Drogen in Europa - SMP-Clan
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SuchtReport<br />
Nr. 6 · Januar/Februar 2002 · 6 € · A 3417 F<br />
Intern<br />
3<br />
Europäische Fachzeitschrift für Suchtprobleme<br />
www.suchtreport.de<br />
Liebe Leser<strong>in</strong>nen<br />
und Leser,<br />
Pünktlich zur E<strong>in</strong>führung des Euro ist er da, der Jahresbericht zum Stand der <strong>Drogen</strong>problematik<br />
<strong>in</strong> der Europäischen Union. Der vorliegende Bericht zeigt, dass Ausbreitung sich der Konsums von<br />
synthetischen <strong>Drogen</strong> immer weiter ausbreitet. Beim Ecstasy-Konsum lässt sich e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>e steigende<br />
Tendenz <strong>in</strong> Regionen verzeichnet, <strong>in</strong> denen Städte oder Urlaubsorte für junge europäische Touristen<br />
besonders attraktiv s<strong>in</strong>d. Der Konsum dieser <strong>Drogen</strong> hat sich sche<strong>in</strong>bar über die »Techno-Szene« h<strong>in</strong>aus<br />
auf Diskotheken, Nachtclubs und das private Umfeld ausgeweitet. Bedrückend: Der riskante Konsum<br />
verschiedener legaler und illegaler Substanzen unter jungen Menschen nimmt zu.<br />
Noch alarmierender ist der Anstieg der HIV-Infektionen <strong>in</strong>nerhalb der EU. E<strong>in</strong>er vorläufigen<br />
Schätzung zufolge belaufen sich die dem Gesundheitswesen künftig entstehenden<br />
Behandlungskosten für e<strong>in</strong> Jahr <strong>in</strong>folge drogenbed<strong>in</strong>gter Infektionen mit HIV, dem Hepatitis-B-<br />
Virus und HCV <strong>in</strong> der EU auf etwa 1,89 Milliarden. E<strong>in</strong>en gesamten Überblick über den Jahresbericht<br />
der Europäischen beobachtungsstelle für <strong>Drogen</strong>- und <strong>Drogen</strong>sucht erhalten Sie ab Seite 4.<br />
<strong>Drogen</strong> <strong>in</strong> <strong>Europa</strong><br />
E<strong>in</strong> Wort <strong>in</strong> eigener Sache: Wir haben e<strong>in</strong>e neue Rubrik e<strong>in</strong>geführt. Sie heisst: »Kontroverse<br />
Me<strong>in</strong>ung« und soll Sie zur Diskussion anregen. Im aktuellen Heft behauptet Dr. Carl Nedelmann:<br />
Das Verbot von Cannabis sei e<strong>in</strong> kollektiver Irrtum. Die von Cannabis ausgehenden Gefahren seien<br />
ger<strong>in</strong>ger als die der legalen <strong>Drogen</strong> Alkohol<br />
und Nikot<strong>in</strong>. Die Verbreitung der Droge wird<br />
durch das Verbot nicht beschränkt, sondern<br />
sogar gefördert. Der Rechtsphilosoph<br />
Michael Köhler kam zu der E<strong>in</strong>schätzung,<br />
dass das Cannabis-Verbot e<strong>in</strong> »kollektiver<br />
Irrweg« sei, der »nicht guten Gewissens weitergegangen<br />
werden kann«. Den gesamten<br />
Artikel f<strong>in</strong>den Sie ab Seite 38.<br />
Jahresbericht der Europäischen Beobachtungsstelle für <strong>Drogen</strong> und <strong>Drogen</strong>sucht<br />
Ihre Redaktion<br />
EXTRA Die Elixire des Teufels: Literargeschichte und Gesellschaftspathologie<br />
KONTROVERSE Das Verbot von Cannabis e<strong>in</strong> kollektiver Irrweg?<br />
JUGENDSCHUTZ »Wegschauen ist ke<strong>in</strong>e Lösung« - Initative aus Karlsruhe<br />
SuchtReport 1/2002
4 Inhaltsverzeichnis<br />
Leserbriefe<br />
5<br />
RUBRIKEN<br />
Zur Sache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 1<br />
Leserbriefe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 3<br />
Term<strong>in</strong>e . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 62<br />
Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 64<br />
TITELTHEMA<br />
<strong>Drogen</strong>, e<strong>in</strong>e ständige Herausfoderung für <strong>Europa</strong><br />
Jahresbericht der Europäischen Beobachtungsstelle für <strong>Drogen</strong> und<br />
<strong>Drogen</strong>sucht (EBDD) über den Stand der <strong>Drogen</strong>problematik <strong>in</strong> der<br />
Europäischen Union<br />
Aktuelle Tendenzen und Entwicklungen<br />
von Kathy Robertson . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 4<br />
PRÄVENTION<br />
Betriebliche Suchtprävention -<br />
Die Karriere e<strong>in</strong>es Konzepts von der E<strong>in</strong>zelfallhilfe zur<br />
Managementstrategie<br />
Suchtprävention als Bestandteil moderner Managementstrategien<br />
Die zentrale Rolle der Unternehmensleitung<br />
von Dr. Elisabeth Wienemann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 14<br />
LEBENSGESCHICHTE<br />
Me<strong>in</strong> Leben, e<strong>in</strong>e Geisterbahn<br />
Jürgens Geschichte<br />
aufgezeichnet von L<strong>in</strong>da Amoulong . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 20<br />
EXTRA<br />
Die Elixiere des Teufels<br />
Literargeschichte(n) und Gesellschaftspathographie<br />
von Dr. Dietmar Czycholl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 28<br />
KONTROVERSE DISKUSSION<br />
E<strong>in</strong> kollektiver Irrweg: Das Verbot von Cannabis<br />
von Dr. Carl Nedelmann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 38<br />
AKTUELLE BERICHTE<br />
»Be Smart - Don’t Start« Nichtrauchende Schüler . . Seite 41<br />
»Wegschauen« Jugendschutz wird nicht e<strong>in</strong>gehalten Seite 42<br />
»Unterrichtsprogramme« Erwachsen werden . . . . . . . Seite 44<br />
»Marburger Suchttherapietage« Berauschend . . . . . . Seite 45<br />
MELDUNGEN & BERICHTE<br />
Morphiumsucht: Arzt wegen Betruges verurteilt . . Seite 49<br />
Hippie-Pionier Ken Kesey ist tot . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 52<br />
Rotwe<strong>in</strong> zum Lutschen: Garantiert ohne Alkohol . . Seite 53<br />
Diverse Meldungen ab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 46<br />
DER BÜCHERMARKT<br />
Alkohol & Co am Arbeitsplatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 54<br />
Ambulante Suchthilfe <strong>in</strong> Hamburg . . . . . . . . . . . . . . . Seite 54<br />
ausbrechen (Bulimie ist heilbar!) . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 55<br />
Sachfragen des Betreuungs- und<br />
Unterbr<strong>in</strong>gungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 55<br />
Vom Alkoholverbot zum Gesundheitsmanagement . Seite 55<br />
Stand und Perspektive betrieblicher<br />
Suchtprävention und Suchthilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 56<br />
Raucherentwöhnung <strong>in</strong> Deutschland . . . . . . . . . . . . . Seite 56<br />
Geme<strong>in</strong>sam die Magersucht besiegen . . . . . . . . . . . . Seite 57<br />
Alkohol - auch der »normale« Konsum schadet . . . . Seite 57<br />
Kontrollierter Gebrauch illegalisierter <strong>Drogen</strong> . . . . . Seite 58<br />
Risiko m<strong>in</strong>dern beim <strong>Drogen</strong>gebrauch . . . . . . . . . . . . Seite 59<br />
Sexueller Missbrauch - Schutz durch Aufklärung . . Seite 60<br />
Tabakabhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 60<br />
Wenn ich erst wieder Arbeit habe . . . . . . . . . . . . . . . Seite 60<br />
Persönlichkeitsstörungen PTT 3/2000<br />
Theorie und Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 61<br />
Jahrbuch Sucht 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 61<br />
Zu viele Medikamente<br />
(Heft 6/2001 »Zu viele<br />
Medikamente ...«)<br />
Ich b<strong>in</strong> Mutter e<strong>in</strong>es Mädchens,<br />
bei dem die Ärzte das Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom<br />
diagnostiziert haben.<br />
Me<strong>in</strong>e Tochter bekommt das<br />
Medikament »Rital<strong>in</strong>«. Sie ist jetzt<br />
ruhig und angepasst. Es kommen<br />
von der Schule ke<strong>in</strong>e Klagen<br />
mehr. Aber trotzdem beunruhigt<br />
mich diese Entwicklung. Me<strong>in</strong>e<br />
Tochter wirkt oft traurig und teilnahmslos.<br />
Von Freunden habe ich<br />
jetzt gehört, dass es auch se<strong>in</strong><br />
kann, dass K<strong>in</strong>der, die das ADS-<br />
Syndrom haben, zu den Indigo-<br />
K<strong>in</strong>dern gehören. Das würde<br />
bedeuten, dass sie ke<strong>in</strong>e<br />
Medikamente bekommen dürfte.<br />
Aber die Erklärungen zu den<br />
Indigo-K<strong>in</strong>dern hören sich für<br />
mich auch etwas mystisch an.<br />
Ich weiß e<strong>in</strong>fach nicht, was ich<br />
machen soll?<br />
Claudia Brehm<br />
Teupitz<br />
»Zu viele Medikamente<br />
für Zappelphilipp-<br />
K<strong>in</strong>der«<br />
Ich würde mir auch von Ihrer<br />
Zeitschrift wünschen, verstärkt<br />
auf die Problematik der Medikamentenvergabe<br />
(mit hohem<br />
Suchtpotenzial) an K<strong>in</strong>der e<strong>in</strong>zugehen.<br />
Es kann doch nicht se<strong>in</strong>,<br />
dass Millionen für Suchtforschung<br />
und Prävention ausgegeben<br />
werden und gleichzeitig<br />
schon 5-Jährige von Eltern,<br />
Lehrern und Erziehern zur<br />
E<strong>in</strong>nahme von Ersatzdrogen<br />
gedrängt werden.<br />
Ich b<strong>in</strong> Mutter e<strong>in</strong>es 10-jährigen<br />
Jungen, dem seitens der Lehrer<br />
Konzentrationsstörungen und<br />
Auffälligkeiten besche<strong>in</strong>igt werden.<br />
Me<strong>in</strong> Sohn argumentiert<br />
ernsthaft dagegen: »Ich will mich<br />
doch nur selbst verwirklichen<br />
und die <strong>in</strong> der Schule lassen mich<br />
nicht.« Das hört sich sehr »altklug«<br />
an, aber me<strong>in</strong> Sohn hat es<br />
wirklich so gesagt. Jetzt steh ich<br />
da, zwischen me<strong>in</strong>em K<strong>in</strong>d, das<br />
ich liebe mit all se<strong>in</strong>em Temperament<br />
und se<strong>in</strong>em Individualismus,<br />
und e<strong>in</strong>er Gesellschaft, die auch<br />
schon 10-Jährigen permanente<br />
Leistungsbereitschaft und Diszipl<strong>in</strong><br />
abfordert.<br />
Ich denke, »Rital<strong>in</strong>« kommt zu oft<br />
dort zum E<strong>in</strong>satz, wo K<strong>in</strong>der<br />
nicht das tun, was Erwachsene<br />
von ihnen fordern: »Still sitzen,<br />
Klappe halten, lernen ...«<br />
Ich würde gern den »Lehrern« e<strong>in</strong><br />
Medikament vorschlagen, das<br />
deren Energien, Geduld und<br />
Toleranz fördert, um me<strong>in</strong>em<br />
K<strong>in</strong>d die Zeit und liebevolle<br />
Unterstützung zukommen zu lassen,<br />
die es für se<strong>in</strong>e <strong>in</strong>dividuelle<br />
Entwicklung braucht. Ich möchte,<br />
dass me<strong>in</strong> Sohn ohne dämpfende<br />
Medikamente e<strong>in</strong>e Entwicklung<br />
nehmen kann, die ihn zu e<strong>in</strong>em<br />
kreativen, nicht angepassten<br />
Erwachsenen werden lässt.<br />
Gabi Seydel<br />
Berl<strong>in</strong><br />
Vorbereitung auf<br />
Suchtkarriere<br />
(Heft 6/2001 »Zappelphilipp-<br />
K<strong>in</strong>der«)<br />
Mit Erschrecken habe ich <strong>in</strong> den<br />
Meldungen gelesen, dass sich der<br />
E<strong>in</strong>satz des Medikaments Rital<strong>in</strong><br />
für K<strong>in</strong>der mit Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom<br />
seit 1994 verzehnfacht<br />
hat.<br />
Ich denke, dass wir diesem<br />
Symptom der hyperaktiven<br />
K<strong>in</strong>der besondere Aufmerksamkeit<br />
schenken müssen. Wer sagt<br />
uns denn, dass diese K<strong>in</strong>der<br />
unbed<strong>in</strong>gt medikamentös ruhig<br />
gestellt werden müssen. Im<br />
Fernsehen habe ich gesehen, dass<br />
e<strong>in</strong>e Ärzt<strong>in</strong> nach kurzer Untersuchung<br />
e<strong>in</strong>fach dieses Medikament<br />
verschrieben hat. Es war<br />
deprimierend. Vielleicht s<strong>in</strong>d es<br />
gerade »diese K<strong>in</strong>der«, die später,<br />
wenn sie älter s<strong>in</strong>d, besondere<br />
Leistungen hervorbr<strong>in</strong>gen könnten,<br />
wenn sie nicht schon frühzeitig<br />
gebrochen worden wären.<br />
Und da werden diese kle<strong>in</strong>en<br />
Menschen künstlich ruhig gestellt<br />
- es ist e<strong>in</strong>e Schande!<br />
Werden diese K<strong>in</strong>der durch »e<strong>in</strong><br />
Medikament« vielleicht schon auf<br />
e<strong>in</strong>e Suchtkarriere vorbereitet?<br />
Ihnen wird doch durch die Erwachsenen<br />
gezeigt, »mit dir stimmt<br />
etwas nicht, also bekommst du<br />
e<strong>in</strong>e Pille«. Sie werden nach me<strong>in</strong>er<br />
Me<strong>in</strong>ung dazu erzogen, bei<br />
auftretenden Problemen nicht die<br />
menschliche Hilfe zu suchen,<br />
sondern e<strong>in</strong>e Droge zu nehmen.<br />
Peter Kramer<br />
Leipzig<br />
Krankheit oder Modeersche<strong>in</strong>ung<br />
(Heft 6/2001 »Onl<strong>in</strong>e-Sucht«)<br />
Mit Interesse habe ich den Artikel<br />
von Mart<strong>in</strong> Zobel über Onl<strong>in</strong>e-<br />
Sucht »Modeersche<strong>in</strong>ung oder<br />
Krankheit« gelesen. Obwohl mir<br />
der Artikel e<strong>in</strong> wenig zu fachlich<br />
gehalten ist, b<strong>in</strong> ich angeregt<br />
worden, Ihnen me<strong>in</strong> Problem zu<br />
schreiben. Es geht um me<strong>in</strong>en<br />
Sohn, der 16 Jahre alt ist.<br />
Ich b<strong>in</strong> alle<strong>in</strong> erziehende Mutter<br />
und hatte bisher zu me<strong>in</strong>em Sohn<br />
e<strong>in</strong> gutes Verhältnis.<br />
In letzter Zeit ist mir aufgefallen,<br />
dass er sich verändert hat. Er<br />
erzählt mir weniger, sieht müde<br />
aus, hat Augenränder.<br />
»Vielleicht steckt e<strong>in</strong>e Freund<strong>in</strong><br />
dah<strong>in</strong>ter«, dachte ich. Das hätte<br />
mich gefreut, denn er ist e<strong>in</strong> richtiger<br />
Stubenhocker. Allerd<strong>in</strong>gs<br />
sprach dagegen, dass er nicht aus<br />
dem Haus g<strong>in</strong>g und uns auch<br />
ke<strong>in</strong> Mädchen besuchte. Ich habe<br />
gedacht, dass er <strong>in</strong> der Pubertät<br />
ist und es sich bestimmt geben<br />
würde. Als allerd<strong>in</strong>gs die letzte<br />
Telefonrechnung kam, ahnte ich<br />
Schlimmes. Die Forderung von<br />
800 DM versetzte mich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en<br />
Schock, von dem ich mich bis<br />
heute noch nicht erholt habe. Seit<br />
zwei Monaten haben wir e<strong>in</strong>en<br />
Internet-Anschluss und me<strong>in</strong><br />
Sohn darf ihn auch benutzen. Ich<br />
befragte me<strong>in</strong>e Sohn, ob er<br />
irgendwelche teuren Nummern<br />
gewählt hat. Er versicherte mir,<br />
dass das nicht der Fall war. Also<br />
raste ich wutentbrannt zur<br />
Telekom. Dort behaupteten sie,<br />
von me<strong>in</strong>em Anschluss aus seien<br />
Porno-Nummern gewählt worden.<br />
Dabei sahen mich die Männer<br />
auch noch so merkwürdig an.<br />
Das machte mich natürlich<br />
äußerst verlegen. Also bearbeitete<br />
ich wieder me<strong>in</strong>en Sohn und es<br />
kam zum Streit. Wir redeten<br />
nicht mehr mite<strong>in</strong>ander. Ich<br />
wütete weiter mit der Telekom,<br />
bis mich zwei Herren besuchten,<br />
die mir bewiesen, dass bestimmte<br />
Porno-Nummern von mir aus<br />
gewählt worden se<strong>in</strong> müssen. Sie<br />
sagten mir aber auch, dass es<br />
se<strong>in</strong> kann, dass me<strong>in</strong> Sohn e<strong>in</strong>fach<br />
wild drauf los geklickt<br />
haben könnte und dass das<br />
Programm sich dabei unbemerkt<br />
auf die Festplatte geladen hat.<br />
Na, ich war vielleicht entsetzt.<br />
Also habe ich mir wieder me<strong>in</strong>en<br />
Sohn vorgeknöpft. Er gab nun<br />
zu, dass er sich schon Porno-<br />
Seiten angesehen hat, aber die<br />
waren nach se<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung alle<br />
kostenlos. Ja, da steht nun<br />
Aussage gegen Aussage und ich<br />
bef<strong>in</strong>de mich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er sehr komplizierten<br />
Situation. Ich möchte<br />
me<strong>in</strong>em Sohn glauben und vor<br />
allen D<strong>in</strong>gen will ich unser bisher<br />
gutes Verhältnis nicht zerstören.<br />
Kann es se<strong>in</strong>, dass man unbewusst<br />
im Internet Sachen angeklickt,<br />
die auf die Festplatte geladen<br />
werden und diese hohen Kosten<br />
auslösen?<br />
Wie verhalte ich mich me<strong>in</strong>em<br />
Sohn gegenüber. Vielleicht können<br />
Sie mir helfen.<br />
Lisa K.<br />
Magdeburg<br />
Isoldes Geschichte<br />
(Heft 6/2001 »Lebensgeschichte«)<br />
Immer wieder bee<strong>in</strong>drucken mich<br />
die Lebensgeschichten im<br />
SuchtReport.<br />
Da ich auch aus e<strong>in</strong>er Familie mit<br />
Suchtproblemen komme, e<strong>in</strong>en<br />
langen Weg mit vielen Abstürzen<br />
h<strong>in</strong>ter mir habe, freue ich mich<br />
von Menschen zu hören, die für<br />
sich e<strong>in</strong>en Weg gefunden haben.<br />
Ich wünsche »Isolde« viel Glück.<br />
Vielleicht schafft sie es ja auch<br />
nach Synanon, ohne Alkohol zu<br />
leben.<br />
Ich habe ja gelesen, dass die<br />
Chance groß ist, wenn man zwei<br />
Jahre bei Synanon schafft.<br />
Klaus Breite<br />
Dresden<br />
Briefe an:<br />
SuchtReport<br />
Postfach 610450<br />
D-10927 Berl<strong>in</strong><br />
E-Mail: mail@suchtreport.de<br />
Die Redaktion behält sich vor,<br />
Leserbriefe zu kürzen.<br />
SuchtReport 1/2002<br />
SuchtReport 1/2002
<strong>Drogen</strong>szene am Hamburger Hauptbahnhof: E<strong>in</strong><br />
<strong>Drogen</strong>süchtiger spritzt sich unter e<strong>in</strong>er Treppe<br />
Hero<strong>in</strong><br />
© Foto: dpa/Nietfeld<br />
<strong>Drogen</strong><br />
e<strong>in</strong>e ständige Herausforderung<br />
für <strong>Europa</strong><br />
Jahresbericht über die EU-<strong>Drogen</strong>problematik -<br />
Überblick über die wichtigsten Tendenzen<br />
von Kathy Robertson
6 Titelthema<br />
Titelthema<br />
7<br />
Koka<strong>in</strong> - e<strong>in</strong> komplexes Bild<br />
In dem vorliegenden Bericht wird festgestellt, dass im Zuge sich<br />
verändernder Trends und Märkte die traditionellen Trennl<strong>in</strong>ien<br />
zwischen der Gruppe der begüterten und der der marg<strong>in</strong>alisierten<br />
Koka<strong>in</strong>konsumenten verschwimmen könnten.<br />
festgestellt, dass die relativ hohen Kosten für die Droge <strong>in</strong> Komb<strong>in</strong>ation<br />
mit der kurzen Wirkungszeit dem regulären Freizeitkonsum,<br />
der e<strong>in</strong> hohes verfügbares E<strong>in</strong>kommen erfordert, entgegenstehen.<br />
Im Hamburger Stadtteil St. Georg ist das <strong>Drogen</strong>problem besonders<br />
sichtbar, gefixt wird <strong>in</strong> aller Öffentlichkeit © Foto: action press/Heuser<br />
Der Jahresbericht über den Stand der <strong>Drogen</strong>problematik<br />
<strong>in</strong> der Europäischen Union der Lissabonner EU-<strong>Drogen</strong>beobachtungsstelle<br />
(EBDD) wurde vorgestellt. Dar<strong>in</strong> werden<br />
die neuesten Tendenzen <strong>in</strong> der EU-<strong>Drogen</strong>szene und die<br />
entsprechenden sozialen, rechtlichen und politischen<br />
Abhilfemaßnahmen beleuchtet. Im Folgenden seien die<br />
wichtigsten Punkte genannt.<br />
<strong>Drogen</strong> s<strong>in</strong>d nach Aussage der EBDD e<strong>in</strong>e ständige<br />
Herausforderung für <strong>Europa</strong>. Aber es ist EU-weit e<strong>in</strong>e<br />
deutliche Tendenz zur Stärkung und Verbesserung der<br />
<strong>Drogen</strong>politik im S<strong>in</strong>ne des Abrückens von re<strong>in</strong> reaktivem<br />
Handeln und des Übergangs zu vorausschauenden<br />
Politiken zu beobachten.<br />
Cannabis ist die am meisten probierte Droge<br />
Cannabis bleibt weiterh<strong>in</strong> <strong>in</strong> allen EU-Ländern die am<br />
meisten konsumierte illegale Droge; dies gilt sowohl für die<br />
Lebenszeiterfahrung als auch für den Konsum <strong>in</strong> jüngster<br />
»Partydroge« Cannabis: Festivalbesucher drehen sich beim Musikfestival<br />
<strong>in</strong> der englischen Grafschaft Sommerset e<strong>in</strong>en Jo<strong>in</strong>t © Foto: dpa/Arnold<br />
Zeit (<strong>in</strong>nerhalb des letzten Jahres). Die Lebenszeiterfahrung<br />
der 15- bis 64-Jährigen liegt <strong>in</strong> F<strong>in</strong>nland bei etwa 10 % und<br />
geht bis zu 20-25 % <strong>in</strong> Dänemark, Spanien, Frankreich,<br />
Irland, den Niederlanden und dem Vere<strong>in</strong>igten Königreich.<br />
Bis zu 9 % der Befragten geben e<strong>in</strong>en Konsum <strong>in</strong> jüngster<br />
Zeit an, während die Ziffern für andere illegale Substanzen<br />
selten über 1 % h<strong>in</strong>ausgehen.<br />
Bei jungen Erwachsenen (15-34 Jahre) ist der Cannabiskonsum<br />
höher. Probierkonsum von Cannabis wird <strong>in</strong><br />
F<strong>in</strong>nland und Schweden mit 15 % angegeben, <strong>in</strong> Dänemark,<br />
Spanien, Frankreich, Irland, den Niederlanden und dem<br />
Vere<strong>in</strong>igten Königreich mit 28-40 %.<br />
Die Lebenszeiterfahrung mit Cannabis bei 15- bis 16-Jährigen<br />
reicht von 8% <strong>in</strong> Portugal und Schweden bis zu 35 %<br />
<strong>in</strong> Frankreich und dem Vere<strong>in</strong>igten Königreich (1). In<br />
Griechenland und Schweden ist bei derselben Altersgruppe<br />
der Lebenszeitkonsum von Inhalanzien (flüchtigen Substanzen)<br />
so hoch wie oder höher als der von Cannabis.<br />
E<strong>in</strong> Faktor ist die neue Tendenz des Koka<strong>in</strong>rauchens von begüterten<br />
Konsumenten bei nächtlicher Freizeitunterhaltung. In diesem<br />
Zusammenhang wird aus fünf Ländern über das Mischen von<br />
»Base/Crack«-Koka<strong>in</strong> mit Tabak zu e<strong>in</strong>em »Jo<strong>in</strong>t« berichtet:<br />
Griechenland, Frankreich, Italien, den Niederlanden und dem<br />
Vere<strong>in</strong>igtes Königreich. Im Vere<strong>in</strong>igten Königreich wird<br />
»Base/Crack« zu rauchbarem »Rock« oder »Stone« verarbeitet, um<br />
wohlhabendere Marktschichten zu erreichen. Die EBDD weist<br />
nachdrücklich darauf h<strong>in</strong>, dass das volle Verständnis dieser<br />
Nuancen für e<strong>in</strong>e effiziente Politikgestaltung unabd<strong>in</strong>gbar ist.<br />
Trotz gewisser Befürchtungen über e<strong>in</strong> europaweites Ansteigen<br />
des Koka<strong>in</strong>konsums weisen die verfügbaren Daten nicht auf e<strong>in</strong>en<br />
Anstieg des Konsums der EU-Bevölkerung <strong>in</strong>sgesamt h<strong>in</strong>. Jedoch<br />
besteht die Sorge über erhebliche Zuwachsraten <strong>in</strong> spezifischen<br />
geografischen Gebieten (Teile e<strong>in</strong>iger Städte), bestimmten Altersgruppen<br />
und sozialen Milieus.<br />
So ist beispielsweise im Vere<strong>in</strong>igten Königreich nachweisbar e<strong>in</strong><br />
Anstieg der Zahl der 16- bis 29-Jährigen zu verzeichnen, die<br />
Koka<strong>in</strong> m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>mal probiert haben. In e<strong>in</strong>igen Städten <strong>in</strong><br />
Italien wird Koka<strong>in</strong> an zweiter Stelle h<strong>in</strong>ter Cannabis und höher<br />
als Amphetam<strong>in</strong>e oder Ecstasy e<strong>in</strong>geordnet.<br />
Allgeme<strong>in</strong>er ergibt sich aus an Schulen durchgeführten Erhebungen,<br />
dass der Anteil der 15- bis 16-Jährigen, die mit Koka<strong>in</strong> experimentieren,<br />
weiterh<strong>in</strong> ger<strong>in</strong>g ist (1) und europaweit Koka<strong>in</strong> für<br />
diese Altersgruppe weniger verfügbar ist als für die Gleichaltrigen<br />
<strong>in</strong> den Vere<strong>in</strong>igten Staaten. Koka<strong>in</strong> sche<strong>in</strong>t den Schülern weniger<br />
beschaffbar als Ecstasy, wobei jedoch nationale Schwankungen<br />
bestehen: Am meisten <strong>in</strong> Irland (21%) und im Vere<strong>in</strong>igten<br />
Königreich (20%), am wenigsten <strong>in</strong> F<strong>in</strong>nland (6%). In dieser<br />
Altersgruppe ist die Missbilligung von Koka<strong>in</strong> überall <strong>in</strong> der EU<br />
noch immer ausgeprägt - genauso wie für Hero<strong>in</strong>.<br />
Die EBDD <strong>in</strong>formiert, dass Koka<strong>in</strong> mehr von den Gruppen konsumiert<br />
wird, bei denen allgeme<strong>in</strong> e<strong>in</strong> höheres Niveau des <strong>Drogen</strong>konsums<br />
als bei jungen Erwachsenen <strong>in</strong>sgesamt zu verzeichnen<br />
ist. Zum Beispiel wird die Droge von sozial ausgegrenzten<br />
Gruppen wie obdachlosen Jugendlichen, im Sexgewerbe Tätigen<br />
und problematischen Opiatgebrauchern konsumiert. Auch <strong>in</strong> der<br />
Gruppe sozial gut <strong>in</strong>tegrierter Jugendlicher, deren Freizeitkonsum<br />
e<strong>in</strong> Spektrum von <strong>Drogen</strong> umfasst, stieg der Gebrauch von Koka<strong>in</strong><br />
komb<strong>in</strong>iert mit Alkohol <strong>in</strong> Nachtclubs. Jedoch wird im Bericht<br />
Bei den <strong>Drogen</strong>konsumenten, die sich e<strong>in</strong>er Therapie unterziehen,<br />
ist <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Ländern e<strong>in</strong> Anstieg der mit dem Koka<strong>in</strong>konsum im<br />
Zusammenhang stehenden Probleme zu verzeichnen. Zum Beispiel<br />
steigt <strong>in</strong> Spanien und <strong>in</strong> den Niederlanden die Zahl derer, die<br />
sich wegen der mit ihrer Hauptdroge Koka<strong>in</strong> im Zusammenhang<br />
stehenden Probleme um e<strong>in</strong>e Therapie bemühen. Auch Therapiee<strong>in</strong>richtungen<br />
<strong>in</strong> Deutschland, Griechenland und Italien verzeichnen<br />
e<strong>in</strong>en proportionalen Anstieg der Klienten mit Koka<strong>in</strong>problematik,<br />
was bis 1998 auch <strong>in</strong> Irland der Fall war. Allerd<strong>in</strong>gs<br />
dürfte dieser Anstieg im Wesentlichen nicht auf e<strong>in</strong>en tatsächlich<br />
gestiegenen Koka<strong>in</strong>konsum, sondern vielmehr auf e<strong>in</strong>e Verbesserung<br />
der Betreuungsdienste für Koka<strong>in</strong>konsumenten oder das<br />
Ergebnis des Wechsels von Opiatkonsumenten zu Koka<strong>in</strong> zurückzuführen<br />
se<strong>in</strong>. Italien, Luxemburg und die Niederlande melden<br />
e<strong>in</strong>e gestiegene Zahl von <strong>Drogen</strong>toten, bei denen Koka<strong>in</strong> und<br />
andere <strong>Drogen</strong> beteiligt waren; und Spanien verzeichnet e<strong>in</strong>en<br />
Anstieg der koka<strong>in</strong>bed<strong>in</strong>gten Notaufnahmen <strong>in</strong> Krankenhäuser.<br />
Die Verkaufspreise von Koka<strong>in</strong> reichen von $ 24 bis $ 170 pro<br />
Gramm, wobei der Preis <strong>in</strong> Städten wie Amsterdam und Frankfurt<br />
am niedrigsten und <strong>in</strong> Mitgliedstaaten wie F<strong>in</strong>nland und<br />
Schweden am höchsten ist. Auf der Straße wird manchmal bereits<br />
mit Hero<strong>in</strong> vermischtes Koka<strong>in</strong> verkauft.<br />
Belgien, Spanien und die Niederlande gelten als wichtige EU-<br />
Transitländer für Koka<strong>in</strong> aus Late<strong>in</strong>amerika, <strong>in</strong>sbesondere<br />
Brasilien, Kolumbien und Venezuela.<br />
Die EBDD berichtet von drei verschiedenen Wegen, mit denen die<br />
EU Mitgliedstaaten auf den gestiegenen Koka<strong>in</strong>- und Crack-<br />
Konsum mit Maßnahmen zur Reduzierung der Nachfrage reagiert<br />
haben. E<strong>in</strong>ige Städte mit e<strong>in</strong>er erhöhten Prävalenz des Koka<strong>in</strong>konsums<br />
haben spezielle Hilfsdienste e<strong>in</strong>gerichtet, die sich mit<br />
den <strong>in</strong>dividuellen, primär aus dem Koka<strong>in</strong>konsum resultierenden<br />
Problemen befassen. E<strong>in</strong>ige Mitgliedstaaten passen vorhandene<br />
Therapiemodelle und Angebote an, um Koka<strong>in</strong>- und Crack-Konsumenten<br />
effizientere Betreuungsdienste anbieten zu können (z.B.<br />
durch die Ausbildung von Fachkräften). Und e<strong>in</strong>ige Länder reagieren<br />
auf die Krim<strong>in</strong>alität und die gesundheitlichen Folgen des<br />
<strong>Drogen</strong>mischkonsums <strong>in</strong> der allgeme<strong>in</strong>en Präventionsarbeit sowie<br />
durch aufsuchende Sozialarbeit. Wahrsche<strong>in</strong>lich spielen Privatkl<strong>in</strong>iken<br />
e<strong>in</strong>e bedeutende Rolle <strong>in</strong> der Therapie von sozial privilegierteren<br />
Abhängigen mit problematischen Koka<strong>in</strong>konsumgewohnheiten.<br />
SuchtReport 1/2002<br />
SuchtReport 1/2002
8 Titelthema<br />
Titelthema<br />
9<br />
Infektionskrankheiten:<br />
Erneuter Anstieg von HIV <strong>in</strong> sechs Ländern möglich<br />
Razzia gegen <strong>Drogen</strong>dealer: Am Ausgang e<strong>in</strong>er U-Bahn-Station kontrollieren<br />
Polizisten die Ausweise verdächtiger Personen © Foto: action press/Knoop<br />
Bis zu 4 % der Erwachsenen probieren<br />
Amphetam<strong>in</strong>e und Ecstasy<br />
Bis zu 4 % der Erwachsenen <strong>in</strong> der EU haben mit Amphetam<strong>in</strong>en<br />
experimentiert, im Vere<strong>in</strong>igten Königreich sogar<br />
fast 10 %. Ähnliche Zahlen gelten für den Probierkonsum<br />
von Ecstasy.<br />
Unter den 15- bis 34-Jährigen haben bis zu 6 % Amphetam<strong>in</strong>e,<br />
Ecstasy und Koka<strong>in</strong> probiert. Im Vere<strong>in</strong>igten<br />
Königreich liegen die Zahlen für Amphetam<strong>in</strong>e und Ecstasy<br />
jeweils bei etwa 16 % bzw. 8 %. In Schulumfragen wird von<br />
e<strong>in</strong>em Lebenszeitkonsum der 15- bis 16-Jährigen von Amphetam<strong>in</strong>en<br />
bis zu 8 %, von Ecstasy bis zu 5 % (1) berichtet.<br />
In der EU werden immer mehr Befürchtungen h<strong>in</strong>sichtlich<br />
möglicher Langzeitfolgen des Ecstasy-Konsums laut.<br />
Die Zunahme des Koka<strong>in</strong>konsums <strong>in</strong> manchen Sett<strong>in</strong>gs und<br />
<strong>in</strong> manchen Ländern ist ebenfalls Gegenstand von Untersuchungen.<br />
Nur <strong>in</strong> wenigen Fällen ist Ecstasy die Hauptdroge<br />
der <strong>in</strong> Behandlung bef<strong>in</strong>dlichen Abhängigen; den<br />
<strong>Drogen</strong>fund der Polizei: Im Jahre 1999 wurden mehr als 7 Tonnen Hero<strong>in</strong><br />
<strong>in</strong> der EU sichergestellt<br />
© Foto: action press/Knoop<br />
höchsten Anteil meldet Irland mit 8,9 %. Große Unterschiede<br />
s<strong>in</strong>d bei den Ziffern zur Behandlung wegen Amphetam<strong>in</strong>en<br />
zu beobachten, wobei die höchsten Angaben für<br />
F<strong>in</strong>nland (39 %), Schweden (17 %) und Belgien (15 %)<br />
gemacht werden.<br />
Hero<strong>in</strong>konsum ger<strong>in</strong>g, jedoch mit<br />
großen Problemen behaftet<br />
Weniger als e<strong>in</strong>er von 100 Erwachsenen konsumiert Hero<strong>in</strong><br />
- dennoch verursacht dieses die meisten drogenbed<strong>in</strong>gten<br />
Probleme, e<strong>in</strong>schließlich Krim<strong>in</strong>alität, Infektionskrankheiten<br />
und Überdosierungen. Aus den neuesten Daten lässt sich <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>igen Ländern - Griechenland, Luxemburg, F<strong>in</strong>nland,<br />
Schweden und dem Vere<strong>in</strong>igten Königreich - e<strong>in</strong> Anstieg<br />
ablesen, während sich <strong>in</strong> anderen Ländern wie Deutschland,<br />
den Niederlanden und Österreich e<strong>in</strong> unverändertes Bild<br />
zeigt. Trotz e<strong>in</strong>iger lokal zu beobachtender Zunahmen ist<br />
der Hero<strong>in</strong>konsum <strong>in</strong> Spanien und Frankreich möglicherweise<br />
noch im Abnehmen begriffen.<br />
Aus dem vorliegenden Bericht geht hervor, dass trotz e<strong>in</strong>er<br />
sche<strong>in</strong>baren Stabilisierung der Prävalenz der HIV-Infektion <strong>in</strong><br />
den meisten EU-Ländern seit der Mitte der 90er-Jahre e<strong>in</strong><br />
erneuter Anstieg <strong>in</strong> Untergruppen der <strong>in</strong>jizierenden <strong>Drogen</strong>konsumenten<br />
(IDU) <strong>in</strong> den sechs Mitgliedstaaten Irland,<br />
Luxemburg, den Niederlanden, Österreich, Portugal und<br />
F<strong>in</strong>nland festzustellen ist. Nach wie vor ist EU-weit e<strong>in</strong>e<br />
extrem hohe Prävalenz der Hepatitis-C-Infektion (HCV) zu verzeichnen.<br />
E<strong>in</strong>er vorläufigen Schätzung zufolge belaufen sich die dem Gesundheitswesen<br />
künftig entstehenden Behandlungskosten für e<strong>in</strong><br />
Jahr <strong>in</strong>folge drogenbed<strong>in</strong>gter Infektionen mit HIV, dem Hepatitis-<br />
B-Virus und HCV <strong>in</strong> der EU auf etwa 0,5% des gesamten Gesundheits-Haushalts<br />
der Mitgliedstaaten: $ 1,89 Milliarden. Der Anstieg<br />
der HIV-Infektionen könnte Ausdruck des fortgesetzten, mit<br />
hohem Risiko behafteten Verhaltens der <strong>in</strong>jizierenden <strong>Drogen</strong>konsumenten<br />
se<strong>in</strong>, so der Bericht, trotz e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>sgesamt <strong>in</strong> den<br />
meisten EU-Ländern festgestellten Verr<strong>in</strong>gerung des <strong>in</strong>jizierenden<br />
Gebrauchs. Bei den weiblichen <strong>in</strong>jizierenden <strong>Drogen</strong>konsumenten<br />
ist durchwegs e<strong>in</strong>e höhere HIV-Prävalenz zu verzeichnen. Dies<br />
wird von der Agentur wie folgt begründet: »Mögliche Ursachen<br />
dafür können höhere Raten oder andere Praktiken der geme<strong>in</strong>samen<br />
Nadelbenutzung und/oder höhere sexuelle Risiken se<strong>in</strong> ...«<br />
In Bezug auf AIDS wird <strong>in</strong> dem vorliegenden Bericht allgeme<strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>e rückläufige Tendenz festgestellt. »Dieser Rückgang ist wahrsche<strong>in</strong>lich<br />
bed<strong>in</strong>gt durch die Wirkung neuer Behandlungen von<br />
<strong>in</strong>jizierenden Konsumenten, die den Ausbruch von AIDS verzögern.«<br />
Portugal ist das e<strong>in</strong>zige EU-Land, <strong>in</strong> dem noch ke<strong>in</strong><br />
Rückgang beobachtet wurde, auch wenn sich der <strong>in</strong> den letzten<br />
Jahren verzeichnete Anstieg der AIDS-Erkrankungen jetzt zu stabilisieren<br />
sche<strong>in</strong>t. Länder, <strong>in</strong> denen <strong>in</strong>jizierende <strong>Drogen</strong>konsumenten<br />
stärker betroffen s<strong>in</strong>d, liegen vor allem im Südwesten der EU<br />
- Spanien, Frankreich, Italien und Portugal.<br />
Aus dem vorliegenden Bericht geht hervor, dass die Prävalenz der<br />
Hepatitis-C-Infektion höher ist und sich<br />
gleichmäßiger <strong>in</strong> der EU verteilt als die<br />
HIV-Prävalenz. Dies könnte <strong>in</strong> den<br />
kommenden Jahrzehnten zu »erheblichen<br />
gesundheitlichen Problemen durch<br />
schwere Leberschäden« führen. In der EU<br />
s<strong>in</strong>d 40% bis 90% der <strong>in</strong>jizierenden<br />
<strong>Drogen</strong>konsumenten mit HCV <strong>in</strong>fiziert.<br />
se<strong>in</strong> dürften (3 Injektionen). Somit würde e<strong>in</strong>e Impfung dieser<br />
Gruppe erhebliche gesundheitliche Vorteile br<strong>in</strong>gen. Die Agentur<br />
betont das hohe Tuberkulose-Risiko der <strong>in</strong>jizierenden<br />
<strong>Drogen</strong>konsumenten, das sich <strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong> Spanien und<br />
Portugal abzeichnet. Tuberkulose wird nicht über den <strong>in</strong>jizierenden<br />
<strong>Drogen</strong>konsum übertragen, tritt jedoch aufgrund der geschwächten<br />
Immunität häufig <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit HIV und AIDS<br />
bei <strong>in</strong>jizierenden <strong>Drogen</strong>konsumenten auf.<br />
E<strong>in</strong> kürzlicher Ausbruch e<strong>in</strong>er unerklärbaren Krankheit mit 43<br />
Todesfällen unter <strong>in</strong>jizierenden <strong>Drogen</strong>konsumenten <strong>in</strong> Irland und<br />
im Vere<strong>in</strong>igten Königreich macht deutlich, »wie hoch bei <strong>in</strong>jizierenden<br />
<strong>Drogen</strong>konsumenten das Potenzial schwerer gesundheitlicher<br />
Probleme ist, die weitaus gravierender und lebensbedrohender<br />
se<strong>in</strong> können als gesundheitliche Probleme aufgrund von anderen<br />
und gängigeren <strong>Drogen</strong>konsummustern«.<br />
In den meisten EU-Ländern ist der <strong>in</strong>jizierende <strong>Drogen</strong>konsum im<br />
letzten Jahrzehnt erheblich zurückgegangen, wenn auch <strong>in</strong> Irland<br />
e<strong>in</strong> erneuter Anstieg zu verzeichnen ist. Der Anteil <strong>in</strong>jizierender<br />
Opiatkonsumenten, die sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Therapie begeben, reicht heutzutage<br />
von etwa 10% <strong>in</strong> den Niederlanden bis zu 70% <strong>in</strong><br />
Griechenland.<br />
Gegenwärtig ist nur e<strong>in</strong> begrenztes Wissen darüber vorhanden,<br />
wie sich der <strong>in</strong>jizierende <strong>Drogen</strong>konsum verh<strong>in</strong>dern lässt. Jedoch<br />
wird <strong>in</strong> dem vorliegenden Bericht festgestellt, dass Substitutionstherapien<br />
e<strong>in</strong>e sehr wirksame Maßnahme se<strong>in</strong> können, während<br />
der Spritzentausch für die Prävention von Infektionen wichtig ist.<br />
E<strong>in</strong>ige Länder erwägen <strong>in</strong>novative Ansätze zur Schadensm<strong>in</strong>imierung<br />
wie mediz<strong>in</strong>isch überwachte <strong>Drogen</strong>konsumräume und<br />
die kontrollierte Abgabe von Hero<strong>in</strong>. Beide Maßnahmen werfen<br />
jedoch ethische und rechtliche Probleme auf und erfordern möglicherweise<br />
e<strong>in</strong>e Änderung der nationalen <strong>Drogen</strong>gesetze. In<br />
Ländern, <strong>in</strong> denen <strong>Drogen</strong>konsumräume e<strong>in</strong>gerichtet wurden<br />
(Australien, Schweiz, USA, Deutschland, Spanien und die Niederlande),<br />
steht die umfassende Bewertung ihres Nutzens noch aus.<br />
Die Hepatitis-B-Infektion ist <strong>in</strong> der EU<br />
ebenfalls hoch, jedoch nicht so gleichmäßig<br />
verbreitet wie HCV. Jüngste Daten aus<br />
Portugal deuten auf e<strong>in</strong>en Rückgang der<br />
gegenwärtigen HBV-Infektionen h<strong>in</strong>.<br />
Daten aus Norwegen weisen auf e<strong>in</strong>en<br />
starken Anstieg der HBV-Infektion h<strong>in</strong>. In<br />
der EU wurden bei 20% bis 60% der <strong>in</strong>jizierenden<br />
<strong>Drogen</strong>konsumenten Antikörper<br />
gegen Hepatitis B nachgewiesen,<br />
während nur 10% bis 30% voll geimpft<br />
SuchtReport 1/2002<br />
SuchtReport 1/2002
10 Titelthema<br />
Titelthema<br />
11<br />
Synthetische <strong>Drogen</strong>:<br />
Wachsende Besorgnis über langfristigen Konsum<br />
von Ecstasy<br />
<strong>Drogen</strong>verkauf auf der Straße: E<strong>in</strong> Gramm Koka<strong>in</strong> kostet zwischen 26 €<br />
und 180 €<br />
© Foto: action press/Heuser<br />
Änderungen im problematischen Konsum<br />
und bei der Behandlungsnachfrage<br />
Der problematische <strong>Drogen</strong>konsum sche<strong>in</strong>t <strong>in</strong> Italien,<br />
Luxemburg, Portugal und dem Vere<strong>in</strong>igten Königreich mit<br />
fünf bis acht je 1000 der 15- bis 64-Jährigen am höchsten zu<br />
se<strong>in</strong>. Deutschland und die Niederlande liegen mit zwei bis<br />
drei je 1000 am unteren Ende der Skala. Der <strong>in</strong>jizierende<br />
<strong>Drogen</strong>konsum nimmt <strong>in</strong> den meisten - wenn auch nicht<br />
allen - Ländern ab; <strong>in</strong> Irland steigt er wieder an. Aus diesem<br />
Grunde dürften irische <strong>Drogen</strong>konsumenten mit problematischen<br />
Gebrauchsmustern e<strong>in</strong>em zunehmenden Risiko von<br />
drogenbed<strong>in</strong>gten Infektionskrankheiten und Überdosierungen<br />
ausgesetzt se<strong>in</strong>. Da die Schätzungen des problematischen<br />
<strong>Drogen</strong>konsums nicht immer sehr genau und nur teilweise<br />
vergleichbar s<strong>in</strong>d, ist es schwierig, Trends zu erkennnen.<br />
Crackhandel: Es besteht die Sorge über erhebliche Zuwachsraten <strong>in</strong>nerhalb<br />
der Großstädte<br />
© Foto: action press/Heuser<br />
Opiate, <strong>in</strong>sbesondere Hero<strong>in</strong>, s<strong>in</strong>d weiterh<strong>in</strong> die Hauptdroge<br />
bei der Hälfte oder gar von drei Vierteln der Therapieneuzugänge<br />
<strong>in</strong> der EU. Allerd<strong>in</strong>gs ist die Tendenz fallend für<br />
Patienten, die e<strong>in</strong>e Therapie wegen Hero<strong>in</strong> beantragen, und<br />
steigend bei solchen, die Cannabis- und Koka<strong>in</strong>probleme<br />
haben.<br />
Bei den Therapieneuzugängen handelt es sich meist um<br />
Männer mit e<strong>in</strong>em Durchschnittsalter von 29 Jahren. Bei<br />
den Frauen liegt das Durchschnittsalter niedriger. Setzt man<br />
die Anzahl von Männern und Frauen <strong>in</strong>s Verhältnis, so ist<br />
dieses höher im Süden der EU (86/14 <strong>in</strong> Italien, 85/15 <strong>in</strong><br />
Spanien und 84/16 <strong>in</strong> Griechenland und Portugal); im<br />
Norden ist es etwas ausgewogener mit 70/30 <strong>in</strong> Irland und<br />
87/28 <strong>in</strong> Schweden. Im Bericht heißt es: »Die sozialen<br />
Bed<strong>in</strong>gungen von Konsumenten, die e<strong>in</strong>e <strong>Drogen</strong>therapie<br />
beantragen, sche<strong>in</strong>en sich, was die Bildungs- und Beschäftigungssituation<br />
angeht, zu verschlechtern.«<br />
<strong>Drogen</strong>bed<strong>in</strong>gte Todesfälle weiter gleich bleibend<br />
Die Anzahl der akuten drogenbed<strong>in</strong>gten Todesfälle (Überdo-<br />
In dem Bericht wird die wachsende Besorgnis über die Gefahren<br />
