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Drogen in Europa - SMP-Clan

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SuchtReport<br />

Nr. 6 · Januar/Februar 2002 · 6 € · A 3417 F<br />

Intern<br />

3<br />

Europäische Fachzeitschrift für Suchtprobleme<br />

www.suchtreport.de<br />

Liebe Leser<strong>in</strong>nen<br />

und Leser,<br />

Pünktlich zur E<strong>in</strong>führung des Euro ist er da, der Jahresbericht zum Stand der <strong>Drogen</strong>problematik<br />

<strong>in</strong> der Europäischen Union. Der vorliegende Bericht zeigt, dass Ausbreitung sich der Konsums von<br />

synthetischen <strong>Drogen</strong> immer weiter ausbreitet. Beim Ecstasy-Konsum lässt sich e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>e steigende<br />

Tendenz <strong>in</strong> Regionen verzeichnet, <strong>in</strong> denen Städte oder Urlaubsorte für junge europäische Touristen<br />

besonders attraktiv s<strong>in</strong>d. Der Konsum dieser <strong>Drogen</strong> hat sich sche<strong>in</strong>bar über die »Techno-Szene« h<strong>in</strong>aus<br />

auf Diskotheken, Nachtclubs und das private Umfeld ausgeweitet. Bedrückend: Der riskante Konsum<br />

verschiedener legaler und illegaler Substanzen unter jungen Menschen nimmt zu.<br />

Noch alarmierender ist der Anstieg der HIV-Infektionen <strong>in</strong>nerhalb der EU. E<strong>in</strong>er vorläufigen<br />

Schätzung zufolge belaufen sich die dem Gesundheitswesen künftig entstehenden<br />

Behandlungskosten für e<strong>in</strong> Jahr <strong>in</strong>folge drogenbed<strong>in</strong>gter Infektionen mit HIV, dem Hepatitis-B-<br />

Virus und HCV <strong>in</strong> der EU auf etwa 1,89 Milliarden. E<strong>in</strong>en gesamten Überblick über den Jahresbericht<br />

der Europäischen beobachtungsstelle für <strong>Drogen</strong>- und <strong>Drogen</strong>sucht erhalten Sie ab Seite 4.<br />

<strong>Drogen</strong> <strong>in</strong> <strong>Europa</strong><br />

E<strong>in</strong> Wort <strong>in</strong> eigener Sache: Wir haben e<strong>in</strong>e neue Rubrik e<strong>in</strong>geführt. Sie heisst: »Kontroverse<br />

Me<strong>in</strong>ung« und soll Sie zur Diskussion anregen. Im aktuellen Heft behauptet Dr. Carl Nedelmann:<br />

Das Verbot von Cannabis sei e<strong>in</strong> kollektiver Irrtum. Die von Cannabis ausgehenden Gefahren seien<br />

ger<strong>in</strong>ger als die der legalen <strong>Drogen</strong> Alkohol<br />

und Nikot<strong>in</strong>. Die Verbreitung der Droge wird<br />

durch das Verbot nicht beschränkt, sondern<br />

sogar gefördert. Der Rechtsphilosoph<br />

Michael Köhler kam zu der E<strong>in</strong>schätzung,<br />

dass das Cannabis-Verbot e<strong>in</strong> »kollektiver<br />

Irrweg« sei, der »nicht guten Gewissens weitergegangen<br />

werden kann«. Den gesamten<br />

Artikel f<strong>in</strong>den Sie ab Seite 38.<br />

Jahresbericht der Europäischen Beobachtungsstelle für <strong>Drogen</strong> und <strong>Drogen</strong>sucht<br />

Ihre Redaktion<br />

EXTRA Die Elixire des Teufels: Literargeschichte und Gesellschaftspathologie<br />

KONTROVERSE Das Verbot von Cannabis e<strong>in</strong> kollektiver Irrweg?<br />

JUGENDSCHUTZ »Wegschauen ist ke<strong>in</strong>e Lösung« - Initative aus Karlsruhe<br />

SuchtReport 1/2002


4 Inhaltsverzeichnis<br />

Leserbriefe<br />

5<br />

RUBRIKEN<br />

Zur Sache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 1<br />

Leserbriefe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 3<br />

Term<strong>in</strong>e . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 62<br />

Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 64<br />

TITELTHEMA<br />

<strong>Drogen</strong>, e<strong>in</strong>e ständige Herausfoderung für <strong>Europa</strong><br />

Jahresbericht der Europäischen Beobachtungsstelle für <strong>Drogen</strong> und<br />

<strong>Drogen</strong>sucht (EBDD) über den Stand der <strong>Drogen</strong>problematik <strong>in</strong> der<br />

Europäischen Union<br />

Aktuelle Tendenzen und Entwicklungen<br />

von Kathy Robertson . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 4<br />

PRÄVENTION<br />

Betriebliche Suchtprävention -<br />

Die Karriere e<strong>in</strong>es Konzepts von der E<strong>in</strong>zelfallhilfe zur<br />

Managementstrategie<br />

Suchtprävention als Bestandteil moderner Managementstrategien<br />

Die zentrale Rolle der Unternehmensleitung<br />

von Dr. Elisabeth Wienemann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 14<br />

LEBENSGESCHICHTE<br />

Me<strong>in</strong> Leben, e<strong>in</strong>e Geisterbahn<br />

Jürgens Geschichte<br />

aufgezeichnet von L<strong>in</strong>da Amoulong . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 20<br />

EXTRA<br />

Die Elixiere des Teufels<br />

Literargeschichte(n) und Gesellschaftspathographie<br />

von Dr. Dietmar Czycholl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 28<br />

KONTROVERSE DISKUSSION<br />

E<strong>in</strong> kollektiver Irrweg: Das Verbot von Cannabis<br />

von Dr. Carl Nedelmann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 38<br />

AKTUELLE BERICHTE<br />

»Be Smart - Don’t Start« Nichtrauchende Schüler . . Seite 41<br />

»Wegschauen« Jugendschutz wird nicht e<strong>in</strong>gehalten Seite 42<br />

»Unterrichtsprogramme« Erwachsen werden . . . . . . . Seite 44<br />

»Marburger Suchttherapietage« Berauschend . . . . . . Seite 45<br />

MELDUNGEN & BERICHTE<br />

Morphiumsucht: Arzt wegen Betruges verurteilt . . Seite 49<br />

Hippie-Pionier Ken Kesey ist tot . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 52<br />

Rotwe<strong>in</strong> zum Lutschen: Garantiert ohne Alkohol . . Seite 53<br />

Diverse Meldungen ab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 46<br />

DER BÜCHERMARKT<br />

Alkohol & Co am Arbeitsplatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 54<br />

Ambulante Suchthilfe <strong>in</strong> Hamburg . . . . . . . . . . . . . . . Seite 54<br />

ausbrechen (Bulimie ist heilbar!) . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 55<br />

Sachfragen des Betreuungs- und<br />

Unterbr<strong>in</strong>gungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 55<br />

Vom Alkoholverbot zum Gesundheitsmanagement . Seite 55<br />

Stand und Perspektive betrieblicher<br />

Suchtprävention und Suchthilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 56<br />

Raucherentwöhnung <strong>in</strong> Deutschland . . . . . . . . . . . . . Seite 56<br />

Geme<strong>in</strong>sam die Magersucht besiegen . . . . . . . . . . . . Seite 57<br />

Alkohol - auch der »normale« Konsum schadet . . . . Seite 57<br />

Kontrollierter Gebrauch illegalisierter <strong>Drogen</strong> . . . . . Seite 58<br />

Risiko m<strong>in</strong>dern beim <strong>Drogen</strong>gebrauch . . . . . . . . . . . . Seite 59<br />

Sexueller Missbrauch - Schutz durch Aufklärung . . Seite 60<br />

Tabakabhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 60<br />

Wenn ich erst wieder Arbeit habe . . . . . . . . . . . . . . . Seite 60<br />

Persönlichkeitsstörungen PTT 3/2000<br />

Theorie und Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 61<br />

Jahrbuch Sucht 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 61<br />

Zu viele Medikamente<br />

(Heft 6/2001 »Zu viele<br />

Medikamente ...«)<br />

Ich b<strong>in</strong> Mutter e<strong>in</strong>es Mädchens,<br />

bei dem die Ärzte das Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom<br />

diagnostiziert haben.<br />

Me<strong>in</strong>e Tochter bekommt das<br />

Medikament »Rital<strong>in</strong>«. Sie ist jetzt<br />

ruhig und angepasst. Es kommen<br />

von der Schule ke<strong>in</strong>e Klagen<br />

mehr. Aber trotzdem beunruhigt<br />

mich diese Entwicklung. Me<strong>in</strong>e<br />

Tochter wirkt oft traurig und teilnahmslos.<br />

Von Freunden habe ich<br />

jetzt gehört, dass es auch se<strong>in</strong><br />

kann, dass K<strong>in</strong>der, die das ADS-<br />

Syndrom haben, zu den Indigo-<br />

K<strong>in</strong>dern gehören. Das würde<br />

bedeuten, dass sie ke<strong>in</strong>e<br />

Medikamente bekommen dürfte.<br />

Aber die Erklärungen zu den<br />

Indigo-K<strong>in</strong>dern hören sich für<br />

mich auch etwas mystisch an.<br />

Ich weiß e<strong>in</strong>fach nicht, was ich<br />

machen soll?<br />

Claudia Brehm<br />

Teupitz<br />

»Zu viele Medikamente<br />

für Zappelphilipp-<br />

K<strong>in</strong>der«<br />

Ich würde mir auch von Ihrer<br />

Zeitschrift wünschen, verstärkt<br />

auf die Problematik der Medikamentenvergabe<br />

(mit hohem<br />

Suchtpotenzial) an K<strong>in</strong>der e<strong>in</strong>zugehen.<br />

Es kann doch nicht se<strong>in</strong>,<br />

dass Millionen für Suchtforschung<br />

und Prävention ausgegeben<br />

werden und gleichzeitig<br />

schon 5-Jährige von Eltern,<br />

Lehrern und Erziehern zur<br />

E<strong>in</strong>nahme von Ersatzdrogen<br />

gedrängt werden.<br />

Ich b<strong>in</strong> Mutter e<strong>in</strong>es 10-jährigen<br />

Jungen, dem seitens der Lehrer<br />

Konzentrationsstörungen und<br />

Auffälligkeiten besche<strong>in</strong>igt werden.<br />

Me<strong>in</strong> Sohn argumentiert<br />

ernsthaft dagegen: »Ich will mich<br />

doch nur selbst verwirklichen<br />

und die <strong>in</strong> der Schule lassen mich<br />

nicht.« Das hört sich sehr »altklug«<br />

an, aber me<strong>in</strong> Sohn hat es<br />

wirklich so gesagt. Jetzt steh ich<br />

da, zwischen me<strong>in</strong>em K<strong>in</strong>d, das<br />

ich liebe mit all se<strong>in</strong>em Temperament<br />

und se<strong>in</strong>em Individualismus,<br />

und e<strong>in</strong>er Gesellschaft, die auch<br />

schon 10-Jährigen permanente<br />

Leistungsbereitschaft und Diszipl<strong>in</strong><br />

abfordert.<br />

Ich denke, »Rital<strong>in</strong>« kommt zu oft<br />

dort zum E<strong>in</strong>satz, wo K<strong>in</strong>der<br />

nicht das tun, was Erwachsene<br />

von ihnen fordern: »Still sitzen,<br />

Klappe halten, lernen ...«<br />

Ich würde gern den »Lehrern« e<strong>in</strong><br />

Medikament vorschlagen, das<br />

deren Energien, Geduld und<br />

Toleranz fördert, um me<strong>in</strong>em<br />

K<strong>in</strong>d die Zeit und liebevolle<br />

Unterstützung zukommen zu lassen,<br />

die es für se<strong>in</strong>e <strong>in</strong>dividuelle<br />

Entwicklung braucht. Ich möchte,<br />

dass me<strong>in</strong> Sohn ohne dämpfende<br />

Medikamente e<strong>in</strong>e Entwicklung<br />

nehmen kann, die ihn zu e<strong>in</strong>em<br />

kreativen, nicht angepassten<br />

Erwachsenen werden lässt.<br />

Gabi Seydel<br />

Berl<strong>in</strong><br />

Vorbereitung auf<br />

Suchtkarriere<br />

(Heft 6/2001 »Zappelphilipp-<br />

K<strong>in</strong>der«)<br />

Mit Erschrecken habe ich <strong>in</strong> den<br />

Meldungen gelesen, dass sich der<br />

E<strong>in</strong>satz des Medikaments Rital<strong>in</strong><br />

für K<strong>in</strong>der mit Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom<br />

seit 1994 verzehnfacht<br />

hat.<br />

Ich denke, dass wir diesem<br />

Symptom der hyperaktiven<br />

K<strong>in</strong>der besondere Aufmerksamkeit<br />

schenken müssen. Wer sagt<br />

uns denn, dass diese K<strong>in</strong>der<br />

unbed<strong>in</strong>gt medikamentös ruhig<br />

gestellt werden müssen. Im<br />

Fernsehen habe ich gesehen, dass<br />

e<strong>in</strong>e Ärzt<strong>in</strong> nach kurzer Untersuchung<br />

e<strong>in</strong>fach dieses Medikament<br />

verschrieben hat. Es war<br />

deprimierend. Vielleicht s<strong>in</strong>d es<br />

gerade »diese K<strong>in</strong>der«, die später,<br />

wenn sie älter s<strong>in</strong>d, besondere<br />

Leistungen hervorbr<strong>in</strong>gen könnten,<br />

wenn sie nicht schon frühzeitig<br />

gebrochen worden wären.<br />

Und da werden diese kle<strong>in</strong>en<br />

Menschen künstlich ruhig gestellt<br />

- es ist e<strong>in</strong>e Schande!<br />

Werden diese K<strong>in</strong>der durch »e<strong>in</strong><br />

Medikament« vielleicht schon auf<br />

e<strong>in</strong>e Suchtkarriere vorbereitet?<br />

Ihnen wird doch durch die Erwachsenen<br />

gezeigt, »mit dir stimmt<br />

etwas nicht, also bekommst du<br />

e<strong>in</strong>e Pille«. Sie werden nach me<strong>in</strong>er<br />

Me<strong>in</strong>ung dazu erzogen, bei<br />

auftretenden Problemen nicht die<br />

menschliche Hilfe zu suchen,<br />

sondern e<strong>in</strong>e Droge zu nehmen.<br />

Peter Kramer<br />

Leipzig<br />

Krankheit oder Modeersche<strong>in</strong>ung<br />

(Heft 6/2001 »Onl<strong>in</strong>e-Sucht«)<br />

Mit Interesse habe ich den Artikel<br />

von Mart<strong>in</strong> Zobel über Onl<strong>in</strong>e-<br />

Sucht »Modeersche<strong>in</strong>ung oder<br />

Krankheit« gelesen. Obwohl mir<br />

der Artikel e<strong>in</strong> wenig zu fachlich<br />

gehalten ist, b<strong>in</strong> ich angeregt<br />

worden, Ihnen me<strong>in</strong> Problem zu<br />

schreiben. Es geht um me<strong>in</strong>en<br />

Sohn, der 16 Jahre alt ist.<br />

Ich b<strong>in</strong> alle<strong>in</strong> erziehende Mutter<br />

und hatte bisher zu me<strong>in</strong>em Sohn<br />

e<strong>in</strong> gutes Verhältnis.<br />

In letzter Zeit ist mir aufgefallen,<br />

dass er sich verändert hat. Er<br />

erzählt mir weniger, sieht müde<br />

aus, hat Augenränder.<br />

»Vielleicht steckt e<strong>in</strong>e Freund<strong>in</strong><br />

dah<strong>in</strong>ter«, dachte ich. Das hätte<br />

mich gefreut, denn er ist e<strong>in</strong> richtiger<br />

Stubenhocker. Allerd<strong>in</strong>gs<br />

sprach dagegen, dass er nicht aus<br />

dem Haus g<strong>in</strong>g und uns auch<br />

ke<strong>in</strong> Mädchen besuchte. Ich habe<br />

gedacht, dass er <strong>in</strong> der Pubertät<br />

ist und es sich bestimmt geben<br />

würde. Als allerd<strong>in</strong>gs die letzte<br />

Telefonrechnung kam, ahnte ich<br />

Schlimmes. Die Forderung von<br />

800 DM versetzte mich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en<br />

Schock, von dem ich mich bis<br />

heute noch nicht erholt habe. Seit<br />

zwei Monaten haben wir e<strong>in</strong>en<br />

Internet-Anschluss und me<strong>in</strong><br />

Sohn darf ihn auch benutzen. Ich<br />

befragte me<strong>in</strong>e Sohn, ob er<br />

irgendwelche teuren Nummern<br />

gewählt hat. Er versicherte mir,<br />

dass das nicht der Fall war. Also<br />

raste ich wutentbrannt zur<br />

Telekom. Dort behaupteten sie,<br />

von me<strong>in</strong>em Anschluss aus seien<br />

Porno-Nummern gewählt worden.<br />

Dabei sahen mich die Männer<br />

auch noch so merkwürdig an.<br />

Das machte mich natürlich<br />

äußerst verlegen. Also bearbeitete<br />

ich wieder me<strong>in</strong>en Sohn und es<br />

kam zum Streit. Wir redeten<br />

nicht mehr mite<strong>in</strong>ander. Ich<br />

wütete weiter mit der Telekom,<br />

bis mich zwei Herren besuchten,<br />

die mir bewiesen, dass bestimmte<br />

Porno-Nummern von mir aus<br />

gewählt worden se<strong>in</strong> müssen. Sie<br />

sagten mir aber auch, dass es<br />

se<strong>in</strong> kann, dass me<strong>in</strong> Sohn e<strong>in</strong>fach<br />

wild drauf los geklickt<br />

haben könnte und dass das<br />

Programm sich dabei unbemerkt<br />

auf die Festplatte geladen hat.<br />

Na, ich war vielleicht entsetzt.<br />

Also habe ich mir wieder me<strong>in</strong>en<br />

Sohn vorgeknöpft. Er gab nun<br />

zu, dass er sich schon Porno-<br />

Seiten angesehen hat, aber die<br />

waren nach se<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung alle<br />

kostenlos. Ja, da steht nun<br />

Aussage gegen Aussage und ich<br />

bef<strong>in</strong>de mich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er sehr komplizierten<br />

Situation. Ich möchte<br />

me<strong>in</strong>em Sohn glauben und vor<br />

allen D<strong>in</strong>gen will ich unser bisher<br />

gutes Verhältnis nicht zerstören.<br />

Kann es se<strong>in</strong>, dass man unbewusst<br />

im Internet Sachen angeklickt,<br />

die auf die Festplatte geladen<br />

werden und diese hohen Kosten<br />

auslösen?<br />

Wie verhalte ich mich me<strong>in</strong>em<br />

Sohn gegenüber. Vielleicht können<br />

Sie mir helfen.<br />

Lisa K.<br />

Magdeburg<br />

Isoldes Geschichte<br />

(Heft 6/2001 »Lebensgeschichte«)<br />

Immer wieder bee<strong>in</strong>drucken mich<br />

die Lebensgeschichten im<br />

SuchtReport.<br />

Da ich auch aus e<strong>in</strong>er Familie mit<br />

Suchtproblemen komme, e<strong>in</strong>en<br />

langen Weg mit vielen Abstürzen<br />

h<strong>in</strong>ter mir habe, freue ich mich<br />

von Menschen zu hören, die für<br />

sich e<strong>in</strong>en Weg gefunden haben.<br />

Ich wünsche »Isolde« viel Glück.<br />

Vielleicht schafft sie es ja auch<br />

nach Synanon, ohne Alkohol zu<br />

leben.<br />

Ich habe ja gelesen, dass die<br />

Chance groß ist, wenn man zwei<br />

Jahre bei Synanon schafft.<br />

Klaus Breite<br />

Dresden<br />

Briefe an:<br />

SuchtReport<br />

Postfach 610450<br />

D-10927 Berl<strong>in</strong><br />

E-Mail: mail@suchtreport.de<br />

Die Redaktion behält sich vor,<br />

Leserbriefe zu kürzen.<br />

SuchtReport 1/2002<br />

SuchtReport 1/2002


<strong>Drogen</strong>szene am Hamburger Hauptbahnhof: E<strong>in</strong><br />

<strong>Drogen</strong>süchtiger spritzt sich unter e<strong>in</strong>er Treppe<br />

Hero<strong>in</strong><br />

© Foto: dpa/Nietfeld<br />

<strong>Drogen</strong><br />

e<strong>in</strong>e ständige Herausforderung<br />

für <strong>Europa</strong><br />

Jahresbericht über die EU-<strong>Drogen</strong>problematik -<br />

Überblick über die wichtigsten Tendenzen<br />

von Kathy Robertson


6 Titelthema<br />

Titelthema<br />

7<br />

Koka<strong>in</strong> - e<strong>in</strong> komplexes Bild<br />

In dem vorliegenden Bericht wird festgestellt, dass im Zuge sich<br />

verändernder Trends und Märkte die traditionellen Trennl<strong>in</strong>ien<br />

zwischen der Gruppe der begüterten und der der marg<strong>in</strong>alisierten<br />

Koka<strong>in</strong>konsumenten verschwimmen könnten.<br />

festgestellt, dass die relativ hohen Kosten für die Droge <strong>in</strong> Komb<strong>in</strong>ation<br />

mit der kurzen Wirkungszeit dem regulären Freizeitkonsum,<br />

der e<strong>in</strong> hohes verfügbares E<strong>in</strong>kommen erfordert, entgegenstehen.<br />

Im Hamburger Stadtteil St. Georg ist das <strong>Drogen</strong>problem besonders<br />

sichtbar, gefixt wird <strong>in</strong> aller Öffentlichkeit © Foto: action press/Heuser<br />

Der Jahresbericht über den Stand der <strong>Drogen</strong>problematik<br />

<strong>in</strong> der Europäischen Union der Lissabonner EU-<strong>Drogen</strong>beobachtungsstelle<br />

(EBDD) wurde vorgestellt. Dar<strong>in</strong> werden<br />

die neuesten Tendenzen <strong>in</strong> der EU-<strong>Drogen</strong>szene und die<br />

entsprechenden sozialen, rechtlichen und politischen<br />

Abhilfemaßnahmen beleuchtet. Im Folgenden seien die<br />

wichtigsten Punkte genannt.<br />

<strong>Drogen</strong> s<strong>in</strong>d nach Aussage der EBDD e<strong>in</strong>e ständige<br />

Herausforderung für <strong>Europa</strong>. Aber es ist EU-weit e<strong>in</strong>e<br />

deutliche Tendenz zur Stärkung und Verbesserung der<br />

<strong>Drogen</strong>politik im S<strong>in</strong>ne des Abrückens von re<strong>in</strong> reaktivem<br />

Handeln und des Übergangs zu vorausschauenden<br />

Politiken zu beobachten.<br />

Cannabis ist die am meisten probierte Droge<br />

Cannabis bleibt weiterh<strong>in</strong> <strong>in</strong> allen EU-Ländern die am<br />

meisten konsumierte illegale Droge; dies gilt sowohl für die<br />

Lebenszeiterfahrung als auch für den Konsum <strong>in</strong> jüngster<br />

»Partydroge« Cannabis: Festivalbesucher drehen sich beim Musikfestival<br />

<strong>in</strong> der englischen Grafschaft Sommerset e<strong>in</strong>en Jo<strong>in</strong>t © Foto: dpa/Arnold<br />

Zeit (<strong>in</strong>nerhalb des letzten Jahres). Die Lebenszeiterfahrung<br />

der 15- bis 64-Jährigen liegt <strong>in</strong> F<strong>in</strong>nland bei etwa 10 % und<br />

geht bis zu 20-25 % <strong>in</strong> Dänemark, Spanien, Frankreich,<br />

Irland, den Niederlanden und dem Vere<strong>in</strong>igten Königreich.<br />

Bis zu 9 % der Befragten geben e<strong>in</strong>en Konsum <strong>in</strong> jüngster<br />

Zeit an, während die Ziffern für andere illegale Substanzen<br />

selten über 1 % h<strong>in</strong>ausgehen.<br />

Bei jungen Erwachsenen (15-34 Jahre) ist der Cannabiskonsum<br />

höher. Probierkonsum von Cannabis wird <strong>in</strong><br />

F<strong>in</strong>nland und Schweden mit 15 % angegeben, <strong>in</strong> Dänemark,<br />

Spanien, Frankreich, Irland, den Niederlanden und dem<br />

Vere<strong>in</strong>igten Königreich mit 28-40 %.<br />

Die Lebenszeiterfahrung mit Cannabis bei 15- bis 16-Jährigen<br />

reicht von 8% <strong>in</strong> Portugal und Schweden bis zu 35 %<br />

<strong>in</strong> Frankreich und dem Vere<strong>in</strong>igten Königreich (1). In<br />

Griechenland und Schweden ist bei derselben Altersgruppe<br />

der Lebenszeitkonsum von Inhalanzien (flüchtigen Substanzen)<br />

so hoch wie oder höher als der von Cannabis.<br />

E<strong>in</strong> Faktor ist die neue Tendenz des Koka<strong>in</strong>rauchens von begüterten<br />

Konsumenten bei nächtlicher Freizeitunterhaltung. In diesem<br />

Zusammenhang wird aus fünf Ländern über das Mischen von<br />

»Base/Crack«-Koka<strong>in</strong> mit Tabak zu e<strong>in</strong>em »Jo<strong>in</strong>t« berichtet:<br />

Griechenland, Frankreich, Italien, den Niederlanden und dem<br />

Vere<strong>in</strong>igtes Königreich. Im Vere<strong>in</strong>igten Königreich wird<br />

»Base/Crack« zu rauchbarem »Rock« oder »Stone« verarbeitet, um<br />

wohlhabendere Marktschichten zu erreichen. Die EBDD weist<br />

nachdrücklich darauf h<strong>in</strong>, dass das volle Verständnis dieser<br />

Nuancen für e<strong>in</strong>e effiziente Politikgestaltung unabd<strong>in</strong>gbar ist.<br />

Trotz gewisser Befürchtungen über e<strong>in</strong> europaweites Ansteigen<br />

des Koka<strong>in</strong>konsums weisen die verfügbaren Daten nicht auf e<strong>in</strong>en<br />

Anstieg des Konsums der EU-Bevölkerung <strong>in</strong>sgesamt h<strong>in</strong>. Jedoch<br />

besteht die Sorge über erhebliche Zuwachsraten <strong>in</strong> spezifischen<br />

geografischen Gebieten (Teile e<strong>in</strong>iger Städte), bestimmten Altersgruppen<br />

und sozialen Milieus.<br />

So ist beispielsweise im Vere<strong>in</strong>igten Königreich nachweisbar e<strong>in</strong><br />

Anstieg der Zahl der 16- bis 29-Jährigen zu verzeichnen, die<br />

Koka<strong>in</strong> m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>mal probiert haben. In e<strong>in</strong>igen Städten <strong>in</strong><br />

Italien wird Koka<strong>in</strong> an zweiter Stelle h<strong>in</strong>ter Cannabis und höher<br />

als Amphetam<strong>in</strong>e oder Ecstasy e<strong>in</strong>geordnet.<br />

Allgeme<strong>in</strong>er ergibt sich aus an Schulen durchgeführten Erhebungen,<br />

dass der Anteil der 15- bis 16-Jährigen, die mit Koka<strong>in</strong> experimentieren,<br />

weiterh<strong>in</strong> ger<strong>in</strong>g ist (1) und europaweit Koka<strong>in</strong> für<br />

diese Altersgruppe weniger verfügbar ist als für die Gleichaltrigen<br />

<strong>in</strong> den Vere<strong>in</strong>igten Staaten. Koka<strong>in</strong> sche<strong>in</strong>t den Schülern weniger<br />

beschaffbar als Ecstasy, wobei jedoch nationale Schwankungen<br />

bestehen: Am meisten <strong>in</strong> Irland (21%) und im Vere<strong>in</strong>igten<br />

Königreich (20%), am wenigsten <strong>in</strong> F<strong>in</strong>nland (6%). In dieser<br />

Altersgruppe ist die Missbilligung von Koka<strong>in</strong> überall <strong>in</strong> der EU<br />

noch immer ausgeprägt - genauso wie für Hero<strong>in</strong>.<br />

Die EBDD <strong>in</strong>formiert, dass Koka<strong>in</strong> mehr von den Gruppen konsumiert<br />

wird, bei denen allgeme<strong>in</strong> e<strong>in</strong> höheres Niveau des <strong>Drogen</strong>konsums<br />

als bei jungen Erwachsenen <strong>in</strong>sgesamt zu verzeichnen<br />

ist. Zum Beispiel wird die Droge von sozial ausgegrenzten<br />

Gruppen wie obdachlosen Jugendlichen, im Sexgewerbe Tätigen<br />

und problematischen Opiatgebrauchern konsumiert. Auch <strong>in</strong> der<br />

Gruppe sozial gut <strong>in</strong>tegrierter Jugendlicher, deren Freizeitkonsum<br />

e<strong>in</strong> Spektrum von <strong>Drogen</strong> umfasst, stieg der Gebrauch von Koka<strong>in</strong><br />

komb<strong>in</strong>iert mit Alkohol <strong>in</strong> Nachtclubs. Jedoch wird im Bericht<br />

Bei den <strong>Drogen</strong>konsumenten, die sich e<strong>in</strong>er Therapie unterziehen,<br />

ist <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Ländern e<strong>in</strong> Anstieg der mit dem Koka<strong>in</strong>konsum im<br />

Zusammenhang stehenden Probleme zu verzeichnen. Zum Beispiel<br />

steigt <strong>in</strong> Spanien und <strong>in</strong> den Niederlanden die Zahl derer, die<br />

sich wegen der mit ihrer Hauptdroge Koka<strong>in</strong> im Zusammenhang<br />

stehenden Probleme um e<strong>in</strong>e Therapie bemühen. Auch Therapiee<strong>in</strong>richtungen<br />

<strong>in</strong> Deutschland, Griechenland und Italien verzeichnen<br />

e<strong>in</strong>en proportionalen Anstieg der Klienten mit Koka<strong>in</strong>problematik,<br />

was bis 1998 auch <strong>in</strong> Irland der Fall war. Allerd<strong>in</strong>gs<br />

dürfte dieser Anstieg im Wesentlichen nicht auf e<strong>in</strong>en tatsächlich<br />

gestiegenen Koka<strong>in</strong>konsum, sondern vielmehr auf e<strong>in</strong>e Verbesserung<br />

der Betreuungsdienste für Koka<strong>in</strong>konsumenten oder das<br />

Ergebnis des Wechsels von Opiatkonsumenten zu Koka<strong>in</strong> zurückzuführen<br />

se<strong>in</strong>. Italien, Luxemburg und die Niederlande melden<br />

e<strong>in</strong>e gestiegene Zahl von <strong>Drogen</strong>toten, bei denen Koka<strong>in</strong> und<br />

andere <strong>Drogen</strong> beteiligt waren; und Spanien verzeichnet e<strong>in</strong>en<br />

Anstieg der koka<strong>in</strong>bed<strong>in</strong>gten Notaufnahmen <strong>in</strong> Krankenhäuser.<br />

Die Verkaufspreise von Koka<strong>in</strong> reichen von $ 24 bis $ 170 pro<br />

Gramm, wobei der Preis <strong>in</strong> Städten wie Amsterdam und Frankfurt<br />

am niedrigsten und <strong>in</strong> Mitgliedstaaten wie F<strong>in</strong>nland und<br />

Schweden am höchsten ist. Auf der Straße wird manchmal bereits<br />

mit Hero<strong>in</strong> vermischtes Koka<strong>in</strong> verkauft.<br />

Belgien, Spanien und die Niederlande gelten als wichtige EU-<br />

Transitländer für Koka<strong>in</strong> aus Late<strong>in</strong>amerika, <strong>in</strong>sbesondere<br />

Brasilien, Kolumbien und Venezuela.<br />

Die EBDD berichtet von drei verschiedenen Wegen, mit denen die<br />

EU Mitgliedstaaten auf den gestiegenen Koka<strong>in</strong>- und Crack-<br />

Konsum mit Maßnahmen zur Reduzierung der Nachfrage reagiert<br />

haben. E<strong>in</strong>ige Städte mit e<strong>in</strong>er erhöhten Prävalenz des Koka<strong>in</strong>konsums<br />

haben spezielle Hilfsdienste e<strong>in</strong>gerichtet, die sich mit<br />

den <strong>in</strong>dividuellen, primär aus dem Koka<strong>in</strong>konsum resultierenden<br />

Problemen befassen. E<strong>in</strong>ige Mitgliedstaaten passen vorhandene<br />

Therapiemodelle und Angebote an, um Koka<strong>in</strong>- und Crack-Konsumenten<br />

effizientere Betreuungsdienste anbieten zu können (z.B.<br />

durch die Ausbildung von Fachkräften). Und e<strong>in</strong>ige Länder reagieren<br />

auf die Krim<strong>in</strong>alität und die gesundheitlichen Folgen des<br />

<strong>Drogen</strong>mischkonsums <strong>in</strong> der allgeme<strong>in</strong>en Präventionsarbeit sowie<br />

durch aufsuchende Sozialarbeit. Wahrsche<strong>in</strong>lich spielen Privatkl<strong>in</strong>iken<br />

e<strong>in</strong>e bedeutende Rolle <strong>in</strong> der Therapie von sozial privilegierteren<br />

Abhängigen mit problematischen Koka<strong>in</strong>konsumgewohnheiten.<br />

SuchtReport 1/2002<br />

SuchtReport 1/2002


8 Titelthema<br />

Titelthema<br />

9<br />

Infektionskrankheiten:<br />

Erneuter Anstieg von HIV <strong>in</strong> sechs Ländern möglich<br />

Razzia gegen <strong>Drogen</strong>dealer: Am Ausgang e<strong>in</strong>er U-Bahn-Station kontrollieren<br />

Polizisten die Ausweise verdächtiger Personen © Foto: action press/Knoop<br />

Bis zu 4 % der Erwachsenen probieren<br />

Amphetam<strong>in</strong>e und Ecstasy<br />

Bis zu 4 % der Erwachsenen <strong>in</strong> der EU haben mit Amphetam<strong>in</strong>en<br />

experimentiert, im Vere<strong>in</strong>igten Königreich sogar<br />

fast 10 %. Ähnliche Zahlen gelten für den Probierkonsum<br />

von Ecstasy.<br />

Unter den 15- bis 34-Jährigen haben bis zu 6 % Amphetam<strong>in</strong>e,<br />

Ecstasy und Koka<strong>in</strong> probiert. Im Vere<strong>in</strong>igten<br />

Königreich liegen die Zahlen für Amphetam<strong>in</strong>e und Ecstasy<br />

jeweils bei etwa 16 % bzw. 8 %. In Schulumfragen wird von<br />

e<strong>in</strong>em Lebenszeitkonsum der 15- bis 16-Jährigen von Amphetam<strong>in</strong>en<br />

bis zu 8 %, von Ecstasy bis zu 5 % (1) berichtet.<br />

In der EU werden immer mehr Befürchtungen h<strong>in</strong>sichtlich<br />

möglicher Langzeitfolgen des Ecstasy-Konsums laut.<br />

Die Zunahme des Koka<strong>in</strong>konsums <strong>in</strong> manchen Sett<strong>in</strong>gs und<br />

<strong>in</strong> manchen Ländern ist ebenfalls Gegenstand von Untersuchungen.<br />

Nur <strong>in</strong> wenigen Fällen ist Ecstasy die Hauptdroge<br />

der <strong>in</strong> Behandlung bef<strong>in</strong>dlichen Abhängigen; den<br />

<strong>Drogen</strong>fund der Polizei: Im Jahre 1999 wurden mehr als 7 Tonnen Hero<strong>in</strong><br />

<strong>in</strong> der EU sichergestellt<br />

© Foto: action press/Knoop<br />

höchsten Anteil meldet Irland mit 8,9 %. Große Unterschiede<br />

s<strong>in</strong>d bei den Ziffern zur Behandlung wegen Amphetam<strong>in</strong>en<br />

zu beobachten, wobei die höchsten Angaben für<br />

F<strong>in</strong>nland (39 %), Schweden (17 %) und Belgien (15 %)<br />

gemacht werden.<br />

Hero<strong>in</strong>konsum ger<strong>in</strong>g, jedoch mit<br />

großen Problemen behaftet<br />

Weniger als e<strong>in</strong>er von 100 Erwachsenen konsumiert Hero<strong>in</strong><br />

- dennoch verursacht dieses die meisten drogenbed<strong>in</strong>gten<br />

Probleme, e<strong>in</strong>schließlich Krim<strong>in</strong>alität, Infektionskrankheiten<br />

und Überdosierungen. Aus den neuesten Daten lässt sich <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>igen Ländern - Griechenland, Luxemburg, F<strong>in</strong>nland,<br />

Schweden und dem Vere<strong>in</strong>igten Königreich - e<strong>in</strong> Anstieg<br />

ablesen, während sich <strong>in</strong> anderen Ländern wie Deutschland,<br />

den Niederlanden und Österreich e<strong>in</strong> unverändertes Bild<br />

zeigt. Trotz e<strong>in</strong>iger lokal zu beobachtender Zunahmen ist<br />

der Hero<strong>in</strong>konsum <strong>in</strong> Spanien und Frankreich möglicherweise<br />

noch im Abnehmen begriffen.<br />

Aus dem vorliegenden Bericht geht hervor, dass trotz e<strong>in</strong>er<br />

sche<strong>in</strong>baren Stabilisierung der Prävalenz der HIV-Infektion <strong>in</strong><br />

den meisten EU-Ländern seit der Mitte der 90er-Jahre e<strong>in</strong><br />

erneuter Anstieg <strong>in</strong> Untergruppen der <strong>in</strong>jizierenden <strong>Drogen</strong>konsumenten<br />

(IDU) <strong>in</strong> den sechs Mitgliedstaaten Irland,<br />

Luxemburg, den Niederlanden, Österreich, Portugal und<br />

F<strong>in</strong>nland festzustellen ist. Nach wie vor ist EU-weit e<strong>in</strong>e<br />

extrem hohe Prävalenz der Hepatitis-C-Infektion (HCV) zu verzeichnen.<br />

E<strong>in</strong>er vorläufigen Schätzung zufolge belaufen sich die dem Gesundheitswesen<br />

künftig entstehenden Behandlungskosten für e<strong>in</strong><br />

Jahr <strong>in</strong>folge drogenbed<strong>in</strong>gter Infektionen mit HIV, dem Hepatitis-<br />

B-Virus und HCV <strong>in</strong> der EU auf etwa 0,5% des gesamten Gesundheits-Haushalts<br />

der Mitgliedstaaten: $ 1,89 Milliarden. Der Anstieg<br />

der HIV-Infektionen könnte Ausdruck des fortgesetzten, mit<br />

hohem Risiko behafteten Verhaltens der <strong>in</strong>jizierenden <strong>Drogen</strong>konsumenten<br />

se<strong>in</strong>, so der Bericht, trotz e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>sgesamt <strong>in</strong> den<br />

meisten EU-Ländern festgestellten Verr<strong>in</strong>gerung des <strong>in</strong>jizierenden<br />

Gebrauchs. Bei den weiblichen <strong>in</strong>jizierenden <strong>Drogen</strong>konsumenten<br />

ist durchwegs e<strong>in</strong>e höhere HIV-Prävalenz zu verzeichnen. Dies<br />

wird von der Agentur wie folgt begründet: »Mögliche Ursachen<br />

dafür können höhere Raten oder andere Praktiken der geme<strong>in</strong>samen<br />

Nadelbenutzung und/oder höhere sexuelle Risiken se<strong>in</strong> ...«<br />

In Bezug auf AIDS wird <strong>in</strong> dem vorliegenden Bericht allgeme<strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>e rückläufige Tendenz festgestellt. »Dieser Rückgang ist wahrsche<strong>in</strong>lich<br />

bed<strong>in</strong>gt durch die Wirkung neuer Behandlungen von<br />

<strong>in</strong>jizierenden Konsumenten, die den Ausbruch von AIDS verzögern.«<br />

Portugal ist das e<strong>in</strong>zige EU-Land, <strong>in</strong> dem noch ke<strong>in</strong><br />

Rückgang beobachtet wurde, auch wenn sich der <strong>in</strong> den letzten<br />

Jahren verzeichnete Anstieg der AIDS-Erkrankungen jetzt zu stabilisieren<br />

sche<strong>in</strong>t. Länder, <strong>in</strong> denen <strong>in</strong>jizierende <strong>Drogen</strong>konsumenten<br />

stärker betroffen s<strong>in</strong>d, liegen vor allem im Südwesten der EU<br />

- Spanien, Frankreich, Italien und Portugal.<br />

Aus dem vorliegenden Bericht geht hervor, dass die Prävalenz der<br />

Hepatitis-C-Infektion höher ist und sich<br />

gleichmäßiger <strong>in</strong> der EU verteilt als die<br />

HIV-Prävalenz. Dies könnte <strong>in</strong> den<br />

kommenden Jahrzehnten zu »erheblichen<br />

gesundheitlichen Problemen durch<br />

schwere Leberschäden« führen. In der EU<br />

s<strong>in</strong>d 40% bis 90% der <strong>in</strong>jizierenden<br />

<strong>Drogen</strong>konsumenten mit HCV <strong>in</strong>fiziert.<br />

se<strong>in</strong> dürften (3 Injektionen). Somit würde e<strong>in</strong>e Impfung dieser<br />

Gruppe erhebliche gesundheitliche Vorteile br<strong>in</strong>gen. Die Agentur<br />

betont das hohe Tuberkulose-Risiko der <strong>in</strong>jizierenden<br />

<strong>Drogen</strong>konsumenten, das sich <strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong> Spanien und<br />

Portugal abzeichnet. Tuberkulose wird nicht über den <strong>in</strong>jizierenden<br />

<strong>Drogen</strong>konsum übertragen, tritt jedoch aufgrund der geschwächten<br />

Immunität häufig <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit HIV und AIDS<br />

bei <strong>in</strong>jizierenden <strong>Drogen</strong>konsumenten auf.<br />

E<strong>in</strong> kürzlicher Ausbruch e<strong>in</strong>er unerklärbaren Krankheit mit 43<br />

Todesfällen unter <strong>in</strong>jizierenden <strong>Drogen</strong>konsumenten <strong>in</strong> Irland und<br />

im Vere<strong>in</strong>igten Königreich macht deutlich, »wie hoch bei <strong>in</strong>jizierenden<br />

<strong>Drogen</strong>konsumenten das Potenzial schwerer gesundheitlicher<br />

Probleme ist, die weitaus gravierender und lebensbedrohender<br />

se<strong>in</strong> können als gesundheitliche Probleme aufgrund von anderen<br />

und gängigeren <strong>Drogen</strong>konsummustern«.<br />

In den meisten EU-Ländern ist der <strong>in</strong>jizierende <strong>Drogen</strong>konsum im<br />

letzten Jahrzehnt erheblich zurückgegangen, wenn auch <strong>in</strong> Irland<br />

e<strong>in</strong> erneuter Anstieg zu verzeichnen ist. Der Anteil <strong>in</strong>jizierender<br />

Opiatkonsumenten, die sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Therapie begeben, reicht heutzutage<br />

von etwa 10% <strong>in</strong> den Niederlanden bis zu 70% <strong>in</strong><br />

Griechenland.<br />

Gegenwärtig ist nur e<strong>in</strong> begrenztes Wissen darüber vorhanden,<br />

wie sich der <strong>in</strong>jizierende <strong>Drogen</strong>konsum verh<strong>in</strong>dern lässt. Jedoch<br />

wird <strong>in</strong> dem vorliegenden Bericht festgestellt, dass Substitutionstherapien<br />

e<strong>in</strong>e sehr wirksame Maßnahme se<strong>in</strong> können, während<br />

der Spritzentausch für die Prävention von Infektionen wichtig ist.<br />

E<strong>in</strong>ige Länder erwägen <strong>in</strong>novative Ansätze zur Schadensm<strong>in</strong>imierung<br />

wie mediz<strong>in</strong>isch überwachte <strong>Drogen</strong>konsumräume und<br />

die kontrollierte Abgabe von Hero<strong>in</strong>. Beide Maßnahmen werfen<br />

jedoch ethische und rechtliche Probleme auf und erfordern möglicherweise<br />

e<strong>in</strong>e Änderung der nationalen <strong>Drogen</strong>gesetze. In<br />

Ländern, <strong>in</strong> denen <strong>Drogen</strong>konsumräume e<strong>in</strong>gerichtet wurden<br />

(Australien, Schweiz, USA, Deutschland, Spanien und die Niederlande),<br />

steht die umfassende Bewertung ihres Nutzens noch aus.<br />

Die Hepatitis-B-Infektion ist <strong>in</strong> der EU<br />

ebenfalls hoch, jedoch nicht so gleichmäßig<br />

verbreitet wie HCV. Jüngste Daten aus<br />

Portugal deuten auf e<strong>in</strong>en Rückgang der<br />

gegenwärtigen HBV-Infektionen h<strong>in</strong>.<br />

Daten aus Norwegen weisen auf e<strong>in</strong>en<br />

starken Anstieg der HBV-Infektion h<strong>in</strong>. In<br />

der EU wurden bei 20% bis 60% der <strong>in</strong>jizierenden<br />

<strong>Drogen</strong>konsumenten Antikörper<br />

gegen Hepatitis B nachgewiesen,<br />

während nur 10% bis 30% voll geimpft<br />

SuchtReport 1/2002<br />

SuchtReport 1/2002


10 Titelthema<br />

Titelthema<br />

11<br />

Synthetische <strong>Drogen</strong>:<br />

Wachsende Besorgnis über langfristigen Konsum<br />

von Ecstasy<br />

<strong>Drogen</strong>verkauf auf der Straße: E<strong>in</strong> Gramm Koka<strong>in</strong> kostet zwischen 26 €<br />

und 180 €<br />

© Foto: action press/Heuser<br />

Änderungen im problematischen Konsum<br />

und bei der Behandlungsnachfrage<br />

Der problematische <strong>Drogen</strong>konsum sche<strong>in</strong>t <strong>in</strong> Italien,<br />

Luxemburg, Portugal und dem Vere<strong>in</strong>igten Königreich mit<br />

fünf bis acht je 1000 der 15- bis 64-Jährigen am höchsten zu<br />

se<strong>in</strong>. Deutschland und die Niederlande liegen mit zwei bis<br />

drei je 1000 am unteren Ende der Skala. Der <strong>in</strong>jizierende<br />

<strong>Drogen</strong>konsum nimmt <strong>in</strong> den meisten - wenn auch nicht<br />

allen - Ländern ab; <strong>in</strong> Irland steigt er wieder an. Aus diesem<br />

Grunde dürften irische <strong>Drogen</strong>konsumenten mit problematischen<br />

Gebrauchsmustern e<strong>in</strong>em zunehmenden Risiko von<br />

drogenbed<strong>in</strong>gten Infektionskrankheiten und Überdosierungen<br />

ausgesetzt se<strong>in</strong>. Da die Schätzungen des problematischen<br />

<strong>Drogen</strong>konsums nicht immer sehr genau und nur teilweise<br />

vergleichbar s<strong>in</strong>d, ist es schwierig, Trends zu erkennnen.<br />

Crackhandel: Es besteht die Sorge über erhebliche Zuwachsraten <strong>in</strong>nerhalb<br />

der Großstädte<br />

© Foto: action press/Heuser<br />

Opiate, <strong>in</strong>sbesondere Hero<strong>in</strong>, s<strong>in</strong>d weiterh<strong>in</strong> die Hauptdroge<br />

bei der Hälfte oder gar von drei Vierteln der Therapieneuzugänge<br />

<strong>in</strong> der EU. Allerd<strong>in</strong>gs ist die Tendenz fallend für<br />

Patienten, die e<strong>in</strong>e Therapie wegen Hero<strong>in</strong> beantragen, und<br />

steigend bei solchen, die Cannabis- und Koka<strong>in</strong>probleme<br />

haben.<br />

Bei den Therapieneuzugängen handelt es sich meist um<br />

Männer mit e<strong>in</strong>em Durchschnittsalter von 29 Jahren. Bei<br />

den Frauen liegt das Durchschnittsalter niedriger. Setzt man<br />

die Anzahl von Männern und Frauen <strong>in</strong>s Verhältnis, so ist<br />

dieses höher im Süden der EU (86/14 <strong>in</strong> Italien, 85/15 <strong>in</strong><br />

Spanien und 84/16 <strong>in</strong> Griechenland und Portugal); im<br />

Norden ist es etwas ausgewogener mit 70/30 <strong>in</strong> Irland und<br />

87/28 <strong>in</strong> Schweden. Im Bericht heißt es: »Die sozialen<br />

Bed<strong>in</strong>gungen von Konsumenten, die e<strong>in</strong>e <strong>Drogen</strong>therapie<br />

beantragen, sche<strong>in</strong>en sich, was die Bildungs- und Beschäftigungssituation<br />

angeht, zu verschlechtern.«<br />

<strong>Drogen</strong>bed<strong>in</strong>gte Todesfälle weiter gleich bleibend<br />

Die Anzahl der akuten drogenbed<strong>in</strong>gten Todesfälle (Überdo-<br />

In dem Bericht wird die wachsende Besorgnis über die Gefahren<br />

des langfristigen Konsums von Ecstasy herausgestellt. Die<br />

Auswirkungen auf das Gehirn s<strong>in</strong>d noch nicht umfassend geklärt,<br />

und es gibt Belege für Schädigungen der Serot<strong>in</strong><strong>in</strong> produzierenden<br />

Neuronen bei Menschen mit starkem Ecstasy-Konsum. Dies<br />

könnte künftige Konsumtendenzen bee<strong>in</strong>flussen.<br />

In dem vorliegenden Bericht wird festgestellt, dass die Ausbreitung<br />

des Konsums von synthetischen <strong>Drogen</strong> <strong>in</strong> der EU »im<br />

Großen und Ganzen konstant geblieben ist«. Jedoch wird beim<br />

Ecstasy-Konsum »immer noch e<strong>in</strong>e steigende Tendenz <strong>in</strong> Regionen<br />

verzeichnet, <strong>in</strong> denen Städte oder Urlaubsorte für junge europäische<br />

Touristen ... besonders attraktiv s<strong>in</strong>d«. Städtische Gebiete, <strong>in</strong><br />

denen Jugendkulturen entstanden s<strong>in</strong>d, werden »auch <strong>in</strong> Zukunft<br />

e<strong>in</strong> Milieu bieten ... <strong>in</strong> dem sich der Konsum von Freizeitdrogen<br />

etablieren und ausbreiten wird«. Der Konsum dieser <strong>Drogen</strong> hat<br />

sich sche<strong>in</strong>bar über die »Techno-Szene« h<strong>in</strong>aus auf Diskotheken,<br />

Nachtclubs und das private Umfeld ausgeweitet.<br />

Die Agentur teilt mit, dass der komb<strong>in</strong>ierte Konsum verschiedener<br />

legaler und illegaler Substanzen unter jungen Menschen mit<br />

e<strong>in</strong>em extrovertierten Lebensstil verbreitet ist. Die Haupttendenz<br />

geht zum polyvalenten <strong>Drogen</strong>konsum, bei dem viele verschiedene<br />

synthetische und nicht synthetische Substanzen abwechselnd<br />

oder gemischt e<strong>in</strong>genommen werden.<br />

E<strong>in</strong>e Tendenz, die »genau beobachtet werden muss«, ist die steigende<br />

