Sterbebette nicht alle<strong>in</strong> mit der Klar-<br />
war die. Am Montage und Donners-<br />
men, zumeist bildete der Konsum -<br />
und ihre Komb<strong>in</strong>ationen werden von<br />
Normabweichungen dem Zuständig-<br />
(1822), im Alkoholdelirium.<br />
heit, mit der er alles durchschaute,<br />
tage brachte er die Vormittage <strong>in</strong> den<br />
m<strong>in</strong>destens über Jahre h<strong>in</strong>weg - e<strong>in</strong>en<br />
Hoffmann, Coleridge, DeQu<strong>in</strong>cey und<br />
keitsbereich der mediz<strong>in</strong>ischen Wis-<br />
e<strong>in</strong>gesehn, sondern auch <strong>in</strong> die Hand<br />
Sitzungen des Kammergerichts, an<br />
den Lebensalltag prägenden Zug.<br />
vielen anderen ebenfalls unmissver-<br />
senschaft überantwortet. Und gerade<br />
Hoffmanns Freund Hitzig fasst die<br />
des Herausgebers freiwillig und feier-<br />
den andern Tagen zu Hause arbeitend,<br />
ständlich beschrieben. So schließt<br />
<strong>in</strong> dem Zeitraum der Epoche der<br />
Situation der letzten Jahre zusammen:<br />
lich das Versprechen niedergelegt, se<strong>in</strong><br />
die Nachmittage <strong>in</strong> der Regel schla-<br />
Offensichtlich versuchten alle diese<br />
Hoffmann se<strong>in</strong>e musikalische Typo-<br />
Romantik, also etwa 1790 bis 1850 -<br />
»So wäre denn der Punkt bezeichnet,<br />
ganzes Leben ändern zu wollen, wenn<br />
fend, im Sommer auch spazierenge-<br />
Gestalten der Romantik den »Mangel<br />
logie der alkoholischen Getränke <strong>in</strong><br />
erfolgt die Prägung des Begriffes<br />
von welchem aus Hoffmanns Vers<strong>in</strong>-<br />
Gott ihm die Gesundheit wieder-<br />
hend zu; die Abende und Nächte <strong>in</strong><br />
an Wirklichkeit« durch toxische<br />
den »Kreisleriana« mit der zu se<strong>in</strong>er<br />
»Sucht« als e<strong>in</strong>er Krankheit und es<br />
ken begann, und, nach den mechani-<br />
schenkte. Es hat nicht se<strong>in</strong> sollen; aber<br />
dem We<strong>in</strong>hause.<br />
Hilfsmittel zu kompensieren. Sie<br />
persönlichen Erfahrung passenden<br />
entfaltet sich die wissenschaftliche<br />
schen Gesetzen des Falles, am Ende<br />
schon der Vorsatz dient ihm zur<br />
suchten den Zustand des Rausches,<br />
Bemerkung: »Doch überlasse ich<br />
Ause<strong>in</strong>andersetzung mit diesem Be-<br />
leider mit furchtbarer Schnelle. Es darf<br />
Ehre!«<br />
War er, was häufig, <strong>in</strong> manchen<br />
der Ekstase, der Überw<strong>in</strong>dung der<br />
jedem se<strong>in</strong>e <strong>in</strong>dividuelle Me<strong>in</strong>ung,<br />
griff, die se<strong>in</strong>e Entwicklung bis heute<br />
Perioden täglich geschah, mittags<br />
materiellen Realität, um sich den<br />
und f<strong>in</strong>de nur nötig für mich selbst im<br />
bestimmten (»Trunksucht« u.Ä.: Rush,<br />
»... / Abwärts wend ich mich / Zu der heiligen, unaussprechlichen /<br />
Geheimnisvollen Nacht - / Fernab liegt die Welt, / Wie versenkt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />
tiefe Gruft / Wie wüst und e<strong>in</strong>sam / Ihre Stelle! / Tiefe Wehmut / Weht <strong>in</strong><br />
den Saiten der Brust. / Fernen der Er<strong>in</strong>nerung / Wünsche der Jugend / Der<br />
K<strong>in</strong>dheit Träume / Des ganzen, langen Lebens / Kurze Freuden / Und vergebliche<br />
Hoffnungen / Kommen <strong>in</strong> grauen Kleidern / Wie Abendnebel /<br />
Nach der Sonne / Untergang. / Fernab liegt die Welt / Mit ihren bunten<br />