des langfristigen Konsums von Ecstasy herausgestellt. Die<br />
Auswirkungen auf das Gehirn s<strong>in</strong>d noch nicht umfassend geklärt,<br />
und es gibt Belege für Schädigungen der Serot<strong>in</strong><strong>in</strong> produzierenden<br />
Neuronen bei Menschen mit starkem Ecstasy-Konsum. Dies<br />
könnte künftige Konsumtendenzen bee<strong>in</strong>flussen.<br />
In dem vorliegenden Bericht wird festgestellt, dass die Ausbreitung<br />
des Konsums von synthetischen <strong>Drogen</strong> <strong>in</strong> der EU »im<br />
Großen und Ganzen konstant geblieben ist«. Jedoch wird beim<br />
Ecstasy-Konsum »immer noch e<strong>in</strong>e steigende Tendenz <strong>in</strong> Regionen<br />
verzeichnet, <strong>in</strong> denen Städte oder Urlaubsorte für junge europäische<br />
Touristen ... besonders attraktiv s<strong>in</strong>d«. Städtische Gebiete, <strong>in</strong><br />
denen Jugendkulturen entstanden s<strong>in</strong>d, werden »auch <strong>in</strong> Zukunft<br />
e<strong>in</strong> Milieu bieten ... <strong>in</strong> dem sich der Konsum von Freizeitdrogen<br />
etablieren und ausbreiten wird«. Der Konsum dieser <strong>Drogen</strong> hat<br />
sich sche<strong>in</strong>bar über die »Techno-Szene« h<strong>in</strong>aus auf Diskotheken,<br />
Nachtclubs und das private Umfeld ausgeweitet.<br />
Die Agentur teilt mit, dass der komb<strong>in</strong>ierte Konsum verschiedener<br />
legaler und illegaler Substanzen unter jungen Menschen mit<br />
e<strong>in</strong>em extrovertierten Lebensstil verbreitet ist. Die Haupttendenz<br />
geht zum polyvalenten <strong>Drogen</strong>konsum, bei dem viele verschiedene<br />
synthetische und nicht synthetische Substanzen abwechselnd<br />
oder gemischt e<strong>in</strong>genommen werden.<br />
E<strong>in</strong>e Tendenz, die »genau beobachtet werden muss«, ist die steigende<br />
Anzahl psychotroper Medikamente wie Ketam<strong>in</strong>, die aus<br />
legalen Quellen abgezweigt werden.<br />
Jedoch haben die aufsuchende <strong>Drogen</strong>arbeit und andere präventive<br />
Maßnahmen auf Techno-/House-Veranstaltungen und -Partys<br />
e<strong>in</strong>en Rückgang der Todesfälle seit dem Beg<strong>in</strong>n der 90er Jahre<br />
bewirkt. Diese Maßnahmen umfassen Chill-out-Bereiche und<br />
Pillentests vor Ort.<br />
Die Niederlande s<strong>in</strong>d noch immer der Hauptproduzent und das<br />
wichtigste Exportland von Ecstasy. Weitere wichtige Lieferanten<br />
s<strong>in</strong>d auch die baltischen Staaten, Bulgarien, die Tschechische<br />
Republik und Polen. Im Jahr 1999 wurden mit Abstand die<br />
meisten Ecstasy-Tabletten im Vere<strong>in</strong>igten Königreich sichergestellt;<br />
dabei handelte es sich um mehr als 6000 Sicherstellungen<br />
von sechs Millionen Pillen. Danach folgten die <strong>in</strong> den<br />
Niederlanden und Frankreich sichergestellten Mengen.<br />
Aus dem vorliegenden Bericht geht hervor, dass synthetische<br />
<strong>Drogen</strong> »im politischen Rampenlicht« stehen. »Der hohe Konsum<br />
synthetischer <strong>Drogen</strong> <strong>in</strong> sozial <strong>in</strong>tegrierten Gruppen, ihr Stellenwert<br />
<strong>in</strong> der Jugendkultur und die Tatsache, dass die Produktion<br />
und der Handel ... <strong>in</strong> <strong>Europa</strong> stattf<strong>in</strong>den, zw<strong>in</strong>gen die EU zu verantwortungsvollem<br />
Handeln.«<br />
Die EU verfügt jetzt über e<strong>in</strong> »Frühwarnsystem« zur Aufdeckung<br />
der besonderen Gefahren, die von diesen Substanzen ausgehen.<br />
Vier Substanzen - MBDB, 4-MTA, GHB und Ketam<strong>in</strong> - waren<br />
Gegenstand e<strong>in</strong>er Risikobewertung der EBDD, und e<strong>in</strong>e weitere<br />
Substanz, PMMA, wird gegenwärtig untersucht. Infolge der<br />
Risikobewertungen wird 4-MTA (<strong>in</strong> der Szene bekannt als<br />
»Flatl<strong>in</strong>er«) jetzt mit Kontrollmaßnahmen <strong>in</strong> allen EU-Mitgliedstaaten<br />
überwacht.<br />
sis oder Vergiftung) sche<strong>in</strong>t sich <strong>in</strong> den letzten Jahren EUweit<br />
bei 7000-8000 e<strong>in</strong>gependelt zu haben, wobei sich allerd<strong>in</strong>gs<br />
nationale E<strong>in</strong>zeltendenzen abzeichnen. Die Gründe<br />
dafür dürften <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Stabilisierung von <strong>Drogen</strong>konsumenten<br />
mit problematischen Konsumgewohnheiten,<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Abnahme riskanter Praktiken, der Ausweitung der<br />
Substitutionsbehandlung und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er besseren mediz<strong>in</strong>ischen<br />
Betreuung zu sehen se<strong>in</strong>. Die Anzahl der Todesfälle<br />
beträgt <strong>in</strong> der EU mit ihren 376 Millionen E<strong>in</strong>wohnern etwa<br />
die Hälfte der Todesfallziffer für die USA mit ihren nur 270<br />
Millionen, auch wenn bei solchen Vergleichen Vorsicht<br />
geboten ist.<br />
Gewöhnlich s<strong>in</strong>d bei solchen Todesfällen neben Hero<strong>in</strong> auch<br />
andere Substanzen beteiligt. Dagegen s<strong>in</strong>d akute Todesfälle<br />
aufgrund von Koka<strong>in</strong>, Amphetam<strong>in</strong>en oder Ecstasy ohne<br />
gleichzeitigen Konsum von Opiaten <strong>in</strong> <strong>Europa</strong> eher selten.<br />
Die Sterbeziffer ist für Opiatkonsumenten 20- bis 30-mal<br />
höher als <strong>in</strong> derselben Altersgruppe der Allgeme<strong>in</strong>bevölkerung.<br />
In manchen Ländern ist die Anzahl der Todesfälle von<br />
<strong>Drogen</strong>abhängigen rückläufig, was z.T. auf den Rückgang<br />
der Aids-Todesfälle zurückzuführen ist.<br />
Festnahmen und <strong>Drogen</strong>handel<br />
Im Laufe der letzten drei Jahre hat die Anzahl der Festnahmen<br />
im Zusammenhang mit <strong>Drogen</strong> <strong>in</strong> den meisten EU-<br />
Ländern zugenommen. Die stärkste Zunahme war <strong>in</strong><br />
Griechenland, Irland und Portugal festzustellen. Lediglich <strong>in</strong><br />
Belgien und dem Vere<strong>in</strong>igten Königreich g<strong>in</strong>g die Anzahl<br />
der Festnahmen 1999 zurück. Bei den meisten Festnahmen<br />
g<strong>in</strong>g es um <strong>Drogen</strong>konsum oder <strong>Drogen</strong>besitz für den<br />
SuchtReport 1/2002<br />
SuchtReport 1/2002
12 Titelthema<br />
Titelthema<br />
13<br />
Eigengebrauch, außer <strong>in</strong> Spanien, Italien und den Niederlanden,<br />
wo <strong>Drogen</strong>handel der Hauptgrund war. Luxemburg<br />
meldet wie früher die meisten Festnahmen im Zusammenhang<br />
sowohl mit <strong>Drogen</strong>konsum als auch <strong>Drogen</strong>handel.<br />
Cannabis die am häufigsten beschlagnahmte Droge<br />
Cannabis bleibt weiterh<strong>in</strong> die am häufigsten beschlagnahmte<br />
Droge <strong>in</strong> jedem EU-Mitgliedstaat, außer <strong>in</strong> Portugal, wo<br />
die Sicherstellungen von Hero<strong>in</strong> überwiegen. An zweiter<br />
Stelle stehen Amphetam<strong>in</strong>e <strong>in</strong> F<strong>in</strong>nland und Schweden. Die<br />
EU-weit höchsten Ziffern für Sicherstellungen von Amphetam<strong>in</strong>en,<br />
Ecstasy und LSD meldet das Vere<strong>in</strong>igte Königreich.<br />
Im Jahre 1999 wurden mehr als sieben Tonnen Hero<strong>in</strong> <strong>in</strong> der<br />
EU sichergestellt - e<strong>in</strong> Drittel davon im Vere<strong>in</strong>igten Königreich.<br />
Über e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>deutigen Rückgang der sichergestellten<br />
Hero<strong>in</strong>mengen berichten Griechenland, Frankreich, Irland,<br />
die Niederlande und Österreich, über e<strong>in</strong>en starken Anstieg<br />
h<strong>in</strong>gegen Spanien und Italien. Die Sicherstellungen von<br />
Ecstasy s<strong>in</strong>d 1999 <strong>in</strong> allen Mitgliedstaaten, mit Ausnahme<br />
von Belgien und Luxemburg, gestiegen. Seit 1997 haben die<br />
Mengen EU-weit - außer <strong>in</strong> Irland und Österreich - zugenommen.<br />
Die stärkste Zunahme wurde <strong>in</strong> Deutschland,<br />
Griechenland, Portugal, F<strong>in</strong>nland, Schweden und dem Vere<strong>in</strong>igten<br />
Königreich verzeichnet.<br />
Spanien hat immer noch die höchste Menge von Koka<strong>in</strong>sicherstellungen.<br />
Die Gesamtmenge des sichergestellten<br />
Koka<strong>in</strong>s ist seit Mitte der 80er Jahre EU-weit ständig angestiegen,<br />
sche<strong>in</strong>t sich aber 1999 stabilisiert zu haben. Sicherstellungen<br />
von LSD s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der EU weniger häufig. 1999<br />
g<strong>in</strong>gen die Mengen überall zurück, mit Ausnahme von<br />
Griechenland, Österreich, Portugal und dem Vere<strong>in</strong>igten<br />
Königreich.<br />
Gezieltere Maßnahmen<br />
Suchtprävention genießt <strong>in</strong> allen Mitgliedstaaten höchste<br />
Priorität. Dabei wird dem Peer-to-Peer-Ansatz der Vorzug<br />
gegeben, wenngleich das <strong>in</strong> der Praxis schwierig ist. Dem<br />
Bericht zufolge wird immer mehr akzeptiert, dass Schüler<br />
<strong>Drogen</strong> konsumieren. »Früher haben Schulen dies weit von<br />
sich gewiesen, da sie um ihr Image fürchteten.«<br />
Die Nachfrage nach Substitutionstherapie ist <strong>in</strong> vielen<br />
Ländern weiterh<strong>in</strong> groß, z. B. bei Schwangeren. Buprenorph<strong>in</strong><br />
wird dabei gegenüber Methadon bevorzugt - es verursacht<br />
weniger Probleme für das Neugeborene. Im Vere<strong>in</strong>igten<br />
Königreich wird Hero<strong>in</strong> weiterh<strong>in</strong> selektiv für Abhängige<br />
verschrieben; <strong>in</strong> den Niederlanden laufen Versuche,<br />
<strong>in</strong> Deutschland s<strong>in</strong>d solche <strong>in</strong> Kürze zu erwarten. Wie es <strong>in</strong><br />
dem Bericht heißt, hat sich »bei <strong>Drogen</strong>konsumenten, die<br />
unter großem Leidensdruck stehen, […] diese Behandlung<br />
jedoch <strong>in</strong>sofern als effektiv erwiesen, als sie zur Vermeidung<br />
der Beschaffungskrim<strong>in</strong>alität, zur Verbesserung ihres<br />
gesundheitlichen Zustands und ihrer sozialen Integration<br />
beiträgt«. E<strong>in</strong> drogenfreies Leben ist weiterh<strong>in</strong> das Hauptziel<br />
der Behandlung <strong>in</strong> Griechenland, F<strong>in</strong>nland, Norwegen und<br />
Schweden.<br />
Pillentests - meist <strong>in</strong> Bezug auf synthetische <strong>Drogen</strong> - <strong>in</strong><br />
Clubs oder bei Tanzveranstaltungen wurden <strong>in</strong> Spanien, den<br />
Niederlanden und Österreich durchgeführt. E<strong>in</strong>e Studie der<br />
EBDD ergab, dass diese Pillentests »gut geeignet s<strong>in</strong>d, um<br />
vor den unerwarteten und gefährlichen Wirkungen von<br />
Tanzdrogen zu warnen«. Andere Beispiele für zunehmende<br />
Innovation bei den Maßnahmen zur Schadensm<strong>in</strong>imierung<br />
<strong>in</strong> der EU s<strong>in</strong>d die Ausbildung von Mitarbeitern von Nachtclubs,<br />
Chill-out-Bereiche und <strong>in</strong>teraktive Websites.<br />
Cannabis bleibt weiterh<strong>in</strong> <strong>in</strong> allen EU-Ländern die am meisten konsumierte<br />
illegale Droge<br />
© Foto: action press<br />
E<strong>in</strong> großes Problem stellt der <strong>Drogen</strong>konsum unter Gefängnis<strong>in</strong>sassen<br />
dar. In manchen Mitgliedstaaten haben mehr als<br />
die Hälfte der Häftl<strong>in</strong>ge irgendwann e<strong>in</strong>mal illegale <strong>Drogen</strong><br />
konsumiert. In manchen Gefängnissen dürfte die Hälfte der<br />
Insassen e<strong>in</strong> problematisches Konsumverhalten und/oder<br />
<strong>in</strong>travenösen <strong>Drogen</strong>konsum praktizieren. Schätzungen<br />
zufolge bef<strong>in</strong>den sich jährlich zwischen 180.000 und<br />
600.000 <strong>Drogen</strong>konsumenten <strong>in</strong> Gefängnissen <strong>in</strong> der EU. In<br />
e<strong>in</strong>em jüngsten Bericht der EBDD werden EU-weit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelnen<br />
Gefängnissen große Mängel <strong>in</strong> Bezug auf Prävention,<br />
Therapie und Betreuung von <strong>Drogen</strong>konsumenten<br />
aufgezeigt.<br />
Immer mehr vorausschauende Maßnahmen<br />
Wie der Verwaltungsratsvorsitzende der <strong>Drogen</strong>beobachtungsstelle,<br />
Mike Trace (Vere<strong>in</strong>igtes Königreich), vermerkt,<br />
unterstreicht der heute vorgestellte Bericht e<strong>in</strong>e deutliche<br />
EU-weite Tendenz zur Stärkung und Verbesserung der<br />
<strong>Drogen</strong>politik im S<strong>in</strong>ne des Abrückens von re<strong>in</strong> reaktivem<br />
Handeln und des Übergangs zu vorausschauenden Politiken.<br />
Se<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung nach ist der EU-Aktionsplan zur <strong>Drogen</strong>bekämpfung<br />
(2000-2004) mit se<strong>in</strong>en sechs Zielen e<strong>in</strong> großer<br />
Schritt nach vorne <strong>in</strong> der <strong>Drogen</strong>bekämpfung und zeigt das<br />
starke Engagement der Mitgliedstaaten. Er stelle e<strong>in</strong>en<br />
Aufruf an die Länder dar, nationale Koord<strong>in</strong>ierungsmechanismen<br />
<strong>in</strong>s Leben zu rufen, um das <strong>Drogen</strong>problem <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
»umfassenden, multidiszipl<strong>in</strong>ären, <strong>in</strong>tegrierten und ausgewogenen<br />
Ansatz« anzugehen.<br />
Im Laufe der letzten zwei Jahre haben sieben Mitgliedstaaten<br />
auf nationaler Ebene e<strong>in</strong>e Art Strategie, Plan bzw.<br />
Grundsatzerklärung über ihre Absichten <strong>in</strong> der <strong>Drogen</strong>politik<br />
verabschiedet.<br />
Aufkochen von Hero<strong>in</strong> auf e<strong>in</strong>em Spielplatz: Bei Sicherstellungen von<br />
Hero<strong>in</strong> ist Großbritannien <strong>Europa</strong>s Nummer E<strong>in</strong>s © Foto: action press<br />
Der Direktor der <strong>Drogen</strong>beobachtungsstelle, Georges<br />
Estievenart, erklärt, die durch die <strong>Drogen</strong> aufgeworfenen<br />
vielschichtigen Probleme verlangten nach ebensolchen Abhilfemaßnahmen<br />
im Rahmen e<strong>in</strong>er koord<strong>in</strong>ierten langfristigen<br />
Strategie. Es sei ermutigend zu beobachten, dass so<br />
viele Mitgliedstaaten geme<strong>in</strong>sam <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em von der EU<br />
bereitgestellten Rahmen arbeiteten. Er fügt h<strong>in</strong>zu, die wisssenschaftliche<br />
Bewertung und Evaluation seien ausschlagggebend,<br />
wenn man wirksam gegen das Problem angehen<br />
wolle. Die EBDD spiele e<strong>in</strong>e immer wichtigere Rolle <strong>in</strong>sofern,<br />
als der Umfang des Datenmaterials auf diesem Gebiet<br />
weiterh<strong>in</strong> anschwelle, wie auch die Nachfrage der politischen<br />
Entscheidungsträger nach klaren und genauen<br />
Analysen zunehme.<br />
Dieses Jahr sei e<strong>in</strong>e bedeutsame Verbesserung der Qualität<br />
und der Vergleichbarkeit bei den von den Mitgliedstaaten<br />
gelieferten Daten festzustellen, wie Herr Estievenart versichert.<br />
Um diesen Fortschritt zu festigen, werden unter der<br />
Ägide der <strong>Drogen</strong>beobachtungsstelle jetzt EU-weit fünf epidemiologische<br />
Indikatoren umgesetzt, d.h. Standards,<br />
anhand derer die EU-Mitgliedstaaten das Ausmaß, die Auswirkungen<br />
und Folgen des <strong>Drogen</strong>konsums nach harmonisierten<br />
Kriterien messen können.<br />
Anmerkungen:<br />
(1) Zahlen aus dem Europäischen Projekt zum Konsum von Alkohol<br />
und <strong>Drogen</strong> an Schulen (ESPAD).<br />
Kathy Robertson<br />
Europäische Beobachtungsstelle für <strong>Drogen</strong> und <strong>Drogen</strong>sucht<br />
EMCDDA, Rua da Cruz de Santa Apolónia 23-25<br />
P-1149-045 Lissabon, Portugal<br />
Tel.: ++ 351 21 811 30 00<br />
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Jahresbericht 2001 onl<strong>in</strong>e: http://annualreport.emcdda.org<br />
SuchtReport 1/2002<br />
SuchtReport 1/2002
Prävention<br />
15<br />
Betriebliche<br />
Suchtprävention<br />
Die Karriere e<strong>in</strong>es Konzepts von der E<strong>in</strong>zelfallhilfe<br />
zur Managementstrategie<br />
von Dr. Eliesabeth Wienemann<br />
Männer bei e<strong>in</strong>er Brotzeit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
Gartenlokal <strong>in</strong> Budapest (Ungarn)<br />
© Foto: AKG Berl<strong>in</strong>/Almasy<br />
In Hülle und Fülle: Informationsmaterial<br />
zum Thema Suchtprävention<br />
ist<br />
© Foto: /Wienemann<br />
Tr<strong>in</strong>ken Bier: Bauarbeiter bei e<strong>in</strong>er Pause. Das Unfallrisiko ist bei alkoholisierten Mitarbeitern hoch. Bei fast 30% aller Arbeitsunfälle spielt Alkohol<br />
e<strong>in</strong>e Rolle. 100 alkoholabhängige und - gefährdete Mitarbeiter kosten e<strong>in</strong> Unternehmen jährlich e<strong>in</strong>e halbe Million Mark © Foto: action press/Rust<br />
In den letzten 25 Jahren s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Betrieben und Verwaltungen<br />
Suchtprogramme e<strong>in</strong>geführt worden mit dem Ziel,<br />
Gesundheitsgefahren durch den riskanten Gebrauch von<br />
Suchtmitteln vorzubeugen und suchtgefährdeten und<br />
-kranken Beschäftigten fachgerechte Hilfe anzubieten.<br />
Die betriebliche Suchtprävention ist mit Sicherheit e<strong>in</strong>es<br />
der wichtigsten Felder für gezielte suchtvorbeugende Arbeit<br />
<strong>in</strong> der modernen Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft.<br />
Die Reichweite des betrieblichen Engagements sollte nicht<br />
unterschätzt werden. Als 1968 das Bundessozialgericht die<br />
Alkoholabhängigkeit als behandlungsbedürftige Krankheit<br />
anerkannte, war das Wissen <strong>in</strong> der Gesellschaft darüber auf<br />
wenige Fachkreise beschränkt. Der »Alkohol-am-Arbeitsplatzbewegung«<br />
der 70er- und 80er-Jahre ist es letztlich zu<br />
verdanken, dass <strong>in</strong> Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg<br />
über Alkoholismus als Krankheit und über Suchtgefahren<br />
durch legale <strong>Drogen</strong> <strong>in</strong> der Öffentlichkeit wieder<br />
breit und vor allem sachlich <strong>in</strong>formiert wurde.<br />
Erstaunlich ist es deshalb, wie wenig Beachtung die betrieblichen<br />
Suchtprogramme und die vielfältigen Aktionen<br />
zur Suchtprävention am Arbeitsplatz über den Betrieb h<strong>in</strong>aus<br />
<strong>in</strong> unserem Land f<strong>in</strong>den. In der Sucht- und Gesundheitspolitik<br />
des Bundes sowie <strong>in</strong> der Suchtforschung werden<br />
sie bestenfalls wahrgenommen, es gibt aber - anders<br />
als <strong>in</strong> den USA - ke<strong>in</strong>e systematischen Ansätze, die Konzepte<br />
mitzugestalten oder zu ihrer Verbreitung beizutragen.<br />
Das Konzept der betrieblichen Suchtprävention<br />
Wenn heute von betrieblicher Suchtprävention die Rede ist,<br />
dann verbirgt sich dah<strong>in</strong>ter e<strong>in</strong> mehr oder weniger ausgefeiltes<br />
Konzept, das <strong>in</strong> der Praxis entstanden ist. Dieses<br />
Konzept sollte immer schriftlich ausgearbeitet se<strong>in</strong>.<br />
Als Ziele stehen die Gesunderhaltung der Beschäftigten, die<br />
Hilfe bei Suchtgefährdung und -erkrankung sowie die<br />
Erhöhung der Arbeitssicherheit und die Verbesserung der<br />
Qualität von Produktion und Dienstleistungen im Vordergrund.<br />
Das schriftliche Konzept umfasst die Selbstverpflichtung,<br />
die Beschäftigten über die Wirkung von Suchtmitteln<br />
und Suchtgefahren zu <strong>in</strong>formieren. Die Form, die<br />
dafür gewählt wird, reicht über Info-Veranstaltungen, die<br />
Bereitstellung von schriftlichem Informationsmaterial bis<br />
h<strong>in</strong> zu so genannten Suchtwochen oder erlebnisorientierten<br />
Aktionskampagnen.<br />
Daneben sieht das Konzept e<strong>in</strong>e frühzeitige Intervention<br />
und Hilfe vor, wenn Beschäftigte durch Leistungs- und Verhaltensänderungen<br />
im Betrieb auffallen, die im Zusammenhang<br />
mit Missbrauch von Suchtmitteln oder anderen Formen<br />
der Suchtgefährdung stehen.<br />
SuchtReport 1/2002<br />
SuchtReport 1/2002
16 Prävention<br />
Prävention<br />
17<br />
Die Alkoholikerrate unter den Arbeitnehmern beträgt etwa 5%, weitere<br />
10% s<strong>in</strong>d gefährdet © Foto: action press/Thiel<br />
Die Erweiterung vom Hilfezum<br />
Präventionskonzept<br />
Die modernen betrieblichen Suchtprogramme s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den<br />
40er-Jahren <strong>in</strong> den USA entstanden. Wissenschaftler des<br />
Yale Centers of Alcohol Studies - unter ihnen der Alkoholforscher<br />
E.M. Jell<strong>in</strong>ek - und Aktivisten aus dem Kreis der<br />
Anonymen Alkoholiker befassten sich mit der Frage, wie<br />
Alkoholismus wirksam zu bekämpfen sei. Sie erkannten die<br />
Chance, Alkoholiker am Arbeitsplatz frühzeitig anzusprechen<br />
und auf mediz<strong>in</strong>ische Behandlungsmöglichkeiten<br />
sowie Selbsthilfe h<strong>in</strong>zuweisen. Jell<strong>in</strong>ek referierte bereits<br />
1946 vor dem Wirtschafts-Club <strong>in</strong> Detroit, dem Zentrum<br />
der nordamerikanischen Automobil<strong>in</strong>dustrie, über das<br />
Thema »Alkoholismus und se<strong>in</strong>e Folgen für den Betrieb«.<br />
E<strong>in</strong> erstes betriebliches Alkoholprogramm wurde 1948 als<br />
»Yale Plan for Bus<strong>in</strong>ess and Industry« veröffentlicht. Es enthielt<br />
als zentrale Elemente a) e<strong>in</strong>e schriftliche Fassung des<br />
abgestimmten Vorgehens bei Auffälligkeiten <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung<br />
mit Alkoholismus, b) e<strong>in</strong>e gestufte Intervention mit Hilfeangebot<br />
unter E<strong>in</strong>beziehung des so genannten »konstruktiven<br />
Drucks« und c) e<strong>in</strong>e spezifische Schulung der Vorgesetzten<br />
über die Symptome sowie Phasen der Alkoholkrankheit<br />
und zur Gesprächsführung mit Alkoholikern.<br />
E<strong>in</strong> überarbeitetes Konzept wurde schließlich 1972 <strong>in</strong> den<br />
USA vom staatlichen Institut für Alkoholmissbrauch und<br />
Alkoholismus herausgebracht und mit der Empfehlung verbunden,<br />
erstens früher zu <strong>in</strong>tervenieren, zweitens das Hilfeangebot<br />
zu erweitern und drittens zukünftig von e<strong>in</strong>em<br />
»Employee Assistance Program« (EAP) zu sprechen.<br />
Als Nachteil der Alkoholprogramme hatte sich nämlich<br />
erwiesen, dass Vorgesetzte häufig erst e<strong>in</strong>griffen, wenn<br />
Symptome e<strong>in</strong>es weit fortgeschrittenen Alkoholproblems<br />
erkennbar waren, und dass sich das Hilfeangebot nur auf<br />
bereits kranke Alkoholiker beschränkte. Die wesentliche<br />
Neuerung des EAPs bestand dar<strong>in</strong>, die Vorgesetzten zu sensibilisieren,<br />
bereits frühe Veränderungen im Arbeits- und<br />
Leistungsverhalten wahrzunehmen und sie zu ermutigen,<br />
diese zum Anlass für e<strong>in</strong>e Intervention zu nehmen.<br />
Die betriebliche Suchtprävention<br />
hat e<strong>in</strong>e Geschichte<br />
Verfolgt man das Thema Suchtprävention im Betrieb jedoch<br />
weiter zurück, so f<strong>in</strong>den sich hier erste Ansätze bereits im<br />
19. Jahrhundert. In dieser Zeit entwickelte sich das mediz<strong>in</strong>ische<br />
Wissen zur Alkoholsucht, das mit den entstehenden<br />
Mäßigkeits- und Abst<strong>in</strong>enzbewegungen Verbreitung fand.<br />
Als <strong>in</strong> der zweiten Jahrhunderthälfte im Zuge der Industrialisierung<br />
und Mechanisierung der »zuverlässige Arbeiter«<br />
geformt wurde, geriet der Alkohol, vor allem Branntwe<strong>in</strong>,<br />
als Arbeits- und Alltagsgetränk <strong>in</strong> die Kritik. Während <strong>in</strong><br />
den USA viele Betriebe das Alkoholtr<strong>in</strong>ken am Arbeitsplatz<br />
gänzlich untersagten, wurden <strong>in</strong> Deutschland zwar Branntwe<strong>in</strong>verbote,<br />
selten jedoch generelle Alkoholverbote erlasssen.<br />
Selbst <strong>in</strong> den Unfallverhütungsvorschriften s<strong>in</strong>d bis<br />
heute nur sehr e<strong>in</strong>geschränkte Alkoholverbote vorgesehen.<br />
E<strong>in</strong>e erste regelrechte Blütezeit erlebte die betriebliche<br />
Suchtprävention <strong>in</strong> Deutschland <strong>in</strong> der Zeit der sozialen<br />
Reformen zwischen 1890 und 1910. Umfassende wissenschaftliche<br />
Erkenntnisse über die Auswirkungen des Alkohols<br />
auf Reaktionsfähigkeit und Leistungsverhalten wurden<br />
publiziert. Spezielle Materialien zur Aufklärung über die<br />
Gefahren des Alkohols wurden für bestimmte Beschäftigtengruppen<br />
verfasst und von den Arbeitgebern verteilt. In<br />
den Betrieben wurden Kant<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>gerichtet, damit die<br />
Arbeitenden e<strong>in</strong>e gesunde Mahlzeit ohne Tr<strong>in</strong>kzwang e<strong>in</strong>nnehmen<br />
konnten. E<strong>in</strong>ige Betriebe stellten Ersatzgetränke<br />
kostenlos oder kostengünstig zur Verfügung. Strafen wie<br />
z.B. Lohnentzug im Falle der Trunkenheit bei Arbeitsbeg<strong>in</strong>n<br />
wurden verhängt. Der Unfallschutz am Arbeitsplatz bekam<br />
e<strong>in</strong>e rechtliche Basis. Die Gewerkschaft vertrat das Leitbild<br />
e<strong>in</strong>es politisch bewussten Arbeiters, der nüchtern für die<br />
Sache se<strong>in</strong>er Klasse e<strong>in</strong>treten sollte. Auch der Alkoholkon-<br />
sum der Beamten im Dienst mit se<strong>in</strong>en Folgen erregte<br />
bereits Aufsehen. Das Wissen um die betriebliche Suchtprävention,<br />
um ihre Möglichkeiten und Bedeutung, g<strong>in</strong>g<br />
jedoch <strong>in</strong> der Folge zweier Weltkriege <strong>in</strong> Deutschland ebenso<br />
verloren wie e<strong>in</strong> Teil der Errungenschaften aus jener<br />
Zeit.<br />
In der Zeit des Wirtschaftswunders nach dem 2. Weltkrieg<br />
bis <strong>in</strong> die 1970er-Jahre war der Alkoholkonsum <strong>in</strong> den<br />
meisten Betrieben wieder e<strong>in</strong>e Selbstverständlichkeit.<br />
Zum<strong>in</strong>dest <strong>in</strong> den Pausen <strong>in</strong> der Kant<strong>in</strong>e, bei Feiern unter<br />
Arbeitskollegen, bei Betriebsfeiern und -ausflügen wurde<br />
Alkohol getrunken. Bier wurde häufig als Arbeitsgetränk<br />
betrachtet. In e<strong>in</strong>igen Regionen und für e<strong>in</strong>zelne Beschäftigtengruppen<br />
galt dies auch für We<strong>in</strong>. Bierautomaten <strong>in</strong><br />
Arbeitsplatznähe gehörten vielfach zur Grundversorgung.<br />
Selbst <strong>in</strong> solchen Betrieben, wo Alkoholverbote bestanden,<br />
wurden <strong>in</strong> den Kant<strong>in</strong>en nicht selten alkoholische Getränke<br />
verkauft. Mit anderen Worten, Alkohol war e<strong>in</strong>e betrieblich<br />
<strong>in</strong>tegrierte Droge, der man ke<strong>in</strong>e Probleme nachsagte. Die<br />
steigende Zahl der Kündigungen wegen Alkoholmissbrauchs<br />
wurden als tragische E<strong>in</strong>zelfälle abgetan. Nach<br />
dem Urteil des Bundessozialgerichts im Jahre 1968, wonach<br />
es sich bei Alkoholabhängigkeit - und davon abgeleitet<br />
anderen Suchterkrankungen - um e<strong>in</strong>e behandlungsbedürftige<br />
Krankheit handelt, griffen Fachzeitschriften das Thema<br />
auf. Die betroffenen Beschäftigten sollten im Betrieb frühzeitig<br />
angesprochen und auf Hilfemöglichkeiten h<strong>in</strong>gewiesen<br />
werden. Ab 1972 wurde <strong>in</strong> Deutschland über die<br />
betrieblichen Alkoholprogramme aus den USA publiziert.<br />
Mitte der 70er-Jahre begannen die ersten Unternehmen,<br />
hier Stufenpläne zur Gesprächsführung und Hilfeangebote<br />
e<strong>in</strong>zuführen.<br />
Auf der Jahreskonferenz der Deutschen Hauptstelle gegen<br />
die Suchtgefahren (DHS) 1978 stellte man die modernen<br />
betrieblichen Suchtprogramme euphorisch als »Lösung« für<br />
die Alkoholprobleme im Betrieb vor. Es war die Geburtssstunde<br />
e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>flussreichen »Alkohol-am-Arbeitsplatz-<br />
Bewegung« unter starkem E<strong>in</strong>fluss der Suchtkrankenhilfe-<br />
Organisationen, die <strong>in</strong> der Folgezeit für die Verbreitung der<br />
Suchtprogramme sorgte. Allerd<strong>in</strong>gs wurde nicht das erweiterte<br />
EAP-Konzept aus den USA aufgegriffen. Vielmehr<br />
wandte man sich zunächst ausschließlich der Hilfe für<br />
Alkoholkranke zu. Unter dieser Prämisse führten immer<br />
mehr Unternehmen und Verwaltungen, große, kle<strong>in</strong>e, mittlere<br />
Betriebe und Dienststellen, Alkohol- und Suchthilfeprogramme<br />
e<strong>in</strong>.<br />
Erst im Laufe der 90er-Jahre erweiterten sich die Aktivitäten<br />
zur betrieblichen Suchtprävention auf andere Suchtprobleme,<br />
verbunden mit der verstärkten Professionalisierung<br />
des Arbeitsfeldes. Teilweise wurden sie nun mit Maßnahmen<br />
der Gesundheitsförderung und Konfliktbewältigung<br />
am Arbeitsplatz verknüpft.<br />
Alkoholkranke Mitarbeiter bleiben 16-mal häufiger dem Arbeitsplatz<br />
fern als ihre Kollegen<br />
© Foto: action press/Kirchhoff<br />
Die Suchtprävention als Bestandteil moderner<br />
Managementstrategien<br />
Betriebliche Suchtprogramme haben ihre Karrieren als E<strong>in</strong>zelfallhilfen<br />
für Alkoholkranke begonnen. Im Vordergrund<br />
stand die Idee, dass e<strong>in</strong>e suchtkranke Person, die <strong>in</strong> ihrer<br />
abhängigkeitsbed<strong>in</strong>gten Selbsttäuschung verstrickt ist, im<br />
Betrieb mit se<strong>in</strong>en Möglichkeiten zur Motivation (Erhalt des<br />
Arbeitsplatzes) und zur Sanktion (Kündigung) nachdrücklich<br />
zur Annahme von Hilfe bzw. Aufnahme e<strong>in</strong>er Therapie<br />
aufgefordert wird. Trotz beiderseitigen Vorteils - denn die<br />
Organisation konnte mit teilweise erheblichen Kostene<strong>in</strong>sparungen<br />
rechnen - hatten sie bis <strong>in</strong> die 90er-Jahre den<br />
Charakter e<strong>in</strong>er sozialen Leistung, die alle<strong>in</strong> auf das Wohlwollen<br />
des Arbeitgebers angewiesen blieb.<br />
Doch im Zuge der E<strong>in</strong>führung neuer Managementkonzepte<br />
<strong>in</strong> Wirtschaft und Verwaltung wuchsen die Anforderungen<br />
<strong>in</strong> der beruflichen Arbeitswelt rapide und e<strong>in</strong>e stärkere<br />
Orientierung auf die Gesundheit der Beschäftigten veränderte<br />
den Stellenwert der betrieblichen Suchtprävention.<br />
SuchtReport 1/2002<br />
SuchtReport 1/2002
18 Prävention<br />
Prävention<br />
19<br />
E<strong>in</strong>e Umfrage des Gewis-Instituts zeigt: Wer am Arbeitsplatz tr<strong>in</strong>kt ,<br />
bezahlt die Zeche oft mit e<strong>in</strong>er Abmahnung © Foto: W.<br />
Sie machte e<strong>in</strong>e erstaunliche Karriere. Dabei erstrecken sich<br />
ihre Wirkungen auf so unterschiedliche Bereiche wie Unternehmens-<br />
und Führungskultur, Fehlzeiten, Betriebsklima,<br />
Qualität sowie Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz.<br />
Das Interesse betrieblicher Organisationen an e<strong>in</strong>em funktionierenden<br />
Suchtprogramm - zum Teil unter das Dach der<br />
Gesundheitsförderung gestellt - tritt deutlicher <strong>in</strong> den<br />
Vordergrund. Suchtprävention ist implizit, häufig sogar<br />
explizit zum Bestandteil moderner Managementstrategien<br />
geworden. Zum<strong>in</strong>dest gehört sie zum Standard guten Führungshandelns.<br />
Unternehmens- und Führungskultur<br />
Suchtprävention berührt als Aspekt der Unternehmenskultur<br />
die Frage, wie mit Suchtmitteln im Betrieb umgegangen<br />
werden soll. Diese Frage ist nicht immer ohne Brisanz, wie<br />
zurzeit die aktuelle Ause<strong>in</strong>andersetzung um e<strong>in</strong>en rauchfreien<br />
Arbeitsplatz beweist. Ausbalanciert werden müssen<br />
die Interessen der Organisation an e<strong>in</strong>em reibungslosen<br />
Betriebsablauf, rechtliche Erfordernisse und das verbriefte<br />
Recht der Beschäftigten an der freien Entfaltung ihrer Persönlichkeit<br />
sowie am Schutz ihrer Gesundheit. Regelungen<br />
s<strong>in</strong>d hierfür ke<strong>in</strong>eswegs die alle<strong>in</strong>ige Lösung, vielmehr<br />
kommt es ganz wesentlich auf die im Alltag gelebte Kultur<br />
und die Erfahrung im betrieblichen Umfeld an.<br />
An der Suchtprävention wird außerdem sichtbar, wie breit<br />
und konsequent die Organisation ihre soziale Verantwortung<br />
gegenüber den Beschäftigten auslegt. Manche Unternehmen<br />
nutzen ihr Suchtprogramm deshalb durchaus zu<br />
Image- und Market<strong>in</strong>gzwecken, sowohl nach <strong>in</strong>nen wie<br />
nach außen.<br />
Unmittelbar tangiert ist auch die Führungskultur. Suchtprävention<br />
stellt hohe Anforderungen an das Führungs- und<br />
Vorbildverhalten der Vorgesetzten. Denn der Erfolg e<strong>in</strong>es<br />
Suchtprogramms hängt sehr weitgehend von dem Führungsverständnis<br />
ab. Welche Ansprüche stellen Vorgesetzte<br />
an die Mitarbeiter<strong>in</strong>nen und Mitarbeiter, wie setzen sie ihre<br />
Ziele? Wie nehmen sie Konflikte wahr und welche Klärungshilfen<br />
geben sie? Wie aufmerksam s<strong>in</strong>d sie gegenüber<br />
Leistungs- und Verhaltensänderungen oder gesundheitlichen<br />
Problemen der Beschäftigten? Und wie entwickelt<br />
s<strong>in</strong>d die Fähigkeiten der Vorgesetzten, Gespräche zu führen,<br />
Anforderungen präzise zu formulieren und die Umsetzung<br />
im betrieblichen Alltag unterstützend und konsequent zu<br />
verfolgen? Nicht von ungefähr s<strong>in</strong>d Führungskräftesem<strong>in</strong>are<br />
von Beg<strong>in</strong>n an e<strong>in</strong> unverzichtbarer Bestandteil des Konzepts<br />
gewesen.<br />
Personal- oder Human Ressource Management<br />
Im Bereich des Personalmanagements oder Human Ressource<br />
Managements geht es um Nutzung und Entwicklung<br />
des Mitarbeiterpotenzials. Unternehmen müssen daran<br />
<strong>in</strong>teressiert se<strong>in</strong>, qualifizierte und motivierte Arbeitskräfte<br />
zu beschäftigen, die sie vollwertig und flexibel e<strong>in</strong>setzen<br />
können. Ausfall- und Anlernzeiten s<strong>in</strong>d dagegen kosten<strong>in</strong>tensiv<br />
und schlagen umso mehr zu Buche, je qualifizierter<br />
Arbeiter oder Angestellte s<strong>in</strong>d. Die Suchtprävention trägt<br />
nachweislich dazu bei, Fehlzeiten zu verr<strong>in</strong>gern, übermäßige<br />
Leistungsverluste zu vermeiden und vorzeitige Arbeitsplatzwechsel<br />
zu umgehen. Betriebswirtschaftliche Berechnungen<br />
belegen, dass Suchtprogramme - oder<br />
weitergehende Mitarbeiter-Beratungsprogramme - e<strong>in</strong>e<br />
durchaus lohnende Investition darstellen.<br />
Qualitätsmanagement<br />
Suchtprobleme im Betrieb haben häufig unmittelbare, nicht<br />
selten sogar schwerwiegende Auswirkungen auf die Qualität<br />
von Produkten und Dienstleistungen. Suchtprogramme<br />
können hier gleich im doppelten S<strong>in</strong>ne präventive Wirkung<br />
entfalten sowohl im H<strong>in</strong>blick auf Krankheit als auch auf<br />
Qualitätsverluste.<br />
Wenn von Qualitätsmanagement die Rede ist, geht es<br />
jedoch auch noch um etwas anderes. Konzepte wie das<br />
Sem<strong>in</strong>ar: Viele Großbetriebe bieten Antisuchtprogramme und ehrenamtliche<br />
Suchtberater zur Unterstützung © Foto: W.7<br />
TQM (Total Quality Management) und vor allem das EFQM<br />
(European Foundation for Quality Management) weisen den<br />
Mitarbeiter<strong>in</strong>nen und Mitarbeitern e<strong>in</strong>en zentralen Stellenwert<br />
für die Qualitätsentwicklung und damit für die<br />
Zukunftsfähigkeit e<strong>in</strong>er Organisation zu. E<strong>in</strong> Kriterium für<br />
die Entwicklungspotenziale e<strong>in</strong>es Unternehmens oder e<strong>in</strong>er<br />
Verwaltung ist die konsequente Ausgestaltung e<strong>in</strong>er mitarbeiterorientierten<br />
Politik und Führung. E<strong>in</strong> betriebliches<br />
Gesundheitsmanagement oder e<strong>in</strong> vitales Suchtprogramm<br />
stellen <strong>in</strong> diesem Rahmen wichtige Pluspunkte dar, die sich<br />
im Rahmen der Bonus-Projekte der AOK sogar <strong>in</strong> barer<br />
Münze auswirken können.<br />
Betriebliches Gesundheitsmanagement<br />
Ende der 90er-Jahre hat die Neuordnung der gesundheitsbezogenen<br />
Aktivitäten unter dem Dach des betrieblichen<br />
Gesundheitsmanagements begonnen. Gesundheitsmanagement<br />
bedeutet bewusste Steuerung und Integration aller<br />
Prozesse zur E<strong>in</strong>richtung, Ausgestaltung und Weiterentwicklung<br />
der Bereiche Gesundheitsförderung, Arbeitsschutz,<br />
Suchtprävention und gesundheitsbezogener Beratung<br />
im Betrieb. Es ist zugleich e<strong>in</strong> Führungs<strong>in</strong>strument zur<br />
Gestaltung der Schnittstelle(n) von Arbeitssicherheit,<br />
betriebsärztlichen und sozialen Dienstleistungen, Personalund<br />
Qualitätsmanagement.<br />
In der Suchtprävention wurde <strong>in</strong> vielen Betrieben bereits<br />
vor Jahren der Grundste<strong>in</strong> gelegt für e<strong>in</strong>e fachübergreifende<br />
Kooperationsstruktur, die für die Aufgaben des Gesundheitsmanagements<br />
ausgebaut werden kann. Das geschieht<br />
teilweise schon dort, wo der »Arbeitskreis Sucht« heute als<br />
»Projektgruppe Gesundheit« se<strong>in</strong>e Aufgabe mit erweitertem<br />
Auftrag wahrnimmt.<br />
Die Schlüsselrolle der Leitung<br />
Suchtprävention im Betrieb ist dann wirkungsvoll zu etablieren,<br />
wenn die Leitung der Organisation sie befürwortet<br />
und vertritt. Es geht ke<strong>in</strong>eswegs nur um die Bewilligung<br />
der Kosten. Es geht um e<strong>in</strong>e Selbstverpflichtung und im<br />
Kern um e<strong>in</strong>e strategische Entscheidung, die grundlegende<br />
Aspekte der Organisationskultur und des Führungsverständnisses<br />
berührt. Vor dem H<strong>in</strong>tergrund dieser Dimension<br />
ist die re<strong>in</strong>e Kostenfrage nicht selten weitgehend nebensächlich<br />
oder zum<strong>in</strong>dest nicht primär entscheidungsrelevant.<br />
Die zentrale Rolle, die der Leitung für die Realisierung der<br />
betrieblichen Suchtprävention zukommt, hat Vor- und<br />
Nachteile. E<strong>in</strong> Nachteil besteht vielleicht dar<strong>in</strong>, dass Führungskräfte<br />
erst e<strong>in</strong>mal für e<strong>in</strong> Programm gewonnen werden<br />
müssen, das den meisten von ihnen fachlich fern liegt<br />
und gern <strong>in</strong> den sozialen Bereich verwiesen wird. Dem steht<br />
aber e<strong>in</strong> entscheidender Vorteil gegenüber: Unabhängig<br />
von der Betriebsgröße oder anderen betrieblichen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />
kann sich jede Leitung für die betriebliche<br />
Suchtprävention entscheiden. Denn wo e<strong>in</strong> Wille ist, ist<br />
auch e<strong>in</strong> Weg, um die jeweils passende Lösung für die eigene<br />
Organisation zu f<strong>in</strong>den.<br />
Lange Laube 32, 30159 Hannover<br />
Dr. Elisabeth Wienemann<br />
Zentrale E<strong>in</strong>richtung<br />
Weiterbildungsstudium<br />
Arbeitswissenschaft<br />
Universität Hannover<br />
Telefon: 0511 / 762-4847<br />
E-Mail: wienemann@mbox.wa.uni-hannover.de<br />
SuchtReport 1/2002<br />
SuchtReport 1/2002
Lebensgeschichte<br />
21<br />
»Me<strong>in</strong> Leben –<br />
Synanon 2001: Verantwortlicher<br />
für den Zweckbetrieb Umzüge<br />
e<strong>in</strong>e Geister bahn«<br />
Urlaub 1995 <strong>in</strong> Thailand: Jürgen<br />
besucht e<strong>in</strong>e Schlangenfarm auf der<br />
Insel Koh Samoi<br />
Jürgens Lebensgeschichte<br />
SuchtReport 1/2002 SuchtReport 1/2002<br />
Me<strong>in</strong>e Therapeut<strong>in</strong> hat letzte Woche e<strong>in</strong>en guten Spruch<br />
abgelassen. Sie hat gesagt, ich komme ihr vor wie e<strong>in</strong>er,<br />
dessen Leben eigentlich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Geisterbahn abläuft und der<br />
die Geisterbahn zwischendurch nur verlässt, um sich das<br />
nötige Kle<strong>in</strong>geld zu beschaffen, damit er die nächste Fahrt<br />
wieder bezahlen kann. Und sie hat Recht, denke ich.<br />
Die Geisterbahn ist bei mir: Alkohol, Spielen, Sex, Macht,<br />
Geld und betrügerische Geschichten. Das Verrückte ist, dass<br />
ich <strong>in</strong> der Geisterbahn Emotionen habe, die ich im normalen<br />
Leben nicht spüre. Ich fühle mich oft leer und kalt. Aber<br />
<strong>in</strong> der Geisterbahn kann ich mich <strong>in</strong>tensiv spüren. Es gibt<br />
e<strong>in</strong>en ungeheuren Kick. Wenn ich z.B. toll angezogen, mit<br />
»Boss« Anzug und Seidenkrawatte, Roulette spielte, mit<br />
Tausenden von Mark um mich schmiss, fühlte ich mich e<strong>in</strong>fach<br />
großartig. Ich spüre noch, wie mich alle bewunderten.<br />
Dafür haben sich me<strong>in</strong>e Abstürze und Geisterbahnfahrten<br />
immer gelohnt. Aber ich stürzte aus großer Höhe ab und der<br />
Aufprall war hart. Ich musste jedes Mal wieder ganz unten<br />
anfangen. In 20 Jahren ist es jetzt der fünfte Neuanfang. Ich<br />
kann nicht mehr und ich will es auch nicht mehr. Und deswegen<br />
b<strong>in</strong> ich das zweite Mal bei SYNANON. Es ist oft hart<br />
hier, von der zeitlichen und körperlichen Belastung her.<br />
Aber ich will es diesmal schaffen.