Anzahl psychotroper Medikamente wie Ketam<strong>in</strong>, die aus<br />

legalen Quellen abgezweigt werden.<br />

Jedoch haben die aufsuchende <strong>Drogen</strong>arbeit und andere präventive<br />

Maßnahmen auf Techno-/House-Veranstaltungen und -Partys<br />

e<strong>in</strong>en Rückgang der Todesfälle seit dem Beg<strong>in</strong>n der 90er Jahre<br />

bewirkt. Diese Maßnahmen umfassen Chill-out-Bereiche und<br />

Pillentests vor Ort.<br />

Die Niederlande s<strong>in</strong>d noch immer der Hauptproduzent und das<br />

wichtigste Exportland von Ecstasy. Weitere wichtige Lieferanten<br />

s<strong>in</strong>d auch die baltischen Staaten, Bulgarien, die Tschechische<br />

Republik und Polen. Im Jahr 1999 wurden mit Abstand die<br />

meisten Ecstasy-Tabletten im Vere<strong>in</strong>igten Königreich sichergestellt;<br />

dabei handelte es sich um mehr als 6000 Sicherstellungen<br />

von sechs Millionen Pillen. Danach folgten die <strong>in</strong> den<br />

Niederlanden und Frankreich sichergestellten Mengen.<br />

Aus dem vorliegenden Bericht geht hervor, dass synthetische<br />

<strong>Drogen</strong> »im politischen Rampenlicht« stehen. »Der hohe Konsum<br />

synthetischer <strong>Drogen</strong> <strong>in</strong> sozial <strong>in</strong>tegrierten Gruppen, ihr Stellenwert<br />

<strong>in</strong> der Jugendkultur und die Tatsache, dass die Produktion<br />

und der Handel ... <strong>in</strong> <strong>Europa</strong> stattf<strong>in</strong>den, zw<strong>in</strong>gen die EU zu verantwortungsvollem<br />

Handeln.«<br />

Die EU verfügt jetzt über e<strong>in</strong> »Frühwarnsystem« zur Aufdeckung<br />

der besonderen Gefahren, die von diesen Substanzen ausgehen.<br />

Vier Substanzen - MBDB, 4-MTA, GHB und Ketam<strong>in</strong> - waren<br />

Gegenstand e<strong>in</strong>er Risikobewertung der EBDD, und e<strong>in</strong>e weitere<br />

Substanz, PMMA, wird gegenwärtig untersucht. Infolge der<br />

Risikobewertungen wird 4-MTA (<strong>in</strong> der Szene bekannt als<br />

»Flatl<strong>in</strong>er«) jetzt mit Kontrollmaßnahmen <strong>in</strong> allen EU-Mitgliedstaaten<br />

überwacht.<br />

sis oder Vergiftung) sche<strong>in</strong>t sich <strong>in</strong> den letzten Jahren EUweit<br />

bei 7000-8000 e<strong>in</strong>gependelt zu haben, wobei sich allerd<strong>in</strong>gs<br />

nationale E<strong>in</strong>zeltendenzen abzeichnen. Die Gründe<br />

dafür dürften <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Stabilisierung von <strong>Drogen</strong>konsumenten<br />

mit problematischen Konsumgewohnheiten,<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Abnahme riskanter Praktiken, der Ausweitung der<br />

Substitutionsbehandlung und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er besseren mediz<strong>in</strong>ischen<br />

Betreuung zu sehen se<strong>in</strong>. Die Anzahl der Todesfälle<br />

beträgt <strong>in</strong> der EU mit ihren 376 Millionen E<strong>in</strong>wohnern etwa<br />

die Hälfte der Todesfallziffer für die USA mit ihren nur 270<br />

Millionen, auch wenn bei solchen Vergleichen Vorsicht<br />

geboten ist.<br />

Gewöhnlich s<strong>in</strong>d bei solchen Todesfällen neben Hero<strong>in</strong> auch<br />

andere Substanzen beteiligt. Dagegen s<strong>in</strong>d akute Todesfälle<br />

aufgrund von Koka<strong>in</strong>, Amphetam<strong>in</strong>en oder Ecstasy ohne<br />

gleichzeitigen Konsum von Opiaten <strong>in</strong> <strong>Europa</strong> eher selten.<br />

Die Sterbeziffer ist für Opiatkonsumenten 20- bis 30-mal<br />

höher als <strong>in</strong> derselben Altersgruppe der Allgeme<strong>in</strong>bevölkerung.<br />

In manchen Ländern ist die Anzahl der Todesfälle von<br />

<strong>Drogen</strong>abhängigen rückläufig, was z.T. auf den Rückgang<br />

der Aids-Todesfälle zurückzuführen ist.<br />

Festnahmen und <strong>Drogen</strong>handel<br />

Im Laufe der letzten drei Jahre hat die Anzahl der Festnahmen<br />

im Zusammenhang mit <strong>Drogen</strong> <strong>in</strong> den meisten EU-<br />

Ländern zugenommen. Die stärkste Zunahme war <strong>in</strong><br />

Griechenland, Irland und Portugal festzustellen. Lediglich <strong>in</strong><br />

Belgien und dem Vere<strong>in</strong>igten Königreich g<strong>in</strong>g die Anzahl<br />

der Festnahmen 1999 zurück. Bei den meisten Festnahmen<br />

g<strong>in</strong>g es um <strong>Drogen</strong>konsum oder <strong>Drogen</strong>besitz für den<br />

SuchtReport 1/2002<br />

SuchtReport 1/2002


12 Titelthema<br />

Titelthema<br />

13<br />

Eigengebrauch, außer <strong>in</strong> Spanien, Italien und den Niederlanden,<br />

wo <strong>Drogen</strong>handel der Hauptgrund war. Luxemburg<br />

meldet wie früher die meisten Festnahmen im Zusammenhang<br />

sowohl mit <strong>Drogen</strong>konsum als auch <strong>Drogen</strong>handel.<br />

Cannabis die am häufigsten beschlagnahmte Droge<br />

Cannabis bleibt weiterh<strong>in</strong> die am häufigsten beschlagnahmte<br />

Droge <strong>in</strong> jedem EU-Mitgliedstaat, außer <strong>in</strong> Portugal, wo<br />

die Sicherstellungen von Hero<strong>in</strong> überwiegen. An zweiter<br />

Stelle stehen Amphetam<strong>in</strong>e <strong>in</strong> F<strong>in</strong>nland und Schweden. Die<br />

EU-weit höchsten Ziffern für Sicherstellungen von Amphetam<strong>in</strong>en,<br />

Ecstasy und LSD meldet das Vere<strong>in</strong>igte Königreich.<br />

Im Jahre 1999 wurden mehr als sieben Tonnen Hero<strong>in</strong> <strong>in</strong> der<br />

EU sichergestellt - e<strong>in</strong> Drittel davon im Vere<strong>in</strong>igten Königreich.<br />

Über e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>deutigen Rückgang der sichergestellten<br />

Hero<strong>in</strong>mengen berichten Griechenland, Frankreich, Irland,<br />

die Niederlande und Österreich, über e<strong>in</strong>en starken Anstieg<br />

h<strong>in</strong>gegen Spanien und Italien. Die Sicherstellungen von<br />

Ecstasy s<strong>in</strong>d 1999 <strong>in</strong> allen Mitgliedstaaten, mit Ausnahme<br />

von Belgien und Luxemburg, gestiegen. Seit 1997 haben die<br />

Mengen EU-weit - außer <strong>in</strong> Irland und Österreich - zugenommen.<br />

Die stärkste Zunahme wurde <strong>in</strong> Deutschland,<br />

Griechenland, Portugal, F<strong>in</strong>nland, Schweden und dem Vere<strong>in</strong>igten<br />

Königreich verzeichnet.<br />

Spanien hat immer noch die höchste Menge von Koka<strong>in</strong>sicherstellungen.<br />

Die Gesamtmenge des sichergestellten<br />

Koka<strong>in</strong>s ist seit Mitte der 80er Jahre EU-weit ständig angestiegen,<br />

sche<strong>in</strong>t sich aber 1999 stabilisiert zu haben. Sicherstellungen<br />

von LSD s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der EU weniger häufig. 1999<br />

g<strong>in</strong>gen die Mengen überall zurück, mit Ausnahme von<br />

Griechenland, Österreich, Portugal und dem Vere<strong>in</strong>igten<br />

Königreich.<br />

Gezieltere Maßnahmen<br />

Suchtprävention genießt <strong>in</strong> allen Mitgliedstaaten höchste<br />

Priorität. Dabei wird dem Peer-to-Peer-Ansatz der Vorzug<br />

gegeben, wenngleich das <strong>in</strong> der Praxis schwierig ist. Dem<br />

Bericht zufolge wird immer mehr akzeptiert, dass Schüler<br />

<strong>Drogen</strong> konsumieren. »Früher haben Schulen dies weit von<br />

sich gewiesen, da sie um ihr Image fürchteten.«<br />

Die Nachfrage nach Substitutionstherapie ist <strong>in</strong> vielen<br />

Ländern weiterh<strong>in</strong> groß, z. B. bei Schwangeren. Buprenorph<strong>in</strong><br />

wird dabei gegenüber Methadon bevorzugt - es verursacht<br />

weniger Probleme für das Neugeborene. Im Vere<strong>in</strong>igten<br />

Königreich wird Hero<strong>in</strong> weiterh<strong>in</strong> selektiv für Abhängige<br />

verschrieben; <strong>in</strong> den Niederlanden laufen Versuche,<br />

<strong>in</strong> Deutschland s<strong>in</strong>d solche <strong>in</strong> Kürze zu erwarten. Wie es <strong>in</strong><br />

dem Bericht heißt, hat sich »bei <strong>Drogen</strong>konsumenten, die<br />

unter großem Leidensdruck stehen, […] diese Behandlung<br />

jedoch <strong>in</strong>sofern als effektiv erwiesen, als sie zur Vermeidung<br />

der Beschaffungskrim<strong>in</strong>alität, zur Verbesserung ihres<br />

gesundheitlichen Zustands und ihrer sozialen Integration<br />

beiträgt«. E<strong>in</strong> drogenfreies Leben ist weiterh<strong>in</strong> das Hauptziel<br />

der Behandlung <strong>in</strong> Griechenland, F<strong>in</strong>nland, Norwegen und<br />

Schweden.<br />

Pillentests - meist <strong>in</strong> Bezug auf synthetische <strong>Drogen</strong> - <strong>in</strong><br />

Clubs oder bei Tanzveranstaltungen wurden <strong>in</strong> Spanien, den<br />

Niederlanden und Österreich durchgeführt. E<strong>in</strong>e Studie der<br />

EBDD ergab, dass diese Pillentests »gut geeignet s<strong>in</strong>d, um<br />

vor den unerwarteten und gefährlichen Wirkungen von<br />

Tanzdrogen zu warnen«. Andere Beispiele für zunehmende<br />

Innovation bei den Maßnahmen zur Schadensm<strong>in</strong>imierung<br />

<strong>in</strong> der EU s<strong>in</strong>d die Ausbildung von Mitarbeitern von Nachtclubs,<br />

Chill-out-Bereiche und <strong>in</strong>teraktive Websites.<br />

Cannabis bleibt weiterh<strong>in</strong> <strong>in</strong> allen EU-Ländern die am meisten konsumierte<br />

illegale Droge<br />

© Foto: action press<br />

E<strong>in</strong> großes Problem stellt der <strong>Drogen</strong>konsum unter Gefängnis<strong>in</strong>sassen<br />

dar. In manchen Mitgliedstaaten haben mehr als<br />

die Hälfte der Häftl<strong>in</strong>ge irgendwann e<strong>in</strong>mal illegale <strong>Drogen</strong><br />

konsumiert. In manchen Gefängnissen dürfte die Hälfte der<br />

Insassen e<strong>in</strong> problematisches Konsumverhalten und/oder<br />

<strong>in</strong>travenösen <strong>Drogen</strong>konsum praktizieren. Schätzungen<br />

zufolge bef<strong>in</strong>den sich jährlich zwischen 180.000 und<br />

600.000 <strong>Drogen</strong>konsumenten <strong>in</strong> Gefängnissen <strong>in</strong> der EU. In<br />

e<strong>in</strong>em jüngsten Bericht der EBDD werden EU-weit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelnen<br />

Gefängnissen große Mängel <strong>in</strong> Bezug auf Prävention,<br />

Therapie und Betreuung von <strong>Drogen</strong>konsumenten<br />

aufgezeigt.<br />

Immer mehr vorausschauende Maßnahmen<br />

Wie der Verwaltungsratsvorsitzende der <strong>Drogen</strong>beobachtungsstelle,<br />

Mike Trace (Vere<strong>in</strong>igtes Königreich), vermerkt,<br />

unterstreicht der heute vorgestellte Bericht e<strong>in</strong>e deutliche<br />

EU-weite Tendenz zur Stärkung und Verbesserung der<br />

<strong>Drogen</strong>politik im S<strong>in</strong>ne des Abrückens von re<strong>in</strong> reaktivem<br />

Handeln und des Übergangs zu vorausschauenden Politiken.<br />

Se<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung nach ist der EU-Aktionsplan zur <strong>Drogen</strong>bekämpfung<br />

(2000-2004) mit se<strong>in</strong>en sechs Zielen e<strong>in</strong> großer<br />

Schritt nach vorne <strong>in</strong> der <strong>Drogen</strong>bekämpfung und zeigt das<br />

starke Engagement der Mitgliedstaaten. Er stelle e<strong>in</strong>en<br />

Aufruf an die Länder dar, nationale Koord<strong>in</strong>ierungsmechanismen<br />

<strong>in</strong>s Leben zu rufen, um das <strong>Drogen</strong>problem <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

»umfassenden, multidiszipl<strong>in</strong>ären, <strong>in</strong>tegrierten und ausgewogenen<br />

Ansatz« anzugehen.<br />

Im Laufe der letzten zwei Jahre haben sieben Mitgliedstaaten<br />

auf nationaler Ebene e<strong>in</strong>e Art Strategie, Plan bzw.<br />

Grundsatzerklärung über ihre Absichten <strong>in</strong> der <strong>Drogen</strong>politik<br />

verabschiedet.<br />

Aufkochen von Hero<strong>in</strong> auf e<strong>in</strong>em Spielplatz: Bei Sicherstellungen von<br />

Hero<strong>in</strong> ist Großbritannien <strong>Europa</strong>s Nummer E<strong>in</strong>s © Foto: action press<br />

Der Direktor der <strong>Drogen</strong>beobachtungsstelle, Georges<br />

Estievenart, erklärt, die durch die <strong>Drogen</strong> aufgeworfenen<br />

vielschichtigen Probleme verlangten nach ebensolchen Abhilfemaßnahmen<br />

im Rahmen e<strong>in</strong>er koord<strong>in</strong>ierten langfristigen<br />

Strategie. Es sei ermutigend zu beobachten, dass so<br />

viele Mitgliedstaaten geme<strong>in</strong>sam <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em von der EU<br />

bereitgestellten Rahmen arbeiteten. Er fügt h<strong>in</strong>zu, die wisssenschaftliche<br />

Bewertung und Evaluation seien ausschlagggebend,<br />

wenn man wirksam gegen das Problem angehen<br />

wolle. Die EBDD spiele e<strong>in</strong>e immer wichtigere Rolle <strong>in</strong>sofern,<br />

als der Umfang des Datenmaterials auf diesem Gebiet<br />

weiterh<strong>in</strong> anschwelle, wie auch die Nachfrage der politischen<br />

Entscheidungsträger nach klaren und genauen<br />

Analysen zunehme.<br />

Dieses Jahr sei e<strong>in</strong>e bedeutsame Verbesserung der Qualität<br />

und der Vergleichbarkeit bei den von den Mitgliedstaaten<br />

gelieferten Daten festzustellen, wie Herr Estievenart versichert.<br />

Um diesen Fortschritt zu festigen, werden unter der<br />

Ägide der <strong>Drogen</strong>beobachtungsstelle jetzt EU-weit fünf epidemiologische<br />

Indikatoren umgesetzt, d.h. Standards,<br />

anhand derer die EU-Mitgliedstaaten das Ausmaß, die Auswirkungen<br />

und Folgen des <strong>Drogen</strong>konsums nach harmonisierten<br />

Kriterien messen können.<br />

Anmerkungen:<br />

(1) Zahlen aus dem Europäischen Projekt zum Konsum von Alkohol<br />

und <strong>Drogen</strong> an Schulen (ESPAD).<br />

Kathy Robertson<br />

Europäische Beobachtungsstelle für <strong>Drogen</strong> und <strong>Drogen</strong>sucht<br />

EMCDDA, Rua da Cruz de Santa Apolónia 23-25<br />

P-1149-045 Lissabon, Portugal<br />

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Jahresbericht 2001 onl<strong>in</strong>e: http://annualreport.emcdda.org<br />

SuchtReport 1/2002<br />

SuchtReport 1/2002


Prävention<br />

15<br />

Betriebliche<br />

Suchtprävention<br />

Die Karriere e<strong>in</strong>es Konzepts von der E<strong>in</strong>zelfallhilfe<br />

zur Managementstrategie<br />

von Dr. Eliesabeth Wienemann<br />

Männer bei e<strong>in</strong>er Brotzeit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Gartenlokal <strong>in</strong> Budapest (Ungarn)<br />

© Foto: AKG Berl<strong>in</strong>/Almasy<br />

In Hülle und Fülle: Informationsmaterial<br />

zum Thema Suchtprävention<br />

ist<br />

© Foto: /Wienemann<br />

Tr<strong>in</strong>ken Bier: Bauarbeiter bei e<strong>in</strong>er Pause. Das Unfallrisiko ist bei alkoholisierten Mitarbeitern hoch. Bei fast 30% aller Arbeitsunfälle spielt Alkohol<br />

e<strong>in</strong>e Rolle. 100 alkoholabhängige und - gefährdete Mitarbeiter kosten e<strong>in</strong> Unternehmen jährlich e<strong>in</strong>e halbe Million Mark © Foto: action press/Rust<br />

In den letzten 25 Jahren s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Betrieben und Verwaltungen<br />

Suchtprogramme e<strong>in</strong>geführt worden mit dem Ziel,<br />

Gesundheitsgefahren durch den riskanten Gebrauch von<br />

Suchtmitteln vorzubeugen und suchtgefährdeten und<br />

-kranken Beschäftigten fachgerechte Hilfe anzubieten.<br />

Die betriebliche Suchtprävention ist mit Sicherheit e<strong>in</strong>es<br />

der wichtigsten Felder für gezielte suchtvorbeugende Arbeit<br />

<strong>in</strong> der modernen Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft.<br />

Die Reichweite des betrieblichen Engagements sollte nicht<br />

unterschätzt werden. Als 1968 das Bundessozialgericht die<br />

Alkoholabhängigkeit als behandlungsbedürftige Krankheit<br />

anerkannte, war das Wissen <strong>in</strong> der Gesellschaft darüber auf<br />

wenige Fachkreise beschränkt. Der »Alkohol-am-Arbeitsplatzbewegung«<br />

der 70er- und 80er-Jahre ist es letztlich zu<br />

verdanken, dass <strong>in</strong> Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg<br />

über Alkoholismus als Krankheit und über Suchtgefahren<br />

durch legale <strong>Drogen</strong> <strong>in</strong> der Öffentlichkeit wieder<br />

breit und vor allem sachlich <strong>in</strong>formiert wurde.<br />

Erstaunlich ist es deshalb, wie wenig Beachtung die betrieblichen<br />

Suchtprogramme und die vielfältigen Aktionen<br />

zur Suchtprävention am Arbeitsplatz über den Betrieb h<strong>in</strong>aus<br />

<strong>in</strong> unserem Land f<strong>in</strong>den. In der Sucht- und Gesundheitspolitik<br />

des Bundes sowie <strong>in</strong> der Suchtforschung werden<br />

sie bestenfalls wahrgenommen, es gibt aber - anders<br />

als <strong>in</strong> den USA - ke<strong>in</strong>e systematischen Ansätze, die Konzepte<br />

mitzugestalten oder zu ihrer Verbreitung beizutragen.<br />

Das Konzept der betrieblichen Suchtprävention<br />

Wenn heute von betrieblicher Suchtprävention die Rede ist,<br />

dann verbirgt sich dah<strong>in</strong>ter e<strong>in</strong> mehr oder weniger ausgefeiltes<br />

Konzept, das <strong>in</strong> der Praxis entstanden ist. Dieses<br />

Konzept sollte immer schriftlich ausgearbeitet se<strong>in</strong>.<br />

Als Ziele stehen die Gesunderhaltung der Beschäftigten, die<br />

Hilfe bei Suchtgefährdung und -erkrankung sowie die<br />

Erhöhung der Arbeitssicherheit und die Verbesserung der<br />

Qualität von Produktion und Dienstleistungen im Vordergrund.<br />

Das schriftliche Konzept umfasst die Selbstverpflichtung,<br />

die Beschäftigten über die Wirkung von Suchtmitteln<br />

und Suchtgefahren zu <strong>in</strong>formieren. Die Form, die<br />

dafür gewählt wird, reicht über Info-Veranstaltungen, die<br />

Bereitstellung von schriftlichem Informationsmaterial bis<br />

h<strong>in</strong> zu so genannten Suchtwochen oder erlebnisorientierten<br />

Aktionskampagnen.<br />

Daneben sieht das Konzept e<strong>in</strong>e frühzeitige Intervention<br />

und Hilfe vor, wenn Beschäftigte durch Leistungs- und Verhaltensänderungen<br />

im Betrieb auffallen, die im Zusammenhang<br />

mit Missbrauch von Suchtmitteln oder anderen Formen<br />

der Suchtgefährdung stehen.<br />

SuchtReport 1/2002<br />

SuchtReport 1/2002


16 Prävention<br />

Prävention<br />

17<br />

Die Alkoholikerrate unter den Arbeitnehmern beträgt etwa 5%, weitere<br />

10% s<strong>in</strong>d gefährdet © Foto: action press/Thiel<br />

Die Erweiterung vom Hilfezum<br />

Präventionskonzept<br />

Die modernen betrieblichen Suchtprogramme s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den<br />

40er-Jahren <strong>in</strong> den USA entstanden. Wissenschaftler des<br />

Yale Centers of Alcohol Studies - unter ihnen der Alkoholforscher<br />

E.M. Jell<strong>in</strong>ek - und Aktivisten aus dem Kreis der<br />

Anonymen Alkoholiker befassten sich mit der Frage, wie<br />

Alkoholismus wirksam zu bekämpfen sei. Sie erkannten die<br />

Chance, Alkoholiker am Arbeitsplatz frühzeitig anzusprechen<br />

und auf mediz<strong>in</strong>ische Behandlungsmöglichkeiten<br />

sowie Selbsthilfe h<strong>in</strong>zuweisen. Jell<strong>in</strong>ek referierte bereits<br />

1946 vor dem Wirtschafts-Club <strong>in</strong> Detroit, dem Zentrum<br />

der nordamerikanischen Automobil<strong>in</strong>dustrie, über das<br />

Thema »Alkoholismus und se<strong>in</strong>e Folgen für den Betrieb«.<br />

E<strong>in</strong> erstes betriebliches Alkoholprogramm wurde 1948 als<br />

»Yale Plan for Bus<strong>in</strong>ess and Industry« veröffentlicht. Es enthielt<br />

als zentrale Elemente a) e<strong>in</strong>e schriftliche Fassung des<br />

abgestimmten Vorgehens bei Auffälligkeiten <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung<br />

mit Alkoholismus, b) e<strong>in</strong>e gestufte Intervention mit Hilfeangebot<br />

unter E<strong>in</strong>beziehung des so genannten »konstruktiven<br />

Drucks« und c) e<strong>in</strong>e spezifische Schulung der Vorgesetzten<br />

über die Symptome sowie Phasen der Alkoholkrankheit<br />

und zur Gesprächsführung mit Alkoholikern.<br />

E<strong>in</strong> überarbeitetes Konzept wurde schließlich 1972 <strong>in</strong> den<br />

USA vom staatlichen Institut für Alkoholmissbrauch und<br />

Alkoholismus herausgebracht und mit der Empfehlung verbunden,<br />

erstens früher zu <strong>in</strong>tervenieren, zweitens das Hilfeangebot<br />

zu erweitern und drittens zukünftig von e<strong>in</strong>em<br />

»Employee Assistance Program« (EAP) zu sprechen.<br />

Als Nachteil der Alkoholprogramme hatte sich nämlich<br />

erwiesen, dass Vorgesetzte häufig erst e<strong>in</strong>griffen, wenn<br />

Symptome e<strong>in</strong>es weit fortgeschrittenen Alkoholproblems<br />

erkennbar waren, und dass sich das Hilfeangebot nur auf<br />

bereits kranke Alkoholiker beschränkte. Die wesentliche<br />

Neuerung des EAPs bestand dar<strong>in</strong>, die Vorgesetzten zu sensibilisieren,<br />

bereits frühe Veränderungen im Arbeits- und<br />

Leistungsverhalten wahrzunehmen und sie zu ermutigen,<br />

diese zum Anlass für e<strong>in</strong>e Intervention zu nehmen.<br />

Die betriebliche Suchtprävention<br />

hat e<strong>in</strong>e Geschichte<br />

Verfolgt man das Thema Suchtprävention im Betrieb jedoch<br />

weiter zurück, so f<strong>in</strong>den sich hier erste Ansätze bereits im<br />

19. Jahrhundert. In dieser Zeit entwickelte sich das mediz<strong>in</strong>ische<br />

Wissen zur Alkoholsucht, das mit den entstehenden<br />

Mäßigkeits- und Abst<strong>in</strong>enzbewegungen Verbreitung fand.<br />

Als <strong>in</strong> der zweiten Jahrhunderthälfte im Zuge der Industrialisierung<br />

und Mechanisierung der »zuverlässige Arbeiter«<br />

geformt wurde, geriet der Alkohol, vor allem Branntwe<strong>in</strong>,<br />

als Arbeits- und Alltagsgetränk <strong>in</strong> die Kritik. Während <strong>in</strong><br />

den USA viele Betriebe das Alkoholtr<strong>in</strong>ken am Arbeitsplatz<br />

gänzlich untersagten, wurden <strong>in</strong> Deutschland zwar Branntwe<strong>in</strong>verbote,<br />

selten jedoch generelle Alkoholverbote erlasssen.<br />

Selbst <strong>in</strong> den Unfallverhütungsvorschriften s<strong>in</strong>d bis<br />

heute nur sehr e<strong>in</strong>geschränkte Alkoholverbote vorgesehen.<br />

E<strong>in</strong>e erste regelrechte Blütezeit erlebte die betriebliche<br />

Suchtprävention <strong>in</strong> Deutschland <strong>in</strong> der Zeit der sozialen<br />

Reformen zwischen 1890 und 1910. Umfassende wissenschaftliche<br />

Erkenntnisse über die Auswirkungen des Alkohols<br />

auf Reaktionsfähigkeit und Leistungsverhalten wurden<br />

publiziert. Spezielle Materialien zur Aufklärung über die<br />

Gefahren des Alkohols wurden für bestimmte Beschäftigtengruppen<br />

verfasst und von den Arbeitgebern verteilt. In<br />

den Betrieben wurden Kant<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>gerichtet, damit die<br />

Arbeitenden e<strong>in</strong>e gesunde Mahlzeit ohne Tr<strong>in</strong>kzwang e<strong>in</strong>nnehmen<br />

konnten. E<strong>in</strong>ige Betriebe stellten Ersatzgetränke<br />

kostenlos oder kostengünstig zur Verfügung. Strafen wie<br />

z.B. Lohnentzug im Falle der Trunkenheit bei Arbeitsbeg<strong>in</strong>n<br />

wurden verhängt. Der Unfallschutz am Arbeitsplatz bekam<br />

e<strong>in</strong>e rechtliche Basis. Die Gewerkschaft vertrat das Leitbild<br />

e<strong>in</strong>es politisch bewussten Arbeiters, der nüchtern für die<br />

Sache se<strong>in</strong>er Klasse e<strong>in</strong>treten sollte. Auch der Alkoholkon-<br />

sum der Beamten im Dienst mit se<strong>in</strong>en Folgen erregte<br />

bereits Aufsehen. Das Wissen um die betriebliche Suchtprävention,<br />

um ihre Möglichkeiten und Bedeutung, g<strong>in</strong>g<br />

jedoch <strong>in</strong> der Folge zweier Weltkriege <strong>in</strong> Deutschland ebenso<br />

verloren wie e<strong>in</strong> Teil der Errungenschaften aus jener<br />

Zeit.<br />

In der Zeit des Wirtschaftswunders nach dem 2. Weltkrieg<br />

bis <strong>in</strong> die 1970er-Jahre war der Alkoholkonsum <strong>in</strong> den<br />

meisten Betrieben wieder e<strong>in</strong>e Selbstverständlichkeit.<br />

Zum<strong>in</strong>dest <strong>in</strong> den Pausen <strong>in</strong> der Kant<strong>in</strong>e, bei Feiern unter<br />

Arbeitskollegen, bei Betriebsfeiern und -ausflügen wurde<br />

Alkohol getrunken. Bier wurde häufig als Arbeitsgetränk<br />

betrachtet. In e<strong>in</strong>igen Regionen und für e<strong>in</strong>zelne Beschäftigtengruppen<br />

galt dies auch für We<strong>in</strong>. Bierautomaten <strong>in</strong><br />

Arbeitsplatznähe gehörten vielfach zur Grundversorgung.<br />

Selbst <strong>in</strong> solchen Betrieben, wo Alkoholverbote bestanden,<br />

wurden <strong>in</strong> den Kant<strong>in</strong>en nicht selten alkoholische Getränke<br />

verkauft. Mit anderen Worten, Alkohol war e<strong>in</strong>e betrieblich<br />

<strong>in</strong>tegrierte Droge, der man ke<strong>in</strong>e Probleme nachsagte. Die<br />

steigende Zahl der Kündigungen wegen Alkoholmissbrauchs<br />

wurden als tragische E<strong>in</strong>zelfälle abgetan. Nach<br />

dem Urteil des Bundessozialgerichts im Jahre 1968, wonach<br />

es sich bei Alkoholabhängigkeit - und davon abgeleitet<br />

anderen Suchterkrankungen - um e<strong>in</strong>e behandlungsbedürftige<br />

Krankheit handelt, griffen Fachzeitschriften das Thema<br />

auf. Die betroffenen Beschäftigten sollten im Betrieb frühzeitig<br />

angesprochen und auf Hilfemöglichkeiten h<strong>in</strong>gewiesen<br />

werden. Ab 1972 wurde <strong>in</strong> Deutschland über die<br />

betrieblichen Alkoholprogramme aus den USA publiziert.<br />

Mitte der 70er-Jahre begannen die ersten Unternehmen,<br />

hier Stufenpläne zur Gesprächsführung und Hilfeangebote<br />

e<strong>in</strong>zuführen.<br />

Auf der Jahreskonferenz der Deutschen Hauptstelle gegen<br />

die Suchtgefahren (DHS) 1978 stellte man die modernen<br />

betrieblichen Suchtprogramme euphorisch als »Lösung« für<br />

die Alkoholprobleme im Betrieb vor. Es war die Geburtssstunde<br />

e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>flussreichen »Alkohol-am-Arbeitsplatz-<br />

Bewegung« unter starkem E<strong>in</strong>fluss der Suchtkrankenhilfe-<br />

Organisationen, die <strong>in</strong> der Folgezeit für die Verbreitung der<br />

Suchtprogramme sorgte. Allerd<strong>in</strong>gs wurde nicht das erweiterte<br />

EAP-Konzept aus den USA aufgegriffen. Vielmehr<br />

wandte man sich zunächst ausschließlich der Hilfe für<br />

Alkoholkranke zu. Unter dieser Prämisse führten immer<br />

mehr Unternehmen und Verwaltungen, große, kle<strong>in</strong>e, mittlere<br />

Betriebe und Dienststellen, Alkohol- und Suchthilfeprogramme<br />

e<strong>in</strong>.<br />

Erst im Laufe der 90er-Jahre erweiterten sich die Aktivitäten<br />

zur betrieblichen Suchtprävention auf andere Suchtprobleme,<br />

verbunden mit der verstärkten Professionalisierung<br />

des Arbeitsfeldes. Teilweise wurden sie nun mit Maßnahmen<br />

der Gesundheitsförderung und Konfliktbewältigung<br />

am Arbeitsplatz verknüpft.<br />

Alkoholkranke Mitarbeiter bleiben 16-mal häufiger dem Arbeitsplatz<br />

fern als ihre Kollegen<br />

© Foto: action press/Kirchhoff<br />

Die Suchtprävention als Bestandteil moderner<br />

Managementstrategien<br />

Betriebliche Suchtprogramme haben ihre Karrieren als E<strong>in</strong>zelfallhilfen<br />

für Alkoholkranke begonnen. Im Vordergrund<br />

stand die Idee, dass e<strong>in</strong>e suchtkranke Person, die <strong>in</strong> ihrer<br />

abhängigkeitsbed<strong>in</strong>gten Selbsttäuschung verstrickt ist, im<br />

Betrieb mit se<strong>in</strong>en Möglichkeiten zur Motivation (Erhalt des<br />

Arbeitsplatzes) und zur Sanktion (Kündigung) nachdrücklich<br />

zur Annahme von Hilfe bzw. Aufnahme e<strong>in</strong>er Therapie<br />

aufgefordert wird. Trotz beiderseitigen Vorteils - denn die<br />

Organisation konnte mit teilweise erheblichen Kostene<strong>in</strong>sparungen<br />

rechnen - hatten sie bis <strong>in</strong> die 90er-Jahre den<br />

Charakter e<strong>in</strong>er sozialen Leistung, die alle<strong>in</strong> auf das Wohlwollen<br />

des Arbeitgebers angewiesen blieb.<br />

Doch im Zuge der E<strong>in</strong>führung neuer Managementkonzepte<br />

<strong>in</strong> Wirtschaft und Verwaltung wuchsen die Anforderungen<br />

<strong>in</strong> der beruflichen Arbeitswelt rapide und e<strong>in</strong>e stärkere<br />

Orientierung auf die Gesundheit der Beschäftigten veränderte<br />

den Stellenwert der betrieblichen Suchtprävention.<br />

SuchtReport 1/2002<br />

SuchtReport 1/2002


18 Prävention<br />

Prävention<br />

19<br />

E<strong>in</strong>e Umfrage des Gewis-Instituts zeigt: Wer am Arbeitsplatz tr<strong>in</strong>kt ,<br />

bezahlt die Zeche oft mit e<strong>in</strong>er Abmahnung © Foto: W.<br />

Sie machte e<strong>in</strong>e erstaunliche Karriere. Dabei erstrecken sich<br />

ihre Wirkungen auf so unterschiedliche Bereiche wie Unternehmens-<br />

und Führungskultur, Fehlzeiten, Betriebsklima,<br />

Qualität sowie Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz.<br />

Das Interesse betrieblicher Organisationen an e<strong>in</strong>em funktionierenden<br />

Suchtprogramm - zum Teil unter das Dach der<br />

Gesundheitsförderung gestellt - tritt deutlicher <strong>in</strong> den<br />

Vordergrund. Suchtprävention ist implizit, häufig sogar<br />

explizit zum Bestandteil moderner Managementstrategien<br />

geworden. Zum<strong>in</strong>dest gehört sie zum Standard guten Führungshandelns.<br />

Unternehmens- und Führungskultur<br />

Suchtprävention berührt als Aspekt der Unternehmenskultur<br />

die Frage, wie mit Suchtmitteln im Betrieb umgegangen<br />

werden soll. Diese Frage ist nicht immer ohne Brisanz, wie<br />

zurzeit die aktuelle Ause<strong>in</strong>andersetzung um e<strong>in</strong>en rauchfreien<br />

Arbeitsplatz beweist. Ausbalanciert werden müssen<br />

die Interessen der Organisation an e<strong>in</strong>em reibungslosen<br />

Betriebsablauf, rechtliche Erfordernisse und das verbriefte<br />

Recht der Beschäftigten an der freien Entfaltung ihrer Persönlichkeit<br />

sowie am Schutz ihrer Gesundheit. Regelungen<br />

s<strong>in</strong>d hierfür ke<strong>in</strong>eswegs die alle<strong>in</strong>ige Lösung, vielmehr<br />

kommt es ganz wesentlich auf die im Alltag gelebte Kultur<br />

und die Erfahrung im betrieblichen Umfeld an.<br />

An der Suchtprävention wird außerdem sichtbar, wie breit<br />

und konsequent die Organisation ihre soziale Verantwortung<br />

gegenüber den Beschäftigten auslegt. Manche Unternehmen<br />

nutzen ihr Suchtprogramm deshalb durchaus zu<br />

Image- und Market<strong>in</strong>gzwecken, sowohl nach <strong>in</strong>nen wie<br />

nach außen.<br />

Unmittelbar tangiert ist auch die Führungskultur. Suchtprävention<br />

stellt hohe Anforderungen an das Führungs- und<br />

Vorbildverhalten der Vorgesetzten. Denn der Erfolg e<strong>in</strong>es<br />

Suchtprogramms hängt sehr weitgehend von dem Führungsverständnis<br />

ab. Welche Ansprüche stellen Vorgesetzte<br />

an die Mitarbeiter<strong>in</strong>nen und Mitarbeiter, wie setzen sie ihre<br />

Ziele? Wie nehmen sie Konflikte wahr und welche Klärungshilfen<br />

geben sie? Wie aufmerksam s<strong>in</strong>d sie gegenüber<br />

Leistungs- und Verhaltensänderungen oder gesundheitlichen<br />

Problemen der Beschäftigten? Und wie entwickelt<br />

s<strong>in</strong>d die Fähigkeiten der Vorgesetzten, Gespräche zu führen,<br />

Anforderungen präzise zu formulieren und die Umsetzung<br />

im betrieblichen Alltag unterstützend und konsequent zu<br />

verfolgen? Nicht von ungefähr s<strong>in</strong>d Führungskräftesem<strong>in</strong>are<br />

von Beg<strong>in</strong>n an e<strong>in</strong> unverzichtbarer Bestandteil des Konzepts<br />

gewesen.<br />

Personal- oder Human Ressource Management<br />

Im Bereich des Personalmanagements oder Human Ressource<br />

Managements geht es um Nutzung und Entwicklung<br />

des Mitarbeiterpotenzials. Unternehmen müssen daran<br />

<strong>in</strong>teressiert se<strong>in</strong>, qualifizierte und motivierte Arbeitskräfte<br />

zu beschäftigen, die sie vollwertig und flexibel e<strong>in</strong>setzen<br />

können. Ausfall- und Anlernzeiten s<strong>in</strong>d dagegen kosten<strong>in</strong>tensiv<br />

und schlagen umso mehr zu Buche, je qualifizierter<br />

Arbeiter oder Angestellte s<strong>in</strong>d. Die Suchtprävention trägt<br />

nachweislich dazu bei, Fehlzeiten zu verr<strong>in</strong>gern, übermäßige<br />

Leistungsverluste zu vermeiden und vorzeitige Arbeitsplatzwechsel<br />

zu umgehen. Betriebswirtschaftliche Berechnungen<br />

belegen, dass Suchtprogramme - oder<br />

weitergehende Mitarbeiter-Beratungsprogramme - e<strong>in</strong>e<br />

durchaus lohnende Investition darstellen.<br />

Qualitätsmanagement<br />

Suchtprobleme im Betrieb haben häufig unmittelbare, nicht<br />

selten sogar schwerwiegende Auswirkungen auf die Qualität<br />

von Produkten und Dienstleistungen. Suchtprogramme<br />

können hier gleich im doppelten S<strong>in</strong>ne präventive Wirkung<br />

entfalten sowohl im H<strong>in</strong>blick auf Krankheit als auch auf<br />

Qualitätsverluste.<br />

Wenn von Qualitätsmanagement die Rede ist, geht es<br />

jedoch auch noch um etwas anderes. Konzepte wie das<br />

Sem<strong>in</strong>ar: Viele Großbetriebe bieten Antisuchtprogramme und ehrenamtliche<br />

Suchtberater zur Unterstützung © Foto: W.7<br />

TQM (Total Quality Management) und vor allem das EFQM<br />

(European Foundation for Quality Management) weisen den<br />

Mitarbeiter<strong>in</strong>nen und Mitarbeitern e<strong>in</strong>en zentralen Stellenwert<br />

für die Qualitätsentwicklung und damit für die<br />

Zukunftsfähigkeit e<strong>in</strong>er Organisation zu. E<strong>in</strong> Kriterium für<br />

die Entwicklungspotenziale e<strong>in</strong>es Unternehmens oder e<strong>in</strong>er<br />

Verwaltung ist die konsequente Ausgestaltung e<strong>in</strong>er mitarbeiterorientierten<br />

Politik und Führung. E<strong>in</strong> betriebliches<br />

Gesundheitsmanagement oder e<strong>in</strong> vitales Suchtprogramm<br />

stellen <strong>in</strong> diesem Rahmen wichtige Pluspunkte dar, die sich<br />

im Rahmen der Bonus-Projekte der AOK sogar <strong>in</strong> barer<br />

Münze auswirken können.<br />

Betriebliches Gesundheitsmanagement<br />

Ende der 90er-Jahre hat die Neuordnung der gesundheitsbezogenen<br />

Aktivitäten unter dem Dach des betrieblichen<br />

Gesundheitsmanagements begonnen. Gesundheitsmanagement<br />

bedeutet bewusste Steuerung und Integration aller<br />

Prozesse zur E<strong>in</strong>richtung, Ausgestaltung und Weiterentwicklung<br />

der Bereiche Gesundheitsförderung, Arbeitsschutz,<br />

Suchtprävention und gesundheitsbezogener Beratung<br />

im Betrieb. Es ist zugleich e<strong>in</strong> Führungs<strong>in</strong>strument zur<br />

Gestaltung der Schnittstelle(n) von Arbeitssicherheit,<br />

betriebsärztlichen und sozialen Dienstleistungen, Personalund<br />

Qualitätsmanagement.<br />

In der Suchtprävention wurde <strong>in</strong> vielen Betrieben bereits<br />

vor Jahren der Grundste<strong>in</strong> gelegt für e<strong>in</strong>e fachübergreifende<br />

Kooperationsstruktur, die für die Aufgaben des Gesundheitsmanagements<br />

ausgebaut werden kann. Das geschieht<br />

teilweise schon dort, wo der »Arbeitskreis Sucht« heute als<br />

»Projektgruppe Gesundheit« se<strong>in</strong>e Aufgabe mit erweitertem<br />

Auftrag wahrnimmt.<br />

Die Schlüsselrolle der Leitung<br />

Suchtprävention im Betrieb ist dann wirkungsvoll zu etablieren,<br />

wenn die Leitung der Organisation sie befürwortet<br />

und vertritt. Es geht ke<strong>in</strong>eswegs nur um die Bewilligung<br />

der Kosten. Es geht um e<strong>in</strong>e Selbstverpflichtung und im<br />

Kern um e<strong>in</strong>e strategische Entscheidung, die grundlegende<br />

Aspekte der Organisationskultur und des Führungsverständnisses<br />

berührt. Vor dem H<strong>in</strong>tergrund dieser Dimension<br />

ist die re<strong>in</strong>e Kostenfrage nicht selten weitgehend nebensächlich<br />

oder zum<strong>in</strong>dest nicht primär entscheidungsrelevant.<br />

Die zentrale Rolle, die der Leitung für die Realisierung der<br />

betrieblichen Suchtprävention zukommt, hat Vor- und<br />

Nachteile. E<strong>in</strong> Nachteil besteht vielleicht dar<strong>in</strong>, dass Führungskräfte<br />

erst e<strong>in</strong>mal für e<strong>in</strong> Programm gewonnen werden<br />

müssen, das den meisten von ihnen fachlich fern liegt<br />

und gern <strong>in</strong> den sozialen Bereich verwiesen wird. Dem steht<br />

aber e<strong>in</strong> entscheidender Vorteil gegenüber: Unabhängig<br />

von der Betriebsgröße oder anderen betrieblichen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />

kann sich jede Leitung für die betriebliche<br />

Suchtprävention entscheiden. Denn wo e<strong>in</strong> Wille ist, ist<br />

auch e<strong>in</strong> Weg, um die jeweils passende Lösung für die eigene<br />

Organisation zu f<strong>in</strong>den.<br />

Lange Laube 32, 30159 Hannover<br />

Dr. Elisabeth Wienemann<br />

Zentrale E<strong>in</strong>richtung<br />

Weiterbildungsstudium<br />

Arbeitswissenschaft<br />

Universität Hannover<br />

Telefon: 0511 / 762-4847<br />

E-Mail: wienemann@mbox.wa.uni-hannover.de<br />

SuchtReport 1/2002<br />

SuchtReport 1/2002


Lebensgeschichte<br />

21<br />

»Me<strong>in</strong> Leben –<br />

Synanon 2001: Verantwortlicher<br />

für den Zweckbetrieb Umzüge<br />

e<strong>in</strong>e Geister bahn«<br />

Urlaub 1995 <strong>in</strong> Thailand: Jürgen<br />

besucht e<strong>in</strong>e Schlangenfarm auf der<br />

Insel Koh Samoi<br />

Jürgens Lebensgeschichte<br />

SuchtReport 1/2002 SuchtReport 1/2002<br />

Me<strong>in</strong>e Therapeut<strong>in</strong> hat letzte Woche e<strong>in</strong>en guten Spruch<br />

abgelassen. Sie hat gesagt, ich komme ihr vor wie e<strong>in</strong>er,<br />

dessen Leben eigentlich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Geisterbahn abläuft und der<br />

die Geisterbahn zwischendurch nur verlässt, um sich das<br />

nötige Kle<strong>in</strong>geld zu beschaffen, damit er die nächste Fahrt<br />

wieder bezahlen kann. Und sie hat Recht, denke ich.<br />

Die Geisterbahn ist bei mir: Alkohol, Spielen, Sex, Macht,<br />

Geld und betrügerische Geschichten. Das Verrückte ist, dass<br />

ich <strong>in</strong> der Geisterbahn Emotionen habe, die ich im normalen<br />

Leben nicht spüre. Ich fühle mich oft leer und kalt. Aber<br />

<strong>in</strong> der Geisterbahn kann ich mich <strong>in</strong>tensiv spüren. Es gibt<br />

e<strong>in</strong>en ungeheuren Kick. Wenn ich z.B. toll angezogen, mit<br />

»Boss« Anzug und Seidenkrawatte, Roulette spielte, mit<br />

Tausenden von Mark um mich schmiss, fühlte ich mich e<strong>in</strong>fach<br />

großartig. Ich spüre noch, wie mich alle bewunderten.<br />

Dafür haben sich me<strong>in</strong>e Abstürze und Geisterbahnfahrten<br />

immer gelohnt. Aber ich stürzte aus großer Höhe ab und der<br />

Aufprall war hart. Ich musste jedes Mal wieder ganz unten<br />

anfangen. In 20 Jahren ist es jetzt der fünfte Neuanfang. Ich<br />

kann nicht mehr und ich will es auch nicht mehr. Und deswegen<br />

b<strong>in</strong> ich das zweite Mal bei SYNANON. Es ist oft hart<br />

hier, von der zeitlichen und körperlichen Belastung her.<br />

Aber ich will es diesmal schaffen.