Genüssen. / In andern Räumen / Schlug das Licht auf / Die lustigen<br />
Gezelte. / Sollt es nie wiederkommen / Zu se<strong>in</strong>en treuen K<strong>in</strong>dern, / Se<strong>in</strong>en<br />
Gärten / In se<strong>in</strong> herrliches Haus? / Doch was quillt / So kühl und erquikklich<br />
/ So ahndungsvoll / Unterm Herzen / Und verschluckt / Der Wehmut<br />
weiche Luft? / Hast auch du / E<strong>in</strong> menschliches Herz, / Dunkle Macht? /<br />
Was hältst du / Unter de<strong>in</strong>em Mantel / Das mir unsichtbar kräftig / An die<br />
Seele geht? / Du sche<strong>in</strong>st nur furchtbar - / Köstlicher Balsam / Träuft aus<br />
de<strong>in</strong>er Hand / Aus dem Bündel Mohn / In süßer Trunkenheit / Entfaltest<br />
du die schweren Flügel des Gemüts / Und schenkst uns Freuden / Dunkel<br />
und unaussprechlich / Heimlich, wie du selbst bist, / Freuden, die uns /<br />
E<strong>in</strong>en Himmel ahnden lassen. / ...<br />
oder abends oder mittags und abends<br />
<strong>in</strong> Gesellschaft, - denn nicht aus aller<br />
Gesellschaft, bloß aus der se<strong>in</strong>er<br />
Freunde und aus den fe<strong>in</strong>ern Tees<br />
war er geschieden; dagegen unter<br />
Männern und bei Tr<strong>in</strong>kgelagen<br />
immer e<strong>in</strong> willkommener Gast, - oft<br />
abends <strong>in</strong> zwei Zirkeln von sieben bis<br />
neun und von neun bis zwölf gewesen;<br />
so g<strong>in</strong>g er, es mochte so spät<br />
se<strong>in</strong>, als es wollte, wenn alle anderen<br />
sich nach Hause begeben, noch <strong>in</strong><br />
das We<strong>in</strong>haus, um dort den Morgen<br />
zu erwarten; früher <strong>in</strong> se<strong>in</strong>e<br />
Wohnung zurückzukehren, war ihm<br />
nicht gut möglich. Man denke hiebei<br />
aber nicht etwa an e<strong>in</strong>en geme<strong>in</strong>en<br />
Tr<strong>in</strong>ker, der tr<strong>in</strong>kt und tr<strong>in</strong>kt aus<br />
Wohlgeschmack, bis er lallt und<br />
erlebten Defiziten ihres gesellschaftlichen<br />
Zeit-Raumes zu entziehen.<br />
Wir dürfen annehmen, dass Begu<strong>in</strong><br />
mit der gefahrvollen »Reise <strong>in</strong> die<br />
Abgründe der Nacht« - unter anderem<br />
- die <strong>Drogen</strong>reise geme<strong>in</strong>t hat.<br />
Provozierter Rausch ist <strong>in</strong> der Perspektive<br />
der Romantik - genauso<br />
wenig wie Traum, Ekstase oder Wahn<br />
- E<strong>in</strong>grenzung und Rückzug, sondern<br />
- wie diese - Erweiterung.<br />
Die »Elixiere des Teufels« rufen die<br />
Begegnung mit dem Doppelgänger,<br />
dem Repräsentanten des Verdrängten<br />
hervor. Von ihren Konsumenten<br />
unter den Romantikern wird ihnen<br />
die Macht zugeschrieben, die Spal-<br />
stillen zu bemerken, daß der Geist, der<br />
von Licht und unterirdischem Feuer<br />
geboren, so keck den Menschen<br />
beherrscht, gar gefährlich ist, und<br />
man se<strong>in</strong>er Freundlichkeit nicht trauen<br />
darf, da er schnell die Miene ändert<br />
und statt des wohltuenden behaglichen<br />
Freundes zum furchtbaren<br />
Tyrannen wird.« (S. 57)<br />
Besonders aber auch der gesellschaftlichen<br />
Umgebung der Romantiker<br />
müssen diese Elixiere als teuflischen<br />
Ursprungs ersche<strong>in</strong>en. Der romantische<br />
Geist, der sich unter anderem im<br />
E<strong>in</strong>satz von Rauschmitteln darstellt, ist<br />
unheimlich, denn er droht damit, etwas<br />
zum Vorsche<strong>in</strong> zu br<strong>in</strong>gen, das hätte<br />
verborgen bleiben sollen.<br />