22 Lebensgeschichte Lebensgeschichte 23<br />
Me<strong>in</strong> Name ist Jürgen Weyhausen. Ich b<strong>in</strong> 49 Jahre alt.<br />
Geboren wurde ich am 12. Dezember 1953 <strong>in</strong> Delmenhorst<br />
<strong>in</strong> Niedersachsen als 2. Sohn e<strong>in</strong>es zur See fahrenden Alkoholikers<br />
und e<strong>in</strong>er depressiven Mutter.<br />
Bis zum 6. Lebensjahr war me<strong>in</strong> Vater eigentlich nie da, weil<br />
der ja zur See gefahren ist. Und wenn er mal da war, dann<br />
trank er. Me<strong>in</strong>e Mutter war auch lange Zeit nicht für mich<br />
da. Sie hat im Schichtdienst gearbeitet. So war me<strong>in</strong>e<br />
Großmutter väterlicherseits für mich und me<strong>in</strong>en 5 Jahre<br />
älteren Bruder die e<strong>in</strong>zige Bezugsperson. Mir hat die Nähe<br />
me<strong>in</strong>er Mutter gefehlt. Ich kann mich nicht ents<strong>in</strong>nen, dass<br />
wichtig. Unser ganzes Familienleben hab ich als sehr kalt<br />
empfunden. Ich habe mich nie geliebt gefühlt. E<strong>in</strong> Leben<br />
lang b<strong>in</strong> ich der Liebe me<strong>in</strong>er Mutter h<strong>in</strong>terher gelaufen und<br />
ich habe sie nie bekommen.<br />
Wenn ich zurückblicke, sehe ich Fetzen me<strong>in</strong>er K<strong>in</strong>dheit. Die<br />
erste K<strong>in</strong>dheitser<strong>in</strong>nerung setzt e<strong>in</strong>, da muss ich 5 Jahre alt<br />
gewesen se<strong>in</strong>.<br />
Es war e<strong>in</strong> Sonntag. Bei uns war das so üblich, dass die<br />
K<strong>in</strong>der so e<strong>in</strong>e Art Sonntagsanzug tragen mussten, um auch<br />
damit wieder e<strong>in</strong>en guten E<strong>in</strong>druck zu machen. Ich habe das<br />
Das g<strong>in</strong>g dann so bis zum 17. Lebensjahr. Ich war mittlerweile,<br />
gegen me<strong>in</strong>en Willen, auf dem Gymnasium, weil ich<br />
unbed<strong>in</strong>gt das Abitur machen sollte. Ich war gerade <strong>in</strong> die<br />
13. Klasse versetzt, als ich den Entschluss fasste, das Spiel<br />
me<strong>in</strong>er Eltern nicht mehr weiter mitzuspielen. Ich habe<br />
gesagt: »Ich habe die Schnauze voll, mich <strong>in</strong>teressiert das<br />
Abitur nicht. Ich höre mit der Schule auf.« Studieren wollte<br />
ich sowieso nie, also was wollten die noch von mir. Das war<br />
e<strong>in</strong> Riesendrama. Ke<strong>in</strong> Mensch hat das verstanden, weil ich<br />
ja ke<strong>in</strong>e schlechten Noten hatte. »Jetzt sp<strong>in</strong>nt der völlig«,<br />
dachten alle. Ich wusste ja auch nicht, was ich wollte. Ich<br />
wusste nur, dass ich arbeiten wollte. E<strong>in</strong> Job als Brotfahrer<br />
drunter gelitten. Aber womit ich gut landete, war me<strong>in</strong>e<br />
Art. Ich konnte schon damals ganz gut reden. Und ich<br />
merkte dann, wenn ich e<strong>in</strong>ige Biere getrunken hatte, dann<br />
g<strong>in</strong>g das noch besser. Die Hemmungen wurden weniger und<br />
ich merkte, dass me<strong>in</strong>e Erfolgsquote bei den Mädchen größer<br />
wurde. Ich merkte aber auch, dass ich von Anfang an<br />
immer mehr getrunken hatte, als die anderen Jungen. Ich<br />
wollte die Wirkung des Alkohols spüren. Me<strong>in</strong> Alkoholkonsum<br />
hat sich schnell gesteigert. Als ich 18 war, trank<br />
ich schon 8 halbe Liter Bier am Abend. Die waren so <strong>in</strong>nerhalb<br />
von 2 Stunden weg. Ziemlich schnell wurde es noch<br />
mehr.<br />
ich jemals von ihr <strong>in</strong> den Arm genommen worden b<strong>in</strong>. Im<br />
Gegenteil, wenn wir nicht so funktionierten, wie es gefordert<br />
war, gab es immer wieder Schläge, ohne für mich e<strong>in</strong>sehbaren<br />
Anlass. Das E<strong>in</strong>zige, was für sie zählte, war<br />
Leistung und e<strong>in</strong>en guten E<strong>in</strong>druck machen. Wenn das<br />
funktionierte, war me<strong>in</strong>e Mutter zufrieden. Aber bei der<br />
kle<strong>in</strong>sten Abweichung gab es eben Schläge. Ich reagierte oft<br />
verstockt und abweisend. Me<strong>in</strong>e Eltern haben dann versucht,<br />
weil sie es nicht anders gelernt hatten, me<strong>in</strong>e Defizite<br />
an Liebe über das Materielle auszugleichen. Was ich haben<br />
wollte, ob Spielzeug oder Kleidung oder Reisen, das war nie<br />
e<strong>in</strong> Thema. Die materielle Seite war denen immer extrem<br />
D<strong>in</strong>g gehasst, aber ich musste ihn anziehen. Also, an dem<br />
Sonntag wollte ich zum Spielen raus. Ich g<strong>in</strong>g bei uns im<br />
H<strong>in</strong>terhaus die Treppe runter, stolperte auf den Stufen, fiel<br />
h<strong>in</strong> und schlug mir das Knie auf. Das hat tierisch weh getan.<br />
Ich f<strong>in</strong>g an zu heulen. Me<strong>in</strong>e Mutter kam keifend angerannnt.<br />
Sah mich we<strong>in</strong>en, starrte entsetzt auf me<strong>in</strong>e Hose, <strong>in</strong> der<br />
vom Sturz e<strong>in</strong> Loch klaffte. Aber sie kümmerte sich nicht<br />
um me<strong>in</strong> blutendes Knie, sondern schlug mir <strong>in</strong>s Gesicht.<br />
Wütend beschimpfte sie mich, schrie, was ich für e<strong>in</strong> Trottel<br />
sei, diesen schönen Anzug kaputt zu machen. Und da habe<br />
ich die Welt überhaupt nicht mehr verstanden. Also da s<strong>in</strong>d<br />
schlimme Sachen gelaufen.<br />
war dann so das Richtige für mich. Ich habe Brötchen und<br />
Brot aus e<strong>in</strong>er Bäckerei ausgeliefert. Dabei hab’ ich mich<br />
ganz wohl gefühlt. Nach 3 Monaten suchte ich mir e<strong>in</strong>e<br />
Lehrstelle als Schiffsmakler ohne zu wissen, was das ist. Es<br />
klang e<strong>in</strong>fach gut. Zu dem Zeitpunkt trank ich auch schon.<br />
Mit dem Tr<strong>in</strong>ken f<strong>in</strong>g ich mit 15 an. Wir hatten damals so<br />
e<strong>in</strong>e Clique von der Schule aus, mit der ich mich abends<br />
immer <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Jugendkneipe traf. Ich f<strong>in</strong>g an, mich für die<br />
Mädchen zu <strong>in</strong>teressieren, und ich hab’ gemerkt, über das<br />
Äußerliche läuft da bei mir nicht viel, weil ich kle<strong>in</strong> und<br />
schmächtig war, so wie jetzt auch noch. Damals habe ich<br />
Me<strong>in</strong>e Lehre als Schiffsmakler habe ich trotzdem mit besten<br />
Ergebnissen abgeschlossen. Die wollten mich unbed<strong>in</strong>gt<br />
übernehmen, aber erst mal kam die Bundeswehr dazwischen.<br />
Ich habe mich bewusst dafür entschieden, weil ich dachte,<br />
das wäre e<strong>in</strong>e wichtige Sache. Den Zahn hat man mir aber<br />
schnell gezogen. Und da habe ich dann richtig gesoffen. Da<br />
kamen auch die ersten heftigen Ausfälle. Ich b<strong>in</strong> nachts im<br />
Rausch aufgewacht und habe <strong>in</strong>s Zimmer gep<strong>in</strong>kelt. Das war<br />
mir furchtbar pe<strong>in</strong>lich, weil ich am nächsten Morgen nichts<br />
mehr davon wusste. Ich habe solche Mengen <strong>in</strong> mich<br />
geschüttet, dass ich nicht mehr wusste, was da ablief. In den<br />
15 Monaten Bundeswehr war ich jeden Tag richtig zu.<br />
SuchtReport 1/2002 SuchtReport 1/2002
24 Lebensgeschichte<br />
Lebensgeschichte<br />
25<br />
Nach dem Bund arbeitete ich <strong>in</strong> me<strong>in</strong>er Lehrfirma und ich<br />
hatte dann auch me<strong>in</strong>e erste längere Beziehung mit e<strong>in</strong>er<br />
Frau.<br />
Wir lebten zusammen. Es war e<strong>in</strong>e schöne Zeit. Die trennte<br />
sich dann von mir, weil me<strong>in</strong> Alkoholkonsum nicht mehr zu<br />
verheimlichen war und weil sie sich <strong>in</strong> der Frauenszene<br />
engagierte und merkte, dass sie bisexuell war. Sie hat mich<br />
wegen e<strong>in</strong>er Frau verlassen. Damit kam ich überhaupt nicht<br />
klar. Ich dachte, dass ich als Mann nicht toll genug b<strong>in</strong>.<br />
Gleichzeitig war das aber auch e<strong>in</strong> willkommener Grund für<br />
mich, me<strong>in</strong> Saufen zu rechtfertigen. Me<strong>in</strong>e Mitsäufer hatten<br />
Mal <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Leben, dass ich Menschen kennen lernte, die<br />
ganz offensichtlich verstanden, was bei mir lief. Dort habe<br />
ich Leute getroffen, die wussten, wovon ich sprach. Sie<br />
waren auch die Ersten, die sagten: »Das, was du da hast, ist<br />
ke<strong>in</strong>e Charakterschwäche, das ist e<strong>in</strong>fach e<strong>in</strong>e Krankheit.«<br />
Von dem Tag an habe ich drei Monate nicht mehr getrunken.<br />
Ich hatte e<strong>in</strong>en tierischen Entzug.<br />
Dann kam das 6-Tage-Rennen <strong>in</strong> Bremen, zu dem ich me<strong>in</strong>te,<br />
unbed<strong>in</strong>gt h<strong>in</strong>gehen zu müssen. Ich begab mich stolz und<br />
sicher unter 20.000 saufende Menschen, fühlte mich als Fels<br />
<strong>in</strong> der Brandung. Das Ergebnis war, dass ich drei Wochen<br />
In dieser Zeit lernte ich e<strong>in</strong>e tolle Frau kennen, die ich kurze<br />
Zeit später heiratete. Es lief alles. Das Geld wurde immer<br />
mehr, die Autos immer größer. Ich verbrachte viel Zeit <strong>in</strong><br />
Flugzeugen und bei dicken Geschäftsessen. Und wo immer<br />
ich auch war auf dieser Welt, b<strong>in</strong> ich <strong>in</strong> die AA-Gruppen<br />
gegangen und ich blieb trocken. Aber irgendwie wurde es<br />
mir langweilig. Etwas fehlte mir, obwohl ich das Leben<br />
hatte, das ich so wollte. Und alle Welt sagte» du hast e<strong>in</strong>en<br />
tollen Job, du bist e<strong>in</strong> Toller«. Ich f<strong>in</strong>g an, es selbst zu glauben,<br />
dass ich der Allertollste b<strong>in</strong>, fühlte mich als der Herr der<br />
Welt. »Me<strong>in</strong>e Sucht«, so dachte ich, »die kann ich auch alle<strong>in</strong><br />
beherrschen.« Wozu sollte ich noch <strong>in</strong> die AA-Gruppe gehen.<br />
Und dann passierte es. Ich war dienstlich <strong>in</strong> Rotterdam,<br />
hatte e<strong>in</strong>en ganz normalen Arbeitstag beendet, fuhr <strong>in</strong>s<br />
Hilton-Hotel. Dort nahm ich me<strong>in</strong>en Schlüssel ziemlich<br />
gelangweilt, weil ich das ja alles kannte. In dem Moment,<br />
Ich hatte dann sehr schnell e<strong>in</strong>en Tagesbedarf zwischen<br />
5000 und 10.000 Mark für Alkohol, Roulette und Frauen. Da<br />
me<strong>in</strong> eigenes Geld nicht mehr ausreichte, leitete ich<br />
Firmengelder auf me<strong>in</strong> privates Konto. In e<strong>in</strong>em Jahr verbrauchte<br />
ich dann 1,3 Millionen Mark. E<strong>in</strong>es Tages erschien<br />
me<strong>in</strong> Chef überraschend <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Büro. Mir wurde schlagartig<br />
klar, dass me<strong>in</strong>e Unterschlagungen bemerkt worden<br />
waren. Ich verlor me<strong>in</strong>en Job, aber es folgte ke<strong>in</strong>e Anzeige.<br />
Vermutlich wurden die Unterschlagungen vor den Firmen<strong>in</strong>habern<br />
geheim gehalten. Me<strong>in</strong>e Frau wusste nichts von<br />
dem Doppelleben, das ich führte. Ihr erzählte ich, dass ich<br />
wegen überzogener Spesenrechnungen gefeuert worden sei.<br />
Nach 4 Wochen fand ich e<strong>in</strong>en vergleichbaren Job <strong>in</strong> Travemünde.<br />
Me<strong>in</strong> neuer Chef hatte großes Vertauen zu mir und<br />
machte mich nach kurzer Zeit zum Prokuristen. Wir zogen<br />
Jürgen als E<strong>in</strong>jähriger auf der<br />
Kirmes <strong>in</strong> Delmenhorst<br />
Jürgen (3. v. r.) bei e<strong>in</strong>er Hafenrund–<br />
fahrt <strong>in</strong> Bremen mit Mutter, Vater und<br />
se<strong>in</strong>em Bruder Ullrich (rechts)<br />
Jürgen (5 J.) geht mit se<strong>in</strong>er<br />
Mutter zum Schwimmen an<br />
die Weser<br />
E<strong>in</strong>schulung 1960 <strong>in</strong> der Parkschule Delmenhorst<br />
Ferien 1962: E<strong>in</strong>e Weserrundfahrt mit Onkel Werner<br />
auch vollstes Verständnis dafür. »Nach so e<strong>in</strong>em Schlag<br />
musst du e<strong>in</strong>fach saufen«, stimmten sie mir zu. Ich b<strong>in</strong> wieder<br />
bei me<strong>in</strong>en Eltern e<strong>in</strong>gezogen.<br />
Beruflich g<strong>in</strong>g es vorwärts. In me<strong>in</strong>er Firma habe ich gut<br />
Karriere gemacht. Aber es kam vor, dass ich <strong>in</strong> der<br />
Mittagspause so viel trank, dass ich plötzlich nachmittags<br />
vor allen Leuten auf dem Schreibtisch e<strong>in</strong>geschlafen b<strong>in</strong>. Es<br />
kam zu ersten Verwarnungen, die noch recht zart ausfielen.<br />
Ich war gut <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Job und sie wollten mich auch nicht<br />
verlieren. Me<strong>in</strong> Alkoholkonsum steigerte sich, me<strong>in</strong>e<br />
Fehlzeiten wurden häufiger und irgendwann, 1979, da war<br />
ich 26, kam der Tag, wo me<strong>in</strong> Chef dann gesagt hat: »Entweder<br />
du machst etwas gegen de<strong>in</strong> Tr<strong>in</strong>ken oder das war es.«<br />
Ganz klar. Das war e<strong>in</strong>e Sprache, die ich verstand.<br />
Nach diesem e<strong>in</strong>schneidenden Gespräch b<strong>in</strong> ich zu den<br />
Anonymen Alkoholikern (AA) gegangen. Das war das erste<br />
am Stück gesoffen habe. Ich begriff, dass ich wieder da<br />
anf<strong>in</strong>g, wo ich aufgehört hatte. Alle<strong>in</strong> schaffte ich es nicht<br />
und so b<strong>in</strong> wieder zu den AA’s gegangen. Ich war aus dem<br />
Stand 10 Jahre trocken.<br />
In me<strong>in</strong>er Lehrfirma habe ich erfolgreich weitergearbeitet,<br />
bis ich 1981 e<strong>in</strong> lukratives Angebot von der Konkurrenzfirma<br />
bekam. Das war e<strong>in</strong>e italienische Reederei mit Sitz <strong>in</strong><br />
Deutschland. Von nun an reiste ich viel <strong>in</strong> der Welt herum.<br />
Hab’ erst mal ganz <strong>Europa</strong> kennen gelernt. Dann kam der<br />
Mittelmeerraum. B<strong>in</strong> sehr viel <strong>in</strong> den arabischen Staaten,<br />
Indien und Pakistan gewesen. Ich habe zuerst das Haus <strong>in</strong><br />
Düsseldorf aufgebaut, hab’ das geleitet, wurde Chef für<br />
Deutschland, Holland und Skand<strong>in</strong>avien, dann Westeuropa<br />
und nachher für den mittleren Osten. Ich war der Verkaufsdirektor,<br />
hab das Market<strong>in</strong>g und die Kundenwerbung gemacht.<br />
Als ich Direktor wurde, war ich 32. Ich war zuständig<br />
für 140 Millionen DM.<br />
als ich die Türkl<strong>in</strong>ke zu me<strong>in</strong>em Zimmer <strong>in</strong> der Hand hatte,<br />
schoss mir der Gedanke durch den Kopf, »eigentlich könntest<br />
du ja wieder mal e<strong>in</strong> Bier tr<strong>in</strong>ken«.<br />
Ich war wie ferngesteuert. Es zog mich zur M<strong>in</strong>ibar. Ich<br />
trank e<strong>in</strong> Bier. Und gleich noch e<strong>in</strong> zweites. Ich hatte <strong>in</strong> dem<br />
Moment auch ke<strong>in</strong> schlechtes Gewissen. »Ganz Deutschland<br />
ist e<strong>in</strong>mal im Monat besoffen, ist doch ganz normal. Ich<br />
falle nicht aus dem Norm, wenn ich mal tr<strong>in</strong>ke«, dachte ich.<br />
Und dann hatte ich die Idee, <strong>in</strong>s Spielkas<strong>in</strong>o zu gehen. Ich<br />
war noch nie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Spielkas<strong>in</strong>o gewesen und ich gewann.<br />
Der Abend endete mit e<strong>in</strong>em totalen Besäufnis und<br />
e<strong>in</strong>er gekauften Frau.<br />
Es blieb aber nicht bei me<strong>in</strong>em Vorsatz, es e<strong>in</strong>mal im Monat<br />
zu tun. Die Abstände me<strong>in</strong>er Besäufnisse wurden kürzer, die<br />
Mengen wurden größer. Und vor allem, die Komb<strong>in</strong>ation mit<br />
dem Spiel war plötzlich der ganz neue Kick.<br />
nach Travemünde um und me<strong>in</strong>e Frau wollte e<strong>in</strong> Haus. Ich<br />
hatte immer noch tierische Angst, dass ich wegen der<br />
Unterschlagungen <strong>in</strong> den Knast musste, aber ich ließ für uns<br />
das Haus bauen. Wieder jettete ich durch die Welt, die sich<br />
<strong>in</strong>zwischen vergrößert hatte. Mit Gorbatschow und der Öffnung<br />
des Ostens kam e<strong>in</strong> neuer Markt dazu. Ich war nun<br />
Verkaufschef für Ost- und Westeuropa und auch Nordamerika.<br />
Ich besuchte wieder brav die AA-Gruppen und<br />
blieb trocken.<br />
Jeden Monat flog ich nach Amerika, jeden Monat nach<br />
Moskau und weiß der Kuckuck woh<strong>in</strong>. Die Geschäfte liefen<br />
bestens. Alle haben wieder gesagt: »Du bist ja e<strong>in</strong> toller<br />
Typ.«<br />
Das g<strong>in</strong>g bis 1994. Diesmal passierte es im Hotel während<br />
e<strong>in</strong>er Geschäftsreise nach Mailand. Plötzlich stand ich wieder<br />
mit me<strong>in</strong>em Bier im Hotelzimmer. Ich spielte dann auch<br />
wieder, aber im Rahmen me<strong>in</strong>er Möglichkeiten. Ich hab’<br />
SuchtReport 1/2002<br />
SuchtReport 1/2002
26 Lebensgeschichte<br />
Lebensgeschichte<br />
27<br />
ke<strong>in</strong> Geld unterschlagen. Me<strong>in</strong> Chef merkte nichts. In der<br />
Rückfallzeit lernte ich im Spielkas<strong>in</strong>o im <strong>Europa</strong>center <strong>in</strong><br />
Berl<strong>in</strong> Heidi kennen. Sie sollte me<strong>in</strong>e große Liebe werden.<br />
Nach kurzer Zeit schon wusste ich, dass ich mit dieser Frau<br />
leben muss. Sie war der erste Mensch <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Leben, dem<br />
ich tief vertrauen konnte. Warum das so war, kann ich nicht<br />
genau sagen, es war e<strong>in</strong>fach so. Sie hat so e<strong>in</strong>e Ausstrahlung,<br />
der ich mich e<strong>in</strong>fach nicht entziehen konnte. Trotzdem<br />
hörte ich nicht mit dem Tr<strong>in</strong>ken und Spielen auf. Ich ließ<br />
mich von me<strong>in</strong>er Frau scheiden, verkaufte das Haus, zog mit<br />
Heidi zusammen nach Hamburg.<br />
sich nur denken kann ... u.a. Schädelbasisbruch und die<br />
Lendenwirbelsäule. Die Ärzte sagten, dass ich nur überlebt<br />
hätte, weil ich so besoffen war. Jetzt konnte mich auch me<strong>in</strong><br />
Chef nicht mehr halten. Er musste mich kündigen. Und<br />
damit fiel ich <strong>in</strong> e<strong>in</strong> tiefes Loch. Ich hatte ke<strong>in</strong>e Arbeit, ke<strong>in</strong><br />
Geld und ke<strong>in</strong>e Frau mehr. Also soff ich wieder, als ich aus<br />
dem Krankenhaus kam.<br />
Aber ich wusste auch, wenn ich jetzt nichts mache, geht es<br />
immer weiter bergab mit mir, und ich entschloss mich zu<br />
e<strong>in</strong>er Entgiftung <strong>in</strong> den Alsterdorfer Anstalten. Von dort aus<br />
An e<strong>in</strong>em verlängerten Wochenende im Sommer 1997 führte<br />
ich im ukra<strong>in</strong>ischen Dnepropetrowsk Verhandlungen <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>em mafios geführten Betrieb. Beim Abschluss kamen die<br />
Fragen: »Woman? Good food? Dr<strong>in</strong>k?« Wir landeten irgendwo<br />
am Dnepr, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Billardraum. Das war der Anfang<br />
e<strong>in</strong>er langen Geisterbahnfahrt. Ich soff und spielte wie <strong>in</strong><br />
alten Zeiten. In Polen verspielte ich während e<strong>in</strong>er<br />
Dienstreise 20.000 Mark von der Firmenkreditkarte. Um das<br />
Geld wieder zurückzugew<strong>in</strong>nen, jagte ich mit dem Auto<br />
nach Deutschland, klaute aus dem Firmentresor alles Geld.<br />
Raste wieder nach Polen, denn <strong>in</strong> Deutschland hatte ich<br />
Ich sprang <strong>in</strong> me<strong>in</strong> Auto und raste los. Der Polizei fiel ich<br />
durch me<strong>in</strong>e Fahrweise auf. Sie verfolgten mich. Wir lieferten<br />
uns e<strong>in</strong>e Verfolgungsjagd, wie im Film. Als sie mich<br />
hatten, sahen sie, dass die Täterbeschreibung der Verkäufer<strong>in</strong>nen<br />
auf mich passte, und nahmen mich fest. Ich hatte nur<br />
noch e<strong>in</strong>s im Kopf, ich wollte weiter tr<strong>in</strong>ken und machte den<br />
Dorfpolizisten klar, dass ich Alkoholiker b<strong>in</strong> und jede<br />
Stunde e<strong>in</strong> Bier tr<strong>in</strong>ken musste. Die Polizisten riefen e<strong>in</strong>e<br />
Ärzt<strong>in</strong> an, die ihnen gestattete, für mich Bier zu kaufen. So<br />
bekam ich dann <strong>in</strong> me<strong>in</strong>er Zelle <strong>in</strong> dieser Nacht jede Stunde<br />
e<strong>in</strong>e Büchse Bier. Das war sehr amüsant. Der Schlüssel dreh-<br />
Passfotos des jungen Erwachsenen: l<strong>in</strong>ks 16, rechts 15 Jahre alt<br />
Jürgen (r.) mit Schulfreunden auf e<strong>in</strong>er Reise nach Dänemark<br />
Urlaubsreise 1995: Jürgen <strong>in</strong> der Affenstadt <strong>in</strong> Thailand<br />
te sich im Schloss, die Tür öffnete sich und e<strong>in</strong> Polizist<br />
reichte mir e<strong>in</strong> Bier. Der folgende Prozess brachte mir 3<br />
Jahre Knast.<br />
Konfirmation 1967: Jürgen vor der evang. Stadtkirche <strong>in</strong> Delmenhorst<br />
Me<strong>in</strong>e Alkoholprobleme wurden immer größer, Angstphasen<br />
kamen dazu. Me<strong>in</strong> Chef merkte, was mit mir los war, und<br />
auch vor Heidi konnte ich me<strong>in</strong>e Sucht nicht mehr verbergen.<br />
Me<strong>in</strong> Chef hielt noch zu mir, weil ich gute Arbeit leistete,<br />
aber für Heidi wurde das Zusammenleben mit mir zur<br />
Qual. E<strong>in</strong>es Tages, es war im Frühjahr 1994, wollte sie mich<br />
verlassen. »Wenn du mich verlässt, mache ich Schluss«,<br />
warnte ich sie. Trotzdem packte sie ihre Sachen, verließ die<br />
Wohnung. Mit e<strong>in</strong>er Flanke über das Treppengeländer<br />
sprang ich ihr h<strong>in</strong>terher, 12 Meter <strong>in</strong> die Tiefe und landete<br />
vor ihren Füßen. Ich lag zwei Wochen im Sankt Georg<br />
Krankenhaus im Koma. Es war alles gebrochen, was man<br />
Familienfeier 1971: kurz vor dem geschmissenen Abitur<br />
nahm ich wieder Kontakt mit me<strong>in</strong>er Freund<strong>in</strong> Heidi auf. Ich<br />
schaffte es, dass sie es noch e<strong>in</strong>mal mit mir probieren wollte.<br />
Aus der Kl<strong>in</strong>ik zog ich direkt zu ihr. Sie wohnte <strong>in</strong>zwischen<br />
<strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> und ich g<strong>in</strong>g auf Arbeitssuche. Wieder hatte<br />
ich Erfolg. Nach zwei Monaten fand ich e<strong>in</strong>e mir entsprechende<br />
Arbeit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Speditionsfirma im Osten, die mir e<strong>in</strong><br />
sehr gutes Gehalt bot. Dort wussten sie, dass ich trockener<br />
Alkoliker b<strong>in</strong>. Sie brauchten me<strong>in</strong>e Arbeitskraft und me<strong>in</strong>e<br />
Erfahrung und sie vertrauten mir. Ich arbeitete mich gut e<strong>in</strong>.<br />
Bald gab es ke<strong>in</strong>e Leitungssitzung mehr ohne mich. Bei<br />
allen Entscheidungen, die die Firma betrafen, hatte ich e<strong>in</strong><br />
Wort mitzureden.<br />
Urlaubsreise 1994: Jürgen auf dem Weg durch Dead Valley (USA)<br />
mich <strong>in</strong> den Kas<strong>in</strong>os sperren lassen, verspielte das Geld restlos.<br />
Ich traute mich nicht mehr zur Arbeit und auch nicht<br />
mehr nach Hause, legte mich e<strong>in</strong>fach <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Hotel ab. Da<br />
es kurz vor Weihnachten war, wollte ich Weihnachtsgeschenke<br />
kaufen, hatte aber ke<strong>in</strong> Geld mehr. Ich kam auf die<br />
idiotische Idee: »Du könntest ja e<strong>in</strong>en Laden überfallen«. Ich<br />
fuhr am 23. Dezember 1997 nach Bremen, trank mir Mut an.<br />
Im Baumarkt <strong>in</strong> Bassum kaufte ich e<strong>in</strong>en Hammer und e<strong>in</strong><br />
Messer, stürmte <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Boutique und rief: »Überfall, Geld<br />
her!« Als die Frauen schrieen, bekam ich Angst und lief weg.<br />
Me<strong>in</strong>e vielen Fürsprecher schafften es, dass die 3 Jahre zur<br />
Bewährung ausgesetzt wurden. Die Firma, der ich so übel<br />
mitgespielt hatte, stellte mich sogar wieder e<strong>in</strong>. Alles war<br />
wieder im Werden. Nur me<strong>in</strong>e Freund<strong>in</strong> Heidi spielte nicht<br />
mehr mit. Damit kam ich nicht klar. Habe im März 1998 vier<br />
Wochen am Stück getrunken. Angstzustände plagten mich,<br />
ich wusste nicht weiter. Ich habe dann bei SYNANON das<br />
erste Mal um Aufnahme gebeten.<br />
Hier wurde ich sehr schnell Chef des Zweckbetriebes Clean<br />
up. Die Arbeit war gut, aber irgendwie wurde es mir wieder<br />
langweilig. Ich f<strong>in</strong>g an, Geld auf me<strong>in</strong>e Seite zu schaffen. Im<br />
Sommer 1999, an e<strong>in</strong>em Freitagnachmittag, b<strong>in</strong> ich dann<br />
mit 10.000 Mark von SYNANON abgehauen. Von e<strong>in</strong>em<br />
Taxi ließ ich mich nach Polen fahren, verspielte alles, fuhr<br />
zurück nach Berl<strong>in</strong>, mietete mich im Forum-Hotel e<strong>in</strong> und<br />
soff. Ich hatte fürchterliche Angst. Als das Geld alle war,<br />
meldete ich mich wieder, mit furchtbar schlechtem Gewissen,<br />
bei SYNANON.<br />
SuchtReport 1/2002<br />
SuchtReport 1/2002
28 Lebensgeschichte<br />
Extra<br />
29<br />
Wir machten e<strong>in</strong>en Plan, wie ich das Geld zurückzahlen<br />
könnte, aber es war natürlich e<strong>in</strong> Spießrutenlaufen für mich.<br />
Zu viele Mitbewohner hatte ich enttäuscht. Nach e<strong>in</strong>er<br />
Woche verließ ich SYNANON wieder. Ich trank nicht und<br />
wollte auch me<strong>in</strong>e Schulden begleichen.<br />
Mit e<strong>in</strong>em trockenen Alkoholiker gründete ich e<strong>in</strong>e eigene<br />
Firma, die wegen der schlechten Zahlungsmoral der Auftragsfirmen<br />
Pleite g<strong>in</strong>g. Während dieser Zeit hatte ich auch<br />
e<strong>in</strong>ige Frauengeschichten, aber eigentlich wollte ich mit<br />
Heidi leben. Weihnachten 1999 entschied sich Heidi gegen<br />
mich und ich hatte wieder e<strong>in</strong>en Grund zu tr<strong>in</strong>ken und zu<br />
Manchmal denke ich, dass ich auf dem Weg zu e<strong>in</strong>er Art<br />
Befreiung b<strong>in</strong>, die aber erst durch e<strong>in</strong>e richtige Bankrotterklärung,<br />
im wahrsten S<strong>in</strong>ne des Wortes, möglich wird. Ich<br />
denke, dass diese äußeren Umstände und dieser ganze<br />
Schuldenberg (ich habe 170.000 DM Schulden) - dass ich<br />
mir den vielleicht auch selbst geschaffen habe, um mich<br />
endlich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Situation zu br<strong>in</strong>gen, wo ich eben nicht so<br />
schnell mal raus kann.<br />
Ich b<strong>in</strong> wieder mit e<strong>in</strong>er Frau e<strong>in</strong>e Beziehung e<strong>in</strong>gegangen.<br />
Me<strong>in</strong>e große Liebe Heidi ist jetzt über die Zeit e<strong>in</strong>e sehr gute<br />
Freund<strong>in</strong> geworden.<br />
Die Elixiere des Teufels<br />
Literargeschichte(n) und<br />
Gesellschaftspathographie<br />
Autor: Dr. Dietmar Czycholl<br />
»Endlich nahm er aus e<strong>in</strong>em wohl-<br />
könnte, den er ereilt. - Das, was dar-<br />
Antonius zur Gnüge bekannt, du<br />
verschlossenen Schranke e<strong>in</strong> Kist-<br />
<strong>in</strong>nen enthalten, stammt unmittelbar<br />
weißt, daß er, um sich von allem<br />
chen heraus und sagte: ›Hier<strong>in</strong>nen,<br />
von dem Widersacher her, aus jener<br />
Irdischen zu entfernen, um se<strong>in</strong>e<br />
lieber Bruder Medardus! ist die<br />
Zeit, als er noch sichtlich gegen das<br />
Seele ganz dem Göttlichen zuzuwen-<br />
geheimnisvollste, wunderbarste Reli-<br />
Heil der Menschen zu kämpfen ver-<br />
den, <strong>in</strong> die Wüste zog, und da se<strong>in</strong><br />
quie enthalten, die unser Kloster<br />
mochte.‹ - Ich sah den Bruder<br />
Leben den strengsten Buß- und An-<br />
besitzt. Solange ich im Kloster b<strong>in</strong>,<br />
Cyrillus im höchsten Erstaunen an;<br />
dachtsübungen weihte. Der Wider-<br />
Synanon 2002: Verantwortlicher<br />
für den Zweckbetrieb Umzüge<br />
hat dieses Kistchen niemand <strong>in</strong> der<br />
Hand gehabt, als der Prior und ich;<br />
ohne mir Zeit zu lassen, etwas zu<br />
erwidern, fuhr er fort: ›Ich will mich,<br />
sacher verfolgte ihn und trat ihm oft<br />
sichtlich <strong>in</strong> den Weg, um ihn <strong>in</strong> sei-<br />
spielen. Ich stürzte jämmerlich ab und ich sah nur noch<br />
zwei Wege für mich: »Entweder ich nehme mir das Leben<br />
oder ich gehe wieder zu SYNANON.« Ich entschied mich für<br />
das Leben und meldete mich bei SYNANON. Es fiel mir<br />
unheimlich schwer.<br />
Portraitfotos: Barbara Köppe<br />
selbst die andern Brüder, viel weniger<br />
Fremde, wissen etwas von dem<br />
Dase<strong>in</strong> dieser Reliquie. Ich kann die<br />
Kiste nicht ohne <strong>in</strong>neren Schauer<br />
anrühren, es ist, als sei dar<strong>in</strong> e<strong>in</strong><br />
böser Zauber verschlossen, der,<br />
lieber Bruder Medardus, gänzlich<br />
enthalten, <strong>in</strong> dieser höchst mystischen<br />
Sache nur irgende<strong>in</strong>e Me<strong>in</strong>ung<br />
zu äußern, oder wohl gar diese - jene<br />
- Hypothese aufzutischen, die mir<br />
durch den Kopf gefahren, sondern<br />
nen frommen Betrachtungen zu stören.<br />
So kam es denn, daß der h.<br />
Antonius e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> der Abenddämmerung<br />
e<strong>in</strong>e f<strong>in</strong>stre Gestalt wahrnahm,<br />
die auf ihn zuschritt. In der<br />
Nähe erblickte er zu se<strong>in</strong>em Erstau-<br />
Am 26. März 2000 b<strong>in</strong> ich dann hier re<strong>in</strong>. B<strong>in</strong> jetzt Chef der<br />
Umzüge geworden. Über e<strong>in</strong> Jahr habe ich geschafft und e<strong>in</strong><br />
weiteres will ich auf jeden Fall noch bleiben. Wenn ich das<br />
schaffe, hab’ ich e<strong>in</strong>e Chance, trocken zu bleiben, sagen die<br />
Statistiken. Aber Sicherheiten gibt es für mich ke<strong>in</strong>e.<br />
Lebensgeschichte nach Tonbandprotokollen<br />
von L<strong>in</strong>da Amoulong<br />
gelänge es ihm, den Bann, der ihn<br />
umschließt und wirkungslos macht,<br />
zu zersprengen, Verderben und heilllosen<br />
Untergang jedem bereiten<br />
lieber getreulich dir das erzählen,<br />
was die, über jene Reliquie vorhandenen<br />
Dokumente davon sagen. ...<br />
Dir ist das Leben des heiligen<br />
nen, daß aus den Löchern des<br />
zerrissenen Mantels, den die Gestalt<br />
trug, Flaschenhälse hervorguckten.<br />
Es war der Widersacher, der <strong>in</strong><br />
SuchtReport 1/2002<br />
SuchtReport 1/2002
30 Extra<br />
Extra<br />
31<br />
diesem seltsamen Aufzuge ihn höh-<br />
Hölle hätten den Heiligen um-<br />
oder wenigstens erst nach Jahren, zu<br />
befand. Unerachtet ich nun nicht<br />
Unter diesen Worten hatte der Hof-<br />
Der Hofmeister kostete zuerst und<br />
nisch anlächelte und frug, ob er<br />
schwebt, ja ihn mit verführerischen<br />
öffnen und damit dich de<strong>in</strong>e Neugier-<br />
gleich mit der Sprache heraus wolll-<br />
meister den Schieber des Kistchens<br />
rief begeistert: ›Herrlicher - herrlicher<br />
nicht von den Elixieren, die er <strong>in</strong> den<br />
Gaukeleien zu verlocken gesucht, bis<br />
de nicht <strong>in</strong> Versuchung führe, es dir<br />
te, was <strong>in</strong> dem Schrank verschlossen,<br />
schnell aufgeschoben und die schwar-<br />
Syrakuser! In der Tat, der We<strong>in</strong>keller<br />
Flaschen bei sich trüge, zu kosten<br />
er sie durch strenges Fasten und<br />
weit weg aus den Augen zu stellen.‹<br />
so drangen beide, der Graf und der<br />
ze, sonderbar geformte Flasche her-<br />
des heiligen Antonius war nicht übel,<br />
begehre? Der heilige Antonius, den<br />
anhaltendes Gebet wieder vertrieben.<br />
Hofmeister, doch so lange <strong>in</strong> mich,<br />
ausgenommen. Es verbreitete sich<br />
und machte der Teufel se<strong>in</strong>en<br />
diese Zumutung nicht e<strong>in</strong>mal ver-<br />
Der Bruder Cyrillus verschloß die ge-<br />
bis ich die Legende vom h. Antonius<br />
wirklich, wie der Bruder Cyrillus es<br />
Kellermeister, so me<strong>in</strong>te er es mit<br />
drießen konnte, weil der Wider-<br />
- In diesem Kistchen bef<strong>in</strong>det sich<br />
heimnisvolle Kiste wieder <strong>in</strong> den<br />
und dem arglistigen Teufel erzählte<br />
mir gesagt, e<strong>in</strong> starker Duft, der<br />
dem heiligen Mann nicht so böse, als<br />
sacher, ohnmächtig und kraftlos<br />
nun aus dem Nachlaß des h.<br />
Schrank, wo sie gestanden, und<br />
und mich über die, als Reliquie auf-<br />
<strong>in</strong>dessen nichts weniger als betäu-<br />
man glaubt - kosten Sie, Graf!‹ - Der<br />
geworden, nicht mehr imstande war,<br />
Antonius eben e<strong>in</strong>e solche Flasche<br />
übergab mir den Schlüsselbund, an<br />
bewahrte Flasche, ganz getreu nach<br />
bend, sondern vielmehr angenehm<br />
Graf tat es und bestätigte das, was<br />
sich auf irgende<strong>in</strong>en Kampf e<strong>in</strong>zu-<br />
mit e<strong>in</strong>em Teufelselixier und die<br />
dem auch der Schlüssel jenes<br />
den Worten des Bruder Cyrillus aus-<br />
und wohltätig wirkte. ›Ei‹, rief der<br />
der Hofmeister gesprochen. Beide<br />
lassen, und sich daher auf höhnende<br />
Dokumente s<strong>in</strong>d so authentisch und<br />
Schranks h<strong>in</strong>g: die ganze Erzählung<br />
ließ, ja sogar die Warnung h<strong>in</strong>zufüg-<br />
Graf: ›ich wette, daß das Elixier des<br />
scherzten noch mehr über die<br />
Reden beschränken mußte, frug ihn:<br />
genau, daß wenigstens daran, daß<br />
hatte auf mich e<strong>in</strong>en eignen E<strong>in</strong>-<br />
te, die er mir rücksichts der Gefahr<br />
Teufels weiter nichts ist als herrlicher<br />
Reliquie, die offenbar die schönste <strong>in</strong><br />
warum er denn so viele Flaschen und<br />
die Flasche wirklich nach dem Tode<br />
druck gemacht, aber je mehr ich e<strong>in</strong>e<br />
des Öffnens der Kiste und des Vorzei-<br />
echter Syrakuser.‹ - ›Ganz gewiß‹,<br />
der ganzen Sammlung sei - sie wün-<br />
auf solche besondere Weise bei sich<br />
des h. Antonius unter se<strong>in</strong>en nachge-<br />
<strong>in</strong>nere Lüsternheit emporkeimen<br />
gens der Flasche gegeben. Unerach-<br />
erwiderte der Hofmeister: ›und<br />
schten sich e<strong>in</strong>en ganzen Keller voll<br />
trüge? Da antwortete der Wider-<br />
bliebenen Sachen gefunden wurde,<br />
fühlte, die wunderbare Reliquie zu<br />
tet der Graf unserer Religion zugetan<br />
stammt die Flasche wirklich aus dem<br />
solcher Reliquien u.s.w. Ich hörte<br />
sacher: ›Siehe, wenn mir e<strong>in</strong> Mensch<br />
kaum zu zweifeln ist. Übrigens kann<br />
sehen, desto mehr war ich, der<br />
war, schien er doch ebensowenig als<br />
Nachlaß des h. Antonius, so geht es<br />
alles schweigend mit niedergesenk-<br />
begegnet, so schaut er mich verwun-<br />
ich versichern, lieber Bruder<br />
Warnung des Bruders Cyrillus geden-<br />
der Hofmeister auf die Wahr-<br />
Ihnen, ehrwürdiger Herr! be<strong>in</strong>ahe<br />
tem Haupte, mit zur Erde starrendem<br />
dert an und kann es nicht lassen,<br />
Medardus! daß, sooft ich die Flasche,<br />
kend, bemüht, auf jede Art mir es zu<br />
sche<strong>in</strong>lichkeit der heiligen Legenden<br />
besser wie dem Könige von Neapel,<br />
Blick an; der Frohs<strong>in</strong>n der Fremden,<br />
nach me<strong>in</strong>en Getränken zu fragen<br />
ja nur dieses Kistchen, wor<strong>in</strong> sie ver-<br />
erschweren. Als Cyrillus mich ver-<br />
viel zu bauen.<br />
den die Unart der Römer, den We<strong>in</strong><br />
hatte für mich, <strong>in</strong> me<strong>in</strong>er düsteren<br />
und zu kosten aus Lüsternheit. Unter<br />
schlossen, berühre, mich e<strong>in</strong> uner-<br />
lassen, übersah ich noch e<strong>in</strong>mal die<br />
nicht zu pfropfen, sondern nur durch<br />
Stimmung, etwas Quälendes; verge-<br />
so vielen Elixieren f<strong>in</strong>det er ja wohl<br />
klärliches <strong>in</strong>neres Grauen anwandelt,<br />
mir anvertrauten Heiligtümer, dann<br />
Sie ergossen sich beide <strong>in</strong> allerlei wit-<br />
darauf getröpfeltes Öl zu bewahren,<br />
bens drangen sie <strong>in</strong> mich, auch von<br />
e<strong>in</strong>s, was ihm recht mundet, und er<br />
ja daß ich wähne, etwas von e<strong>in</strong>em<br />
löste ich aber das Schlüsselchen,<br />
zigen Anmerkungen und E<strong>in</strong>fällen<br />
um das Vergnügen brachte, altrömi-<br />
dem We<strong>in</strong> des heiligen Antonius zu<br />
säuft die ganze Flasche aus, und wird<br />
ganz seltsamen Duft zu spüren, der<br />
welches den gefährlichen Schrank<br />
über den komischen Teufel, der die<br />
schen We<strong>in</strong> zu kosten. Ist dieser We<strong>in</strong><br />
kosten, ich verweigerte es standhaft<br />
trunken, und ergibt sich mir und<br />
mich betäubt und zugleich e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>ne-<br />
schloß, vom Bunde ab, und verstek-<br />
Verführungsflaschen im zerrissenen<br />
auch lange nicht so alt, als jener<br />
und verschloß die Flasche, wohl<br />
me<strong>in</strong>em Reiche.‹ - So weit steht das<br />
re Unruhe des Geistes hervorbr<strong>in</strong>gt,<br />
kte es tief unter me<strong>in</strong>e Skripturen im<br />
Mantel trage, endlich nahm aber der<br />
gewesen wäre, so ist es doch fürwahr<br />
zugepropft, wieder <strong>in</strong> ihr Behältnis.<br />
<strong>in</strong> allen Legenden; nach dem beson-<br />
die mich selbst bei den Andachts-<br />
Schreibpulte. ( ... )<br />
Hofmeister e<strong>in</strong>e ensthafte Miene an<br />