22 Lebensgeschichte Lebensgeschichte 23<br />

Me<strong>in</strong> Name ist Jürgen Weyhausen. Ich b<strong>in</strong> 49 Jahre alt.<br />

Geboren wurde ich am 12. Dezember 1953 <strong>in</strong> Delmenhorst<br />

<strong>in</strong> Niedersachsen als 2. Sohn e<strong>in</strong>es zur See fahrenden Alkoholikers<br />

und e<strong>in</strong>er depressiven Mutter.<br />

Bis zum 6. Lebensjahr war me<strong>in</strong> Vater eigentlich nie da, weil<br />

der ja zur See gefahren ist. Und wenn er mal da war, dann<br />

trank er. Me<strong>in</strong>e Mutter war auch lange Zeit nicht für mich<br />

da. Sie hat im Schichtdienst gearbeitet. So war me<strong>in</strong>e<br />

Großmutter väterlicherseits für mich und me<strong>in</strong>en 5 Jahre<br />

älteren Bruder die e<strong>in</strong>zige Bezugsperson. Mir hat die Nähe<br />

me<strong>in</strong>er Mutter gefehlt. Ich kann mich nicht ents<strong>in</strong>nen, dass<br />

wichtig. Unser ganzes Familienleben hab ich als sehr kalt<br />

empfunden. Ich habe mich nie geliebt gefühlt. E<strong>in</strong> Leben<br />

lang b<strong>in</strong> ich der Liebe me<strong>in</strong>er Mutter h<strong>in</strong>terher gelaufen und<br />

ich habe sie nie bekommen.<br />

Wenn ich zurückblicke, sehe ich Fetzen me<strong>in</strong>er K<strong>in</strong>dheit. Die<br />

erste K<strong>in</strong>dheitser<strong>in</strong>nerung setzt e<strong>in</strong>, da muss ich 5 Jahre alt<br />

gewesen se<strong>in</strong>.<br />

Es war e<strong>in</strong> Sonntag. Bei uns war das so üblich, dass die<br />

K<strong>in</strong>der so e<strong>in</strong>e Art Sonntagsanzug tragen mussten, um auch<br />

damit wieder e<strong>in</strong>en guten E<strong>in</strong>druck zu machen. Ich habe das<br />

Das g<strong>in</strong>g dann so bis zum 17. Lebensjahr. Ich war mittlerweile,<br />

gegen me<strong>in</strong>en Willen, auf dem Gymnasium, weil ich<br />

unbed<strong>in</strong>gt das Abitur machen sollte. Ich war gerade <strong>in</strong> die<br />

13. Klasse versetzt, als ich den Entschluss fasste, das Spiel<br />

me<strong>in</strong>er Eltern nicht mehr weiter mitzuspielen. Ich habe<br />

gesagt: »Ich habe die Schnauze voll, mich <strong>in</strong>teressiert das<br />

Abitur nicht. Ich höre mit der Schule auf.« Studieren wollte<br />

ich sowieso nie, also was wollten die noch von mir. Das war<br />

e<strong>in</strong> Riesendrama. Ke<strong>in</strong> Mensch hat das verstanden, weil ich<br />

ja ke<strong>in</strong>e schlechten Noten hatte. »Jetzt sp<strong>in</strong>nt der völlig«,<br />

dachten alle. Ich wusste ja auch nicht, was ich wollte. Ich<br />

wusste nur, dass ich arbeiten wollte. E<strong>in</strong> Job als Brotfahrer<br />

drunter gelitten. Aber womit ich gut landete, war me<strong>in</strong>e<br />

Art. Ich konnte schon damals ganz gut reden. Und ich<br />

merkte dann, wenn ich e<strong>in</strong>ige Biere getrunken hatte, dann<br />

g<strong>in</strong>g das noch besser. Die Hemmungen wurden weniger und<br />

ich merkte, dass me<strong>in</strong>e Erfolgsquote bei den Mädchen größer<br />

wurde. Ich merkte aber auch, dass ich von Anfang an<br />

immer mehr getrunken hatte, als die anderen Jungen. Ich<br />

wollte die Wirkung des Alkohols spüren. Me<strong>in</strong> Alkoholkonsum<br />

hat sich schnell gesteigert. Als ich 18 war, trank<br />

ich schon 8 halbe Liter Bier am Abend. Die waren so <strong>in</strong>nerhalb<br />

von 2 Stunden weg. Ziemlich schnell wurde es noch<br />

mehr.<br />

ich jemals von ihr <strong>in</strong> den Arm genommen worden b<strong>in</strong>. Im<br />

Gegenteil, wenn wir nicht so funktionierten, wie es gefordert<br />

war, gab es immer wieder Schläge, ohne für mich e<strong>in</strong>sehbaren<br />

Anlass. Das E<strong>in</strong>zige, was für sie zählte, war<br />

Leistung und e<strong>in</strong>en guten E<strong>in</strong>druck machen. Wenn das<br />

funktionierte, war me<strong>in</strong>e Mutter zufrieden. Aber bei der<br />

kle<strong>in</strong>sten Abweichung gab es eben Schläge. Ich reagierte oft<br />

verstockt und abweisend. Me<strong>in</strong>e Eltern haben dann versucht,<br />

weil sie es nicht anders gelernt hatten, me<strong>in</strong>e Defizite<br />

an Liebe über das Materielle auszugleichen. Was ich haben<br />

wollte, ob Spielzeug oder Kleidung oder Reisen, das war nie<br />

e<strong>in</strong> Thema. Die materielle Seite war denen immer extrem<br />

D<strong>in</strong>g gehasst, aber ich musste ihn anziehen. Also, an dem<br />

Sonntag wollte ich zum Spielen raus. Ich g<strong>in</strong>g bei uns im<br />

H<strong>in</strong>terhaus die Treppe runter, stolperte auf den Stufen, fiel<br />

h<strong>in</strong> und schlug mir das Knie auf. Das hat tierisch weh getan.<br />

Ich f<strong>in</strong>g an zu heulen. Me<strong>in</strong>e Mutter kam keifend angerannnt.<br />

Sah mich we<strong>in</strong>en, starrte entsetzt auf me<strong>in</strong>e Hose, <strong>in</strong> der<br />

vom Sturz e<strong>in</strong> Loch klaffte. Aber sie kümmerte sich nicht<br />

um me<strong>in</strong> blutendes Knie, sondern schlug mir <strong>in</strong>s Gesicht.<br />

Wütend beschimpfte sie mich, schrie, was ich für e<strong>in</strong> Trottel<br />

sei, diesen schönen Anzug kaputt zu machen. Und da habe<br />

ich die Welt überhaupt nicht mehr verstanden. Also da s<strong>in</strong>d<br />

schlimme Sachen gelaufen.<br />

war dann so das Richtige für mich. Ich habe Brötchen und<br />

Brot aus e<strong>in</strong>er Bäckerei ausgeliefert. Dabei hab’ ich mich<br />

ganz wohl gefühlt. Nach 3 Monaten suchte ich mir e<strong>in</strong>e<br />

Lehrstelle als Schiffsmakler ohne zu wissen, was das ist. Es<br />

klang e<strong>in</strong>fach gut. Zu dem Zeitpunkt trank ich auch schon.<br />

Mit dem Tr<strong>in</strong>ken f<strong>in</strong>g ich mit 15 an. Wir hatten damals so<br />

e<strong>in</strong>e Clique von der Schule aus, mit der ich mich abends<br />

immer <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Jugendkneipe traf. Ich f<strong>in</strong>g an, mich für die<br />

Mädchen zu <strong>in</strong>teressieren, und ich hab’ gemerkt, über das<br />

Äußerliche läuft da bei mir nicht viel, weil ich kle<strong>in</strong> und<br />

schmächtig war, so wie jetzt auch noch. Damals habe ich<br />

Me<strong>in</strong>e Lehre als Schiffsmakler habe ich trotzdem mit besten<br />

Ergebnissen abgeschlossen. Die wollten mich unbed<strong>in</strong>gt<br />

übernehmen, aber erst mal kam die Bundeswehr dazwischen.<br />

Ich habe mich bewusst dafür entschieden, weil ich dachte,<br />

das wäre e<strong>in</strong>e wichtige Sache. Den Zahn hat man mir aber<br />

schnell gezogen. Und da habe ich dann richtig gesoffen. Da<br />

kamen auch die ersten heftigen Ausfälle. Ich b<strong>in</strong> nachts im<br />

Rausch aufgewacht und habe <strong>in</strong>s Zimmer gep<strong>in</strong>kelt. Das war<br />

mir furchtbar pe<strong>in</strong>lich, weil ich am nächsten Morgen nichts<br />

mehr davon wusste. Ich habe solche Mengen <strong>in</strong> mich<br />

geschüttet, dass ich nicht mehr wusste, was da ablief. In den<br />

15 Monaten Bundeswehr war ich jeden Tag richtig zu.<br />

SuchtReport 1/2002 SuchtReport 1/2002


24 Lebensgeschichte<br />

Lebensgeschichte<br />

25<br />

Nach dem Bund arbeitete ich <strong>in</strong> me<strong>in</strong>er Lehrfirma und ich<br />

hatte dann auch me<strong>in</strong>e erste längere Beziehung mit e<strong>in</strong>er<br />

Frau.<br />

Wir lebten zusammen. Es war e<strong>in</strong>e schöne Zeit. Die trennte<br />

sich dann von mir, weil me<strong>in</strong> Alkoholkonsum nicht mehr zu<br />

verheimlichen war und weil sie sich <strong>in</strong> der Frauenszene<br />

engagierte und merkte, dass sie bisexuell war. Sie hat mich<br />

wegen e<strong>in</strong>er Frau verlassen. Damit kam ich überhaupt nicht<br />

klar. Ich dachte, dass ich als Mann nicht toll genug b<strong>in</strong>.<br />

Gleichzeitig war das aber auch e<strong>in</strong> willkommener Grund für<br />

mich, me<strong>in</strong> Saufen zu rechtfertigen. Me<strong>in</strong>e Mitsäufer hatten<br />

Mal <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Leben, dass ich Menschen kennen lernte, die<br />

ganz offensichtlich verstanden, was bei mir lief. Dort habe<br />

ich Leute getroffen, die wussten, wovon ich sprach. Sie<br />

waren auch die Ersten, die sagten: »Das, was du da hast, ist<br />

ke<strong>in</strong>e Charakterschwäche, das ist e<strong>in</strong>fach e<strong>in</strong>e Krankheit.«<br />

Von dem Tag an habe ich drei Monate nicht mehr getrunken.<br />

Ich hatte e<strong>in</strong>en tierischen Entzug.<br />

Dann kam das 6-Tage-Rennen <strong>in</strong> Bremen, zu dem ich me<strong>in</strong>te,<br />

unbed<strong>in</strong>gt h<strong>in</strong>gehen zu müssen. Ich begab mich stolz und<br />

sicher unter 20.000 saufende Menschen, fühlte mich als Fels<br />

<strong>in</strong> der Brandung. Das Ergebnis war, dass ich drei Wochen<br />

In dieser Zeit lernte ich e<strong>in</strong>e tolle Frau kennen, die ich kurze<br />

Zeit später heiratete. Es lief alles. Das Geld wurde immer<br />

mehr, die Autos immer größer. Ich verbrachte viel Zeit <strong>in</strong><br />

Flugzeugen und bei dicken Geschäftsessen. Und wo immer<br />

ich auch war auf dieser Welt, b<strong>in</strong> ich <strong>in</strong> die AA-Gruppen<br />

gegangen und ich blieb trocken. Aber irgendwie wurde es<br />

mir langweilig. Etwas fehlte mir, obwohl ich das Leben<br />

hatte, das ich so wollte. Und alle Welt sagte» du hast e<strong>in</strong>en<br />

tollen Job, du bist e<strong>in</strong> Toller«. Ich f<strong>in</strong>g an, es selbst zu glauben,<br />

dass ich der Allertollste b<strong>in</strong>, fühlte mich als der Herr der<br />

Welt. »Me<strong>in</strong>e Sucht«, so dachte ich, »die kann ich auch alle<strong>in</strong><br />

beherrschen.« Wozu sollte ich noch <strong>in</strong> die AA-Gruppe gehen.<br />

Und dann passierte es. Ich war dienstlich <strong>in</strong> Rotterdam,<br />

hatte e<strong>in</strong>en ganz normalen Arbeitstag beendet, fuhr <strong>in</strong>s<br />

Hilton-Hotel. Dort nahm ich me<strong>in</strong>en Schlüssel ziemlich<br />

gelangweilt, weil ich das ja alles kannte. In dem Moment,<br />

Ich hatte dann sehr schnell e<strong>in</strong>en Tagesbedarf zwischen<br />

5000 und 10.000 Mark für Alkohol, Roulette und Frauen. Da<br />

me<strong>in</strong> eigenes Geld nicht mehr ausreichte, leitete ich<br />

Firmengelder auf me<strong>in</strong> privates Konto. In e<strong>in</strong>em Jahr verbrauchte<br />

ich dann 1,3 Millionen Mark. E<strong>in</strong>es Tages erschien<br />

me<strong>in</strong> Chef überraschend <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Büro. Mir wurde schlagartig<br />

klar, dass me<strong>in</strong>e Unterschlagungen bemerkt worden<br />

waren. Ich verlor me<strong>in</strong>en Job, aber es folgte ke<strong>in</strong>e Anzeige.<br />

Vermutlich wurden die Unterschlagungen vor den Firmen<strong>in</strong>habern<br />

geheim gehalten. Me<strong>in</strong>e Frau wusste nichts von<br />

dem Doppelleben, das ich führte. Ihr erzählte ich, dass ich<br />

wegen überzogener Spesenrechnungen gefeuert worden sei.<br />

Nach 4 Wochen fand ich e<strong>in</strong>en vergleichbaren Job <strong>in</strong> Travemünde.<br />

Me<strong>in</strong> neuer Chef hatte großes Vertauen zu mir und<br />

machte mich nach kurzer Zeit zum Prokuristen. Wir zogen<br />

Jürgen als E<strong>in</strong>jähriger auf der<br />

Kirmes <strong>in</strong> Delmenhorst<br />

Jürgen (3. v. r.) bei e<strong>in</strong>er Hafenrund–<br />

fahrt <strong>in</strong> Bremen mit Mutter, Vater und<br />

se<strong>in</strong>em Bruder Ullrich (rechts)<br />

Jürgen (5 J.) geht mit se<strong>in</strong>er<br />

Mutter zum Schwimmen an<br />

die Weser<br />

E<strong>in</strong>schulung 1960 <strong>in</strong> der Parkschule Delmenhorst<br />

Ferien 1962: E<strong>in</strong>e Weserrundfahrt mit Onkel Werner<br />

auch vollstes Verständnis dafür. »Nach so e<strong>in</strong>em Schlag<br />

musst du e<strong>in</strong>fach saufen«, stimmten sie mir zu. Ich b<strong>in</strong> wieder<br />

bei me<strong>in</strong>en Eltern e<strong>in</strong>gezogen.<br />

Beruflich g<strong>in</strong>g es vorwärts. In me<strong>in</strong>er Firma habe ich gut<br />

Karriere gemacht. Aber es kam vor, dass ich <strong>in</strong> der<br />

Mittagspause so viel trank, dass ich plötzlich nachmittags<br />

vor allen Leuten auf dem Schreibtisch e<strong>in</strong>geschlafen b<strong>in</strong>. Es<br />

kam zu ersten Verwarnungen, die noch recht zart ausfielen.<br />

Ich war gut <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Job und sie wollten mich auch nicht<br />

verlieren. Me<strong>in</strong> Alkoholkonsum steigerte sich, me<strong>in</strong>e<br />

Fehlzeiten wurden häufiger und irgendwann, 1979, da war<br />

ich 26, kam der Tag, wo me<strong>in</strong> Chef dann gesagt hat: »Entweder<br />

du machst etwas gegen de<strong>in</strong> Tr<strong>in</strong>ken oder das war es.«<br />

Ganz klar. Das war e<strong>in</strong>e Sprache, die ich verstand.<br />

Nach diesem e<strong>in</strong>schneidenden Gespräch b<strong>in</strong> ich zu den<br />

Anonymen Alkoholikern (AA) gegangen. Das war das erste<br />

am Stück gesoffen habe. Ich begriff, dass ich wieder da<br />

anf<strong>in</strong>g, wo ich aufgehört hatte. Alle<strong>in</strong> schaffte ich es nicht<br />

und so b<strong>in</strong> wieder zu den AA’s gegangen. Ich war aus dem<br />

Stand 10 Jahre trocken.<br />

In me<strong>in</strong>er Lehrfirma habe ich erfolgreich weitergearbeitet,<br />

bis ich 1981 e<strong>in</strong> lukratives Angebot von der Konkurrenzfirma<br />

bekam. Das war e<strong>in</strong>e italienische Reederei mit Sitz <strong>in</strong><br />

Deutschland. Von nun an reiste ich viel <strong>in</strong> der Welt herum.<br />

Hab’ erst mal ganz <strong>Europa</strong> kennen gelernt. Dann kam der<br />

Mittelmeerraum. B<strong>in</strong> sehr viel <strong>in</strong> den arabischen Staaten,<br />

Indien und Pakistan gewesen. Ich habe zuerst das Haus <strong>in</strong><br />

Düsseldorf aufgebaut, hab’ das geleitet, wurde Chef für<br />

Deutschland, Holland und Skand<strong>in</strong>avien, dann Westeuropa<br />

und nachher für den mittleren Osten. Ich war der Verkaufsdirektor,<br />

hab das Market<strong>in</strong>g und die Kundenwerbung gemacht.<br />

Als ich Direktor wurde, war ich 32. Ich war zuständig<br />

für 140 Millionen DM.<br />

als ich die Türkl<strong>in</strong>ke zu me<strong>in</strong>em Zimmer <strong>in</strong> der Hand hatte,<br />

schoss mir der Gedanke durch den Kopf, »eigentlich könntest<br />

du ja wieder mal e<strong>in</strong> Bier tr<strong>in</strong>ken«.<br />

Ich war wie ferngesteuert. Es zog mich zur M<strong>in</strong>ibar. Ich<br />

trank e<strong>in</strong> Bier. Und gleich noch e<strong>in</strong> zweites. Ich hatte <strong>in</strong> dem<br />

Moment auch ke<strong>in</strong> schlechtes Gewissen. »Ganz Deutschland<br />

ist e<strong>in</strong>mal im Monat besoffen, ist doch ganz normal. Ich<br />

falle nicht aus dem Norm, wenn ich mal tr<strong>in</strong>ke«, dachte ich.<br />

Und dann hatte ich die Idee, <strong>in</strong>s Spielkas<strong>in</strong>o zu gehen. Ich<br />

war noch nie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Spielkas<strong>in</strong>o gewesen und ich gewann.<br />

Der Abend endete mit e<strong>in</strong>em totalen Besäufnis und<br />

e<strong>in</strong>er gekauften Frau.<br />

Es blieb aber nicht bei me<strong>in</strong>em Vorsatz, es e<strong>in</strong>mal im Monat<br />

zu tun. Die Abstände me<strong>in</strong>er Besäufnisse wurden kürzer, die<br />

Mengen wurden größer. Und vor allem, die Komb<strong>in</strong>ation mit<br />

dem Spiel war plötzlich der ganz neue Kick.<br />

nach Travemünde um und me<strong>in</strong>e Frau wollte e<strong>in</strong> Haus. Ich<br />

hatte immer noch tierische Angst, dass ich wegen der<br />

Unterschlagungen <strong>in</strong> den Knast musste, aber ich ließ für uns<br />

das Haus bauen. Wieder jettete ich durch die Welt, die sich<br />

<strong>in</strong>zwischen vergrößert hatte. Mit Gorbatschow und der Öffnung<br />

des Ostens kam e<strong>in</strong> neuer Markt dazu. Ich war nun<br />

Verkaufschef für Ost- und Westeuropa und auch Nordamerika.<br />

Ich besuchte wieder brav die AA-Gruppen und<br />

blieb trocken.<br />

Jeden Monat flog ich nach Amerika, jeden Monat nach<br />

Moskau und weiß der Kuckuck woh<strong>in</strong>. Die Geschäfte liefen<br />

bestens. Alle haben wieder gesagt: »Du bist ja e<strong>in</strong> toller<br />

Typ.«<br />

Das g<strong>in</strong>g bis 1994. Diesmal passierte es im Hotel während<br />

e<strong>in</strong>er Geschäftsreise nach Mailand. Plötzlich stand ich wieder<br />

mit me<strong>in</strong>em Bier im Hotelzimmer. Ich spielte dann auch<br />

wieder, aber im Rahmen me<strong>in</strong>er Möglichkeiten. Ich hab’<br />

SuchtReport 1/2002<br />

SuchtReport 1/2002


26 Lebensgeschichte<br />

Lebensgeschichte<br />

27<br />

ke<strong>in</strong> Geld unterschlagen. Me<strong>in</strong> Chef merkte nichts. In der<br />

Rückfallzeit lernte ich im Spielkas<strong>in</strong>o im <strong>Europa</strong>center <strong>in</strong><br />

Berl<strong>in</strong> Heidi kennen. Sie sollte me<strong>in</strong>e große Liebe werden.<br />

Nach kurzer Zeit schon wusste ich, dass ich mit dieser Frau<br />

leben muss. Sie war der erste Mensch <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Leben, dem<br />

ich tief vertrauen konnte. Warum das so war, kann ich nicht<br />

genau sagen, es war e<strong>in</strong>fach so. Sie hat so e<strong>in</strong>e Ausstrahlung,<br />

der ich mich e<strong>in</strong>fach nicht entziehen konnte. Trotzdem<br />

hörte ich nicht mit dem Tr<strong>in</strong>ken und Spielen auf. Ich ließ<br />

mich von me<strong>in</strong>er Frau scheiden, verkaufte das Haus, zog mit<br />

Heidi zusammen nach Hamburg.<br />

sich nur denken kann ... u.a. Schädelbasisbruch und die<br />

Lendenwirbelsäule. Die Ärzte sagten, dass ich nur überlebt<br />

hätte, weil ich so besoffen war. Jetzt konnte mich auch me<strong>in</strong><br />

Chef nicht mehr halten. Er musste mich kündigen. Und<br />

damit fiel ich <strong>in</strong> e<strong>in</strong> tiefes Loch. Ich hatte ke<strong>in</strong>e Arbeit, ke<strong>in</strong><br />

Geld und ke<strong>in</strong>e Frau mehr. Also soff ich wieder, als ich aus<br />

dem Krankenhaus kam.<br />

Aber ich wusste auch, wenn ich jetzt nichts mache, geht es<br />

immer weiter bergab mit mir, und ich entschloss mich zu<br />

e<strong>in</strong>er Entgiftung <strong>in</strong> den Alsterdorfer Anstalten. Von dort aus<br />

An e<strong>in</strong>em verlängerten Wochenende im Sommer 1997 führte<br />

ich im ukra<strong>in</strong>ischen Dnepropetrowsk Verhandlungen <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em mafios geführten Betrieb. Beim Abschluss kamen die<br />

Fragen: »Woman? Good food? Dr<strong>in</strong>k?« Wir landeten irgendwo<br />

am Dnepr, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Billardraum. Das war der Anfang<br />

e<strong>in</strong>er langen Geisterbahnfahrt. Ich soff und spielte wie <strong>in</strong><br />

alten Zeiten. In Polen verspielte ich während e<strong>in</strong>er<br />

Dienstreise 20.000 Mark von der Firmenkreditkarte. Um das<br />

Geld wieder zurückzugew<strong>in</strong>nen, jagte ich mit dem Auto<br />

nach Deutschland, klaute aus dem Firmentresor alles Geld.<br />

Raste wieder nach Polen, denn <strong>in</strong> Deutschland hatte ich<br />

Ich sprang <strong>in</strong> me<strong>in</strong> Auto und raste los. Der Polizei fiel ich<br />

durch me<strong>in</strong>e Fahrweise auf. Sie verfolgten mich. Wir lieferten<br />

uns e<strong>in</strong>e Verfolgungsjagd, wie im Film. Als sie mich<br />

hatten, sahen sie, dass die Täterbeschreibung der Verkäufer<strong>in</strong>nen<br />

auf mich passte, und nahmen mich fest. Ich hatte nur<br />

noch e<strong>in</strong>s im Kopf, ich wollte weiter tr<strong>in</strong>ken und machte den<br />

Dorfpolizisten klar, dass ich Alkoholiker b<strong>in</strong> und jede<br />

Stunde e<strong>in</strong> Bier tr<strong>in</strong>ken musste. Die Polizisten riefen e<strong>in</strong>e<br />

Ärzt<strong>in</strong> an, die ihnen gestattete, für mich Bier zu kaufen. So<br />

bekam ich dann <strong>in</strong> me<strong>in</strong>er Zelle <strong>in</strong> dieser Nacht jede Stunde<br />

e<strong>in</strong>e Büchse Bier. Das war sehr amüsant. Der Schlüssel dreh-<br />

Passfotos des jungen Erwachsenen: l<strong>in</strong>ks 16, rechts 15 Jahre alt<br />

Jürgen (r.) mit Schulfreunden auf e<strong>in</strong>er Reise nach Dänemark<br />

Urlaubsreise 1995: Jürgen <strong>in</strong> der Affenstadt <strong>in</strong> Thailand<br />

te sich im Schloss, die Tür öffnete sich und e<strong>in</strong> Polizist<br />

reichte mir e<strong>in</strong> Bier. Der folgende Prozess brachte mir 3<br />

Jahre Knast.<br />

Konfirmation 1967: Jürgen vor der evang. Stadtkirche <strong>in</strong> Delmenhorst<br />

Me<strong>in</strong>e Alkoholprobleme wurden immer größer, Angstphasen<br />

kamen dazu. Me<strong>in</strong> Chef merkte, was mit mir los war, und<br />

auch vor Heidi konnte ich me<strong>in</strong>e Sucht nicht mehr verbergen.<br />

Me<strong>in</strong> Chef hielt noch zu mir, weil ich gute Arbeit leistete,<br />

aber für Heidi wurde das Zusammenleben mit mir zur<br />

Qual. E<strong>in</strong>es Tages, es war im Frühjahr 1994, wollte sie mich<br />

verlassen. »Wenn du mich verlässt, mache ich Schluss«,<br />

warnte ich sie. Trotzdem packte sie ihre Sachen, verließ die<br />

Wohnung. Mit e<strong>in</strong>er Flanke über das Treppengeländer<br />

sprang ich ihr h<strong>in</strong>terher, 12 Meter <strong>in</strong> die Tiefe und landete<br />

vor ihren Füßen. Ich lag zwei Wochen im Sankt Georg<br />

Krankenhaus im Koma. Es war alles gebrochen, was man<br />

Familienfeier 1971: kurz vor dem geschmissenen Abitur<br />

nahm ich wieder Kontakt mit me<strong>in</strong>er Freund<strong>in</strong> Heidi auf. Ich<br />

schaffte es, dass sie es noch e<strong>in</strong>mal mit mir probieren wollte.<br />

Aus der Kl<strong>in</strong>ik zog ich direkt zu ihr. Sie wohnte <strong>in</strong>zwischen<br />

<strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> und ich g<strong>in</strong>g auf Arbeitssuche. Wieder hatte<br />

ich Erfolg. Nach zwei Monaten fand ich e<strong>in</strong>e mir entsprechende<br />

Arbeit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Speditionsfirma im Osten, die mir e<strong>in</strong><br />

sehr gutes Gehalt bot. Dort wussten sie, dass ich trockener<br />

Alkoliker b<strong>in</strong>. Sie brauchten me<strong>in</strong>e Arbeitskraft und me<strong>in</strong>e<br />

Erfahrung und sie vertrauten mir. Ich arbeitete mich gut e<strong>in</strong>.<br />

Bald gab es ke<strong>in</strong>e Leitungssitzung mehr ohne mich. Bei<br />

allen Entscheidungen, die die Firma betrafen, hatte ich e<strong>in</strong><br />

Wort mitzureden.<br />

Urlaubsreise 1994: Jürgen auf dem Weg durch Dead Valley (USA)<br />

mich <strong>in</strong> den Kas<strong>in</strong>os sperren lassen, verspielte das Geld restlos.<br />

Ich traute mich nicht mehr zur Arbeit und auch nicht<br />

mehr nach Hause, legte mich e<strong>in</strong>fach <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Hotel ab. Da<br />

es kurz vor Weihnachten war, wollte ich Weihnachtsgeschenke<br />

kaufen, hatte aber ke<strong>in</strong> Geld mehr. Ich kam auf die<br />

idiotische Idee: »Du könntest ja e<strong>in</strong>en Laden überfallen«. Ich<br />

fuhr am 23. Dezember 1997 nach Bremen, trank mir Mut an.<br />

Im Baumarkt <strong>in</strong> Bassum kaufte ich e<strong>in</strong>en Hammer und e<strong>in</strong><br />

Messer, stürmte <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Boutique und rief: »Überfall, Geld<br />

her!« Als die Frauen schrieen, bekam ich Angst und lief weg.<br />

Me<strong>in</strong>e vielen Fürsprecher schafften es, dass die 3 Jahre zur<br />

Bewährung ausgesetzt wurden. Die Firma, der ich so übel<br />

mitgespielt hatte, stellte mich sogar wieder e<strong>in</strong>. Alles war<br />

wieder im Werden. Nur me<strong>in</strong>e Freund<strong>in</strong> Heidi spielte nicht<br />

mehr mit. Damit kam ich nicht klar. Habe im März 1998 vier<br />

Wochen am Stück getrunken. Angstzustände plagten mich,<br />

ich wusste nicht weiter. Ich habe dann bei SYNANON das<br />

erste Mal um Aufnahme gebeten.<br />

Hier wurde ich sehr schnell Chef des Zweckbetriebes Clean<br />

up. Die Arbeit war gut, aber irgendwie wurde es mir wieder<br />

langweilig. Ich f<strong>in</strong>g an, Geld auf me<strong>in</strong>e Seite zu schaffen. Im<br />

Sommer 1999, an e<strong>in</strong>em Freitagnachmittag, b<strong>in</strong> ich dann<br />

mit 10.000 Mark von SYNANON abgehauen. Von e<strong>in</strong>em<br />

Taxi ließ ich mich nach Polen fahren, verspielte alles, fuhr<br />

zurück nach Berl<strong>in</strong>, mietete mich im Forum-Hotel e<strong>in</strong> und<br />

soff. Ich hatte fürchterliche Angst. Als das Geld alle war,<br />

meldete ich mich wieder, mit furchtbar schlechtem Gewissen,<br />

bei SYNANON.<br />

SuchtReport 1/2002<br />

SuchtReport 1/2002


28 Lebensgeschichte<br />

Extra<br />

29<br />

Wir machten e<strong>in</strong>en Plan, wie ich das Geld zurückzahlen<br />

könnte, aber es war natürlich e<strong>in</strong> Spießrutenlaufen für mich.<br />

Zu viele Mitbewohner hatte ich enttäuscht. Nach e<strong>in</strong>er<br />

Woche verließ ich SYNANON wieder. Ich trank nicht und<br />

wollte auch me<strong>in</strong>e Schulden begleichen.<br />

Mit e<strong>in</strong>em trockenen Alkoholiker gründete ich e<strong>in</strong>e eigene<br />

Firma, die wegen der schlechten Zahlungsmoral der Auftragsfirmen<br />

Pleite g<strong>in</strong>g. Während dieser Zeit hatte ich auch<br />

e<strong>in</strong>ige Frauengeschichten, aber eigentlich wollte ich mit<br />

Heidi leben. Weihnachten 1999 entschied sich Heidi gegen<br />

mich und ich hatte wieder e<strong>in</strong>en Grund zu tr<strong>in</strong>ken und zu<br />

Manchmal denke ich, dass ich auf dem Weg zu e<strong>in</strong>er Art<br />

Befreiung b<strong>in</strong>, die aber erst durch e<strong>in</strong>e richtige Bankrotterklärung,<br />

im wahrsten S<strong>in</strong>ne des Wortes, möglich wird. Ich<br />

denke, dass diese äußeren Umstände und dieser ganze<br />

Schuldenberg (ich habe 170.000 DM Schulden) - dass ich<br />

mir den vielleicht auch selbst geschaffen habe, um mich<br />

endlich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Situation zu br<strong>in</strong>gen, wo ich eben nicht so<br />

schnell mal raus kann.<br />

Ich b<strong>in</strong> wieder mit e<strong>in</strong>er Frau e<strong>in</strong>e Beziehung e<strong>in</strong>gegangen.<br />

Me<strong>in</strong>e große Liebe Heidi ist jetzt über die Zeit e<strong>in</strong>e sehr gute<br />

Freund<strong>in</strong> geworden.<br />

Die Elixiere des Teufels<br />

Literargeschichte(n) und<br />

Gesellschaftspathographie<br />

Autor: Dr. Dietmar Czycholl<br />

»Endlich nahm er aus e<strong>in</strong>em wohl-<br />

könnte, den er ereilt. - Das, was dar-<br />

Antonius zur Gnüge bekannt, du<br />

verschlossenen Schranke e<strong>in</strong> Kist-<br />

<strong>in</strong>nen enthalten, stammt unmittelbar<br />

weißt, daß er, um sich von allem<br />

chen heraus und sagte: ›Hier<strong>in</strong>nen,<br />

von dem Widersacher her, aus jener<br />

Irdischen zu entfernen, um se<strong>in</strong>e<br />

lieber Bruder Medardus! ist die<br />

Zeit, als er noch sichtlich gegen das<br />

Seele ganz dem Göttlichen zuzuwen-<br />

geheimnisvollste, wunderbarste Reli-<br />

Heil der Menschen zu kämpfen ver-<br />

den, <strong>in</strong> die Wüste zog, und da se<strong>in</strong><br />

quie enthalten, die unser Kloster<br />

mochte.‹ - Ich sah den Bruder<br />

Leben den strengsten Buß- und An-<br />

besitzt. Solange ich im Kloster b<strong>in</strong>,<br />

Cyrillus im höchsten Erstaunen an;<br />

dachtsübungen weihte. Der Wider-<br />

Synanon 2002: Verantwortlicher<br />

für den Zweckbetrieb Umzüge<br />

hat dieses Kistchen niemand <strong>in</strong> der<br />

Hand gehabt, als der Prior und ich;<br />

ohne mir Zeit zu lassen, etwas zu<br />

erwidern, fuhr er fort: ›Ich will mich,<br />

sacher verfolgte ihn und trat ihm oft<br />

sichtlich <strong>in</strong> den Weg, um ihn <strong>in</strong> sei-<br />

spielen. Ich stürzte jämmerlich ab und ich sah nur noch<br />

zwei Wege für mich: »Entweder ich nehme mir das Leben<br />

oder ich gehe wieder zu SYNANON.« Ich entschied mich für<br />

das Leben und meldete mich bei SYNANON. Es fiel mir<br />

unheimlich schwer.<br />

Portraitfotos: Barbara Köppe<br />

selbst die andern Brüder, viel weniger<br />

Fremde, wissen etwas von dem<br />

Dase<strong>in</strong> dieser Reliquie. Ich kann die<br />

Kiste nicht ohne <strong>in</strong>neren Schauer<br />

anrühren, es ist, als sei dar<strong>in</strong> e<strong>in</strong><br />

böser Zauber verschlossen, der,<br />

lieber Bruder Medardus, gänzlich<br />

enthalten, <strong>in</strong> dieser höchst mystischen<br />

Sache nur irgende<strong>in</strong>e Me<strong>in</strong>ung<br />

zu äußern, oder wohl gar diese - jene<br />

- Hypothese aufzutischen, die mir<br />

durch den Kopf gefahren, sondern<br />

nen frommen Betrachtungen zu stören.<br />

So kam es denn, daß der h.<br />

Antonius e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> der Abenddämmerung<br />

e<strong>in</strong>e f<strong>in</strong>stre Gestalt wahrnahm,<br />

die auf ihn zuschritt. In der<br />

Nähe erblickte er zu se<strong>in</strong>em Erstau-<br />

Am 26. März 2000 b<strong>in</strong> ich dann hier re<strong>in</strong>. B<strong>in</strong> jetzt Chef der<br />

Umzüge geworden. Über e<strong>in</strong> Jahr habe ich geschafft und e<strong>in</strong><br />

weiteres will ich auf jeden Fall noch bleiben. Wenn ich das<br />

schaffe, hab’ ich e<strong>in</strong>e Chance, trocken zu bleiben, sagen die<br />

Statistiken. Aber Sicherheiten gibt es für mich ke<strong>in</strong>e.<br />

Lebensgeschichte nach Tonbandprotokollen<br />

von L<strong>in</strong>da Amoulong<br />

gelänge es ihm, den Bann, der ihn<br />

umschließt und wirkungslos macht,<br />

zu zersprengen, Verderben und heilllosen<br />

Untergang jedem bereiten<br />

lieber getreulich dir das erzählen,<br />

was die, über jene Reliquie vorhandenen<br />

Dokumente davon sagen. ...<br />

Dir ist das Leben des heiligen<br />

nen, daß aus den Löchern des<br />

zerrissenen Mantels, den die Gestalt<br />

trug, Flaschenhälse hervorguckten.<br />

Es war der Widersacher, der <strong>in</strong><br />

SuchtReport 1/2002<br />

SuchtReport 1/2002


30 Extra<br />

Extra<br />

31<br />

diesem seltsamen Aufzuge ihn höh-<br />

Hölle hätten den Heiligen um-<br />

oder wenigstens erst nach Jahren, zu<br />

befand. Unerachtet ich nun nicht<br />

Unter diesen Worten hatte der Hof-<br />

Der Hofmeister kostete zuerst und<br />

nisch anlächelte und frug, ob er<br />

schwebt, ja ihn mit verführerischen<br />

öffnen und damit dich de<strong>in</strong>e Neugier-<br />

gleich mit der Sprache heraus wolll-<br />

meister den Schieber des Kistchens<br />

rief begeistert: ›Herrlicher - herrlicher<br />

nicht von den Elixieren, die er <strong>in</strong> den<br />

Gaukeleien zu verlocken gesucht, bis<br />

de nicht <strong>in</strong> Versuchung führe, es dir<br />

te, was <strong>in</strong> dem Schrank verschlossen,<br />

schnell aufgeschoben und die schwar-<br />

Syrakuser! In der Tat, der We<strong>in</strong>keller<br />

Flaschen bei sich trüge, zu kosten<br />

er sie durch strenges Fasten und<br />

weit weg aus den Augen zu stellen.‹<br />

so drangen beide, der Graf und der<br />

ze, sonderbar geformte Flasche her-<br />

des heiligen Antonius war nicht übel,<br />

begehre? Der heilige Antonius, den<br />

anhaltendes Gebet wieder vertrieben.<br />

Hofmeister, doch so lange <strong>in</strong> mich,<br />

ausgenommen. Es verbreitete sich<br />

und machte der Teufel se<strong>in</strong>en<br />

diese Zumutung nicht e<strong>in</strong>mal ver-<br />

Der Bruder Cyrillus verschloß die ge-<br />

bis ich die Legende vom h. Antonius<br />

wirklich, wie der Bruder Cyrillus es<br />

Kellermeister, so me<strong>in</strong>te er es mit<br />

drießen konnte, weil der Wider-<br />

- In diesem Kistchen bef<strong>in</strong>det sich<br />

heimnisvolle Kiste wieder <strong>in</strong> den<br />

und dem arglistigen Teufel erzählte<br />

mir gesagt, e<strong>in</strong> starker Duft, der<br />

dem heiligen Mann nicht so böse, als<br />

sacher, ohnmächtig und kraftlos<br />

nun aus dem Nachlaß des h.<br />

Schrank, wo sie gestanden, und<br />

und mich über die, als Reliquie auf-<br />

<strong>in</strong>dessen nichts weniger als betäu-<br />

man glaubt - kosten Sie, Graf!‹ - Der<br />

geworden, nicht mehr imstande war,<br />

Antonius eben e<strong>in</strong>e solche Flasche<br />

übergab mir den Schlüsselbund, an<br />

bewahrte Flasche, ganz getreu nach<br />

bend, sondern vielmehr angenehm<br />

Graf tat es und bestätigte das, was<br />

sich auf irgende<strong>in</strong>en Kampf e<strong>in</strong>zu-<br />

mit e<strong>in</strong>em Teufelselixier und die<br />

dem auch der Schlüssel jenes<br />

den Worten des Bruder Cyrillus aus-<br />

und wohltätig wirkte. ›Ei‹, rief der<br />

der Hofmeister gesprochen. Beide<br />

lassen, und sich daher auf höhnende<br />

Dokumente s<strong>in</strong>d so authentisch und<br />

Schranks h<strong>in</strong>g: die ganze Erzählung<br />

ließ, ja sogar die Warnung h<strong>in</strong>zufüg-<br />

Graf: ›ich wette, daß das Elixier des<br />

scherzten noch mehr über die<br />

Reden beschränken mußte, frug ihn:<br />

genau, daß wenigstens daran, daß<br />

hatte auf mich e<strong>in</strong>en eignen E<strong>in</strong>-<br />

te, die er mir rücksichts der Gefahr<br />

Teufels weiter nichts ist als herrlicher<br />

Reliquie, die offenbar die schönste <strong>in</strong><br />

warum er denn so viele Flaschen und<br />

die Flasche wirklich nach dem Tode<br />

druck gemacht, aber je mehr ich e<strong>in</strong>e<br />

des Öffnens der Kiste und des Vorzei-<br />

echter Syrakuser.‹ - ›Ganz gewiß‹,<br />

der ganzen Sammlung sei - sie wün-<br />

auf solche besondere Weise bei sich<br />

des h. Antonius unter se<strong>in</strong>en nachge-<br />

<strong>in</strong>nere Lüsternheit emporkeimen<br />

gens der Flasche gegeben. Unerach-<br />

erwiderte der Hofmeister: ›und<br />

schten sich e<strong>in</strong>en ganzen Keller voll<br />

trüge? Da antwortete der Wider-<br />

bliebenen Sachen gefunden wurde,<br />

fühlte, die wunderbare Reliquie zu<br />

tet der Graf unserer Religion zugetan<br />

stammt die Flasche wirklich aus dem<br />

solcher Reliquien u.s.w. Ich hörte<br />

sacher: ›Siehe, wenn mir e<strong>in</strong> Mensch<br />

kaum zu zweifeln ist. Übrigens kann<br />

sehen, desto mehr war ich, der<br />

war, schien er doch ebensowenig als<br />

Nachlaß des h. Antonius, so geht es<br />

alles schweigend mit niedergesenk-<br />

begegnet, so schaut er mich verwun-<br />

ich versichern, lieber Bruder<br />

Warnung des Bruders Cyrillus geden-<br />

der Hofmeister auf die Wahr-<br />

Ihnen, ehrwürdiger Herr! be<strong>in</strong>ahe<br />

tem Haupte, mit zur Erde starrendem<br />

dert an und kann es nicht lassen,<br />

Medardus! daß, sooft ich die Flasche,<br />

kend, bemüht, auf jede Art mir es zu<br />

sche<strong>in</strong>lichkeit der heiligen Legenden<br />

besser wie dem Könige von Neapel,<br />

Blick an; der Frohs<strong>in</strong>n der Fremden,<br />

nach me<strong>in</strong>en Getränken zu fragen<br />

ja nur dieses Kistchen, wor<strong>in</strong> sie ver-<br />

erschweren. Als Cyrillus mich ver-<br />

viel zu bauen.<br />

den die Unart der Römer, den We<strong>in</strong><br />

hatte für mich, <strong>in</strong> me<strong>in</strong>er düsteren<br />

und zu kosten aus Lüsternheit. Unter<br />

schlossen, berühre, mich e<strong>in</strong> uner-<br />

lassen, übersah ich noch e<strong>in</strong>mal die<br />

nicht zu pfropfen, sondern nur durch<br />

Stimmung, etwas Quälendes; verge-<br />

so vielen Elixieren f<strong>in</strong>det er ja wohl<br />

klärliches <strong>in</strong>neres Grauen anwandelt,<br />

mir anvertrauten Heiligtümer, dann<br />

Sie ergossen sich beide <strong>in</strong> allerlei wit-<br />

darauf getröpfeltes Öl zu bewahren,<br />

bens drangen sie <strong>in</strong> mich, auch von<br />

e<strong>in</strong>s, was ihm recht mundet, und er<br />

ja daß ich wähne, etwas von e<strong>in</strong>em<br />

löste ich aber das Schlüsselchen,<br />

zigen Anmerkungen und E<strong>in</strong>fällen<br />

um das Vergnügen brachte, altrömi-<br />

dem We<strong>in</strong> des heiligen Antonius zu<br />

säuft die ganze Flasche aus, und wird<br />

ganz seltsamen Duft zu spüren, der<br />

welches den gefährlichen Schrank<br />

über den komischen Teufel, der die<br />

schen We<strong>in</strong> zu kosten. Ist dieser We<strong>in</strong><br />

kosten, ich verweigerte es standhaft<br />

trunken, und ergibt sich mir und<br />

mich betäubt und zugleich e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>ne-<br />

schloß, vom Bunde ab, und verstek-<br />

Verführungsflaschen im zerrissenen<br />

auch lange nicht so alt, als jener<br />

und verschloß die Flasche, wohl<br />

me<strong>in</strong>em Reiche.‹ - So weit steht das<br />

re Unruhe des Geistes hervorbr<strong>in</strong>gt,<br />

kte es tief unter me<strong>in</strong>e Skripturen im<br />

Mantel trage, endlich nahm aber der<br />

gewesen wäre, so ist es doch fürwahr<br />

zugepropft, wieder <strong>in</strong> ihr Behältnis.<br />

<strong>in</strong> allen Legenden; nach dem beson-<br />

die mich selbst bei den Andachts-<br />

Schreibpulte. ( ... )<br />

Hofmeister e<strong>in</strong>e ensthafte Miene an<br />

der älteste, den es wohl geben mag,<br />

deren Dokument, das wir über diese<br />

übungen zerstreut. Indessen über-<br />

und sprach: ›Haben Sie an uns leicht-<br />

und darum täten Sie wohl, die<br />

Die Fremden verließen das Kloster,<br />

Vision des heiligen Antonius besit-<br />

w<strong>in</strong>de ich diese böse Stimmung, wel-<br />

Nach e<strong>in</strong>iger Zeit begab es sich, daß<br />

s<strong>in</strong>nigen Weltmenschen ke<strong>in</strong> Ärger-<br />

Reliquie <strong>in</strong> Ihren Nutzen zu verwen-<br />

aber als ich e<strong>in</strong>sam <strong>in</strong> me<strong>in</strong>er Zelle<br />

zen, heißt es aber weiter, daß der<br />

che offenbar von dem E<strong>in</strong>fluß<br />

e<strong>in</strong> junger Graf, von se<strong>in</strong>em Hof-<br />

nis, ehrwürdiger Herr! - Se<strong>in</strong> Sie<br />

den und getrost auszunippen.‹ -<br />

saß, konnte ich mir selbst e<strong>in</strong> gewiss-<br />

Widersacher, als er sich von dannen<br />

irgende<strong>in</strong>er fe<strong>in</strong>dlichen Macht herr-<br />

meister, mit dem er auf Reisen<br />

überzeugt, daß wir beide, ich und<br />

›Gewiß‹, fiel der Graf e<strong>in</strong>: ›dieser<br />

ses <strong>in</strong>nres Wohlbehagen, e<strong>in</strong>e rege<br />

hub, e<strong>in</strong>ige se<strong>in</strong>er Flaschen auf<br />

rührt, sollte ich auch an die unmit-<br />

begriffen, begleitet, unser Kloster<br />

me<strong>in</strong> Graf, die Heiligen als herrliche,<br />

uralte Syrakuser würde neue Kraft <strong>in</strong><br />

Heiterkeit des Geistes nicht ableug-<br />

e<strong>in</strong>em Rasen stehen ließ, die der h.<br />

telbare E<strong>in</strong>wirkung des Widersachers<br />

besuchte, und die vielfachen Merk-<br />

von der Religion hoch begeisterte<br />

Ihre Adern gießen und die Kränklich-<br />

nen. Es war offenbar, daß der geisti-<br />

Antonius schnell <strong>in</strong> se<strong>in</strong>e Höhle mit-<br />

nicht glauben, durch standhaftes Ge-<br />

würdigkeiten desselben zu sehen<br />

Menschen verehren, die dem Heil<br />

keit verscheuchen, von der Sie, ehr-<br />

ge Duft des We<strong>in</strong>s mich gestärkt<br />

nahm und verbarg, aus Furcht, selbst<br />

bet. Dir, lieber Bruder Medardus, der<br />

begehrte. Ich mußte die Reliquien-<br />

ihrer Seele, so wie dem Heil der<br />

würdiger Herr! heimgesucht schei-<br />

hatte. Ke<strong>in</strong>e Spur der üblen Wirkung,<br />

<strong>in</strong> der E<strong>in</strong>öde könnte e<strong>in</strong> Verirrter, ja<br />

du noch so jung bist, der du noch<br />

kammer aufschließen und wir traten<br />

Menschen, alle Freude des Lebens, ja,<br />

nen.‹ Der Hofmeister holte e<strong>in</strong>en<br />

von der Cyrillus gesprochen, empfand<br />

wohl gar e<strong>in</strong>er se<strong>in</strong>er Schüler, von<br />

alles, was dir de<strong>in</strong>e von fremder<br />

h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>, als der Prior, der mit uns<br />

das Leben selbst opferten, was aber<br />

stählernen Korkzieher aus der Tasche<br />

ich, und nur der entgegengesetzte<br />

dem entsetzlichen Getränke kosten<br />

Kraft aufgeregte Fantasie vorbr<strong>in</strong>gen<br />

durch Chor und Kirche gegangen,<br />

solche Geschichten betrifft, wie die<br />

und öffnete, me<strong>in</strong>er Protestationen<br />

wohltätige E<strong>in</strong>fluß zeigte sich auf<br />

und <strong>in</strong>s ewige Verderben geraten. -<br />

mag, <strong>in</strong> glänzenderen lebhafteren<br />

abgerufen wurde, so daß ich mit den<br />

soeben von Ihnen erzählte, so glaube<br />

unerachtet, die Flasche. - Es war mir,<br />

auffallende Weise ( ... )<br />

Zufällig, erzählt das Dokument wei-<br />

Farben erblickst, der du noch wie e<strong>in</strong><br />

Fremden alle<strong>in</strong> blieb. Jedes Stück<br />

ich, daß nur e<strong>in</strong>e geistreiche, von<br />

als zucke mit dem Herausfliegen des<br />

ter, habe der heilige Antonius e<strong>in</strong>mal<br />

tapferer aber unerfahrner Krieger,<br />

hatte ich gezeigt und erklärt, da fiel<br />

dem Heiligen ersonnene Allegorie<br />

Korks e<strong>in</strong> blaues Flämmchen empor,<br />

Ich stand vom Lager auf und schlich<br />

e<strong>in</strong>e dieser Flaschen geöffnet, da sei<br />

zwar rüstig im Kampfe, aber viell-<br />

dem Grafen der, mit zierlichem alt-<br />

durch Mißverstand, als wirklich ge-<br />

das gleich wieder verschwand. -<br />

wie e<strong>in</strong> Gespenst, mit der Lampe, die<br />

e<strong>in</strong> seltsamer betäubender Dampf<br />

leicht zu kühn, das Unmögliche<br />

teutschem Schnitzwerk geschmückte,<br />

schehen, <strong>in</strong>s Leben gezogen wurde.‹<br />

Stärker stieg der Duft aus der Flasche<br />

ich bei dem Marienbilde auf dem<br />

herausgefahren und allerlei scheußli-<br />

wagend, de<strong>in</strong>er Stärke zu sehr ver-<br />

Schrank <strong>in</strong>s Auge, <strong>in</strong> dem sich das<br />

und wallte durch das Zimmer.<br />

Gange des Klosters angezündet, durch<br />

che s<strong>in</strong>neverwirrende Bilder der<br />

traust, rate ich, das Kistchen niemals,<br />

Kistchen mit dem Teufelselixier<br />

die Kirche nach der Reliquienkammer.<br />

SuchtReport 1/2002<br />

SuchtReport 1/2002


32 Extra<br />

Extra 33<br />

Von dem flackernden Sche<strong>in</strong>e der<br />

buntes Bild jug das andere bei dem<br />

Was Medardus <strong>in</strong> diesem Verlauf<br />

hervorgehoben: »E.T.A. Hoffmann ist<br />

In der unheimlichen Ersche<strong>in</strong>ung<br />

Percy Shelley, He<strong>in</strong>e, Nerval und Poe.<br />

Lampe beleuchtet, schienen die heili-<br />

wie aus tiefem Schlaf aufgerüttelten<br />

ganz bei sich selbst erlebt, ist e<strong>in</strong>e<br />

der unerreichte Meister des Un-<br />

dessen, das hätte verborgen bleiben<br />

E<strong>in</strong>e L<strong>in</strong>ie der Fortsetzung führt über<br />

gen Bilder <strong>in</strong> der Kirche sich zu<br />

Geiste vorüber.«<br />

fortschreitende Zerrüttung se<strong>in</strong>er<br />

heimlichen <strong>in</strong> der Dichtung. Se<strong>in</strong> Ro-<br />

sollen, ist e<strong>in</strong> Hauptanliegen der Geis-<br />

Baudelaire, Maupassant, Rimbaud,<br />

regen, es war, als blickten sie mit-<br />

Selbstgewissheit, se<strong>in</strong>er Identität:<br />

man ›Die Elixiere des Teufels‹ weist<br />

teshaltung der Romantik zu erkennen:<br />

Leautreamont und Huysmans bis zu<br />

leidsvoll auf mich herab, es war, als<br />

aus: E.T.A.Hoffmann:<br />

e<strong>in</strong> ganzes Bündel von Motiven auf,<br />

Cocteau sowie bis <strong>in</strong> den deutschspra-<br />

höre ich <strong>in</strong> dem dumpfen Brausen<br />

Die Elixiere des Teufels<br />

»Ich b<strong>in</strong> das, was ich sche<strong>in</strong>e, und<br />

denen man die unheimliche Wirkung<br />

»In den Augen der Romantiker kann<br />

chigen Expressionismus: zu Trakl,<br />

des Sturms, der durch die zerschlage-<br />

sche<strong>in</strong>e das nicht, was ich b<strong>in</strong>, mir<br />

der Geschichte zuschreiben möchte.«<br />

die Seele nichts anderes se<strong>in</strong> als der<br />

Benn und anderen.<br />

nen Fenster <strong>in</strong>s Chor h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>fuhr,<br />

klägliche warnende Stimmen, ja, als<br />

riefe mir me<strong>in</strong>e Mutter zu aus weiter<br />

Ferne: ›Sohn Medardus, was beg<strong>in</strong>nnst<br />

du, laß ab von dem gefährlichen<br />

Unternehmen!‹ -<br />

Was hat es wohl mit diesen<br />

Elixieren auf sich, die der materialisierte<br />

Widerspruch zu se<strong>in</strong> sche<strong>in</strong>en,<br />

<strong>in</strong>dem sie e<strong>in</strong>erseits vom Bösen persönlich<br />

herstammen, andererseits als<br />

heilige Reliquie zu verehren s<strong>in</strong>d? -<br />

selbst e<strong>in</strong> unerklärlich Rätsel, b<strong>in</strong> ich<br />

entzweit mit me<strong>in</strong>em Ich!«<br />

Während er im Weiteren gezwungen<br />

ist, se<strong>in</strong>e Identität tatsächlich<br />

auch nach außen h<strong>in</strong> zu wechseln,<br />

spitzt sich die Krise se<strong>in</strong>er Selbst-<br />

Und als Erstes der »hervorstechendsten<br />

unter jenen unheimlich wirkenden<br />

Motiven« nennt er »das Doppelgängertum<br />

<strong>in</strong> all se<strong>in</strong>en Abstufungen<br />

und Ausbildungen« (Freud,<br />

1919, S. 246).<br />

Ort unserer Ähnlichkeit und unserer<br />

Berührung mit dem Weltorganismus.«<br />

Tatsächlich lässt sich das gesamte<br />

literarische Werk des Romantikers<br />

Hoffmann als e<strong>in</strong>e wirkliche »Kritik<br />

der re<strong>in</strong>en Vernunft« lesen. Gespensti-<br />

Die genannte Reihe von Vertretern<br />

e<strong>in</strong>er romantischen Wirklichkeitsauffassung<br />

hat e<strong>in</strong>e Besonderheit: »Alle<br />

diese Gestalten haben e<strong>in</strong>e, ihr Leben<br />

begleitende und prägende, Geme<strong>in</strong>samkeit:<br />

ihren massiven Rauschmit-<br />

Als ich <strong>in</strong> die Reliquienkammer<br />

getreten, war alles still und ruhig, ich<br />

schloß den Schrank auf, ich ergriff<br />

das Kistchen, die Flasche, bald hatte<br />

ich e<strong>in</strong>en kräftigen Zug getan! - Glut<br />

Die zunächst so offenbar wohltätig<br />

wirken, deren vermutete Herkunft<br />

aber ahnen lässt, dass dem Konsumenten<br />

nichts Gutes bevorsteht?<br />

gewissheit immer mehr zu - bis h<strong>in</strong><br />

zu e<strong>in</strong>er entscheidenden Begegnung:<br />

der Begegnung mit se<strong>in</strong>em Doppelgänger.<br />

Mit diesem war se<strong>in</strong> Geschick<br />

bisher auf geheimnisvolle<br />

In der weiteren Untersuchung des<br />

Unheimlichen kommt Freud unter<br />

anderem zu dem Ergebnis, dass das<br />

Gefühl des Unheimlichen immer zu<br />

tun hat mit dem Hervortreten von et-<br />

sche, komische, groteske Geschichten<br />

schildern <strong>in</strong> der für Hoffmann so typischen<br />

Art den E<strong>in</strong>bruch des geheimnisvollen<br />

Pr<strong>in</strong>zips <strong>in</strong> den bürgerlichen<br />

Alltag; Geschichten wie »Das Fräule<strong>in</strong><br />

telkonsum.«<br />

Hoffmanns be<strong>in</strong>ahe täglichen Alkoholräusche,<br />

Novalis und DeQu<strong>in</strong>ceys<br />

Freude und Leiden am Opium, Poes<br />

strömte durch me<strong>in</strong>e Adern und<br />

erfüllte mich mit dem Gefühl unbeschreiblichen<br />

Wohlse<strong>in</strong>s - ich trank<br />

noch e<strong>in</strong>mal, und die Lust e<strong>in</strong>es<br />

neuen herrlichen Lebens g<strong>in</strong>g mir<br />

auf! - Schnell verschloß ich das leere<br />

Kistchen <strong>in</strong> den Schrank, eilte rasch<br />

mit der wohltätigen Flasche nach<br />

me<strong>in</strong>er Zelle, und stellte sie <strong>in</strong> me<strong>in</strong><br />