1784; Hufeland, 1802; Brühl-Cramer,<br />
1819; Huss, 1849-1851; Spode, 1993,<br />
1993a - »Opiumsucht«: Hufeland,<br />
1829, 1836).<br />
Im Kontext der romantischen Zeitkritik<br />
ersche<strong>in</strong>t die Pathologisierung<br />
des Rauschmittelkonsums als Abwehr<br />
der aufgeklärten Gesellschaft gegen<br />
die E<strong>in</strong>sicht <strong>in</strong> die eigene Pathologie,<br />
die von der Verleugnung wesentlicher<br />
Aspekte der Wirklichkeit gekennzeichnet<br />
war. Diese Abwehr verh<strong>in</strong>derte<br />
es, <strong>in</strong> der Qual derer, die <strong>in</strong><br />
Alkohol und anderen <strong>Drogen</strong> e<strong>in</strong>en<br />
Ersatz des »Mangels an Wirklichkeit«<br />
suchten, <strong>in</strong> voller Schärfe die gesellschaftliche<br />
Situation gespiegelt zu<br />
erblicken.<br />
... / Zugemessen ward / Dem Lichte se<strong>in</strong>e Zeit / Und dem Wachen - / Aber<br />
schläft; gerade das Umgekehrte war<br />
tung der menschlichen Seele zu<br />
zeitlos ist der Nacht Herrschaft, / Ewig ist die Dauer des Schlafs. / Heiliger<br />
Hoffmanns Fall. Er trank, um sich zu<br />
überw<strong>in</strong>den. Dass diese Elixiere trotz<br />
Die bürgerliche Gesellschaft beant-<br />
Die Spannung zwischen Romantik<br />
Schlaf! / Beglücke zu selten nicht / Der Nacht Geweihte - / In diesem irdi-<br />
montieren; dazu gehörte anfangs,<br />
ihrer zunächst wohltätigen Wirkung<br />
wortet diese Bedrohung mit den ihr<br />
und Rationalismus ist ke<strong>in</strong>eswegs als<br />
schen Tagwerk. / Nur die Toren verkennen dich / Und wissen von ke<strong>in</strong>em<br />
wie er noch kräftig war, weniger;<br />
dennoch des Teufels s<strong>in</strong>d, dass sie,<br />
zu Gebote stehenden Mitteln: mit<br />
das Kennzeichen nur e<strong>in</strong>er bestimm-<br />
Schlafe / Als dem Schatten, / Den du mitleidig auf uns wirfst / In jener<br />
später natürlich mehr ... « (Hitzig,<br />
wie die Reliquie <strong>in</strong> Hoffmannns Ro-<br />
wissenschaftlicher<br />
Untersuchung,<br />
ten Epoche anzusehen. Sie prägt<br />
Dämmrung / Der wahrhaften Nacht. / Sie fühlen dich nicht / In der goldnen<br />
Flut der Trauben / In des Mandelbaums / Wunderöl / Und dem braunen<br />
Safte des Mohns. / ...«<br />
1823, S. 316 ff.)<br />
Wie im Falle Hoffmanns ist auch <strong>in</strong><br />
man, heiligheilend und diabolischzerstörend,<br />
verehrungswürdig und<br />
abscheulich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em s<strong>in</strong>d, bleibt<br />
mit Pathologisierung, gerade so, wie<br />
sie es e<strong>in</strong>er anderen, ähnlichen Bedrohung<br />
gegenüber gleichfalls tut:<br />
vielmehr die Geschichte <strong>in</strong> immer<br />
neuen Versionen. Ohne die Bereitschaft,<br />
die eigenen Grundpr<strong>in</strong>zipien<br />
den meisten anderen Fällen nach-<br />
schließlich ke<strong>in</strong>em ihrer Konsumen-<br />
Die Erf<strong>in</strong>dung der Suchtkrankheit<br />
auf ihre historische Bed<strong>in</strong>gtheit h<strong>in</strong><br />
aus: Novalis: Hymnen an die Nacht 1 und 2<br />
(Fassung der korrigierten Handschrift)<br />
weisbar, dass der Rauschmittelkonsum<br />
nicht e<strong>in</strong> gelegentlicher, gewis-<br />
ten verschlossen.<br />
korrespondiert mit der Erf<strong>in</strong>dung der<br />
Geisteskrankheit.<br />
zu reflektieren, laufen auch die mit<br />
dem Rauschmittelproblem befassten<br />
sermaßen experimenteller war.<br />
Wissenschaften Gefahr, unbemerkt<br />
SuchtReport 1/2002<br />
SuchtReport 1/2002