der älteste, den es wohl geben mag,<br />
deren Dokument, das wir über diese<br />
übungen zerstreut. Indessen über-<br />
und sprach: ›Haben Sie an uns leicht-<br />
und darum täten Sie wohl, die<br />
Die Fremden verließen das Kloster,<br />
Vision des heiligen Antonius besit-<br />
w<strong>in</strong>de ich diese böse Stimmung, wel-<br />
Nach e<strong>in</strong>iger Zeit begab es sich, daß<br />
s<strong>in</strong>nigen Weltmenschen ke<strong>in</strong> Ärger-<br />
Reliquie <strong>in</strong> Ihren Nutzen zu verwen-<br />
aber als ich e<strong>in</strong>sam <strong>in</strong> me<strong>in</strong>er Zelle<br />
zen, heißt es aber weiter, daß der<br />
che offenbar von dem E<strong>in</strong>fluß<br />
e<strong>in</strong> junger Graf, von se<strong>in</strong>em Hof-<br />
nis, ehrwürdiger Herr! - Se<strong>in</strong> Sie<br />
den und getrost auszunippen.‹ -<br />
saß, konnte ich mir selbst e<strong>in</strong> gewiss-<br />
Widersacher, als er sich von dannen<br />
irgende<strong>in</strong>er fe<strong>in</strong>dlichen Macht herr-<br />
meister, mit dem er auf Reisen<br />
überzeugt, daß wir beide, ich und<br />
›Gewiß‹, fiel der Graf e<strong>in</strong>: ›dieser<br />
ses <strong>in</strong>nres Wohlbehagen, e<strong>in</strong>e rege<br />
hub, e<strong>in</strong>ige se<strong>in</strong>er Flaschen auf<br />
rührt, sollte ich auch an die unmit-<br />
begriffen, begleitet, unser Kloster<br />
me<strong>in</strong> Graf, die Heiligen als herrliche,<br />
uralte Syrakuser würde neue Kraft <strong>in</strong><br />
Heiterkeit des Geistes nicht ableug-<br />
e<strong>in</strong>em Rasen stehen ließ, die der h.<br />
telbare E<strong>in</strong>wirkung des Widersachers<br />
besuchte, und die vielfachen Merk-<br />
von der Religion hoch begeisterte<br />
Ihre Adern gießen und die Kränklich-<br />
nen. Es war offenbar, daß der geisti-<br />
Antonius schnell <strong>in</strong> se<strong>in</strong>e Höhle mit-<br />
nicht glauben, durch standhaftes Ge-<br />
würdigkeiten desselben zu sehen<br />
Menschen verehren, die dem Heil<br />
keit verscheuchen, von der Sie, ehr-<br />
ge Duft des We<strong>in</strong>s mich gestärkt<br />
nahm und verbarg, aus Furcht, selbst<br />
bet. Dir, lieber Bruder Medardus, der<br />
begehrte. Ich mußte die Reliquien-<br />
ihrer Seele, so wie dem Heil der<br />
würdiger Herr! heimgesucht schei-<br />
hatte. Ke<strong>in</strong>e Spur der üblen Wirkung,<br />
<strong>in</strong> der E<strong>in</strong>öde könnte e<strong>in</strong> Verirrter, ja<br />
du noch so jung bist, der du noch<br />
kammer aufschließen und wir traten<br />
Menschen, alle Freude des Lebens, ja,<br />
nen.‹ Der Hofmeister holte e<strong>in</strong>en<br />
von der Cyrillus gesprochen, empfand<br />
wohl gar e<strong>in</strong>er se<strong>in</strong>er Schüler, von<br />
alles, was dir de<strong>in</strong>e von fremder<br />
h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>, als der Prior, der mit uns<br />
das Leben selbst opferten, was aber<br />
stählernen Korkzieher aus der Tasche<br />
ich, und nur der entgegengesetzte<br />
dem entsetzlichen Getränke kosten<br />
Kraft aufgeregte Fantasie vorbr<strong>in</strong>gen<br />
durch Chor und Kirche gegangen,<br />
solche Geschichten betrifft, wie die<br />
und öffnete, me<strong>in</strong>er Protestationen<br />
wohltätige E<strong>in</strong>fluß zeigte sich auf<br />
und <strong>in</strong>s ewige Verderben geraten. -<br />
mag, <strong>in</strong> glänzenderen lebhafteren<br />
abgerufen wurde, so daß ich mit den<br />
soeben von Ihnen erzählte, so glaube<br />
unerachtet, die Flasche. - Es war mir,<br />
auffallende Weise ( ... )<br />
Zufällig, erzählt das Dokument wei-<br />
Farben erblickst, der du noch wie e<strong>in</strong><br />
Fremden alle<strong>in</strong> blieb. Jedes Stück<br />
ich, daß nur e<strong>in</strong>e geistreiche, von<br />
als zucke mit dem Herausfliegen des<br />
ter, habe der heilige Antonius e<strong>in</strong>mal<br />
tapferer aber unerfahrner Krieger,<br />
hatte ich gezeigt und erklärt, da fiel<br />
dem Heiligen ersonnene Allegorie<br />
Korks e<strong>in</strong> blaues Flämmchen empor,<br />
Ich stand vom Lager auf und schlich<br />
e<strong>in</strong>e dieser Flaschen geöffnet, da sei<br />
zwar rüstig im Kampfe, aber viell-<br />
dem Grafen der, mit zierlichem alt-<br />
durch Mißverstand, als wirklich ge-<br />
das gleich wieder verschwand. -<br />
wie e<strong>in</strong> Gespenst, mit der Lampe, die<br />
e<strong>in</strong> seltsamer betäubender Dampf<br />
leicht zu kühn, das Unmögliche<br />
teutschem Schnitzwerk geschmückte,<br />
schehen, <strong>in</strong>s Leben gezogen wurde.‹<br />
Stärker stieg der Duft aus der Flasche<br />
ich bei dem Marienbilde auf dem<br />
herausgefahren und allerlei scheußli-<br />
wagend, de<strong>in</strong>er Stärke zu sehr ver-<br />
Schrank <strong>in</strong>s Auge, <strong>in</strong> dem sich das<br />
und wallte durch das Zimmer.<br />
Gange des Klosters angezündet, durch<br />
che s<strong>in</strong>neverwirrende Bilder der<br />
traust, rate ich, das Kistchen niemals,<br />
Kistchen mit dem Teufelselixier<br />
die Kirche nach der Reliquienkammer.<br />
SuchtReport 1/2002<br />
SuchtReport 1/2002
32 Extra<br />
Extra 33<br />
Von dem flackernden Sche<strong>in</strong>e der<br />
buntes Bild jug das andere bei dem<br />
Was Medardus <strong>in</strong> diesem Verlauf<br />
hervorgehoben: »E.T.A. Hoffmann ist<br />
In der unheimlichen Ersche<strong>in</strong>ung<br />
Percy Shelley, He<strong>in</strong>e, Nerval und Poe.<br />
Lampe beleuchtet, schienen die heili-<br />
wie aus tiefem Schlaf aufgerüttelten<br />
ganz bei sich selbst erlebt, ist e<strong>in</strong>e<br />
der unerreichte Meister des Un-<br />
dessen, das hätte verborgen bleiben<br />
E<strong>in</strong>e L<strong>in</strong>ie der Fortsetzung führt über<br />
gen Bilder <strong>in</strong> der Kirche sich zu<br />
Geiste vorüber.«<br />
fortschreitende Zerrüttung se<strong>in</strong>er<br />
heimlichen <strong>in</strong> der Dichtung. Se<strong>in</strong> Ro-<br />
sollen, ist e<strong>in</strong> Hauptanliegen der Geis-<br />
Baudelaire, Maupassant, Rimbaud,<br />
regen, es war, als blickten sie mit-<br />
Selbstgewissheit, se<strong>in</strong>er Identität:<br />
man ›Die Elixiere des Teufels‹ weist<br />
teshaltung der Romantik zu erkennen:<br />
Leautreamont und Huysmans bis zu<br />
leidsvoll auf mich herab, es war, als<br />
aus: E.T.A.Hoffmann:<br />
e<strong>in</strong> ganzes Bündel von Motiven auf,<br />
Cocteau sowie bis <strong>in</strong> den deutschspra-<br />
höre ich <strong>in</strong> dem dumpfen Brausen<br />
Die Elixiere des Teufels<br />
»Ich b<strong>in</strong> das, was ich sche<strong>in</strong>e, und<br />
denen man die unheimliche Wirkung<br />
»In den Augen der Romantiker kann<br />
chigen Expressionismus: zu Trakl,<br />
des Sturms, der durch die zerschlage-<br />
sche<strong>in</strong>e das nicht, was ich b<strong>in</strong>, mir<br />
der Geschichte zuschreiben möchte.«<br />
die Seele nichts anderes se<strong>in</strong> als der<br />
Benn und anderen.<br />
nen Fenster <strong>in</strong>s Chor h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>fuhr,<br />
klägliche warnende Stimmen, ja, als<br />
riefe mir me<strong>in</strong>e Mutter zu aus weiter<br />
Ferne: ›Sohn Medardus, was beg<strong>in</strong>nnst<br />
du, laß ab von dem gefährlichen<br />
Unternehmen!‹ -<br />
Was hat es wohl mit diesen<br />
Elixieren auf sich, die der materialisierte<br />
Widerspruch zu se<strong>in</strong> sche<strong>in</strong>en,<br />
<strong>in</strong>dem sie e<strong>in</strong>erseits vom Bösen persönlich<br />
herstammen, andererseits als<br />
heilige Reliquie zu verehren s<strong>in</strong>d? -<br />
selbst e<strong>in</strong> unerklärlich Rätsel, b<strong>in</strong> ich<br />
entzweit mit me<strong>in</strong>em Ich!«<br />
Während er im Weiteren gezwungen<br />
ist, se<strong>in</strong>e Identität tatsächlich<br />
auch nach außen h<strong>in</strong> zu wechseln,<br />
spitzt sich die Krise se<strong>in</strong>er Selbst-<br />
Und als Erstes der »hervorstechendsten<br />
unter jenen unheimlich wirkenden<br />
Motiven« nennt er »das Doppelgängertum<br />
<strong>in</strong> all se<strong>in</strong>en Abstufungen<br />
und Ausbildungen« (Freud,<br />
1919, S. 246).<br />
Ort unserer Ähnlichkeit und unserer<br />
Berührung mit dem Weltorganismus.«<br />
Tatsächlich lässt sich das gesamte<br />
literarische Werk des Romantikers<br />
Hoffmann als e<strong>in</strong>e wirkliche »Kritik<br />
der re<strong>in</strong>en Vernunft« lesen. Gespensti-<br />
Die genannte Reihe von Vertretern<br />
e<strong>in</strong>er romantischen Wirklichkeitsauffassung<br />
hat e<strong>in</strong>e Besonderheit: »Alle<br />
diese Gestalten haben e<strong>in</strong>e, ihr Leben<br />
begleitende und prägende, Geme<strong>in</strong>samkeit:<br />
ihren massiven Rauschmit-<br />
Als ich <strong>in</strong> die Reliquienkammer<br />
getreten, war alles still und ruhig, ich<br />
schloß den Schrank auf, ich ergriff<br />
das Kistchen, die Flasche, bald hatte<br />
ich e<strong>in</strong>en kräftigen Zug getan! - Glut<br />
Die zunächst so offenbar wohltätig<br />
wirken, deren vermutete Herkunft<br />
aber ahnen lässt, dass dem Konsumenten<br />
nichts Gutes bevorsteht?<br />
gewissheit immer mehr zu - bis h<strong>in</strong><br />
zu e<strong>in</strong>er entscheidenden Begegnung:<br />
der Begegnung mit se<strong>in</strong>em Doppelgänger.<br />
Mit diesem war se<strong>in</strong> Geschick<br />
bisher auf geheimnisvolle<br />
In der weiteren Untersuchung des<br />
Unheimlichen kommt Freud unter<br />
anderem zu dem Ergebnis, dass das<br />
Gefühl des Unheimlichen immer zu<br />
tun hat mit dem Hervortreten von et-<br />
sche, komische, groteske Geschichten<br />
schildern <strong>in</strong> der für Hoffmann so typischen<br />
Art den E<strong>in</strong>bruch des geheimnisvollen<br />
Pr<strong>in</strong>zips <strong>in</strong> den bürgerlichen<br />
Alltag; Geschichten wie »Das Fräule<strong>in</strong><br />
telkonsum.«<br />
Hoffmanns be<strong>in</strong>ahe täglichen Alkoholräusche,<br />
Novalis und DeQu<strong>in</strong>ceys<br />
Freude und Leiden am Opium, Poes<br />
strömte durch me<strong>in</strong>e Adern und<br />
erfüllte mich mit dem Gefühl unbeschreiblichen<br />
Wohlse<strong>in</strong>s - ich trank<br />
noch e<strong>in</strong>mal, und die Lust e<strong>in</strong>es<br />
neuen herrlichen Lebens g<strong>in</strong>g mir<br />
auf! - Schnell verschloß ich das leere<br />
Kistchen <strong>in</strong> den Schrank, eilte rasch<br />
mit der wohltätigen Flasche nach<br />
me<strong>in</strong>er Zelle, und stellte sie <strong>in</strong> me<strong>in</strong><br />
Klosterbruder Medardus tr<strong>in</strong>kt<br />
noch e<strong>in</strong>ige Male von den Elixieren.<br />
So eigentlich süchtig danach wird er<br />
nicht: Es gibt ja auch nicht viel von<br />
dem Stoff. Aber bei diesem Elixier ist<br />
es auch nicht erforderlich, es immer<br />
wieder zu sich zu nehmen, es tut<br />
auch so se<strong>in</strong>e Langzeitwirkung:<br />
Weise verwoben und wird es auch<br />
weiter se<strong>in</strong>.<br />
Weiter brauchen wir jedoch hier<br />
Medardus <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Geschichte nicht<br />
zu begleiten, nachdem wir dieses<br />
wesentliche Ereignis zur Kenntnis<br />
genommen haben: den Auftritt des<br />
Doppelgängers.<br />
was, das im Verborgenen hätte bleiben<br />
sollen, und dass es schließlich<br />
mit der Wiederkehr verdrängter Gedanken,<br />
Vorstellungen und Gefühle<br />
<strong>in</strong> Zusammenhang zu br<strong>in</strong>gen ist.<br />
Was kommt <strong>in</strong> dem unheimlichen<br />
Doppelgänger des Medardus zum<br />
Vorsche<strong>in</strong>, das hätte verborgen blei-<br />
von Scuderi« und »Der Sandmann«<br />
spiegeln psychische Grundprobleme<br />
<strong>in</strong> der sich <strong>in</strong>dustrialisierenden Welt.<br />
Das Problem der Entfremdung <strong>in</strong> der<br />
Produktbeziehung und das der<br />
Quasi-Beziehung zur Masch<strong>in</strong>e bei<br />
gleichzeitiger Störung zwischenmenschlicher<br />
Beziehungen.<br />
Tod im Alkoholdelirium, Cocteaus<br />
Opiumentzüge, Baudelaires <strong>Drogen</strong>wissenschaft,<br />
Coleridges im Opiumschlaf<br />
»empfangenes« Poem Kubla<br />
Khan usw. - biografisches und autobiografisches<br />
Schrifttum, literarische<br />
Rauschprodukte und ausdrücklich<br />
der Beschreibung des Konsums und<br />
se<strong>in</strong>er Auswirkungen gewidmete<br />
Schreibpult.<br />
- Da fiel mir der kle<strong>in</strong>e Schlüssel <strong>in</strong><br />
die Hände, den ich damals, um jeder<br />
Versuchung zu entgehen, vom Bunde<br />
löste, und doch hatte ich ohne ihn,<br />
sowohl damals, als die Fremden<br />
zugegen waren, als jetzt, den<br />
Schrank aufgeschlossen? - Ich untersuchte<br />
me<strong>in</strong>en Schlüsselbund, und<br />
siehe e<strong>in</strong> unbekannter Schlüssel, mit<br />
dem ich damals und jetzt den<br />
Schrank geöffnet, ohne <strong>in</strong> der Zerstreuung<br />
darauf zu merken, hatte<br />
sich zu den übrigen gefunden. - Ich<br />
Medardus nämlich gerät <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />
eigentümliche Verfassung. Mehr und<br />
mehr dem Wechselspiel se<strong>in</strong>er Eitelkeiten<br />
und se<strong>in</strong>es Bemühens um<br />
Tugendhaftigkeit und Selbstbeherrschung<br />
ausgesetzt, entgleitet das Geschehen<br />
zunehmend se<strong>in</strong>er Kontrolle.<br />
Ihm bisher unbekannte Seiten se<strong>in</strong>er<br />
Persönlichkeit werden mächtig,<br />
er verliebt sich, lässt sich von se<strong>in</strong>em<br />
Prior auf Reisen schicken, wo es sehr<br />
bald zu unheilvollen Verstrickungen<br />
kommt, zu Intrige, Mord, Flucht -<br />
zum Vollzug des Verhängnisses.<br />
Das Motiv des Doppelgängers hat<br />
nicht nur Hoffmann - und auch diesen<br />
nicht nur <strong>in</strong> den »Elixieren« - beschäftigt.<br />
Gestaltungen des Doppelgängermotivs<br />
begleiten e<strong>in</strong>e ganze<br />
literarische Entwicklungsl<strong>in</strong>ie, die,<br />
wurzelnd <strong>in</strong> Spiegel- und Schattenmythen,<br />
von der Gothic Novel<br />
über Hoffmann, Jean Paul und<br />
He<strong>in</strong>e, Maupassant, Poe und<br />
Dostojewski bis zu Borges reicht.<br />
Freud hat 1919 die Bedeutung des<br />
Doppelgängermotivs für die Erzeu-<br />
ben sollen?<br />
Interpretierend lässt sich feststellen,<br />
dass des Mönches Doppelgänger zunächst<br />
e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong>sgesamt das Böse, das<br />
Triebhafte, das Wahns<strong>in</strong>nige verkörpert,<br />
das Medardus wohl <strong>in</strong> sich spürt,<br />
das er aber von sich weist, abspaltet,<br />
auf se<strong>in</strong>en Doppelgänger projiziert. Die<br />
unheimlichen Begegnungen mit der<br />
Nachtseite s<strong>in</strong>d dabei nicht nur als<br />
Konfrontation mit dem Bösen, sondern<br />
zugleich als Ausdruck des Bedürfnisses<br />
nach Vervollständigung zu verstehen,<br />
denn Medardus´ Doppelgänger ist Teil<br />
Und Hoffmann ist nur e<strong>in</strong>er aus<br />
e<strong>in</strong>er Reihe gleichermaßen bedeutender<br />
Repräsentanten dieser Romantik,<br />
die unmissverständlich ihren Widerstand<br />
gegen die »modernen Zeiten«<br />
formulieren und die Rückkehr zu<br />
überrationalen, surrealen Wahrnehmungs-,<br />
Erlebens- und Lebensformen<br />
suchen. Sie wenden den Blick<br />
nach <strong>in</strong>nen. Traum, Ahnung und<br />
Vision s<strong>in</strong>d für sie von unüberschätzbarer<br />
Bedeutung.<br />
Aus dieser Reihe s<strong>in</strong>d außer<br />
Hoffmann hervorzuheben Novalis,<br />
Schriften der Genannten geben<br />
davon Bericht.<br />
Zum Beispiel Hoffmann: Die Zeugnisse<br />
über se<strong>in</strong>e Tr<strong>in</strong>kgewohnheiten<br />
s<strong>in</strong>d zahlreich. E<strong>in</strong>ige Zeit (1811-<br />
1813) pflegte sich Hoffmann selbst<br />
über se<strong>in</strong>e Alkoholräusche Zeugnis<br />
abzulegen.<br />
Er zeichnete <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Tagebüchern<br />
e<strong>in</strong>en Kelch für e<strong>in</strong>en Rausch und<br />
e<strong>in</strong>en Doppelkelch für e<strong>in</strong>en Vollrausch<br />
e<strong>in</strong>. E<strong>in</strong>ige zeitgenössische<br />
Bilder und eigene Zeichnungen zeigen<br />
erbebte unwillkürlich, aber e<strong>in</strong><br />
gung e<strong>in</strong>er unheimlichen Wirkung<br />
der Wirklichkeit des Medardus.<br />
Scott, Coleridge, Jean Paul, Mary und<br />
Hoffmann mit Zechgenossen, unter<br />
SuchtReport 1/2002<br />
SuchtReport 1/2002
34<br />
Extra<br />
Extra<br />
35<br />
ihnen häufiger der zu dieser Zeit ge-<br />
e<strong>in</strong> Dritter dies unverhohlen ausspre-<br />
»Se<strong>in</strong>e Lebensordnung <strong>in</strong> den letz-<br />
Vielmehr wurde das Mittel regelmä-<br />
Verlust der Freiheit und Destruktion<br />
<strong>Drogen</strong>konsum und se<strong>in</strong>e Aus-<br />
feierte Schauspieler Ludwig Devrient.<br />
chen, denn er selbst hat es auf se<strong>in</strong>em<br />
ten sechs Jahren von 1816 bis 1822<br />
ßig und oft hoch dosiert e<strong>in</strong>genomm-<br />
durch Alkohol, Opium, andere <strong>Drogen</strong><br />
wirkungen werden wie seelische<br />
Er starb, bald nach Hoffmanns Tod<br />
Sterbebette nicht alle<strong>in</strong> mit der Klar-<br />
war die. Am Montage und Donners-<br />
men, zumeist bildete der Konsum -<br />
und ihre Komb<strong>in</strong>ationen werden von<br />
Normabweichungen dem Zuständig-<br />
(1822), im Alkoholdelirium.<br />
heit, mit der er alles durchschaute,<br />
tage brachte er die Vormittage <strong>in</strong> den<br />
m<strong>in</strong>destens über Jahre h<strong>in</strong>weg - e<strong>in</strong>en<br />
Hoffmann, Coleridge, DeQu<strong>in</strong>cey und<br />
keitsbereich der mediz<strong>in</strong>ischen Wis-<br />
e<strong>in</strong>gesehn, sondern auch <strong>in</strong> die Hand<br />
Sitzungen des Kammergerichts, an<br />
den Lebensalltag prägenden Zug.<br />
vielen anderen ebenfalls unmissver-<br />
senschaft überantwortet. Und gerade<br />
Hoffmanns Freund Hitzig fasst die<br />
des Herausgebers freiwillig und feier-<br />
den andern Tagen zu Hause arbeitend,<br />
ständlich beschrieben. So schließt<br />
<strong>in</strong> dem Zeitraum der Epoche der<br />
Situation der letzten Jahre zusammen:<br />
lich das Versprechen niedergelegt, se<strong>in</strong><br />
die Nachmittage <strong>in</strong> der Regel schla-<br />
Offensichtlich versuchten alle diese<br />
Hoffmann se<strong>in</strong>e musikalische Typo-<br />
Romantik, also etwa 1790 bis 1850 -<br />
»So wäre denn der Punkt bezeichnet,<br />
ganzes Leben ändern zu wollen, wenn<br />
fend, im Sommer auch spazierenge-<br />
Gestalten der Romantik den »Mangel<br />
logie der alkoholischen Getränke <strong>in</strong><br />
erfolgt die Prägung des Begriffes<br />
von welchem aus Hoffmanns Vers<strong>in</strong>-<br />
Gott ihm die Gesundheit wieder-<br />
hend zu; die Abende und Nächte <strong>in</strong><br />
an Wirklichkeit« durch toxische<br />
den »Kreisleriana« mit der zu se<strong>in</strong>er<br />
»Sucht« als e<strong>in</strong>er Krankheit und es<br />
ken begann, und, nach den mechani-<br />
schenkte. Es hat nicht se<strong>in</strong> sollen; aber<br />
dem We<strong>in</strong>hause.<br />
Hilfsmittel zu kompensieren. Sie<br />
persönlichen Erfahrung passenden<br />
entfaltet sich die wissenschaftliche<br />
schen Gesetzen des Falles, am Ende<br />
schon der Vorsatz dient ihm zur<br />
suchten den Zustand des Rausches,<br />
Bemerkung: »Doch überlasse ich<br />
Ause<strong>in</strong>andersetzung mit diesem Be-<br />
leider mit furchtbarer Schnelle. Es darf<br />
Ehre!«<br />
War er, was häufig, <strong>in</strong> manchen<br />
der Ekstase, der Überw<strong>in</strong>dung der<br />
jedem se<strong>in</strong>e <strong>in</strong>dividuelle Me<strong>in</strong>ung,<br />
griff, die se<strong>in</strong>e Entwicklung bis heute<br />
Perioden täglich geschah, mittags<br />
materiellen Realität, um sich den<br />
und f<strong>in</strong>de nur nötig für mich selbst im<br />
bestimmten (»Trunksucht« u.Ä.: Rush,<br />
»... / Abwärts wend ich mich / Zu der heiligen, unaussprechlichen /<br />
Geheimnisvollen Nacht - / Fernab liegt die Welt, / Wie versenkt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />
tiefe Gruft / Wie wüst und e<strong>in</strong>sam / Ihre Stelle! / Tiefe Wehmut / Weht <strong>in</strong><br />
den Saiten der Brust. / Fernen der Er<strong>in</strong>nerung / Wünsche der Jugend / Der<br />
K<strong>in</strong>dheit Träume / Des ganzen, langen Lebens / Kurze Freuden / Und vergebliche<br />
Hoffnungen / Kommen <strong>in</strong> grauen Kleidern / Wie Abendnebel /<br />
Nach der Sonne / Untergang. / Fernab liegt die Welt / Mit ihren bunten<br />
Genüssen. / In andern Räumen / Schlug das Licht auf / Die lustigen<br />
Gezelte. / Sollt es nie wiederkommen / Zu se<strong>in</strong>en treuen K<strong>in</strong>dern, / Se<strong>in</strong>en<br />
Gärten / In se<strong>in</strong> herrliches Haus? / Doch was quillt / So kühl und erquikklich<br />
/ So ahndungsvoll / Unterm Herzen / Und verschluckt / Der Wehmut<br />
weiche Luft? / Hast auch du / E<strong>in</strong> menschliches Herz, / Dunkle Macht? /<br />
Was hältst du / Unter de<strong>in</strong>em Mantel / Das mir unsichtbar kräftig / An die<br />
Seele geht? / Du sche<strong>in</strong>st nur furchtbar - / Köstlicher Balsam / Träuft aus<br />
de<strong>in</strong>er Hand / Aus dem Bündel Mohn / In süßer Trunkenheit / Entfaltest<br />
du die schweren Flügel des Gemüts / Und schenkst uns Freuden / Dunkel<br />
und unaussprechlich / Heimlich, wie du selbst bist, / Freuden, die uns /<br />
E<strong>in</strong>en Himmel ahnden lassen. / ...<br />
oder abends oder mittags und abends<br />
<strong>in</strong> Gesellschaft, - denn nicht aus aller<br />
Gesellschaft, bloß aus der se<strong>in</strong>er<br />
Freunde und aus den fe<strong>in</strong>ern Tees<br />
war er geschieden; dagegen unter<br />
Männern und bei Tr<strong>in</strong>kgelagen<br />
immer e<strong>in</strong> willkommener Gast, - oft<br />
abends <strong>in</strong> zwei Zirkeln von sieben bis<br />
neun und von neun bis zwölf gewesen;<br />
so g<strong>in</strong>g er, es mochte so spät<br />
se<strong>in</strong>, als es wollte, wenn alle anderen<br />
sich nach Hause begeben, noch <strong>in</strong><br />
das We<strong>in</strong>haus, um dort den Morgen<br />
zu erwarten; früher <strong>in</strong> se<strong>in</strong>e<br />
Wohnung zurückzukehren, war ihm<br />
nicht gut möglich. Man denke hiebei<br />
aber nicht etwa an e<strong>in</strong>en geme<strong>in</strong>en<br />
Tr<strong>in</strong>ker, der tr<strong>in</strong>kt und tr<strong>in</strong>kt aus<br />
Wohlgeschmack, bis er lallt und<br />
erlebten Defiziten ihres gesellschaftlichen<br />
Zeit-Raumes zu entziehen.<br />
Wir dürfen annehmen, dass Begu<strong>in</strong><br />
mit der gefahrvollen »Reise <strong>in</strong> die<br />
Abgründe der Nacht« - unter anderem<br />
- die <strong>Drogen</strong>reise geme<strong>in</strong>t hat.<br />
Provozierter Rausch ist <strong>in</strong> der Perspektive<br />
der Romantik - genauso<br />
wenig wie Traum, Ekstase oder Wahn<br />
- E<strong>in</strong>grenzung und Rückzug, sondern<br />
- wie diese - Erweiterung.<br />
Die »Elixiere des Teufels« rufen die<br />
Begegnung mit dem Doppelgänger,<br />
dem Repräsentanten des Verdrängten<br />
hervor. Von ihren Konsumenten<br />
unter den Romantikern wird ihnen<br />
die Macht zugeschrieben, die Spal-<br />
stillen zu bemerken, daß der Geist, der<br />
von Licht und unterirdischem Feuer<br />
geboren, so keck den Menschen<br />
beherrscht, gar gefährlich ist, und<br />
man se<strong>in</strong>er Freundlichkeit nicht trauen<br />
darf, da er schnell die Miene ändert<br />
und statt des wohltuenden behaglichen<br />
Freundes zum furchtbaren<br />
Tyrannen wird.« (S. 57)<br />
Besonders aber auch der gesellschaftlichen<br />
Umgebung der Romantiker<br />
müssen diese Elixiere als teuflischen<br />
Ursprungs ersche<strong>in</strong>en. Der romantische<br />
Geist, der sich unter anderem im<br />
E<strong>in</strong>satz von Rauschmitteln darstellt, ist<br />
unheimlich, denn er droht damit, etwas<br />
zum Vorsche<strong>in</strong> zu br<strong>in</strong>gen, das hätte<br />
verborgen bleiben sollen.<br />
1784; Hufeland, 1802; Brühl-Cramer,<br />
1819; Huss, 1849-1851; Spode, 1993,<br />
1993a - »Opiumsucht«: Hufeland,<br />
1829, 1836).<br />
Im Kontext der romantischen Zeitkritik<br />
ersche<strong>in</strong>t die Pathologisierung<br />
des Rauschmittelkonsums als Abwehr<br />
der aufgeklärten Gesellschaft gegen<br />
die E<strong>in</strong>sicht <strong>in</strong> die eigene Pathologie,<br />
die von der Verleugnung wesentlicher<br />
Aspekte der Wirklichkeit gekennzeichnet<br />
war. Diese Abwehr verh<strong>in</strong>derte<br />
es, <strong>in</strong> der Qual derer, die <strong>in</strong><br />
Alkohol und anderen <strong>Drogen</strong> e<strong>in</strong>en<br />
Ersatz des »Mangels an Wirklichkeit«<br />
suchten, <strong>in</strong> voller Schärfe die gesellschaftliche<br />
Situation gespiegelt zu<br />
erblicken.<br />
... / Zugemessen ward / Dem Lichte se<strong>in</strong>e Zeit / Und dem Wachen - / Aber<br />
schläft; gerade das Umgekehrte war<br />
tung der menschlichen Seele zu<br />
zeitlos ist der Nacht Herrschaft, / Ewig ist die Dauer des Schlafs. / Heiliger<br />
Hoffmanns Fall. Er trank, um sich zu<br />
überw<strong>in</strong>den. Dass diese Elixiere trotz<br />
Die bürgerliche Gesellschaft beant-<br />
Die Spannung zwischen Romantik<br />
Schlaf! / Beglücke zu selten nicht / Der Nacht Geweihte - / In diesem irdi-<br />
montieren; dazu gehörte anfangs,<br />
ihrer zunächst wohltätigen Wirkung<br />
wortet diese Bedrohung mit den ihr<br />
und Rationalismus ist ke<strong>in</strong>eswegs als<br />
schen Tagwerk. / Nur die Toren verkennen dich / Und wissen von ke<strong>in</strong>em<br />
wie er noch kräftig war, weniger;<br />
dennoch des Teufels s<strong>in</strong>d, dass sie,<br />
zu Gebote stehenden Mitteln: mit<br />
das Kennzeichen nur e<strong>in</strong>er bestimm-<br />
Schlafe / Als dem Schatten, / Den du mitleidig auf uns wirfst / In jener<br />
später natürlich mehr ... « (Hitzig,<br />
wie die Reliquie <strong>in</strong> Hoffmannns Ro-<br />
wissenschaftlicher<br />
Untersuchung,<br />
ten Epoche anzusehen. Sie prägt<br />
Dämmrung / Der wahrhaften Nacht. / Sie fühlen dich nicht / In der goldnen<br />
Flut der Trauben / In des Mandelbaums / Wunderöl / Und dem braunen<br />
Safte des Mohns. / ...«<br />
1823, S. 316 ff.)<br />
Wie im Falle Hoffmanns ist auch <strong>in</strong><br />
man, heiligheilend und diabolischzerstörend,<br />
verehrungswürdig und<br />
abscheulich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em s<strong>in</strong>d, bleibt<br />
mit Pathologisierung, gerade so, wie<br />
sie es e<strong>in</strong>er anderen, ähnlichen Bedrohung<br />
gegenüber gleichfalls tut:<br />
vielmehr die Geschichte <strong>in</strong> immer<br />
neuen Versionen. Ohne die Bereitschaft,<br />
die eigenen Grundpr<strong>in</strong>zipien<br />
den meisten anderen Fällen nach-<br />
schließlich ke<strong>in</strong>em ihrer Konsumen-<br />
Die Erf<strong>in</strong>dung der Suchtkrankheit<br />
auf ihre historische Bed<strong>in</strong>gtheit h<strong>in</strong><br />
aus: Novalis: Hymnen an die Nacht 1 und 2<br />
(Fassung der korrigierten Handschrift)<br />
weisbar, dass der Rauschmittelkonsum<br />
nicht e<strong>in</strong> gelegentlicher, gewis-<br />
ten verschlossen.<br />
korrespondiert mit der Erf<strong>in</strong>dung der<br />
Geisteskrankheit.<br />
zu reflektieren, laufen auch die mit<br />
dem Rauschmittelproblem befassten<br />
sermaßen experimenteller war.<br />
Wissenschaften Gefahr, unbemerkt<br />
SuchtReport 1/2002<br />
SuchtReport 1/2002
36 Extra<br />
ihren humanistischen und paradoxerweise<br />
sogar ihren rationalistischen<br />
Anspruch zu verfehlen.<br />
Die politische Dimension dieser<br />
Gefahr hat Thomas Szasz (1974) beschrieben:<br />
»Es ist uns somit gelungen, rassische,<br />
religiöse und militärische<br />
Unterdrückung und Fremdherrschaft,<br />
die uns jetzt unehrenhaft ersche<strong>in</strong>en,<br />
durch mediz<strong>in</strong>ische und therapeutisch<br />
motivierte Unterdrückung und<br />
Fremdherrschaft zu ersetzen, die uns<br />
jetzt ehrenvoll dünken.<br />
Da diese neuen Zwänge auf<br />
Wissenschaft zu beruhen sche<strong>in</strong>en<br />
und nur der Gesundheit zu dienen<br />
vorgeben, und da die Opfer dieser<br />
Unterdrückung und Fremdherrschaft<br />
die Idole des mediz<strong>in</strong>ischen und<br />
therapeutischen Szientismus oft<br />
ebenso <strong>in</strong>brünstig anbeten wie ihre<br />
Unterdrücker, können die Opfer das<br />
Fatale ihrer Situation nicht e<strong>in</strong>mal<br />
artikulieren und sich daher auch<br />
nicht zur Wehr setzen. Vielleicht ist<br />
diese Herrschaft des Menschen über<br />
den Menschen - dieser symbolische<br />
Kannibalismus, der e<strong>in</strong>em Leben<br />
S<strong>in</strong>n verleiht, <strong>in</strong>dem er e<strong>in</strong> anderes<br />
se<strong>in</strong>es S<strong>in</strong>nes beraubt - e<strong>in</strong> <strong>in</strong>tegraler<br />
Bestandteil der Conditio humana und<br />
als solcher unvermeidlich. Aber deshalb<br />
besteht noch lange ke<strong>in</strong>e<br />
Notwendigkeit für den e<strong>in</strong>zelnen,<br />
sich e<strong>in</strong>zureden, die rituelle<br />
Verfolgung von Sündenböcken -<br />
durch Kreuzzüge, Inquisitionen,<br />
Endlösungen oder Kampagnen gegen<br />
<strong>Drogen</strong>mißbrauch - sei geeignet,<br />
Götter zu besänftigen und Krankheiten<br />
zu verhüten.« (S. 9)<br />
Hoffmanns »Elixiere des Teufels«,<br />
stellvertretend für die Kunst der<br />
Romantik, verweisen auf e<strong>in</strong>e<br />
Grundproblematik <strong>in</strong> der Entwicklungsgeschichte<br />
unserer Gesellschaft.<br />
In ihren modernen Zubereitungen<br />
verweisen die Elixiere des Teufels<br />
auch heute auf e<strong>in</strong>e Problematik, die<br />
ohne wissenschaftlichen und gesellschaftspolitischen<br />
Perspektivenwechsel<br />
nicht lösbar zu se<strong>in</strong> sche<strong>in</strong>t.<br />
Dr. rer.nat. Dietmar Czycholl, 45, ist<br />
Diplom-Psychologe, Psychologischer<br />
Psychotherapeut und Leiter des Zentrums I<br />
der <strong>Drogen</strong>hilfe Tüb<strong>in</strong>gen e.V.<br />
Korrespondenzanschrift:<br />
dczyholl@t-onl<strong>in</strong>e.de<br />
Literatur:<br />
• Begu<strong>in</strong>, A. (1937): Traumwelt und Romantik. Bern, 1972.<br />
• Böhme, H. & Böhme G. (1985): Das Andere der Vernunft. Frankfurt/M., 1992.<br />
• Brühl-Cramer, C.v. (1819): Ueber die Trunksucht und e<strong>in</strong>e rationelle Heilmethode derselben. Berl<strong>in</strong>, 1819.<br />
• Foucault, M .(1961): Wahns<strong>in</strong>n und Gesellschaft. Frankfurt/M., 1977.<br />
• Freud, S. (1919): Das Unheimliche. In: Gesammelte Werke. Bd.12. Frankfurt/M., 1972.<br />
• Hitzig, E. (1823): E.T.A. Hoffmanns Leben und Nachlaß. Frankfurt/M., 1986.<br />
• Hoffmann, E.T.A. (1814): Kreisleriana. In: Fantasie- und Nachtstücke. München, 1976.<br />
• Hoffmann, E.T.A. (1815): Die Elixiere des Teufels. München, 1961.<br />
• Hufeland, C.W. (1802): Über die Vergiftung durch Branntwe<strong>in</strong>. Berl<strong>in</strong>er Intelligenzblatt, 7,9, 1802.<br />
• Hufeland, C.W. (1829): Die drei Heroen der Heilkunst. In: Neues Journal der practischen Heilkunde 69, 1829.<br />
• Huss, M. (1849-1851): Alcoholismus chronicus. Stockholm, 1849-1851.<br />
• Kreutel, M. (1988): Die Opiumsucht. Stuttgart, 1988.<br />
• Novalis (1797): Hymnen an die Nacht. In: Briefe und Werke. Bd. 2. Berl<strong>in</strong>, 1943<br />
• Rank, O. (1914):<br />
Der Doppelgänger. In: J.M. Fischer (Hg.):<br />
Psychoanalytische Literatur<strong>in</strong>terpretation. München, 1980.<br />
• Rush, B. (1794): Inquiry <strong>in</strong>to the effects of ardent spirits upon the human body and m<strong>in</strong>d. Philadelphia, 1794.<br />
• Sloterdijk, P. (1993) Weltfremdheit. Frankfurt/M., 1993.<br />
• Spode, H. (1993): Die Macht der Trunkenheit. Opladen, 1993.<br />
• Spode, H. (1993a):<br />
Der Anspruch auf die Begierde. In: A. Schuller & J.A. Kleber (Hg.):<br />
Gier: Zur Anthropologie der Sucht. Gött<strong>in</strong>gen, 1993.<br />
• Szasz,T.(1974): Das Ritual der <strong>Drogen</strong>. Wien, 1978.<br />
SuchtReport 1/2002
38 Kontroverse Diskussion<br />
Kontroverse Diskussion<br />
39<br />
Das Verbot von Cannabis:<br />
E<strong>in</strong> kollektiver Irrweg<br />
Das Bundesverfassungsgericht hat<br />
1994 die Ansicht vertreten, dass die<br />
Strafvorschriften des Betäubungsmittelgesetzes<br />
geeignet s<strong>in</strong>d, die von<br />
Cannabis ausgehenden Gefahren zu<br />
verr<strong>in</strong>gern und die Verbreitung der<br />
Droge zu beschränken.<br />
Bundesverfassungsgericht <strong>in</strong> Karlsruhe<br />
Diese Ansicht wird von der Realität<br />
widerlegt: Die von Cannabis ausgehenden<br />
Gefahren s<strong>in</strong>d ger<strong>in</strong>ger als die der<br />
legalen <strong>Drogen</strong> Alkohol und Nikot<strong>in</strong>.<br />
Die Verbreitung der Droge wird durch<br />
das Verbot nicht beschränkt, sondern<br />
sogar gefördert. Der Rechtsphilosoph<br />
Michael Köhler kam zu der E<strong>in</strong>schätzung,<br />
dass das Cannabis-Verbot<br />
e<strong>in</strong> »kollektiver Irrweg« ist, der »nicht<br />
guten Gewissens weitergegangen werden<br />
kann«.<br />
Holland: Konsum und<br />
Handel s<strong>in</strong>d freigegeben<br />
Das Beispiel Holland zeigt, was passsiert,<br />
wenn nicht nur der unmittelbare<br />
Konsum, sondern auch der Handel von<br />
Cannabis freigegeben wird: Dort gibt<br />
es Coffeeshops, wo der Verkauf kle<strong>in</strong>er<br />
Mengen geduldet wird. Die Zahl der<br />
Cannabis-Konsumenten ist dadurch<br />
nicht - wie vielfach befürchtet -gestiegen,<br />
sondern sogar zurückgegangen.<br />
Obwohl die Märkte für weiche und<br />
harte <strong>Drogen</strong> weitgehend getrennt<br />
s<strong>in</strong>d, ist auch die Zahl der Konsumenten<br />
harter <strong>Drogen</strong> zurückgegangen. Die<br />
Zahl der <strong>Drogen</strong>toten ist gesunken.<br />
Deutschland: 1971<br />
wurde Cannabis dem<br />
Betäubungsmittelgesetz<br />
unterstellt<br />
Der Gesetzgeber benutzte das Argument:<br />
Es sei nicht zu verantworten, die<br />
Droge jetzt freizugeben; man erwarte<br />
jedoch aufgrund mediz<strong>in</strong>ischer Forschung,<br />
dass man <strong>in</strong> etwa fünf Jahren<br />
zu konkreteren Ergebnissen gelange.<br />
1994 hielt das Bundesverfassungsgericht<br />
daran fest, das Cannabis-<br />
Verbot vor dem Grundgesetz mit mediz<strong>in</strong>ischen<br />
Argumenten zu verteidigen,<br />
und man schrieb <strong>in</strong> der Begründung:<br />
»Obwohl sich … die von Cannabisprodukten<br />
ausgehenden Gesundheitsgefahren<br />
aus heutiger Sicht als ger<strong>in</strong>ger<br />
darstellen, als der Gesetzgeber bei<br />
Erlass des Gesetzes angenommen hat,<br />
verbleiben dennoch auch nach dem<br />
jetzigen Erkenntnisstand nicht unbeträchtliche<br />
Gefahren und Risiken.«<br />
Cannabis im Vergleich mit<br />
Alkohol<br />
Die im Betäubungsmittelgesetz hergestellte<br />
Nähe zu den Opiaten konnte<br />
jedoch ke<strong>in</strong>e Glaubwürdigkeit mehr<br />
f<strong>in</strong>den. Das Bundesverfassungsgericht<br />
entschloss sich daher, Cannabis zur<br />
besseren E<strong>in</strong>schätzung mit Alkohol zu<br />
vergleichen. Da Alkohol e<strong>in</strong> Genussund<br />
Suchtmittel ist, fordert der<br />
Vergleich zum e<strong>in</strong>en Antworten auf die<br />
Fragen nach Sucht und Abhängigkeit<br />
generell. Die Fragen reichen vom akuten<br />
Rausch bis zu den Folgen des chronischen<br />
und des exzessiven Gebrauchs.<br />
Zum anderen fordert der Vergleich mit<br />
Alkohol Antworten auf die Fragen<br />
nach dem Genuss. Was ist Cannabis als<br />
Genussmittel? Hält es auf primitiver<br />
Stufe fest? Ist es sublimierungsfähig,<br />
also e<strong>in</strong> Rauschmittel, das sich unserer<br />
Kultur angleichen kann?<br />
Schließlich ist zu fragen, ob der<br />
Me<strong>in</strong>ungsstreit über Cannabis nicht<br />
auf dem Missverständnis beruht, dass<br />
die Mediz<strong>in</strong> über Legalität oder<br />
Illegalität entscheiden müsste. Das ist<br />
nicht ihre Aufgabe.<br />
Unterschiedliches<br />
Konsumverhalten<br />
Cannabis wird <strong>in</strong> der Erwartung konsumiert,<br />
Verstimmungen zu beheben,<br />
Spannungen zu l<strong>in</strong>dern, Genüsse des<br />
Hörens, Sehens, Fühlens und Spürens<br />
zu <strong>in</strong>tensivieren oder e<strong>in</strong>e andere Art<br />
des Denkens zu genießen. Zu unterscheiden<br />
ist der vernünftige Gebrauch,<br />
<strong>in</strong> dem das rechte Maß e<strong>in</strong>gehalten<br />
wird, vom unvernünftigen Gebrauch,<br />
der bis zur akuten Vergiftung oder bis<br />
zum chronischen Exzess führt. Zu<br />
unterscheiden ist außerdem zwischen<br />
Anfängern, die ausprobieren, und<br />
Pflanze des Anstoßes: Hanf (Cannabis sativa) wächst auch <strong>in</strong> unseren Breiten und wird bis zu 2 Meter groß © Foto :action press/Hank<br />
erfahrenen Konsumenten, die präzise<br />
Erwartungen haben. Anfänger empf<strong>in</strong>den<br />
Cannabis-Konsum als Abenteuer<br />
und Wagnis. Sie wissen nicht, worauf<br />
sie achten müssen. Sie kennen die fe<strong>in</strong>en<br />