Klosterbruder Medardus tr<strong>in</strong>kt<br />

noch e<strong>in</strong>ige Male von den Elixieren.<br />

So eigentlich süchtig danach wird er<br />

nicht: Es gibt ja auch nicht viel von<br />

dem Stoff. Aber bei diesem Elixier ist<br />

es auch nicht erforderlich, es immer<br />

wieder zu sich zu nehmen, es tut<br />

auch so se<strong>in</strong>e Langzeitwirkung:<br />

Weise verwoben und wird es auch<br />

weiter se<strong>in</strong>.<br />

Weiter brauchen wir jedoch hier<br />

Medardus <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Geschichte nicht<br />

zu begleiten, nachdem wir dieses<br />

wesentliche Ereignis zur Kenntnis<br />

genommen haben: den Auftritt des<br />

Doppelgängers.<br />

was, das im Verborgenen hätte bleiben<br />

sollen, und dass es schließlich<br />

mit der Wiederkehr verdrängter Gedanken,<br />

Vorstellungen und Gefühle<br />

<strong>in</strong> Zusammenhang zu br<strong>in</strong>gen ist.<br />

Was kommt <strong>in</strong> dem unheimlichen<br />

Doppelgänger des Medardus zum<br />

Vorsche<strong>in</strong>, das hätte verborgen blei-<br />

von Scuderi« und »Der Sandmann«<br />

spiegeln psychische Grundprobleme<br />

<strong>in</strong> der sich <strong>in</strong>dustrialisierenden Welt.<br />

Das Problem der Entfremdung <strong>in</strong> der<br />

Produktbeziehung und das der<br />

Quasi-Beziehung zur Masch<strong>in</strong>e bei<br />

gleichzeitiger Störung zwischenmenschlicher<br />

Beziehungen.<br />

Tod im Alkoholdelirium, Cocteaus<br />

Opiumentzüge, Baudelaires <strong>Drogen</strong>wissenschaft,<br />

Coleridges im Opiumschlaf<br />

»empfangenes« Poem Kubla<br />

Khan usw. - biografisches und autobiografisches<br />

Schrifttum, literarische<br />

Rauschprodukte und ausdrücklich<br />

der Beschreibung des Konsums und<br />

se<strong>in</strong>er Auswirkungen gewidmete<br />

Schreibpult.<br />

- Da fiel mir der kle<strong>in</strong>e Schlüssel <strong>in</strong><br />

die Hände, den ich damals, um jeder<br />

Versuchung zu entgehen, vom Bunde<br />

löste, und doch hatte ich ohne ihn,<br />

sowohl damals, als die Fremden<br />

zugegen waren, als jetzt, den<br />

Schrank aufgeschlossen? - Ich untersuchte<br />

me<strong>in</strong>en Schlüsselbund, und<br />

siehe e<strong>in</strong> unbekannter Schlüssel, mit<br />

dem ich damals und jetzt den<br />

Schrank geöffnet, ohne <strong>in</strong> der Zerstreuung<br />

darauf zu merken, hatte<br />

sich zu den übrigen gefunden. - Ich<br />

Medardus nämlich gerät <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />

eigentümliche Verfassung. Mehr und<br />

mehr dem Wechselspiel se<strong>in</strong>er Eitelkeiten<br />

und se<strong>in</strong>es Bemühens um<br />

Tugendhaftigkeit und Selbstbeherrschung<br />

ausgesetzt, entgleitet das Geschehen<br />

zunehmend se<strong>in</strong>er Kontrolle.<br />

Ihm bisher unbekannte Seiten se<strong>in</strong>er<br />

Persönlichkeit werden mächtig,<br />

er verliebt sich, lässt sich von se<strong>in</strong>em<br />

Prior auf Reisen schicken, wo es sehr<br />

bald zu unheilvollen Verstrickungen<br />

kommt, zu Intrige, Mord, Flucht -<br />

zum Vollzug des Verhängnisses.<br />

Das Motiv des Doppelgängers hat<br />

nicht nur Hoffmann - und auch diesen<br />

nicht nur <strong>in</strong> den »Elixieren« - beschäftigt.<br />

Gestaltungen des Doppelgängermotivs<br />

begleiten e<strong>in</strong>e ganze<br />

literarische Entwicklungsl<strong>in</strong>ie, die,<br />

wurzelnd <strong>in</strong> Spiegel- und Schattenmythen,<br />

von der Gothic Novel<br />

über Hoffmann, Jean Paul und<br />

He<strong>in</strong>e, Maupassant, Poe und<br />

Dostojewski bis zu Borges reicht.<br />

Freud hat 1919 die Bedeutung des<br />

Doppelgängermotivs für die Erzeu-<br />

ben sollen?<br />

Interpretierend lässt sich feststellen,<br />

dass des Mönches Doppelgänger zunächst<br />

e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong>sgesamt das Böse, das<br />

Triebhafte, das Wahns<strong>in</strong>nige verkörpert,<br />

das Medardus wohl <strong>in</strong> sich spürt,<br />

das er aber von sich weist, abspaltet,<br />

auf se<strong>in</strong>en Doppelgänger projiziert. Die<br />

unheimlichen Begegnungen mit der<br />

Nachtseite s<strong>in</strong>d dabei nicht nur als<br />

Konfrontation mit dem Bösen, sondern<br />

zugleich als Ausdruck des Bedürfnisses<br />

nach Vervollständigung zu verstehen,<br />

denn Medardus´ Doppelgänger ist Teil<br />

Und Hoffmann ist nur e<strong>in</strong>er aus<br />

e<strong>in</strong>er Reihe gleichermaßen bedeutender<br />

Repräsentanten dieser Romantik,<br />

die unmissverständlich ihren Widerstand<br />

gegen die »modernen Zeiten«<br />

formulieren und die Rückkehr zu<br />

überrationalen, surrealen Wahrnehmungs-,<br />

Erlebens- und Lebensformen<br />

suchen. Sie wenden den Blick<br />

nach <strong>in</strong>nen. Traum, Ahnung und<br />

Vision s<strong>in</strong>d für sie von unüberschätzbarer<br />

Bedeutung.<br />

Aus dieser Reihe s<strong>in</strong>d außer<br />

Hoffmann hervorzuheben Novalis,<br />

Schriften der Genannten geben<br />

davon Bericht.<br />

Zum Beispiel Hoffmann: Die Zeugnisse<br />

über se<strong>in</strong>e Tr<strong>in</strong>kgewohnheiten<br />

s<strong>in</strong>d zahlreich. E<strong>in</strong>ige Zeit (1811-<br />

1813) pflegte sich Hoffmann selbst<br />

über se<strong>in</strong>e Alkoholräusche Zeugnis<br />

abzulegen.<br />

Er zeichnete <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Tagebüchern<br />

e<strong>in</strong>en Kelch für e<strong>in</strong>en Rausch und<br />

e<strong>in</strong>en Doppelkelch für e<strong>in</strong>en Vollrausch<br />

e<strong>in</strong>. E<strong>in</strong>ige zeitgenössische<br />

Bilder und eigene Zeichnungen zeigen<br />

erbebte unwillkürlich, aber e<strong>in</strong><br />

gung e<strong>in</strong>er unheimlichen Wirkung<br />

der Wirklichkeit des Medardus.<br />

Scott, Coleridge, Jean Paul, Mary und<br />

Hoffmann mit Zechgenossen, unter<br />

SuchtReport 1/2002<br />

SuchtReport 1/2002


34<br />

Extra<br />

Extra<br />

35<br />

ihnen häufiger der zu dieser Zeit ge-<br />

e<strong>in</strong> Dritter dies unverhohlen ausspre-<br />

»Se<strong>in</strong>e Lebensordnung <strong>in</strong> den letz-<br />

Vielmehr wurde das Mittel regelmä-<br />

Verlust der Freiheit und Destruktion<br />

<strong>Drogen</strong>konsum und se<strong>in</strong>e Aus-<br />

feierte Schauspieler Ludwig Devrient.<br />

chen, denn er selbst hat es auf se<strong>in</strong>em<br />

ten sechs Jahren von 1816 bis 1822<br />

ßig und oft hoch dosiert e<strong>in</strong>genomm-<br />

durch Alkohol, Opium, andere <strong>Drogen</strong><br />

wirkungen werden wie seelische<br />

Er starb, bald nach Hoffmanns Tod<br />

Sterbebette nicht alle<strong>in</strong> mit der Klar-<br />

war die. Am Montage und Donners-<br />

men, zumeist bildete der Konsum -<br />

und ihre Komb<strong>in</strong>ationen werden von<br />

Normabweichungen dem Zuständig-<br />

(1822), im Alkoholdelirium.<br />

heit, mit der er alles durchschaute,<br />

tage brachte er die Vormittage <strong>in</strong> den<br />

m<strong>in</strong>destens über Jahre h<strong>in</strong>weg - e<strong>in</strong>en<br />

Hoffmann, Coleridge, DeQu<strong>in</strong>cey und<br />

keitsbereich der mediz<strong>in</strong>ischen Wis-<br />

e<strong>in</strong>gesehn, sondern auch <strong>in</strong> die Hand<br />

Sitzungen des Kammergerichts, an<br />

den Lebensalltag prägenden Zug.<br />

vielen anderen ebenfalls unmissver-<br />

senschaft überantwortet. Und gerade<br />

Hoffmanns Freund Hitzig fasst die<br />

des Herausgebers freiwillig und feier-<br />

den andern Tagen zu Hause arbeitend,<br />

ständlich beschrieben. So schließt<br />

<strong>in</strong> dem Zeitraum der Epoche der<br />

Situation der letzten Jahre zusammen:<br />

lich das Versprechen niedergelegt, se<strong>in</strong><br />

die Nachmittage <strong>in</strong> der Regel schla-<br />

Offensichtlich versuchten alle diese<br />

Hoffmann se<strong>in</strong>e musikalische Typo-<br />

Romantik, also etwa 1790 bis 1850 -<br />

»So wäre denn der Punkt bezeichnet,<br />

ganzes Leben ändern zu wollen, wenn<br />

fend, im Sommer auch spazierenge-<br />

Gestalten der Romantik den »Mangel<br />

logie der alkoholischen Getränke <strong>in</strong><br />

erfolgt die Prägung des Begriffes<br />

von welchem aus Hoffmanns Vers<strong>in</strong>-<br />

Gott ihm die Gesundheit wieder-<br />

hend zu; die Abende und Nächte <strong>in</strong><br />

an Wirklichkeit« durch toxische<br />

den »Kreisleriana« mit der zu se<strong>in</strong>er<br />

»Sucht« als e<strong>in</strong>er Krankheit und es<br />

ken begann, und, nach den mechani-<br />

schenkte. Es hat nicht se<strong>in</strong> sollen; aber<br />

dem We<strong>in</strong>hause.<br />

Hilfsmittel zu kompensieren. Sie<br />

persönlichen Erfahrung passenden<br />

entfaltet sich die wissenschaftliche<br />

schen Gesetzen des Falles, am Ende<br />

schon der Vorsatz dient ihm zur<br />

suchten den Zustand des Rausches,<br />

Bemerkung: »Doch überlasse ich<br />

Ause<strong>in</strong>andersetzung mit diesem Be-<br />

leider mit furchtbarer Schnelle. Es darf<br />

Ehre!«<br />

War er, was häufig, <strong>in</strong> manchen<br />

der Ekstase, der Überw<strong>in</strong>dung der<br />

jedem se<strong>in</strong>e <strong>in</strong>dividuelle Me<strong>in</strong>ung,<br />

griff, die se<strong>in</strong>e Entwicklung bis heute<br />

Perioden täglich geschah, mittags<br />

materiellen Realität, um sich den<br />

und f<strong>in</strong>de nur nötig für mich selbst im<br />

bestimmten (»Trunksucht« u.Ä.: Rush,<br />

»... / Abwärts wend ich mich / Zu der heiligen, unaussprechlichen /<br />

Geheimnisvollen Nacht - / Fernab liegt die Welt, / Wie versenkt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />

tiefe Gruft / Wie wüst und e<strong>in</strong>sam / Ihre Stelle! / Tiefe Wehmut / Weht <strong>in</strong><br />

den Saiten der Brust. / Fernen der Er<strong>in</strong>nerung / Wünsche der Jugend / Der<br />

K<strong>in</strong>dheit Träume / Des ganzen, langen Lebens / Kurze Freuden / Und vergebliche<br />

Hoffnungen / Kommen <strong>in</strong> grauen Kleidern / Wie Abendnebel /<br />

Nach der Sonne / Untergang. / Fernab liegt die Welt / Mit ihren bunten<br />

Genüssen. / In andern Räumen / Schlug das Licht auf / Die lustigen<br />

Gezelte. / Sollt es nie wiederkommen / Zu se<strong>in</strong>en treuen K<strong>in</strong>dern, / Se<strong>in</strong>en<br />

Gärten / In se<strong>in</strong> herrliches Haus? / Doch was quillt / So kühl und erquikklich<br />

/ So ahndungsvoll / Unterm Herzen / Und verschluckt / Der Wehmut<br />

weiche Luft? / Hast auch du / E<strong>in</strong> menschliches Herz, / Dunkle Macht? /<br />

Was hältst du / Unter de<strong>in</strong>em Mantel / Das mir unsichtbar kräftig / An die<br />

Seele geht? / Du sche<strong>in</strong>st nur furchtbar - / Köstlicher Balsam / Träuft aus<br />

de<strong>in</strong>er Hand / Aus dem Bündel Mohn / In süßer Trunkenheit / Entfaltest<br />

du die schweren Flügel des Gemüts / Und schenkst uns Freuden / Dunkel<br />

und unaussprechlich / Heimlich, wie du selbst bist, / Freuden, die uns /<br />

E<strong>in</strong>en Himmel ahnden lassen. / ...<br />

oder abends oder mittags und abends<br />

<strong>in</strong> Gesellschaft, - denn nicht aus aller<br />

Gesellschaft, bloß aus der se<strong>in</strong>er<br />

Freunde und aus den fe<strong>in</strong>ern Tees<br />

war er geschieden; dagegen unter<br />

Männern und bei Tr<strong>in</strong>kgelagen<br />

immer e<strong>in</strong> willkommener Gast, - oft<br />

abends <strong>in</strong> zwei Zirkeln von sieben bis<br />

neun und von neun bis zwölf gewesen;<br />

so g<strong>in</strong>g er, es mochte so spät<br />

se<strong>in</strong>, als es wollte, wenn alle anderen<br />

sich nach Hause begeben, noch <strong>in</strong><br />

das We<strong>in</strong>haus, um dort den Morgen<br />

zu erwarten; früher <strong>in</strong> se<strong>in</strong>e<br />

Wohnung zurückzukehren, war ihm<br />

nicht gut möglich. Man denke hiebei<br />

aber nicht etwa an e<strong>in</strong>en geme<strong>in</strong>en<br />

Tr<strong>in</strong>ker, der tr<strong>in</strong>kt und tr<strong>in</strong>kt aus<br />

Wohlgeschmack, bis er lallt und<br />

erlebten Defiziten ihres gesellschaftlichen<br />

Zeit-Raumes zu entziehen.<br />

Wir dürfen annehmen, dass Begu<strong>in</strong><br />

mit der gefahrvollen »Reise <strong>in</strong> die<br />

Abgründe der Nacht« - unter anderem<br />

- die <strong>Drogen</strong>reise geme<strong>in</strong>t hat.<br />

Provozierter Rausch ist <strong>in</strong> der Perspektive<br />

der Romantik - genauso<br />

wenig wie Traum, Ekstase oder Wahn<br />

- E<strong>in</strong>grenzung und Rückzug, sondern<br />

- wie diese - Erweiterung.<br />

Die »Elixiere des Teufels« rufen die<br />

Begegnung mit dem Doppelgänger,<br />

dem Repräsentanten des Verdrängten<br />

hervor. Von ihren Konsumenten<br />

unter den Romantikern wird ihnen<br />

die Macht zugeschrieben, die Spal-<br />

stillen zu bemerken, daß der Geist, der<br />

von Licht und unterirdischem Feuer<br />

geboren, so keck den Menschen<br />

beherrscht, gar gefährlich ist, und<br />

man se<strong>in</strong>er Freundlichkeit nicht trauen<br />

darf, da er schnell die Miene ändert<br />

und statt des wohltuenden behaglichen<br />

Freundes zum furchtbaren<br />

Tyrannen wird.« (S. 57)<br />

Besonders aber auch der gesellschaftlichen<br />

Umgebung der Romantiker<br />

müssen diese Elixiere als teuflischen<br />

Ursprungs ersche<strong>in</strong>en. Der romantische<br />

Geist, der sich unter anderem im<br />

E<strong>in</strong>satz von Rauschmitteln darstellt, ist<br />

unheimlich, denn er droht damit, etwas<br />

zum Vorsche<strong>in</strong> zu br<strong>in</strong>gen, das hätte<br />

verborgen bleiben sollen.<br />

1784; Hufeland, 1802; Brühl-Cramer,<br />

1819; Huss, 1849-1851; Spode, 1993,<br />

1993a - »Opiumsucht«: Hufeland,<br />

1829, 1836).<br />

Im Kontext der romantischen Zeitkritik<br />

ersche<strong>in</strong>t die Pathologisierung<br />

des Rauschmittelkonsums als Abwehr<br />

der aufgeklärten Gesellschaft gegen<br />

die E<strong>in</strong>sicht <strong>in</strong> die eigene Pathologie,<br />

die von der Verleugnung wesentlicher<br />

Aspekte der Wirklichkeit gekennzeichnet<br />

war. Diese Abwehr verh<strong>in</strong>derte<br />

es, <strong>in</strong> der Qual derer, die <strong>in</strong><br />

Alkohol und anderen <strong>Drogen</strong> e<strong>in</strong>en<br />

Ersatz des »Mangels an Wirklichkeit«<br />

suchten, <strong>in</strong> voller Schärfe die gesellschaftliche<br />

Situation gespiegelt zu<br />

erblicken.<br />

... / Zugemessen ward / Dem Lichte se<strong>in</strong>e Zeit / Und dem Wachen - / Aber<br />

schläft; gerade das Umgekehrte war<br />

tung der menschlichen Seele zu<br />

zeitlos ist der Nacht Herrschaft, / Ewig ist die Dauer des Schlafs. / Heiliger<br />

Hoffmanns Fall. Er trank, um sich zu<br />

überw<strong>in</strong>den. Dass diese Elixiere trotz<br />

Die bürgerliche Gesellschaft beant-<br />

Die Spannung zwischen Romantik<br />

Schlaf! / Beglücke zu selten nicht / Der Nacht Geweihte - / In diesem irdi-<br />

montieren; dazu gehörte anfangs,<br />

ihrer zunächst wohltätigen Wirkung<br />

wortet diese Bedrohung mit den ihr<br />

und Rationalismus ist ke<strong>in</strong>eswegs als<br />

schen Tagwerk. / Nur die Toren verkennen dich / Und wissen von ke<strong>in</strong>em<br />

wie er noch kräftig war, weniger;<br />

dennoch des Teufels s<strong>in</strong>d, dass sie,<br />

zu Gebote stehenden Mitteln: mit<br />

das Kennzeichen nur e<strong>in</strong>er bestimm-<br />

Schlafe / Als dem Schatten, / Den du mitleidig auf uns wirfst / In jener<br />

später natürlich mehr ... « (Hitzig,<br />

wie die Reliquie <strong>in</strong> Hoffmannns Ro-<br />

wissenschaftlicher<br />

Untersuchung,<br />

ten Epoche anzusehen. Sie prägt<br />

Dämmrung / Der wahrhaften Nacht. / Sie fühlen dich nicht / In der goldnen<br />

Flut der Trauben / In des Mandelbaums / Wunderöl / Und dem braunen<br />

Safte des Mohns. / ...«<br />

1823, S. 316 ff.)<br />

Wie im Falle Hoffmanns ist auch <strong>in</strong><br />

man, heiligheilend und diabolischzerstörend,<br />

verehrungswürdig und<br />

abscheulich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em s<strong>in</strong>d, bleibt<br />

mit Pathologisierung, gerade so, wie<br />

sie es e<strong>in</strong>er anderen, ähnlichen Bedrohung<br />

gegenüber gleichfalls tut:<br />

vielmehr die Geschichte <strong>in</strong> immer<br />

neuen Versionen. Ohne die Bereitschaft,<br />

die eigenen Grundpr<strong>in</strong>zipien<br />

den meisten anderen Fällen nach-<br />

schließlich ke<strong>in</strong>em ihrer Konsumen-<br />

Die Erf<strong>in</strong>dung der Suchtkrankheit<br />

auf ihre historische Bed<strong>in</strong>gtheit h<strong>in</strong><br />

aus: Novalis: Hymnen an die Nacht 1 und 2<br />

(Fassung der korrigierten Handschrift)<br />

weisbar, dass der Rauschmittelkonsum<br />

nicht e<strong>in</strong> gelegentlicher, gewis-<br />

ten verschlossen.<br />

korrespondiert mit der Erf<strong>in</strong>dung der<br />

Geisteskrankheit.<br />

zu reflektieren, laufen auch die mit<br />

dem Rauschmittelproblem befassten<br />

sermaßen experimenteller war.<br />

Wissenschaften Gefahr, unbemerkt<br />

SuchtReport 1/2002<br />

SuchtReport 1/2002


36 Extra<br />

ihren humanistischen und paradoxerweise<br />

sogar ihren rationalistischen<br />

Anspruch zu verfehlen.<br />

Die politische Dimension dieser<br />

Gefahr hat Thomas Szasz (1974) beschrieben:<br />

»Es ist uns somit gelungen, rassische,<br />

religiöse und militärische<br />

Unterdrückung und Fremdherrschaft,<br />

die uns jetzt unehrenhaft ersche<strong>in</strong>en,<br />

durch mediz<strong>in</strong>ische und therapeutisch<br />

motivierte Unterdrückung und<br />

Fremdherrschaft zu ersetzen, die uns<br />

jetzt ehrenvoll dünken.<br />

Da diese neuen Zwänge auf<br />

Wissenschaft zu beruhen sche<strong>in</strong>en<br />

und nur der Gesundheit zu dienen<br />

vorgeben, und da die Opfer dieser<br />

Unterdrückung und Fremdherrschaft<br />

die Idole des mediz<strong>in</strong>ischen und<br />

therapeutischen Szientismus oft<br />

ebenso <strong>in</strong>brünstig anbeten wie ihre<br />

Unterdrücker, können die Opfer das<br />

Fatale ihrer Situation nicht e<strong>in</strong>mal<br />

artikulieren und sich daher auch<br />

nicht zur Wehr setzen. Vielleicht ist<br />

diese Herrschaft des Menschen über<br />

den Menschen - dieser symbolische<br />

Kannibalismus, der e<strong>in</strong>em Leben<br />

S<strong>in</strong>n verleiht, <strong>in</strong>dem er e<strong>in</strong> anderes<br />

se<strong>in</strong>es S<strong>in</strong>nes beraubt - e<strong>in</strong> <strong>in</strong>tegraler<br />

Bestandteil der Conditio humana und<br />

als solcher unvermeidlich. Aber deshalb<br />

besteht noch lange ke<strong>in</strong>e<br />

Notwendigkeit für den e<strong>in</strong>zelnen,<br />

sich e<strong>in</strong>zureden, die rituelle<br />

Verfolgung von Sündenböcken -<br />

durch Kreuzzüge, Inquisitionen,<br />

Endlösungen oder Kampagnen gegen<br />

<strong>Drogen</strong>mißbrauch - sei geeignet,<br />

Götter zu besänftigen und Krankheiten<br />

zu verhüten.« (S. 9)<br />

Hoffmanns »Elixiere des Teufels«,<br />

stellvertretend für die Kunst der<br />

Romantik, verweisen auf e<strong>in</strong>e<br />

Grundproblematik <strong>in</strong> der Entwicklungsgeschichte<br />

unserer Gesellschaft.<br />

In ihren modernen Zubereitungen<br />

verweisen die Elixiere des Teufels<br />

auch heute auf e<strong>in</strong>e Problematik, die<br />

ohne wissenschaftlichen und gesellschaftspolitischen<br />

Perspektivenwechsel<br />

nicht lösbar zu se<strong>in</strong> sche<strong>in</strong>t.<br />

Dr. rer.nat. Dietmar Czycholl, 45, ist<br />

Diplom-Psychologe, Psychologischer<br />

Psychotherapeut und Leiter des Zentrums I<br />

der <strong>Drogen</strong>hilfe Tüb<strong>in</strong>gen e.V.<br />

Korrespondenzanschrift:<br />

dczyholl@t-onl<strong>in</strong>e.de<br />

Literatur:<br />

• Begu<strong>in</strong>, A. (1937): Traumwelt und Romantik. Bern, 1972.<br />

• Böhme, H. & Böhme G. (1985): Das Andere der Vernunft. Frankfurt/M., 1992.<br />

• Brühl-Cramer, C.v. (1819): Ueber die Trunksucht und e<strong>in</strong>e rationelle Heilmethode derselben. Berl<strong>in</strong>, 1819.<br />

• Foucault, M .(1961): Wahns<strong>in</strong>n und Gesellschaft. Frankfurt/M., 1977.<br />

• Freud, S. (1919): Das Unheimliche. In: Gesammelte Werke. Bd.12. Frankfurt/M., 1972.<br />

• Hitzig, E. (1823): E.T.A. Hoffmanns Leben und Nachlaß. Frankfurt/M., 1986.<br />

• Hoffmann, E.T.A. (1814): Kreisleriana. In: Fantasie- und Nachtstücke. München, 1976.<br />

• Hoffmann, E.T.A. (1815): Die Elixiere des Teufels. München, 1961.<br />

• Hufeland, C.W. (1802): Über die Vergiftung durch Branntwe<strong>in</strong>. Berl<strong>in</strong>er Intelligenzblatt, 7,9, 1802.<br />

• Hufeland, C.W. (1829): Die drei Heroen der Heilkunst. In: Neues Journal der practischen Heilkunde 69, 1829.<br />

• Huss, M. (1849-1851): Alcoholismus chronicus. Stockholm, 1849-1851.<br />

• Kreutel, M. (1988): Die Opiumsucht. Stuttgart, 1988.<br />

• Novalis (1797): Hymnen an die Nacht. In: Briefe und Werke. Bd. 2. Berl<strong>in</strong>, 1943<br />

• Rank, O. (1914):<br />

Der Doppelgänger. In: J.M. Fischer (Hg.):<br />

Psychoanalytische Literatur<strong>in</strong>terpretation. München, 1980.<br />

• Rush, B. (1794): Inquiry <strong>in</strong>to the effects of ardent spirits upon the human body and m<strong>in</strong>d. Philadelphia, 1794.<br />

• Sloterdijk, P. (1993) Weltfremdheit. Frankfurt/M., 1993.<br />

• Spode, H. (1993): Die Macht der Trunkenheit. Opladen, 1993.<br />

• Spode, H. (1993a):<br />

Der Anspruch auf die Begierde. In: A. Schuller & J.A. Kleber (Hg.):<br />

Gier: Zur Anthropologie der Sucht. Gött<strong>in</strong>gen, 1993.<br />

• Szasz,T.(1974): Das Ritual der <strong>Drogen</strong>. Wien, 1978.<br />

SuchtReport 1/2002


38 Kontroverse Diskussion<br />

Kontroverse Diskussion<br />

39<br />

Das Verbot von Cannabis:<br />

E<strong>in</strong> kollektiver Irrweg<br />

Das Bundesverfassungsgericht hat<br />

1994 die Ansicht vertreten, dass die<br />

Strafvorschriften des Betäubungsmittelgesetzes<br />

geeignet s<strong>in</strong>d, die von<br />

Cannabis ausgehenden Gefahren zu<br />

verr<strong>in</strong>gern und die Verbreitung der<br />

Droge zu beschränken.<br />

Bundesverfassungsgericht <strong>in</strong> Karlsruhe<br />

Diese Ansicht wird von der Realität<br />

widerlegt: Die von Cannabis ausgehenden<br />

Gefahren s<strong>in</strong>d ger<strong>in</strong>ger als die der<br />

legalen <strong>Drogen</strong> Alkohol und Nikot<strong>in</strong>.<br />

Die Verbreitung der Droge wird durch<br />

das Verbot nicht beschränkt, sondern<br />

sogar gefördert. Der Rechtsphilosoph<br />

Michael Köhler kam zu der E<strong>in</strong>schätzung,<br />

dass das Cannabis-Verbot<br />

e<strong>in</strong> »kollektiver Irrweg« ist, der »nicht<br />

guten Gewissens weitergegangen werden<br />

kann«.<br />

Holland: Konsum und<br />

Handel s<strong>in</strong>d freigegeben<br />

Das Beispiel Holland zeigt, was passsiert,<br />

wenn nicht nur der unmittelbare<br />

Konsum, sondern auch der Handel von<br />

Cannabis freigegeben wird: Dort gibt<br />

es Coffeeshops, wo der Verkauf kle<strong>in</strong>er<br />

Mengen geduldet wird. Die Zahl der<br />

Cannabis-Konsumenten ist dadurch<br />

nicht - wie vielfach befürchtet -gestiegen,<br />

sondern sogar zurückgegangen.<br />

Obwohl die Märkte für weiche und<br />

harte <strong>Drogen</strong> weitgehend getrennt<br />

s<strong>in</strong>d, ist auch die Zahl der Konsumenten<br />

harter <strong>Drogen</strong> zurückgegangen. Die<br />

Zahl der <strong>Drogen</strong>toten ist gesunken.<br />

Deutschland: 1971<br />

wurde Cannabis dem<br />

Betäubungsmittelgesetz<br />

unterstellt<br />

Der Gesetzgeber benutzte das Argument:<br />

Es sei nicht zu verantworten, die<br />

Droge jetzt freizugeben; man erwarte<br />

jedoch aufgrund mediz<strong>in</strong>ischer Forschung,<br />

dass man <strong>in</strong> etwa fünf Jahren<br />

zu konkreteren Ergebnissen gelange.<br />

1994 hielt das Bundesverfassungsgericht<br />

daran fest, das Cannabis-<br />

Verbot vor dem Grundgesetz mit mediz<strong>in</strong>ischen<br />

Argumenten zu verteidigen,<br />

und man schrieb <strong>in</strong> der Begründung:<br />

»Obwohl sich … die von Cannabisprodukten<br />

ausgehenden Gesundheitsgefahren<br />

aus heutiger Sicht als ger<strong>in</strong>ger<br />

darstellen, als der Gesetzgeber bei<br />

Erlass des Gesetzes angenommen hat,<br />

verbleiben dennoch auch nach dem<br />

jetzigen Erkenntnisstand nicht unbeträchtliche<br />

Gefahren und Risiken.«<br />

Cannabis im Vergleich mit<br />

Alkohol<br />

Die im Betäubungsmittelgesetz hergestellte<br />

Nähe zu den Opiaten konnte<br />

jedoch ke<strong>in</strong>e Glaubwürdigkeit mehr<br />

f<strong>in</strong>den. Das Bundesverfassungsgericht<br />

entschloss sich daher, Cannabis zur<br />

besseren E<strong>in</strong>schätzung mit Alkohol zu<br />

vergleichen. Da Alkohol e<strong>in</strong> Genussund<br />

Suchtmittel ist, fordert der<br />

Vergleich zum e<strong>in</strong>en Antworten auf die<br />

Fragen nach Sucht und Abhängigkeit<br />

generell. Die Fragen reichen vom akuten<br />

Rausch bis zu den Folgen des chronischen<br />

und des exzessiven Gebrauchs.<br />

Zum anderen fordert der Vergleich mit<br />

Alkohol Antworten auf die Fragen<br />

nach dem Genuss. Was ist Cannabis als<br />

Genussmittel? Hält es auf primitiver<br />

Stufe fest? Ist es sublimierungsfähig,<br />

also e<strong>in</strong> Rauschmittel, das sich unserer<br />

Kultur angleichen kann?<br />

Schließlich ist zu fragen, ob der<br />

Me<strong>in</strong>ungsstreit über Cannabis nicht<br />

auf dem Missverständnis beruht, dass<br />

die Mediz<strong>in</strong> über Legalität oder<br />

Illegalität entscheiden müsste. Das ist<br />

nicht ihre Aufgabe.<br />

Unterschiedliches<br />

Konsumverhalten<br />

Cannabis wird <strong>in</strong> der Erwartung konsumiert,<br />

Verstimmungen zu beheben,<br />

Spannungen zu l<strong>in</strong>dern, Genüsse des<br />

Hörens, Sehens, Fühlens und Spürens<br />

zu <strong>in</strong>tensivieren oder e<strong>in</strong>e andere Art<br />

des Denkens zu genießen. Zu unterscheiden<br />

ist der vernünftige Gebrauch,<br />

<strong>in</strong> dem das rechte Maß e<strong>in</strong>gehalten<br />

wird, vom unvernünftigen Gebrauch,<br />

der bis zur akuten Vergiftung oder bis<br />

zum chronischen Exzess führt. Zu<br />

unterscheiden ist außerdem zwischen<br />

Anfängern, die ausprobieren, und<br />

Pflanze des Anstoßes: Hanf (Cannabis sativa) wächst auch <strong>in</strong> unseren Breiten und wird bis zu 2 Meter groß © Foto :action press/Hank<br />

erfahrenen Konsumenten, die präzise<br />

Erwartungen haben. Anfänger empf<strong>in</strong>den<br />

Cannabis-Konsum als Abenteuer<br />

und Wagnis. Sie wissen nicht, worauf<br />

sie achten müssen. Sie kennen die fe<strong>in</strong>en<br />

Zeichen des Rausches nicht und<br />

nehmen häufig zu viel. Der Konsum hat<br />

ihnen ke<strong>in</strong>e Lust gebracht, manchen<br />

sogar quälende Unlust. Dies erklärt,<br />

weshalb zwei Drittel der Anfänger, die<br />

Cannabis probieren, es bald wieder aufgeben.<br />

Problematisch s<strong>in</strong>d die gewohnheitsmäßigen<br />

Dauer-Konsumenten. Sie<br />

haben mit 23,5 Jahren nicht nur das<br />

niedrigste Durchschnittsalter, sondern<br />

auch am frühesten mit dem Konsum<br />

von Cannabis begonnen. Sie konsumieren<br />

Cannabis bis zu viermal pro Tag,<br />

meist um sich vorübergehend aus Angst<br />

und Lebensnot befreit zu fühlen. Wer<br />

vor schädlichen Folgen des Cannabis-<br />

Konsums warnt, bezieht sich auf die<br />

Gruppe dieser exzessiven Konsumenten.<br />

Cannabis-Genießer<br />

Wie es Alkohol-Genießer gibt, so gibt<br />

es Cannabis-Genießer. Die Forschungsergebnisse<br />

lassen es zu, auf e<strong>in</strong>em<br />

vergleichbaren Niveau des Genusses<br />

den Cannabis-Rausch zu beschreiben.<br />

Der Rausch ist nach vier Stunden verflogen.<br />

Cannabis wird <strong>in</strong> den allermeisten<br />

Fällen <strong>in</strong>haliert und zielt unmittelbar<br />

auf den Genuss des Rausches, der<br />

sofort oder nach wenigen M<strong>in</strong>uten e<strong>in</strong>tritt.<br />

Se<strong>in</strong>e Tiefe kann daher <strong>in</strong> der<br />

E<strong>in</strong>nahmephase kontrolliert werden.<br />

Nach e<strong>in</strong>er Stunde lässt die Wirkung<br />

nach, hält sich noch e<strong>in</strong>e weitere<br />

Stunde und verschw<strong>in</strong>det dann allmählich.<br />

Nach drei, höchstens vier<br />

Stunden ist sie verflogen. Das macht<br />

den Cannabis-Rausch besser kontrollierbar<br />

und kalkulierbar als den<br />

Alkohol-Rausch. Im Cannabis-Rausch<br />

bleibt das Bewusstse<strong>in</strong> des Rausches<br />

erhalten. Es ist jederzeit möglich, die<br />

vollständige Kontrolle über das eigene<br />

Verhalten herzustellen.<br />

Macht Cannabis abhängig?<br />

Im Rahmen des gelegentlichen oder<br />

regelmäßigen Freizeitkonsums entsteht<br />

durch Cannabis ke<strong>in</strong>e Sucht und ke<strong>in</strong>e<br />

Abhängigkeit und es ist mit gesundheitlichen<br />

Schäden nicht zu rechnen.<br />

Dieses Fazit der Wissenschaft steht<br />

fest. Wird Cannabis exzessiv konsumiert,<br />

entstehen außer Toleranz-Ersche<strong>in</strong>ungen<br />

ke<strong>in</strong>e Zeichen e<strong>in</strong>er<br />

Sucht. Entsteht e<strong>in</strong>e Abhängigkeit,<br />

kann sie leichter überwunden werden<br />

als beim Alkohol; denn die Entzugssymptome<br />

s<strong>in</strong>d flüchtig und kl<strong>in</strong>gen<br />

<strong>in</strong>nerhalb von Stunden, höchstens von<br />

Tagen ab. Es gibt ke<strong>in</strong>e körperlichen<br />

Befunde von Belang. Die psychischen<br />

Befunde, die bisher <strong>in</strong> der mediz<strong>in</strong>ischen<br />

und dann auch <strong>in</strong> der juristischen<br />

Cannabis-Diskussion die Hauptrolle<br />

gespielt haben, s<strong>in</strong>d widerlegt<br />

oder so sehr relativiert worden, dass sie<br />

als Gesundheitsgefahren, die der Gesetzgeber<br />

respektieren müsste, nicht <strong>in</strong><br />

Frage kommen.<br />

Cannabis - e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>stiegsdroge?<br />

Aus dem Befund, dass Hero<strong>in</strong>-Süchtige<br />

zuvor Cannabis konsumiert hatten, war<br />

geschlossen worden, dass Cannabis<br />

den Weg bahnt. In der Forschung gibt<br />

es für diesen Umkehrschluss ke<strong>in</strong>en<br />

Beleg.<br />

Cannabis und das<br />

amotivationale Syndrom<br />

Auch bei Störungsbildern, die durch<br />

Passivität und Leistungsverweigerung<br />

gekennzeichnet s<strong>in</strong>d, stellt sich die<br />

Frage nach Ursache und Wirkung. In<br />

SuchtReport 1/2002<br />

SuchtReport 1/2002


40 Kontroverse Diskussion<br />

Aktuelle Berichte<br />

41<br />

genügend kontrollierten Studien ersche<strong>in</strong>t<br />

Cannabis nicht als Risikofaktor<br />

für Demotivationsersche<strong>in</strong>ungen.<br />

Cannabis und die<br />

Verkehrssicherheit<br />

In der ersten Stunde nach Rauschbeg<strong>in</strong>n<br />

s<strong>in</strong>d deutliche Leistungsdefizite<br />

festzustellen. Es ist aber wenig wahrsche<strong>in</strong>lich,<br />

dass <strong>in</strong> dieser Zeit Auto<br />

gefahren wird. Die Erklärung liegt <strong>in</strong><br />

der Kalkulierbarkeit des Rausches. Der<br />

Beg<strong>in</strong>n ist bestimmbar. Will der Konsument<br />

den beabsichtigten Rausch<br />

auch auskosten, wird e<strong>in</strong>e Teilnahme<br />

am Straßenverkehr während dieser Zeit<br />

eher unwahrsche<strong>in</strong>lich. Dies wird<br />

durch Befragung zur Fahrbereitschaft<br />

bestätigt. Schon <strong>in</strong> der zweiten Stunde<br />

nach Rauschbeg<strong>in</strong>n bessern sich die<br />

Leistungsdefizite. In der vierten Stunde<br />

zeigen sich ke<strong>in</strong>e signifikanten Verschlechterungen<br />

mehr. Die Verkehrsmediz<strong>in</strong><br />

hat experimentell bestätigt,<br />

dass durch Cannabis bed<strong>in</strong>gte Leistungsdefizite,<br />

wie sie für das Autofahren<br />

relevant s<strong>in</strong>d, durch Kontrollfunktionen,<br />

durch Anstrengungen <strong>in</strong><br />

anderen Bereichen, so gut ausgeglichen<br />

werden, dass das Unfallrisiko<br />

durch Cannabis-E<strong>in</strong>fluss verr<strong>in</strong>gert<br />

wird, also nicht zu-, sondern abnimmt.<br />

In e<strong>in</strong>er Feldstudie von 1994 fuhren<br />

0,6 Prozent der Fahrer mit Alkohol ab<br />

0,8 Promille BAK. Ebenso viele fuhren<br />

mit Cannabis-Konzentrationen, die<br />

auch von wochenlang zurückliegendem<br />

Konsum stammen konnten. Die<br />

Alkoholiker waren an 11,2 Prozent<br />

aller Unfälle mit schwerem Sach- oder<br />

Personenschaden beteiligt. Die Cannabis-Fahrer<br />

lagen nach Unfallhäufigkeit<br />

und -schwere unter dem oder höchstens<br />

im Normbereich.<br />

Die Praxis des Verwaltungsrechts jedoch,<br />

die für die Fahrerlaubnis zuständig<br />

ist, hat Cannabis, als wäre<br />

Cannabis mit LSD vergleichbar, den<br />

Halluz<strong>in</strong>ogenen unterstellt und damit<br />

der Hypothese vom »Flash-Back« (Echo-<br />

Rausch) zu neuer Wirksamkeit verholfen.<br />

Zwar ist <strong>in</strong> der neuesten Auflage<br />

des Gutachters »Krankheit im Kraftverkehr«,<br />

dessen Leitl<strong>in</strong>ien die Praxis<br />

bestimmen, der spezielle H<strong>in</strong>weis auf<br />

die »Flash-Back-Gefahren« gestrichen<br />

worden. Aber die Behauptung ist<br />

erhalten geblieben, <strong>in</strong>dem von e<strong>in</strong>em<br />

»besonderen Wirkungsverlauf« die<br />

Rede ist, der »jederzeit unvorhersehbar<br />

und plötzlich« die Leistungsfähigkeit<br />

bee<strong>in</strong>trächtigen kann. Mit dieser<br />

Behauptung kann die Eignung zum<br />

Führen e<strong>in</strong>es Kraftfahrzeuges verne<strong>in</strong>t<br />

werden, wenn e<strong>in</strong>e regelmäßige<br />

E<strong>in</strong>nahme von Cannabis vorliegt.<br />

Da Fahren unter Cannabis ke<strong>in</strong> vermehrtes<br />

Unfallrisiko auslöst, macht es<br />

im H<strong>in</strong>blick auf die Verkehrssicherheit<br />

ke<strong>in</strong>en S<strong>in</strong>n, e<strong>in</strong>e Grenze zwischen<br />

gelegentlichem und regelmäßigem<br />

Konsum festzulegen.<br />

Die Cannabis-Verfolger<br />

Die Führung <strong>in</strong> der »Cannabis-Verfolgung«<br />

haben das Verwaltungsrecht<br />

und die Toxikologie übernommen. Die<br />

Verwaltung droht mit Führersche<strong>in</strong>-<br />

Entzug, die Toxikologie liefert die<br />

Nachweise.<br />

Wer auffällig geworden war und nun<br />

den Führersche<strong>in</strong> wieder begehrt, kann<br />

zu e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>jährigen Abst<strong>in</strong>enz<br />

gezwungen werden. Den Konsum-<br />

Gewohnheiten nach trifft es hauptsächlich<br />

Jugendliche und junge<br />

Erwachsene.<br />

Glaubwürdigkeit der Verfolger<br />

Da Cannabis-E<strong>in</strong>flüsse die Sicherheit<br />

des Straßenverkehrs nicht gefährden,<br />

gibt es eigentlich ke<strong>in</strong>en Strafgrund,<br />

noch nicht e<strong>in</strong>mal durch Fahren im<br />

akuten Rausch.<br />

Da aber die selektive Wahrnehmung,<br />

die für sicheres Autofahren unerlässlich<br />

ist, durch den Rausch geschwächt<br />

wird, lässt sich <strong>in</strong>soweit mediz<strong>in</strong>isch<br />

e<strong>in</strong> Strafgrund vertreten.<br />

Resümee<br />

Die mediz<strong>in</strong>ischen Argumente, die zur<br />

Aufrechterhaltung des Cannabis-<br />

Verbotes verwendet worden s<strong>in</strong>d,<br />

stammen aus Befunden schwerer<br />

Pathologie. Dabei ist zu beachten, dass<br />

Schäden, die Alkohol anrichtet,<br />

schwer, häufig und anhaltend s<strong>in</strong>d;<br />

Schäden, die Cannabis anrichtet, s<strong>in</strong>d<br />

leicht, selten und flüchtig. Aus mediz<strong>in</strong>ischer<br />

Sicht wird ke<strong>in</strong> Schaden angerichtet,<br />

wenn Cannabis vom Verbot<br />

»befreit« wird. Das Cannabis-Verbot<br />

kann durch mediz<strong>in</strong>ische Argumente<br />

nicht gestützt werden.<br />

Autor: Dr. med. Carl Nedelmann<br />

aus: Deutsches Ärzteblatt 97, Heft 43<br />

vom 27.10.00, Seite A-2833 [THEMEN<br />

DER ZEIT: Forum<br />

IFT-Nord - Wer nicht raucht, gew<strong>in</strong>nt:<br />

Für die 6. Jahrgangsstufe startete das<br />

ift-nord (Institut für Therapiefor–<br />

schung) <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit u.a. dem<br />

Bayerischen Gesundheitsm<strong>in</strong>isterium<br />

den Wettbewerb »Be Smart - Don’t<br />

Start«. Anmeldeschluss war der 2.11.01.<br />

Im Schuljahr 2000/2001 wurde der<br />

Wettbewerb <strong>in</strong> <strong>in</strong>sgesamt 15 europäischen<br />

Ländern durchgeführt. 375.000<br />

Schüler aus ganz <strong>Europa</strong> nahmen am<br />

Wettbewerb teil. Davon kamen die<br />

meisten Teilnehmer aus Deutschland:<br />

109.000 Schüler aus dem gesamten<br />

Bundesgebiet beteiligten sich am Wettbewerb.<br />

»Be Smart - Don’t Start« dürfte<br />

mit diesen Teilnehmerzahlen die<br />

größte Nichtraucherkampagne für<br />

Jugendliche <strong>in</strong> <strong>Europa</strong> und auch<br />

Deutschland se<strong>in</strong>.<br />

Im Schuljahr 2001/2002 wird der<br />

Wettbewerb <strong>in</strong> 16 europäischen Staaten<br />

durchgeführt. Es werden sich<br />

Schüler aus den Staaten Belgien,<br />

Dänemark, Deutschland, F<strong>in</strong>nland,<br />

Frankreich, Griechenland, Großbritannien,<br />

Irland, Island, Italien, Luxemburg,<br />

den Niederlanden, Österreich,<br />

Portugal, der Schweiz und Spanien beteiligen.<br />

Erstmals werden auch Schüler<br />

aus Südafrika und Israel e<strong>in</strong>geladen,<br />

am Wettbewerb teilzunehmen.<br />

Der Schülerwettbewerb<br />

»Be Smart - Don’t Start«<br />

H<strong>in</strong>tergrund und Ziele<br />

Die jüngste Bundesstudie zur <strong>Drogen</strong>aff<strong>in</strong>ität<br />

Jugendlicher <strong>in</strong> der Bundesrepublik<br />

Deutschland hat ergeben, dass<br />

38% der 12- bis 25-jährigen Jugendlichen<br />

und jungen Erwachsenen ständig<br />

oder gelegentlich raucht. In Westdeutschland<br />

s<strong>in</strong>d dies 36%, <strong>in</strong> Ostdeutschland<br />

40%. Gerade <strong>in</strong> Ostdeutsch–-<br />

land hat sich <strong>in</strong> den letzten Jahren die<br />

Anzahl jugendlicher Raucher deutlich<br />

vergrößert. Während im Erwachse–<br />

nenalter nach wie vor mehr Männer als<br />

Frauen rauchen, unterscheiden sich im<br />

Jugendalter die Geschlechter <strong>in</strong> Bezug<br />

auf das Rauchverhalten nicht: 38% der<br />

männlichen Jugendlichen und 37% der<br />

weiblichen Jugendlichen bezeichnen<br />

sich als Raucher.<br />

Je niedriger das E<strong>in</strong>stiegsalter <strong>in</strong> den<br />

Tabakkonsum ist, desto höher ist die<br />

Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit, dass auch im Erwachsenenalter<br />

geraucht wird. Jugendliche,<br />

die früh mit dem Rauchen<br />

beg<strong>in</strong>nen, konsumieren zudem später<br />

auch häufiger andere <strong>Drogen</strong> wie<br />

Alkohol oder Haschisch.<br />

»Be Smart - Don’t Start« wendet sich<br />

besonders an die Nichtraucher. Nicht<br />

rauchende Jugendliche sollen motiviert<br />

werden, erst gar nicht mit dem<br />

Rauchen zu beg<strong>in</strong>nen. Der E<strong>in</strong>stieg <strong>in</strong><br />

das Rauchen soll verzögert bzw. gänzlich<br />

verh<strong>in</strong>dert werden. Darüber h<strong>in</strong>aus<br />

verfolgt »Be Smart - Don’t Start« das<br />

Ziel, Schüler, die bereits mit dem<br />

Rauchen experimentieren, zu motivieren,<br />

das Rauchen e<strong>in</strong>zustellen.<br />

Regeln des Wettbewerbs<br />

Die Regeln des Wettbewerbs s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>fach:<br />