Zeichen des Rausches nicht und<br />
nehmen häufig zu viel. Der Konsum hat<br />
ihnen ke<strong>in</strong>e Lust gebracht, manchen<br />
sogar quälende Unlust. Dies erklärt,<br />
weshalb zwei Drittel der Anfänger, die<br />
Cannabis probieren, es bald wieder aufgeben.<br />
Problematisch s<strong>in</strong>d die gewohnheitsmäßigen<br />
Dauer-Konsumenten. Sie<br />
haben mit 23,5 Jahren nicht nur das<br />
niedrigste Durchschnittsalter, sondern<br />
auch am frühesten mit dem Konsum<br />
von Cannabis begonnen. Sie konsumieren<br />
Cannabis bis zu viermal pro Tag,<br />
meist um sich vorübergehend aus Angst<br />
und Lebensnot befreit zu fühlen. Wer<br />
vor schädlichen Folgen des Cannabis-<br />
Konsums warnt, bezieht sich auf die<br />
Gruppe dieser exzessiven Konsumenten.<br />
Cannabis-Genießer<br />
Wie es Alkohol-Genießer gibt, so gibt<br />
es Cannabis-Genießer. Die Forschungsergebnisse<br />
lassen es zu, auf e<strong>in</strong>em<br />
vergleichbaren Niveau des Genusses<br />
den Cannabis-Rausch zu beschreiben.<br />
Der Rausch ist nach vier Stunden verflogen.<br />
Cannabis wird <strong>in</strong> den allermeisten<br />
Fällen <strong>in</strong>haliert und zielt unmittelbar<br />
auf den Genuss des Rausches, der<br />
sofort oder nach wenigen M<strong>in</strong>uten e<strong>in</strong>tritt.<br />
Se<strong>in</strong>e Tiefe kann daher <strong>in</strong> der<br />
E<strong>in</strong>nahmephase kontrolliert werden.<br />
Nach e<strong>in</strong>er Stunde lässt die Wirkung<br />
nach, hält sich noch e<strong>in</strong>e weitere<br />
Stunde und verschw<strong>in</strong>det dann allmählich.<br />
Nach drei, höchstens vier<br />
Stunden ist sie verflogen. Das macht<br />
den Cannabis-Rausch besser kontrollierbar<br />
und kalkulierbar als den<br />
Alkohol-Rausch. Im Cannabis-Rausch<br />
bleibt das Bewusstse<strong>in</strong> des Rausches<br />
erhalten. Es ist jederzeit möglich, die<br />
vollständige Kontrolle über das eigene<br />
Verhalten herzustellen.<br />
Macht Cannabis abhängig?<br />
Im Rahmen des gelegentlichen oder<br />
regelmäßigen Freizeitkonsums entsteht<br />
durch Cannabis ke<strong>in</strong>e Sucht und ke<strong>in</strong>e<br />
Abhängigkeit und es ist mit gesundheitlichen<br />
Schäden nicht zu rechnen.<br />
Dieses Fazit der Wissenschaft steht<br />
fest. Wird Cannabis exzessiv konsumiert,<br />
entstehen außer Toleranz-Ersche<strong>in</strong>ungen<br />
ke<strong>in</strong>e Zeichen e<strong>in</strong>er<br />
Sucht. Entsteht e<strong>in</strong>e Abhängigkeit,<br />
kann sie leichter überwunden werden<br />
als beim Alkohol; denn die Entzugssymptome<br />
s<strong>in</strong>d flüchtig und kl<strong>in</strong>gen<br />
<strong>in</strong>nerhalb von Stunden, höchstens von<br />
Tagen ab. Es gibt ke<strong>in</strong>e körperlichen<br />
Befunde von Belang. Die psychischen<br />
Befunde, die bisher <strong>in</strong> der mediz<strong>in</strong>ischen<br />
und dann auch <strong>in</strong> der juristischen<br />
Cannabis-Diskussion die Hauptrolle<br />
gespielt haben, s<strong>in</strong>d widerlegt<br />
oder so sehr relativiert worden, dass sie<br />
als Gesundheitsgefahren, die der Gesetzgeber<br />
respektieren müsste, nicht <strong>in</strong><br />
Frage kommen.<br />
Cannabis - e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>stiegsdroge?<br />
Aus dem Befund, dass Hero<strong>in</strong>-Süchtige<br />
zuvor Cannabis konsumiert hatten, war<br />
geschlossen worden, dass Cannabis<br />
den Weg bahnt. In der Forschung gibt<br />
es für diesen Umkehrschluss ke<strong>in</strong>en<br />
Beleg.<br />
Cannabis und das<br />
amotivationale Syndrom<br />
Auch bei Störungsbildern, die durch<br />
Passivität und Leistungsverweigerung<br />
gekennzeichnet s<strong>in</strong>d, stellt sich die<br />
Frage nach Ursache und Wirkung. In<br />
SuchtReport 1/2002<br />
SuchtReport 1/2002
40 Kontroverse Diskussion<br />
Aktuelle Berichte<br />
41<br />
genügend kontrollierten Studien ersche<strong>in</strong>t<br />
Cannabis nicht als Risikofaktor<br />
für Demotivationsersche<strong>in</strong>ungen.<br />
Cannabis und die<br />
Verkehrssicherheit<br />
In der ersten Stunde nach Rauschbeg<strong>in</strong>n<br />
s<strong>in</strong>d deutliche Leistungsdefizite<br />
festzustellen. Es ist aber wenig wahrsche<strong>in</strong>lich,<br />
dass <strong>in</strong> dieser Zeit Auto<br />
gefahren wird. Die Erklärung liegt <strong>in</strong><br />
der Kalkulierbarkeit des Rausches. Der<br />
Beg<strong>in</strong>n ist bestimmbar. Will der Konsument<br />
den beabsichtigten Rausch<br />
auch auskosten, wird e<strong>in</strong>e Teilnahme<br />
am Straßenverkehr während dieser Zeit<br />
eher unwahrsche<strong>in</strong>lich. Dies wird<br />
durch Befragung zur Fahrbereitschaft<br />
bestätigt. Schon <strong>in</strong> der zweiten Stunde<br />
nach Rauschbeg<strong>in</strong>n bessern sich die<br />
Leistungsdefizite. In der vierten Stunde<br />
zeigen sich ke<strong>in</strong>e signifikanten Verschlechterungen<br />
mehr. Die Verkehrsmediz<strong>in</strong><br />
hat experimentell bestätigt,<br />
dass durch Cannabis bed<strong>in</strong>gte Leistungsdefizite,<br />
wie sie für das Autofahren<br />
relevant s<strong>in</strong>d, durch Kontrollfunktionen,<br />
durch Anstrengungen <strong>in</strong><br />
anderen Bereichen, so gut ausgeglichen<br />
werden, dass das Unfallrisiko<br />
durch Cannabis-E<strong>in</strong>fluss verr<strong>in</strong>gert<br />
wird, also nicht zu-, sondern abnimmt.<br />
In e<strong>in</strong>er Feldstudie von 1994 fuhren<br />
0,6 Prozent der Fahrer mit Alkohol ab<br />
0,8 Promille BAK. Ebenso viele fuhren<br />
mit Cannabis-Konzentrationen, die<br />
auch von wochenlang zurückliegendem<br />
Konsum stammen konnten. Die<br />
Alkoholiker waren an 11,2 Prozent<br />
aller Unfälle mit schwerem Sach- oder<br />
Personenschaden beteiligt. Die Cannabis-Fahrer<br />
lagen nach Unfallhäufigkeit<br />
und -schwere unter dem oder höchstens<br />
im Normbereich.<br />
Die Praxis des Verwaltungsrechts jedoch,<br />
die für die Fahrerlaubnis zuständig<br />
ist, hat Cannabis, als wäre<br />
Cannabis mit LSD vergleichbar, den<br />
Halluz<strong>in</strong>ogenen unterstellt und damit<br />
der Hypothese vom »Flash-Back« (Echo-<br />
Rausch) zu neuer Wirksamkeit verholfen.<br />
Zwar ist <strong>in</strong> der neuesten Auflage<br />
des Gutachters »Krankheit im Kraftverkehr«,<br />
dessen Leitl<strong>in</strong>ien die Praxis<br />
bestimmen, der spezielle H<strong>in</strong>weis auf<br />
die »Flash-Back-Gefahren« gestrichen<br />
worden. Aber die Behauptung ist<br />
erhalten geblieben, <strong>in</strong>dem von e<strong>in</strong>em<br />
»besonderen Wirkungsverlauf« die<br />
Rede ist, der »jederzeit unvorhersehbar<br />
und plötzlich« die Leistungsfähigkeit<br />
bee<strong>in</strong>trächtigen kann. Mit dieser<br />
Behauptung kann die Eignung zum<br />
Führen e<strong>in</strong>es Kraftfahrzeuges verne<strong>in</strong>t<br />
werden, wenn e<strong>in</strong>e regelmäßige<br />
E<strong>in</strong>nahme von Cannabis vorliegt.<br />
Da Fahren unter Cannabis ke<strong>in</strong> vermehrtes<br />
Unfallrisiko auslöst, macht es<br />
im H<strong>in</strong>blick auf die Verkehrssicherheit<br />
ke<strong>in</strong>en S<strong>in</strong>n, e<strong>in</strong>e Grenze zwischen<br />
gelegentlichem und regelmäßigem<br />
Konsum festzulegen.<br />
Die Cannabis-Verfolger<br />
Die Führung <strong>in</strong> der »Cannabis-Verfolgung«<br />
haben das Verwaltungsrecht<br />
und die Toxikologie übernommen. Die<br />
Verwaltung droht mit Führersche<strong>in</strong>-<br />
Entzug, die Toxikologie liefert die<br />
Nachweise.<br />
Wer auffällig geworden war und nun<br />
den Führersche<strong>in</strong> wieder begehrt, kann<br />
zu e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>jährigen Abst<strong>in</strong>enz<br />
gezwungen werden. Den Konsum-<br />
Gewohnheiten nach trifft es hauptsächlich<br />
Jugendliche und junge<br />
Erwachsene.<br />
Glaubwürdigkeit der Verfolger<br />
Da Cannabis-E<strong>in</strong>flüsse die Sicherheit<br />
des Straßenverkehrs nicht gefährden,<br />
gibt es eigentlich ke<strong>in</strong>en Strafgrund,<br />
noch nicht e<strong>in</strong>mal durch Fahren im<br />
akuten Rausch.<br />
Da aber die selektive Wahrnehmung,<br />
die für sicheres Autofahren unerlässlich<br />
ist, durch den Rausch geschwächt<br />
wird, lässt sich <strong>in</strong>soweit mediz<strong>in</strong>isch<br />
e<strong>in</strong> Strafgrund vertreten.<br />
Resümee<br />
Die mediz<strong>in</strong>ischen Argumente, die zur<br />
Aufrechterhaltung des Cannabis-<br />
Verbotes verwendet worden s<strong>in</strong>d,<br />
stammen aus Befunden schwerer<br />
Pathologie. Dabei ist zu beachten, dass<br />
Schäden, die Alkohol anrichtet,<br />
schwer, häufig und anhaltend s<strong>in</strong>d;<br />
Schäden, die Cannabis anrichtet, s<strong>in</strong>d<br />
leicht, selten und flüchtig. Aus mediz<strong>in</strong>ischer<br />
Sicht wird ke<strong>in</strong> Schaden angerichtet,<br />
wenn Cannabis vom Verbot<br />
»befreit« wird. Das Cannabis-Verbot<br />
kann durch mediz<strong>in</strong>ische Argumente<br />
nicht gestützt werden.<br />
Autor: Dr. med. Carl Nedelmann<br />
aus: Deutsches Ärzteblatt 97, Heft 43<br />
vom 27.10.00, Seite A-2833 [THEMEN<br />
DER ZEIT: Forum<br />
IFT-Nord - Wer nicht raucht, gew<strong>in</strong>nt:<br />
Für die 6. Jahrgangsstufe startete das<br />
ift-nord (Institut für Therapiefor–<br />
schung) <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit u.a. dem<br />
Bayerischen Gesundheitsm<strong>in</strong>isterium<br />
den Wettbewerb »Be Smart - Don’t<br />
Start«. Anmeldeschluss war der 2.11.01.<br />
Im Schuljahr 2000/2001 wurde der<br />
Wettbewerb <strong>in</strong> <strong>in</strong>sgesamt 15 europäischen<br />
Ländern durchgeführt. 375.000<br />
Schüler aus ganz <strong>Europa</strong> nahmen am<br />
Wettbewerb teil. Davon kamen die<br />
meisten Teilnehmer aus Deutschland:<br />
109.000 Schüler aus dem gesamten<br />
Bundesgebiet beteiligten sich am Wettbewerb.<br />
»Be Smart - Don’t Start« dürfte<br />
mit diesen Teilnehmerzahlen die<br />
größte Nichtraucherkampagne für<br />
Jugendliche <strong>in</strong> <strong>Europa</strong> und auch<br />
Deutschland se<strong>in</strong>.<br />
Im Schuljahr 2001/2002 wird der<br />
Wettbewerb <strong>in</strong> 16 europäischen Staaten<br />
durchgeführt. Es werden sich<br />
Schüler aus den Staaten Belgien,<br />
Dänemark, Deutschland, F<strong>in</strong>nland,<br />
Frankreich, Griechenland, Großbritannien,<br />
Irland, Island, Italien, Luxemburg,<br />
den Niederlanden, Österreich,<br />
Portugal, der Schweiz und Spanien beteiligen.<br />
Erstmals werden auch Schüler<br />
aus Südafrika und Israel e<strong>in</strong>geladen,<br />
am Wettbewerb teilzunehmen.<br />
Der Schülerwettbewerb<br />
»Be Smart - Don’t Start«<br />
H<strong>in</strong>tergrund und Ziele<br />
Die jüngste Bundesstudie zur <strong>Drogen</strong>aff<strong>in</strong>ität<br />
Jugendlicher <strong>in</strong> der Bundesrepublik<br />
Deutschland hat ergeben, dass<br />
38% der 12- bis 25-jährigen Jugendlichen<br />
und jungen Erwachsenen ständig<br />
oder gelegentlich raucht. In Westdeutschland<br />
s<strong>in</strong>d dies 36%, <strong>in</strong> Ostdeutschland<br />
40%. Gerade <strong>in</strong> Ostdeutsch–-<br />
land hat sich <strong>in</strong> den letzten Jahren die<br />
Anzahl jugendlicher Raucher deutlich<br />
vergrößert. Während im Erwachse–<br />
nenalter nach wie vor mehr Männer als<br />
Frauen rauchen, unterscheiden sich im<br />
Jugendalter die Geschlechter <strong>in</strong> Bezug<br />
auf das Rauchverhalten nicht: 38% der<br />
männlichen Jugendlichen und 37% der<br />
weiblichen Jugendlichen bezeichnen<br />
sich als Raucher.<br />
Je niedriger das E<strong>in</strong>stiegsalter <strong>in</strong> den<br />
Tabakkonsum ist, desto höher ist die<br />
Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit, dass auch im Erwachsenenalter<br />
geraucht wird. Jugendliche,<br />
die früh mit dem Rauchen<br />
beg<strong>in</strong>nen, konsumieren zudem später<br />
auch häufiger andere <strong>Drogen</strong> wie<br />
Alkohol oder Haschisch.<br />
»Be Smart - Don’t Start« wendet sich<br />
besonders an die Nichtraucher. Nicht<br />
rauchende Jugendliche sollen motiviert<br />
werden, erst gar nicht mit dem<br />
Rauchen zu beg<strong>in</strong>nen. Der E<strong>in</strong>stieg <strong>in</strong><br />
das Rauchen soll verzögert bzw. gänzlich<br />
verh<strong>in</strong>dert werden. Darüber h<strong>in</strong>aus<br />
verfolgt »Be Smart - Don’t Start« das<br />
Ziel, Schüler, die bereits mit dem<br />
Rauchen experimentieren, zu motivieren,<br />
das Rauchen e<strong>in</strong>zustellen.<br />
Regeln des Wettbewerbs<br />
Die Regeln des Wettbewerbs s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>fach:<br />
Die teilnehmenden Klassen entschließen<br />
sich, e<strong>in</strong> halbes Jahr lang<br />
e<strong>in</strong>e Nichtraucherklasse zu se<strong>in</strong>. Dazu<br />
unterschreiben sie e<strong>in</strong>en Klassen- und<br />
e<strong>in</strong>en Schülervertrag. Die Schüler<br />
geben e<strong>in</strong>mal wöchentlich an, ob sie<br />
geraucht haben oder nicht. Die<br />
Klassen, die das Ziel erreicht haben,<br />
nehmen an e<strong>in</strong>er Lotterie teil, bei der<br />
e<strong>in</strong>e Reihe attraktiver Geld- und<br />
Sachpreise verlost werden. Als <strong>in</strong>ternationaler<br />
Hauptpreis wird <strong>in</strong> diesem<br />
Schuljahr e<strong>in</strong>e Klassenreise nach<br />
Kopenhagen verlost.<br />
Effektivität des Programms<br />
»Be Smart - Don’t Start« ist wissenschaftlich<br />
untersucht worden. Verschiedene<br />
Studien haben gezeigt, dass<br />
• der Wettbewerb auf große Zustim–<br />
mung bei den Schülern und Lehrkräften<br />
stößt,<br />
• der Wettbewerb den E<strong>in</strong>stieg <strong>in</strong> das<br />
Rauchen verzögern kann,<br />
• auch e<strong>in</strong> halbes Jahr nach Ende des<br />
Wettbewerbs <strong>in</strong> Klassen, die sich am<br />
Wettbewerb beteiligt haben, im<br />
Durchschnitt 5% weniger Schüler<br />
rauchten, verglichen mit Klassen, die<br />
nicht am Wettbewerb teilgenommen<br />
haben.<br />
Die <strong>Drogen</strong>beauftragte der Bundesregierung,<br />
Marion Caspers-Merk, ruft zur<br />
Teilnahme am Wettbewerb auf. Sie<br />
betont, dass »Be Smart - Don’t Start« <strong>in</strong><br />
beispielhafter Weise die positive Botschaft<br />
e<strong>in</strong>es gesunden Lebensstils propagiert.<br />
Marion Caspers-Merk freut es<br />
<strong>in</strong>sbesondere, dass »Be Smart - Don’t<br />
Start« nicht mehr wie ältere Präventionsprogramme<br />
die »Pädagogik des<br />
erhobenen Zeigef<strong>in</strong>gers« verfolgt.<br />
Caspers-Merk: »Be Smart - Don’t Start<br />
macht deutlich: Nichtrauchen ist der<br />
bessere Lebensstil.«<br />
SuchtReport 1/2002<br />
SuchtReport 1/2002
42 Aktuelle Berichte<br />
Aktuelle Berichte<br />
43<br />
WEGSCHAUEN IST<br />
KEINE LÖSUNG<br />
e<strong>in</strong>e Initiative des Landkreises Karlsruhe zur Suchtvorbeugung und zum Jugendschutz<br />
Aktionsprogramm<br />
Mit e<strong>in</strong>em Aktionsprogramm macht<br />
der Landkreis Karlsruhe auf die Inhalte<br />
des Jugendschutzgesetzes aufmerksam,<br />
z.B.:<br />
• Plakatierung an Bus- und Stadtbahnhaltestellen<br />
durch Werbeträger<br />
• großflächige Aufschriften auf<br />
Straßenbahnwagen der L<strong>in</strong>ien S 4<br />
und S 2<br />
•Verteilung kle<strong>in</strong>er D<strong>in</strong>-A3-Plakate<br />
mit den zentralen Auszügen aus dem<br />
Jugendschutzgesetz<br />
•Elternsem<strong>in</strong>arangebote<br />
Volltrunkene kiffende<br />
Jugendgruppen s<strong>in</strong>d Realität<br />
Die Erwachsenenwelt reagiert auf volltrunkene,<br />
rauchende und kiffende<br />
K<strong>in</strong>der und Jugendliche oft zögerlich.<br />
Viele haben Angst, etwas falsch zu<br />
machen, sich <strong>in</strong>s Unrecht zu setzen -<br />
andere s<strong>in</strong>d nur gleichgültig. Weil die<br />
Jugendlichen erleben, dass die Erwachsenenwelt<br />
den Jugendschutzbestimmungen<br />
gegenüber gleichgültig zu<br />
se<strong>in</strong> sche<strong>in</strong>t, werden die Bemühungen<br />
der Suchtprävention kaum ernst genommen.<br />
Erwachsene<br />
schreiten nicht e<strong>in</strong><br />
»Bei Stichproben hatten Jugendliche<br />
unter 16 Jahren ungeh<strong>in</strong>dert <strong>in</strong> Restaurants<br />
und Bars alkoholische Getränke<br />
bestellen, Spielsalons besuchen, <strong>in</strong><br />
Schulen rauchen können … die verantwortlichen<br />
Gewerbetreibenden oder<br />
Lehrer seien entgegen den Gesetzen<br />
zum Jugendschutz <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>zigen<br />
Fall e<strong>in</strong>geschritten.« (ZDF/BNN 3/2001)<br />
»Jeder vierte Schüler raucht täglich.<br />
Damit liegen die deutschen Jugendlichen<br />
im europäischen Vergleich an<br />
der Spitze …« (Ärzte Zeitung, 2/2001)<br />
In der Pubertät werden<br />
Grundlagen gelegt<br />
In der Pubertät werden die Grundlagen<br />
für spätere Suchterkrankungen gelegt.<br />
Dabei kommt den Alltagsdrogen e<strong>in</strong>e<br />
Schlüsselfunktion zu. Früher E<strong>in</strong>stieg<br />
und regelmäßiger Konsum von Nikot<strong>in</strong><br />
und Alkohol schaffen die Basis für<br />
Suchtkarrieren. Nationale und <strong>in</strong>ternationale<br />
Erfahrungen zeigen, dass im<br />
Wohnumfeld der jungen Menschen<br />
angesetzt werden muss.<br />
Bundesweit werden die<br />
Jugendschutzbestimmungen nicht<br />
e<strong>in</strong>gehalten<br />
Erziehungsverantwortliche getrauen<br />
sich nicht, sich für die Belange dieser<br />
Schutzbestimmungen e<strong>in</strong>zusetzen, weil<br />
sie befürchten, sich antiquiert zu verhalten<br />
oder Angst vor unberechenbaren<br />
Reaktionen der Betroffenen haben.<br />
Wegschauen ist<br />
ke<strong>in</strong>e Lösung<br />
Vor diesem H<strong>in</strong>tergrund hat der Landkreis<br />
Karlsruhe die Initiative »Wegschauen<br />
ist ke<strong>in</strong>e Lösung« <strong>in</strong>s Leben<br />
gerufen. Sie soll über e<strong>in</strong>en Zeitraum<br />
von m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>em Jahr Elternhaus,<br />
Schule, Vere<strong>in</strong>e, d. h. alle diejenigen, die<br />
Erziehungsverantwortung tragen, dem<br />
Jugendschutzgedanken näher br<strong>in</strong>gen.<br />
Außerdem soll die Verfügbarkeit von<br />
Suchtmitteln im K<strong>in</strong>der- und Jugendalter<br />
reduziert werden, damit e<strong>in</strong>e ortsnahe<br />
Suchtprävention möglich wird.<br />
Mit Plakaten auf Straßenbahnen wird auf das Jugendschutzgesetz aufmerksam gemacht<br />
Prom<strong>in</strong>ente für den<br />
Jugendschutz<br />
Prom<strong>in</strong>ente aus dem Geme<strong>in</strong>deleben<br />
präsentieren sich mit Bild und eigener<br />
Stellungnahme zu Alkohol und<br />
<strong>Drogen</strong>.<br />
Landrat Kretz (l.) überreicht dem OB der Stadt<br />
Stutensee, Klaus Demal, das Konzept<br />
Zielgruppe s<strong>in</strong>d<br />
die Erwachsenen<br />
K<strong>in</strong>der und Jugendliche stehen den<br />
Grenzziehungen natürlich skeptisch<br />
gegenüber, deshalb müssen die<br />
Erwachsenen dazu gebracht werden,<br />
die Jugendschutzbestimmungen e<strong>in</strong>zuhalten.<br />
Der Kümmerer<br />
In drei Geme<strong>in</strong>den im Landkreis<br />
Karlsruhe wurden ehrenamtliche<br />
kommunale Jugendschutzbeauftragte<br />
e<strong>in</strong>gesetzt. Sie haben sich unter dem<br />
Namen „Kümmerer“ wirksam etablieren<br />
können.<br />
Der Kümmerer kann schon im Vorfeld<br />
von ordnungsrechtlichen Maßnahmen<br />
Konfliktfelder erkennen und Lösungen<br />
herbeiführen.<br />
Befragung<br />
Insgesamt wird die Initiative durch e<strong>in</strong>e<br />
Vorher-Nachher-Befragung begleitet.<br />
Nach der Auswertung von Fragen während<br />
Informationsabenden für Eltern<br />
wurde deutlich, dass 98% e<strong>in</strong>en altersgemäßen<br />
und kontrollierten Umgang<br />
mit Substanzen, die auf die Psyche e<strong>in</strong>wirken,<br />
für ihre K<strong>in</strong>der möchten. Sie<br />
wünschen sich sche<strong>in</strong>bar, unabhängig<br />
vom eigenen Substanzkonsum, deutliche<br />
Grenzziehungen und funktionierende<br />
Schutzmechanismen für ihre<br />
K<strong>in</strong>der <strong>in</strong> der Öffentlichkeit.<br />
Weiterverbreitung<br />
der Aktion<br />
Die Initiatoren von »Wegschauen ist<br />
ke<strong>in</strong>e Lösung« hoffen, dass die auf den<br />
Landkreis begrenzte Aktion landesweit<br />
zu e<strong>in</strong>er Diskussion über e<strong>in</strong>en verantwortungsbewussteren<br />
Umgang mit<br />
K<strong>in</strong>dern und Jugendlichen <strong>in</strong> der<br />
Öffentlichkeit beiträgt. Als Service<br />
kann der Landkreis, <strong>in</strong> Zusammenarbeit<br />
mit den Präventionsfachleuten,<br />
Interessierte an der Aktion mit e<strong>in</strong>em<br />
<strong>in</strong>zwischen erprobten Maßnahmenbündel<br />
beraten und unterstützen.<br />
Mathias Haug<br />
SuchtReport 1/2002<br />
SuchtReport 1/2002
44 Aktuelle Berichte<br />
Bestseller für den Unterricht<br />
- Soziales Lernprogramm<br />
»Erwachsen werden«<br />
Erster Lehrplan <strong>in</strong> der Geschichte der Bundesrepublik auf dem Markt -<br />
nicht vom Kultusm<strong>in</strong>isterium <strong>in</strong>itiiert<br />
Seit ihrer Gründung im Jahr 1994 hat<br />
sich die Fakultät für Gesundheitswissenschaften<br />
an der Universität<br />
Bielefeld <strong>in</strong>tensiv um die Gesundheitserziehung<br />
<strong>in</strong> Schulen und die Entwicklung<br />
moderner Lehrpläne bemüht.<br />
Unter maßgeblichem E<strong>in</strong>fluss der<br />
Arbeitsgruppe »Prävention und Gesundheitsförderung«<br />
von Professor Dr.<br />
Klaus Hurrelmann ist <strong>in</strong>zwischen e<strong>in</strong><br />
Bestseller für den Unterricht an allen<br />
weiterführenden Schulen der Jahrgänge<br />
5 bis 9 auf dem Markt: Das soziale<br />
Lernprogramm »Erwachsen werden«.<br />
Das Lernprogramm kommt aus den<br />
USA. Es wurde von der geme<strong>in</strong>nützigen<br />
Lehrplanorganisation »Quest« für<br />
Deutschland entwickelt und <strong>in</strong>zwischen<br />
von über 5000 Schulen aus ganz<br />
Deutschland angefordert. »Hier handelt<br />
es sich wohl um den ersten Lehrplan <strong>in</strong><br />
der Geschichte der Bundesrepublik<br />
Deutschland, der nicht von den<br />
Kultusm<strong>in</strong>isterien <strong>in</strong>itiiert wurde und<br />
trotzdem e<strong>in</strong>e flächendeckende Verbreitung<br />
an <strong>in</strong>sgesamt schon etwa<br />
5000 Schulen <strong>in</strong> Deutschland gefunden<br />
hat«, sagt Prof. Dr. Klaus Hurrelmann<br />
von der Fakultät für Gesundheitswissenschaften<br />
an der Universität<br />
Bielefeld. Ziel der Unterrichtsmaterialien<br />
ist es, Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler<br />
im Alter von 10 bis 15 Jahren auf die<br />
selbstständige Bewältigung der<br />
Aufgaben ihrer Lebensphase vorzubereiten.<br />
»Die Philosophie des Programms<br />
ist, Jugendliche mit den<br />
Problemen ihres Alters und ihres<br />
Alltags ernst zu nehmen, auf ihre<br />
Gefühle e<strong>in</strong>zugehen und ihnen gesellschaftliche<br />
Werte zu verdeutlichen.<br />
Dazu gehören Toleranz und Achtung<br />
anderen Menschen gegenüber, Verantwortung<br />
für sich und andere und<br />
Engagement <strong>in</strong> sozialen Angelegenheiten.<br />
Das Programm setzt also <strong>in</strong><br />
erster L<strong>in</strong>ie auf die Stärkung des<br />
jugendlichen Selbstvertrauens«, so<br />
Professor Hurrelmann.<br />
Die Lehrer berichten, sie bekämen<br />
e<strong>in</strong>en völlig neuen Zugang zu ihrer<br />
Klasse und könnten jetzt Themen<br />
ansprechen, die die Schüler<strong>in</strong>nen und<br />
Schüler wirklich <strong>in</strong>teressierten. Hierdurch<br />
werde die Lernlust geweckt. Die<br />
Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler stimmen<br />
dar<strong>in</strong> übere<strong>in</strong>, dass die Klassengeme<strong>in</strong>schaft<br />
und die Beziehung zu<br />
ihren Lehrern selbstsicherer und stabiler<br />
geworden s<strong>in</strong>d. Das Programm<br />
»Erwachsen werden« kann aber nur<br />
von Lehrer<strong>in</strong>nen und Lehrern e<strong>in</strong>gesetzt<br />
werden, die an e<strong>in</strong>em dreitägigen<br />
Vorbereitungssem<strong>in</strong>ar teilnehmen. Seit<br />
1994 s<strong>in</strong>d von der Lions-Quest-<br />
Dachorganisation <strong>in</strong> Wiesbaden 400<br />
solcher Sem<strong>in</strong>are durchgeführt worden.<br />
Lehrer<strong>in</strong>nen und Lehrer wurden<br />
von erfahrenen Fachtra<strong>in</strong>ern gecoacht.<br />
Aufbau und Koord<strong>in</strong>ation der<br />
Lehrersem<strong>in</strong>are werden im »Hilfswerk<br />
der Deutschen Lions« <strong>in</strong> Wiesbaden<br />
vom früheren Schulamtsdirektor<br />
Gerhard Knoblauch durchgeführt. Er<br />
bemüht sich auch darum, die Kosten<br />
für die Sem<strong>in</strong>are von den örtlichen<br />
Lions-Clubs e<strong>in</strong>zuwerben.<br />
Die Erfahrung der vergangenen Jahre<br />
hat gezeigt, dass gerade die Privat<strong>in</strong>itiative,<br />
die h<strong>in</strong>ter der Entwicklung<br />
des Programms steht, für die Orig<strong>in</strong>alität<br />
der Unterrichtsmaterialien<br />
spricht. Der Erfolg dieses Programms<br />
zeigt, dass bürgerschaftliche, private<br />
Initiativen im deutschen Schulsystem<br />
<strong>in</strong>zwischen auf e<strong>in</strong>e breite Resonanz<br />
stoßen. »Als wir 1994 mit der Arbeit an<br />
den Unterrichtsmaterialien begannen,<br />
schlugen uns massive Vorurteile entgegen.<br />
Nicht nur die amerikanische<br />
Herkunft, sondern auch die soziale<br />
Orientierung des Programms erschien<br />
vielen Lehrkräften und vielen Elternorganisationen<br />
suspekt. Ke<strong>in</strong>er konnte<br />
sich damals vorstellen, dass Lehrpläne<br />
von unabhängigen Organisationen<br />
erstellt werden, weil alle nur an die<br />
von oben angeordneten Curricula<br />
durch die Kultusm<strong>in</strong>isterien dachten«,<br />
er<strong>in</strong>nert sich Professor Hurrelmann.<br />
In e<strong>in</strong>er der letzten Ausgaben der<br />
Zeitschrift »Test« der Stiftung Warentest<br />
wurden die neuen Unterrichtsprodukte<br />
zusammen mit anderen <strong>in</strong><br />
Deutschland entwickelten Programmen<br />
zur Stärkung der Lebenskompetenz<br />
von Schüler<strong>in</strong>nen und Schülern positiv<br />
bewertet. »Die Stiftung Warentest hat<br />
damit zum Ausdruck gebracht, dass<br />
auch Unterrichtsmaterialien e<strong>in</strong>er ganz<br />
normalen öffentlichen Qualitätskontrolle<br />
unterliegen sollten. So gesehen<br />
bef<strong>in</strong>den wir uns nun auch <strong>in</strong><br />
Deutschland endlich auf dem Weg, die<br />
unterrichtliche Arbeit <strong>in</strong> den Schulen<br />
nicht mehr als e<strong>in</strong>en staatlichen Hoheitsakt<br />
zu verstehen, sondern als e<strong>in</strong><br />
geme<strong>in</strong>sames Engagement von Lehrern,<br />
Eltern und Schülern«, so Professor<br />
Hurrelmann.<br />
Marburger Suchthilfetage:<br />
Wann ist me<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d abhängig, wann<br />
suchtgefährdet? Ist maßvoller <strong>Drogen</strong>konsum<br />
vertretbar? Dies s<strong>in</strong>d nur e<strong>in</strong>ige<br />
der Fragen, die die Sucht-AG des<br />
Landkreises Marburg-Biedenkopf auf<br />
den Marburger Suchthilfetagen unter<br />
dem Motto »Jugend und Sucht -<br />
E<strong>in</strong>stieg und Ausstieg« vom 25. bis<br />
zum 27. Oktober beantwortet hat.<br />
Bereits am Mittwochvormittag (24.<br />
Oktober) herrschte im Foyer des<br />
Congress Centers Marburg (CCM) reges<br />
Treiben wie auf e<strong>in</strong>em orientalischen<br />
Basar. Vertreter der Sucht-AG, der <strong>Drogen</strong>-<br />
und Jugendberatungsstellen oder<br />
Selbsthilfegruppen <strong>in</strong>formierten mit<br />
Ständen und Workshops über ihre<br />
Arbeit. E<strong>in</strong> Suchtspiel sowie Alice, e<strong>in</strong><br />
Frankfurter Busprojekt, klärten k<strong>in</strong>dund<br />
jugendgerecht über Partydrogen<br />
auf. Ebenso regten zwei Theaterstücke<br />
zum Nachdenken und Lachen gleichermaßen<br />
an.<br />
Aktuelle Berichte<br />
Berauschend<br />
Es gab auch allerlei Wissenswertes speziell<br />
für Erwachsene. »Wie entsteht<br />
Sucht?« lautete e<strong>in</strong> Referat von Hans<br />
Dlabal, leitender Arzt der Abteilung für<br />
Abhängigkeitserkrankungen und Psychotherapie<br />
der Kl<strong>in</strong>ik für Psychotherapie<br />
Marburg-Süd. Diese Frage, so<br />
schickte der Fachmann voraus, lässt<br />
sich nicht def<strong>in</strong>itiv beantworten.<br />
Dlabal war aber bemüht, e<strong>in</strong>ige<br />
Mosaikste<strong>in</strong>chen zusammenzufügen,<br />
die e<strong>in</strong> ungefähres Bild abgeben, wie<br />
Sucht entstehen könnte. Die Thesen<br />
se<strong>in</strong>es überaus <strong>in</strong>teressanten Dia-<br />
Vortrages stützten sich auf zahlreiche<br />
neurobiologische Untersuchungen. Ist<br />
Sucht <strong>in</strong> der Menge oder aber <strong>in</strong> der<br />
Person, gar <strong>in</strong> ihren Erbanlagen<br />
begründet? E<strong>in</strong> Experiment gibt<br />
Aufschluss: Danach reagieren Personen,<br />
die aus suchtbelasteten Familien<br />
stammen, stärker auf Schmerzimpulse<br />
als solche aus unbelasteten. H<strong>in</strong>zu<br />
kommt, dass die Schmerzempf<strong>in</strong>dung<br />
unter Alkohole<strong>in</strong>fluss von nur 0,9<br />
Promille bei ihnen stark gedämpft ist,<br />
während sie bei den anderen gleich<br />
bleibt. Die Person, die bei gleicher<br />
Dosierung stärker reagiert, ist womöglich<br />
suchtanfällig.<br />
Die Erfahrung, dass Suchtmittel das<br />
Leben erträglicher oder bunter machen,<br />
speichert und wiederholt der empf<strong>in</strong>dlichere<br />
Typus. Das so genannte Belohnungs-<br />
oder Reward-System ist<br />
aktiviert. Jugendliche Raucher, deren<br />
Zahl deutlich zunimmt, putschen ihr<br />
Reward-System alle<strong>in</strong> 20-mal am Tag<br />
auf. Die Folgen s<strong>in</strong>d schwerwiegend.<br />
Bei dauerhafter Aktivierung können<br />
Abhängigkeiten - auch von anderen,<br />
schwereren Suchtmitteln - sowie hirnorganische<br />
Schädigungen auftreten.<br />
Außerdem nimmt der Konsum, ob von<br />
Nikot<strong>in</strong> oder illegalen <strong>Drogen</strong>, dem<br />
Jugendlichen die Chance zur persönlichen<br />
Reifung. Diese entsteht durch<br />
Mängel, die er aushält. Wenn aber der<br />
Konsum von <strong>Drogen</strong> diese als unangenehm<br />
empfundenen Mängel betäubt,<br />
ist die Reifung verzögert oder e<strong>in</strong>geschränkt.<br />
Den Abschluss des <strong>in</strong>formationsreichen<br />
Tages bildete e<strong>in</strong>e Diskussionsrunde<br />
aus Vertretern von Theorie,<br />
Praxis und Politik zu den Leitl<strong>in</strong>ien der<br />
Suchtprävention der Stadt Marburg.<br />
Anwesend waren Carsten McGovern,<br />
der neue Sozialdezernent des Kreises<br />
Marburg-Biedenkopf, dann Wolfgang<br />
Settertobolte vom Sonderforschungsbereich<br />
Prävention der Universität<br />
Bielefeld, Rolf Plauth von der Jugenddrogenberatung<br />
Marburg sowie Werner<br />
Meyer, Jugendhilfeplaner der Stadt<br />
Marburg. Geme<strong>in</strong>sam mit dem<br />
Auditorium diskutierten sie zwei<br />
Themenschwerpunkte: die Bestandsaufnahme<br />
und Prävention. An der<br />
Frage, wie unauffällige, aber möglicherweise<br />
gefährdete Jugendliche an<br />
Präventionsmaßnahmen gebracht werden<br />
können, entzündete sich e<strong>in</strong>e<br />
angeregte Diskussion. Die Schule, da<br />
waren sich alle e<strong>in</strong>ig, sei der geeignete<br />
Ort, wo e<strong>in</strong>e derartige Früherkennung<br />
erfolgen kann. Das Problem dabei sei,<br />
dass Schule erst die Bed<strong>in</strong>gungen für<br />
e<strong>in</strong>e Abhängigkeitsentwicklung schafffe.<br />
Man denke nur an den hohen<br />
Leistungsdruck.<br />
E<strong>in</strong> weiterer Streitpunkt war die<br />
F<strong>in</strong>anzierung von flächendeckenden<br />
Suchtpräventionsmaßnahmen im Landkreis<br />
Marburg-Biedenkopf. McGovern<br />
redete an den Realitäten vorbei, als er<br />
e<strong>in</strong>e stärkere Koord<strong>in</strong>ation der verantwortlichen<br />
E<strong>in</strong>richtungen sowie e<strong>in</strong>e<br />
Konzeption mit konkreter Bedarfsformulierung<br />
forderte. Plauth gab zu<br />
bedenken, dies alles gebe es mit der<br />
Sucht-AG bereits - nur die f<strong>in</strong>anziellen<br />
Mittel fehlten; bereits vorhandene würden<br />
sogar noch abgebaut. Am Ende<br />
standen mehr Fragen als Antworten.<br />
Am 25. Oktober gab es Veranstal–<br />
tungen <strong>in</strong> der <strong>Europa</strong>schule und der<br />
Sporthalle <strong>in</strong> Gladenbach. In der<br />
Stadthalle <strong>in</strong> Stadtallendorf wurden<br />
von 10 bis 22 Uhr Filme zum Thema<br />
»Abhängigkeiten« gezeigt. Den krönenden<br />
Abschluss bildete am Samstagabend<br />
(27. Oktober) e<strong>in</strong>e HipHop-Party<br />
<strong>in</strong> den Kulthallen <strong>in</strong> Marburg.<br />
Sab<strong>in</strong>e Ferber<br />
45<br />
SuchtReport 1/2002<br />
SuchtReport 1/2002
46 Meldungen und Berichte<br />
Meldungen und Berichte<br />
47<br />
Meldungen und<br />
Berichte<br />
Neufassung der Übersicht<br />
der »Stationären Therapiee<strong>in</strong>richtungen«<br />
für drogenkranke<br />
K<strong>in</strong>der und Jugendliche<br />
(12 bis 18 Jahre) ab<br />
2002<br />
Es gibt wenige spezielle E<strong>in</strong>richtungen<br />
für die Altersgruppe von 12 bis 18<br />
Jahren. Eltern, Lehrer, <strong>Drogen</strong>berater,<br />
Sozialarbeiter, Jugendrichter und Bewährungshelfer<br />
verzweifeln oft auf der<br />
Suche nach e<strong>in</strong>er passenden E<strong>in</strong>richtung<br />
für das drogenkranke K<strong>in</strong>d.<br />
Obwohl über 80.000 K<strong>in</strong>der von illegalen<br />
<strong>Drogen</strong> abhängig s<strong>in</strong>d, war es bisher<br />
schwierig zu erfahren, welche<br />
E<strong>in</strong>richtungen e<strong>in</strong> Angebot für diese<br />
Altersgruppe haben.<br />
1999 wurde erstmals e<strong>in</strong>e Übersicht<br />
mit Adressen und geeigneten zusätzlichen<br />
Angaben erstellt, aus der<br />
ersichtlich ist, <strong>in</strong> welchem Bundesland<br />
es welche E<strong>in</strong>richtungen gibt, die unter<br />
18-jährige K<strong>in</strong>der und Jugendliche<br />
aufnehmen. In dieser Übersicht bef<strong>in</strong>den<br />
sich über 80 Adressen. Dazu gibt<br />
es Adressen und Angaben über vorhandene<br />
Plätze.<br />
Diese Übersicht kann angefordert werden<br />
bei: Wilfried Schneider, Starweg<br />
44, D-22926 Ahrensburg. Bitte e<strong>in</strong>en<br />
mit DM 3,-(1,53 Euro) frankierten und<br />
an Sie beschrifteten Umschlag an die<br />
angegebene Adresse senden. Legen Sie<br />
DM 8,-4,09 Euro) <strong>in</strong> Briefmarken oder<br />
e<strong>in</strong>en Verrechnungsscheck als Schutzgebühr<br />
bei.<br />
Hilfe für drogengefährdete<br />
Jugendliche kommt meist<br />
zu spät<br />
E<strong>in</strong> Forschungsteam der Universität<br />
Bielefeld fordert bessere Koord<strong>in</strong>ation<br />
von Familien-, Jugend- und <strong>Drogen</strong>hilfe<br />
mit der ärztlichen Versorgung.<br />
E<strong>in</strong> Team unter der Leitung von Prof.<br />
Dr. Hurrelmann befragte 165 stark<br />
suchtgefährdete Jugendliche an verschiedenen<br />
Szene-Orten <strong>in</strong> Köln,<br />
Dortmund und Bielefeld.<br />
Die befragten Jugendlichen zwischen<br />
12 und 18 Jahren glauben, über genügend<br />
Kenntnisse für e<strong>in</strong>en kontrollierten<br />
Umgang mit <strong>Drogen</strong> zu verfügen.<br />
Niemand nahm e<strong>in</strong>e <strong>Drogen</strong>beratungsstelle<br />
<strong>in</strong> Anspruch. Etwa 65 Prozent<br />
der suchtgefährdeten Jugendlichen<br />
bevorzugten bei <strong>Drogen</strong>problemen<br />
Ratschläge und Hilfe e<strong>in</strong>es Freundes<br />
oder e<strong>in</strong>er Freund<strong>in</strong>. Professionelle<br />
Helfer<strong>in</strong>nen oder Helfer werden gemieden,<br />
aber immerh<strong>in</strong> 20 Prozent konsultierten<br />
e<strong>in</strong>en Arzt.<br />
Diese Verhaltensweise zeigt, dass jugendliche<br />
<strong>Drogen</strong>konsumenten e<strong>in</strong>e<br />
enge Vertrauensbasis benötigen, um<br />
über ihre <strong>Drogen</strong>probleme reden zu<br />
können. Es wäre nötig, Ärzt<strong>in</strong>nen und<br />
Ärzte stärker als bisher <strong>in</strong> die Beratung<br />
e<strong>in</strong>zubeziehen. Prof. Hurrelmann und<br />
se<strong>in</strong> Team fordern e<strong>in</strong>e Kooperation<br />
von Schule, Gesundheitsamt, Kassenärztlicher<br />
Vere<strong>in</strong>igung, Jugendhilfe<br />
und Polizei. Durch frühzeitiges E<strong>in</strong>greifen<br />
kann bei suchtgefährdeten<br />
Jugendlichen die Entwicklung zu<br />
manifester Abhängigkeit unterbrochen<br />
werden. Am besten wäre es, wenn <strong>in</strong><br />
Schulen und Jugendfreizeite<strong>in</strong>rich–<br />
tungen regelmäßig Ärzte und Jugendfachleute<br />
Beratungen abhalten würden.<br />
Kooperation <strong>in</strong> der Suchtkrankenhilfe<br />
- Ärzte müsssen<br />
stärker <strong>in</strong> die Verantwortung<br />
Braunschweig (DHS) - Bei der Fachkonferenz<br />
»Sucht und Mediz<strong>in</strong>«, die im<br />
November 2001 stattfand, wurden die<br />
Ärzte aufgefordert, ihre Verantwortung<br />
bei der Behandlung Abhängiger stärker<br />
wahrzunehmen, als sie es bisher getan<br />
haben. Seit den 70er Jahren hat sich <strong>in</strong><br />
Deutschland e<strong>in</strong>e Tradition der<br />
psychosozialen Behandlung der Sucht<br />
entwickelt. Sucht gilt <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie als<br />
jugendtypisches Kultur- und Konsumverhalten.<br />
Deshalb stehen Vertreter<br />
dieser Richtung der kl<strong>in</strong>isch-psychiatrischen<br />
Behandlung der Sucht kritisch<br />
oder sogar ablehnend gegenüber.<br />
In ihrer Eröffnungsrede bekräftigte die<br />
<strong>Drogen</strong>beauftrage der Bundesregierung<br />
Marion Caspers-Merk die Kooperation<br />
zwischen den verschiedenen Bereichen<br />
der Suchtkrankenhilfe. »Voraussetzung<br />
für e<strong>in</strong>e gute Zusammenarbeit ist<br />
gegenseitiges Verständnis und<br />
Tolerierung verschiedener Methoden<br />
und Arbeitsansätze«, betonte sie. »Mir<br />
sche<strong>in</strong>t aber vielerorts leider das<br />
Gegenteil der Fall zu se<strong>in</strong>. Dabei hat<br />
die vorhandene gegenseitige Skepsis<br />
sicher vielfältige Ursachen. Es geht um<br />
Konkurrenzen, E<strong>in</strong>fluss und Macht <strong>in</strong><br />
der Zusammenarbeit zwischen Mediz<strong>in</strong>ern,<br />
Psychologen und Sozialarbeitern.«<br />
450 Personen aus der Suchtkrankenhilfe<br />
nahmen an der Konferenz<br />
teil. Nur 12% der Tagungsteilnehmer<br />
waren Ärzte.<br />
Dreigestuftes Ausbildungsprogramm<br />
ab 2002 - e<strong>in</strong>malig<br />
im deutschsprachigen<br />
Raum<br />
Die Fakultät für Gesundheitswissenschaften<br />
der Universität Bielefeld hat<br />
e<strong>in</strong>en neuen Studiengang für Abiturienten<br />
e<strong>in</strong>geführt, der nach drei Jahren<br />
mit e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>ternational anerkannten<br />
Bachelor-Abschluss endet. Die Ausbildung<br />
vermittelt e<strong>in</strong>e Qualifikation <strong>in</strong><br />
fünf Bereichen, die e<strong>in</strong>en Bezug zu<br />
modernen Strategien der Kommunikation,<br />
des Managements und der<br />
Datenverarbeitung haben. »Das Ausbildungsprogramm<br />
der Fakultät ist damit<br />
komplett«, so die neu gewählte Dekan<strong>in</strong><br />
Professor Dr. Maria Blettner und<br />
der für die Studiengangentwicklung<br />
zuständige Vorsitzende der Lehr- und<br />
Prüfungskommission Professor Dr.<br />
Klaus Hurrelmann. »Wir s<strong>in</strong>d damit die<br />
erste Ausbildungse<strong>in</strong>richtung im deutsch–<br />
en Sprachraum, die e<strong>in</strong> dreigestuftes<br />
Programm für die Gesundheitswissenschaften<br />
anbietet. Auch <strong>in</strong>nerhalb der<br />
Universität Bielefeld gehören wir zu den<br />
ersten Fakultäten, die dieses europaund<br />
weltweit geltende Ausbildungskonzept<br />
umsetzen.«<br />
Der bisherige Aufbau-Studiengang<br />
wurde <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Studiengang mit dem <strong>in</strong>ternational<br />
üblichen Abschluss Master<br />
of Public Health umgewandelt. E<strong>in</strong>e<br />
Möglichkeit zur Promotion und zum Erwerb<br />
des Titels »Doctor of Public Health«<br />
existiert seit fünf Jahren, ebenfalls e<strong>in</strong><br />
Fernstudiengang für berufstätige Fachleute<br />
<strong>in</strong> den Gesundheitsberufen.<br />
Wettbewerb: Vorbildliche<br />
Strategien der kommunalen<br />
Suchtprävention<br />
Berl<strong>in</strong> (BzgA) - Am 8. Oktober wurde<br />
der »kommunale Wettbewerb zur<br />
Suchtprävention« gestartet. Bis Ende<br />
des Jahres 2001 hatten sich 120 Städte,<br />
Kreise und Geme<strong>in</strong>den beworben,<br />
angemeldet oder sie hatten angefragt.<br />
Von den e<strong>in</strong>gegangenen Projekten<br />
(Anmeldeschluss war der 14. Januar<br />
2002) werden sechs Wettbewerbsbeiträge<br />
ausgezeichnet. Die Bundeszentrale<br />
für gesundheitliche Aufklärung<br />
stellt das Preisgeld <strong>in</strong> Höhe von 51.130<br />
Euro zur Verfügung. Die Preisgelder<br />
müssen der suchtpräventiven K<strong>in</strong>derund<br />
Jugendarbeit vor Ort zugute<br />
kommen. Die Preisträger werden ihre<br />
kommunalen Strategien im Rahmen<br />
e<strong>in</strong>er Abschlussveranstaltung im<br />
Umfeld des Weltdrogentages Ende<br />
2002 vorstellen.<br />
HIV-Prävention im Bereich<br />
männlicher Prostitution<br />
schwierig<br />
Essen - In der Region Rhe<strong>in</strong>/Ruhr verdienen<br />
etwa 1400 Jungen und Männer<br />
als Stricher ihr Geld.<br />
E<strong>in</strong>e wirkungsvolle HIV-Prävention, gekoppelt<br />
an e<strong>in</strong>e umfassende Gesundheitsvorsorge,<br />
scheitert oft an Kontaktmöglichkeiten.<br />
E<strong>in</strong>e neue Studie befasst<br />
sich mit dem Problem der Kontaktmöglichkeiten<br />
und der Hilfsangebote.<br />
»Stricher« - e<strong>in</strong> lange tabuisiertes<br />
Thema wurde aufgegriffen.<br />
Neues Merkblatt für<br />
Arztpraxen<br />
Hamm (DHS) -Um es dem Arzt zu<br />
ermöglichen, frühzeitig auf Patienten<br />
mit e<strong>in</strong>em übermäßigen bzw. abhängigen<br />
Alkoholkonsum zu reagieren, ist<br />
e<strong>in</strong> »Kurzleitfaden für Arztpraxen« entwickelt<br />
worden. Es wird davon ausgegangen,<br />
dass 70 bis 80% aller<br />
Menschen mit Alkoholproblemen m<strong>in</strong>destens<br />
e<strong>in</strong>mal im Jahr ihren niedergelassenen<br />
Arzt besuchen. Dieser Kontakt<br />
soll vom Arzt genutzt werden, um<br />
schädlichen und abhängigen Konsum -<br />
vielfach Ursache der Behandlungen<br />
von Symptomen - anzusprechen und<br />
Interventionen e<strong>in</strong>zuleiten. Im Gespräch<br />
soll die Änderungsbereitschaft<br />
des Patienten ermittelt werden.<br />
Wichtig ist zukünftig, dass die Kompetenz,<br />
die Ärzten <strong>in</strong> der gesundheitlichen<br />
Vorsorge zugesprochen wird,<br />
auch bei schädlichem oder abhängigem<br />
Konsum von Suchtmitteln, dazu<br />
genutzt wird, Veränderungsbereitschaft<br />
zu wecken. Im Merkblatt der<br />
DHS werden konkrete H<strong>in</strong>weise zur<br />
entsprechenden Gesprächsführung gegeben.<br />
Der Arzt soll durch e<strong>in</strong>en stabilen<br />
Kontakt Änderungsprozesse der<br />
Patienten vorantreiben und begleiten.<br />
Das Merkblatt der DHS hilft Ärzten bei der<br />
Gesprächsführung mit den Patienten<br />
SuchtReport 1/2002<br />
SuchtReport 1/2002
48 Meldungen und Berichte<br />
Meldungen und Berichte<br />
49<br />
Medienpreis der<br />
KOALITION GEGEN DAS<br />
RAUCHEN<br />
Braunschweig/Hamm - Die KOALITION<br />
GEGEN DAS RAUCHEN honoriert mit<br />
der Vergabe des Medienpreises 2001<br />
das Engagement der Stern-Redakteure<br />
Jürgen Ste<strong>in</strong>hoff und Thomas Osterkorn,<br />
die sich trotz der zu erwartenden<br />
wirtschaftlichen Nachteile für den<br />
»Stern«, bezogen auf die Anzeigenschaltung<br />
durch die Tabak<strong>in</strong>dustrie, <strong>in</strong><br />
ungewöhnlicher Weise mit der Tabakabhängigkeit<br />
ause<strong>in</strong>ander gesetzt<br />
haben.<br />
»Die legalen Dealer und die Droge<br />
Nikot<strong>in</strong>« - so betitelte Thomas Osterkorn<br />
e<strong>in</strong> Editorial zum Thema Tabakabhängigkeit.<br />
Anders als die Konsumenten<br />
illegaler <strong>Drogen</strong> aber, so Osterkorn,<br />
haben die Nikot<strong>in</strong>-Süchtigen e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>flussreiche<br />
Lobby: die Zigaretten<strong>in</strong>dustrie.<br />
Osterkorn bezeichnete diese als<br />
Dealer und wies darauf h<strong>in</strong>, dass der<br />
Staat an dem »Deal« auch noch verdient<br />
- 23 Millionen Mark Tabaksteuern.<br />
Jürgen Ste<strong>in</strong>hoff veröffentlichte se<strong>in</strong><br />
persönliches Ausstiegstagebuch aus<br />
der Nikot<strong>in</strong>abhängigkeit im Internet.<br />
E<strong>in</strong> Jahr später, im April 2001, zog er<br />
Bilanz: »Nichtraucher endlich!« heißt<br />
se<strong>in</strong> Artikel, <strong>in</strong> dem er se<strong>in</strong>e Selbstbeobachtungen<br />
als »neuer Nichtraucher«<br />
festhält.<br />
Christ<strong>in</strong>a Rau - Ehrenmitglied<br />
des FABA e.V.<br />
Wolfratshausen (FABA e.V.) - Seit Oktober<br />
2001 ist Christ<strong>in</strong>a Rau, Ehefrau des<br />
Bundespräsidenten, Ehrenmitglied des<br />
Fördervere<strong>in</strong>s zur Aufklärung und Beratung<br />
von Alkoholkranken und Mitbetroffenen.<br />
Der Fördervere<strong>in</strong> hat <strong>in</strong> den<br />
letzten 6 Jahren etwa 2500 Alkoholkranke<br />
und Angehörige »rund um die<br />
Uhr« beraten, aufgeklärt und betreut.<br />
Case Manager -<br />
Modellprogramm beendet<br />
Berl<strong>in</strong> (BMG) - Das Bundesm<strong>in</strong>isterium<br />
für Gesundheit legt den Bericht über<br />
das beendete Modellprogramm »Case<br />
Management <strong>in</strong> der Suchtkranken-und<br />
<strong>Drogen</strong>hilfe« vor. Das Modellprogramm<br />
soll die Effektivität der Versorgung<br />
von Süchtigen erhöhen. Hierzu<br />
wurden Stellen für Case-Manager<br />
geschaffen, die besonders chronisch<br />
mehrfach bee<strong>in</strong>trächtigten Abhängigen<br />
Hilfestellung geben. Sie arbeiten <strong>in</strong><br />
Sucht- und <strong>Drogen</strong>beratungsstellen<br />
Christ<strong>in</strong>a Rau ist nun Ehrenmitglied von<br />
FABA e.V. © Foto: dpa/Hirschberger<br />
und <strong>in</strong> niedrigschwelligen Angeboten<br />
freigeme<strong>in</strong>nütziger Träger. In der<br />
Modelllaufzeit wurde zu mehr als 3000<br />
Süchtigen Kontakt hergestellt, von<br />
denen mehr als die Hälfte im Rahmen<br />
von Case Management <strong>in</strong>tensiv betreut<br />
wurden, darunter Menschen, die noch<br />
nie suchtspezifische Hilfe genutzt<br />
haben. Nach Modellende wurde das<br />
Verfahren des Case Managements <strong>in</strong><br />
Berl<strong>in</strong>, Bremen, Kassel, Bochum,<br />
Lörrach und Heilbronn übernommen.<br />
Erschreckende Entwicklung<br />
- K<strong>in</strong>der mit ADHS werden<br />
mit Rital<strong>in</strong> zugeschüttet.<br />
auf das 13,6-fache gestiegen. Innerhalb<br />
der letzten 2 Jahre hat sich der<br />
Verbrauch verdoppelt. 1999 waren es<br />
260 kg und im Jahr 2000 463 kg und<br />
im Jahr 2001 wird sich der Verbrauch<br />
gegenüber dem Vorjahr noch e<strong>in</strong>mal<br />
verdoppeln.«<br />
Mögliche Ursachen s<strong>in</strong>d: E<strong>in</strong> großer<br />
Teil der Methylphenidat-Verordnungen<br />
wird nicht von K<strong>in</strong>derärzten oder<br />
K<strong>in</strong>derpsychiatern vorgenommen, sondern<br />
vor allem von Hausärzten, aber<br />
auch von Laborärzten, HNO-Ärzten,<br />
Frauenärzten, Radiologen und sogar<br />
von Zahnärzten.<br />
Laut e<strong>in</strong>er Fernsehsendung, die vor e<strong>in</strong>iger<br />
Zeit <strong>in</strong> der ARD gelaufen ist, hat<br />
e<strong>in</strong>e Ärzt<strong>in</strong> erklärt, dass sie für die<br />
Diagnose von ADHS lediglich ca. 3<br />
M<strong>in</strong>uten benötige. Schulleiter berichten<br />
davon, dass das Mittel auf Schulhöfen<br />
verkauft wird und e<strong>in</strong>e gewisse<br />
Hilflosigkeit da sei, was die pädagogische<br />
E<strong>in</strong>schätzung der Risiken angeht.<br />
Welt-Aids-Tag -<br />
Präventionsmaßnahmen im<br />
Strafvollzug akzeptieren<br />
Berl<strong>in</strong> (BMG) - Zum Welt-Aids-Tag am<br />
1. Dezember 2001 sprach sich die<br />
<strong>Drogen</strong>beauftragte der Bundesregie–<br />
rung Marion Caspers Merk dafür aus,<br />
Maßnahmen zur Prävention von HIV<br />
und Hepatitis<strong>in</strong>fektionen, die sich<br />
außerhalb des Strafvollzugs längst als<br />
effektiv erwiesen haben, auch endlich<br />
im Strafvollzug zu akzeptieren. Es<br />
wäre das Recht der Inhaftierten, den<br />
gleichen Gesundheitsschutz zu erhalten<br />
wie außerhalb der Haftanstalten. Es<br />
mache ke<strong>in</strong>en S<strong>in</strong>n, nach wie vor die<br />
Augen davor zu verschließen, dass<br />
<strong>Drogen</strong> auch <strong>in</strong> Gefängnissen konsumiert<br />
werden.<br />
Morphiumsucht: Arzt<br />
wegen Betruges verurteilt<br />
Berl<strong>in</strong> (dpa) - E<strong>in</strong> nach e<strong>in</strong>em schweren<br />
Unfall morphiumsüchtig gewordener<br />
Arzt ist vor dem Berl<strong>in</strong>er Landgericht<br />
wegen Betruges und Steuerh<strong>in</strong>terzie–<br />
hung zu zwei Jahren Haft auf Bewährung<br />
sowie 18.000 Mark Geldstrafe (360<br />
Tagessätze zu je 50 Mark) verurteilt<br />
worden. Der geständige Mediz<strong>in</strong>er hatte<br />
1995 bis zu 98 Morphium-Rezepte über<br />
Namen von Patienten abgerechnet, die<br />
<strong>Drogen</strong> aber für sich selbst gebraucht.<br />
1988 hatte der Arzt bei e<strong>in</strong>em Unfall<br />
komplizierte Be<strong>in</strong>brüche erlitten, die <strong>in</strong><br />
der Folge zu starken Schmerzen führten.<br />
Auf den Rat e<strong>in</strong>es Freundes h<strong>in</strong><br />
begann er, sich Morphium zu spritzen.<br />
Se<strong>in</strong> täglicher Bedarf steigerte sich bis<br />
zu 30 Ampullen täglich. Im März 1999<br />
wurde se<strong>in</strong>e Praxis geschlossen. Se<strong>in</strong>e<br />
Kassenzulassung hat der Arzt zurück–<br />
gegeben. Inzwischen hat der durch<br />
die Straftaten mit rund e<strong>in</strong>er Million<br />
Mark verschuldete Mann eigenen<br />
Angaben zufolge die Sucht bekämpft.<br />
Er habe e<strong>in</strong>e Therapie gemacht und<br />
nehme ke<strong>in</strong>erlei Medikamente mehr,<br />
sagte er vor Gericht. Se<strong>in</strong>e Frau f<strong>in</strong>anziere<br />
die Familie, er kümmere sich um<br />
den Haushalt und se<strong>in</strong>e beiden schulpflichtigen<br />
Söhne. In e<strong>in</strong>em ersten<br />
Prozess war der Angeklagte bereits zu<br />
der Bewährungsstrafe verurteilt worden.<br />
Der Bundesgerichtshof hatte das<br />
Urteil aufgehoben, weil die Richter <strong>in</strong><br />
ihrem Schuldspruch im Jahr 1999 auch<br />
für das Steuerdelikt e<strong>in</strong>e verm<strong>in</strong>derte<br />
Schuldfähigkeit auf Grund der Sucht<br />
angenommen hatten. Die zusätzliche<br />
Geldstrafe sei der Ausgleich für e<strong>in</strong><br />
weiteres Jahr Haft, sagte der Ankläger.<br />
Jeder Vierte e<strong>in</strong>mal im<br />
Leben psychisch krank<br />
München (dpa) - Nach E<strong>in</strong>schätzung<br />
der bayerischen Sozialm<strong>in</strong>ister<strong>in</strong><br />
Christa Stewens (CSU) leidet jeder vierte<br />
Mensch m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>mal im Leben<br />
an e<strong>in</strong>er psychischen Erkrankung. Die<br />
Diskrim<strong>in</strong>ierung von psychisch Kranken<br />
müsse endlich der Vergangenheit<br />
angehören, forderte die M<strong>in</strong>ister<strong>in</strong> <strong>in</strong><br />
München anlässlich des Internationalen<br />
Tages der seelischen Gesundheit.<br />
Nach Angaben des Sozialm<strong>in</strong>isteriums<br />
können sich psychisch Kranke im<br />
Freistaat <strong>in</strong> 46 dezentralen E<strong>in</strong>rich–<br />
tungen behandeln lassen. Seit 1991<br />
stünden auch 28 Tageskl<strong>in</strong>iken mit 655<br />
Plätzen zur Verfügung.<br />
Dr. Mart<strong>in</strong>a Pötschke-Langer (Dt. Krebsforschungszentrum) gratuliert Stern-Redakteur Jürgen<br />
Ste<strong>in</strong>hoff (Mitte) zum Gew<strong>in</strong>n des Medienpreises © Foto: stern/Anders<br />
Berl<strong>in</strong> (BMG) - Auf E<strong>in</strong>ladung der<br />
<strong>Drogen</strong>beauftragten der Bundesregierung<br />
fand <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> im Oktober 2001 e<strong>in</strong><br />
Expertengespräch zum E<strong>in</strong>satz von<br />
Methylphenidat (Rital<strong>in</strong>) bei K<strong>in</strong>dern<br />
mit dem »Aufmerksamkeitsdefizit und<br />
Hyperaktivitätssyndrom« (ADHS) statt.<br />
Im Anschluss an das Expertentreffen<br />
erklärte Marion Caspers-Merk:<br />
»Als <strong>Drogen</strong>beauftragte kann ich die<br />
Augen vor der problematischen Entwicklung<br />
nicht verschließen. Der Verbrauch<br />
von Methylphenidat ist von<br />
1993 bis 2000 laut Bundesopiumstelle<br />
Bundesdrogenbeauftragte Marion Caspers-Merk (2. v. r.) mit Ihren europäischen Amtskollegen<br />
beim Welt-Aids-Tag<br />
Rauchen und Stress am<br />
gefährlichsten für<br />
Gesundheit<br />
Hamburg (dpa) - Das Rauchen und der<br />
Stress im Job gilt unter den Deutschen<br />
als größter Gesundheitskiller. Vor allem<br />
Männer schätzen diese Faktoren als<br />
höchstes Risiko für ihre Gesundheit<br />
e<strong>in</strong>, heißt es <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er repräsentativen<br />
Umfrage der <strong>in</strong> Hamburg ersche<strong>in</strong>enden<br />
Zeitschrift »Fit for Fun«. Frauen<br />
SuchtReport 1/2002<br />
SuchtReport 1/2002
50 Meldungen und Berichte<br />
Meldungen und Berichte<br />
51<br />
dagegen glauben, dass ungesunde<br />
Ernährung (19 Prozent) und Umweltprobleme<br />
(18 Prozent) ihnen besonders<br />
schaden. Kaum e<strong>in</strong> Thema sowohl für<br />
Frauen als auch für Männer ist laut<br />
Umfrage dagegen der Alkohol. Ihn<br />
schätzen nur 6 beziehungsweise 8 Prozent<br />
der Befragten als Gefahr Nummer<br />
e<strong>in</strong>s e<strong>in</strong>. Ebenfalls kaum ausschlaggebend<br />
seien Stress <strong>in</strong> der Partnerschaft<br />
sowie Geldmangel. Ganz abgeschlagen<br />
auf der Risikoliste stehen mit jeweils<br />
drei Prozent der Mangel an Freizeit<br />
und der hohe Erfolgsdruck. Im Rahmen<br />
der Forsa-Umfrage im Auftrag der<br />
Zeitschrift wurden 1003 Frauen und<br />
Männer befragt.<br />
Schwierige Sucht-<br />
Therapie: Frauen verdrängen<br />
oft die Probleme<br />
Schwe<strong>in</strong>furt (dpa) - Rund 1,4 Millionen<br />
Frauen <strong>in</strong> Deutschland s<strong>in</strong>d nach<br />
E<strong>in</strong>schätzung der Deutschen Hauptstelle<br />
gegen die Suchtgefahren e.V.<br />
alkohol- und medikamentenabhängig.<br />
Die meisten der betroffenen Frauen<br />
seien sich ihrer Suchtprobleme aber<br />
nicht bewusst oder verdrängten sie,<br />
berichtete die Suchtexpert<strong>in</strong> Claudia<br />
Sußmann bei e<strong>in</strong>er Tagung zum Thema<br />
»Frauen und Sucht« <strong>in</strong> Schwe<strong>in</strong>furt<br />
(Bayern). Die Betroffenen nähmen<br />
daher kaum professionelle Hilfe <strong>in</strong><br />
Anspruch, sagte Sußmann, die beim<br />
Frauentherapiezentrum München beschäftigt<br />
ist. So bemühten sich viele<br />
der Betroffenen, trotz ihrer Abhängigkeit<br />
e<strong>in</strong> normales Leben zu führen und<br />
um ke<strong>in</strong>en Preis aufzufallen. Entsprechend<br />
litten sie auch häufig unter<br />
verdeckten Abhängigkeiten wie<br />
Tablettensucht und Essstörungen. Häufig<br />
liege die Ursache der Suchtleiden<br />
bei Frauen <strong>in</strong> ihrer Lebenssituation<br />
begründet, erklärte Sußmann. E<strong>in</strong><br />
besonders großes Risiko hätten beispielsweise<br />
nichtberufstätige Mütter,<br />
die zunehmend vere<strong>in</strong>samten und<br />
unter Depressionen litten. Aber auch<br />
Probleme <strong>in</strong> der Partnerschaft seien<br />
häufig der Auslöser für e<strong>in</strong>e Tablettenoder<br />
Alkoholabhängigkeit.<br />
Fonds für DDR-Dop<strong>in</strong>g-<br />
Opfer e<strong>in</strong>gerichtet<br />
ARD-Sportschau - Der Haushaltsausschuss<br />
des Deutschen Bundestages hat<br />
e<strong>in</strong>s der heißesten Eisen der deutschen<br />
Sportpolitik angepackt. Die Dop<strong>in</strong>g-<br />
Opfer des DDR-Sports können nach<br />
jahrelangem Kampf um Wiedergutmachung<br />
endlich mit f<strong>in</strong>anzieller<br />
Entschädigung rechnen. Die Haushaltspolitiker<br />
haben der Errichtung<br />
e<strong>in</strong>es Fonds für Dop<strong>in</strong>gopfer zugestimmt<br />
und knapp vier Millionen Mark<br />
<strong>in</strong> den Jahresetat 2002 e<strong>in</strong>gestellt.<br />
»Der Bund leistet damit als Erster e<strong>in</strong>en<br />
entscheidenden f<strong>in</strong>anziellen Beitrag zur<br />
Lösung des von früheren Bundesregierungen<br />
nicht angepackten Problems«,<br />
erklärte die sportpolitische<br />
Sprecher<strong>in</strong> der SPD-Fraktion, Dagmar<br />
Freitag. Nach Auffassung des Sprechers<br />
der CDU/CSU-Fraktion Klaus Riegert<br />
s<strong>in</strong>d nun der Deutsche Sportbund (DSB)<br />
und das Nationale Olympische Komitee<br />
für Deutschland (NOK) gefordert, ihre<br />
Form der Beteiligung zu prüfen. Auch<br />
e<strong>in</strong> Beitrag der Pharma<strong>in</strong>dustrie sei<br />
wünschenswert, erklärte der CDU-<br />
Politiker.<br />
Berauschende Mediz<strong>in</strong>:<br />
Cannabis-Inhaltsstoff im<br />
Test<br />
Berl<strong>in</strong> (dpa) - Ärzte sehen immer mehr<br />
Anwendungsmöglichkeiten für den<br />
Cannabis-Inhaltsstoff Dronab<strong>in</strong>ol.<br />
An der Berl<strong>in</strong>er Charité läuft e<strong>in</strong>e Studie<br />
zur Verbesserung des Appetits Krebskranker<br />
mit Hilfe von Cannabis-Kapseln.<br />
E<strong>in</strong>e weitere hat im November begonnnen<br />
und soll feststellen, ob niedrig<br />
dosierte Cannabis-Extrakte gegen starke<br />
Schmerzen nach e<strong>in</strong>er Gürtelrose<br />
helfen können. Dronab<strong>in</strong>ol ist unter<br />
dem Namen Mar<strong>in</strong>ol <strong>in</strong> den USA zugelassen.<br />
Es handelt sich dabei um <strong>in</strong><br />
Sesamöl gelöstes und <strong>in</strong> Kapseln verpacktes<br />
Delta-9-Tetrahydrocannab<strong>in</strong>ol<br />
E<strong>in</strong> Mitarbeiter von THC Pharm mit gegorenem<br />
Cannabissirup © Foto: dpa/May<br />
(d-9-THC), den Hauptwirkstoff des<br />
<strong>in</strong>dischen Hanfes. Bei der heute 47-<br />
jährigen Ute Köhler wurde 1985 Unterleibkrebs<br />
festgestellt und operiert. Sie<br />
hatte 14 Jahre lang Schmerzen.<br />
Auf dem <strong>in</strong>ternationalen Kongress<br />
»Cannabis und Cannab<strong>in</strong>oide als<br />
Mediz<strong>in</strong>« <strong>in</strong> der Charité berichtete sie:<br />
»Opiate konnte ich wegen allergischer<br />
Reaktionen nicht nehmen. Als ich <strong>in</strong> der<br />
Charité Cannabis-Kapseln bekam, stellte<br />
sich der Erfolg sofort e<strong>in</strong>.« Nebenwirkungen<br />
wie leichter Schw<strong>in</strong>del,<br />
leichte Müdigkeit und auch leicht gehobene<br />
Stimmung »verschläft sie e<strong>in</strong>fach«,<br />
da sie die Kapseln am Abend e<strong>in</strong>nimmt.<br />
Gernot Ernst, Leiter der Charité-Arbeitsgruppe<br />
Schmerzforschung, hob den<br />
günstigen Effekt bei Dosen hervor, die<br />
unterhalb der Cannabis-Rauschschwelle<br />
liegen. Die kl<strong>in</strong>ische Erprobung von<br />
Dronab<strong>in</strong>ol bei Gürtelrose sei se<strong>in</strong>es<br />
Wissens die erste derartige Studie weltweit.<br />
Krebspatienten im fortgeschrittenen<br />
Stadium bevorzugen zur Bekämpfung<br />
von Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust<br />
und Brechreiz eher den Extrakt<br />
aus der ganzen Pflanze, sagte Mart<strong>in</strong><br />
Schnelle, Vorstandsmitglied der International<br />
Association for Cannabis as<br />
Medic<strong>in</strong>e ICAM (Köln). E<strong>in</strong>e Vergleichs-<br />
studie zwischen Dronab<strong>in</strong>ol und Extrakt<br />
bei dieser Patientengruppe laufe derzeit<br />
an mehreren Kl<strong>in</strong>iken.<br />
Krankenkassen verweigern die Kostenübernahme<br />
mit dem H<strong>in</strong>weis, bei<br />
Dronab<strong>in</strong>ol handele es sich um ke<strong>in</strong>e<br />
arzneimittelrechtlich zugelassene Substanz,<br />
sagte Schnelle. Der Wirkstoff sei<br />
allerd<strong>in</strong>gs »verschreibungsfähig«, werde<br />
derzeit aber nur von e<strong>in</strong>er Frankfurter<br />
Firma (THC Pharm GmbH) hergestellt<br />
und müsse vom Apotheker zu Kapseln<br />
gedreht werden.<br />
Recht auf qualmfreien<br />
Arbeitsplatz<br />
Frankfurt - Wer ke<strong>in</strong>en Zigarettenrauch<br />
am Arbeitsplatz ertragen will,<br />
darf nach e<strong>in</strong>em Bericht des »Handelsblatt«<br />
<strong>in</strong> se<strong>in</strong>er beruflichen Entwicklung<br />
trotzdem nicht benachteiligt<br />
werden. Das hat das Arbeitsgericht<br />
Frankfurt am Ma<strong>in</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em kürzlich<br />
bekannt gewordenen Beschluss festgestellt.<br />
Die Richter wiesen damit die<br />
Klage e<strong>in</strong>es Versicherungsunternehmens<br />
zurück, das e<strong>in</strong>e Angestellte<br />
zurückversetzen wollte an ihren ehemaligen<br />
- rauchfreien - Arbeitsplatz.<br />
Der Betriebsrat hatte bereits se<strong>in</strong>e Zustimmung<br />
zu der beruflichen Rückentwicklung<br />
verweigert. Die Firma wollte<br />
die Versetzung jedoch gerichtlich<br />
durchsetzen. Laut Gerichtsbeschluss ist<br />
das Unternehmen schon auf Grund se<strong>in</strong>er<br />
Fürsorgepflicht angehalten, die<br />
Arbeitnehmer<strong>in</strong> an e<strong>in</strong>em rauchfreien<br />
Arbeitsplatz zu beschäftigen. Es dürfe<br />
dabei aber nicht e<strong>in</strong>e Versetzung wieder<br />
rückgängig machen, die der<br />
Förderung der beruflichen Entwicklung<br />
der Arbeitnehmer<strong>in</strong> gedient hatte.<br />
Potenz vom Staat: Beamter<br />
erhält Beihilfe für Viagra<br />
Neustadt (dpa) - Zur Behandlung e<strong>in</strong>er<br />
krankheitsbed<strong>in</strong>gten Erektionsstörung<br />
muss das Land Rhe<strong>in</strong>land-Pfalz e<strong>in</strong>em<br />
Beamten Beihilfe für das Potenzmittel<br />
E<strong>in</strong>e Packung des Potenzmittels Viagra. Die Erektionshilfe ist <strong>in</strong><br />
der Ärzteschaft sehr umstritten<br />
© Foto: dpa/Darrault<br />
Viagra zahlen. Es gehe dabei nicht um<br />
die Steigerung e<strong>in</strong>er vorhandenen sexuellen<br />
Potenz, sondern um die Wiederherstellung<br />
e<strong>in</strong>er »normalen Körperfunktion«,<br />
begründeten die Richter des<br />
Verwaltungsgerichts Neustadt/We<strong>in</strong>straße<br />
das Urteil. In e<strong>in</strong>em ähnlich<br />
gelagerten Fall hatte das Verwaltungsgericht<br />
Koblenz im März 1999 noch<br />
gegenteilig entschieden. Das Gericht <strong>in</strong><br />
Neustadt gab der Klage e<strong>in</strong>es 62 Jahre<br />
alten Beamten statt. Der Kläger leidet<br />
seit der operativen Entfernung se<strong>in</strong>er<br />
Prostata an e<strong>in</strong>er so genannten erektilen<br />
Dysfunktion. Se<strong>in</strong> Arzt verordnete ihm<br />
deshalb Viagra. Das Land Rhe<strong>in</strong>land-<br />
Pfalz lehnte e<strong>in</strong>e Kostenbeteiligung<br />
unter H<strong>in</strong>weis auf e<strong>in</strong>e Verwaltungsvorschrift<br />
ab, nach der potenzsteigernde<br />
Mittel nicht beihilfefähig seien. Das<br />
Verwaltungsgericht ließ dies <strong>in</strong> diesem<br />
Fall nicht gelten. Nur weil gesunde<br />
Männer Viagra zur Potenzsteigerung<br />
e<strong>in</strong>nähmen, dürfe dem Kläger die<br />
Beihilfe für das ärztlich verordnete<br />
Mittel nicht verweigert werden.<br />
»Gesunde« Zigarette vorgestellt<br />
Wash<strong>in</strong>gton - US-Tabakkonzerne haben<br />
e<strong>in</strong>e neue, angeblich gesündere Zigarette<br />
vorgestellt. Der Glimmstängel soll genauso<br />
schmecken und abbrennen wie herkömmliche<br />
Zigaretten, aber wegen des<br />
reduzierten Anteils Krebs erregender Stoffe<br />
weniger gefährlich für die Gesundheit<br />
se<strong>in</strong>, wie die Konzerne<br />
Vector sowie Brown<br />
and Williamson mittteilten.<br />
Der Tabak <strong>in</strong><br />
»Omni«-Zigaretten<br />
von Vector sei katalytisch<br />
behandelt, zudem<br />
seien die Zigaretten<br />
mit e<strong>in</strong>em neuartigen<br />
Kohlenstofffilter<br />
versehen, sagte der<br />
Vector-Vorstandsvorsitzende<br />
Bennett Le-<br />
Bow. Zwar gebe es<br />
ke<strong>in</strong>e »sichere« Zigarette,<br />
für Raucher aber<br />
sei »Omni« die »beste<br />
Alternative. Allerd<strong>in</strong>gs seien für den<br />
Abbau an schädlichen Stoffen die<br />
Mengen anderer Zusätze erhöht worden,<br />
fügte »LeBow« h<strong>in</strong>zu. Brown and<br />
Williamson stellte unterdessen »Advance<br />
Lights« vor, die mit e<strong>in</strong>em Drei-<br />
Phasen-Filter und speziell behandeltem<br />
Tabak »gesünder« als die marktüblichen<br />
Produkte se<strong>in</strong> sollen. Die<br />
Amerikanische Krebs-Gesellschaft kritisierte,<br />
die Angaben von Vector seien<br />
nicht unabhängig nachprüfbar.<br />
Wundheilung nach OP:<br />
F<strong>in</strong>ger weg von Glimmstängeln<br />
München (dpa) - Rauchen verzögert<br />
Experten zufolge die Wundheilung<br />
nach plastischen Operationen. Raucher<br />
sollten zum<strong>in</strong>dest vier Wochen vor und<br />
nach e<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>griff die F<strong>in</strong>ger von<br />
Zigaretten lassen, berichtet die <strong>in</strong><br />
München ersche<strong>in</strong>ende Zeitung »Ärztliche<br />
Praxis«. Nikot<strong>in</strong>, Kohlenmonoxid<br />
und andere gesundheitsschädliche<br />
Substanzen im Tabak verr<strong>in</strong>gerten<br />
nicht nur die Heilungschancen, sondern<br />
könnten auch zu Komplikationen<br />
nach e<strong>in</strong>er Operation führen. E<strong>in</strong><br />
besonders hohes Risiko bestehe nach<br />
E<strong>in</strong>griffen, bei denen größere Schnitte<br />
<strong>in</strong> die Haut oder das Gewebe erforderlich<br />
seien, so die Zeitung weiter. Dies<br />
sei beispielsweise bei Rekonstruktionen<br />
der weiblichen Brust, bei der Straffung<br />
der Gesichtshaut und bei plastischen<br />
Operationen im Bauchbereich der Fall.<br />
SuchtReport 1/2002<br />
SuchtReport 1/2002
52 Meldungen und Berichte<br />
Meldungen und Berichte<br />
53<br />
Hippie-Pionier Ken Kesey<br />
ist tot<br />
München - Ken Kesey, Autor des<br />
Romans »E<strong>in</strong>er flog über das Kuckucksnest«<br />
und LSD- sowie Hippie-Pionier,<br />
ist tot. Der 66-jährige Amerikaner<br />
starb <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Krankenhaus <strong>in</strong> Eugene<br />
im US-Bundesstaat Oregon, <strong>in</strong> dem<br />
ihm vor e<strong>in</strong>igen Wochen 40 Prozent<br />
se<strong>in</strong>er Leber wegen e<strong>in</strong>es Tumors entfernt<br />
worden waren. 1962 feierte Kesey<br />
mit se<strong>in</strong>em Bestseller »E<strong>in</strong>er flog über<br />
das Kuckucksnest« e<strong>in</strong> sensationelles<br />
literarisches Debüt. Se<strong>in</strong>em Erfolgsroman<br />
lagen Erfahrungen se<strong>in</strong>er Arbeit<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Veteranenhospital zu Grunde.<br />
Das Buch wurde 1974 von Regisseur<br />
Milos Forman mit Jack Nicholson <strong>in</strong><br />
der Hauptrolle verfilmt und gewann<br />
vier Oscars. Kesey, der nach eigenen<br />
Angaben den Film nie gesehen hat,<br />
verklagte die Produzenten, weil sie<br />
se<strong>in</strong>e Hauptfigur, e<strong>in</strong>en schizophrenen<br />
Indianer, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Nebenrolle verwandelt<br />
hatten. Kesey ist der Gründer der<br />
Hippie-Kommune »Perry Lane«, er<br />
spielte mit den Grateful Dead und<br />
nahm an den ersten staatlichen LSD-<br />
Experimenten teil. Mit Freunden wie<br />
Tom Wolfe und Neal Cassidy g<strong>in</strong>g er<br />
unter dem Namen „Merry Pranksters“<br />
Portrait des Schriftsteller Ken Kesey Mitte der<br />
80er Jahre <strong>in</strong> den USA © Foto: Ullste<strong>in</strong>/Schorr<br />
1964 auf e<strong>in</strong>e legendäre <strong>Drogen</strong>-<br />
Hippie-Bustour quer durch die USA.<br />
Zeitweilig lebte er <strong>in</strong> Mexiko, um e<strong>in</strong>er<br />
Haftstrafe wegen illegalen <strong>Drogen</strong>besitzes<br />
<strong>in</strong> den USA zu entgehen.<br />
Später ließ er sich <strong>in</strong> Oregon nieder.<br />
Suchtmediz<strong>in</strong>er:<br />
»Gesellschaft lässt<br />
<strong>Drogen</strong>kranke hängen«<br />
Berl<strong>in</strong> (dpa) - Den schwierigen Zugang<br />
zu <strong>Drogen</strong>therapien hat der Vorsitzende<br />
der Deutschen Gesellschaft für<br />
Suchtmediz<strong>in</strong> (DGS), Ra<strong>in</strong>er Ullmann,<br />
kritisiert. Hero<strong>in</strong>abhängigen werde<br />
e<strong>in</strong>e Behandlung oftmals erschwert<br />
oder verweigert, sagte Ullmann auf<br />
e<strong>in</strong>em Kongress der Deutschen Gesellschaft<br />
für Suchtmediz<strong>in</strong>. Therapiewillige<br />
Suchtkranke würden bei der<br />
Suche nach Behandlungsmöglichkeiten<br />
monatelang von Krankenkassen, Rentenversicherern<br />
und Sozialamt »hängen<br />
gelassen«. Das Versorgungssystem<br />
für Suchtkranke <strong>in</strong> Deutschland sei auf<br />
Grund se<strong>in</strong>er Trennung nach Kostenträgern<br />
»völlig zerstückelt« und nicht<br />
auf Schadensm<strong>in</strong>derung für Suchtkranke<br />
und Gesellschaft ausgerichtet,<br />
sagte DGS-Vorstand Jörg Gölz. Obwohl<br />
e<strong>in</strong>er der Kostenträger die F<strong>in</strong>anzierung<br />
übernehmen müsse, seien sie nicht<br />
<strong>in</strong> der Lage, e<strong>in</strong>e Therapie schnell zu<br />
bewilligen. Die Behandlung der zurzeit<br />
etwa 120.000 Hero<strong>in</strong>süchtigen verursacht<br />
nach DGS-Angaben jährlich<br />
Kosten von rund 2,8 Milliarden Mark.<br />
Diese Kosten könnten gesenkt werden,<br />
wenn <strong>Drogen</strong>süchtige sofort ausreichend<br />
therapiert würden, sagte Gölz.<br />
Der Fehler im System liege <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
Herumreichen von Notaufnahme zu Not–-<br />
aufnahme. Voraussichtlich im Frühjahr<br />
werde e<strong>in</strong> bundesweiter Modellversuch<br />
starten, der kontrollierte Hero<strong>in</strong>abgabe<br />
und begleitende Therapien mite<strong>in</strong>ander<br />
verb<strong>in</strong>den soll, kündigten die Mediz<strong>in</strong>er<br />
an. An der Studie, die vom Bundesgesundheitsm<strong>in</strong>isterium<br />
und e<strong>in</strong>er Reihe<br />
von Bundesländern <strong>in</strong> Auftrag gegeben<br />
wurde, werden sich nach DGS-Angaben<br />
die Städte Bonn, Frankfurt am Ma<strong>in</strong>,<br />
Hamburg, Hannover, Karlsruhe, Köln<br />
und München beteiligen.<br />
Hero<strong>in</strong> gegen die<br />
Hero<strong>in</strong>sucht: Neue Wege<br />
<strong>in</strong> der Therapie<br />
Berl<strong>in</strong> - Hero<strong>in</strong> könnte Abhängigen<br />
besser helfen, aus der Sucht zu entfliehen,<br />
als die Ersatzdroge Methadon. »Wir<br />
müssen als Mediz<strong>in</strong>er akzeptieren, dass<br />
es ke<strong>in</strong>e Behandlungsform gibt, die<br />
Sucht kurzfristig heilt«, sagte der Hamburger<br />
Allgeme<strong>in</strong>mediz<strong>in</strong>er Ra<strong>in</strong>er<br />
Ullmann. Er ist Vorsitzender der<br />
Gesellschaft für Suchtmediz<strong>in</strong>, die im<br />
November ihren zehnten Kongress <strong>in</strong><br />
Berl<strong>in</strong> abhielt. »In den letzten zehn<br />
Jahren ist die E<strong>in</strong>sicht gewachsen, dass<br />
Sucht e<strong>in</strong>e chronische Krankheit se<strong>in</strong><br />
kann«, sagte Klaus Behrendt, der im<br />
Hamburger Kl<strong>in</strong>ikum Nord die Abtei–<br />
lung für Abhängigkeitserkrankungen<br />
leitet. Mit der Gabe von Methadon, e<strong>in</strong>em<br />
lang wirkenden Opiat, wird schon<br />
seit Jahren versucht, Hero<strong>in</strong>abhängigen<br />
e<strong>in</strong>en Weg aus der Illegalität und den<br />
Infektionsrisiken anzubieten. Doch es<br />
gibt e<strong>in</strong>e Gruppe von Schwerabhängigen,<br />
bei der diese Substitutionstherapie<br />
versagt. In e<strong>in</strong>em Modellprojekt, das voraussichtlich<br />
im Frühjahr 2002 <strong>in</strong> sieben<br />
deutschen Großstädten anlaufen wird,<br />
soll nun geprüft werden, ob ihnen mit<br />
der kontrollierten Gabe re<strong>in</strong>en Hero<strong>in</strong>s<br />
geholfen werden kann. Der Psychiater<br />
Michael Krausz von der Universität<br />
Hamburg, Leiter des Instituts für Interdiszipl<strong>in</strong>äre<br />
Suchtforschung und<br />
Koord<strong>in</strong>ator des Projekts, erhofft sich davon<br />
e<strong>in</strong>e Verbesserung des Gesundheitszustands,<br />
e<strong>in</strong>en Rückgang des illegalen<br />
Konsums und der damit verbundenen<br />
Delikte und <strong>in</strong>sgesamt e<strong>in</strong>e soziale Stabilisierung<br />
der Teilnehmer. Der Modellversuch<br />
soll 1120 <strong>Drogen</strong>abhängige ab<br />
23 Jahren umfassen und zwei Jahre laufen.<br />
Er ist angelegt wie die Prüfung e<strong>in</strong>es<br />
neuen Arzneimittels: Die e<strong>in</strong>e Hälfte der<br />
Teilnehmer erhält <strong>in</strong> speziellen Zentren<br />
dreimal täglich re<strong>in</strong>es Hero<strong>in</strong>, die andere<br />
e<strong>in</strong>mal täglich das »Vergleichsmedikament«<br />
Methadon. Für alle gibt es e<strong>in</strong>e<br />
psychosoziale Begleitbehandlung, und<br />
auch hier werden die Teilnehmer nach<br />
dem Zufallspr<strong>in</strong>zip e<strong>in</strong>er Gruppentherapie<br />
oder e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>dividuellen<br />
Betreuungskonzept zugeteilt.<br />
Zuckerkrank durch Cola?<br />
Prozess um Schmerzensgeld<br />
startet<br />
Essen - Das Landgericht Essen verhandelt<br />
über die Klage e<strong>in</strong>es an Diabetes<br />
erkrankten Richters gegen den Getränkeriesen<br />
Coca Cola Deutschland. Der<br />
45-jährige Hans Josef Br<strong>in</strong>kmann verlangt<br />