Die teilnehmenden Klassen entschließen<br />

sich, e<strong>in</strong> halbes Jahr lang<br />

e<strong>in</strong>e Nichtraucherklasse zu se<strong>in</strong>. Dazu<br />

unterschreiben sie e<strong>in</strong>en Klassen- und<br />

e<strong>in</strong>en Schülervertrag. Die Schüler<br />

geben e<strong>in</strong>mal wöchentlich an, ob sie<br />

geraucht haben oder nicht. Die<br />

Klassen, die das Ziel erreicht haben,<br />

nehmen an e<strong>in</strong>er Lotterie teil, bei der<br />

e<strong>in</strong>e Reihe attraktiver Geld- und<br />

Sachpreise verlost werden. Als <strong>in</strong>ternationaler<br />

Hauptpreis wird <strong>in</strong> diesem<br />

Schuljahr e<strong>in</strong>e Klassenreise nach<br />

Kopenhagen verlost.<br />

Effektivität des Programms<br />

»Be Smart - Don’t Start« ist wissenschaftlich<br />

untersucht worden. Verschiedene<br />

Studien haben gezeigt, dass<br />

• der Wettbewerb auf große Zustim–<br />

mung bei den Schülern und Lehrkräften<br />

stößt,<br />

• der Wettbewerb den E<strong>in</strong>stieg <strong>in</strong> das<br />

Rauchen verzögern kann,<br />

• auch e<strong>in</strong> halbes Jahr nach Ende des<br />

Wettbewerbs <strong>in</strong> Klassen, die sich am<br />

Wettbewerb beteiligt haben, im<br />

Durchschnitt 5% weniger Schüler<br />

rauchten, verglichen mit Klassen, die<br />

nicht am Wettbewerb teilgenommen<br />

haben.<br />

Die <strong>Drogen</strong>beauftragte der Bundesregierung,<br />

Marion Caspers-Merk, ruft zur<br />

Teilnahme am Wettbewerb auf. Sie<br />

betont, dass »Be Smart - Don’t Start« <strong>in</strong><br />

beispielhafter Weise die positive Botschaft<br />

e<strong>in</strong>es gesunden Lebensstils propagiert.<br />

Marion Caspers-Merk freut es<br />

<strong>in</strong>sbesondere, dass »Be Smart - Don’t<br />

Start« nicht mehr wie ältere Präventionsprogramme<br />

die »Pädagogik des<br />

erhobenen Zeigef<strong>in</strong>gers« verfolgt.<br />

Caspers-Merk: »Be Smart - Don’t Start<br />

macht deutlich: Nichtrauchen ist der<br />

bessere Lebensstil.«<br />

SuchtReport 1/2002<br />

SuchtReport 1/2002


42 Aktuelle Berichte<br />

Aktuelle Berichte<br />

43<br />

WEGSCHAUEN IST<br />

KEINE LÖSUNG<br />

e<strong>in</strong>e Initiative des Landkreises Karlsruhe zur Suchtvorbeugung und zum Jugendschutz<br />

Aktionsprogramm<br />

Mit e<strong>in</strong>em Aktionsprogramm macht<br />

der Landkreis Karlsruhe auf die Inhalte<br />

des Jugendschutzgesetzes aufmerksam,<br />

z.B.:<br />

• Plakatierung an Bus- und Stadtbahnhaltestellen<br />

durch Werbeträger<br />

• großflächige Aufschriften auf<br />

Straßenbahnwagen der L<strong>in</strong>ien S 4<br />

und S 2<br />

•Verteilung kle<strong>in</strong>er D<strong>in</strong>-A3-Plakate<br />

mit den zentralen Auszügen aus dem<br />

Jugendschutzgesetz<br />

•Elternsem<strong>in</strong>arangebote<br />

Volltrunkene kiffende<br />

Jugendgruppen s<strong>in</strong>d Realität<br />

Die Erwachsenenwelt reagiert auf volltrunkene,<br />

rauchende und kiffende<br />

K<strong>in</strong>der und Jugendliche oft zögerlich.<br />

Viele haben Angst, etwas falsch zu<br />

machen, sich <strong>in</strong>s Unrecht zu setzen -<br />

andere s<strong>in</strong>d nur gleichgültig. Weil die<br />

Jugendlichen erleben, dass die Erwachsenenwelt<br />

den Jugendschutzbestimmungen<br />

gegenüber gleichgültig zu<br />

se<strong>in</strong> sche<strong>in</strong>t, werden die Bemühungen<br />

der Suchtprävention kaum ernst genommen.<br />

Erwachsene<br />

schreiten nicht e<strong>in</strong><br />

»Bei Stichproben hatten Jugendliche<br />

unter 16 Jahren ungeh<strong>in</strong>dert <strong>in</strong> Restaurants<br />

und Bars alkoholische Getränke<br />

bestellen, Spielsalons besuchen, <strong>in</strong><br />

Schulen rauchen können … die verantwortlichen<br />

Gewerbetreibenden oder<br />

Lehrer seien entgegen den Gesetzen<br />

zum Jugendschutz <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>zigen<br />

Fall e<strong>in</strong>geschritten.« (ZDF/BNN 3/2001)<br />

»Jeder vierte Schüler raucht täglich.<br />

Damit liegen die deutschen Jugendlichen<br />

im europäischen Vergleich an<br />

der Spitze …« (Ärzte Zeitung, 2/2001)<br />

In der Pubertät werden<br />

Grundlagen gelegt<br />

In der Pubertät werden die Grundlagen<br />

für spätere Suchterkrankungen gelegt.<br />

Dabei kommt den Alltagsdrogen e<strong>in</strong>e<br />

Schlüsselfunktion zu. Früher E<strong>in</strong>stieg<br />

und regelmäßiger Konsum von Nikot<strong>in</strong><br />

und Alkohol schaffen die Basis für<br />

Suchtkarrieren. Nationale und <strong>in</strong>ternationale<br />

Erfahrungen zeigen, dass im<br />

Wohnumfeld der jungen Menschen<br />

angesetzt werden muss.<br />

Bundesweit werden die<br />

Jugendschutzbestimmungen nicht<br />

e<strong>in</strong>gehalten<br />

Erziehungsverantwortliche getrauen<br />

sich nicht, sich für die Belange dieser<br />

Schutzbestimmungen e<strong>in</strong>zusetzen, weil<br />

sie befürchten, sich antiquiert zu verhalten<br />

oder Angst vor unberechenbaren<br />

Reaktionen der Betroffenen haben.<br />

Wegschauen ist<br />

ke<strong>in</strong>e Lösung<br />

Vor diesem H<strong>in</strong>tergrund hat der Landkreis<br />

Karlsruhe die Initiative »Wegschauen<br />

ist ke<strong>in</strong>e Lösung« <strong>in</strong>s Leben<br />

gerufen. Sie soll über e<strong>in</strong>en Zeitraum<br />

von m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>em Jahr Elternhaus,<br />

Schule, Vere<strong>in</strong>e, d. h. alle diejenigen, die<br />

Erziehungsverantwortung tragen, dem<br />

Jugendschutzgedanken näher br<strong>in</strong>gen.<br />

Außerdem soll die Verfügbarkeit von<br />

Suchtmitteln im K<strong>in</strong>der- und Jugendalter<br />

reduziert werden, damit e<strong>in</strong>e ortsnahe<br />

Suchtprävention möglich wird.<br />

Mit Plakaten auf Straßenbahnen wird auf das Jugendschutzgesetz aufmerksam gemacht<br />

Prom<strong>in</strong>ente für den<br />

Jugendschutz<br />

Prom<strong>in</strong>ente aus dem Geme<strong>in</strong>deleben<br />

präsentieren sich mit Bild und eigener<br />

Stellungnahme zu Alkohol und<br />

<strong>Drogen</strong>.<br />

Landrat Kretz (l.) überreicht dem OB der Stadt<br />

Stutensee, Klaus Demal, das Konzept<br />

Zielgruppe s<strong>in</strong>d<br />

die Erwachsenen<br />

K<strong>in</strong>der und Jugendliche stehen den<br />

Grenzziehungen natürlich skeptisch<br />

gegenüber, deshalb müssen die<br />

Erwachsenen dazu gebracht werden,<br />

die Jugendschutzbestimmungen e<strong>in</strong>zuhalten.<br />

Der Kümmerer<br />

In drei Geme<strong>in</strong>den im Landkreis<br />

Karlsruhe wurden ehrenamtliche<br />

kommunale Jugendschutzbeauftragte<br />

e<strong>in</strong>gesetzt. Sie haben sich unter dem<br />

Namen „Kümmerer“ wirksam etablieren<br />

können.<br />

Der Kümmerer kann schon im Vorfeld<br />

von ordnungsrechtlichen Maßnahmen<br />

Konfliktfelder erkennen und Lösungen<br />

herbeiführen.<br />

Befragung<br />

Insgesamt wird die Initiative durch e<strong>in</strong>e<br />

Vorher-Nachher-Befragung begleitet.<br />

Nach der Auswertung von Fragen während<br />

Informationsabenden für Eltern<br />

wurde deutlich, dass 98% e<strong>in</strong>en altersgemäßen<br />

und kontrollierten Umgang<br />

mit Substanzen, die auf die Psyche e<strong>in</strong>wirken,<br />

für ihre K<strong>in</strong>der möchten. Sie<br />

wünschen sich sche<strong>in</strong>bar, unabhängig<br />

vom eigenen Substanzkonsum, deutliche<br />

Grenzziehungen und funktionierende<br />

Schutzmechanismen für ihre<br />

K<strong>in</strong>der <strong>in</strong> der Öffentlichkeit.<br />

Weiterverbreitung<br />

der Aktion<br />

Die Initiatoren von »Wegschauen ist<br />

ke<strong>in</strong>e Lösung« hoffen, dass die auf den<br />

Landkreis begrenzte Aktion landesweit<br />

zu e<strong>in</strong>er Diskussion über e<strong>in</strong>en verantwortungsbewussteren<br />

Umgang mit<br />

K<strong>in</strong>dern und Jugendlichen <strong>in</strong> der<br />

Öffentlichkeit beiträgt. Als Service<br />

kann der Landkreis, <strong>in</strong> Zusammenarbeit<br />

mit den Präventionsfachleuten,<br />

Interessierte an der Aktion mit e<strong>in</strong>em<br />

<strong>in</strong>zwischen erprobten Maßnahmenbündel<br />

beraten und unterstützen.<br />

Mathias Haug<br />

SuchtReport 1/2002<br />

SuchtReport 1/2002


44 Aktuelle Berichte<br />

Bestseller für den Unterricht<br />

- Soziales Lernprogramm<br />

»Erwachsen werden«<br />

Erster Lehrplan <strong>in</strong> der Geschichte der Bundesrepublik auf dem Markt -<br />

nicht vom Kultusm<strong>in</strong>isterium <strong>in</strong>itiiert<br />

Seit ihrer Gründung im Jahr 1994 hat<br />

sich die Fakultät für Gesundheitswissenschaften<br />

an der Universität<br />

Bielefeld <strong>in</strong>tensiv um die Gesundheitserziehung<br />

<strong>in</strong> Schulen und die Entwicklung<br />

moderner Lehrpläne bemüht.<br />

Unter maßgeblichem E<strong>in</strong>fluss der<br />

Arbeitsgruppe »Prävention und Gesundheitsförderung«<br />

von Professor Dr.<br />

Klaus Hurrelmann ist <strong>in</strong>zwischen e<strong>in</strong><br />

Bestseller für den Unterricht an allen<br />

weiterführenden Schulen der Jahrgänge<br />

5 bis 9 auf dem Markt: Das soziale<br />

Lernprogramm »Erwachsen werden«.<br />

Das Lernprogramm kommt aus den<br />

USA. Es wurde von der geme<strong>in</strong>nützigen<br />

Lehrplanorganisation »Quest« für<br />

Deutschland entwickelt und <strong>in</strong>zwischen<br />

von über 5000 Schulen aus ganz<br />

Deutschland angefordert. »Hier handelt<br />

es sich wohl um den ersten Lehrplan <strong>in</strong><br />

der Geschichte der Bundesrepublik<br />

Deutschland, der nicht von den<br />

Kultusm<strong>in</strong>isterien <strong>in</strong>itiiert wurde und<br />

trotzdem e<strong>in</strong>e flächendeckende Verbreitung<br />

an <strong>in</strong>sgesamt schon etwa<br />

5000 Schulen <strong>in</strong> Deutschland gefunden<br />

hat«, sagt Prof. Dr. Klaus Hurrelmann<br />

von der Fakultät für Gesundheitswissenschaften<br />

an der Universität<br />

Bielefeld. Ziel der Unterrichtsmaterialien<br />

ist es, Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler<br />

im Alter von 10 bis 15 Jahren auf die<br />

selbstständige Bewältigung der<br />

Aufgaben ihrer Lebensphase vorzubereiten.<br />

»Die Philosophie des Programms<br />

ist, Jugendliche mit den<br />

Problemen ihres Alters und ihres<br />

Alltags ernst zu nehmen, auf ihre<br />

Gefühle e<strong>in</strong>zugehen und ihnen gesellschaftliche<br />

Werte zu verdeutlichen.<br />

Dazu gehören Toleranz und Achtung<br />

anderen Menschen gegenüber, Verantwortung<br />

für sich und andere und<br />

Engagement <strong>in</strong> sozialen Angelegenheiten.<br />

Das Programm setzt also <strong>in</strong><br />

erster L<strong>in</strong>ie auf die Stärkung des<br />

jugendlichen Selbstvertrauens«, so<br />

Professor Hurrelmann.<br />

Die Lehrer berichten, sie bekämen<br />

e<strong>in</strong>en völlig neuen Zugang zu ihrer<br />

Klasse und könnten jetzt Themen<br />

ansprechen, die die Schüler<strong>in</strong>nen und<br />

Schüler wirklich <strong>in</strong>teressierten. Hierdurch<br />

werde die Lernlust geweckt. Die<br />

Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler stimmen<br />

dar<strong>in</strong> übere<strong>in</strong>, dass die Klassengeme<strong>in</strong>schaft<br />

und die Beziehung zu<br />

ihren Lehrern selbstsicherer und stabiler<br />

geworden s<strong>in</strong>d. Das Programm<br />

»Erwachsen werden« kann aber nur<br />

von Lehrer<strong>in</strong>nen und Lehrern e<strong>in</strong>gesetzt<br />

werden, die an e<strong>in</strong>em dreitägigen<br />

Vorbereitungssem<strong>in</strong>ar teilnehmen. Seit<br />

1994 s<strong>in</strong>d von der Lions-Quest-<br />

Dachorganisation <strong>in</strong> Wiesbaden 400<br />

solcher Sem<strong>in</strong>are durchgeführt worden.<br />

Lehrer<strong>in</strong>nen und Lehrer wurden<br />

von erfahrenen Fachtra<strong>in</strong>ern gecoacht.<br />

Aufbau und Koord<strong>in</strong>ation der<br />

Lehrersem<strong>in</strong>are werden im »Hilfswerk<br />

der Deutschen Lions« <strong>in</strong> Wiesbaden<br />

vom früheren Schulamtsdirektor<br />

Gerhard Knoblauch durchgeführt. Er<br />

bemüht sich auch darum, die Kosten<br />

für die Sem<strong>in</strong>are von den örtlichen<br />

Lions-Clubs e<strong>in</strong>zuwerben.<br />

Die Erfahrung der vergangenen Jahre<br />

hat gezeigt, dass gerade die Privat<strong>in</strong>itiative,<br />

die h<strong>in</strong>ter der Entwicklung<br />

des Programms steht, für die Orig<strong>in</strong>alität<br />

der Unterrichtsmaterialien<br />

spricht. Der Erfolg dieses Programms<br />

zeigt, dass bürgerschaftliche, private<br />

Initiativen im deutschen Schulsystem<br />

<strong>in</strong>zwischen auf e<strong>in</strong>e breite Resonanz<br />

stoßen. »Als wir 1994 mit der Arbeit an<br />

den Unterrichtsmaterialien begannen,<br />

schlugen uns massive Vorurteile entgegen.<br />

Nicht nur die amerikanische<br />

Herkunft, sondern auch die soziale<br />

Orientierung des Programms erschien<br />

vielen Lehrkräften und vielen Elternorganisationen<br />

suspekt. Ke<strong>in</strong>er konnte<br />

sich damals vorstellen, dass Lehrpläne<br />

von unabhängigen Organisationen<br />

erstellt werden, weil alle nur an die<br />

von oben angeordneten Curricula<br />

durch die Kultusm<strong>in</strong>isterien dachten«,<br />

er<strong>in</strong>nert sich Professor Hurrelmann.<br />

In e<strong>in</strong>er der letzten Ausgaben der<br />

Zeitschrift »Test« der Stiftung Warentest<br />

wurden die neuen Unterrichtsprodukte<br />

zusammen mit anderen <strong>in</strong><br />

Deutschland entwickelten Programmen<br />

zur Stärkung der Lebenskompetenz<br />

von Schüler<strong>in</strong>nen und Schülern positiv<br />

bewertet. »Die Stiftung Warentest hat<br />

damit zum Ausdruck gebracht, dass<br />

auch Unterrichtsmaterialien e<strong>in</strong>er ganz<br />

normalen öffentlichen Qualitätskontrolle<br />

unterliegen sollten. So gesehen<br />

bef<strong>in</strong>den wir uns nun auch <strong>in</strong><br />

Deutschland endlich auf dem Weg, die<br />

unterrichtliche Arbeit <strong>in</strong> den Schulen<br />

nicht mehr als e<strong>in</strong>en staatlichen Hoheitsakt<br />

zu verstehen, sondern als e<strong>in</strong><br />

geme<strong>in</strong>sames Engagement von Lehrern,<br />

Eltern und Schülern«, so Professor<br />

Hurrelmann.<br />

Marburger Suchthilfetage:<br />

Wann ist me<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d abhängig, wann<br />

suchtgefährdet? Ist maßvoller <strong>Drogen</strong>konsum<br />

vertretbar? Dies s<strong>in</strong>d nur e<strong>in</strong>ige<br />

der Fragen, die die Sucht-AG des<br />

Landkreises Marburg-Biedenkopf auf<br />

den Marburger Suchthilfetagen unter<br />

dem Motto »Jugend und Sucht -<br />

E<strong>in</strong>stieg und Ausstieg« vom 25. bis<br />

zum 27. Oktober beantwortet hat.<br />

Bereits am Mittwochvormittag (24.<br />

Oktober) herrschte im Foyer des<br />

Congress Centers Marburg (CCM) reges<br />

Treiben wie auf e<strong>in</strong>em orientalischen<br />

Basar. Vertreter der Sucht-AG, der <strong>Drogen</strong>-<br />

und Jugendberatungsstellen oder<br />

Selbsthilfegruppen <strong>in</strong>formierten mit<br />

Ständen und Workshops über ihre<br />

Arbeit. E<strong>in</strong> Suchtspiel sowie Alice, e<strong>in</strong><br />

Frankfurter Busprojekt, klärten k<strong>in</strong>dund<br />

jugendgerecht über Partydrogen<br />

auf. Ebenso regten zwei Theaterstücke<br />

zum Nachdenken und Lachen gleichermaßen<br />

an.<br />

Aktuelle Berichte<br />

Berauschend<br />

Es gab auch allerlei Wissenswertes speziell<br />

für Erwachsene. »Wie entsteht<br />

Sucht?« lautete e<strong>in</strong> Referat von Hans<br />

Dlabal, leitender Arzt der Abteilung für<br />

Abhängigkeitserkrankungen und Psychotherapie<br />

der Kl<strong>in</strong>ik für Psychotherapie<br />

Marburg-Süd. Diese Frage, so<br />

schickte der Fachmann voraus, lässt<br />

sich nicht def<strong>in</strong>itiv beantworten.<br />

Dlabal war aber bemüht, e<strong>in</strong>ige<br />

Mosaikste<strong>in</strong>chen zusammenzufügen,<br />

die e<strong>in</strong> ungefähres Bild abgeben, wie<br />

Sucht entstehen könnte. Die Thesen<br />

se<strong>in</strong>es überaus <strong>in</strong>teressanten Dia-<br />

Vortrages stützten sich auf zahlreiche<br />

neurobiologische Untersuchungen. Ist<br />

Sucht <strong>in</strong> der Menge oder aber <strong>in</strong> der<br />

Person, gar <strong>in</strong> ihren Erbanlagen<br />

begründet? E<strong>in</strong> Experiment gibt<br />

Aufschluss: Danach reagieren Personen,<br />

die aus suchtbelasteten Familien<br />

stammen, stärker auf Schmerzimpulse<br />

als solche aus unbelasteten. H<strong>in</strong>zu<br />

kommt, dass die Schmerzempf<strong>in</strong>dung<br />

unter Alkohole<strong>in</strong>fluss von nur 0,9<br />

Promille bei ihnen stark gedämpft ist,<br />

während sie bei den anderen gleich<br />

bleibt. Die Person, die bei gleicher<br />

Dosierung stärker reagiert, ist womöglich<br />

suchtanfällig.<br />

Die Erfahrung, dass Suchtmittel das<br />

Leben erträglicher oder bunter machen,<br />

speichert und wiederholt der empf<strong>in</strong>dlichere<br />

Typus. Das so genannte Belohnungs-<br />

oder Reward-System ist<br />

aktiviert. Jugendliche Raucher, deren<br />

Zahl deutlich zunimmt, putschen ihr<br />

Reward-System alle<strong>in</strong> 20-mal am Tag<br />

auf. Die Folgen s<strong>in</strong>d schwerwiegend.<br />

Bei dauerhafter Aktivierung können<br />

Abhängigkeiten - auch von anderen,<br />

schwereren Suchtmitteln - sowie hirnorganische<br />

Schädigungen auftreten.<br />

Außerdem nimmt der Konsum, ob von<br />

Nikot<strong>in</strong> oder illegalen <strong>Drogen</strong>, dem<br />

Jugendlichen die Chance zur persönlichen<br />

Reifung. Diese entsteht durch<br />

Mängel, die er aushält. Wenn aber der<br />

Konsum von <strong>Drogen</strong> diese als unangenehm<br />

empfundenen Mängel betäubt,<br />

ist die Reifung verzögert oder e<strong>in</strong>geschränkt.<br />

Den Abschluss des <strong>in</strong>formationsreichen<br />

Tages bildete e<strong>in</strong>e Diskussionsrunde<br />

aus Vertretern von Theorie,<br />

Praxis und Politik zu den Leitl<strong>in</strong>ien der<br />

Suchtprävention der Stadt Marburg.<br />

Anwesend waren Carsten McGovern,<br />

der neue Sozialdezernent des Kreises<br />

Marburg-Biedenkopf, dann Wolfgang<br />

Settertobolte vom Sonderforschungsbereich<br />

Prävention der Universität<br />

Bielefeld, Rolf Plauth von der Jugenddrogenberatung<br />

Marburg sowie Werner<br />

Meyer, Jugendhilfeplaner der Stadt<br />

Marburg. Geme<strong>in</strong>sam mit dem<br />

Auditorium diskutierten sie zwei<br />

Themenschwerpunkte: die Bestandsaufnahme<br />

und Prävention. An der<br />

Frage, wie unauffällige, aber möglicherweise<br />

gefährdete Jugendliche an<br />

Präventionsmaßnahmen gebracht werden<br />

können, entzündete sich e<strong>in</strong>e<br />

angeregte Diskussion. Die Schule, da<br />

waren sich alle e<strong>in</strong>ig, sei der geeignete<br />

Ort, wo e<strong>in</strong>e derartige Früherkennung<br />

erfolgen kann. Das Problem dabei sei,<br />

dass Schule erst die Bed<strong>in</strong>gungen für<br />

e<strong>in</strong>e Abhängigkeitsentwicklung schafffe.<br />

Man denke nur an den hohen<br />

Leistungsdruck.<br />

E<strong>in</strong> weiterer Streitpunkt war die<br />

F<strong>in</strong>anzierung von flächendeckenden<br />

Suchtpräventionsmaßnahmen im Landkreis<br />

Marburg-Biedenkopf. McGovern<br />

redete an den Realitäten vorbei, als er<br />

e<strong>in</strong>e stärkere Koord<strong>in</strong>ation der verantwortlichen<br />

E<strong>in</strong>richtungen sowie e<strong>in</strong>e<br />

Konzeption mit konkreter Bedarfsformulierung<br />

forderte. Plauth gab zu<br />

bedenken, dies alles gebe es mit der<br />

Sucht-AG bereits - nur die f<strong>in</strong>anziellen<br />

Mittel fehlten; bereits vorhandene würden<br />

sogar noch abgebaut. Am Ende<br />

standen mehr Fragen als Antworten.<br />

Am 25. Oktober gab es Veranstal–<br />

tungen <strong>in</strong> der <strong>Europa</strong>schule und der<br />

Sporthalle <strong>in</strong> Gladenbach. In der<br />

Stadthalle <strong>in</strong> Stadtallendorf wurden<br />

von 10 bis 22 Uhr Filme zum Thema<br />

»Abhängigkeiten« gezeigt. Den krönenden<br />

Abschluss bildete am Samstagabend<br />

(27. Oktober) e<strong>in</strong>e HipHop-Party<br />

<strong>in</strong> den Kulthallen <strong>in</strong> Marburg.<br />

Sab<strong>in</strong>e Ferber<br />

45<br />

SuchtReport 1/2002<br />

SuchtReport 1/2002


46 Meldungen und Berichte<br />

Meldungen und Berichte<br />

47<br />

Meldungen und<br />

Berichte<br />

Neufassung der Übersicht<br />

der »Stationären Therapiee<strong>in</strong>richtungen«<br />

für drogenkranke<br />

K<strong>in</strong>der und Jugendliche<br />

(12 bis 18 Jahre) ab<br />

2002<br />

Es gibt wenige spezielle E<strong>in</strong>richtungen<br />

für die Altersgruppe von 12 bis 18<br />

Jahren. Eltern, Lehrer, <strong>Drogen</strong>berater,<br />

Sozialarbeiter, Jugendrichter und Bewährungshelfer<br />

verzweifeln oft auf der<br />

Suche nach e<strong>in</strong>er passenden E<strong>in</strong>richtung<br />

für das drogenkranke K<strong>in</strong>d.<br />

Obwohl über 80.000 K<strong>in</strong>der von illegalen<br />

<strong>Drogen</strong> abhängig s<strong>in</strong>d, war es bisher<br />

schwierig zu erfahren, welche<br />

E<strong>in</strong>richtungen e<strong>in</strong> Angebot für diese<br />

Altersgruppe haben.<br />

1999 wurde erstmals e<strong>in</strong>e Übersicht<br />

mit Adressen und geeigneten zusätzlichen<br />

Angaben erstellt, aus der<br />

ersichtlich ist, <strong>in</strong> welchem Bundesland<br />

es welche E<strong>in</strong>richtungen gibt, die unter<br />

18-jährige K<strong>in</strong>der und Jugendliche<br />

aufnehmen. In dieser Übersicht bef<strong>in</strong>den<br />

sich über 80 Adressen. Dazu gibt<br />

es Adressen und Angaben über vorhandene<br />

Plätze.<br />

Diese Übersicht kann angefordert werden<br />

bei: Wilfried Schneider, Starweg<br />

44, D-22926 Ahrensburg. Bitte e<strong>in</strong>en<br />

mit DM 3,-(1,53 Euro) frankierten und<br />

an Sie beschrifteten Umschlag an die<br />

angegebene Adresse senden. Legen Sie<br />

DM 8,-4,09 Euro) <strong>in</strong> Briefmarken oder<br />

e<strong>in</strong>en Verrechnungsscheck als Schutzgebühr<br />

bei.<br />

Hilfe für drogengefährdete<br />

Jugendliche kommt meist<br />

zu spät<br />

E<strong>in</strong> Forschungsteam der Universität<br />

Bielefeld fordert bessere Koord<strong>in</strong>ation<br />

von Familien-, Jugend- und <strong>Drogen</strong>hilfe<br />

mit der ärztlichen Versorgung.<br />

E<strong>in</strong> Team unter der Leitung von Prof.<br />

Dr. Hurrelmann befragte 165 stark<br />

suchtgefährdete Jugendliche an verschiedenen<br />

Szene-Orten <strong>in</strong> Köln,<br />

Dortmund und Bielefeld.<br />

Die befragten Jugendlichen zwischen<br />

12 und 18 Jahren glauben, über genügend<br />

Kenntnisse für e<strong>in</strong>en kontrollierten<br />

Umgang mit <strong>Drogen</strong> zu verfügen.<br />

Niemand nahm e<strong>in</strong>e <strong>Drogen</strong>beratungsstelle<br />

<strong>in</strong> Anspruch. Etwa 65 Prozent<br />

der suchtgefährdeten Jugendlichen<br />

bevorzugten bei <strong>Drogen</strong>problemen<br />

Ratschläge und Hilfe e<strong>in</strong>es Freundes<br />

oder e<strong>in</strong>er Freund<strong>in</strong>. Professionelle<br />

Helfer<strong>in</strong>nen oder Helfer werden gemieden,<br />

aber immerh<strong>in</strong> 20 Prozent konsultierten<br />

e<strong>in</strong>en Arzt.<br />

Diese Verhaltensweise zeigt, dass jugendliche<br />

<strong>Drogen</strong>konsumenten e<strong>in</strong>e<br />

enge Vertrauensbasis benötigen, um<br />

über ihre <strong>Drogen</strong>probleme reden zu<br />

können. Es wäre nötig, Ärzt<strong>in</strong>nen und<br />

Ärzte stärker als bisher <strong>in</strong> die Beratung<br />

e<strong>in</strong>zubeziehen. Prof. Hurrelmann und<br />

se<strong>in</strong> Team fordern e<strong>in</strong>e Kooperation<br />

von Schule, Gesundheitsamt, Kassenärztlicher<br />

Vere<strong>in</strong>igung, Jugendhilfe<br />

und Polizei. Durch frühzeitiges E<strong>in</strong>greifen<br />

kann bei suchtgefährdeten<br />

Jugendlichen die Entwicklung zu<br />

manifester Abhängigkeit unterbrochen<br />

werden. Am besten wäre es, wenn <strong>in</strong><br />

Schulen und Jugendfreizeite<strong>in</strong>rich–<br />

tungen regelmäßig Ärzte und Jugendfachleute<br />

Beratungen abhalten würden.<br />

Kooperation <strong>in</strong> der Suchtkrankenhilfe<br />

- Ärzte müsssen<br />

stärker <strong>in</strong> die Verantwortung<br />

Braunschweig (DHS) - Bei der Fachkonferenz<br />

»Sucht und Mediz<strong>in</strong>«, die im<br />

November 2001 stattfand, wurden die<br />

Ärzte aufgefordert, ihre Verantwortung<br />

bei der Behandlung Abhängiger stärker<br />

wahrzunehmen, als sie es bisher getan<br />

haben. Seit den 70er Jahren hat sich <strong>in</strong><br />

Deutschland e<strong>in</strong>e Tradition der<br />

psychosozialen Behandlung der Sucht<br />

entwickelt. Sucht gilt <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie als<br />

jugendtypisches Kultur- und Konsumverhalten.<br />

Deshalb stehen Vertreter<br />

dieser Richtung der kl<strong>in</strong>isch-psychiatrischen<br />

Behandlung der Sucht kritisch<br />

oder sogar ablehnend gegenüber.<br />

In ihrer Eröffnungsrede bekräftigte die<br />

<strong>Drogen</strong>beauftrage der Bundesregierung<br />

Marion Caspers-Merk die Kooperation<br />

zwischen den verschiedenen Bereichen<br />

der Suchtkrankenhilfe. »Voraussetzung<br />

für e<strong>in</strong>e gute Zusammenarbeit ist<br />

gegenseitiges Verständnis und<br />

Tolerierung verschiedener Methoden<br />

und Arbeitsansätze«, betonte sie. »Mir<br />

sche<strong>in</strong>t aber vielerorts leider das<br />

Gegenteil der Fall zu se<strong>in</strong>. Dabei hat<br />

die vorhandene gegenseitige Skepsis<br />

sicher vielfältige Ursachen. Es geht um<br />

Konkurrenzen, E<strong>in</strong>fluss und Macht <strong>in</strong><br />

der Zusammenarbeit zwischen Mediz<strong>in</strong>ern,<br />

Psychologen und Sozialarbeitern.«<br />

450 Personen aus der Suchtkrankenhilfe<br />

nahmen an der Konferenz<br />

teil. Nur 12% der Tagungsteilnehmer<br />

waren Ärzte.<br />

Dreigestuftes Ausbildungsprogramm<br />

ab 2002 - e<strong>in</strong>malig<br />

im deutschsprachigen<br />

Raum<br />

Die Fakultät für Gesundheitswissenschaften<br />

der Universität Bielefeld hat<br />

e<strong>in</strong>en neuen Studiengang für Abiturienten<br />

e<strong>in</strong>geführt, der nach drei Jahren<br />

mit e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>ternational anerkannten<br />

Bachelor-Abschluss endet. Die Ausbildung<br />

vermittelt e<strong>in</strong>e Qualifikation <strong>in</strong><br />

fünf Bereichen, die e<strong>in</strong>en Bezug zu<br />

modernen Strategien der Kommunikation,<br />

des Managements und der<br />

Datenverarbeitung haben. »Das Ausbildungsprogramm<br />

der Fakultät ist damit<br />

komplett«, so die neu gewählte Dekan<strong>in</strong><br />

Professor Dr. Maria Blettner und<br />

der für die Studiengangentwicklung<br />

zuständige Vorsitzende der Lehr- und<br />

Prüfungskommission Professor Dr.<br />

Klaus Hurrelmann. »Wir s<strong>in</strong>d damit die<br />

erste Ausbildungse<strong>in</strong>richtung im deutsch–<br />

en Sprachraum, die e<strong>in</strong> dreigestuftes<br />

Programm für die Gesundheitswissenschaften<br />

anbietet. Auch <strong>in</strong>nerhalb der<br />

Universität Bielefeld gehören wir zu den<br />

ersten Fakultäten, die dieses europaund<br />

weltweit geltende Ausbildungskonzept<br />

umsetzen.«<br />

Der bisherige Aufbau-Studiengang<br />

wurde <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Studiengang mit dem <strong>in</strong>ternational<br />

üblichen Abschluss Master<br />

of Public Health umgewandelt. E<strong>in</strong>e<br />

Möglichkeit zur Promotion und zum Erwerb<br />

des Titels »Doctor of Public Health«<br />

existiert seit fünf Jahren, ebenfalls e<strong>in</strong><br />

Fernstudiengang für berufstätige Fachleute<br />

<strong>in</strong> den Gesundheitsberufen.<br />

Wettbewerb: Vorbildliche<br />

Strategien der kommunalen<br />

Suchtprävention<br />

Berl<strong>in</strong> (BzgA) - Am 8. Oktober wurde<br />

der »kommunale Wettbewerb zur<br />

Suchtprävention« gestartet. Bis Ende<br />

des Jahres 2001 hatten sich 120 Städte,<br />

Kreise und Geme<strong>in</strong>den beworben,<br />

angemeldet oder sie hatten angefragt.<br />

Von den e<strong>in</strong>gegangenen Projekten<br />

(Anmeldeschluss war der 14. Januar<br />

2002) werden sechs Wettbewerbsbeiträge<br />

ausgezeichnet. Die Bundeszentrale<br />

für gesundheitliche Aufklärung<br />

stellt das Preisgeld <strong>in</strong> Höhe von 51.130<br />

Euro zur Verfügung. Die Preisgelder<br />

müssen der suchtpräventiven K<strong>in</strong>derund<br />

Jugendarbeit vor Ort zugute<br />

kommen. Die Preisträger werden ihre<br />

kommunalen Strategien im Rahmen<br />

e<strong>in</strong>er Abschlussveranstaltung im<br />

Umfeld des Weltdrogentages Ende<br />

2002 vorstellen.<br />

HIV-Prävention im Bereich<br />

männlicher Prostitution<br />

schwierig<br />

Essen - In der Region Rhe<strong>in</strong>/Ruhr verdienen<br />

etwa 1400 Jungen und Männer<br />

als Stricher ihr Geld.<br />

E<strong>in</strong>e wirkungsvolle HIV-Prävention, gekoppelt<br />

an e<strong>in</strong>e umfassende Gesundheitsvorsorge,<br />

scheitert oft an Kontaktmöglichkeiten.<br />

E<strong>in</strong>e neue Studie befasst<br />

sich mit dem Problem der Kontaktmöglichkeiten<br />

und der Hilfsangebote.<br />

»Stricher« - e<strong>in</strong> lange tabuisiertes<br />

Thema wurde aufgegriffen.<br />

Neues Merkblatt für<br />

Arztpraxen<br />

Hamm (DHS) -Um es dem Arzt zu<br />

ermöglichen, frühzeitig auf Patienten<br />

mit e<strong>in</strong>em übermäßigen bzw. abhängigen<br />

Alkoholkonsum zu reagieren, ist<br />

e<strong>in</strong> »Kurzleitfaden für Arztpraxen« entwickelt<br />

worden. Es wird davon ausgegangen,<br />

dass 70 bis 80% aller<br />

Menschen mit Alkoholproblemen m<strong>in</strong>destens<br />

e<strong>in</strong>mal im Jahr ihren niedergelassenen<br />

Arzt besuchen. Dieser Kontakt<br />

soll vom Arzt genutzt werden, um<br />

schädlichen und abhängigen Konsum -<br />

vielfach Ursache der Behandlungen<br />

von Symptomen - anzusprechen und<br />

Interventionen e<strong>in</strong>zuleiten. Im Gespräch<br />

soll die Änderungsbereitschaft<br />

des Patienten ermittelt werden.<br />

Wichtig ist zukünftig, dass die Kompetenz,<br />

die Ärzten <strong>in</strong> der gesundheitlichen<br />

Vorsorge zugesprochen wird,<br />

auch bei schädlichem oder abhängigem<br />

Konsum von Suchtmitteln, dazu<br />

genutzt wird, Veränderungsbereitschaft<br />

zu wecken. Im Merkblatt der<br />

DHS werden konkrete H<strong>in</strong>weise zur<br />

entsprechenden Gesprächsführung gegeben.<br />

Der Arzt soll durch e<strong>in</strong>en stabilen<br />

Kontakt Änderungsprozesse der<br />

Patienten vorantreiben und begleiten.<br />

Das Merkblatt der DHS hilft Ärzten bei der<br />

Gesprächsführung mit den Patienten<br />

SuchtReport 1/2002<br />

SuchtReport 1/2002


48 Meldungen und Berichte<br />

Meldungen und Berichte<br />

49<br />

Medienpreis der<br />

KOALITION GEGEN DAS<br />

RAUCHEN<br />

Braunschweig/Hamm - Die KOALITION<br />

GEGEN DAS RAUCHEN honoriert mit<br />

der Vergabe des Medienpreises 2001<br />

das Engagement der Stern-Redakteure<br />

Jürgen Ste<strong>in</strong>hoff und Thomas Osterkorn,<br />

die sich trotz der zu erwartenden<br />

wirtschaftlichen Nachteile für den<br />

»Stern«, bezogen auf die Anzeigenschaltung<br />

durch die Tabak<strong>in</strong>dustrie, <strong>in</strong><br />

ungewöhnlicher Weise mit der Tabakabhängigkeit<br />

ause<strong>in</strong>ander gesetzt<br />

haben.<br />

»Die legalen Dealer und die Droge<br />

Nikot<strong>in</strong>« - so betitelte Thomas Osterkorn<br />

e<strong>in</strong> Editorial zum Thema Tabakabhängigkeit.<br />

Anders als die Konsumenten<br />

illegaler <strong>Drogen</strong> aber, so Osterkorn,<br />

haben die Nikot<strong>in</strong>-Süchtigen e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>flussreiche<br />

Lobby: die Zigaretten<strong>in</strong>dustrie.<br />

Osterkorn bezeichnete diese als<br />

Dealer und wies darauf h<strong>in</strong>, dass der<br />

Staat an dem »Deal« auch noch verdient<br />

- 23 Millionen Mark Tabaksteuern.<br />

Jürgen Ste<strong>in</strong>hoff veröffentlichte se<strong>in</strong><br />

persönliches Ausstiegstagebuch aus<br />

der Nikot<strong>in</strong>abhängigkeit im Internet.<br />

E<strong>in</strong> Jahr später, im April 2001, zog er<br />

Bilanz: »Nichtraucher endlich!« heißt<br />

se<strong>in</strong> Artikel, <strong>in</strong> dem er se<strong>in</strong>e Selbstbeobachtungen<br />

als »neuer Nichtraucher«<br />

festhält.<br />

Christ<strong>in</strong>a Rau - Ehrenmitglied<br />

des FABA e.V.<br />

Wolfratshausen (FABA e.V.) - Seit Oktober<br />

2001 ist Christ<strong>in</strong>a Rau, Ehefrau des<br />

Bundespräsidenten, Ehrenmitglied des<br />

Fördervere<strong>in</strong>s zur Aufklärung und Beratung<br />

von Alkoholkranken und Mitbetroffenen.<br />

Der Fördervere<strong>in</strong> hat <strong>in</strong> den<br />

letzten 6 Jahren etwa 2500 Alkoholkranke<br />

und Angehörige »rund um die<br />

Uhr« beraten, aufgeklärt und betreut.<br />

Case Manager -<br />

Modellprogramm beendet<br />

Berl<strong>in</strong> (BMG) - Das Bundesm<strong>in</strong>isterium<br />

für Gesundheit legt den Bericht über<br />

das beendete Modellprogramm »Case<br />

Management <strong>in</strong> der Suchtkranken-und<br />

<strong>Drogen</strong>hilfe« vor. Das Modellprogramm<br />

soll die Effektivität der Versorgung<br />

von Süchtigen erhöhen. Hierzu<br />

wurden Stellen für Case-Manager<br />

geschaffen, die besonders chronisch<br />

mehrfach bee<strong>in</strong>trächtigten Abhängigen<br />

Hilfestellung geben. Sie arbeiten <strong>in</strong><br />

Sucht- und <strong>Drogen</strong>beratungsstellen<br />

Christ<strong>in</strong>a Rau ist nun Ehrenmitglied von<br />

FABA e.V. © Foto: dpa/Hirschberger<br />

und <strong>in</strong> niedrigschwelligen Angeboten<br />

freigeme<strong>in</strong>nütziger Träger. In der<br />

Modelllaufzeit wurde zu mehr als 3000<br />

Süchtigen Kontakt hergestellt, von<br />

denen mehr als die Hälfte im Rahmen<br />

von Case Management <strong>in</strong>tensiv betreut<br />

wurden, darunter Menschen, die noch<br />

nie suchtspezifische Hilfe genutzt<br />

haben. Nach Modellende wurde das<br />

Verfahren des Case Managements <strong>in</strong><br />

Berl<strong>in</strong>, Bremen, Kassel, Bochum,<br />

Lörrach und Heilbronn übernommen.<br />

Erschreckende Entwicklung<br />

- K<strong>in</strong>der mit ADHS werden<br />

mit Rital<strong>in</strong> zugeschüttet.<br />

auf das 13,6-fache gestiegen. Innerhalb<br />

der letzten 2 Jahre hat sich der<br />

Verbrauch verdoppelt. 1999 waren es<br />

260 kg und im Jahr 2000 463 kg und<br />

im Jahr 2001 wird sich der Verbrauch<br />

gegenüber dem Vorjahr noch e<strong>in</strong>mal<br />

verdoppeln.«<br />

Mögliche Ursachen s<strong>in</strong>d: E<strong>in</strong> großer<br />

Teil der Methylphenidat-Verordnungen<br />

wird nicht von K<strong>in</strong>derärzten oder<br />

K<strong>in</strong>derpsychiatern vorgenommen, sondern<br />

vor allem von Hausärzten, aber<br />

auch von Laborärzten, HNO-Ärzten,<br />

Frauenärzten, Radiologen und sogar<br />

von Zahnärzten.<br />

Laut e<strong>in</strong>er Fernsehsendung, die vor e<strong>in</strong>iger<br />

Zeit <strong>in</strong> der ARD gelaufen ist, hat<br />

e<strong>in</strong>e Ärzt<strong>in</strong> erklärt, dass sie für die<br />

Diagnose von ADHS lediglich ca. 3<br />

M<strong>in</strong>uten benötige. Schulleiter berichten<br />

davon, dass das Mittel auf Schulhöfen<br />

verkauft wird und e<strong>in</strong>e gewisse<br />

Hilflosigkeit da sei, was die pädagogische<br />

E<strong>in</strong>schätzung der Risiken angeht.<br />

Welt-Aids-Tag -<br />

Präventionsmaßnahmen im<br />

Strafvollzug akzeptieren<br />

Berl<strong>in</strong> (BMG) - Zum Welt-Aids-Tag am<br />

1. Dezember 2001 sprach sich die<br />

<strong>Drogen</strong>beauftragte der Bundesregie–<br />

rung Marion Caspers Merk dafür aus,<br />

Maßnahmen zur Prävention von HIV<br />

und Hepatitis<strong>in</strong>fektionen, die sich<br />

außerhalb des Strafvollzugs längst als<br />

effektiv erwiesen haben, auch endlich<br />

im Strafvollzug zu akzeptieren. Es<br />

wäre das Recht der Inhaftierten, den<br />

gleichen Gesundheitsschutz zu erhalten<br />

wie außerhalb der Haftanstalten. Es<br />

mache ke<strong>in</strong>en S<strong>in</strong>n, nach wie vor die<br />

Augen davor zu verschließen, dass<br />

<strong>Drogen</strong> auch <strong>in</strong> Gefängnissen konsumiert<br />

werden.<br />

Morphiumsucht: Arzt<br />

wegen Betruges verurteilt<br />

Berl<strong>in</strong> (dpa) - E<strong>in</strong> nach e<strong>in</strong>em schweren<br />

Unfall morphiumsüchtig gewordener<br />

Arzt ist vor dem Berl<strong>in</strong>er Landgericht<br />

wegen Betruges und Steuerh<strong>in</strong>terzie–<br />

hung zu zwei Jahren Haft auf Bewährung<br />

sowie 18.000 Mark Geldstrafe (360<br />

Tagessätze zu je 50 Mark) verurteilt<br />

worden. Der geständige Mediz<strong>in</strong>er hatte<br />

1995 bis zu 98 Morphium-Rezepte über<br />

Namen von Patienten abgerechnet, die<br />

<strong>Drogen</strong> aber für sich selbst gebraucht.<br />

1988 hatte der Arzt bei e<strong>in</strong>em Unfall<br />

komplizierte Be<strong>in</strong>brüche erlitten, die <strong>in</strong><br />

der Folge zu starken Schmerzen führten.<br />

Auf den Rat e<strong>in</strong>es Freundes h<strong>in</strong><br />

begann er, sich Morphium zu spritzen.<br />

Se<strong>in</strong> täglicher Bedarf steigerte sich bis<br />

zu 30 Ampullen täglich. Im März 1999<br />

wurde se<strong>in</strong>e Praxis geschlossen. Se<strong>in</strong>e<br />

Kassenzulassung hat der Arzt zurück–<br />

gegeben. Inzwischen hat der durch<br />

die Straftaten mit rund e<strong>in</strong>er Million<br />

Mark verschuldete Mann eigenen<br />

Angaben zufolge die Sucht bekämpft.<br />

Er habe e<strong>in</strong>e Therapie gemacht und<br />

nehme ke<strong>in</strong>erlei Medikamente mehr,<br />

sagte er vor Gericht. Se<strong>in</strong>e Frau f<strong>in</strong>anziere<br />

die Familie, er kümmere sich um<br />

den Haushalt und se<strong>in</strong>e beiden schulpflichtigen<br />

Söhne. In e<strong>in</strong>em ersten<br />

Prozess war der Angeklagte bereits zu<br />

der Bewährungsstrafe verurteilt worden.<br />

Der Bundesgerichtshof hatte das<br />

Urteil aufgehoben, weil die Richter <strong>in</strong><br />

ihrem Schuldspruch im Jahr 1999 auch<br />

für das Steuerdelikt e<strong>in</strong>e verm<strong>in</strong>derte<br />

Schuldfähigkeit auf Grund der Sucht<br />

angenommen hatten. Die zusätzliche<br />

Geldstrafe sei der Ausgleich für e<strong>in</strong><br />

weiteres Jahr Haft, sagte der Ankläger.<br />

Jeder Vierte e<strong>in</strong>mal im<br />

Leben psychisch krank<br />

München (dpa) - Nach E<strong>in</strong>schätzung<br />

der bayerischen Sozialm<strong>in</strong>ister<strong>in</strong><br />

Christa Stewens (CSU) leidet jeder vierte<br />

Mensch m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>mal im Leben<br />

an e<strong>in</strong>er psychischen Erkrankung. Die<br />

Diskrim<strong>in</strong>ierung von psychisch Kranken<br />

müsse endlich der Vergangenheit<br />

angehören, forderte die M<strong>in</strong>ister<strong>in</strong> <strong>in</strong><br />

München anlässlich des Internationalen<br />

Tages der seelischen Gesundheit.<br />

Nach Angaben des Sozialm<strong>in</strong>isteriums<br />

können sich psychisch Kranke im<br />

Freistaat <strong>in</strong> 46 dezentralen E<strong>in</strong>rich–<br />

tungen behandeln lassen. Seit 1991<br />

stünden auch 28 Tageskl<strong>in</strong>iken mit 655<br />

Plätzen zur Verfügung.<br />

Dr. Mart<strong>in</strong>a Pötschke-Langer (Dt. Krebsforschungszentrum) gratuliert Stern-Redakteur Jürgen<br />

Ste<strong>in</strong>hoff (Mitte) zum Gew<strong>in</strong>n des Medienpreises © Foto: stern/Anders<br />

Berl<strong>in</strong> (BMG) - Auf E<strong>in</strong>ladung der<br />

<strong>Drogen</strong>beauftragten der Bundesregierung<br />

fand <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> im Oktober 2001 e<strong>in</strong><br />