11.000 Mark Schmerzensgeld,<br />
weil se<strong>in</strong> jahrelanger Konsum von<br />
Coca Cola zum<strong>in</strong>dest mitverantwortlich<br />
für se<strong>in</strong>e Erkrankung sei. E<strong>in</strong>e<br />
gleichgerichtete Klage hat der Vizepräsident<br />
des Landgerichts Neubrandenburg,<br />
der ebenfalls zahlreiche<br />
Schokoriegel verputzt hat, gegen den<br />
Süßwarenhersteller Masterfood <strong>in</strong><br />
Mönchengladbach e<strong>in</strong>gereicht. Nach<br />
Ansicht des 45-Jährigen haben es die<br />
Hersteller versäumt, ihre Produkte mit<br />
Warnh<strong>in</strong>weisen zu versehen. Wie die<br />
»Süddeutsche Zeitung« berichtet, s<strong>in</strong>d<br />
Br<strong>in</strong>kmanns Prozesse gegen die beiden<br />
Süßwarenhersteller eigentlich schon<br />
verloren. Zum<strong>in</strong>dest nach Ansicht des<br />
Münchner Professors Matthias Wicklmayr<br />
und se<strong>in</strong>er Kolleg<strong>in</strong> Monika<br />
Toeller vom deutschen diabetischen<br />
Forschungs<strong>in</strong>stitut <strong>in</strong> Düsseldorf:<br />
»E<strong>in</strong>en direkten Zusammenhang zwischen<br />
Schokoladenkonsum und Diabetes-Gefahr<br />
kann man nicht belegen«,<br />
sagt Toeller. Der Vergleich mit den<br />
Gefahren des Rauchens, den Br<strong>in</strong>kmann<br />
angestellt habe, funktioniere<br />
nicht, glauben die beiden Experten.<br />
Während Nikot<strong>in</strong> und Teer direkte<br />
Auslöser von Lungenkrebs se<strong>in</strong> könnten,<br />
könne übermäßiger Zuckergenuss<br />
nicht unmittelbar zu Diabetes führen.<br />
Zucker wirke sich allenfalls deswegen<br />
begünstigend auf e<strong>in</strong>e Diabetes-Erkrankung<br />
aus, weil er dick mache. Und<br />
wer dick sei und ke<strong>in</strong>en Sport treibe,<br />
laufe bei entsprechender Veranlagung<br />
eher Gefahr als andere, an Diabetes zu<br />
erkranken, sagt Toeller. Die Veranla–<br />
gung, an Diabetes zu erkranken, wird<br />
von Generation zu Generation weitervererbt.<br />
Wicklmayr schätzt, dass 25<br />
Prozent aller Europäer wegen ihrer<br />
Erbanlagen diabetesgefährdet s<strong>in</strong>d.<br />
Dass daraus immer häufiger e<strong>in</strong>e<br />
Krankheit werde, habe mit dem »modernen<br />
Lebensstil« zu tun. »Viele Menschen<br />
ernähren sich falsch und s<strong>in</strong>d<br />
träge«, beklagt Toeller, »wir müssen<br />
wohl alle e<strong>in</strong>sehen, dass die Genussmittel-Industrie<br />
nicht schuld ist an<br />
unserer Krankheit.« Die von Br<strong>in</strong>kmann<br />
<strong>in</strong>s Spiel gebrachten Warnh<strong>in</strong>weise<br />
auf Schokoriegelpackungen und<br />
Cola-Flaschen hält er aber für s<strong>in</strong>nvoll:<br />
»Wenn die dazu führen, dass die<br />
Menschen ihre Essgewohnheiten überdenken,<br />
wäre ja schon etwas erreicht.«<br />
Der Kläger Hans Josef Br<strong>in</strong>kmann (l.) mit se<strong>in</strong>em Anwalt Burkhard Oexmann (m.)<br />
im Verhandlungssaal des Landgerichts Essen<br />
© Foto: dpa<br />
Rotwe<strong>in</strong> zum Lutschen:<br />
garantiert ohne Alkohol<br />
Oranienburg (dpa) - Rotwe<strong>in</strong> ist<br />
gesund - wenn da nicht der Alkohol<br />
wäre. Wer bisher gern e<strong>in</strong>mal das e<strong>in</strong>e<br />
oder andere Gläschen gepflegten<br />
Bordeaux oder Merlot genoss, weil es<br />
gut für das Herz ist, der sollte sich<br />
überlegen, ob er den Rotwe<strong>in</strong> nicht<br />
künftig lieber lutschen will. Denn die<br />
Protekum Umwelt<strong>in</strong>stitut GmbH <strong>in</strong><br />
Oranienburg hat Rotwe<strong>in</strong>-Bonbons mit<br />
garantiert null Promille Alkohol entwickelt.<br />
»Sie enthalten alle gesunden<br />
Das Etikett der Rotwe<strong>in</strong>-Bonbons der Firma<br />
PROTEKUM<br />
Rohstoffe des Rotwe<strong>in</strong>s, die das gefährliche<br />
Cholester<strong>in</strong> im Blut senken<br />
oder auch gegen Blutverklumpung<br />
wirken - also häufigen Herz-Kreislauferkrankungen<br />
vorbeugen«, erläutert<br />
Geschäftsführer Lothar Ebner. In den<br />
Bonbons seien die gesundheitsfördernden<br />
Bioflavonoide enthalten, die aus<br />
den roten We<strong>in</strong>trauben als Konzentrat<br />
gewonnen werden. »Sie kommen quasi<br />
aus dem Abfall, der nach dem Mosten<br />
übrig bleibt«, erklärt Chemiker Ebner.<br />
Schon fünf Bonbons pro Tag oder e<strong>in</strong>e<br />
aufgelöste Brausetablette entsprechen<br />
nach se<strong>in</strong>en Worten der vitalisierenden<br />
Wirkung von zwei Gläsern Rotwe<strong>in</strong>.<br />
Mit ihrer dunkelroten Farbe er<strong>in</strong>nern<br />
die kle<strong>in</strong>en Bonbons zwar an e<strong>in</strong>en guten<br />
Tropfen roten Rebensaftes, doch im<br />
Geschmack s<strong>in</strong>d sie fruchtig-zitronig.<br />
SuchtReport 1/2002<br />
SuchtReport 1/2002
Bücher<br />
55<br />
E<strong>in</strong>sichten<br />
und Ausblicke<br />
Der Büchermarkt. SuchtReport stellt Interessantes vor.<br />
Alkohol & Co am Arbeitsplatz<br />
Herausforderung für Führungskräfte.<br />
Herausgegeben von dem<br />
Vere<strong>in</strong> »Step by Step«, Voralberg.<br />
Ecomed Verlagsgesellschaft,<br />
Landsberg 2001, DM 85,00,<br />
ISBN 3-609-59300-8<br />
S<strong>in</strong>d wir tatsächlich das »Land der<br />
Trunkenbolde«, wie das Nachrichtenmagaz<strong>in</strong><br />
»FOCUS« titelte?<br />
Ungeachtet der Beantwortung<br />
dieser Frage steht fest, dass Sucht–<br />
erkrankungen wie Alkoholismus,<br />
Medikamenten- und <strong>Drogen</strong>missbrauch<br />
<strong>in</strong> Betrieben und Dienstleistungs<strong>in</strong>stitutionen<br />
zunehmen.<br />
Untersuchungen belegen, dass 15<br />
von 100 Beschäftigten alkoholgefährdet<br />
und weitere fünf bereits<br />
alkoholabhängig s<strong>in</strong>d.<br />
Wichtig s<strong>in</strong>d daher Informationen<br />
für Führungskräfte, wie sie die<br />
vorliegende CD-ROM »Alkohol &<br />
Co am Arbeitsplatz« vermittelt.<br />
Anhand von vier Filmen werden<br />
typische Situationen im Umgang<br />
mit Suchtkranken aus den Bereichen<br />
Industrie, Handel, Gewerbe<br />
und Dienstleistungen deutlich<br />
gemacht. Es werden die Ausgangslage,<br />
die H<strong>in</strong>tergründe, die<br />
zum Suchtproblem geführt haben,<br />
und mögliche Lösungswege aufgezeigt.<br />
E<strong>in</strong> Navigationsplan gibt<br />
dem Benutzer die Übersicht, wo er<br />
sich zurzeit bef<strong>in</strong>det und welchen<br />
Weg das achtköpfige Autorenteam<br />
vorschlägt. Die Suchtproblematik<br />
wird mit Hilfe e<strong>in</strong>es Schrittmodells<br />
auf den Punkt gebracht. Beispiele<br />
für die Gesprächsführung und e<strong>in</strong><br />
Fragebogen, bestehend aus 17 Fragen,<br />
die mit JA oder NEIN zu<br />
beantworten s<strong>in</strong>d, helfen den<br />
angesprochenen Führungskräften,<br />
sich konkret auf e<strong>in</strong> Gespräch vorzubereiten.<br />
Wer sich nicht nur die<br />
Zusammenfassungen und Fazite<br />
zu Gemüte führen will, hat auch<br />
die Möglichkeit, sich zu jedem<br />
Thema weiter zu <strong>in</strong>formieren. E<strong>in</strong>e<br />
Infobox mit L<strong>in</strong>ks zu länderspezifischen<br />
Infos und e<strong>in</strong> rund 120<br />
Begriffe umfassendes Lexikon stehen<br />
zur Verfügung.<br />
Die Funktion »Notizzettel« ermöglicht<br />
es, wichtige Inhalte zu speichern.<br />
»Oft werden alkoholkranke<br />
Mitarbeiter als Problemfälle gesehen.<br />
Wenn sie ihr Verhalten<br />
ändern würden, dann wäre alles<br />
wieder <strong>in</strong> Ordnung.« Die Autoren<br />
weisen darauf h<strong>in</strong>, dass bei dieser<br />
Sichtweise außer Acht gelassen<br />
wird, dass der Betroffene nicht<br />
isoliert gesehen werden kann. Er<br />
steht vielmehr mit se<strong>in</strong>em sozialen<br />
Umfeld <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung und ist<br />
als Teil des Systems zu sehen.<br />
Nicht selten entstehen zwischen<br />
e<strong>in</strong>em Alkoholiker oder e<strong>in</strong>er<br />
Alkoholiker<strong>in</strong> und se<strong>in</strong>em Umfeld<br />
gegenseitige Abhängigkeiten, die<br />
e<strong>in</strong>e Stabilisierung der Erkrankung<br />
fördern. Die CD-ROM kann<br />
helfen, die Aufgaben, Rollen und<br />
Verantwortlichkeiten aller Beteiligten<br />
zu klären.<br />
Hubert Koll<strong>in</strong>g<br />
Ambulante Suchthilfe <strong>in</strong> Hamburg<br />
Statusbericht 1999 zur Hamburger<br />
Basisdatendokumentation im<br />
ambulanten Suchthilfesystem.<br />
Von Mart<strong>in</strong> Schmid, Renate<br />
Simmed<strong>in</strong>ger und Irmgard Vogt.<br />
ISS-Eigenverlag, Frankfurt am<br />
Ma<strong>in</strong> 2000, 129 S., DM 19,80<br />
Der vorliegende Ergebnisbericht<br />
1999 über die Hamburger Basisdokumentation<br />
(BADO) erfasst die<br />
Daten von 28 E<strong>in</strong>richtungen, wobei<br />
die ambulanten <strong>Drogen</strong>hilfee<strong>in</strong>richtungen<br />
voll repräsentiert<br />
s<strong>in</strong>d und die Alkoholberatungssstellen<br />
etwa zur Hälfte e<strong>in</strong>bezogen<br />
wurden.<br />
Im Vorwort heben die Autoren elf<br />
E<strong>in</strong>zelergebnisse der Untersuchungen<br />
hervor. Diese können für sozialpolitische<br />
und konzeptionelle<br />
Diskussionen besonders relevant<br />
se<strong>in</strong>. Es werden konkrete Aussagen<br />
über das Bildungsniveau und<br />
vorhandene abgeschlossene<br />
Berufsausbildungen von <strong>Drogen</strong>konsumenten<br />
gemacht. Verdeutlicht<br />
wird, dass e<strong>in</strong>e Vielzahl von<br />
Abhängigen zwischenzeitlich<br />
Eltern geworden s<strong>in</strong>d und somit<br />
die K<strong>in</strong>der bei dem Angebot von<br />
Hilfen zu beachten s<strong>in</strong>d.<br />
Die Erfahrungen der Frauen und<br />
Männer mit erlebter körperlicher<br />
und sexueller Gewalt werden<br />
benannt. Seit 1997 ist e<strong>in</strong>e Veränderung<br />
der Altersstruktur aller<br />
Klienten zu konstatieren. Die Zahl<br />
der älteren Abhängigen nimmt<br />
stetig zu. Bereits 1998 hatte die<br />
Rotterdamer Selbsthilfeorganisation<br />
»Junkiebond« die Idee e<strong>in</strong>es<br />
speziellen Altersheims für <strong>Drogen</strong><br />
abhängige. In Zusammenarbeit<br />
zwischen der <strong>Drogen</strong>kl<strong>in</strong>ik Boumanhuis<br />
und dem städtischen<br />
Gesundheitsamt entstand e<strong>in</strong><br />
Modellprojekt <strong>in</strong> Rotterdam.<br />
Die veröffentlichten Daten belegen<br />
e<strong>in</strong>e ähnliche Entwicklung<br />
für deutsche Großstädte und<br />
somit ist die Diskussion über veränderte<br />
altersspezifische Hilfen<br />
s<strong>in</strong>nvoll und notwendig.<br />
Die Höhe der Verschuldung bei<br />
<strong>Drogen</strong>abhängigen ist nach den<br />
Ergebnissen rückläufig und die<br />
Vorbelastung über Vorstrafen hat<br />
sich verr<strong>in</strong>gert. Das s<strong>in</strong>d möglicherweise<br />
Folgen der Substitutionsprogramme<br />
und der Hamburger<br />
Entkrim<strong>in</strong>alisierungspolitik.<br />
Nach dem Vorwort folgt e<strong>in</strong>e<br />
mehrseitige Zusammenfassung<br />
der Ergebnisse <strong>in</strong> deutscher und<br />
englischer Sprache. Dabei werden<br />
Statusbeschreibungen durch gesicherte<br />
Daten dargestellt und<br />
Trends aufgezeigt. Das umfangreiche<br />
Datenmaterial wird <strong>in</strong> über<br />
70 Tabellen und fast 30 Abbildungen<br />
anschaulich aufbereitet.<br />
Ergänzt wird der Ergebnisbericht<br />
durch e<strong>in</strong> aktuelles Literaturverzeichnis,<br />
das viele weiterführende<br />
H<strong>in</strong>weise enthält.<br />
Deutlich wird hervorgehoben,<br />
dass alle E<strong>in</strong>richtungen <strong>in</strong> der<br />
ambulanten Suchthilfe im Rahmen<br />
e<strong>in</strong>es verbesserten Qualitätsmanagements,<br />
e<strong>in</strong>schließlich<br />
Qualitätssicherung, an solchen<br />
Dokumentationssystemen nicht<br />
vorbeikommen werden. Die vorliegende<br />
Veröffentlichung leistet<br />
e<strong>in</strong>en beachtenswerten Beitrag <strong>in</strong><br />
der Verzahnung von Wissenschaft<br />
und Praxis und es ist zu hoffen,<br />
dass der Statusbericht 1999 durch<br />
weitere Berichte aus den folgenden<br />
Jahren ergänzt wird.<br />
ausbrechen<br />
Dr. W. Kursawe<br />
Verena Bön<strong>in</strong>g, Urban & Fischer<br />
Verlag München, 2000, 114 S.,<br />
DM 39,90<br />
Bulimie ist heilbar! Diese Botschaft<br />
will Verena Bön<strong>in</strong>g vermitteln<br />
und so ist der Buchtitel<br />
»ausbrechen« positiver geme<strong>in</strong>t,<br />
als es die Kloschüssel auf dem<br />
Titelfoto nahe legt. Es ist e<strong>in</strong><br />
Buch, <strong>in</strong> dem Bilder ebenso viel<br />
zu sagen haben wie Worte und<br />
der Text mehr aussagt als die<br />
Summe se<strong>in</strong>er Buchstaben. Grafische<br />
Gestaltung, Fotografie und<br />
Worte stammen ebenfalls von der<br />
Autor<strong>in</strong>. Ihr ist mit dem Buch e<strong>in</strong><br />
Gesamtkunstwerk gelungen, das<br />
die Lebenswelt der Bulimiekranken<br />
so authentisch vermittelt,<br />
dass Betroffene sich selbst<br />
wiederf<strong>in</strong>den und Angehörige<br />
e<strong>in</strong>e realistische Vorstellung von<br />
dem verborgenen Leiden bekommmen.<br />
Aussagekräftige Fotocollagen, zum<br />
Teil von drastischer Unappetitlichkeit,<br />
werden mit emotionalen<br />
Aussagen komb<strong>in</strong>iert, die das<br />
Doppelleben der Betroffenen und<br />
den Teufelskreis von Essen und<br />
Brechen dem Betrachter nahe<br />
br<strong>in</strong>gen. Verena Bön<strong>in</strong>g bleibt<br />
nicht im Ist-Zustand der Sucht stehen.<br />
Sie zeigt Ursachen ebenso wie<br />
den Weg <strong>in</strong> e<strong>in</strong> neues Leben. Die<br />
Texte und Bilder werden dabei<br />
immer ergänzt durch e<strong>in</strong>gestreute<br />
Sach<strong>in</strong>formationen, die - knapp<br />
aber deutlich - alles Wissenswerte<br />
über Bulimie vermitteln. »ausbrechen«<br />
ist ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>fache Lektüre,<br />
da es den Lesern und Betrachtern<br />
die schützende Distanz raubt, sie<br />
nah an die Krankheit Bulimie heranführt.<br />
So wird mancher das<br />
Buch erschaudernd <strong>in</strong>s Regal<br />
zurückstellen und stattdessen lieber<br />
zu e<strong>in</strong>em der mediz<strong>in</strong>ischpsychologischen<br />
Ratgeberbücher<br />
greifen. Wer sich als Angehöriger<br />
oder Freund aber darauf e<strong>in</strong>lässt,<br />
erfährt E<strong>in</strong>blicke <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Leidenswelt,<br />
die für Gesunde nicht vorstellbar<br />
ist. Betroffene f<strong>in</strong>den <strong>in</strong><br />
diesem Buch Verstehen, Hoffnung<br />
und Befreiung - durch die Erlaubnis,<br />
das eigene Leben selbst<br />
gestalten zu dürfen.<br />
Gabriele Gorny<br />
Sachfragen des Betreuungs- und<br />
Unterbr<strong>in</strong>gungsrechts<br />
Rolf Coeppicus,<br />
Stuttgart/Berl<strong>in</strong>/Köln:<br />
W. Kohlhammer 2000, XXVI S.,<br />
342 S., DM 97,80<br />
Der schlichte Titel könnte getrost<br />
positiv ergänzt werden um den<br />
Begriff »Sachfragen ... und<br />
umfassende Antworten für die<br />
Praxis«. - Seit der Änderung des<br />
Vormundschaftsrechtes im Jahre<br />
1992 kennt der Rezensent zwar<br />
viele Gesetzestextausgaben und<br />
Gesetzeskommentare <strong>in</strong> teilweise<br />
mehrbändiger Loseblatt- und<br />
gebundener Form, aber es fehlte<br />
<strong>in</strong>sbesondere für die Praxis der<br />
Beratungsstellen und beispielsweise<br />
der niedergelassenen Ärzte<br />
e<strong>in</strong> Text, der gut verständlich die<br />
schnelle Information ermöglicht.<br />
Der Band ist allen Mitarbeitern<br />
von Betreuungsbehörden, aber<br />
auch Bürgerbüros zu empfehlen,<br />
weil er gut gegliedert viele Fragen<br />
so darstellt, dass der Berater sie<br />
dem fragestellenden Laien klar<br />
beantworten kann. Das gilt auch<br />
<strong>in</strong>sofern, als die Verfahren, die im<br />
Rahmen des Betreuungs- und<br />
Unter-br<strong>in</strong>gungsrechtes erforderlich<br />
werden, oft von den Betroffenen<br />
und deren Angehörigen alles<br />
andere als emotional neutral e<strong>in</strong>gestuft<br />
werden. Schließlich geht<br />
es um deutliche E<strong>in</strong>griffe gegenüber<br />
festgestellten Defiziten wie<br />
Desorientiertheit, Bewusstse<strong>in</strong>störungen,<br />
Verwahrlosung <strong>in</strong> ihren<br />
vielfältigen Ausprägungen e<strong>in</strong>schließlich<br />
der Alkoholkrankheit<br />
und Suizidalität, deren Auftreten<br />
meist mit wechselseitigen Vorhaltungen<br />
und Vorwürfen, Schuldzuweisungen<br />
und Selbstbezichtigungen<br />
verbunden ist.<br />
Ziel des Textes ist es, die Leser <strong>in</strong><br />
ihrer jeweiligen Rolle als Berater<br />
oder auch Sachbearbeiter zu befähigen,<br />
selbst abschätzen zu könnnen,<br />
wann bei entsprechenden<br />
Auffälligkeiten E<strong>in</strong>griffe im S<strong>in</strong>ne<br />
des Betreuungs- und Unterbr<strong>in</strong>gungsrechts<br />
erforderlich s<strong>in</strong>d oder<br />
welche Alternativen mit anderer<br />
Zuständigkeit stattdessen gewählt<br />
werden können. Während die<br />
Pflegschaften und Vormundschaften<br />
für Volljährige sich <strong>in</strong> den<br />
Jahren 1972 bis 1981 <strong>in</strong> der<br />
Bundesrepublik um etwa 56.800<br />
erhöhten, wurden seit der Geltung<br />
des neuen Betreuungsrechtes<br />
1992 75.000 Betreuer erstmals<br />
bestellt, 1995 bereits 123.000 und<br />
im Jahre 2000 wird diese Zahl auf<br />
<strong>in</strong>sgesamt 720.000 geschätzt.<br />
Die übersichtliche und sorgfältige<br />
Gliederung des Textes bietet <strong>in</strong><br />
Verb<strong>in</strong>dung mit dem vorangestellten<br />
Literaturverzeichnis und<br />
dem ausführlichen Stichwortverzeichnis<br />
e<strong>in</strong>en guten und schnelllen<br />
Überblick, der ausgehend von<br />
der E<strong>in</strong>leitung e<strong>in</strong>er Betreuung<br />
mit e<strong>in</strong>er Anhörung, das Betreuungsverfahren,<br />
Statistik, die Subsidiarität<br />
der Betreuung, die<br />
Erforderlichkeit der Betreuung -<br />
andere Hilfen, die Aufgaben der<br />
Aufenthaltsbestimmung, die<br />
Gesundheitsfürsorge bis zur Sterbehilfe,<br />
die Vermögenssorge und<br />
das Unterbr<strong>in</strong>gungsverfahren mit<br />
oder ohne freiheitsentziehende<br />
Maßnahmen umfasst. - Daran<br />
schließen sich Fragen von<br />
Zwangsmaßnahmen bei psychischen<br />
Erkrankungen, Alkoholund<br />
Medikamentenmissbrauch<br />
und Suizidalität an. Ermittlungen<br />
und Sachverständigengutachten<br />
werden ergänzt durch H<strong>in</strong>weise<br />
auf die Bestellung von Verfahrenspflegern<br />
und die sachgerechte<br />
Protokollierung der verschiedenen<br />
Schritte. Abschließend verweist<br />
der Verfasser auf das Wahlrecht<br />
der Betroffenen, auf die Problematik<br />
von Schenkungen und die<br />
erforderlichen Formulare.<br />
Fast vierzig Seiten Erläuterungen<br />
zu Fachbegriffen bieten den<br />
Grundstock für die Nomenklatur<br />
an der Schnittstelle zwischen<br />
Mediz<strong>in</strong>/Recht und Verwaltung,<br />
auch wenn sie sicher nicht <strong>in</strong><br />
jedem Fall ausreichend aufklären<br />
können, so dass weitere im Literaturverzeichnis<br />
genannte Lexika<br />
und Handbücher genutzt werden<br />
müssen. Andererseits bleibt zu<br />
berücksichtigen, dass e<strong>in</strong> solcher<br />
Band nicht alle Fe<strong>in</strong>heiten herausarbeiten<br />
kann, auch wenn bei<br />
zukünftigen Auflagen zu wünschen<br />
wäre, den Begriff Alkoholmissbrauch<br />
durch Alkoholkrankheit<br />
zu ersetzen, zumal auch im<br />
allgeme<strong>in</strong>en Sprachgebrauch der<br />
Missbrauch weniger beschreibt als<br />
bewertet. Das auf Seite 342<br />
wiedergegebene Gedicht von Ve–<br />
ronika Erdmann lässt die emotionalen<br />
Erlebnisse zwischen e<strong>in</strong>em<br />
beh<strong>in</strong>derten K<strong>in</strong>d und se<strong>in</strong>er<br />
Mutter sehr gut mitempf<strong>in</strong>den,<br />
schränkt aber das Anwendungsfeld<br />
der Betreuung vielleicht doch<br />
zu sehr e<strong>in</strong>. Insgesamt aber kann<br />
dem Verfasser e<strong>in</strong> gelungenes<br />
Handbuch bestätigt werden, das<br />
die schwierige und relativ neue<br />
Praxis der Betreuungsaufgaben so<br />
aufbereitet, dass es gerade auch<br />
unerfahrenen Fachleuten anderer<br />
Diszipl<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>en guten Überblick<br />
gewähren kann und deshalb nicht<br />
zuletzt <strong>in</strong> der Aus- und Weiterbildung<br />
bald e<strong>in</strong>en festen Platz<br />
haben sollte.<br />
Dr. Peter Barkey<br />
Vom Alkoholverbot zum<br />
Gesundheitsmanagement<br />
Entwicklung der betrieblichen<br />
Suchtprävention von 1800 bis<br />
2000. Stuttgart: ibidem -Verlag<br />
2000, = Band 1 Arbeit. Lernen.<br />
Organisation, hrsg. v. Volker<br />
Bauer & Elisabeth Wienemann,<br />
526 S., DM 79,00<br />
Die Herausgeber wollen mit diesem<br />
ersten Band e<strong>in</strong>e Publika-<br />
SuchtReport 1/2002<br />
SuchtReport 1/2002
56 Bücher<br />
Bücher<br />
57<br />
tionsfolge eröffnen, die »e<strong>in</strong>e<br />
arbeitswissenschaftliche Ause<strong>in</strong>andersetzung<br />
mit Konzepten und<br />
Modellen zu Arbeit, Lernen und<br />
Organisation aus Praxis und Wisssenschaft«<br />
anregen soll. Es ist<br />
sicherlich verdienstvoll, die Entwicklung<br />
der betrieblichen Suchtprävention<br />
von ihren Anfängen<br />
bis zur heutigen Suchtkrankenhilfe<br />
am Arbeitsplatz vergleichend für<br />
die USA und die Bundesrepublik<br />
dar- und gegenüberzustellen,<br />
zumal die Kenntnisse über die<br />
amerikanische historische Entwicklung<br />
bisher eher als marg<strong>in</strong>al<br />
gewertet werden können. Daraus<br />
resultiert auch e<strong>in</strong> unterschiedlicher<br />
Materialumfang, den die<br />
Verfasser<strong>in</strong> mit mehr oder weniger<br />
ähnlichen Strukturvorgaben e<strong>in</strong>heitlich<br />
zu gliedern sucht, <strong>in</strong>dem<br />
sie nach allgeme<strong>in</strong>en Problemen<br />
der Nomenklatur und Begriffszuordnung<br />
des Alkoholismus e<strong>in</strong><br />
Handlungskonzept zur betrieblichen<br />
Suchtprävention und deren<br />
Entstehung anbietet. Andererseits<br />
bietet der Themenbereich e<strong>in</strong>en<br />
Umfang, der kaum zu überblicken<br />
ist, wenn er nicht sorgfältig gegliedert<br />
und ausgewählt wird. Im<br />
Rahmen der Rezension kann nur<br />
e<strong>in</strong> kursorischer Vergleich der<br />
Materialien aus den USA und<br />
Deutschland berücksichtigt werden,<br />
der durch e<strong>in</strong>en kurzen subjektiven<br />
H<strong>in</strong>weis auf das so genannte<br />
Gesundheitsmanagement<br />
<strong>in</strong> der Publikation ergänzt wird.<br />
Während für die USA die historische<br />
Entwicklung <strong>in</strong> fünf Phasen<br />
seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts<br />
unterschieden wird, werden<br />
für Deutschland vier solche<br />
E<strong>in</strong>heiten angenommen. - In den<br />
USA bilden sich die so genannten<br />
Temperenz- und Prohibitionsbewegungen<br />
aus, während sich <strong>in</strong><br />
Deutschland der Branntwe<strong>in</strong> mehr<br />
oder weniger parallel zum Beg<strong>in</strong>n<br />
der Industrialisierung als Alltagsgetränk<br />
auch während der Arbeitszeit<br />
für die Arbeiter durchsetzt. In<br />
der zweiten Phase bildet sich der<br />
»zuverlässige« Industriearbeiter als<br />
Leitbild aus und der Arbeitsprozess<br />
wird systematisch auf Produktivität<br />
ausgerichtet. Die Prohibition<br />
geht zu Ende und der Alkoholkonsum<br />
wird auch <strong>in</strong> den Mittelschichten<br />
üblich. In Deutschland<br />
ist die Zeit bis etwa 1910 dadurch<br />
charakterisiert, dass <strong>in</strong> der Folge<br />
e<strong>in</strong>er immer selbstbewussteren<br />
Arbeitnehmerschaft auch die verme<strong>in</strong>tlich<br />
erbbiologischen Folgen<br />
des Alkoholkonsums propagiert<br />
werden und zunehmend Tendenzen<br />
zwischen Alkoholverbot am<br />
Arbeitsplatz bis zur selbst gewählten<br />
Nüchternheit beobachtbar<br />
s<strong>in</strong>d. Während sich <strong>in</strong> den USA <strong>in</strong><br />
den 30er und 40er Jahren parallel<br />
zur Formulierung des modernen<br />
mediz<strong>in</strong>ischen Krankheitskonzepts<br />
des Alkoholismus e<strong>in</strong>e neue Form<br />
der offenen Selbsthilfebewegung,<br />
die Anonymen Alkoholiker, entwickelt,<br />
ist diese Phase <strong>in</strong> Deutschland<br />
durch zunehmende Professionalisierung<br />
der »Betriebsfürsorge«,<br />
aber auch durch zahlreiche verschiedene<br />
Laienbewegungen wie<br />
Guttempler oder das Blaue Kreuz<br />
gekennzeichnet. Dabei ist auffällig,<br />
dass bereits nach 1913 und verstärkt<br />
<strong>in</strong> den beiden letzten<br />
Kriegsjahren 1917/1918 durch die<br />
Kriegsbed<strong>in</strong>gungen so etwas wie<br />
e<strong>in</strong>e kollektive Entziehungskur<br />
e<strong>in</strong>setzte, die e<strong>in</strong>e deutliche<br />
Abnahme der registrierten Alkoholiker<br />
zur Folge hatte. Diese Tatsache<br />
der kriegsbed<strong>in</strong>gten Prohibition<br />
muss aber auch im<br />
Zusammenhang mit privater und<br />
illegaler Produktion von Alkohol<br />
gesehen werden, zumal sich nach<br />
dem Kriege e<strong>in</strong> bisher nicht<br />
gekannter Aufschwung anderer<br />
Suchtmittel von Opiaten und<br />
Koka<strong>in</strong> durchsetzen konnte.<br />
Besonders ausführlich werden<br />
schließlich die Fragen der betrieblichen<br />
Suchtprävention <strong>in</strong><br />
Deutschland von 1914 bis 1945<br />
dargestellt, weil ihnen mehrfach<br />
geänderte Erklärungsansätze zur<br />
Entstehung der Sucht und deren<br />
Folgen zugrunde liegen. Dabei<br />
wird auch die ambivalente Haltung<br />
der Nationalsozialisten zum<br />
Alkoholkonsum analysiert, die<br />
zwar im S<strong>in</strong>ne der Körper- und<br />
Wehrertüchtigung Enthaltsamkeit<br />
propagierten, das politische Handeln<br />
ke<strong>in</strong>eswegs aber konsequent<br />
darauf ausrichteten. Diese Tatsache<br />
ersche<strong>in</strong>t auch <strong>in</strong>sofern besonders<br />
<strong>in</strong>konsequent, als die Nationalsozialisten<br />
die biologische Rassenlehre<br />
propagierten und dabei nahtlos<br />
an die Ergebnisse der sche<strong>in</strong>bar<br />
e<strong>in</strong>deutigen Experimente zur Erbbbiologie<br />
anknüpften und die Erbgesundheitslehre<br />
zur Grundlage<br />
staatlichen Handelns postulierten,<br />
um »sozial unwertes Leben« zu<br />
begrenzen. Bleibt zu ergänzen,<br />
dass <strong>in</strong>sbesondere für die Zeit<br />
nach 1945 neben dem Neubeg<strong>in</strong>n<br />
der traditionellen Suchthilfe <strong>in</strong>sbesondere<br />
der Guttempler auch die<br />
Zahl der Anonymen Alkoholiker<br />
zunahm und zwischen beiden<br />
Gruppen e<strong>in</strong> Disput entbrannte,<br />
der sich vor allem daran entzündete,<br />
ob es erstrebenswert sei, alle<br />
an Alkoholismus erkrankten<br />
Patienten mehr oder weniger<br />
unterschiedslos von ihrer Herkunft<br />
und ihrer Krankheitsgeschichte<br />
e<strong>in</strong>heitlich <strong>in</strong> Gruppen zusammenzufassen.<br />
Die Tatsache, dass dieser<br />
Streit heute überwunden ist,<br />
spricht sowohl für die traditionelllen<br />
Abst<strong>in</strong>enzverbände als auch<br />
für das heute eher e<strong>in</strong>heitlich geltende<br />
Krankheitskonzept, das<br />
mehrheitlich von Jell<strong>in</strong>ek geprägt<br />
ist. Zusammenfassend kann der<br />
Verfasser<strong>in</strong> nicht nur e<strong>in</strong>e bisher<br />
nicht erreichte Materialfülle bestätigt<br />
werden, sondern auch e<strong>in</strong>e<br />
gute Gliederung, die es ermöglicht,<br />
den Text <strong>in</strong> <strong>in</strong>haltlich s<strong>in</strong>nvollen<br />
Teilen zu rezipieren. Dabei bietet<br />
sich neben der Gegenüberstellung<br />
unterschiedlicher Ansätze <strong>in</strong> den<br />
USA und Deutschland der Vergleich<br />
unterschiedlicher Aspekte<br />
aus der Mediz<strong>in</strong>, der Sozialpolitik<br />
oder zur Rolle der betroffenen<br />
Patienten an. Ob dabei der Begriff<br />
Gesundheitsmanagement wirklich<br />
zu e<strong>in</strong>em neuen Leitbild führen<br />
kann, bleibt angesichts der f<strong>in</strong>anziellen<br />
Restriktionen im gesamten<br />
Gesundheits- und Rehabilitationssektor<br />
für den Rezensenten<br />
fraglich. Das m<strong>in</strong>dert nicht den<br />
Dank an die Verfasser<strong>in</strong>, e<strong>in</strong> <strong>in</strong> der<br />
Mediz<strong>in</strong> und Sozialpolitik trotz<br />
se<strong>in</strong>er ökonomischen Relevanz<br />
häufig nicht ausführlich genug<br />
beachtetes Thema hier gründlich<br />
und umfassend dargestellt zu<br />
haben. Die Bibliographie mit über<br />
30 Seiten mit jeweils bis zu 20<br />
Titeln lässt dem Leser zudem jede<br />
Möglichkeit des selbstständigen<br />
Weiterstudiums.<br />
Dr. Peter Barkey<br />
Stand und Perspektive betrieblicher<br />
Suchtprävention und<br />
Suchthilfe<br />
Reader zur Fachtagung des<br />
Regionalen Arbeitskreises<br />
Betriebliche Suchtprävention<br />
(RABS) Weser-Ems am 05. April<br />
2000 <strong>in</strong> der Carl von Ossietzky<br />
Universität Oldenburg / Bibliotheks-<br />
und Informationssystem<br />
der Universität Oldenburg 2000<br />
Neuland-Verlag, Günter<br />
Schumann (Hg.)<br />
248 S., DM 16,00<br />
Wenn man davon ausgeht, dass<br />
sich <strong>in</strong> Unternehmen ebenso viele<br />
Suchtkranke bef<strong>in</strong>den wie <strong>in</strong> der<br />
Gesamtbevölkerung, also etwa<br />
fünf Prozent chronisch<br />
Kranke und etwa vierzehn Prozent<br />
schwere Alkholmissbraucher,<br />
dann wird die Bedeutung betrieblicher<br />
Suchtprävention deutlich.<br />
Innovative Unternehmen<br />
schenken den sozialen Bed<strong>in</strong>gungen<br />
im Betrieb ebenso viel Aufmerksamkeit<br />
wie den ökonomischen<br />
und organisatorischen, da<br />
sie die wirtschaftsrelevanten<br />
Größen so genannter »weicher«<br />
Faktoren kennen. Für den Bereich<br />
des Alkoholmissbrauchs und der<br />
Alkoholkrankheit s<strong>in</strong>d zudem die<br />
Ausfallzahlen durch verm<strong>in</strong>derte<br />
Arbeitsleistung, Arbeitsfehler und<br />
-unfälle sowie Krankenstände seit<br />
den 90er Jahren gut belegt. Vor<br />
diesem H<strong>in</strong>tergrund stellt der vorliegende<br />
Reader die wesentlichen<br />
Dimensionen betrieblicher Suchtprävention<br />
aus verschiedenen<br />
Perspektiven kompetent dar. In<br />
Form e<strong>in</strong>zelner Referate werden<br />
historische, ökonomische, versicherungstechnische,<br />
rechtliche,<br />
betriebliche und rehabilitativ-therapeutische<br />
Aspekte abgehandelt.<br />
Die Autoren stammen aus dem<br />
Umfeld der Carl von Ossietzky<br />
Universität bzw. aus regionalen<br />
Institutionen und s<strong>in</strong>d mehrheitlich<br />
Fachleute der Suchthilfe und<br />
der betrieblichen Arbeit. Die e<strong>in</strong>zelnen<br />
Beiträge zeichnen sich<br />
durch Praxisnähe, gut nachvollziehbare<br />
Beispiele und s<strong>in</strong>nvolle<br />
Stoffreduktion aus. Insofern eignet<br />
sich der Reader sowohl als<br />
e<strong>in</strong>führendes Werk <strong>in</strong>s Thema für<br />
Praktiker und Studenten als auch<br />
dazu, bei Spezialfragen auszugsweise<br />
zu Rate gezogen zu werden.<br />
Frederic Fredersdorf<br />
Raucherentwöhnung <strong>in</strong><br />
Deutschland<br />
Christoph Kröger, Holger Sonntag<br />
& Rose Shaw im Auftrag der<br />
Bundeszentrale für gesundheitliche<br />
Aufklärung (Hg): -<br />
Grundlagen und kommentierter<br />
Überblick, BzgA-Schriftenreihe<br />
»Gesundheitsförderung konkret«,<br />
Bd. 2, Köln 2000, 180 S.<br />
Bei der Dom<strong>in</strong>anz <strong>in</strong> der Suchtdebatte<br />
um <strong>Drogen</strong> und Alkohol<br />
geraten die Folgen chronischen<br />
Rauchens oft aus dem Blick. Dabei<br />
ist davon auszugehen, dass Rauchen<br />
Ursache vieler Herz-Kreislauf-Erkrankungen<br />
und Krebsleiden<br />
ist. Schätzungsweise sterben<br />
jährlich über 100.000 Personen an<br />
dessen Folgen. So legte die BzgA<br />
zwischen 1997 und 1999 e<strong>in</strong>e Studie<br />
zum State-of-the-Art der<br />
Raucherentwöhnungsprogramme<br />
<strong>in</strong> Deutschland auf. Deren Ergebnisse<br />
s<strong>in</strong>d im vorliegenden Band<br />
zusammengefasst. Das vom Institut<br />
für Therapieforschung, München,<br />
realisierte Vorhaben führt <strong>in</strong><br />
die Thematik e<strong>in</strong>, stellt e<strong>in</strong>e Synopse<br />
der verschiedenartigen deutschen<br />
Entwöhnungsprogramme<br />
vor und bietet e<strong>in</strong>en Überblick<br />
über den aktuellen Stand der Evaluationsforschung<br />
zur Raucherentwöhnung.<br />
Mit dieser Studie werden<br />
die Angebote transparent und<br />
das allgeme<strong>in</strong> verständlich<br />
geschriebene Werk bietet allen<br />
Interessierten - vom Betroffenen<br />
über die Helfergruppen bis h<strong>in</strong> zu<br />
Funktions- und Entscheidungsträgern<br />
<strong>in</strong> Wohlfahrtsverbänden -<br />
Orientierungshilfen, um entweder<br />
eigenständig das Rauchen aufzugeben<br />
oder entsprechende Maßnahmen<br />
zu <strong>in</strong>itiieren. Das aufgeführte<br />
Themenspektrum reicht<br />
dabei über den gesundheitsspezifischen<br />
Stellenwert des Rauchens,<br />
die pr<strong>in</strong>zipiellen Möglichkeiten der<br />
Raucherentwöhnung (e<strong>in</strong>schließlich<br />
der Selbsthilfe) bis zu den<br />
deutschen Angeboten. Den Nichtraucher<br />
überrascht es, dass <strong>in</strong> diesem<br />
Bereich e<strong>in</strong>e Vielfalt von<br />
Selbsthilfematerialien auf unterschiedlichen<br />
Medien existiert:<br />
Publikationen s<strong>in</strong>d ebenso erhältlich<br />
wie Audio- und Videokassettten<br />
und e<strong>in</strong>e CD-ROM. Es überrrascht<br />
dagegen weniger, dass die<br />
Effektivität dieser Medien von den<br />
Autoren angezweifelt wird. Allerd<strong>in</strong>gs<br />
liegen zum Nutzen von<br />
Selbsthilfematerialien nur wenige<br />
wissenschaftliche Studien vor. Bisherige<br />
Ergebnisse sprechen dafür,<br />
dass Formen der <strong>in</strong>dividuellen<br />
Beratung bei der Raucherentwöhnung<br />
am effektivsten s<strong>in</strong>d. Der<br />
Faktor »Zeit« spielt dabei e<strong>in</strong>e<br />
bedeutsame Rolle: Zeit<strong>in</strong>tensivere<br />
E<strong>in</strong>zelkontakte und längere Beratungszeiträume<br />
erhöhen den Entwöhnungserfolg;<br />
Beratungs<strong>in</strong>halte<br />
sche<strong>in</strong>en dagegen sekundär<br />
bedeutsam zu se<strong>in</strong>. Raucher, die<br />
tatsächlich mit dem schädlichen<br />
Qualmen aufhören wollen, können<br />
sich durch diesen Band umfassend<br />
über die dafür notwendigen<br />
Bed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong>formieren.<br />
Frederic Fredersdorf<br />
Geme<strong>in</strong>sam die Magersucht<br />
besiegen<br />
Von Janet Treasure, Beltz Verlag<br />
We<strong>in</strong>heim, 2001, 213 S., DM<br />
30,00<br />
E<strong>in</strong>en Überlebens-Ratgeber, so der<br />
Orig<strong>in</strong>al-Titel (Survival Guide),<br />
wollte die Autor<strong>in</strong> schreiben, mit<br />
dem Betroffene, Freunde und<br />
Angehörige die Magersucht<br />
»geme<strong>in</strong>sam besiegen« können.<br />
Dieser Anspruch sche<strong>in</strong>t e<strong>in</strong><br />
wenig hoch gegriffen. Was Janet<br />
Treasure sicherlich gelungen ist:<br />
e<strong>in</strong> gut lesbarer Überblick über<br />
die Symptomatik der Magersucht,<br />
ihre gesundheitlichen Folgen und<br />
Indizien, an denen Angehörige<br />
diese Krankheit erkennen können.<br />
Ebenfalls positiv zu vermerken<br />
s<strong>in</strong>d die vielen Fallbeispiele, <strong>in</strong><br />
denen etliche zusätzliche Informationen<br />
über Ursachen und<br />
Behandlung »versteckt« s<strong>in</strong>d.<br />
Denn genau daran krankt das<br />
vorliegende Buch. Die Ursachenforschung<br />
wird m<strong>in</strong>imiert, ganz<br />
besonders <strong>in</strong> dem Teil des Buches,<br />
der an die Eltern gerichtet ist. Zur<br />
Magersucht sollen demnach »viele<br />
kle<strong>in</strong>e D<strong>in</strong>ge« führen, »die für sich<br />
betrachtet harmlos ersche<strong>in</strong>en<br />
mögen, jedoch <strong>in</strong> ihrer Komb<strong>in</strong>ation<br />
mit anderen Faktoren die<br />
Magersucht auslösen können«.<br />
Diskutiert werden etwa Schlankheitsmode,<br />
Gesundheitsbewusstse<strong>in</strong>,<br />
Angst vor BSE, Fett oder<br />
Zucker, genetische Disposition<br />
und auslösende Ereignisse. Der<br />
Familie wird h<strong>in</strong>gegen e<strong>in</strong> pauschaler<br />
Freibrief ausgestellt: Die<br />
meisten Untersuchungen hätten<br />
ke<strong>in</strong>e Unterschiede im Familienleben<br />
von magersüchtigen Patienten<br />
zu nichtbetroffenen Familien festgestellt.<br />
Dysfunktionale Familienstrukturen<br />
s<strong>in</strong>d für die Autor<strong>in</strong><br />
ke<strong>in</strong> Thema, obwohl etliche der<br />
Fallbeispiele darauf h<strong>in</strong>weisen.<br />
Und so vermittelt sie <strong>in</strong> ihren Ratschlägen<br />
zum »Zusammenhalt <strong>in</strong><br />
der Familie« und zum Thema<br />
Essen betroffenen Eltern das Gefühl,<br />
sie könnten alles <strong>in</strong> den Griff<br />