Expertengespräch zum E<strong>in</strong>satz von<br />

Methylphenidat (Rital<strong>in</strong>) bei K<strong>in</strong>dern<br />

mit dem »Aufmerksamkeitsdefizit und<br />

Hyperaktivitätssyndrom« (ADHS) statt.<br />

Im Anschluss an das Expertentreffen<br />

erklärte Marion Caspers-Merk:<br />

»Als <strong>Drogen</strong>beauftragte kann ich die<br />

Augen vor der problematischen Entwicklung<br />

nicht verschließen. Der Verbrauch<br />

von Methylphenidat ist von<br />

1993 bis 2000 laut Bundesopiumstelle<br />

Bundesdrogenbeauftragte Marion Caspers-Merk (2. v. r.) mit Ihren europäischen Amtskollegen<br />

beim Welt-Aids-Tag<br />

Rauchen und Stress am<br />

gefährlichsten für<br />

Gesundheit<br />

Hamburg (dpa) - Das Rauchen und der<br />

Stress im Job gilt unter den Deutschen<br />

als größter Gesundheitskiller. Vor allem<br />

Männer schätzen diese Faktoren als<br />

höchstes Risiko für ihre Gesundheit<br />

e<strong>in</strong>, heißt es <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er repräsentativen<br />

Umfrage der <strong>in</strong> Hamburg ersche<strong>in</strong>enden<br />

Zeitschrift »Fit for Fun«. Frauen<br />

SuchtReport 1/2002<br />

SuchtReport 1/2002


50 Meldungen und Berichte<br />

Meldungen und Berichte<br />

51<br />

dagegen glauben, dass ungesunde<br />

Ernährung (19 Prozent) und Umweltprobleme<br />

(18 Prozent) ihnen besonders<br />

schaden. Kaum e<strong>in</strong> Thema sowohl für<br />

Frauen als auch für Männer ist laut<br />

Umfrage dagegen der Alkohol. Ihn<br />

schätzen nur 6 beziehungsweise 8 Prozent<br />

der Befragten als Gefahr Nummer<br />

e<strong>in</strong>s e<strong>in</strong>. Ebenfalls kaum ausschlaggebend<br />

seien Stress <strong>in</strong> der Partnerschaft<br />

sowie Geldmangel. Ganz abgeschlagen<br />

auf der Risikoliste stehen mit jeweils<br />

drei Prozent der Mangel an Freizeit<br />

und der hohe Erfolgsdruck. Im Rahmen<br />

der Forsa-Umfrage im Auftrag der<br />

Zeitschrift wurden 1003 Frauen und<br />

Männer befragt.<br />

Schwierige Sucht-<br />

Therapie: Frauen verdrängen<br />

oft die Probleme<br />

Schwe<strong>in</strong>furt (dpa) - Rund 1,4 Millionen<br />

Frauen <strong>in</strong> Deutschland s<strong>in</strong>d nach<br />

E<strong>in</strong>schätzung der Deutschen Hauptstelle<br />

gegen die Suchtgefahren e.V.<br />

alkohol- und medikamentenabhängig.<br />

Die meisten der betroffenen Frauen<br />

seien sich ihrer Suchtprobleme aber<br />

nicht bewusst oder verdrängten sie,<br />

berichtete die Suchtexpert<strong>in</strong> Claudia<br />

Sußmann bei e<strong>in</strong>er Tagung zum Thema<br />

»Frauen und Sucht« <strong>in</strong> Schwe<strong>in</strong>furt<br />

(Bayern). Die Betroffenen nähmen<br />

daher kaum professionelle Hilfe <strong>in</strong><br />

Anspruch, sagte Sußmann, die beim<br />

Frauentherapiezentrum München beschäftigt<br />

ist. So bemühten sich viele<br />

der Betroffenen, trotz ihrer Abhängigkeit<br />

e<strong>in</strong> normales Leben zu führen und<br />

um ke<strong>in</strong>en Preis aufzufallen. Entsprechend<br />

litten sie auch häufig unter<br />

verdeckten Abhängigkeiten wie<br />

Tablettensucht und Essstörungen. Häufig<br />

liege die Ursache der Suchtleiden<br />

bei Frauen <strong>in</strong> ihrer Lebenssituation<br />

begründet, erklärte Sußmann. E<strong>in</strong><br />

besonders großes Risiko hätten beispielsweise<br />

nichtberufstätige Mütter,<br />

die zunehmend vere<strong>in</strong>samten und<br />

unter Depressionen litten. Aber auch<br />

Probleme <strong>in</strong> der Partnerschaft seien<br />

häufig der Auslöser für e<strong>in</strong>e Tablettenoder<br />

Alkoholabhängigkeit.<br />

Fonds für DDR-Dop<strong>in</strong>g-<br />

Opfer e<strong>in</strong>gerichtet<br />

ARD-Sportschau - Der Haushaltsausschuss<br />

des Deutschen Bundestages hat<br />

e<strong>in</strong>s der heißesten Eisen der deutschen<br />

Sportpolitik angepackt. Die Dop<strong>in</strong>g-<br />

Opfer des DDR-Sports können nach<br />

jahrelangem Kampf um Wiedergutmachung<br />

endlich mit f<strong>in</strong>anzieller<br />

Entschädigung rechnen. Die Haushaltspolitiker<br />

haben der Errichtung<br />

e<strong>in</strong>es Fonds für Dop<strong>in</strong>gopfer zugestimmt<br />

und knapp vier Millionen Mark<br />

<strong>in</strong> den Jahresetat 2002 e<strong>in</strong>gestellt.<br />

»Der Bund leistet damit als Erster e<strong>in</strong>en<br />

entscheidenden f<strong>in</strong>anziellen Beitrag zur<br />

Lösung des von früheren Bundesregierungen<br />

nicht angepackten Problems«,<br />

erklärte die sportpolitische<br />

Sprecher<strong>in</strong> der SPD-Fraktion, Dagmar<br />

Freitag. Nach Auffassung des Sprechers<br />

der CDU/CSU-Fraktion Klaus Riegert<br />

s<strong>in</strong>d nun der Deutsche Sportbund (DSB)<br />

und das Nationale Olympische Komitee<br />

für Deutschland (NOK) gefordert, ihre<br />

Form der Beteiligung zu prüfen. Auch<br />

e<strong>in</strong> Beitrag der Pharma<strong>in</strong>dustrie sei<br />

wünschenswert, erklärte der CDU-<br />

Politiker.<br />

Berauschende Mediz<strong>in</strong>:<br />

Cannabis-Inhaltsstoff im<br />

Test<br />

Berl<strong>in</strong> (dpa) - Ärzte sehen immer mehr<br />

Anwendungsmöglichkeiten für den<br />

Cannabis-Inhaltsstoff Dronab<strong>in</strong>ol.<br />

An der Berl<strong>in</strong>er Charité läuft e<strong>in</strong>e Studie<br />

zur Verbesserung des Appetits Krebskranker<br />

mit Hilfe von Cannabis-Kapseln.<br />

E<strong>in</strong>e weitere hat im November begonnnen<br />

und soll feststellen, ob niedrig<br />

dosierte Cannabis-Extrakte gegen starke<br />

Schmerzen nach e<strong>in</strong>er Gürtelrose<br />

helfen können. Dronab<strong>in</strong>ol ist unter<br />

dem Namen Mar<strong>in</strong>ol <strong>in</strong> den USA zugelassen.<br />

Es handelt sich dabei um <strong>in</strong><br />

Sesamöl gelöstes und <strong>in</strong> Kapseln verpacktes<br />

Delta-9-Tetrahydrocannab<strong>in</strong>ol<br />

E<strong>in</strong> Mitarbeiter von THC Pharm mit gegorenem<br />

Cannabissirup © Foto: dpa/May<br />

(d-9-THC), den Hauptwirkstoff des<br />

<strong>in</strong>dischen Hanfes. Bei der heute 47-<br />

jährigen Ute Köhler wurde 1985 Unterleibkrebs<br />

festgestellt und operiert. Sie<br />

hatte 14 Jahre lang Schmerzen.<br />

Auf dem <strong>in</strong>ternationalen Kongress<br />

»Cannabis und Cannab<strong>in</strong>oide als<br />

Mediz<strong>in</strong>« <strong>in</strong> der Charité berichtete sie:<br />

»Opiate konnte ich wegen allergischer<br />

Reaktionen nicht nehmen. Als ich <strong>in</strong> der<br />

Charité Cannabis-Kapseln bekam, stellte<br />

sich der Erfolg sofort e<strong>in</strong>.« Nebenwirkungen<br />

wie leichter Schw<strong>in</strong>del,<br />

leichte Müdigkeit und auch leicht gehobene<br />

Stimmung »verschläft sie e<strong>in</strong>fach«,<br />

da sie die Kapseln am Abend e<strong>in</strong>nimmt.<br />

Gernot Ernst, Leiter der Charité-Arbeitsgruppe<br />

Schmerzforschung, hob den<br />

günstigen Effekt bei Dosen hervor, die<br />

unterhalb der Cannabis-Rauschschwelle<br />

liegen. Die kl<strong>in</strong>ische Erprobung von<br />

Dronab<strong>in</strong>ol bei Gürtelrose sei se<strong>in</strong>es<br />

Wissens die erste derartige Studie weltweit.<br />

Krebspatienten im fortgeschrittenen<br />

Stadium bevorzugen zur Bekämpfung<br />

von Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust<br />

und Brechreiz eher den Extrakt<br />

aus der ganzen Pflanze, sagte Mart<strong>in</strong><br />

Schnelle, Vorstandsmitglied der International<br />

Association for Cannabis as<br />

Medic<strong>in</strong>e ICAM (Köln). E<strong>in</strong>e Vergleichs-<br />

studie zwischen Dronab<strong>in</strong>ol und Extrakt<br />

bei dieser Patientengruppe laufe derzeit<br />

an mehreren Kl<strong>in</strong>iken.<br />

Krankenkassen verweigern die Kostenübernahme<br />

mit dem H<strong>in</strong>weis, bei<br />

Dronab<strong>in</strong>ol handele es sich um ke<strong>in</strong>e<br />

arzneimittelrechtlich zugelassene Substanz,<br />

sagte Schnelle. Der Wirkstoff sei<br />

allerd<strong>in</strong>gs »verschreibungsfähig«, werde<br />

derzeit aber nur von e<strong>in</strong>er Frankfurter<br />

Firma (THC Pharm GmbH) hergestellt<br />

und müsse vom Apotheker zu Kapseln<br />

gedreht werden.<br />

Recht auf qualmfreien<br />

Arbeitsplatz<br />

Frankfurt - Wer ke<strong>in</strong>en Zigarettenrauch<br />

am Arbeitsplatz ertragen will,<br />

darf nach e<strong>in</strong>em Bericht des »Handelsblatt«<br />

<strong>in</strong> se<strong>in</strong>er beruflichen Entwicklung<br />

trotzdem nicht benachteiligt<br />

werden. Das hat das Arbeitsgericht<br />

Frankfurt am Ma<strong>in</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em kürzlich<br />

bekannt gewordenen Beschluss festgestellt.<br />

Die Richter wiesen damit die<br />

Klage e<strong>in</strong>es Versicherungsunternehmens<br />

zurück, das e<strong>in</strong>e Angestellte<br />

zurückversetzen wollte an ihren ehemaligen<br />

- rauchfreien - Arbeitsplatz.<br />

Der Betriebsrat hatte bereits se<strong>in</strong>e Zustimmung<br />

zu der beruflichen Rückentwicklung<br />

verweigert. Die Firma wollte<br />

die Versetzung jedoch gerichtlich<br />

durchsetzen. Laut Gerichtsbeschluss ist<br />

das Unternehmen schon auf Grund se<strong>in</strong>er<br />

Fürsorgepflicht angehalten, die<br />

Arbeitnehmer<strong>in</strong> an e<strong>in</strong>em rauchfreien<br />

Arbeitsplatz zu beschäftigen. Es dürfe<br />

dabei aber nicht e<strong>in</strong>e Versetzung wieder<br />

rückgängig machen, die der<br />

Förderung der beruflichen Entwicklung<br />

der Arbeitnehmer<strong>in</strong> gedient hatte.<br />

Potenz vom Staat: Beamter<br />

erhält Beihilfe für Viagra<br />

Neustadt (dpa) - Zur Behandlung e<strong>in</strong>er<br />

krankheitsbed<strong>in</strong>gten Erektionsstörung<br />

muss das Land Rhe<strong>in</strong>land-Pfalz e<strong>in</strong>em<br />

Beamten Beihilfe für das Potenzmittel<br />

E<strong>in</strong>e Packung des Potenzmittels Viagra. Die Erektionshilfe ist <strong>in</strong><br />

der Ärzteschaft sehr umstritten<br />

© Foto: dpa/Darrault<br />

Viagra zahlen. Es gehe dabei nicht um<br />

die Steigerung e<strong>in</strong>er vorhandenen sexuellen<br />

Potenz, sondern um die Wiederherstellung<br />

e<strong>in</strong>er »normalen Körperfunktion«,<br />

begründeten die Richter des<br />

Verwaltungsgerichts Neustadt/We<strong>in</strong>straße<br />

das Urteil. In e<strong>in</strong>em ähnlich<br />

gelagerten Fall hatte das Verwaltungsgericht<br />

Koblenz im März 1999 noch<br />

gegenteilig entschieden. Das Gericht <strong>in</strong><br />

Neustadt gab der Klage e<strong>in</strong>es 62 Jahre<br />

alten Beamten statt. Der Kläger leidet<br />

seit der operativen Entfernung se<strong>in</strong>er<br />

Prostata an e<strong>in</strong>er so genannten erektilen<br />

Dysfunktion. Se<strong>in</strong> Arzt verordnete ihm<br />

deshalb Viagra. Das Land Rhe<strong>in</strong>land-<br />

Pfalz lehnte e<strong>in</strong>e Kostenbeteiligung<br />

unter H<strong>in</strong>weis auf e<strong>in</strong>e Verwaltungsvorschrift<br />

ab, nach der potenzsteigernde<br />

Mittel nicht beihilfefähig seien. Das<br />

Verwaltungsgericht ließ dies <strong>in</strong> diesem<br />

Fall nicht gelten. Nur weil gesunde<br />

Männer Viagra zur Potenzsteigerung<br />

e<strong>in</strong>nähmen, dürfe dem Kläger die<br />

Beihilfe für das ärztlich verordnete<br />

Mittel nicht verweigert werden.<br />

»Gesunde« Zigarette vorgestellt<br />

Wash<strong>in</strong>gton - US-Tabakkonzerne haben<br />

e<strong>in</strong>e neue, angeblich gesündere Zigarette<br />

vorgestellt. Der Glimmstängel soll genauso<br />

schmecken und abbrennen wie herkömmliche<br />

Zigaretten, aber wegen des<br />

reduzierten Anteils Krebs erregender Stoffe<br />

weniger gefährlich für die Gesundheit<br />

se<strong>in</strong>, wie die Konzerne<br />

Vector sowie Brown<br />

and Williamson mittteilten.<br />

Der Tabak <strong>in</strong><br />

»Omni«-Zigaretten<br />

von Vector sei katalytisch<br />

behandelt, zudem<br />

seien die Zigaretten<br />

mit e<strong>in</strong>em neuartigen<br />

Kohlenstofffilter<br />

versehen, sagte der<br />

Vector-Vorstandsvorsitzende<br />

Bennett Le-<br />

Bow. Zwar gebe es<br />

ke<strong>in</strong>e »sichere« Zigarette,<br />

für Raucher aber<br />

sei »Omni« die »beste<br />

Alternative. Allerd<strong>in</strong>gs seien für den<br />

Abbau an schädlichen Stoffen die<br />

Mengen anderer Zusätze erhöht worden,<br />

fügte »LeBow« h<strong>in</strong>zu. Brown and<br />

Williamson stellte unterdessen »Advance<br />

Lights« vor, die mit e<strong>in</strong>em Drei-<br />

Phasen-Filter und speziell behandeltem<br />

Tabak »gesünder« als die marktüblichen<br />

Produkte se<strong>in</strong> sollen. Die<br />

Amerikanische Krebs-Gesellschaft kritisierte,<br />

die Angaben von Vector seien<br />

nicht unabhängig nachprüfbar.<br />

Wundheilung nach OP:<br />

F<strong>in</strong>ger weg von Glimmstängeln<br />

München (dpa) - Rauchen verzögert<br />

Experten zufolge die Wundheilung<br />

nach plastischen Operationen. Raucher<br />

sollten zum<strong>in</strong>dest vier Wochen vor und<br />

nach e<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>griff die F<strong>in</strong>ger von<br />

Zigaretten lassen, berichtet die <strong>in</strong><br />

München ersche<strong>in</strong>ende Zeitung »Ärztliche<br />

Praxis«. Nikot<strong>in</strong>, Kohlenmonoxid<br />

und andere gesundheitsschädliche<br />

Substanzen im Tabak verr<strong>in</strong>gerten<br />

nicht nur die Heilungschancen, sondern<br />

könnten auch zu Komplikationen<br />

nach e<strong>in</strong>er Operation führen. E<strong>in</strong><br />

besonders hohes Risiko bestehe nach<br />

E<strong>in</strong>griffen, bei denen größere Schnitte<br />

<strong>in</strong> die Haut oder das Gewebe erforderlich<br />

seien, so die Zeitung weiter. Dies<br />

sei beispielsweise bei Rekonstruktionen<br />

der weiblichen Brust, bei der Straffung<br />

der Gesichtshaut und bei plastischen<br />

Operationen im Bauchbereich der Fall.<br />

SuchtReport 1/2002<br />

SuchtReport 1/2002


52 Meldungen und Berichte<br />

Meldungen und Berichte<br />

53<br />

Hippie-Pionier Ken Kesey<br />

ist tot<br />

München - Ken Kesey, Autor des<br />

Romans »E<strong>in</strong>er flog über das Kuckucksnest«<br />

und LSD- sowie Hippie-Pionier,<br />

ist tot. Der 66-jährige Amerikaner<br />

starb <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Krankenhaus <strong>in</strong> Eugene<br />

im US-Bundesstaat Oregon, <strong>in</strong> dem<br />

ihm vor e<strong>in</strong>igen Wochen 40 Prozent<br />

se<strong>in</strong>er Leber wegen e<strong>in</strong>es Tumors entfernt<br />

worden waren. 1962 feierte Kesey<br />

mit se<strong>in</strong>em Bestseller »E<strong>in</strong>er flog über<br />

das Kuckucksnest« e<strong>in</strong> sensationelles<br />

literarisches Debüt. Se<strong>in</strong>em Erfolgsroman<br />

lagen Erfahrungen se<strong>in</strong>er Arbeit<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Veteranenhospital zu Grunde.<br />

Das Buch wurde 1974 von Regisseur<br />

Milos Forman mit Jack Nicholson <strong>in</strong><br />

der Hauptrolle verfilmt und gewann<br />

vier Oscars. Kesey, der nach eigenen<br />

Angaben den Film nie gesehen hat,<br />

verklagte die Produzenten, weil sie<br />

se<strong>in</strong>e Hauptfigur, e<strong>in</strong>en schizophrenen<br />

Indianer, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Nebenrolle verwandelt<br />

hatten. Kesey ist der Gründer der<br />

Hippie-Kommune »Perry Lane«, er<br />

spielte mit den Grateful Dead und<br />

nahm an den ersten staatlichen LSD-<br />

Experimenten teil. Mit Freunden wie<br />

Tom Wolfe und Neal Cassidy g<strong>in</strong>g er<br />

unter dem Namen „Merry Pranksters“<br />

Portrait des Schriftsteller Ken Kesey Mitte der<br />

80er Jahre <strong>in</strong> den USA © Foto: Ullste<strong>in</strong>/Schorr<br />

1964 auf e<strong>in</strong>e legendäre <strong>Drogen</strong>-<br />

Hippie-Bustour quer durch die USA.<br />

Zeitweilig lebte er <strong>in</strong> Mexiko, um e<strong>in</strong>er<br />

Haftstrafe wegen illegalen <strong>Drogen</strong>besitzes<br />

<strong>in</strong> den USA zu entgehen.<br />

Später ließ er sich <strong>in</strong> Oregon nieder.<br />

Suchtmediz<strong>in</strong>er:<br />

»Gesellschaft lässt<br />

<strong>Drogen</strong>kranke hängen«<br />

Berl<strong>in</strong> (dpa) - Den schwierigen Zugang<br />

zu <strong>Drogen</strong>therapien hat der Vorsitzende<br />

der Deutschen Gesellschaft für<br />

Suchtmediz<strong>in</strong> (DGS), Ra<strong>in</strong>er Ullmann,<br />

kritisiert. Hero<strong>in</strong>abhängigen werde<br />

e<strong>in</strong>e Behandlung oftmals erschwert<br />

oder verweigert, sagte Ullmann auf<br />

e<strong>in</strong>em Kongress der Deutschen Gesellschaft<br />

für Suchtmediz<strong>in</strong>. Therapiewillige<br />

Suchtkranke würden bei der<br />

Suche nach Behandlungsmöglichkeiten<br />

monatelang von Krankenkassen, Rentenversicherern<br />

und Sozialamt »hängen<br />

gelassen«. Das Versorgungssystem<br />

für Suchtkranke <strong>in</strong> Deutschland sei auf<br />

Grund se<strong>in</strong>er Trennung nach Kostenträgern<br />

»völlig zerstückelt« und nicht<br />

auf Schadensm<strong>in</strong>derung für Suchtkranke<br />

und Gesellschaft ausgerichtet,<br />

sagte DGS-Vorstand Jörg Gölz. Obwohl<br />

e<strong>in</strong>er der Kostenträger die F<strong>in</strong>anzierung<br />

übernehmen müsse, seien sie nicht<br />

<strong>in</strong> der Lage, e<strong>in</strong>e Therapie schnell zu<br />

bewilligen. Die Behandlung der zurzeit<br />

etwa 120.000 Hero<strong>in</strong>süchtigen verursacht<br />

nach DGS-Angaben jährlich<br />

Kosten von rund 2,8 Milliarden Mark.<br />

Diese Kosten könnten gesenkt werden,<br />

wenn <strong>Drogen</strong>süchtige sofort ausreichend<br />

therapiert würden, sagte Gölz.<br />

Der Fehler im System liege <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Herumreichen von Notaufnahme zu Not–-<br />

aufnahme. Voraussichtlich im Frühjahr<br />

werde e<strong>in</strong> bundesweiter Modellversuch<br />

starten, der kontrollierte Hero<strong>in</strong>abgabe<br />

und begleitende Therapien mite<strong>in</strong>ander<br />

verb<strong>in</strong>den soll, kündigten die Mediz<strong>in</strong>er<br />

an. An der Studie, die vom Bundesgesundheitsm<strong>in</strong>isterium<br />

und e<strong>in</strong>er Reihe<br />

von Bundesländern <strong>in</strong> Auftrag gegeben<br />

wurde, werden sich nach DGS-Angaben<br />

die Städte Bonn, Frankfurt am Ma<strong>in</strong>,<br />

Hamburg, Hannover, Karlsruhe, Köln<br />

und München beteiligen.<br />

Hero<strong>in</strong> gegen die<br />

Hero<strong>in</strong>sucht: Neue Wege<br />

<strong>in</strong> der Therapie<br />

Berl<strong>in</strong> - Hero<strong>in</strong> könnte Abhängigen<br />

besser helfen, aus der Sucht zu entfliehen,<br />

als die Ersatzdroge Methadon. »Wir<br />

müssen als Mediz<strong>in</strong>er akzeptieren, dass<br />

es ke<strong>in</strong>e Behandlungsform gibt, die<br />

Sucht kurzfristig heilt«, sagte der Hamburger<br />

Allgeme<strong>in</strong>mediz<strong>in</strong>er Ra<strong>in</strong>er<br />

Ullmann. Er ist Vorsitzender der<br />

Gesellschaft für Suchtmediz<strong>in</strong>, die im<br />

November ihren zehnten Kongress <strong>in</strong><br />

Berl<strong>in</strong> abhielt. »In den letzten zehn<br />

Jahren ist die E<strong>in</strong>sicht gewachsen, dass<br />

Sucht e<strong>in</strong>e chronische Krankheit se<strong>in</strong><br />

kann«, sagte Klaus Behrendt, der im<br />

Hamburger Kl<strong>in</strong>ikum Nord die Abtei–<br />

lung für Abhängigkeitserkrankungen<br />

leitet. Mit der Gabe von Methadon, e<strong>in</strong>em<br />

lang wirkenden Opiat, wird schon<br />

seit Jahren versucht, Hero<strong>in</strong>abhängigen<br />

e<strong>in</strong>en Weg aus der Illegalität und den<br />

Infektionsrisiken anzubieten. Doch es<br />

gibt e<strong>in</strong>e Gruppe von Schwerabhängigen,<br />

bei der diese Substitutionstherapie<br />

versagt. In e<strong>in</strong>em Modellprojekt, das voraussichtlich<br />

im Frühjahr 2002 <strong>in</strong> sieben<br />

deutschen Großstädten anlaufen wird,<br />

soll nun geprüft werden, ob ihnen mit<br />

der kontrollierten Gabe re<strong>in</strong>en Hero<strong>in</strong>s<br />

geholfen werden kann. Der Psychiater<br />

Michael Krausz von der Universität<br />

Hamburg, Leiter des Instituts für Interdiszipl<strong>in</strong>äre<br />

Suchtforschung und<br />

Koord<strong>in</strong>ator des Projekts, erhofft sich davon<br />

e<strong>in</strong>e Verbesserung des Gesundheitszustands,<br />

e<strong>in</strong>en Rückgang des illegalen<br />

Konsums und der damit verbundenen<br />

Delikte und <strong>in</strong>sgesamt e<strong>in</strong>e soziale Stabilisierung<br />

der Teilnehmer. Der Modellversuch<br />

soll 1120 <strong>Drogen</strong>abhängige ab<br />

23 Jahren umfassen und zwei Jahre laufen.<br />

Er ist angelegt wie die Prüfung e<strong>in</strong>es<br />

neuen Arzneimittels: Die e<strong>in</strong>e Hälfte der<br />

Teilnehmer erhält <strong>in</strong> speziellen Zentren<br />

dreimal täglich re<strong>in</strong>es Hero<strong>in</strong>, die andere<br />

e<strong>in</strong>mal täglich das »Vergleichsmedikament«<br />

Methadon. Für alle gibt es e<strong>in</strong>e<br />

psychosoziale Begleitbehandlung, und<br />

auch hier werden die Teilnehmer nach<br />

dem Zufallspr<strong>in</strong>zip e<strong>in</strong>er Gruppentherapie<br />

oder e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>dividuellen<br />

Betreuungskonzept zugeteilt.<br />

Zuckerkrank durch Cola?<br />

Prozess um Schmerzensgeld<br />

startet<br />

Essen - Das Landgericht Essen verhandelt<br />

über die Klage e<strong>in</strong>es an Diabetes<br />

erkrankten Richters gegen den Getränkeriesen<br />

Coca Cola Deutschland. Der<br />

45-jährige Hans Josef Br<strong>in</strong>kmann verlangt<br />

11.000 Mark Schmerzensgeld,<br />

weil se<strong>in</strong> jahrelanger Konsum von<br />

Coca Cola zum<strong>in</strong>dest mitverantwortlich<br />

für se<strong>in</strong>e Erkrankung sei. E<strong>in</strong>e<br />

gleichgerichtete Klage hat der Vizepräsident<br />

des Landgerichts Neubrandenburg,<br />

der ebenfalls zahlreiche<br />

Schokoriegel verputzt hat, gegen den<br />

Süßwarenhersteller Masterfood <strong>in</strong><br />

Mönchengladbach e<strong>in</strong>gereicht. Nach<br />

Ansicht des 45-Jährigen haben es die<br />

Hersteller versäumt, ihre Produkte mit<br />

Warnh<strong>in</strong>weisen zu versehen. Wie die<br />

»Süddeutsche Zeitung« berichtet, s<strong>in</strong>d<br />

Br<strong>in</strong>kmanns Prozesse gegen die beiden<br />

Süßwarenhersteller eigentlich schon<br />

verloren. Zum<strong>in</strong>dest nach Ansicht des<br />

Münchner Professors Matthias Wicklmayr<br />

und se<strong>in</strong>er Kolleg<strong>in</strong> Monika<br />

Toeller vom deutschen diabetischen<br />

Forschungs<strong>in</strong>stitut <strong>in</strong> Düsseldorf:<br />

»E<strong>in</strong>en direkten Zusammenhang zwischen<br />

Schokoladenkonsum und Diabetes-Gefahr<br />

kann man nicht belegen«,<br />

sagt Toeller. Der Vergleich mit den<br />

Gefahren des Rauchens, den Br<strong>in</strong>kmann<br />

angestellt habe, funktioniere<br />

nicht, glauben die beiden Experten.<br />

Während Nikot<strong>in</strong> und Teer direkte<br />

Auslöser von Lungenkrebs se<strong>in</strong> könnten,<br />

könne übermäßiger Zuckergenuss<br />

nicht unmittelbar zu Diabetes führen.<br />

Zucker wirke sich allenfalls deswegen<br />

begünstigend auf e<strong>in</strong>e Diabetes-Erkrankung<br />

aus, weil er dick mache. Und<br />

wer dick sei und ke<strong>in</strong>en Sport treibe,<br />

laufe bei entsprechender Veranlagung<br />

eher Gefahr als andere, an Diabetes zu<br />

erkranken, sagt Toeller. Die Veranla–<br />

gung, an Diabetes zu erkranken, wird<br />

von Generation zu Generation weitervererbt.<br />

Wicklmayr schätzt, dass 25<br />

Prozent aller Europäer wegen ihrer<br />

Erbanlagen diabetesgefährdet s<strong>in</strong>d.<br />

Dass daraus immer häufiger e<strong>in</strong>e<br />

Krankheit werde, habe mit dem »modernen<br />

Lebensstil« zu tun. »Viele Menschen<br />

ernähren sich falsch und s<strong>in</strong>d<br />

träge«, beklagt Toeller, »wir müssen<br />

wohl alle e<strong>in</strong>sehen, dass die Genussmittel-Industrie<br />

nicht schuld ist an<br />

unserer Krankheit.« Die von Br<strong>in</strong>kmann<br />

<strong>in</strong>s Spiel gebrachten Warnh<strong>in</strong>weise<br />

auf Schokoriegelpackungen und<br />

Cola-Flaschen hält er aber für s<strong>in</strong>nvoll:<br />

»Wenn die dazu führen, dass die<br />

Menschen ihre Essgewohnheiten überdenken,<br />

wäre ja schon etwas erreicht.«<br />

Der Kläger Hans Josef Br<strong>in</strong>kmann (l.) mit se<strong>in</strong>em Anwalt Burkhard Oexmann (m.)<br />

im Verhandlungssaal des Landgerichts Essen<br />

© Foto: dpa<br />

Rotwe<strong>in</strong> zum Lutschen:<br />

garantiert ohne Alkohol<br />

Oranienburg (dpa) - Rotwe<strong>in</strong> ist<br />

gesund - wenn da nicht der Alkohol<br />

wäre. Wer bisher gern e<strong>in</strong>mal das e<strong>in</strong>e<br />

oder andere Gläschen gepflegten<br />

Bordeaux oder Merlot genoss, weil es<br />

gut für das Herz ist, der sollte sich<br />

überlegen, ob er den Rotwe<strong>in</strong> nicht<br />

künftig lieber lutschen will. Denn die<br />

Protekum Umwelt<strong>in</strong>stitut GmbH <strong>in</strong><br />

Oranienburg hat Rotwe<strong>in</strong>-Bonbons mit<br />

garantiert null Promille Alkohol entwickelt.<br />

»Sie enthalten alle gesunden<br />

Das Etikett der Rotwe<strong>in</strong>-Bonbons der Firma<br />

PROTEKUM<br />

Rohstoffe des Rotwe<strong>in</strong>s, die das gefährliche<br />

Cholester<strong>in</strong> im Blut senken<br />

oder auch gegen Blutverklumpung<br />

wirken - also häufigen Herz-Kreislauferkrankungen<br />

vorbeugen«, erläutert<br />

Geschäftsführer Lothar Ebner. In den<br />

Bonbons seien die gesundheitsfördernden<br />

Bioflavonoide enthalten, die aus<br />

den roten We<strong>in</strong>trauben als Konzentrat<br />

gewonnen werden. »Sie kommen quasi<br />

aus dem Abfall, der nach dem Mosten<br />

übrig bleibt«, erklärt Chemiker Ebner.<br />

Schon fünf Bonbons pro Tag oder e<strong>in</strong>e<br />

aufgelöste Brausetablette entsprechen<br />

nach se<strong>in</strong>en Worten der vitalisierenden<br />

Wirkung von zwei Gläsern Rotwe<strong>in</strong>.<br />

Mit ihrer dunkelroten Farbe er<strong>in</strong>nern<br />

die kle<strong>in</strong>en Bonbons zwar an e<strong>in</strong>en guten<br />

Tropfen roten Rebensaftes, doch im<br />

Geschmack s<strong>in</strong>d sie fruchtig-zitronig.<br />

SuchtReport 1/2002<br />

SuchtReport 1/2002


Bücher<br />

55<br />

E<strong>in</strong>sichten<br />

und Ausblicke<br />

Der Büchermarkt. SuchtReport stellt Interessantes vor.<br />

Alkohol & Co am Arbeitsplatz<br />

Herausforderung für Führungskräfte.<br />

Herausgegeben von dem<br />

Vere<strong>in</strong> »Step by Step«, Voralberg.<br />

Ecomed Verlagsgesellschaft,<br />

Landsberg 2001, DM 85,00,<br />

ISBN 3-609-59300-8<br />

S<strong>in</strong>d wir tatsächlich das »Land der<br />

Trunkenbolde«, wie das Nachrichtenmagaz<strong>in</strong><br />

»FOCUS« titelte?<br />

Ungeachtet der Beantwortung<br />

dieser Frage steht fest, dass Sucht–<br />

erkrankungen wie Alkoholismus,<br />

Medikamenten- und <strong>Drogen</strong>missbrauch<br />

<strong>in</strong> Betrieben und Dienstleistungs<strong>in</strong>stitutionen<br />

zunehmen.<br />

Untersuchungen belegen, dass 15<br />

von 100 Beschäftigten alkoholgefährdet<br />

und weitere fünf bereits<br />

alkoholabhängig s<strong>in</strong>d.<br />

Wichtig s<strong>in</strong>d daher Informationen<br />

für Führungskräfte, wie sie die<br />

vorliegende CD-ROM »Alkohol &<br />

Co am Arbeitsplatz« vermittelt.<br />

Anhand von vier Filmen werden<br />

typische Situationen im Umgang<br />

mit Suchtkranken aus den Bereichen<br />

Industrie, Handel, Gewerbe<br />

und Dienstleistungen deutlich<br />

gemacht. Es werden die Ausgangslage,<br />

die H<strong>in</strong>tergründe, die<br />

zum Suchtproblem geführt haben,<br />

und mögliche Lösungswege aufgezeigt.<br />

E<strong>in</strong> Navigationsplan gibt<br />

dem Benutzer die Übersicht, wo er<br />

sich zurzeit bef<strong>in</strong>det und welchen<br />

Weg das achtköpfige Autorenteam<br />

vorschlägt. Die Suchtproblematik<br />

wird mit Hilfe e<strong>in</strong>es Schrittmodells<br />

auf den Punkt gebracht. Beispiele<br />

für die Gesprächsführung und e<strong>in</strong><br />

Fragebogen, bestehend aus 17 Fragen,<br />

die mit JA oder NEIN zu<br />

beantworten s<strong>in</strong>d, helfen den<br />

angesprochenen Führungskräften,<br />

sich konkret auf e<strong>in</strong> Gespräch vorzubereiten.<br />

Wer sich nicht nur die<br />

Zusammenfassungen und Fazite<br />

zu Gemüte führen will, hat auch<br />

die Möglichkeit, sich zu jedem<br />

Thema weiter zu <strong>in</strong>formieren. E<strong>in</strong>e<br />

Infobox mit L<strong>in</strong>ks zu länderspezifischen<br />

Infos und e<strong>in</strong> rund 120<br />

Begriffe umfassendes Lexikon stehen<br />

zur Verfügung.<br />

Die Funktion »Notizzettel« ermöglicht<br />

es, wichtige Inhalte zu speichern.<br />

»Oft werden alkoholkranke<br />

Mitarbeiter als Problemfälle gesehen.<br />

Wenn sie ihr Verhalten<br />

ändern würden, dann wäre alles<br />

wieder <strong>in</strong> Ordnung.« Die Autoren<br />

weisen darauf h<strong>in</strong>, dass bei dieser<br />

Sichtweise außer Acht gelassen<br />

wird, dass der Betroffene nicht<br />

isoliert gesehen werden kann. Er<br />

steht vielmehr mit se<strong>in</strong>em sozialen<br />

Umfeld <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung und ist<br />

als Teil des Systems zu sehen.<br />

Nicht selten entstehen zwischen<br />

e<strong>in</strong>em Alkoholiker oder e<strong>in</strong>er<br />

Alkoholiker<strong>in</strong> und se<strong>in</strong>em Umfeld<br />

gegenseitige Abhängigkeiten, die<br />

e<strong>in</strong>e Stabilisierung der Erkrankung<br />

fördern. Die CD-ROM kann<br />

helfen, die Aufgaben, Rollen und<br />

Verantwortlichkeiten aller Beteiligten<br />

zu klären.<br />

Hubert Koll<strong>in</strong>g<br />

Ambulante Suchthilfe <strong>in</strong> Hamburg<br />

Statusbericht 1999 zur Hamburger<br />

Basisdatendokumentation im<br />

ambulanten Suchthilfesystem.<br />

Von Mart<strong>in</strong> Schmid, Renate<br />

Simmed<strong>in</strong>ger und Irmgard Vogt.<br />

ISS-Eigenverlag, Frankfurt am<br />

Ma<strong>in</strong> 2000, 129 S., DM 19,80<br />

Der vorliegende Ergebnisbericht<br />

1999 über die Hamburger Basisdokumentation<br />

(BADO) erfasst die<br />

Daten von 28 E<strong>in</strong>richtungen, wobei<br />

die ambulanten <strong>Drogen</strong>hilfee<strong>in</strong>richtungen<br />

voll repräsentiert<br />

s<strong>in</strong>d und die Alkoholberatungssstellen<br />

etwa zur Hälfte e<strong>in</strong>bezogen<br />

wurden.<br />

Im Vorwort heben die Autoren elf<br />

E<strong>in</strong>zelergebnisse der Untersuchungen<br />

hervor. Diese können für sozialpolitische<br />

und konzeptionelle<br />

Diskussionen besonders relevant<br />

se<strong>in</strong>. Es werden konkrete Aussagen<br />

über das Bildungsniveau und<br />

vorhandene abgeschlossene<br />

Berufsausbildungen von <strong>Drogen</strong>konsumenten<br />

gemacht. Verdeutlicht<br />

wird, dass e<strong>in</strong>e Vielzahl von<br />

Abhängigen zwischenzeitlich<br />

Eltern geworden s<strong>in</strong>d und somit<br />

die K<strong>in</strong>der bei dem Angebot von<br />

Hilfen zu beachten s<strong>in</strong>d.<br />

Die Erfahrungen der Frauen und<br />

Männer mit erlebter körperlicher<br />

und sexueller Gewalt werden<br />

benannt. Seit 1997 ist e<strong>in</strong>e Veränderung<br />

der Altersstruktur aller<br />

Klienten zu konstatieren. Die Zahl<br />

der älteren Abhängigen nimmt<br />

stetig zu. Bereits 1998 hatte die<br />

Rotterdamer Selbsthilfeorganisation<br />

»Junkiebond« die Idee e<strong>in</strong>es<br />

speziellen Altersheims für <strong>Drogen</strong><br />

abhängige. In Zusammenarbeit<br />

zwischen der <strong>Drogen</strong>kl<strong>in</strong>ik Boumanhuis<br />

und dem städtischen<br />

Gesundheitsamt entstand e<strong>in</strong><br />

Modellprojekt <strong>in</strong> Rotterdam.<br />

Die veröffentlichten Daten belegen<br />

e<strong>in</strong>e ähnliche Entwicklung<br />

für deutsche Großstädte und<br />

somit ist die Diskussion über veränderte<br />

altersspezifische Hilfen<br />

s<strong>in</strong>nvoll und notwendig.<br />

Die Höhe der Verschuldung bei<br />

<strong>Drogen</strong>abhängigen ist nach den<br />

Ergebnissen rückläufig und die<br />

Vorbelastung über Vorstrafen hat<br />

sich verr<strong>in</strong>gert. Das s<strong>in</strong>d möglicherweise<br />

Folgen der Substitutionsprogramme<br />

und der Hamburger<br />

Entkrim<strong>in</strong>alisierungspolitik.<br />

Nach dem Vorwort folgt e<strong>in</strong>e<br />

mehrseitige Zusammenfassung<br />

der Ergebnisse <strong>in</strong> deutscher und<br />

englischer Sprache. Dabei werden<br />

Statusbeschreibungen durch gesicherte<br />

Daten dargestellt und<br />

Trends aufgezeigt. Das umfangreiche<br />

Datenmaterial wird <strong>in</strong> über<br />

70 Tabellen und fast 30 Abbildungen<br />

anschaulich aufbereitet.<br />

Ergänzt wird der Ergebnisbericht<br />

durch e<strong>in</strong> aktuelles Literaturverzeichnis,<br />

das viele weiterführende<br />

H<strong>in</strong>weise enthält.<br />

Deutlich wird hervorgehoben,<br />

dass alle E<strong>in</strong>richtungen <strong>in</strong> der<br />

ambulanten Suchthilfe im Rahmen<br />

e<strong>in</strong>es verbesserten Qualitätsmanagements,<br />

e<strong>in</strong>schließlich<br />

Qualitätssicherung, an solchen<br />

Dokumentationssystemen nicht<br />

vorbeikommen werden. Die vorliegende<br />

Veröffentlichung leistet<br />

e<strong>in</strong>en beachtenswerten Beitrag <strong>in</strong><br />

der Verzahnung von Wissenschaft<br />

und Praxis und es ist zu hoffen,<br />

dass der Statusbericht 1999 durch<br />

weitere Berichte aus den folgenden<br />

Jahren ergänzt wird.<br />

ausbrechen<br />

Dr. W. Kursawe<br />

Verena Bön<strong>in</strong>g, Urban & Fischer<br />

Verlag München, 2000, 114 S.,<br />

DM 39,90<br />

Bulimie ist heilbar! Diese Botschaft<br />

will Verena Bön<strong>in</strong>g vermitteln<br />

und so ist der Buchtitel<br />

»ausbrechen« positiver geme<strong>in</strong>t,<br />

als es die Kloschüssel auf dem<br />

Titelfoto nahe legt. Es ist e<strong>in</strong><br />

Buch, <strong>in</strong> dem Bilder ebenso viel<br />

zu sagen haben wie Worte und<br />

der Text mehr aussagt als die<br />

Summe se<strong>in</strong>er Buchstaben. Grafische<br />

Gestaltung, Fotografie und<br />

Worte stammen ebenfalls von der<br />

Autor<strong>in</strong>. Ihr ist mit dem Buch e<strong>in</strong><br />

Gesamtkunstwerk gelungen, das<br />

die Lebenswelt der Bulimiekranken<br />

so authentisch vermittelt,<br />

dass Betroffene sich selbst<br />

wiederf<strong>in</strong>den und Angehörige<br />

e<strong>in</strong>e realistische Vorstellung von<br />

dem verborgenen Leiden bekommmen.<br />

Aussagekräftige Fotocollagen, zum<br />

Teil von drastischer Unappetitlichkeit,<br />

werden mit emotionalen<br />

Aussagen komb<strong>in</strong>iert, die das<br />

Doppelleben der Betroffenen und<br />

den Teufelskreis von Essen und<br />

Brechen dem Betrachter nahe<br />

br<strong>in</strong>gen. Verena Bön<strong>in</strong>g bleibt<br />

nicht im Ist-Zustand der Sucht stehen.<br />

Sie zeigt Ursachen ebenso wie<br />

den Weg <strong>in</strong> e<strong>in</strong> neues Leben. Die<br />

Texte und Bilder werden dabei<br />

immer ergänzt durch e<strong>in</strong>gestreute<br />

Sach<strong>in</strong>formationen, die - knapp<br />

aber deutlich - alles Wissenswerte<br />

über Bulimie vermitteln. »ausbrechen«<br />

ist ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>fache Lektüre,<br />

da es den Lesern und Betrachtern<br />

die schützende Distanz raubt, sie<br />

nah an die Krankheit Bulimie heranführt.<br />

So wird mancher das<br />

Buch erschaudernd <strong>in</strong>s Regal<br />

zurückstellen und stattdessen lieber<br />

zu e<strong>in</strong>em der mediz<strong>in</strong>ischpsychologischen<br />

Ratgeberbücher<br />

greifen. Wer sich als Angehöriger<br />

oder Freund aber darauf e<strong>in</strong>lässt,<br />

erfährt E<strong>in</strong>blicke <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Leidenswelt,<br />

die für Gesunde nicht vorstellbar<br />

ist. Betroffene f<strong>in</strong>den <strong>in</strong><br />

diesem Buch Verstehen, Hoffnung<br />

und Befreiung - durch die Erlaubnis,<br />

das eigene Leben selbst<br />

gestalten zu dürfen.<br />

Gabriele Gorny<br />

Sachfragen des Betreuungs- und<br />

Unterbr<strong>in</strong>gungsrechts<br />

Rolf Coeppicus,<br />

Stuttgart/Berl<strong>in</strong>/Köln:<br />

W. Kohlhammer 2000, XXVI S.,<br />

342 S., DM 97,80<br />

Der schlichte Titel könnte getrost<br />

positiv ergänzt werden um den<br />

Begriff »Sachfragen ... und<br />

umfassende Antworten für die<br />

Praxis«. - Seit der Änderung des<br />

Vormundschaftsrechtes im Jahre<br />

1992 kennt der Rezensent zwar<br />

viele Gesetzestextausgaben und<br />

Gesetzeskommentare <strong>in</strong> teilweise<br />

mehrbändiger Loseblatt- und<br />

gebundener Form, aber es fehlte<br />

<strong>in</strong>sbesondere für die Praxis der<br />

Beratungsstellen und beispielsweise<br />

der niedergelassenen Ärzte<br />

e<strong>in</strong> Text, der gut verständlich die<br />

schnelle Information ermöglicht.<br />

Der Band ist allen Mitarbeitern<br />

von Betreuungsbehörden, aber<br />

auch Bürgerbüros zu empfehlen,<br />

weil er gut gegliedert viele Fragen<br />

so darstellt, dass der Berater sie<br />

dem fragestellenden Laien klar<br />

beantworten kann. Das gilt auch<br />

<strong>in</strong>sofern, als die Verfahren, die im<br />

Rahmen des Betreuungs- und<br />

Unter-br<strong>in</strong>gungsrechtes erforderlich<br />

werden, oft von den Betroffenen<br />

und deren Angehörigen alles<br />

andere als emotional neutral e<strong>in</strong>gestuft<br />

werden. Schließlich geht<br />

es um deutliche E<strong>in</strong>griffe gegenüber<br />

festgestellten Defiziten wie<br />

Desorientiertheit, Bewusstse<strong>in</strong>störungen,<br />

Verwahrlosung <strong>in</strong> ihren<br />

vielfältigen Ausprägungen e<strong>in</strong>schließlich<br />

der Alkoholkrankheit<br />

und Suizidalität, deren Auftreten<br />

meist mit wechselseitigen Vorhaltungen<br />

und Vorwürfen, Schuldzuweisungen<br />

und Selbstbezichtigungen<br />

verbunden ist.<br />

Ziel des Textes ist es, die Leser <strong>in</strong><br />

ihrer jeweiligen Rolle als Berater<br />

oder auch Sachbearbeiter zu befähigen,<br />

selbst abschätzen zu könnnen,<br />

wann bei entsprechenden<br />

Auffälligkeiten E<strong>in</strong>griffe im S<strong>in</strong>ne<br />

des Betreuungs- und Unterbr<strong>in</strong>gungsrechts<br />

erforderlich s<strong>in</strong>d oder<br />

welche Alternativen mit anderer<br />

Zuständigkeit stattdessen gewählt<br />

werden können. Während die<br />

Pflegschaften und Vormundschaften<br />

für Volljährige sich <strong>in</strong> den<br />

Jahren 1972 bis 1981 <strong>in</strong> der<br />

Bundesrepublik um etwa 56.800<br />

erhöhten, wurden seit der Geltung<br />

des neuen Betreuungsrechtes<br />

1992 75.000 Betreuer erstmals<br />

bestellt, 1995 bereits 123.000 und<br />

im Jahre 2000 wird diese Zahl auf<br />

<strong>in</strong>sgesamt 720.000 geschätzt.<br />

Die übersichtliche und sorgfältige<br />

Gliederung des Textes bietet <strong>in</strong><br />

Verb<strong>in</strong>dung mit dem vorangestellten<br />

Literaturverzeichnis und<br />

dem ausführlichen Stichwortverzeichnis<br />

e<strong>in</strong>en guten und schnelllen<br />

Überblick, der ausgehend von<br />

der E<strong>in</strong>leitung e<strong>in</strong>er Betreuung<br />

mit e<strong>in</strong>er Anhörung, das Betreuungsverfahren,<br />

Statistik, die Subsidiarität<br />

der Betreuung, die<br />

Erforderlichkeit der Betreuung -<br />

andere Hilfen, die Aufgaben der<br />

Aufenthaltsbestimmung, die<br />

Gesundheitsfürsorge bis zur Sterbehilfe,<br />

die Vermögenssorge und<br />

das Unterbr<strong>in</strong>gungsverfahren mit<br />

oder ohne freiheitsentziehende<br />

Maßnahmen umfasst. - Daran<br />

schließen sich Fragen von<br />

Zwangsmaßnahmen bei psychischen<br />

Erkrankungen, Alkoholund<br />

Medikamentenmissbrauch<br />

und Suizidalität an. Ermittlungen<br />

und Sachverständigengutachten<br />

werden ergänzt durch H<strong>in</strong>weise<br />

auf die Bestellung von Verfahrenspflegern<br />

und die sachgerechte<br />

Protokollierung der verschiedenen<br />

Schritte. Abschließend verweist<br />

der Verfasser auf das Wahlrecht<br />

der Betroffenen, auf die Problematik<br />

von Schenkungen und die<br />

erforderlichen Formulare.<br />

Fast vierzig Seiten Erläuterungen<br />

zu Fachbegriffen bieten den<br />

Grundstock für die Nomenklatur<br />

an der Schnittstelle zwischen<br />

Mediz<strong>in</strong>/Recht und Verwaltung,<br />

auch wenn sie sicher nicht <strong>in</strong><br />

jedem Fall ausreichend aufklären<br />

können, so dass weitere im Literaturverzeichnis<br />

genannte Lexika<br />

und Handbücher genutzt werden<br />

müssen. Andererseits bleibt zu<br />

berücksichtigen, dass e<strong>in</strong> solcher<br />

Band nicht alle Fe<strong>in</strong>heiten herausarbeiten<br />

kann, auch wenn bei<br />

zukünftigen Auflagen zu wünschen<br />

wäre, den Begriff Alkoholmissbrauch<br />

durch Alkoholkrankheit<br />

zu ersetzen, zumal auch im<br />

allgeme<strong>in</strong>en Sprachgebrauch der<br />

Missbrauch weniger beschreibt als<br />

bewertet. Das auf Seite 342<br />

wiedergegebene Gedicht von Ve–<br />

ronika Erdmann lässt die emotionalen<br />

Erlebnisse zwischen e<strong>in</strong>em<br />

beh<strong>in</strong>derten K<strong>in</strong>d und se<strong>in</strong>er<br />

Mutter sehr gut mitempf<strong>in</strong>den,<br />

schränkt aber das Anwendungsfeld<br />

der Betreuung vielleicht doch<br />

zu sehr e<strong>in</strong>. Insgesamt aber kann<br />

dem Verfasser e<strong>in</strong> gelungenes<br />

Handbuch bestätigt werden, das<br />

die schwierige und relativ neue<br />

Praxis der Betreuungsaufgaben so<br />

aufbereitet, dass es gerade auch<br />

unerfahrenen Fachleuten anderer<br />

Diszipl<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>en guten Überblick<br />

gewähren kann und deshalb nicht<br />

zuletzt <strong>in</strong> der Aus- und Weiterbildung<br />

bald e<strong>in</strong>en festen Platz<br />

haben sollte.<br />

Dr. Peter Barkey<br />

Vom Alkoholverbot zum<br />

Gesundheitsmanagement<br />

Entwicklung der betrieblichen<br />

Suchtprävention von 1800 bis<br />

2000. Stuttgart: ibidem -Verlag<br />

2000, = Band 1 Arbeit. Lernen.<br />

Organisation, hrsg. v. Volker<br />

Bauer & Elisabeth Wienemann,<br />

526 S., DM 79,00<br />

Die Herausgeber wollen mit diesem<br />

ersten Band e<strong>in</strong>e Publika-<br />

SuchtReport 1/2002<br />

SuchtReport 1/2002


56 Bücher<br />

Bücher<br />

57<br />

tionsfolge eröffnen, die »e<strong>in</strong>e<br />

arbeitswissenschaftliche Ause<strong>in</strong>andersetzung<br />

mit Konzepten und<br />

Modellen zu Arbeit, Lernen und<br />

Organisation aus Praxis und Wisssenschaft«<br />

anregen soll. Es ist<br />

sicherlich verdienstvoll, die Entwicklung<br />

der betrieblichen Suchtprävention<br />

von ihren Anfängen<br />

bis zur heutigen Suchtkrankenhilfe<br />

am Arbeitsplatz vergleichend für<br />

die USA und die Bundesrepublik<br />

dar- und gegenüberzustellen,<br />

zumal die Kenntnisse über die<br />

amerikanische historische Entwicklung<br />

bisher eher als marg<strong>in</strong>al<br />

gewertet werden können. Daraus<br />

resultiert auch e<strong>in</strong> unterschiedlicher<br />

Materialumfang, den die<br />

Verfasser<strong>in</strong> mit mehr oder weniger<br />

ähnlichen Strukturvorgaben e<strong>in</strong>heitlich<br />

zu gliedern sucht, <strong>in</strong>dem<br />

sie nach allgeme<strong>in</strong>en Problemen<br />

der Nomenklatur und Begriffszuordnung<br />

des Alkoholismus e<strong>in</strong><br />

Handlungskonzept zur betrieblichen<br />

Suchtprävention und deren<br />

Entstehung anbietet. Andererseits<br />

bietet der Themenbereich e<strong>in</strong>en<br />

Umfang, der kaum zu überblicken<br />

ist, wenn er nicht sorgfältig gegliedert<br />

und ausgewählt wird. Im<br />

Rahmen der Rezension kann nur<br />

e<strong>in</strong> kursorischer Vergleich der<br />

Materialien aus den USA und<br />

Deutschland berücksichtigt werden,<br />

der durch e<strong>in</strong>en kurzen subjektiven<br />

H<strong>in</strong>weis auf das so genannte<br />

Gesundheitsmanagement<br />

<strong>in</strong> der Publikation ergänzt wird.<br />

Während für die USA die historische<br />

Entwicklung <strong>in</strong> fünf Phasen<br />

seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts<br />

unterschieden wird, werden<br />

für Deutschland vier solche<br />

E<strong>in</strong>heiten angenommen. - In den<br />

USA bilden sich die so genannten<br />

Temperenz- und Prohibitionsbewegungen<br />

aus, während sich <strong>in</strong><br />

Deutschland der Branntwe<strong>in</strong> mehr<br />

oder weniger parallel zum Beg<strong>in</strong>n<br />

der Industrialisierung als Alltagsgetränk<br />

auch während der Arbeitszeit<br />

für die Arbeiter durchsetzt. In<br />

der zweiten Phase bildet sich der<br />

»zuverlässige« Industriearbeiter als<br />

Leitbild aus und der Arbeitsprozess<br />

wird systematisch auf Produktivität<br />

ausgerichtet. Die Prohibition<br />

geht zu Ende und der Alkoholkonsum<br />

wird auch <strong>in</strong> den Mittelschichten<br />

üblich. In Deutschland<br />

ist die Zeit bis etwa 1910 dadurch<br />

charakterisiert, dass <strong>in</strong> der Folge<br />

e<strong>in</strong>er immer selbstbewussteren<br />

Arbeitnehmerschaft auch die verme<strong>in</strong>tlich<br />

erbbiologischen Folgen<br />

des Alkoholkonsums propagiert<br />

werden und zunehmend Tendenzen<br />

zwischen Alkoholverbot am<br />

Arbeitsplatz bis zur selbst gewählten<br />

Nüchternheit beobachtbar<br />

s<strong>in</strong>d. Während sich <strong>in</strong> den USA <strong>in</strong><br />

den 30er und 40er Jahren parallel<br />

zur Formulierung des modernen<br />

mediz<strong>in</strong>ischen Krankheitskonzepts<br />

des Alkoholismus e<strong>in</strong>e neue Form<br />

der offenen Selbsthilfebewegung,<br />

die Anonymen Alkoholiker, entwickelt,<br />

ist diese Phase <strong>in</strong> Deutschland<br />

durch zunehmende Professionalisierung<br />

der »Betriebsfürsorge«,<br />

aber auch durch zahlreiche verschiedene<br />

Laienbewegungen wie<br />

Guttempler oder das Blaue Kreuz<br />

gekennzeichnet. Dabei ist auffällig,<br />

dass bereits nach 1913 und verstärkt<br />

<strong>in</strong> den beiden letzten<br />

Kriegsjahren 1917/1918 durch die<br />

Kriegsbed<strong>in</strong>gungen so etwas wie<br />

e<strong>in</strong>e kollektive Entziehungskur<br />

e<strong>in</strong>setzte, die e<strong>in</strong>e deutliche<br />

Abnahme der registrierten Alkoholiker<br />

zur Folge hatte. Diese Tatsache<br />

der kriegsbed<strong>in</strong>gten Prohibition<br />

muss aber auch im<br />

Zusammenhang mit privater und<br />

illegaler Produktion von Alkohol<br />

gesehen werden, zumal sich nach<br />

dem Kriege e<strong>in</strong> bisher nicht<br />

gekannter Aufschwung anderer<br />

Suchtmittel von Opiaten und<br />

Koka<strong>in</strong> durchsetzen konnte.<br />

Besonders ausführlich werden<br />

schließlich die Fragen der betrieblichen<br />

Suchtprävention <strong>in</strong><br />

Deutschland von 1914 bis 1945<br />

dargestellt, weil ihnen mehrfach<br />

geänderte Erklärungsansätze zur<br />

Entstehung der Sucht und deren<br />

Folgen zugrunde liegen. Dabei<br />

wird auch die ambivalente Haltung<br />

der Nationalsozialisten zum<br />

Alkoholkonsum analysiert, die<br />

zwar im S<strong>in</strong>ne der Körper- und<br />

Wehrertüchtigung Enthaltsamkeit<br />

propagierten, das politische Handeln<br />

ke<strong>in</strong>eswegs aber konsequent<br />

darauf ausrichteten. Diese Tatsache<br />

ersche<strong>in</strong>t auch <strong>in</strong>sofern besonders<br />

<strong>in</strong>konsequent, als die Nationalsozialisten<br />

die biologische Rassenlehre<br />

propagierten und dabei nahtlos<br />

an die Ergebnisse der sche<strong>in</strong>bar<br />

e<strong>in</strong>deutigen Experimente zur Erbbbiologie<br />

anknüpften und die Erbgesundheitslehre<br />

zur Grundlage<br />

staatlichen Handelns postulierten,<br />

um »sozial unwertes Leben« zu<br />

begrenzen. Bleibt zu ergänzen,<br />

dass <strong>in</strong>sbesondere für die Zeit<br />

nach 1945 neben dem Neubeg<strong>in</strong>n<br />

der traditionellen Suchthilfe <strong>in</strong>sbesondere<br />

der Guttempler auch die<br />

Zahl der Anonymen Alkoholiker<br />

zunahm und zwischen beiden<br />

Gruppen e<strong>in</strong> Disput entbrannte,<br />

der sich vor allem daran entzündete,<br />

ob es erstrebenswert sei, alle<br />

an Alkoholismus erkrankten<br />

Patienten mehr oder weniger<br />

unterschiedslos von ihrer Herkunft<br />

und ihrer Krankheitsgeschichte<br />

e<strong>in</strong>heitlich <strong>in</strong> Gruppen zusammenzufassen.<br />

Die Tatsache, dass dieser<br />

Streit heute überwunden ist,<br />

spricht sowohl für die traditionelllen<br />

Abst<strong>in</strong>enzverbände als auch<br />

für das heute eher e<strong>in</strong>heitlich geltende<br />

Krankheitskonzept, das<br />

mehrheitlich von Jell<strong>in</strong>ek geprägt<br />

ist. Zusammenfassend kann der<br />

Verfasser<strong>in</strong> nicht nur e<strong>in</strong>e bisher<br />

nicht erreichte Materialfülle bestätigt<br />

werden, sondern auch e<strong>in</strong>e<br />

gute Gliederung, die es ermöglicht,<br />

den Text <strong>in</strong> <strong>in</strong>haltlich s<strong>in</strong>nvollen<br />

Teilen zu rezipieren. Dabei bietet<br />

sich neben der Gegenüberstellung<br />

unterschiedlicher Ansätze <strong>in</strong> den<br />

USA und Deutschland der Vergleich<br />

unterschiedlicher Aspekte<br />

aus der Mediz<strong>in</strong>, der Sozialpolitik<br />

oder zur Rolle der betroffenen<br />

Patienten an. Ob dabei der Begriff<br />

Gesundheitsmanagement wirklich<br />

zu e<strong>in</strong>em neuen Leitbild führen<br />

kann, bleibt angesichts der f<strong>in</strong>anziellen<br />

Restriktionen im gesamten<br />

Gesundheits- und Rehabilitationssektor<br />

für den Rezensenten<br />

fraglich. Das m<strong>in</strong>dert nicht den<br />

Dank an die Verfasser<strong>in</strong>, e<strong>in</strong> <strong>in</strong> der<br />

Mediz<strong>in</strong> und Sozialpolitik trotz<br />

se<strong>in</strong>er ökonomischen Relevanz<br />

häufig nicht ausführlich genug<br />

beachtetes Thema hier gründlich<br />

und umfassend dargestellt zu<br />

haben. Die Bibliographie mit über<br />

30 Seiten mit jeweils bis zu 20<br />

Titeln lässt dem Leser zudem jede<br />

Möglichkeit des selbstständigen<br />

Weiterstudiums.<br />

Dr. Peter Barkey<br />

Stand und Perspektive betrieblicher<br />

Suchtprävention und<br />

Suchthilfe<br />

Reader zur Fachtagung des<br />

Regionalen Arbeitskreises<br />

Betriebliche Suchtprävention<br />

(RABS) Weser-Ems am 05. April<br />

2000 <strong>in</strong> der Carl von Ossietzky<br />

Universität Oldenburg / Bibliotheks-<br />

und Informationssystem<br />

der Universität Oldenburg 2000<br />

Neuland-Verlag, Günter<br />

Schumann (Hg.)<br />

248 S., DM 16,00<br />

Wenn man davon ausgeht, dass<br />

sich <strong>in</strong> Unternehmen ebenso viele<br />

Suchtkranke bef<strong>in</strong>den wie <strong>in</strong> der<br />

Gesamtbevölkerung, also etwa<br />

fünf Prozent chronisch<br />

Kranke und etwa vierzehn Prozent<br />

schwere Alkholmissbraucher,<br />

dann wird die Bedeutung betrieblicher<br />

Suchtprävention deutlich.<br />

Innovative Unternehmen<br />

schenken den sozialen Bed<strong>in</strong>gungen<br />

im Betrieb ebenso viel Aufmerksamkeit<br />

wie den ökonomischen<br />

und organisatorischen, da<br />

sie die wirtschaftsrelevanten<br />

Größen so genannter »weicher«<br />

Faktoren kennen. Für den Bereich<br />

des Alkoholmissbrauchs und der<br />

Alkoholkrankheit s<strong>in</strong>d zudem die<br />

Ausfallzahlen durch verm<strong>in</strong>derte<br />

Arbeitsleistung, Arbeitsfehler und<br />

-unfälle sowie Krankenstände seit<br />

den 90er Jahren gut belegt. Vor<br />

diesem H<strong>in</strong>tergrund stellt der vorliegende<br />

Reader die wesentlichen<br />

Dimensionen betrieblicher Suchtprävention<br />

aus verschiedenen<br />

Perspektiven kompetent dar. In<br />

Form e<strong>in</strong>zelner Referate werden<br />

historische, ökonomische, versicherungstechnische,<br />

rechtliche,<br />

betriebliche und rehabilitativ-therapeutische<br />

Aspekte abgehandelt.<br />

Die Autoren stammen aus dem<br />

Umfeld der Carl von Ossietzky<br />

Universität bzw. aus regionalen<br />

Institutionen und s<strong>in</strong>d mehrheitlich<br />

Fachleute der Suchthilfe und<br />

der betrieblichen Arbeit. Die e<strong>in</strong>zelnen<br />

Beiträge zeichnen sich<br />

durch Praxisnähe, gut nachvollziehbare<br />

Beispiele und s<strong>in</strong>nvolle<br />

Stoffreduktion aus. Insofern eignet<br />

sich der Reader sowohl als<br />

e<strong>in</strong>führendes Werk <strong>in</strong>s Thema für<br />

Praktiker und Studenten als auch<br />

dazu, bei Spezialfragen auszugsweise<br />

zu Rate gezogen zu werden.<br />

Frederic Fredersdorf<br />

Raucherentwöhnung <strong>in</strong><br />

Deutschland<br />

Christoph Kröger, Holger Sonntag<br />

& Rose Shaw im Auftrag der<br />

Bundeszentrale für gesundheitliche<br />

Aufklärung (Hg): -<br />

Grundlagen und kommentierter<br />

Überblick, BzgA-Schriftenreihe<br />

»Gesundheitsförderung konkret«,<br />

Bd. 2, Köln 2000, 180 S.<br />

Bei der Dom<strong>in</strong>anz <strong>in</strong> der Suchtdebatte<br />

um <strong>Drogen</strong> und Alkohol<br />

geraten die Folgen chronischen<br />

Rauchens oft aus dem Blick. Dabei<br />

ist davon auszugehen, dass Rauchen<br />

Ursache vieler Herz-Kreislauf-Erkrankungen<br />

und Krebsleiden<br />

ist. Schätzungsweise sterben<br />

jährlich über 100.000 Personen an<br />

dessen Folgen. So legte die BzgA<br />

zwischen 1997 und 1999 e<strong>in</strong>e Studie<br />

zum State-of-the-Art der<br />

Raucherentwöhnungsprogramme<br />

<strong>in</strong> Deutschland auf. Deren Ergebnisse<br />

s<strong>in</strong>d im vorliegenden Band<br />

zusammengefasst. Das vom Institut<br />

für Therapieforschung, München,<br />

realisierte Vorhaben führt <strong>in</strong><br />

die Thematik e<strong>in</strong>, stellt e<strong>in</strong>e Synopse<br />

der verschiedenartigen deutschen<br />

Entwöhnungsprogramme<br />

vor und bietet e<strong>in</strong>en Überblick<br />

über den aktuellen Stand der Evaluationsforschung<br />

zur Raucherentwöhnung.<br />

Mit dieser Studie werden<br />

die Angebote transparent und<br />

das allgeme<strong>in</strong> verständlich<br />

geschriebene Werk bietet allen<br />

Interessierten - vom Betroffenen<br />

über die Helfergruppen bis h<strong>in</strong> zu<br />

Funktions- und Entscheidungsträgern<br />

<strong>in</strong> Wohlfahrtsverbänden -<br />

Orientierungshilfen, um entweder<br />

eigenständig das Rauchen aufzugeben<br />

oder entsprechende Maßnahmen<br />

zu <strong>in</strong>itiieren. Das aufgeführte<br />

Themenspektrum reicht<br />

dabei über den gesundheitsspezifischen<br />

Stellenwert des Rauchens,<br />

die pr<strong>in</strong>zipiellen Möglichkeiten der<br />

Raucherentwöhnung (e<strong>in</strong>schließlich<br />

der Selbsthilfe) bis zu den<br />

deutschen Angeboten. Den Nichtraucher<br />

überrascht es, dass <strong>in</strong> diesem<br />

Bereich e<strong>in</strong>e Vielfalt von<br />

Selbsthilfematerialien auf unterschiedlichen<br />

Medien existiert:<br />

Publikationen s<strong>in</strong>d ebenso erhältlich<br />

wie Audio- und Videokassettten<br />

und e<strong>in</strong>e CD-ROM. Es überrrascht<br />

dagegen weniger, dass die<br />

Effektivität dieser Medien von den<br />

Autoren angezweifelt wird. Allerd<strong>in</strong>gs<br />

liegen zum Nutzen von<br />

Selbsthilfematerialien nur wenige<br />

wissenschaftliche Studien vor. Bisherige<br />

Ergebnisse sprechen dafür,<br />

dass Formen der <strong>in</strong>dividuellen<br />

Beratung bei der Raucherentwöhnung<br />

am effektivsten s<strong>in</strong>d. Der<br />

Faktor »Zeit« spielt dabei e<strong>in</strong>e<br />

bedeutsame Rolle: Zeit<strong>in</strong>tensivere<br />

E<strong>in</strong>zelkontakte und längere Beratungszeiträume<br />

erhöhen den Entwöhnungserfolg;<br />

Beratungs<strong>in</strong>halte<br />

sche<strong>in</strong>en dagegen sekundär<br />

bedeutsam zu se<strong>in</strong>. Raucher, die<br />

tatsächlich mit dem schädlichen<br />

Qualmen aufhören wollen, können<br />

sich durch diesen Band umfassend<br />

über die dafür notwendigen<br />

Bed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong>formieren.<br />

Frederic Fredersdorf<br />

Geme<strong>in</strong>sam die Magersucht<br />

besiegen<br />

Von Janet Treasure, Beltz Verlag<br />

We<strong>in</strong>heim, 2001, 213 S., DM<br />

30,00<br />

E<strong>in</strong>en Überlebens-Ratgeber, so der<br />

Orig<strong>in</strong>al-Titel (Survival Guide),<br />

wollte die Autor<strong>in</strong> schreiben, mit<br />

dem Betroffene, Freunde und<br />

Angehörige die Magersucht<br />

»geme<strong>in</strong>sam besiegen« können.<br />

Dieser Anspruch sche<strong>in</strong>t e<strong>in</strong><br />

wenig hoch gegriffen. Was Janet<br />

Treasure sicherlich gelungen ist:<br />

e<strong>in</strong> gut lesbarer Überblick über<br />

die Symptomatik der Magersucht,<br />

ihre gesundheitlichen Folgen und<br />

Indizien, an denen Angehörige<br />

diese Krankheit erkennen können.<br />

Ebenfalls positiv zu vermerken<br />

s<strong>in</strong>d die vielen Fallbeispiele, <strong>in</strong><br />

denen etliche zusätzliche Informationen<br />

über Ursachen und<br />

Behandlung »versteckt« s<strong>in</strong>d.<br />

Denn genau daran krankt das<br />

vorliegende Buch. Die Ursachenforschung<br />

wird m<strong>in</strong>imiert, ganz<br />

besonders <strong>in</strong> dem Teil des Buches,<br />

der an die Eltern gerichtet ist. Zur<br />

Magersucht sollen demnach »viele<br />

kle<strong>in</strong>e D<strong>in</strong>ge« führen, »die für sich<br />

betrachtet harmlos ersche<strong>in</strong>en<br />

mögen, jedoch <strong>in</strong> ihrer Komb<strong>in</strong>ation<br />

mit anderen Faktoren die<br />

Magersucht auslösen können«.<br />

Diskutiert werden etwa Schlankheitsmode,<br />

Gesundheitsbewusstse<strong>in</strong>,<br />

Angst vor BSE, Fett oder<br />

Zucker, genetische Disposition<br />

und auslösende Ereignisse. Der<br />

Familie wird h<strong>in</strong>gegen e<strong>in</strong> pauschaler<br />

Freibrief ausgestellt: Die<br />

meisten Untersuchungen hätten<br />

ke<strong>in</strong>e Unterschiede im Familienleben<br />

von magersüchtigen Patienten<br />

zu nichtbetroffenen Familien festgestellt.<br />

Dysfunktionale Familienstrukturen<br />

s<strong>in</strong>d für die Autor<strong>in</strong><br />

ke<strong>in</strong> Thema, obwohl etliche der<br />

Fallbeispiele darauf h<strong>in</strong>weisen.<br />

Und so vermittelt sie <strong>in</strong> ihren Ratschlägen<br />

zum »Zusammenhalt <strong>in</strong><br />

der Familie« und zum Thema<br />

Essen betroffenen Eltern das Gefühl,<br />

sie könnten alles <strong>in</strong> den Griff<br />

kriegen, wenn sie nur regelmäßig<br />

mite<strong>in</strong>ander Pläne machen und die<br />

Mahlzeiten überwachen. Mögliche<br />

Therapien durch Fachleute, ob<br />

ambulant oder stationär, werden<br />

nicht diskutiert. Der Abschnitt für<br />

Betroffene umfasst e<strong>in</strong> aufmunterndes<br />

Kapitel, das die Magersüchtigen<br />

animieren soll, ihr Problem<br />

als solches zu erkennen. Es<br />

folgen e<strong>in</strong>e umfassende Darstelllung<br />

möglicher gesundheitlicher<br />

Probleme und Gefahren und e<strong>in</strong>ige<br />

kurze H<strong>in</strong>weise zu vernünftigem<br />

Gewicht und Ernährung. Zum<br />

Thema Persönlichkeitsmerkmale<br />

bietet die Autor<strong>in</strong> dann e<strong>in</strong>e Reihe<br />

von »therapeutischen« Fragen<br />

und H<strong>in</strong>weisen, z.B. »Wurden Sie<br />

schon oft kritisiert?« oder »Versuchen<br />

Sie, sich selbst realistischer<br />

zu sehen«, verbunden mit der<br />

Aufforderung, diese Themen mit<br />

e<strong>in</strong>er Freund<strong>in</strong> oder e<strong>in</strong>em Therapeuten<br />

zu diskutieren.<br />

Alles <strong>in</strong> allem also e<strong>in</strong> Buch, das<br />

der Schwere der Krankheit und<br />

der Schwierigkeit e<strong>in</strong>er Heilung<br />

ke<strong>in</strong>esfalls gerecht wird. Tröstlich<br />

ist der Adressteil mit zahlreichen<br />

Anlaufstellen <strong>in</strong> Deutschland,<br />

Österreich und der Schweiz sowie<br />

Internetadressen, wo Betroffene<br />

und ihre Familien wirkliche<br />

Unterstützung erhalten können.<br />

Gabriele Gorny<br />

Alkohol - auch der »normale«<br />

Konsum schadet<br />

Von H.H. Kornhuber<br />

München:, Urban & Vogel, 2001,<br />

71 S., 12 Abb. ISBN: 3-86094-<br />

157-7, DM 37,90<br />

Missbrauch von Tabak und Alkohol<br />

s<strong>in</strong>d die größten weitgehend<br />

selbst verschuldeten (auch wenn<br />

für alle Abhängigkeitserkrankten<br />

e<strong>in</strong>e genetisch bed<strong>in</strong>gte Disposition<br />

von Bedeutung ist) Belastungen<br />

unseres Gesundheitswesens,<br />

besonders der gesetzlichen Krankenversicherungen.<br />

Der Preis von<br />

Zigaretten soll demnächst erhöht<br />

werden, dagegen werden alkoholische<br />

Getränke nicht belastet,<br />

weil dies politisch als nicht<br />

durchsetzbar gilt. Im Rahmen der<br />

schon seit langem entwickelten<br />

Modellvorstellungen und Programme<br />

zur Therapie und primären<br />

und sekundären Prävention<br />

der Alkoholabhängigkeit wurden<br />

neben »Health education« und<br />

Kontrolle von Werbung und Verkauf<br />

auch steuerliche Erhöhungen<br />

des Preises alkoholischer Getränke<br />

zur Reduktion des Konsums<br />

gefordert. Während das Ausmaß<br />

gesundheitlich nachteiliger Folgen,<br />

vielfältiger körperlicher, seelischer<br />

und sozialer Schäden e<strong>in</strong>es<br />

als abnorm angesehenen Tr<strong>in</strong>kverhaltens,<br />

des gewohnheitsmäßigen<br />

übermäßigen Alkoholgenussses<br />

bekannt ist und nicht<br />

unterschätzt wird, gilt der <strong>in</strong><br />

unserem Kulturkreis als »normal«<br />

angesehene und sozial akzeptierte<br />

moderate Alkoholgenuss als<br />

unbedenklich. Nachdem das<br />

moralische Modell durch das<br />

SuchtReport 1/2002<br />

SuchtReport 1/2002


58 Bücher<br />

Bücher<br />

59<br />

mediz<strong>in</strong>ische ersetzt wurde und<br />

der Alkoholismus als Krankheit<br />

i.S. der RVO (1968) anerkannt ist,<br />

wird neben den nicht <strong>in</strong>frage<br />

gestellten schädlichen Wirkungen<br />

chronischen übermäßigen Alkoholmissbrauchs<br />

e<strong>in</strong> schützender<br />

Effekt des »normalen« Konsums<br />

besonders gegenüber Herz-Kreislauf-Erkrankungen<br />

behauptet und<br />

öffentlichkeitswirksam propagiert,<br />

dass es neben Missbrauch und<br />

Sucht e<strong>in</strong>en an mediz<strong>in</strong>ische Indikationen<br />

gebundenen »richtigen<br />

Gebrauch« alkoholischer Getränke<br />

gebe (z.B. »täglich zwei Viertel<br />

Rotwe<strong>in</strong> verlängern das Leben«,<br />

Bild 12.7.01, Prof. Effenberger).<br />

In se<strong>in</strong>er Schrift tritt Kornhuber,<br />

gestützt auf eigene und fremde<br />

langjährige Untersuchungen, dieser<br />

Me<strong>in</strong>ung dezidiert entgegen.<br />

Lehrbücher und Def<strong>in</strong>itionen der<br />

Alkoholabhängigkeit beziehen<br />

sich fast ausschließlich auf den<br />

Hochdosis-Alkoholismus mit se<strong>in</strong>en<br />

Folgen und klammern den<br />

»normalen« Alkoholkonsum aus.<br />

Der Autor zeigt, dass dieser zu<br />

Niedrigdosisabhängigkeit führt,<br />

e<strong>in</strong>e Auffassung, die anhand von<br />

fast 490 <strong>in</strong> Zustimmung und Widerspruch<br />

diskutierten Publikationen<br />

der <strong>in</strong>ternationalen Literatur<br />

belegt wird. Die Niedrigdosisabhängigkeit<br />

führt zu andauerndem<br />

täglichem Konsum und durch<br />

Summation zu gravierenden<br />

Schäden. Der »normale« tägliche<br />

Alkoholkonsum erhöht Blutdruck<br />

und Puls; Alkohol ist also e<strong>in</strong><br />

Stressor, während er für den Konsumenten<br />

e<strong>in</strong> Tranquilizer zu se<strong>in</strong><br />

sche<strong>in</strong>t. Weil der Organismus, um<br />

Alkohol und Acetaldehyd, das<br />

wichtigste Stoffwechselprodukt<br />

des Äthanol, so rasch wie möglich<br />

zu verbrennen, die Verwertung<br />

anderer Energielieferanten<br />

zurückstellt, kommt es zu Insul<strong>in</strong>resistenz<br />

und zum metabolischen<br />

Syndrom: erhöhte Triglyceride<br />

und LDL-Cholester<strong>in</strong>, Hyper<strong>in</strong>sul<strong>in</strong>ismus,<br />

Blutdrucksteigerung<br />

und - auf die Dauer - Diabetes<br />

mellitus Typ II; <strong>in</strong>folge Blockierung<br />

der Lipolyse durch den<br />

erhöhten Insul<strong>in</strong>spiegel entwickelt<br />

sich e<strong>in</strong>e abdom<strong>in</strong>ale Adipositas.<br />

Die sche<strong>in</strong>bare Übersterblichkeit<br />

der Null-Tr<strong>in</strong>ker resultiert daraus,<br />

dass sie zum großen Teil ehemalige<br />

Tr<strong>in</strong>ker s<strong>in</strong>d, die die Folgen<br />

ihres Konsums (Bluthochdruck,<br />

Diabetes) und das assoziierte Rauchen<br />

<strong>in</strong> die Null-Gruppe mitnehmen.<br />

Wenig-Tr<strong>in</strong>ker, vorwiegend<br />

Oberschichtangehörige und größtenteils<br />

We<strong>in</strong>tr<strong>in</strong>ker, rauchen<br />

kaum, ernähren sich gesünder<br />

und bewegen sich <strong>in</strong> der Freizeit<br />

mehr; dieser gesunde Lebensstil,<br />

nicht Alkohol, schützt bei ihnen<br />

das Herz. Primärabst<strong>in</strong>enzler -<br />

Populationen wie die Mormonen<br />

- leben länger und haben nur die<br />

halbe Kreislauf- und Krebsmortalität.<br />

Zu den direkten kommen als<br />

<strong>in</strong>direkte Folgen der Niedrigdosisabhängigkeit<br />

Unfälle und Gewaltkrim<strong>in</strong>alität.<br />

Jeder dritte schwere<br />

Verkehrsunfall beruht auf Alkoholwirkung,<br />

überwiegend als Folge<br />

»normalen« Konsums. Die<br />

Übersterblichkeit der Männer ist<br />

nach K. wesentlich durch Alkohol<br />

bed<strong>in</strong>gt; Todesursachen s<strong>in</strong>d<br />

Unfälle und Gewalt bei den jungen,<br />

Herz<strong>in</strong>farkt, Leberzirrhose<br />

und Krebs bei den älteren Männnern.<br />

Alkohol-Prohibitionen, so<br />

auch die unter Gorbatschow,<br />

führten zu e<strong>in</strong>em deutlichen<br />

Rückgang des Todes durch<br />

Unfälle, Gewalt und Krim<strong>in</strong>alität.<br />

Die Prohibition <strong>in</strong> den USA wurde<br />

aufgegeben, weil der Staat <strong>in</strong> der<br />

Weltwirtschaftskrise Steuere<strong>in</strong>nnahmen<br />

aus Alkohol benötigte.<br />

Statt nicht praktikabler Prohibition<br />

fordert K. aus Gründen der<br />

Akzeptanz direkt von den Herstellern<br />

an die Krankenkassen<br />

abzuführende Gesundheitsabgaben<br />

auf Alkohol und Tabak, die<br />

der F<strong>in</strong>anzierung des Gesundheitswesens<br />

zugute kommen,<br />

selbst wenn so der Alkoholkonsum<br />

nicht wesentlich bee<strong>in</strong>flussbar<br />

wäre. E<strong>in</strong>e Erhöhung der<br />

Alkoholsteuer zur F<strong>in</strong>anzierung<br />

der gesetzlichen Krankenversicherung<br />

wird dann jedem Bürger<br />

e<strong>in</strong>leuchtend se<strong>in</strong>, wenn e<strong>in</strong><br />

Zusammenhang zwischen der Art<br />

der steuerlichen Belastung und<br />

der Mittelverwendung erkennbar<br />

ist und die Steuer diejenigen trifft,<br />

die durch ihr Verhalten die<br />

Krankenversicherung belasten.<br />

Kornhuber zieht die Folgerungen<br />

aus den Resultaten eigener und<br />

fremder Studien zum Thema. Die<br />

Ärzteschaft muss <strong>in</strong> Sachen Alkohol<br />

umdenken und sich, wie beim<br />

Rauchen, konsequent an die Seite<br />

der gefährdeten Patienten stellen;<br />

die Verharmlosung des Alkohols<br />

durch Ärzte und Wissenschaftler<br />

und die zu permissive E<strong>in</strong>schätzung<br />

des »normalen« Alkohol-<br />

Konsums muss beendet werden.<br />

Es s<strong>in</strong>d Forderungen, die schon<br />

seit langem erhoben, bisher aber<br />

nicht <strong>in</strong> die Praxis umgesetzt<br />

wurden. Das Buch, das e<strong>in</strong>e langjährige<br />

Forschungstätigkeit<br />

zusammenfassend darstellt und<br />

bittere Realität beschreibt, ist<br />

allen Ärzten und <strong>in</strong> mediz<strong>in</strong>ischen<br />

Assistenzberufen Tätigen,<br />

darüber h<strong>in</strong>aus auch Juristen,<br />

Politikern, Gewerkschaftlern,<br />

Wirtschaftsführern und Krankenkassen-Verantwortlichen<br />

zur e<strong>in</strong>gehenden<br />

Lektüre zu empfehlen.<br />

Es ist e<strong>in</strong> neues Signal zu e<strong>in</strong>em<br />

alten Problem, das gerade <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Zeit, <strong>in</strong> der die Gesundheitspolitik<br />

sich schier unlösbaren Schwierigkeiten<br />

gegenüber sieht, <strong>in</strong> der<br />

Öffentlichkeit zu e<strong>in</strong>er kritischen<br />

Ause<strong>in</strong>andersetzung führen und<br />

<strong>in</strong> der Sache e<strong>in</strong>en Ruck provozieren<br />

sollte.<br />

Prof. Dr. med. Gerd Huber<br />

Kontrollierter Gebrauch illegalisierter<br />

<strong>Drogen</strong><br />

Von Christoph Strieder. VWB-<br />

Verlag für Wissenschaft und<br />

Bildung, Berl<strong>in</strong> 2001, 288 S.,<br />

DM 48,00<br />

Der Autor verweist gleich zu<br />

Beg<strong>in</strong>n se<strong>in</strong>es Vorwortes auf den<br />

»Rauschklassiker« (»Rausch und<br />

Realität« von Gisela Völger und<br />

Kar<strong>in</strong> von Welck, 1982) als Ausgangspunkt<br />

se<strong>in</strong>er Überlegungen<br />

und Darlegungen. Beim Rezensenten<br />

hält sich lange der E<strong>in</strong>druck, <strong>in</strong><br />

der Veröffentlichung gehe es<br />

vordergründig um den Rausch und<br />

weniger um den kontrollierten<br />

Gebrauch von <strong>Drogen</strong>, wie es im<br />

Buchtitel vermittelt wird. Die<br />

Publikation unterteilt sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en<br />

theoretischen, e<strong>in</strong>en methodischen<br />

und e<strong>in</strong>en empirischen Teil, wobei<br />

die Theorie über die Hälfte e<strong>in</strong>nnimmt<br />

und die Methodik weniger<br />

als e<strong>in</strong> Zehntel umfasst. Damit<br />

wird eventuell deutlich, dass dieses<br />

Buch möglicherweise mehr für theorie<strong>in</strong>teressierte<br />

Leser geeignet ist<br />

und Praktiker eher zurückhaltend<br />

beim Erwerb se<strong>in</strong> könnten. Im<br />

ersten Kapitel des Theorieteils<br />

»Psychoanalyse und Rausch« wird<br />

e<strong>in</strong>e Vielzahl psychoanalytischer<br />

Theorieansätze ansatzweise erörtert.<br />

Ergänzt werden diese Darlegungen<br />

durch vier Exkurse (z.B.<br />

Der Bedeutungsverlust der Religion<br />

und se<strong>in</strong>e Auswirkungen auf<br />

Rausch und Ekstase; Sucht als<br />

frühk<strong>in</strong>dliche Störung; Kreativität<br />

und schöpferische Regression; Tiefenpsychologisch<br />

orientierte LSD-<br />

Therapie). Weshalb der Verfasser<br />

sich auf die Psychoanalyse<br />

beschränkt und z.B. verhaltenstherapeutische,<br />

<strong>in</strong>tegrative u.a. Therapieansätze<br />

nicht erwähnt, wird<br />

nicht nachvollziehbar. Und dies<br />

unter Beachtung der Tatsache, dass<br />

auch gegenwärtig e<strong>in</strong>e Vielzahl<br />

von Psychoanalytikern der<br />

Behandlung von Suchtkranken <strong>in</strong><br />

eigener Praxis eher ablehnend<br />

gegenüberstehen. Im folgenden<br />

Kapitel »Rausch und gesellschaftliche<br />

Wirklichkeit« werden historische,<br />

gesellschaftstheoretische,<br />

soziale u.a. Aspekte diskutiert. Dargestellt<br />

werden etwa die Funktion<br />

und Bedeutung des Rausches<br />

<strong>in</strong>nerhalb kapitalistischer Lebensbed<strong>in</strong>gungen.<br />

Interessant wären<br />

eventuell auch Überlegungen zum<br />

Rausch unter sozialistischen<br />

Lebensbed<strong>in</strong>gungen, da ca. e<strong>in</strong><br />

Fünftel der heutigen BRD-Bevölkerung<br />

e<strong>in</strong>e entsprechende Sozialisation<br />

erfahren hat. Auch evolutionstheoretische<br />

Gedanken, weshalb<br />

bereits Tiere den Rausch suchen,<br />

werden nicht erwähnt. Vielleicht<br />

ist dies auch im Rahmen e<strong>in</strong>er solchen<br />

Veröffentlichung zu weitführend<br />

und somit noch mehr vom<br />

Buchtitel abweichend? Im dritten<br />

Kapitel »Rausch und Identität« stehen<br />

dann vor allem sozialpsychologische<br />

Ideen von MEAD zur Diskussion.<br />

Weshalb dann die<br />

e<strong>in</strong>gangs sehr dom<strong>in</strong>ierenden<br />

psychoanalytischen Theorien <strong>in</strong><br />

den H<strong>in</strong>tergrund treten, wird nicht<br />

ausreichend deutlich. Der folgende<br />

methodische Teil beschreibt <strong>in</strong><br />

vier Kapiteln: Forschungsanliegen<br />

und Untersuchungsfragen, Methodenwahl<br />

und ihre Begründung,<br />

Beschreibung des Ablaufs der<br />

Untersuchung und die Auswertungsmethode.<br />

Interessant ist die<br />

Anwendung der Methode der<br />

Kernsatzf<strong>in</strong>dung, welche sicher<br />

auch für viele Praktiker <strong>in</strong> Beratungssituationen<br />

von Interesse se<strong>in</strong><br />

könnte. Haupt<strong>in</strong>halt des anschließenden<br />

empirischen Teils s<strong>in</strong>d acht<br />

Interviews mit gegenwärtig aktiven<br />

<strong>Drogen</strong>gebrauchern. Wobei alle<br />

(fünf Männer, drei Frauen) Cannabis<br />

gebrauchen, vier noch Alkohol<br />

benennen und e<strong>in</strong>er unregelmäßig<br />

Pilze benutzt. Auch wenn hier von<br />

»kontrolliertem Gebrauch« illegalisierter<br />

<strong>Drogen</strong> im Buchtitel<br />

geschrieben wird, handelt es sich<br />

<strong>in</strong> den Darlegungen stets nur um<br />

e<strong>in</strong>e illegalisierte Droge: Cannabis.<br />

Ist der kontrollierte Gebrauch auch<br />

von anderen illegalisierten <strong>Drogen</strong><br />

möglich? Diese Frage wird nicht<br />

beantwortet. In der »Zusammenfassenden<br />

Darstellung der Ergebnisse«<br />

wird u.a. deutlich: Alle Interviewten<br />

haben ihre ersten Rauscherfahrungen<br />

mit Alkohol gemacht.<br />

Möglicherweise erfolgt der »Rausch–<br />

e<strong>in</strong>stieg« <strong>in</strong> unserer Kultur stets<br />

über den Alkohol? Dies wäre eventuell<br />

für die Präventionsarbeit noch<br />

mehr zu beachten. Und alle haben<br />

die illegalisierten <strong>Drogen</strong> über<br />

»drogenerfahrene Freunde« erhalten,<br />

nicht über Unbekannte, Dealer<br />

u.a. Auch dies sollte eventuell<br />

mehr Beachtung <strong>in</strong> der Präventionstätigkeit<br />

erfahren. Erwähnt<br />

wird der Übergang vom täglichen<br />

Gebrauch zum kontrollierten<br />

Gebrauch, dies er<strong>in</strong>nert an die<br />

aktuellen Diskussionen zum kontrollierten<br />

Tr<strong>in</strong>ken. Die vorliegende<br />

Publikation, die aus e<strong>in</strong>er Diplomarbeit<br />

hervorgegangen ist, löst<br />

sicher ke<strong>in</strong>en »Leserausch« aus und<br />

ist für praxisorientierte Leser eher<br />

zu theorielastig. Erwartungen an<br />

wesentlich neue Erkenntnisse<br />

bezüglich des kontrollierten Gebrauchs<br />

illegalisierter <strong>Drogen</strong> werden<br />

nicht ausreichend erfüllt und<br />

dennoch stellt das Fachbuch <strong>in</strong>teressante<br />

Überlegungen und Ergebnisse<br />

im Rahmen der Studien zur<br />

qualitativen <strong>Drogen</strong>forschung und<br />

akzeptierenden <strong>Drogen</strong>arbeit dar.<br />

Allen an der »Theorie des Rausches«<br />

<strong>in</strong>teressierten Lesern ist diese<br />

Veröffentlichung zu empfehlen,<br />

da es u.a. e<strong>in</strong>e Vielzahl von weiterführenden<br />

Zitaten, e<strong>in</strong>schließlich<br />

Literaturangaben, enthält.<br />

Risiko m<strong>in</strong>dern beim<br />

<strong>Drogen</strong>gebrauch<br />

Dr. W. Kursawe<br />

Gesundheitsförderung, Verbrauchertipps,<br />

Beratungswissen,<br />

Praxishilfen. Von Jan-Hendrik<br />

Heudtlass, He<strong>in</strong>o Stöver (Hrsg.).<br />

Fachhochschulverlag, Frankfurt<br />

am Ma<strong>in</strong> 2000, 2. Auflage, Band<br />

37, 429 S., DM 38,00<br />

Die Herausgeber haben nach fünf<br />

Jahren e<strong>in</strong>e zweite, vollständig<br />

überarbeitete und erweiterte Auflage<br />

<strong>in</strong> Zusammenarbeit mit 22<br />

Autoren geschaffen. Damit ist den<br />

Verfassern e<strong>in</strong> Standardwerk<br />

gelungen, das außerordentlich<br />

beachtenswert und vor allem sehr<br />

lesenswert für e<strong>in</strong>en sehr großen<br />

Kreis von Interessenten (z.B. <strong>Drogen</strong>benutzer,<br />

-berater, Mediz<strong>in</strong>er,<br />

Therapeuten u.a.) se<strong>in</strong> sollte. Die<br />

Veröffentlichung be<strong>in</strong>haltet 20<br />

Beiträge zu ausgewählten Themenbereichen.<br />

Wobei besonders<br />

die Vielfalt der dargestellten und<br />

erörterten Aspekte hervorzuheben<br />

ist. Alle Beiträge s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> sich<br />

gegliedert und werden jeweils mit<br />

Literaturangaben abgerundet. Die<br />

Publikation <strong>in</strong>sgesamt zeichnet<br />

sich durch e<strong>in</strong>e ansprechende<br />

Aufbereitung aus. Merksätze,<br />

Stichworte und kle<strong>in</strong>e, manchmal<br />

lustige Zeichnungen tragen zur<br />

Verdeutlichung der diskutierten<br />

Positionen bei. In vielen Beiträgen<br />

s<strong>in</strong>d zusätzlich Abbildungen,<br />

Tabellen, Tests und Zeichnungen<br />

zum besseren Verstehen enthalten<br />

und die verwendeten Farben<br />

unterstützen den sehr ansprechenden<br />

Gesamte<strong>in</strong>druck. Die<br />

Hauptzielsetzung des Buches,<br />

» e<strong>in</strong>e Verbraucherberatung für<br />

<strong>Drogen</strong>konsumenten zu leisten «,<br />

wird <strong>in</strong> der E<strong>in</strong>leitung des ersten<br />

Beitrages e<strong>in</strong>deutig benannt. In<br />

allen Beiträgen werden die neuesten<br />

Erfahrungen und Kenntnissse<br />

von Betroffenen und professionell<br />

Handelnden<br />

zusammengeführt und im S<strong>in</strong>ne<br />

der Gesundheits<strong>in</strong>formation und -<br />

förderung sowie des Verbraucherschutzes<br />

dargestellt. Damit soll<br />

die Risikokompetenz der <strong>Drogen</strong>gebraucher<br />

und die Beratungskompetenz<br />

der Mitarbeiter der<br />

<strong>Drogen</strong>hilfee<strong>in</strong>richtungen ausgebaut<br />

werden. Im ersten Beitrag -<br />

»Das Konzept Gesundheitsförderung<br />

- Betroffenenkompetenz<br />

nutzen - <strong>Drogen</strong>beratung entwickeln«<br />

- werden grundlegende<br />

Positionen erörtert. Die langjährige<br />

abst<strong>in</strong>enzfixierte <strong>Drogen</strong>hilfe<br />

wird kritisch betrachtet und es<br />

wird die Selbstbestimmung der<br />

Verbraucher <strong>in</strong> den Mittelpunkt<br />

der Interaktion, der akzeptanzorientierten<br />

<strong>Drogen</strong>arbeit, gestellt.<br />

Die Autoren, Schneider und Stöver,<br />

fordern e<strong>in</strong>e Aufhebung der<br />

Trennung <strong>in</strong> Experten und Laien.<br />

Sie diskutieren kritisch, dass »...<br />

unzählige Personen und Institutionen<br />

profitieren von der Dramaturgie<br />

der Sucht ...«. Der Rezensent<br />

fragt sich, gehören die<br />

Herausgeber und Autoren solch<br />

e<strong>in</strong>es Buches nicht auch zu diesem<br />

Personenkreis? Es entsteht<br />

e<strong>in</strong> Bild von »<strong>Drogen</strong>anwälten«,<br />

»<strong>Drogen</strong>beratern«, die Verbraucher<br />

umfassend über juristische,<br />

mediz<strong>in</strong>ische, psychische, physische,<br />

soziale, f<strong>in</strong>anzielle u.a. Vorund<br />

Nachteile des <strong>Drogen</strong>gebrauchs<br />

aufzuklären versuchen.<br />

Konsumenten sollen zunehmend<br />

<strong>in</strong> die Beratungsstellen kommen,<br />

um sich gebrauchsorientiert und<br />

genussorientiert beraten zu lassen.<br />

Da gilt es möglicherweise,<br />

Berufsbilder, Anforderungsprofile<br />

u.a. der Mitarbeiter erheblich zu<br />

modifizieren. In den folgenden<br />

Beiträgen werden »<strong>Drogen</strong> - ihre<br />

Wirkungen, Nebenwirkungen,<br />

Wechselwirkungen« und »Safer<br />

use - Gesundheitstipps für <strong>Drogen</strong>gebraucher«<br />

sehr ausführlich<br />

erörtert. Hier ist e<strong>in</strong>e Vielzahl von<br />

sehr detaillierten Darstellungen<br />

zu Konsumformen, entsprechenden<br />

Werkzeugen, Überdosierungen<br />

und Vergiftungen, Injektionsarten<br />

und -techniken, Infektionsschutz<br />

u.a. enthalten. Auch sehr erfahrene<br />

»Experten und Laien« werden<br />

hier sicher Neues entdecken. Es<br />

wird z.B. e<strong>in</strong>e Konsumform von<br />

Hero<strong>in</strong>, »Spritzen ohne Nadeln«,<br />

beschrieben, die <strong>in</strong> Deutschland<br />

bisher wenig bekannt ist. Auch bei<br />

Konsumformen gibt es erhebliche<br />

regionale Unterschiede, z.B.<br />

berichteten dänische Kollegen im<br />

Rahmen e<strong>in</strong>er Fachexkursion über<br />

die vag<strong>in</strong>ale Aufnahme von alkoholgetränkten<br />

Tampons bei jungen<br />

Frauen <strong>in</strong> Dänemark. Es<br />

schließen sich Beiträge zum<br />

»Kontrollierten Alkoholkonsum -<br />

Strategien der Risikom<strong>in</strong>imierung«<br />

(S. 148 ff.) und e<strong>in</strong>e »Verbraucherberatung<br />

zur Erhaltung<br />

der Gesundheit bei Partydrogenkonsum«<br />

(S. 179 ff.) an. Zugangswege<br />

zum kontrollierten Tr<strong>in</strong>ken<br />

und Forschungsergebnisse zu dieser<br />

relativ neuen Vorgehensweise<br />

sowie E<strong>in</strong>schätzungsbogen, Tr<strong>in</strong>k-<br />

Tagebuch u.a. werden vorgestellt<br />

und auf weiterführende Literatur<br />

wird h<strong>in</strong>gewiesen. Auch bei dem<br />

Partydrogenkonsum werden Prävention,<br />

Gesundheitsförderung,<br />

Verbraucherschutz u.a. erörtert.<br />

Das Internet wird im Rahmen der<br />

Verbraucherberatung diskutiert.<br />

E<strong>in</strong> beachtenswertes Internetangebot<br />

zu Partydrogen bietet die<br />

Suchtprävention der <strong>Drogen</strong>hilfe<br />

Köln e.V. unter www. partypack.de<br />

(!). Im Mittelpunkt der nächsten<br />

drei Beiträge stehen »Zauberpilze -<br />

Ihr historischer und moderner<br />

Gebrauch«, »Cannabis denn Sünde<br />

se<strong>in</strong> ? - Mit Kiffertest« und »Safer<br />

Use: Pillen - Informationen und<br />

Ratschläge«. Es werden stets historische,<br />

pharmakologische, juristische<br />

u.a. Aspekte dargelegt.<br />

Konsummuster, Risiken und Hilfen<br />

werden umfassend aufgezeigt<br />

und Tests, z.B. Kiffertest, zur<br />

Eigenanwendung und -auswertung<br />

s<strong>in</strong>d vorhanden. Diese Beiträge<br />

s<strong>in</strong>d möglicherweise<br />

besonders für junge Leser von<br />

besonderem Interesse. »Hilfen im<br />

<strong>Drogen</strong>notfall und bei Erkrankungen<br />

<strong>in</strong>folge <strong>Drogen</strong>gebrauchs«<br />

enthält sehr viele praxisorientierte<br />

Handlungsanleitungen für entsprechende<br />

Situationen. In zwei<br />

darauf folgenden Beiträgen werden<br />

spezielle Themenbereiche, z.B.<br />

Naloxanvergabe und Hepatitis,<br />

ausführlich beschrieben. Die Notwendigkeit<br />

von frauenspezifischen<br />

Angeboten <strong>in</strong> der <strong>Drogen</strong>hilfe ist<br />

sicher unbestritten und somit s<strong>in</strong>d<br />

entsprechende Beiträge im vorliegenden<br />

Werk folgerichtig und<br />

angemessen. »<strong>Drogen</strong>abhängigkeit<br />

und Schwangerschaft«, »<strong>Drogen</strong>abhängigkeit<br />

und die Zeit nach der<br />

Geburt« und »Safer Sex für Frauen,<br />

die anschaffen« s<strong>in</strong>d drei Beiträge,<br />

die e<strong>in</strong>e Vielzahl von Erfahrungen,<br />

Erkenntnissen und neuen Ideen für<br />

frauenspezifisches Arbeiten <strong>in</strong> der<br />

<strong>Drogen</strong>hilfe enthalten. E<strong>in</strong> Tabuthema<br />

<strong>in</strong> vielen Kreisen ist häufig<br />

noch die Situation von drogengebrauchenden<br />

Strichern. Der Beitrag<br />

»Voll drauf und gut angeschafft<br />

- Hilfreiche Tipps für<br />

drogengebrauchende Stricher«<br />

hellt dieses Thema sehr beachtlich<br />

auf. In e<strong>in</strong>igen Großstädten, z.B.<br />

<strong>in</strong> Köln - Looks e.V., beschäftigen<br />

sich Vere<strong>in</strong>e professionell mit dieser<br />

Zielgruppe. Weitere Beiträge<br />

beschäftigen sich u.a. noch mit<br />

der Infektionsprophylaxe im Justizvollzug,<br />

mit dem sehr aktuellen<br />

Thema »Konsumräume als professionelles<br />

Angebot der Suchtkrankenhilfe«,<br />

mit <strong>Drogen</strong> und<br />

Straßenverkehr sowie mit vielen<br />

damit verbundenen Aspekten. Es<br />

folgen Beiträge mit umfangreichen<br />

H<strong>in</strong>weisen zu Informationsmaterialien<br />

und zum Bereich »Das<br />

Internet - Nutzen und Chancen<br />

SuchtReport 1/2002<br />

SuchtReport 1/2002


60 Bücher<br />

Bücher<br />

61<br />

für <strong>Drogen</strong>arbeit und <strong>Drogen</strong>forschung«.<br />

Vor- und Nachteile des<br />

Internets werden erörtert, e<strong>in</strong>e<br />

L<strong>in</strong>ksammlung (Stand: Mai 2000)<br />

wird angeboten und viele neue<br />

Forschungsrichtungen werden<br />

andiskutiert. E<strong>in</strong> solides Sachwortverzeichnis<br />

und die Vorstelllung<br />

der Autoren runden das sehr<br />

ansprechende Werk ab. Für den<br />

Rezensenten gab es bisher e<strong>in</strong>e<br />

<strong>Drogen</strong>fibel:»<strong>Drogen</strong>praxis - <strong>Drogen</strong>recht<br />

- <strong>Drogen</strong>politik« von L.<br />

Böll<strong>in</strong>ger, H. Stöver, L. Fietzek.<br />

Das vorliegende Werk wird möglicherweise<br />

die zweite »<strong>Drogen</strong>fibel«.<br />

Die evidente Aufbereitung<br />

der enthaltenen Beiträge macht<br />

dieses Buch zu e<strong>in</strong>er Muss-, zu<br />

e<strong>in</strong>er Zwangs- oder besser zu<br />

e<strong>in</strong>er Pflichtlektüre für alle <strong>Drogen</strong>verbraucher<br />

und Verbraucherschützer<br />

und Mitarbeiter <strong>in</strong> der<br />

<strong>Drogen</strong>hilfe.<br />

Dr. W. Kursawe<br />

Sexueller Missbrauch - Schutz<br />

durch Aufklärung<br />

Von Kar<strong>in</strong> Frei, Ravensburger<br />

Buchverlag, Ravensburg 1997, 3.,<br />

überarbeitete Auflage, 192 S.,<br />

DM 19,90<br />

E<strong>in</strong> Albtraum für jeden, dem K<strong>in</strong>der<br />

nahe stehen: sexueller Missbrauch.<br />

Aber die Angst bleibt diffus: Wo<br />

s<strong>in</strong>d die K<strong>in</strong>der am stärksten gefährdet?<br />

Wie kann man sie effektiv<br />

schützen? Die Psycholog<strong>in</strong> Kar<strong>in</strong><br />

Frei beantwortet <strong>in</strong> ihrem Ratgeber<br />

diese und viele andere Fragen. Der<br />

erste Teil des Buches ist der Information<br />

gewidmet. Die Autor<strong>in</strong><br />

macht deutlich, dass sexueller Missbrauch<br />

bereits weit vor dem eigentlichen<br />

Geschlechtsverkehr anfängt<br />

und dass nicht nur Mädchen<br />

gefährdet s<strong>in</strong>d. Sie beschreibt Verhaltensweisen,<br />

an denen man Missbrauch<br />

erkennen kann, und erklärt,<br />

warum Mütter manchmal nichts<br />

merken. Vor allem aber betont Frei,<br />

dass bei rund 75 Prozent aller missbrauchten<br />

K<strong>in</strong>der der leibliche Vater<br />

oder e<strong>in</strong>e ähnliche väterliche Bezugs–<br />

person der Täter ist. Damit kann<br />

aber als wirksamer Schutz nicht<br />

genügen, die K<strong>in</strong>der vor dem bösen<br />

fremden Mann auf dem Spielplatz<br />

oder dem Weg zur Schule zu warnen.<br />

Der zweite Teil des Buches ist<br />

der Prävention gewidmet, die laut<br />

Kar<strong>in</strong> Frei <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie dar<strong>in</strong><br />

besteht, die K<strong>in</strong>der <strong>in</strong> ihrem Selbstbewusstse<strong>in</strong><br />

zu stärken. K<strong>in</strong>der, die<br />

selbst über ihren Körper bestimmen<br />

dürfen, die gelernt haben, auf ihre<br />

eigenen Gefühle zu hören und ihre<br />

Grenzen zu verteidigen, s<strong>in</strong>d eher<br />

<strong>in</strong> der Lage, Missbrauchssituationen<br />

zu erkennen und abzuwehren, als<br />

e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d, dessen Intimsphäre schon<br />

im Alltag nicht beachtet wird.<br />

Wichtig ist es auch, mit K<strong>in</strong>dern<br />

frühzeitig über Sexualität zu sprechen,<br />

damit sie überhaupt <strong>in</strong> der<br />

Lage s<strong>in</strong>d, über eventuelle Übergriffe<br />

zu sprechen. Der Ratgeber<br />

von Kar<strong>in</strong> Frei <strong>in</strong>formiert mit vielen<br />

Beispielfällen und bietet gleichzeitig<br />

konkrete Hilfestellung. Dadurch<br />

zeichnet er sich aus. Zahlreiche<br />

Spiel- und Gesprächsvorschläge,<br />

Empfehlungen von K<strong>in</strong>derbüchern<br />

und Sekundärliteratur erleichtern<br />

den Eltern den richtigen Umgang<br />

mit diesem schwierigen Thema. Für<br />

Erzieher<strong>in</strong>nen, aber auch für Angehörige<br />

s<strong>in</strong>d H<strong>in</strong>weise hilfreich, die<br />

zeigen, wie man sich bei Verdacht<br />

auf sexuellen Missbrauch am<br />

besten verhält, und was zu tun ist,<br />

wenn e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d über den Missbrauch<br />

spricht.<br />

Tabakabhängigkeit<br />

Gabriele Gorny<br />

Gesundheitliche Schäden durch<br />

das Rauchen. Ursachen - Folgen -<br />

Behandlungsmöglichkeiten -<br />

Konsequenzen für Politik und<br />

Gesellschaft. Von Knut-Olaf<br />

Hauste<strong>in</strong>. Deutscher Ärzte-Verlag,<br />

Köln 2001, 478 S., DM 78,00,<br />

ISBN 3-7691-0390-4<br />

Epidemiologische Analysen belegen,<br />

dass weltweit jedes Jahr über<br />

3 Millionen Menschen an den<br />

Folgen des Rauchens sterben. Das<br />

Inhalieren von Tabakrauch ist für<br />

80 bis 90 Prozent der chronischen<br />

Atemwegserkrankungen, 80 bis<br />

85 Prozent aller Lungenkrebse<br />

und 25 bis 43 Prozent aller koronaren<br />

Herzerkrankungen ursächlich<br />

verantwortlich. Von allen<br />

Krebstodesfällen werden alle<strong>in</strong> 25<br />

bis 30 Prozent auf das Rauchen<br />

zurückgeführt. Von den 80 Millionen<br />

E<strong>in</strong>wohnern der Bundesrepublik<br />

Deutschland versterben<br />

jährlich über 100.000 an den Folgen<br />

des Rauchens. Wenngleich<br />

diese Tatsachen allgeme<strong>in</strong> weith<strong>in</strong><br />

bekannt s<strong>in</strong>d und e<strong>in</strong>e Vielzahl<br />

von Informationsschriften zu<br />

unterschiedlichen Fragen zum<br />

Thema »Rauchen« vorliegen, fehlte<br />

bislang e<strong>in</strong> umfassend mediz<strong>in</strong>isch<br />

fundiertes Werk, das nicht<br />

nur die gesundheitlichen Schäden<br />

durch das Rauchen aufzeigt, sondern<br />

sich gleichermaßen auch den<br />

Ursachen, Behandlungsmöglichkeiten<br />

und den Konsequenzen für<br />

Politik und Gesellschaft widmet.<br />

Hier verdient der kl<strong>in</strong>ische Pharmakologe<br />

Knut-Olaf Hauste<strong>in</strong><br />

besondere Beachtung, da er mit<br />

dem vorliegenden Buch erstmals<br />

e<strong>in</strong>e umfassende Monographie<br />

zur Tabakabhängigkeit vorgelegt<br />

hat. Der Autor, Gründer der Deutschen<br />

Gesellschaft für Nikot<strong>in</strong>forschung<br />

e.V. und seit 1999 Leiter<br />

des neu gegründeten Instituts für<br />

Nikot<strong>in</strong>forschung und Raucherentwöhnung<br />

(Erfurt), beg<strong>in</strong>nt se<strong>in</strong>e<br />

<strong>in</strong> 15 Kapitel untergliederte<br />

Darstellung mit e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>teressanten<br />

Abhandlung über die Geschichte<br />

des Tabaks, bevor er mit<br />

e<strong>in</strong>er Epidemiologie der Tabakabhängigkeit<br />

se<strong>in</strong>er Leserschaft die<br />

erschreckenden Auswirkungen<br />

dieser von Menschen erzeugten<br />

Epidemie vorstellt. Weitere Kapitel,<br />

an deren Ende sich jeweils<br />

umfangreiche Literaturangaben<br />

f<strong>in</strong>den, widmen sich den Tabak<strong>in</strong>haltsstoffen<br />

sowie der Pharmakologie<br />

und Pharmakok<strong>in</strong>etik von<br />

Nikot<strong>in</strong>, bevor ausführlich die<br />

Auswirkungen des Rauchens auf<br />

Lungenerkrankungen und Herz-<br />

Kreislauf-Erkrankungen sowie die<br />

schädlichen Effekte auf verschiedene<br />

weitere Organsysteme -<br />

unter anderem Zentralnervensystem,<br />

Augenerkrankungen, Ohren,<br />

Mundhöhle und Kehlkopf, Stoffwechsel,<br />

Gastro- und Urogenitaltrakt,<br />

die Haut - dargestellt werden.<br />

Die Gefahren des Rauchens<br />

für das Neugeborene und den<br />

Säugl<strong>in</strong>g sowie das Problem des<br />

Passivrauchens werden e<strong>in</strong>drukksvoll<br />

beschrieben. Im Unterschied<br />

zu anderen Raucherentwöhnungsratgebern<br />

stellt<br />

Knut-Olaf Hauste<strong>in</strong> die diversen<br />

Therapiemöglichkeiten <strong>in</strong> ihren<br />

Vor- und Nachteilen entlang der<br />

ganzen Bandbreite dar. Davon<br />

ausgehend, dass es besonders<br />

wichtig ist, den E<strong>in</strong>stieg <strong>in</strong> das<br />

Rauchen bei Jugendlichen zu verh<strong>in</strong>dern,<br />

widmet der Autor den<br />

Maßnahmen zur Primärprävention<br />

e<strong>in</strong> besonderes Kapitel. E<strong>in</strong><br />

Verdienst der Veröffentlichung<br />

liegt dar<strong>in</strong>, dass auch die »politische«<br />

Dimension der angesprochenen<br />

Probleme <strong>in</strong> den Kapiteln<br />

»Tabak<strong>in</strong>dustrie und Werbung«<br />

und »Gesellschaft, Politik und<br />

Tabak<strong>in</strong>dustrie« kritisch beleuchtet<br />

werden. Im abschließenden<br />

Kapitel »Zusammenfassung und<br />

Ausblick« betont der Autor, dass<br />

Deutschland bezüglich der<br />

gesundheitspolitischen Konsequenzen<br />

gegenüber dem Rauchen<br />

als »Entwicklungsland« zu<br />

bezeichnen ist. Ergänzt wird die<br />

übersichtlich und systematisch<br />

gegliederte Darstellung durch e<strong>in</strong><br />

Verzeichnis derzeitig verfügbarer<br />

Beratungs- und Kontaktstellen<br />

sowie e<strong>in</strong> ausführliches Sachverzeichnis.<br />

Das mit zahlreichen<br />

Abbildungen ausgestattete Buch,<br />

mit dessen Hilfe sich auch sehr<br />

gut Sem<strong>in</strong>are und Fortbildungen<br />

zum Thema Raucherentwöhnung<br />

vorbereiten lassen, kann jedem<br />

une<strong>in</strong>geschränkt empfohlen werden,<br />

der sich <strong>in</strong>tensiv über das<br />

Tabakrauchen und die damit verbundenen<br />

Probleme <strong>in</strong>formieren<br />

möchte. Auf dem e<strong>in</strong>schlägigen<br />

Buchmarkt ist es sicherlich e<strong>in</strong>e<br />

der wichtigsten Veröffentlichungen<br />

der letzten Jahre.<br />

Hubert Koll<strong>in</strong>g<br />

Wenn ich erst wieder Arbeit habe<br />

Adaptionsbehandlung als zweite<br />

Phase der mediz<strong>in</strong>ischen<br />

Rehabilitation Suchtkranker.<br />

Herausgegeben von Mart<strong>in</strong> Heide,<br />

Neuland-Verlagsgesellschaft mbH,<br />

Geesthacht 2001,<br />

102 S., DM 39,80<br />

Entgiftung und Suchttherapie -<br />

nicht immer ist Suchtkranken<br />

damit schon ausreichend geholfen.<br />

Fehlende soziale B<strong>in</strong>dungen,<br />

Arbeits- und Wohnungslosigkeit<br />

können e<strong>in</strong>e weitere stationäre<br />

Maßnahme erfordern, um den<br />

drohenden Rückfall zu vermeiden:<br />

die Adaptionsbehandlung.<br />

Die vorliegende Aufsatzsammlung<br />

liefert <strong>in</strong>teressierten Fachleuten<br />

e<strong>in</strong>en <strong>in</strong>formativen Überblick<br />

über wesentliche Aspekte<br />

dieser zweiten Phase der mediz<strong>in</strong>ischen<br />

Rehabilitation. Mart<strong>in</strong><br />

Heide stellt zunächst die Therapiemöglichkeiten<br />

<strong>in</strong> der Adaptionsphase<br />

vor und erläutert, <strong>in</strong><br />

welchen Fällen sie zwischen Entwöhnungsbehandlung<br />

und klassischer<br />

Nachsorge zwischengeschaltet<br />

werden sollte. Ra<strong>in</strong>er<br />

Verstege skizziert die Entwicklung<br />

von der stationären Nachsorge<br />

der 70er Jahre zur heutigen Adaption<br />

und diskutiert die Unterschiede<br />

zwischen beiden Maßnahmen.<br />

Helga Schallenberg stellt<br />

aus Sicht der BfA als Kostenträger<br />

klar, dass die Adaptionsbehandlung<br />

dazu dient, e<strong>in</strong>en<br />

Patienten bei der eigenständigen<br />

Bewältigung e<strong>in</strong>es erhöhten<br />

Rückfallrisikos therapeutisch zu<br />

unterstützen. Dabei müssen die<br />

mediz<strong>in</strong>ischen Maßnahmen auf<br />

den Patienten (nicht auf die sozialen<br />

Bed<strong>in</strong>gungen) e<strong>in</strong>wirken,<br />

damit dieser sich mit se<strong>in</strong>er <strong>in</strong>dividuellen<br />

Gefährdung ause<strong>in</strong>ander<br />

setzt und dabei lernt, diese zu<br />

überw<strong>in</strong>den. Im Gegensatz zum<br />

Schonraum der Fachkl<strong>in</strong>ik wird<br />

vom Patienten hier erwartet, dass<br />

er die Anforderungen des Lebensalltags,<br />

die Wohnungs- und<br />

Arbeitssuche aus eigener Kraft<br />

bewältigt. Mart<strong>in</strong> Heide zeigt an<br />

Fallbeispielen, wie mühselig der<br />

Weg zur beruflichen Wiedere<strong>in</strong>gliederung<br />

Suchtkranker se<strong>in</strong><br />

kann. Julia Braun diskutiert den<br />

so genannten »Restpsychotherapiebedarf«,<br />

den die Kostenträger<br />

e<strong>in</strong>erseits fordern, um überhaupt<br />

e<strong>in</strong>e Adaptionsmaßnahme zu<br />

genehmigen, den sie andererseits<br />

aber m<strong>in</strong>imieren und auf Arbeitsaspekte<br />

begrenzt sehen wollen.<br />

Walter Olk liefert e<strong>in</strong>en positiven<br />

Erfahrungsbericht über die<br />

geme<strong>in</strong>same Adaptionsbehandlung<br />

von Alkoholabhängigen und<br />

<strong>Drogen</strong>abhängigen / Polytoxikomanen<br />

und schildert die Vorausssetzungen,<br />

unter denen <strong>in</strong>tegrierte<br />

Adaption für beide Suchtgruppen<br />

bereichernd und produktiv stattf<strong>in</strong>den<br />

kann. Ra<strong>in</strong>er Verstege<br />

wirft die Frage auf, ob adaptive<br />

Behandlungen auch für Spielsüchtige<br />

s<strong>in</strong>nvoll oder notwendig<br />

s<strong>in</strong>d, nachdem mediz<strong>in</strong>ische<br />

Rehabilitationsmaßnahmen jetzt<br />

auch für diese Patientengruppe<br />

angedacht werden. Abschließend<br />

beschäftigt sich Johannes L<strong>in</strong>denmayer<br />

mit dem modernen Phänomen<br />

der strukturellen Arbeitslosigkeit,<br />

die die berufliche<br />

Re<strong>in</strong>tegration als Ziel der Adaption<br />

erschwert. L<strong>in</strong>denmayer fordert<br />

deshalb die konzeptionelle<br />

Anpassung der Behandlung<br />

dah<strong>in</strong>gehend, dass bereits <strong>in</strong> der<br />

ersten Phase der Entwöhnung die<br />

berufliche und soziale Zukunft im<br />

Vordergrund stehen sollte und<br />

nicht wie bisher die Aufarbeitung<br />

der Suchtvergangenheit. In der<br />

Adaption selbst sollte als Alternative<br />

zur bezahlten Arbeit die<br />

Suche nach e<strong>in</strong>er S<strong>in</strong>n gebenden<br />

ehrenamtlichen Tätigkeit mit<br />

sozialer Anerkennung gefördert<br />

werden. Die Fülle der verschiedenen<br />

Diskussionsbeiträge macht<br />

das Buch zu e<strong>in</strong>er wertvollen<br />

Informationsquelle, die zu e<strong>in</strong>er<br />

erfolgreichen Zusammenarbeit<br />

der verschiedenen E<strong>in</strong>richtungen<br />

beitragen kann.<br />

Gabriele Gorny<br />

Persönlichkeitsstörungen PTT<br />

3/2000 Theorie und Therapie<br />

Die hysterische/histrionische<br />

Persönlichkeitsstörung, Saß,<br />

Henn<strong>in</strong>g Schattauer GmbH, 52<br />

S., ISBN 3-7945-1907-8, DM<br />

40,00<br />

Von der Hysterie zur histrionischen<br />

Persönlichkeit - die Umwandlung<br />

e<strong>in</strong>er Krankheit zur e<strong>in</strong>er Persönlichkeitstörung<br />

ist der <strong>in</strong>formative<br />

und kritische Inhalt des PTT Heftes<br />

3/2000. Namhafte Autoren wie<br />

Sven Olaf Hoffmann, Stavros<br />

Mentzos, Annegret Eckhardt-Henn,<br />

Carl Eduard Scheidt, Sab<strong>in</strong>e Herpertz,<br />

Henn<strong>in</strong>g Saß und Reg<strong>in</strong>a<br />

Horeis versuchen sich <strong>in</strong> der Erklärung,<br />

Bilanzierung und Wandlung<br />

e<strong>in</strong>er Krankheit <strong>in</strong> nichtdiskrim<strong>in</strong>ierenden<br />

Störungsbildern, deren<br />

Erwähnung bereits 1900 v. Chr. zu<br />

f<strong>in</strong>den ist. Während schon Hippokrates<br />

(460-370 v. Chr.) die Hysterie<br />

den Frauen zuschreibt, versucht<br />

die Psychoanalyse heute, Menschen<br />

mit histrionischen Persönlichkeitsstörungen<br />

mit e<strong>in</strong>er globalen<br />

und tief greifenden<br />

Selbstwertproblematik beiden<br />

Geschlechtes zu beschreiben. Zwar<br />

gibt es durchaus geschlechtsspezifische<br />

Reaktionen und Verläufe,<br />

aber ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>deutige Zuordnung<br />

mehr nur zu Frauen. Die Neuphänomenologie<br />

der histrionischen<br />

Persönlichkeitsstörung zeigt deutliche<br />

Überschneidungen mit anderen<br />

Störungsbildern, weswegen die<br />

Notwendigkeit der differentialdia–<br />

gnostischen Abgrenzung von der<br />

Borderl<strong>in</strong>e-, der antisozialen, der<br />

narzisstischen und abhängigen<br />

Persönlichkeit erarbeitet werden<br />

muss. Dabei könnte e<strong>in</strong> Zusammenführen<br />

der Konzepte aus der<br />

Psychoanalyse (Abwehr, Emotionalität),<br />

aus der Phänomenologie<br />

(Identität, Selbst), aus der Psychologie<br />

(Kognition) und aus der<br />

Psychopathologie zu fundierteren<br />

Erklärungen führen als e<strong>in</strong>e<br />

beschreibende Neophänomenologie.<br />

Die teilweise selbstkritische<br />

Ause<strong>in</strong>andersetzung der Autoren<br />

mit der Vielfalt von Theorien und<br />

Therapien der beschriebenen Persönlichkeitsstörungen<br />

führt zu<br />

e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>teressanten Diskussion über<br />

Werte und Normen <strong>in</strong> der Erkennnung,<br />

Zuordnung und Behandlung<br />

von Störungen oder den Umgang<br />

mit der spezifischen Wahrnehmung<br />

der realen und sozialen Umwelt.<br />

Jahrbuch Sucht 2002<br />

L.A. Pota<br />

Deutsche Hauptstelle gegen die<br />

Suchtgefahren e.V., Neuland<br />

Verlagsgesellschaft mbH, 228 S.,<br />

ISBN 3-87581-217-4, 13,90<br />

Das Jahrbuch fasst die neuesten<br />

Statistiken zum Konsum von<br />

Alkohol, illegalen <strong>Drogen</strong>, Arzneimitteln<br />

und Tabak sowie zu<br />

Suchtmitteln im Straßenverkehr<br />

und Glücksspiel zusammen. Darüber<br />

h<strong>in</strong>aus enhält es Beiträge über<br />

Konsumtrends und Konsumverhalten<br />

bei illegalen <strong>Drogen</strong>, Rück–<br />

fall und Selbsthilfe, Sucht und<br />

Migration, Grundlagen kommunaler<br />

Suchthilfeplanung sowie<br />

zur Suchtprävention. Umfangreiches<br />

Adressverzeichnis und Veranstaltungskalender<br />

runden das<br />

Werk ab.<br />

SuchtReport 1/2002<br />

SuchtReport 1/2002


62 Term<strong>in</strong>e<br />

Term<strong>in</strong>e<br />

63<br />

"22. - 23. 01. 2002<br />

Medikamente: Die stille<br />

Sucht<br />

Deutschland, Berl<strong>in</strong><br />

Institut für Betriebliche<br />

Suchtprävention Berl<strong>in</strong> e. V.<br />

Gierkezeile 39<br />

10585 Berl<strong>in</strong><br />

Telefon: 030/ 34 80 09 21<br />

E-Mail: IBS.Berl<strong>in</strong>@t-onl<strong>in</strong>e.de<br />

"24. - 24. 01. 2002<br />

Süchtig oder tüchtig?<br />

Deutschland, Berl<strong>in</strong><br />

Institut für Betriebliche<br />

Suchtprävention Berl<strong>in</strong> e. V.<br />

Gierkezeile 39<br />

10585 Berl<strong>in</strong><br />

Telefon: 030/ 34 80 09 21<br />

E-Mail: IBS.Berl<strong>in</strong>@t-onl<strong>in</strong>e.de<br />

"31.01 - 01. 02. 2002<br />

»Ausbildung zum/zur<br />

Qualitätskoord<strong>in</strong>ator/<strong>in</strong>«<br />

Modul 4: Moderation und<br />

Präsentation<br />

Deutschland, Geseke<br />

Landschaftsverband Westfalen-<br />

Lippe Koord<strong>in</strong>ationsstelle für<br />

<strong>Drogen</strong>fragen und Fortbildung<br />

Projekt QM<br />

Warendorfer Straße 25-27<br />

48133 Münster<br />

Telefon:0251/ 591 5501<br />

E-Mail:qm@lwl.org<br />

"07. - 08. 02. 2002<br />

Stressmanagement<br />

Deutschland, Berl<strong>in</strong><br />

Institut für Betriebliche<br />

Suchtprävention Berl<strong>in</strong> e. V.<br />

Gierkezeile 39<br />

10585 Berl<strong>in</strong><br />

Telefon: 030/ 34 80 09 21<br />

E-Mail: IBS.Berl<strong>in</strong>@t-onl<strong>in</strong>e.de<br />

"07. - 08. 02. 2002<br />

6th International Hepatitis C<br />

Conference<br />

Portugal, Lissabon<br />

The National Hepatitis C Resource<br />

Center<br />

P.O. Box 31844<br />

London SE II 4 DT<br />

tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g-conferences@hep-ccentre.com<br />

Fax: 020 7735 6645<br />

"10. - 13. 02. 2002<br />

Sem<strong>in</strong>ar Ȇber zehn Jahre<br />

Ambulante Rehabilitation<br />

Sucht: Erfahrungen-Konsequenzen-Perspektiven«<br />

Deutschland, Hofgeismar<br />

Diakonische Akademie Deutschland,<br />

He<strong>in</strong>rich-Mann-Straße 29<br />

13156 Berl<strong>in</strong><br />

Telefon: 030/ 48837-457<br />

"15. - 17. 02. 2002<br />

9. Münchner Aids-Tage<br />

Deutschland, München<br />

mic - mi <strong>in</strong>formation center verlag<br />

moderne <strong>in</strong>dustrie AG & Co. KG<br />

86895 Landsberg<br />

www.aids-tage.de<br />

Telefon: 08191/ 125-433<br />

E-Mail: <strong>in</strong>fo@m-i-c.de<br />

"16. 02. 2002<br />

Fortbildung »Suchtmediz<strong>in</strong>ische<br />

Grundversorgung«<br />

Bauste<strong>in</strong> II<br />

Deutschland, München<br />

Bayerische Landesärztekammer<br />

Mühlbaurstraße 16<br />

81677 München<br />

Telefon: 089/ 41 47 461<br />

E-Mail: suchtmediz<strong>in</strong>@blaek.de<br />

"20. - 21. 02. 2002<br />

Gesundheitsförderliches<br />

Führungsverhalten und<br />

Fehlzeitengespräche<br />

Deutschland, Berl<strong>in</strong><br />

Institut für Betriebliche<br />

Suchtprävention Berl<strong>in</strong> e. V.<br />

Gierkezeile 39<br />

10585 Berl<strong>in</strong><br />

Telefon: 030/ 34 80 09 21<br />

E-Mail: IBS.Berl<strong>in</strong>@t-onl<strong>in</strong>e.de<br />

"20. - 21. 02. 2002<br />

»Nicht-stoffgebundene<br />

Suchtformen« Fachsem<strong>in</strong>ar<br />

Schweiz, Aargau<br />

Sekretariat der Abteilung<br />

Weiterbildung/ Dienstleistungen,<br />

FH Aargau Soziale Arbeit,<br />

Stahlra<strong>in</strong> 2, Postfach,<br />

5201 Brugg<br />

Telefon: 056/ 462 88 00<br />

E-Mail: sa-weiterbildung@ag.ch<br />

"20. - 21. 02. 2002<br />

»Zukunft der Suchtprävention<br />

- Suchtprävention der<br />

Zukunft« Fachtagung<br />

Deutschland, Nürnberg<br />

Stadt Nürnberg, Jugendamt<br />

Koord<strong>in</strong>ationsstelle<br />

Suchtprävention<br />

Feldgasse 37<br />

90489 Nürnberg<br />

Telefon: 0911/ 231 22 98<br />

renate_rumrich@j.stadt.nuernberg.de<br />

"20. - 22. 02. 2002<br />

IV. Tagung »Die subjektive<br />

Seite der Schizophrenie«<br />

Deutschland, Hamburg<br />

Universitätskl<strong>in</strong>ikum Hamburg-<br />

Eppendorf Kl<strong>in</strong>ik und Polikl<strong>in</strong>ik<br />

für Psychiatrie und Psychotherapie<br />

Mart<strong>in</strong>straße 52<br />

20246 Hamburg<br />

Telefon: 040/ 42803-4804<br />

parchmann@uke.uni-hamburg.de<br />

"21. - 22. 02. 2002<br />

»Ausbildung zum/zur Qualitätskoord<strong>in</strong>ator/<strong>in</strong>«<br />

Modul 1:<br />

EFQM-Modell und Selbstbewertung<br />

Deutschland, Geseke<br />

Landschaftsverband Westfalen-<br />

Lippe Koord<strong>in</strong>ationsstelle für<br />

<strong>Drogen</strong>fragen und Fortbildung<br />

Projekt QM<br />

Warendorfer Straße 25-27<br />

48133 Münster<br />

Telefon: 0251/ 591 5501<br />

E-Mail: qm@lwl.org<br />

"22. 02. 2002<br />

Ȇber <strong>Drogen</strong> haben wir<br />

schon viel gesprochen«<br />

Chancen und Grenzen für<br />

suchtpräventive Anliegen<br />

im betrieblichen Ausbildungsalltag<br />

Deutschland, Berl<strong>in</strong><br />

Institut für Betriebliche Suchtprävention<br />

Berl<strong>in</strong> e. V.<br />

Gierkezeile 39<br />

10585 Berl<strong>in</strong><br />

Telefon: 030/ 34 80 09 21<br />

E-Mail: IBS.Berl<strong>in</strong>@t-onl<strong>in</strong>e.de<br />

"23. - 27. 02. 2002<br />

14. Kongress für Kl<strong>in</strong>ische<br />

Psychologie, Psychotherapie<br />

und Beratung »Gentherapie<br />

statt Psychotherapie? -<br />

(K)e<strong>in</strong> Abschied vom<br />

Sozialen?«<br />

Deutschland, Berl<strong>in</strong><br />

Deutsche Gesellschaft für<br />

Verhaltenstherapie (DGVT) e. V.<br />

Neckarhalde 55,<br />

72070 Tüb<strong>in</strong>gen<br />

Telefon: 0 70 71/94 34 94<br />

E-Mail: kongress@dgvt.de<br />

"02. 03. 2002<br />

Podiumsdiskussion »Wie<br />

schütze ich me<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d vor<br />

der Sucht? Prävention von<br />

Alkohol-, Nikot<strong>in</strong>-, Medikamenten-<br />

und <strong>Drogen</strong>missbrauch.«<br />

Deutschland, Bad Homburg<br />

SIS Vere<strong>in</strong> zur Förderung und<br />

Unterstützung der Selbsthilfe im<br />

Suchtkrankenbereich<br />

Postfach 24 30<br />

61294 Bad Homburg<br />

"04. - 06. 03. 2002<br />

Fachsem<strong>in</strong>ar »<strong>Drogen</strong>konsum<br />

<strong>in</strong> Institutionen - Augen<br />

zu oder <strong>in</strong>tervenieren?«<br />

Schweiz, Aargau<br />

Sekretariat der Abteilung<br />

Weiterbildung/ Dienstleistungen,<br />

FH Aargau Soziale Arbeit,<br />

Stahlra<strong>in</strong> 2, Postfach,<br />

5201 Brugg<br />

Telefon: 056/ 462 88 00<br />

E-Mail: sa-weiterbildung@ag.ch<br />

"04. - 08. 03. 2002<br />

Sem<strong>in</strong>ar »Sucht und Angst«<br />

Deutschland, Oerl<strong>in</strong>ghausen<br />

Diakonische Akademie Deutschland<br />

He<strong>in</strong>rich-Mann-Straße 29<br />

13156 Berl<strong>in</strong><br />

Telefon: 030/ 48837-457<br />

"05. 03. 2002<br />

Potsdamer Fachtag Integration<br />

»Da gibt es viel zu tun!<br />

- Soziale Rehabilitation«<br />

Deutschland, Potsdam<br />

Fachverband DROGEN UND<br />

RAUSCHMITTEL e. V.<br />

Odeonstraße 14<br />

30159 Hannover<br />

Telefon: 0511/ 18 333<br />

E-Mail:FDRHANNOVER@aol.com<br />

"07. - 09. 03. 2002<br />

»Ausbildung zum/zur Qualitätskoord<strong>in</strong>ator/<strong>in</strong>«<br />

Modul 3:<br />

Projektmanagement<br />

Deutschland, Geseke<br />

Landschaftsverband Westfalen-<br />

Lippe Koord<strong>in</strong>ationsstelle für<br />

<strong>Drogen</strong>fragen und Fortbildung<br />

Projekt QM<br />

Warendorfer Straße 25-27<br />

48133 Münster<br />

Telefon: 0251/ 591 5501<br />

E-Mail: qm@lwl.org<br />

"08. 03. 2002<br />

SuchtberaterIn FDR,<br />

Weiterbildung 360 Std. <strong>in</strong><br />

36 Monaten<br />

Fachverband DROGEN UND<br />

RAUSCHMITTEL e. V.<br />

Odeonstraße 14<br />

30159 Hannover<br />

Telefon: 0511/ 18 333<br />

E-Mail:FDRHANNOVER@aol.com<br />

"12. 03. 2002<br />

Sozial-/Suchttherapie<br />

(LWL) - verhaltenstherapeutisch<br />

orientiert - Kurs<br />

01 / 04, Theoriesem<strong>in</strong>ar 3<br />

Deutschland, Hemer-Ihmert<br />

Landschaftsverband Westfalen-Lippe<br />

Hörsterplatz 4,<br />

48133 Münster<br />

Telefon: 0251/5 91-54 81<br />

E-Mail: ksd@lwl.org<br />

"13. - 14. 03. 2002<br />

88. Wissenschaftliche<br />

Jahrestagung »Standard<br />

und Intuition - Leitl<strong>in</strong>ien<br />

<strong>in</strong> der Suchttherapie«<br />

Deutschland, Berl<strong>in</strong><br />

Bundesverband für stationäre<br />

Suchtkrankenhilfe e. V. »buss«<br />

Kurt-Schuhmacher-Straße 2<br />

34117 Kassel<br />

Telefon: 0561/ 77 93 51<br />

E-Mail: buss@suchthilfe.de<br />

"18. - 19. 03. 2002<br />

Suchtarbeit<br />

Schweiz, Aargau<br />

Sekretariat der Abteilung<br />

Weiterbildung/ Dienstleistungen,<br />

FH Aargau Soziale Arbeit,<br />

Stahlra<strong>in</strong> 2, Postfach,<br />

5201 Brugg<br />

Telefon: 056/ 462 88 00<br />

E-Mail: sa-weiterbildung@ag.ch<br />

"18. - 20. 03. 2002<br />

Sem<strong>in</strong>ar »Kognitiv-verhaltenstherapeutisches<br />

Programm zur Stärkung<br />

der sozialen Kompetenz<br />

und des Selbstwertgefühls<br />

bei Suchtpatienten«<br />

Deutschland, Kraichtalblick<br />

Gesamtverband für Suchtkrankenhilfe<br />

im Diak. Werk der EKD<br />

Kurt-Schuhmacher-Straße 2<br />

34117 Kassel<br />

Telefon: 0561/ 10957-20<br />

E-Mail: gvs@sucht.org<br />

"18. - 20. 03. 2002<br />

1. Sem<strong>in</strong>ar zur Suchtprävention<br />

als pädagogische<br />

Aufgabe der Schule<br />

Deutschland, Heiligkreuztal<br />

Oberschulamt Tüb<strong>in</strong>gen<br />

Postfach 21 60<br />

72011 Tüb<strong>in</strong>gen<br />

Telefon: 07071/ 200-1<br />

Aktion Jugendschutz Landesarbeitsstelle<br />

Baden-Württemberg<br />

Stafflenbergstraße 44<br />

701184 Stuttgart<br />

E-Mail: Goerlich@ajs-bw.de<br />

"03. - 06. 04. 2002<br />

Internationales Austauschtreffen<br />

»Spuren nachspüren -<br />

Wege achten - weitergehen«<br />

Schweiz, Hasliberg<br />

Dietrich Brucker<br />

Gretherstraße 21<br />

79539 Lörrach<br />

"08. 04. 2002<br />

SuchttherapeutIn, Weiterbildung<br />

725 Std. <strong>in</strong> 40<br />

Monaten<br />

Fachverband DROGEN UND<br />

RAUSCHMITTEL e. V.<br />

Odeonstraße 14<br />

30159 Hannover<br />

Telefon: 0511/ 18 333<br />

E-Mail:FDRHANNOVER@aol.com<br />

"10. - 12. 04. 2002<br />

14. Wissenschaftliche<br />

Tagung »Alkohol, Nikot<strong>in</strong>,<br />

Koka<strong>in</strong> ... und ke<strong>in</strong> Ende?«<br />

Deutschland, Berl<strong>in</strong><br />

Deutsche Gesellschaft für Suchtforschung<br />

und Suchttherapie e. V.<br />

Edit Göcke<br />

Postfach 1453/ 59004 Hamm<br />

Telefon: 02381/ 41 79 98<br />

E-Mail: dg-sucht@t-onl<strong>in</strong>e.de<br />

"10. - 12. 04. 2002<br />

Sem<strong>in</strong>ar »Qualitätsmanagement<br />

<strong>in</strong> der Suchtkrankenhilfe«<br />

Deutschland, Berl<strong>in</strong><br />

Diakonische Akademie Deutschland<br />

He<strong>in</strong>rich-Mann-Straße 29<br />

13156 Berl<strong>in</strong><br />

Telefon: 030/ 48837-457<br />

<strong>in</strong>fo@diakonische-akademie.de<br />

"11. - 12. 04. 2002<br />

»Ausbildung zum/zur<br />

Qualitätskoord<strong>in</strong>ator/<strong>in</strong>«<br />

Modul 2: Systematische<br />

E<strong>in</strong>führung und Umsetzung<br />

von Qualitätsmanagement<br />

Deutschland, Geseke<br />

Landschaftsverband Westfalen-<br />

Lippe Koord<strong>in</strong>ationsstelle für<br />

<strong>Drogen</strong>fragen und Fortbildung<br />

Projekt QM<br />

Warendorfer Straße 25-27<br />

48133 Münster<br />

Telefon: 0251/ 591 5501<br />

E-Mail: qm@lwl.org<br />

"15. - 19. 04. 2002<br />

Basistra<strong>in</strong><strong>in</strong>g für MitarbeiterInnen<br />

<strong>in</strong> der Suchtkrankenhilfe<br />

Deutschland, Bad Wildungen<br />

Gesamtverband für Suchtkrankenhilfe<br />

im Diak. Werk der EKD<br />

Kurt-Schuhmacher-Straße 2<br />

34117 Kassel<br />

Telefon: 0561/ 10957-20<br />

E-Mail: gvs@sucht.org<br />

"14. - 26. 04. 2002<br />

52. L<strong>in</strong>dauer Psychotherapiewochen<br />

Deutschland,L<strong>in</strong>dau<br />

Organisationsbüro<br />

Platzl 4 A<br />

80331 München<br />

Telefon: 089/ 29 16 38 55<br />

"15. 04. 2002<br />

»Leadership Competence«<br />

Weiterbildung für Führungskräfte<br />

<strong>in</strong> der Suchthilfe,<br />

ca. 80 Unterrichtsstunden<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Jahr<br />

Fachverband DROGEN UND<br />

RAUSCHMITTEL e. V.<br />

Odeonstraße 14<br />

30159 Hannover<br />

Telefon: 0511/ 18 333<br />

E-Mail:FDRHANNOVER@aol.com<br />

"19. - 21. 04. 2002<br />

Fortbildungssem<strong>in</strong>ar »Ungefütterte<br />

K<strong>in</strong>der dürfen<br />

Nachschlag nehmen«<br />

Deutschland, Frankfurt/ Ma<strong>in</strong><br />

Frankfurter Zentrum f. Ess-Störungen<br />

Hansaallee 18<br />

60322 Frankfurt/ Ma<strong>in</strong><br />

Telefon: 069/ 5 96 17 23<br />

E-Mail:www.fz-ess-stoerungen.de<br />

"22. - 24. 04. 2002<br />

Sem<strong>in</strong>ar »Rückfallprophylaxe«<br />

Deutschland, Hofgeismar<br />

Gesamtverband für Suchtkrankenhilfe<br />

im Diak. Werk der EKD<br />

Kurt-Schuhmacher-Straße 2<br />

34117 Kassel<br />

Telefon: 0561/ 10957-20<br />

E-Mail: gvs@sucht.org<br />

"22. - 26. 04. 2002<br />

Sem<strong>in</strong>ar »Sucht und Co-<br />

Morbidität«<br />

Deutschland, Oerl<strong>in</strong>ghausen<br />

"23. - 24. 04. 2002<br />

Sem<strong>in</strong>ar »Sozialrechtliche<br />

Fragestellungen <strong>in</strong> der<br />

Nachsorge«<br />

Deutschland, Hofgeismar<br />

Gesamtverband für Suchtkrankenhilfe<br />

im Diak. Werk der EKD<br />

Kurt-Schuhmacher-Straße 2<br />

34117 Kassel<br />

Telefon: 0561/ 10957-20<br />

"23. - 25. 04. 2002<br />

2.Sem<strong>in</strong>ar zur Suchtprävention<br />

als pädagogische<br />

Aufgabe der Schule<br />

Deutschland, Sasbachwalden<br />

Oberschulamt Karlsruhe<br />

Postfach 48 40<br />

76031 Karlsruhe<br />

Telefon: 0721/ 926-5100<br />

Aktion Jugendschutz Landesarbeitsstelle<br />

Baden-Württemberg<br />

Stafflenbergstraße 44<br />

701184 Stuttgart<br />

E-Mail: Goerlich@ajs-bw.de<br />

"24. 04. 2002<br />

Fachtag »Jugendhilfe und<br />

Suchthilfe im Dialog«<br />

Deutschland, Potsdam<br />

Fachverband DROGEN UND<br />

RAUSCHMITTEL e. V.<br />

Odeonstraße 14<br />

30159 Hannover<br />

Telefon: 0511/ 18 333<br />

E-Mail:FDRHANNOVER@aol.com<br />

SuchtReport 1/2002<br />

SuchtReport 1/2002


64 Term<strong>in</strong>e / Impressum<br />

"27. 04. 2002<br />

Fortbildung »Suchtmediz<strong>in</strong>ische<br />

Grundversorgung«<br />

Bauste<strong>in</strong> III<br />

Deutschland, München<br />

Bayerische Landesärztekammer<br />

Mühlbaurstraße 16<br />

81677 München<br />

Telefon: 089/ 41 47 461<br />

E-Mail: suchtmediz<strong>in</strong>@blaek.de<br />

"03. - 07. 05. 2002<br />

54. Verhaltenstherapiewoche<br />

Deutschland, Lübeck<br />

IFT Institut für Therapieforschung<br />

Parzivalstraße 25<br />

80804 München<br />

Telefon: 089/ 360804-29<br />

E-Mail: andersson@ift.de<br />

"09. - 11. 05. 2002<br />

9. Basler Psychotherapietage<br />

»VOM ICH ZUM WIR -<br />

PSYCHOTHERAPIE UND<br />

SOZIALE WIRKLICHKEIT«<br />

Schweiz, Basel<br />

perspectiva GmbH<br />

Bahnhofstraße 63<br />

Postfach<br />

CH -4125 Riehen 1<br />

Telefon: 0041 (0)61 641 64 87<br />

E-Mail: <strong>in</strong>fo@perspectiva.ch<br />

"10. - 14. 05. 2002<br />

Sozial-/Suchttherapie<br />

(LWL) - verhaltenstherapeutisch<br />

orientiert - Kurs<br />

01 / 04, Intensivblock 4<br />

Deutschland, Hemer-Ihmert<br />

Landschaftsverband Westfalen-Lippe<br />

Hörsterplatz 4,<br />

48133 Münster<br />

Telefon: 0251/5 91-54 81<br />

E-Mail: ksd@lwl.org<br />

"11. 05. 2002<br />

Fortbildung »Suchtmediz<strong>in</strong>ische<br />

Grundversorgung«<br />

Bauste<strong>in</strong> IV<br />

Deutschland, München<br />

Bayerische Landesärztekammer<br />

Mühlbaurstraße 16<br />

81677 München<br />

Telefon: 089/ 41 47 461<br />

E-Mail: suchtmediz<strong>in</strong>@blaek.de<br />

"14. - 16. 05. 2002<br />

EUROPAD - 5th Conference<br />

of The European Opiate<br />

Addiction Treatment<br />

Association<br />

Norway, Oslo<br />

University of Oslo The Faculty of<br />

Medic<strong>in</strong>e/ Unit for Addiction<br />

Medic<strong>in</strong>e<br />

Kirkevn. 166<br />

0407 Oslo<br />

Telefon: 23016057<br />

egil.haga@psykiatri.uio.no<br />

"17. 05. 2002<br />

Systemische Reflexion zu<br />

Sucht - Das Frankfurter<br />

Modell<br />

Deutschland, Frankfurt/Ma<strong>in</strong><br />

Institit für systemische Theorie<br />

und Praxis<br />

Zeißelstraße 11 a,<br />

60318 Frankfurt/Ma<strong>in</strong><br />

Telefon: 069/95 51 37-0<br />

E-Mail: office@istup-ffm.de<br />

"21. - 24. 5. 2002<br />

Suchttherapietage 2002<br />

»Konsum kontrollierbar -<br />

Kontrollierter Konsum«<br />

Deutschland, Hamburg<br />

Kongreß Suchttherapietage<br />

Mart<strong>in</strong>istraße 52<br />

20246 Hamburg<br />

Telefon: 040/428 03 51 21<br />

kontakt@suchttherapietage.de<br />

"5. - 7. 6. 2002<br />

25. Bundes<strong>Drogen</strong>Kongreß<br />

»<strong>Europa</strong> Sucht Integration«<br />

Deutschland, Niedernhausen<br />

Fachverband <strong>Drogen</strong> und<br />

Rauschmittel e. V.<br />

Odeonstraße 14<br />

30159 Hannover<br />

Telefon: 0511/18333<br />

FDRHANNOVER@aol.com<br />

SuchtReport<br />

Europäische Fachzeitschrift für Suchtprobleme<br />

Herausgeber und Verlag:<br />

STIFTUNG SYNANON<br />

Postfach 61 04 50, 10927 Berl<strong>in</strong><br />

Redaktion: Bernburger Straße 10, 10963 Berl<strong>in</strong><br />

Telefon: (030) 55 000 111<br />

Telefax: (030) 55 000 110<br />

E-Mail: mail@suchtreport.de<br />

Internet: http://www.suchtreport.de<br />

ISSN: 0930-8350<br />

Redaktion: Michael Frommhold (Leitung, Seite 1),<br />

L<strong>in</strong>da Amoulong, Elke Al Khatib, Renate Mate<strong>in</strong>a, Marek<br />

Wojcieszek<br />

v. i. S. d. P.: STIFTUNG SYNANON, 1. Vors.: Peter Els<strong>in</strong>g<br />

Korrektorat: Bernd Vielhaber, Interlektor.de<br />

Grafische Gestaltung: AUTHENTIC de:cade GbR, Berl<strong>in</strong><br />

www.authentic.de<br />

Autoren: Kathy Robertson, Europäische Beobachtungsstelle für<br />

<strong>Drogen</strong> und <strong>Drogen</strong>sucht, EMCDDA, Rua da Cruz de Santa<br />

Apolónia 23, P-1149-045 Lissabon, Portugal<br />

Dr. Dietmar Czycholl, Dipl.-Psych., Psychotherapeut und Leiter des<br />

Zentrums I der <strong>Drogen</strong>hilfe Tüb<strong>in</strong>gen e.V., Rippoldsauerstraße 69,<br />

72250 Freudenstadt-Kniebis<br />

Dr. med. Carl Nedelmann, Blumenau 92, 22089 Hamburg<br />

Dr. Elisabeth Wienemann, Zentrale E<strong>in</strong>richtung Weiterbildungsstudium<br />

Arbeitswissenschaft Universität Hannover, Lange Laube 32,<br />

30159 Hannover<br />

Mathias Haug, Suchtbeauftragter des Landkreises Karlsruhe,<br />

Kaiserallee 109, 76133 Karlsruhe<br />

Prof. Dr. Klaus Hurelmann, Arbeitsgruppe Prävention und Gesundheitsförderung,<br />

Universität Bielefeld, Universitätsstraße 25,<br />

33615 Bielefeld<br />

Die Adressen der Rezensenten s<strong>in</strong>d der Redaktion bekannt.<br />

Titelbild: action press/Zenpress<br />

Leserservice: (030) 55 000 111<br />

SuchtReport ersche<strong>in</strong>t 6-mal jährlich: der Heftpreis beträgt € 6,–;<br />

das Jahresabonnement € 30.–, der Auslandspreis für e<strong>in</strong> Jahresabonnement<br />

beträgt <strong>in</strong>nerhalb der EU € 35,– ; Bestellungen an den<br />

Verlag (Zahlung nach Erhalt der Rechnung). Das Abonnement verlängert<br />

sich automatisch um e<strong>in</strong> weiteres Jahr zu den dann gültigen<br />

Bed<strong>in</strong>gungen, wenn es nicht 2 Monate vor Ablauf gekündigt wird.<br />

Vertrieb: (030) 55 000 111<br />

Marek Wojcieszek<br />

Bankverb<strong>in</strong>dungen:<br />

Weberbank 6109302614, BLZ 101 201 00<br />

Bank für Sozialwirtschaft 31 70000, BLZ 100 205 00<br />

SuchtReport wird <strong>in</strong> Synanon-Zweckbetrieben hergestellt. In<br />

Synanon leben, beschäftigen und qualifizieren sich Süchtige und<br />

lernen, drogenfrei und ohne Krim<strong>in</strong>alität zu leben. Überschüsse der<br />

Zweckbetriebe kommen ausschließlich und unmittelbar dieser<br />

geme<strong>in</strong>nützigen Aufgabe zugute. Nachdruck, auch auszugsweise,<br />

nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages. Für unverlangt<br />

e<strong>in</strong>gesandte Manuskripte, Fotos und Illustrationen ke<strong>in</strong>e Gewähr.<br />

Beiträge mit vollem Verfassernamen müssen nicht unbed<strong>in</strong>gt der<br />

Me<strong>in</strong>ung der Redaktion entsprechen.<br />

SuchtReport 1/2002

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