kriegen, wenn sie nur regelmäßig<br />
mite<strong>in</strong>ander Pläne machen und die<br />
Mahlzeiten überwachen. Mögliche<br />
Therapien durch Fachleute, ob<br />
ambulant oder stationär, werden<br />
nicht diskutiert. Der Abschnitt für<br />
Betroffene umfasst e<strong>in</strong> aufmunterndes<br />
Kapitel, das die Magersüchtigen<br />
animieren soll, ihr Problem<br />
als solches zu erkennen. Es<br />
folgen e<strong>in</strong>e umfassende Darstelllung<br />
möglicher gesundheitlicher<br />
Probleme und Gefahren und e<strong>in</strong>ige<br />
kurze H<strong>in</strong>weise zu vernünftigem<br />
Gewicht und Ernährung. Zum<br />
Thema Persönlichkeitsmerkmale<br />
bietet die Autor<strong>in</strong> dann e<strong>in</strong>e Reihe<br />
von »therapeutischen« Fragen<br />
und H<strong>in</strong>weisen, z.B. »Wurden Sie<br />
schon oft kritisiert?« oder »Versuchen<br />
Sie, sich selbst realistischer<br />
zu sehen«, verbunden mit der<br />
Aufforderung, diese Themen mit<br />
e<strong>in</strong>er Freund<strong>in</strong> oder e<strong>in</strong>em Therapeuten<br />
zu diskutieren.<br />
Alles <strong>in</strong> allem also e<strong>in</strong> Buch, das<br />
der Schwere der Krankheit und<br />
der Schwierigkeit e<strong>in</strong>er Heilung<br />
ke<strong>in</strong>esfalls gerecht wird. Tröstlich<br />
ist der Adressteil mit zahlreichen<br />
Anlaufstellen <strong>in</strong> Deutschland,<br />
Österreich und der Schweiz sowie<br />
Internetadressen, wo Betroffene<br />
und ihre Familien wirkliche<br />
Unterstützung erhalten können.<br />
Gabriele Gorny<br />
Alkohol - auch der »normale«<br />
Konsum schadet<br />
Von H.H. Kornhuber<br />
München:, Urban & Vogel, 2001,<br />
71 S., 12 Abb. ISBN: 3-86094-<br />
157-7, DM 37,90<br />
Missbrauch von Tabak und Alkohol<br />
s<strong>in</strong>d die größten weitgehend<br />
selbst verschuldeten (auch wenn<br />
für alle Abhängigkeitserkrankten<br />
e<strong>in</strong>e genetisch bed<strong>in</strong>gte Disposition<br />
von Bedeutung ist) Belastungen<br />
unseres Gesundheitswesens,<br />
besonders der gesetzlichen Krankenversicherungen.<br />
Der Preis von<br />
Zigaretten soll demnächst erhöht<br />
werden, dagegen werden alkoholische<br />
Getränke nicht belastet,<br />
weil dies politisch als nicht<br />
durchsetzbar gilt. Im Rahmen der<br />
schon seit langem entwickelten<br />
Modellvorstellungen und Programme<br />
zur Therapie und primären<br />
und sekundären Prävention<br />
der Alkoholabhängigkeit wurden<br />
neben »Health education« und<br />
Kontrolle von Werbung und Verkauf<br />
auch steuerliche Erhöhungen<br />
des Preises alkoholischer Getränke<br />
zur Reduktion des Konsums<br />
gefordert. Während das Ausmaß<br />
gesundheitlich nachteiliger Folgen,<br />
vielfältiger körperlicher, seelischer<br />
und sozialer Schäden e<strong>in</strong>es<br />
als abnorm angesehenen Tr<strong>in</strong>kverhaltens,<br />
des gewohnheitsmäßigen<br />
übermäßigen Alkoholgenussses<br />
bekannt ist und nicht<br />
unterschätzt wird, gilt der <strong>in</strong><br />
unserem Kulturkreis als »normal«<br />
angesehene und sozial akzeptierte<br />
moderate Alkoholgenuss als<br />
unbedenklich. Nachdem das<br />
moralische Modell durch das<br />
SuchtReport 1/2002<br />
SuchtReport 1/2002
58 Bücher<br />
Bücher<br />
59<br />
mediz<strong>in</strong>ische ersetzt wurde und<br />
der Alkoholismus als Krankheit<br />
i.S. der RVO (1968) anerkannt ist,<br />
wird neben den nicht <strong>in</strong>frage<br />
gestellten schädlichen Wirkungen<br />
chronischen übermäßigen Alkoholmissbrauchs<br />
e<strong>in</strong> schützender<br />
Effekt des »normalen« Konsums<br />
besonders gegenüber Herz-Kreislauf-Erkrankungen<br />
behauptet und<br />
öffentlichkeitswirksam propagiert,<br />
dass es neben Missbrauch und<br />
Sucht e<strong>in</strong>en an mediz<strong>in</strong>ische Indikationen<br />
gebundenen »richtigen<br />
Gebrauch« alkoholischer Getränke<br />
gebe (z.B. »täglich zwei Viertel<br />
Rotwe<strong>in</strong> verlängern das Leben«,<br />
Bild 12.7.01, Prof. Effenberger).<br />
In se<strong>in</strong>er Schrift tritt Kornhuber,<br />
gestützt auf eigene und fremde<br />
langjährige Untersuchungen, dieser<br />
Me<strong>in</strong>ung dezidiert entgegen.<br />
Lehrbücher und Def<strong>in</strong>itionen der<br />
Alkoholabhängigkeit beziehen<br />
sich fast ausschließlich auf den<br />
Hochdosis-Alkoholismus mit se<strong>in</strong>en<br />
Folgen und klammern den<br />
»normalen« Alkoholkonsum aus.<br />
Der Autor zeigt, dass dieser zu<br />
Niedrigdosisabhängigkeit führt,<br />
e<strong>in</strong>e Auffassung, die anhand von<br />
fast 490 <strong>in</strong> Zustimmung und Widerspruch<br />
diskutierten Publikationen<br />
der <strong>in</strong>ternationalen Literatur<br />
belegt wird. Die Niedrigdosisabhängigkeit<br />
führt zu andauerndem<br />
täglichem Konsum und durch<br />
Summation zu gravierenden<br />
Schäden. Der »normale« tägliche<br />
Alkoholkonsum erhöht Blutdruck<br />
und Puls; Alkohol ist also e<strong>in</strong><br />
Stressor, während er für den Konsumenten<br />
e<strong>in</strong> Tranquilizer zu se<strong>in</strong><br />
sche<strong>in</strong>t. Weil der Organismus, um<br />
Alkohol und Acetaldehyd, das<br />
wichtigste Stoffwechselprodukt<br />
des Äthanol, so rasch wie möglich<br />
zu verbrennen, die Verwertung<br />
anderer Energielieferanten<br />
zurückstellt, kommt es zu Insul<strong>in</strong>resistenz<br />
und zum metabolischen<br />
Syndrom: erhöhte Triglyceride<br />
und LDL-Cholester<strong>in</strong>, Hyper<strong>in</strong>sul<strong>in</strong>ismus,<br />
Blutdrucksteigerung<br />
und - auf die Dauer - Diabetes<br />
mellitus Typ II; <strong>in</strong>folge Blockierung<br />
der Lipolyse durch den<br />
erhöhten Insul<strong>in</strong>spiegel entwickelt<br />
sich e<strong>in</strong>e abdom<strong>in</strong>ale Adipositas.<br />
Die sche<strong>in</strong>bare Übersterblichkeit<br />
der Null-Tr<strong>in</strong>ker resultiert daraus,<br />
dass sie zum großen Teil ehemalige<br />
Tr<strong>in</strong>ker s<strong>in</strong>d, die die Folgen<br />
ihres Konsums (Bluthochdruck,<br />
Diabetes) und das assoziierte Rauchen<br />
<strong>in</strong> die Null-Gruppe mitnehmen.<br />
Wenig-Tr<strong>in</strong>ker, vorwiegend<br />
Oberschichtangehörige und größtenteils<br />
We<strong>in</strong>tr<strong>in</strong>ker, rauchen<br />
kaum, ernähren sich gesünder<br />
und bewegen sich <strong>in</strong> der Freizeit<br />
mehr; dieser gesunde Lebensstil,<br />
nicht Alkohol, schützt bei ihnen<br />
das Herz. Primärabst<strong>in</strong>enzler -<br />
Populationen wie die Mormonen<br />
- leben länger und haben nur die<br />
halbe Kreislauf- und Krebsmortalität.<br />
Zu den direkten kommen als<br />
<strong>in</strong>direkte Folgen der Niedrigdosisabhängigkeit<br />
Unfälle und Gewaltkrim<strong>in</strong>alität.<br />
Jeder dritte schwere<br />
Verkehrsunfall beruht auf Alkoholwirkung,<br />
überwiegend als Folge<br />
»normalen« Konsums. Die<br />
Übersterblichkeit der Männer ist<br />
nach K. wesentlich durch Alkohol<br />
bed<strong>in</strong>gt; Todesursachen s<strong>in</strong>d<br />
Unfälle und Gewalt bei den jungen,<br />
Herz<strong>in</strong>farkt, Leberzirrhose<br />
und Krebs bei den älteren Männnern.<br />
Alkohol-Prohibitionen, so<br />
auch die unter Gorbatschow,<br />
führten zu e<strong>in</strong>em deutlichen<br />
Rückgang des Todes durch<br />
Unfälle, Gewalt und Krim<strong>in</strong>alität.<br />
Die Prohibition <strong>in</strong> den USA wurde<br />
aufgegeben, weil der Staat <strong>in</strong> der<br />
Weltwirtschaftskrise Steuere<strong>in</strong>nnahmen<br />
aus Alkohol benötigte.<br />
Statt nicht praktikabler Prohibition<br />
fordert K. aus Gründen der<br />
Akzeptanz direkt von den Herstellern<br />
an die Krankenkassen<br />
abzuführende Gesundheitsabgaben<br />
auf Alkohol und Tabak, die<br />
der F<strong>in</strong>anzierung des Gesundheitswesens<br />
zugute kommen,<br />
selbst wenn so der Alkoholkonsum<br />
nicht wesentlich bee<strong>in</strong>flussbar<br />
wäre. E<strong>in</strong>e Erhöhung der<br />
Alkoholsteuer zur F<strong>in</strong>anzierung<br />
der gesetzlichen Krankenversicherung<br />
wird dann jedem Bürger<br />
e<strong>in</strong>leuchtend se<strong>in</strong>, wenn e<strong>in</strong><br />
Zusammenhang zwischen der Art<br />
der steuerlichen Belastung und<br />
der Mittelverwendung erkennbar<br />
ist und die Steuer diejenigen trifft,<br />
die durch ihr Verhalten die<br />
Krankenversicherung belasten.<br />
Kornhuber zieht die Folgerungen<br />
aus den Resultaten eigener und<br />
fremder Studien zum Thema. Die<br />
Ärzteschaft muss <strong>in</strong> Sachen Alkohol<br />
umdenken und sich, wie beim<br />
Rauchen, konsequent an die Seite<br />
der gefährdeten Patienten stellen;<br />
die Verharmlosung des Alkohols<br />
durch Ärzte und Wissenschaftler<br />
und die zu permissive E<strong>in</strong>schätzung<br />
des »normalen« Alkohol-<br />
Konsums muss beendet werden.<br />
Es s<strong>in</strong>d Forderungen, die schon<br />
seit langem erhoben, bisher aber<br />
nicht <strong>in</strong> die Praxis umgesetzt<br />
wurden. Das Buch, das e<strong>in</strong>e langjährige<br />
Forschungstätigkeit<br />
zusammenfassend darstellt und<br />
bittere Realität beschreibt, ist<br />
allen Ärzten und <strong>in</strong> mediz<strong>in</strong>ischen<br />
Assistenzberufen Tätigen,<br />
darüber h<strong>in</strong>aus auch Juristen,<br />
Politikern, Gewerkschaftlern,<br />
Wirtschaftsführern und Krankenkassen-Verantwortlichen<br />
zur e<strong>in</strong>gehenden<br />
Lektüre zu empfehlen.<br />
Es ist e<strong>in</strong> neues Signal zu e<strong>in</strong>em<br />
alten Problem, das gerade <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
Zeit, <strong>in</strong> der die Gesundheitspolitik<br />
sich schier unlösbaren Schwierigkeiten<br />
gegenüber sieht, <strong>in</strong> der<br />
Öffentlichkeit zu e<strong>in</strong>er kritischen<br />
Ause<strong>in</strong>andersetzung führen und<br />
<strong>in</strong> der Sache e<strong>in</strong>en Ruck provozieren<br />
sollte.<br />
Prof. Dr. med. Gerd Huber<br />
Kontrollierter Gebrauch illegalisierter<br />
<strong>Drogen</strong><br />
Von Christoph Strieder. VWB-<br />
Verlag für Wissenschaft und<br />
Bildung, Berl<strong>in</strong> 2001, 288 S.,<br />
DM 48,00<br />
Der Autor verweist gleich zu<br />
Beg<strong>in</strong>n se<strong>in</strong>es Vorwortes auf den<br />
»Rauschklassiker« (»Rausch und<br />
Realität« von Gisela Völger und<br />
Kar<strong>in</strong> von Welck, 1982) als Ausgangspunkt<br />
se<strong>in</strong>er Überlegungen<br />
und Darlegungen. Beim Rezensenten<br />
hält sich lange der E<strong>in</strong>druck, <strong>in</strong><br />
der Veröffentlichung gehe es<br />
vordergründig um den Rausch und<br />
weniger um den kontrollierten<br />
Gebrauch von <strong>Drogen</strong>, wie es im<br />
Buchtitel vermittelt wird. Die<br />
Publikation unterteilt sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en<br />
theoretischen, e<strong>in</strong>en methodischen<br />
und e<strong>in</strong>en empirischen Teil, wobei<br />
die Theorie über die Hälfte e<strong>in</strong>nnimmt<br />
und die Methodik weniger<br />
als e<strong>in</strong> Zehntel umfasst. Damit<br />
wird eventuell deutlich, dass dieses<br />
Buch möglicherweise mehr für theorie<strong>in</strong>teressierte<br />
Leser geeignet ist<br />
und Praktiker eher zurückhaltend<br />
beim Erwerb se<strong>in</strong> könnten. Im<br />
ersten Kapitel des Theorieteils<br />
»Psychoanalyse und Rausch« wird<br />
e<strong>in</strong>e Vielzahl psychoanalytischer<br />
Theorieansätze ansatzweise erörtert.<br />
Ergänzt werden diese Darlegungen<br />
durch vier Exkurse (z.B.<br />
Der Bedeutungsverlust der Religion<br />
und se<strong>in</strong>e Auswirkungen auf<br />
Rausch und Ekstase; Sucht als<br />
frühk<strong>in</strong>dliche Störung; Kreativität<br />
und schöpferische Regression; Tiefenpsychologisch<br />
orientierte LSD-<br />
Therapie). Weshalb der Verfasser<br />
sich auf die Psychoanalyse<br />
beschränkt und z.B. verhaltenstherapeutische,<br />
<strong>in</strong>tegrative u.a. Therapieansätze<br />
nicht erwähnt, wird<br />
nicht nachvollziehbar. Und dies<br />
unter Beachtung der Tatsache, dass<br />
auch gegenwärtig e<strong>in</strong>e Vielzahl<br />
von Psychoanalytikern der<br />
Behandlung von Suchtkranken <strong>in</strong><br />
eigener Praxis eher ablehnend<br />
gegenüberstehen. Im folgenden<br />
Kapitel »Rausch und gesellschaftliche<br />
Wirklichkeit« werden historische,<br />
gesellschaftstheoretische,<br />
soziale u.a. Aspekte diskutiert. Dargestellt<br />
werden etwa die Funktion<br />
und Bedeutung des Rausches<br />
<strong>in</strong>nerhalb kapitalistischer Lebensbed<strong>in</strong>gungen.<br />
Interessant wären<br />
eventuell auch Überlegungen zum<br />
Rausch unter sozialistischen<br />
Lebensbed<strong>in</strong>gungen, da ca. e<strong>in</strong><br />
Fünftel der heutigen BRD-Bevölkerung<br />
e<strong>in</strong>e entsprechende Sozialisation<br />
erfahren hat. Auch evolutionstheoretische<br />
Gedanken, weshalb<br />
bereits Tiere den Rausch suchen,<br />
werden nicht erwähnt. Vielleicht<br />
ist dies auch im Rahmen e<strong>in</strong>er solchen<br />
Veröffentlichung zu weitführend<br />
und somit noch mehr vom<br />
Buchtitel abweichend? Im dritten<br />
Kapitel »Rausch und Identität« stehen<br />
dann vor allem sozialpsychologische<br />
Ideen von MEAD zur Diskussion.<br />
Weshalb dann die<br />
e<strong>in</strong>gangs sehr dom<strong>in</strong>ierenden<br />
psychoanalytischen Theorien <strong>in</strong><br />
den H<strong>in</strong>tergrund treten, wird nicht<br />
ausreichend deutlich. Der folgende<br />
methodische Teil beschreibt <strong>in</strong><br />
vier Kapiteln: Forschungsanliegen<br />
und Untersuchungsfragen, Methodenwahl<br />
und ihre Begründung,<br />
Beschreibung des Ablaufs der<br />
Untersuchung und die Auswertungsmethode.<br />
Interessant ist die<br />
Anwendung der Methode der<br />
Kernsatzf<strong>in</strong>dung, welche sicher<br />
auch für viele Praktiker <strong>in</strong> Beratungssituationen<br />
von Interesse se<strong>in</strong><br />
könnte. Haupt<strong>in</strong>halt des anschließenden<br />
empirischen Teils s<strong>in</strong>d acht<br />
Interviews mit gegenwärtig aktiven<br />
<strong>Drogen</strong>gebrauchern. Wobei alle<br />
(fünf Männer, drei Frauen) Cannabis<br />
gebrauchen, vier noch Alkohol<br />
benennen und e<strong>in</strong>er unregelmäßig<br />
Pilze benutzt. Auch wenn hier von<br />
»kontrolliertem Gebrauch« illegalisierter<br />
<strong>Drogen</strong> im Buchtitel<br />
geschrieben wird, handelt es sich<br />
<strong>in</strong> den Darlegungen stets nur um<br />
e<strong>in</strong>e illegalisierte Droge: Cannabis.<br />
Ist der kontrollierte Gebrauch auch<br />
von anderen illegalisierten <strong>Drogen</strong><br />
möglich? Diese Frage wird nicht<br />
beantwortet. In der »Zusammenfassenden<br />
Darstellung der Ergebnisse«<br />
wird u.a. deutlich: Alle Interviewten<br />
haben ihre ersten Rauscherfahrungen<br />
mit Alkohol gemacht.<br />
Möglicherweise erfolgt der »Rausch–<br />
e<strong>in</strong>stieg« <strong>in</strong> unserer Kultur stets<br />
über den Alkohol? Dies wäre eventuell<br />
für die Präventionsarbeit noch<br />
mehr zu beachten. Und alle haben<br />
die illegalisierten <strong>Drogen</strong> über<br />
»drogenerfahrene Freunde« erhalten,<br />
nicht über Unbekannte, Dealer<br />
u.a. Auch dies sollte eventuell<br />
mehr Beachtung <strong>in</strong> der Präventionstätigkeit<br />
erfahren. Erwähnt<br />
wird der Übergang vom täglichen<br />
Gebrauch zum kontrollierten<br />
Gebrauch, dies er<strong>in</strong>nert an die<br />
aktuellen Diskussionen zum kontrollierten<br />
Tr<strong>in</strong>ken. Die vorliegende<br />
Publikation, die aus e<strong>in</strong>er Diplomarbeit<br />
hervorgegangen ist, löst<br />
sicher ke<strong>in</strong>en »Leserausch« aus und<br />
ist für praxisorientierte Leser eher<br />
zu theorielastig. Erwartungen an<br />
wesentlich neue Erkenntnisse<br />
bezüglich des kontrollierten Gebrauchs<br />
illegalisierter <strong>Drogen</strong> werden<br />
nicht ausreichend erfüllt und<br />
dennoch stellt das Fachbuch <strong>in</strong>teressante<br />
Überlegungen und Ergebnisse<br />
im Rahmen der Studien zur<br />
qualitativen <strong>Drogen</strong>forschung und<br />
akzeptierenden <strong>Drogen</strong>arbeit dar.<br />
Allen an der »Theorie des Rausches«<br />
<strong>in</strong>teressierten Lesern ist diese<br />
Veröffentlichung zu empfehlen,<br />
da es u.a. e<strong>in</strong>e Vielzahl von weiterführenden<br />
Zitaten, e<strong>in</strong>schließlich<br />
Literaturangaben, enthält.<br />
Risiko m<strong>in</strong>dern beim<br />
<strong>Drogen</strong>gebrauch<br />
Dr. W. Kursawe<br />
Gesundheitsförderung, Verbrauchertipps,<br />
Beratungswissen,<br />
Praxishilfen. Von Jan-Hendrik<br />
Heudtlass, He<strong>in</strong>o Stöver (Hrsg.).<br />
Fachhochschulverlag, Frankfurt<br />
am Ma<strong>in</strong> 2000, 2. Auflage, Band<br />
37, 429 S., DM 38,00<br />
Die Herausgeber haben nach fünf<br />
Jahren e<strong>in</strong>e zweite, vollständig<br />
überarbeitete und erweiterte Auflage<br />
<strong>in</strong> Zusammenarbeit mit 22<br />
Autoren geschaffen. Damit ist den<br />
Verfassern e<strong>in</strong> Standardwerk<br />
gelungen, das außerordentlich<br />
beachtenswert und vor allem sehr<br />
lesenswert für e<strong>in</strong>en sehr großen<br />
Kreis von Interessenten (z.B. <strong>Drogen</strong>benutzer,<br />
-berater, Mediz<strong>in</strong>er,<br />
Therapeuten u.a.) se<strong>in</strong> sollte. Die<br />
Veröffentlichung be<strong>in</strong>haltet 20<br />
Beiträge zu ausgewählten Themenbereichen.<br />
Wobei besonders<br />
die Vielfalt der dargestellten und<br />
erörterten Aspekte hervorzuheben<br />
ist. Alle Beiträge s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> sich<br />
gegliedert und werden jeweils mit<br />
Literaturangaben abgerundet. Die<br />
Publikation <strong>in</strong>sgesamt zeichnet<br />
sich durch e<strong>in</strong>e ansprechende<br />
Aufbereitung aus. Merksätze,<br />
Stichworte und kle<strong>in</strong>e, manchmal<br />
lustige Zeichnungen tragen zur<br />
Verdeutlichung der diskutierten<br />
Positionen bei. In vielen Beiträgen<br />
s<strong>in</strong>d zusätzlich Abbildungen,<br />
Tabellen, Tests und Zeichnungen<br />
zum besseren Verstehen enthalten<br />
und die verwendeten Farben<br />
unterstützen den sehr ansprechenden<br />
Gesamte<strong>in</strong>druck. Die<br />
Hauptzielsetzung des Buches,<br />
» e<strong>in</strong>e Verbraucherberatung für<br />
<strong>Drogen</strong>konsumenten zu leisten «,<br />
wird <strong>in</strong> der E<strong>in</strong>leitung des ersten<br />
Beitrages e<strong>in</strong>deutig benannt. In<br />
allen Beiträgen werden die neuesten<br />
Erfahrungen und Kenntnissse<br />
von Betroffenen und professionell<br />
Handelnden<br />
zusammengeführt und im S<strong>in</strong>ne<br />
der Gesundheits<strong>in</strong>formation und -<br />
förderung sowie des Verbraucherschutzes<br />
dargestellt. Damit soll<br />
die Risikokompetenz der <strong>Drogen</strong>gebraucher<br />
und die Beratungskompetenz<br />
der Mitarbeiter der<br />
<strong>Drogen</strong>hilfee<strong>in</strong>richtungen ausgebaut<br />
werden. Im ersten Beitrag -<br />
»Das Konzept Gesundheitsförderung<br />
- Betroffenenkompetenz<br />
nutzen - <strong>Drogen</strong>beratung entwickeln«<br />
- werden grundlegende<br />
Positionen erörtert. Die langjährige<br />
abst<strong>in</strong>enzfixierte <strong>Drogen</strong>hilfe<br />
wird kritisch betrachtet und es<br />
wird die Selbstbestimmung der<br />
Verbraucher <strong>in</strong> den Mittelpunkt<br />
der Interaktion, der akzeptanzorientierten<br />
<strong>Drogen</strong>arbeit, gestellt.<br />
Die Autoren, Schneider und Stöver,<br />
fordern e<strong>in</strong>e Aufhebung der<br />
Trennung <strong>in</strong> Experten und Laien.<br />
Sie diskutieren kritisch, dass »...<br />
unzählige Personen und Institutionen<br />
profitieren von der Dramaturgie<br />
der Sucht ...«. Der Rezensent<br />
fragt sich, gehören die<br />
Herausgeber und Autoren solch<br />
e<strong>in</strong>es Buches nicht auch zu diesem<br />
Personenkreis? Es entsteht<br />
e<strong>in</strong> Bild von »<strong>Drogen</strong>anwälten«,<br />
»<strong>Drogen</strong>beratern«, die Verbraucher<br />
umfassend über juristische,<br />
mediz<strong>in</strong>ische, psychische, physische,<br />
soziale, f<strong>in</strong>anzielle u.a. Vorund<br />
Nachteile des <strong>Drogen</strong>gebrauchs<br />
aufzuklären versuchen.<br />
Konsumenten sollen zunehmend<br />
<strong>in</strong> die Beratungsstellen kommen,<br />
um sich gebrauchsorientiert und<br />
genussorientiert beraten zu lassen.<br />
Da gilt es möglicherweise,<br />
Berufsbilder, Anforderungsprofile<br />
u.a. der Mitarbeiter erheblich zu<br />
modifizieren. In den folgenden<br />
Beiträgen werden »<strong>Drogen</strong> - ihre<br />
Wirkungen, Nebenwirkungen,<br />
Wechselwirkungen« und »Safer<br />
use - Gesundheitstipps für <strong>Drogen</strong>gebraucher«<br />
sehr ausführlich<br />
erörtert. Hier ist e<strong>in</strong>e Vielzahl von<br />
sehr detaillierten Darstellungen<br />
zu Konsumformen, entsprechenden<br />
Werkzeugen, Überdosierungen<br />
und Vergiftungen, Injektionsarten<br />
und -techniken, Infektionsschutz<br />
u.a. enthalten. Auch sehr erfahrene<br />
»Experten und Laien« werden<br />
hier sicher Neues entdecken. Es<br />
wird z.B. e<strong>in</strong>e Konsumform von<br />
Hero<strong>in</strong>, »Spritzen ohne Nadeln«,<br />
beschrieben, die <strong>in</strong> Deutschland<br />
bisher wenig bekannt ist. Auch bei<br />
Konsumformen gibt es erhebliche<br />
regionale Unterschiede, z.B.<br />
berichteten dänische Kollegen im<br />
Rahmen e<strong>in</strong>er Fachexkursion über<br />
die vag<strong>in</strong>ale Aufnahme von alkoholgetränkten<br />
Tampons bei jungen<br />
Frauen <strong>in</strong> Dänemark. Es<br />
schließen sich Beiträge zum<br />
»Kontrollierten Alkoholkonsum -<br />
Strategien der Risikom<strong>in</strong>imierung«<br />
(S. 148 ff.) und e<strong>in</strong>e »Verbraucherberatung<br />
zur Erhaltung<br />
der Gesundheit bei Partydrogenkonsum«<br />
(S. 179 ff.) an. Zugangswege<br />
zum kontrollierten Tr<strong>in</strong>ken<br />
und Forschungsergebnisse zu dieser<br />
relativ neuen Vorgehensweise<br />
sowie E<strong>in</strong>schätzungsbogen, Tr<strong>in</strong>k-<br />
Tagebuch u.a. werden vorgestellt<br />
und auf weiterführende Literatur<br />
wird h<strong>in</strong>gewiesen. Auch bei dem<br />
Partydrogenkonsum werden Prävention,<br />
Gesundheitsförderung,<br />
Verbraucherschutz u.a. erörtert.<br />
Das Internet wird im Rahmen der<br />
Verbraucherberatung diskutiert.<br />
E<strong>in</strong> beachtenswertes Internetangebot<br />
zu Partydrogen bietet die<br />
Suchtprävention der <strong>Drogen</strong>hilfe<br />
Köln e.V. unter www. partypack.de<br />
(!). Im Mittelpunkt der nächsten<br />
drei Beiträge stehen »Zauberpilze -<br />
Ihr historischer und moderner<br />
Gebrauch«, »Cannabis denn Sünde<br />
se<strong>in</strong> ? - Mit Kiffertest« und »Safer<br />
Use: Pillen - Informationen und<br />
Ratschläge«. Es werden stets historische,<br />
pharmakologische, juristische<br />
u.a. Aspekte dargelegt.<br />
Konsummuster, Risiken und Hilfen<br />
werden umfassend aufgezeigt<br />
und Tests, z.B. Kiffertest, zur<br />
Eigenanwendung und -auswertung<br />
s<strong>in</strong>d vorhanden. Diese Beiträge<br />
s<strong>in</strong>d möglicherweise<br />
besonders für junge Leser von<br />
besonderem Interesse. »Hilfen im<br />
<strong>Drogen</strong>notfall und bei Erkrankungen<br />
<strong>in</strong>folge <strong>Drogen</strong>gebrauchs«<br />
enthält sehr viele praxisorientierte<br />
Handlungsanleitungen für entsprechende<br />
Situationen. In zwei<br />
darauf folgenden Beiträgen werden<br />
spezielle Themenbereiche, z.B.<br />
Naloxanvergabe und Hepatitis,<br />
ausführlich beschrieben. Die Notwendigkeit<br />
von frauenspezifischen<br />
Angeboten <strong>in</strong> der <strong>Drogen</strong>hilfe ist<br />
sicher unbestritten und somit s<strong>in</strong>d<br />
entsprechende Beiträge im vorliegenden<br />
Werk folgerichtig und<br />
angemessen. »<strong>Drogen</strong>abhängigkeit<br />
und Schwangerschaft«, »<strong>Drogen</strong>abhängigkeit<br />
und die Zeit nach der<br />
Geburt« und »Safer Sex für Frauen,<br />
die anschaffen« s<strong>in</strong>d drei Beiträge,<br />
die e<strong>in</strong>e Vielzahl von Erfahrungen,<br />
Erkenntnissen und neuen Ideen für<br />
frauenspezifisches Arbeiten <strong>in</strong> der<br />
<strong>Drogen</strong>hilfe enthalten. E<strong>in</strong> Tabuthema<br />
<strong>in</strong> vielen Kreisen ist häufig<br />
noch die Situation von drogengebrauchenden<br />
Strichern. Der Beitrag<br />
»Voll drauf und gut angeschafft<br />
- Hilfreiche Tipps für<br />
drogengebrauchende Stricher«<br />
hellt dieses Thema sehr beachtlich<br />
auf. In e<strong>in</strong>igen Großstädten, z.B.<br />
<strong>in</strong> Köln - Looks e.V., beschäftigen<br />
sich Vere<strong>in</strong>e professionell mit dieser<br />
Zielgruppe. Weitere Beiträge<br />
beschäftigen sich u.a. noch mit<br />
der Infektionsprophylaxe im Justizvollzug,<br />
mit dem sehr aktuellen<br />
Thema »Konsumräume als professionelles<br />
Angebot der Suchtkrankenhilfe«,<br />
mit <strong>Drogen</strong> und<br />
Straßenverkehr sowie mit vielen<br />
damit verbundenen Aspekten. Es<br />
folgen Beiträge mit umfangreichen<br />
H<strong>in</strong>weisen zu Informationsmaterialien<br />
und zum Bereich »Das<br />
Internet - Nutzen und Chancen<br />
SuchtReport 1/2002<br />
SuchtReport 1/2002
60 Bücher<br />
Bücher<br />
61<br />
für <strong>Drogen</strong>arbeit und <strong>Drogen</strong>forschung«.<br />
Vor- und Nachteile des<br />
Internets werden erörtert, e<strong>in</strong>e<br />
L<strong>in</strong>ksammlung (Stand: Mai 2000)<br />
wird angeboten und viele neue<br />
Forschungsrichtungen werden<br />
andiskutiert. E<strong>in</strong> solides Sachwortverzeichnis<br />
und die Vorstelllung<br />
der Autoren runden das sehr<br />
ansprechende Werk ab. Für den<br />
Rezensenten gab es bisher e<strong>in</strong>e<br />
<strong>Drogen</strong>fibel:»<strong>Drogen</strong>praxis - <strong>Drogen</strong>recht<br />
- <strong>Drogen</strong>politik« von L.<br />
Böll<strong>in</strong>ger, H. Stöver, L. Fietzek.<br />
Das vorliegende Werk wird möglicherweise<br />
die zweite »<strong>Drogen</strong>fibel«.<br />
Die evidente Aufbereitung<br />
der enthaltenen Beiträge macht<br />
dieses Buch zu e<strong>in</strong>er Muss-, zu<br />
e<strong>in</strong>er Zwangs- oder besser zu<br />
e<strong>in</strong>er Pflichtlektüre für alle <strong>Drogen</strong>verbraucher<br />
und Verbraucherschützer<br />
und Mitarbeiter <strong>in</strong> der<br />
<strong>Drogen</strong>hilfe.<br />
Dr. W. Kursawe<br />
Sexueller Missbrauch - Schutz<br />
durch Aufklärung<br />
Von Kar<strong>in</strong> Frei, Ravensburger<br />
Buchverlag, Ravensburg 1997, 3.,<br />
überarbeitete Auflage, 192 S.,<br />
DM 19,90<br />
E<strong>in</strong> Albtraum für jeden, dem K<strong>in</strong>der<br />
nahe stehen: sexueller Missbrauch.<br />
Aber die Angst bleibt diffus: Wo<br />
s<strong>in</strong>d die K<strong>in</strong>der am stärksten gefährdet?<br />
Wie kann man sie effektiv<br />
schützen? Die Psycholog<strong>in</strong> Kar<strong>in</strong><br />
Frei beantwortet <strong>in</strong> ihrem Ratgeber<br />
diese und viele andere Fragen. Der<br />
erste Teil des Buches ist der Information<br />
gewidmet. Die Autor<strong>in</strong><br />
macht deutlich, dass sexueller Missbrauch<br />
bereits weit vor dem eigentlichen<br />
Geschlechtsverkehr anfängt<br />
und dass nicht nur Mädchen<br />
gefährdet s<strong>in</strong>d. Sie beschreibt Verhaltensweisen,<br />
an denen man Missbrauch<br />
erkennen kann, und erklärt,<br />
warum Mütter manchmal nichts<br />
merken. Vor allem aber betont Frei,<br />
dass bei rund 75 Prozent aller missbrauchten<br />
K<strong>in</strong>der der leibliche Vater<br />
oder e<strong>in</strong>e ähnliche väterliche Bezugs–<br />
person der Täter ist. Damit kann<br />
aber als wirksamer Schutz nicht<br />
genügen, die K<strong>in</strong>der vor dem bösen<br />
fremden Mann auf dem Spielplatz<br />
oder dem Weg zur Schule zu warnen.<br />
Der zweite Teil des Buches ist<br />
der Prävention gewidmet, die laut<br />
Kar<strong>in</strong> Frei <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie dar<strong>in</strong><br />
besteht, die K<strong>in</strong>der <strong>in</strong> ihrem Selbstbewusstse<strong>in</strong><br />
zu stärken. K<strong>in</strong>der, die<br />
selbst über ihren Körper bestimmen<br />
dürfen, die gelernt haben, auf ihre<br />
eigenen Gefühle zu hören und ihre<br />
Grenzen zu verteidigen, s<strong>in</strong>d eher<br />
<strong>in</strong> der Lage, Missbrauchssituationen<br />
zu erkennen und abzuwehren, als<br />
e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d, dessen Intimsphäre schon<br />
im Alltag nicht beachtet wird.<br />
Wichtig ist es auch, mit K<strong>in</strong>dern<br />
frühzeitig über Sexualität zu sprechen,<br />
damit sie überhaupt <strong>in</strong> der<br />
Lage s<strong>in</strong>d, über eventuelle Übergriffe<br />
zu sprechen. Der Ratgeber<br />
von Kar<strong>in</strong> Frei <strong>in</strong>formiert mit vielen<br />
Beispielfällen und bietet gleichzeitig<br />
konkrete Hilfestellung. Dadurch<br />
zeichnet er sich aus. Zahlreiche<br />
Spiel- und Gesprächsvorschläge,<br />
Empfehlungen von K<strong>in</strong>derbüchern<br />
und Sekundärliteratur erleichtern<br />
den Eltern den richtigen Umgang<br />
mit diesem schwierigen Thema. Für<br />
Erzieher<strong>in</strong>nen, aber auch für Angehörige<br />
s<strong>in</strong>d H<strong>in</strong>weise hilfreich, die<br />
zeigen, wie man sich bei Verdacht<br />
auf sexuellen Missbrauch am<br />
besten verhält, und was zu tun ist,<br />
wenn e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d über den Missbrauch<br />
spricht.<br />
Tabakabhängigkeit<br />
Gabriele Gorny<br />
Gesundheitliche Schäden durch<br />
das Rauchen. Ursachen - Folgen -<br />
Behandlungsmöglichkeiten -<br />
Konsequenzen für Politik und<br />
Gesellschaft. Von Knut-Olaf<br />
Hauste<strong>in</strong>. Deutscher Ärzte-Verlag,<br />
Köln 2001, 478 S., DM 78,00,<br />
ISBN 3-7691-0390-4<br />
Epidemiologische Analysen belegen,<br />
dass weltweit jedes Jahr über<br />
3 Millionen Menschen an den<br />
Folgen des Rauchens sterben. Das<br />
Inhalieren von Tabakrauch ist für<br />
80 bis 90 Prozent der chronischen<br />
Atemwegserkrankungen, 80 bis<br />
85 Prozent aller Lungenkrebse<br />
und 25 bis 43 Prozent aller koronaren<br />
Herzerkrankungen ursächlich<br />
verantwortlich. Von allen<br />
Krebstodesfällen werden alle<strong>in</strong> 25<br />
bis 30 Prozent auf das Rauchen<br />
zurückgeführt. Von den 80 Millionen<br />
E<strong>in</strong>wohnern der Bundesrepublik<br />
Deutschland versterben<br />
jährlich über 100.000 an den Folgen<br />
des Rauchens. Wenngleich<br />
diese Tatsachen allgeme<strong>in</strong> weith<strong>in</strong><br />
bekannt s<strong>in</strong>d und e<strong>in</strong>e Vielzahl<br />
von Informationsschriften zu<br />
unterschiedlichen Fragen zum<br />
Thema »Rauchen« vorliegen, fehlte<br />
bislang e<strong>in</strong> umfassend mediz<strong>in</strong>isch<br />
fundiertes Werk, das nicht<br />
nur die gesundheitlichen Schäden<br />
durch das Rauchen aufzeigt, sondern<br />
sich gleichermaßen auch den<br />
Ursachen, Behandlungsmöglichkeiten<br />
und den Konsequenzen für<br />
Politik und Gesellschaft widmet.<br />
Hier verdient der kl<strong>in</strong>ische Pharmakologe<br />
Knut-Olaf Hauste<strong>in</strong><br />
besondere Beachtung, da er mit<br />
dem vorliegenden Buch erstmals<br />
e<strong>in</strong>e umfassende Monographie<br />
zur Tabakabhängigkeit vorgelegt<br />
hat. Der Autor, Gründer der Deutschen<br />
Gesellschaft für Nikot<strong>in</strong>forschung<br />
e.V. und seit 1999 Leiter<br />
des neu gegründeten Instituts für<br />
Nikot<strong>in</strong>forschung und Raucherentwöhnung<br />
(Erfurt), beg<strong>in</strong>nt se<strong>in</strong>e<br />
<strong>in</strong> 15 Kapitel untergliederte<br />
Darstellung mit e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>teressanten<br />
Abhandlung über die Geschichte<br />
des Tabaks, bevor er mit<br />
e<strong>in</strong>er Epidemiologie der Tabakabhängigkeit<br />
se<strong>in</strong>er Leserschaft die<br />
erschreckenden Auswirkungen<br />
dieser von Menschen erzeugten<br />
Epidemie vorstellt. Weitere Kapitel,<br />
an deren Ende sich jeweils<br />
umfangreiche Literaturangaben<br />
f<strong>in</strong>den, widmen sich den Tabak<strong>in</strong>haltsstoffen<br />
sowie der Pharmakologie<br />
und Pharmakok<strong>in</strong>etik von<br />
Nikot<strong>in</strong>, bevor ausführlich die<br />
Auswirkungen des Rauchens auf<br />
Lungenerkrankungen und Herz-<br />
Kreislauf-Erkrankungen sowie die<br />
schädlichen Effekte auf verschiedene<br />
weitere Organsysteme -<br />
unter anderem Zentralnervensystem,<br />
Augenerkrankungen, Ohren,<br />
Mundhöhle und Kehlkopf, Stoffwechsel,<br />
Gastro- und Urogenitaltrakt,<br />
die Haut - dargestellt werden.<br />
Die Gefahren des Rauchens<br />
für das Neugeborene und den<br />
Säugl<strong>in</strong>g sowie das Problem des<br />
Passivrauchens werden e<strong>in</strong>drukksvoll<br />
beschrieben. Im Unterschied<br />
zu anderen Raucherentwöhnungsratgebern<br />
stellt<br />
Knut-Olaf Hauste<strong>in</strong> die diversen<br />
Therapiemöglichkeiten <strong>in</strong> ihren<br />
Vor- und Nachteilen entlang der<br />
ganzen Bandbreite dar. Davon<br />
ausgehend, dass es besonders<br />
wichtig ist, den E<strong>in</strong>stieg <strong>in</strong> das<br />
Rauchen bei Jugendlichen zu verh<strong>in</strong>dern,<br />
widmet der Autor den<br />
Maßnahmen zur Primärprävention<br />
e<strong>in</strong> besonderes Kapitel. E<strong>in</strong><br />
Verdienst der Veröffentlichung<br />
liegt dar<strong>in</strong>, dass auch die »politische«<br />
Dimension der angesprochenen<br />
Probleme <strong>in</strong> den Kapiteln<br />
»Tabak<strong>in</strong>dustrie und Werbung«<br />
und »Gesellschaft, Politik und<br />
Tabak<strong>in</strong>dustrie« kritisch beleuchtet<br />
werden. Im abschließenden<br />
Kapitel »Zusammenfassung und<br />
Ausblick« betont der Autor, dass<br />
Deutschland bezüglich der<br />
gesundheitspolitischen Konsequenzen<br />
gegenüber dem Rauchen<br />
als »Entwicklungsland« zu<br />
bezeichnen ist. Ergänzt wird die<br />
übersichtlich und systematisch<br />
gegliederte Darstellung durch e<strong>in</strong><br />
Verzeichnis derzeitig verfügbarer<br />
Beratungs- und Kontaktstellen<br />
sowie e<strong>in</strong> ausführliches Sachverzeichnis.<br />
Das mit zahlreichen<br />
Abbildungen ausgestattete Buch,<br />
mit dessen Hilfe sich auch sehr<br />
gut Sem<strong>in</strong>are und Fortbildungen<br />
zum Thema Raucherentwöhnung<br />
vorbereiten lassen, kann jedem<br />
une<strong>in</strong>geschränkt empfohlen werden,<br />
der sich <strong>in</strong>tensiv über das<br />
Tabakrauchen und die damit verbundenen<br />
Probleme <strong>in</strong>formieren<br />
möchte. Auf dem e<strong>in</strong>schlägigen<br />
Buchmarkt ist es sicherlich e<strong>in</strong>e<br />
der wichtigsten Veröffentlichungen<br />
der letzten Jahre.<br />
Hubert Koll<strong>in</strong>g<br />
Wenn ich erst wieder Arbeit habe<br />
Adaptionsbehandlung als zweite<br />
Phase der mediz<strong>in</strong>ischen<br />
Rehabilitation Suchtkranker.<br />
Herausgegeben von Mart<strong>in</strong> Heide,<br />
Neuland-Verlagsgesellschaft mbH,<br />
Geesthacht 2001,<br />
102 S., DM 39,80<br />
Entgiftung und Suchttherapie -<br />
nicht immer ist Suchtkranken<br />
damit schon ausreichend geholfen.<br />
Fehlende soziale B<strong>in</strong>dungen,<br />
Arbeits- und Wohnungslosigkeit<br />
können e<strong>in</strong>e weitere stationäre<br />
Maßnahme erfordern, um den<br />
drohenden Rückfall zu vermeiden:<br />
die Adaptionsbehandlung.<br />
Die vorliegende Aufsatzsammlung<br />
liefert <strong>in</strong>teressierten Fachleuten<br />
e<strong>in</strong>en <strong>in</strong>formativen Überblick<br />
über wesentliche Aspekte<br />
dieser zweiten Phase der mediz<strong>in</strong>ischen<br />
Rehabilitation. Mart<strong>in</strong><br />
Heide stellt zunächst die Therapiemöglichkeiten<br />
<strong>in</strong> der Adaptionsphase<br />
vor und erläutert, <strong>in</strong><br />
welchen Fällen sie zwischen Entwöhnungsbehandlung<br />
und klassischer<br />
Nachsorge zwischengeschaltet<br />
werden sollte. Ra<strong>in</strong>er<br />
Verstege skizziert die Entwicklung<br />
von der stationären Nachsorge<br />
der 70er Jahre zur heutigen Adaption<br />
und diskutiert die Unterschiede<br />
zwischen beiden Maßnahmen.<br />
Helga Schallenberg stellt<br />
aus Sicht der BfA als Kostenträger<br />
klar, dass die Adaptionsbehandlung<br />
dazu dient, e<strong>in</strong>en<br />
Patienten bei der eigenständigen<br />
Bewältigung e<strong>in</strong>es erhöhten<br />
Rückfallrisikos therapeutisch zu<br />
unterstützen. Dabei müssen die<br />
mediz<strong>in</strong>ischen Maßnahmen auf<br />
den Patienten (nicht auf die sozialen<br />
Bed<strong>in</strong>gungen) e<strong>in</strong>wirken,<br />
damit dieser sich mit se<strong>in</strong>er <strong>in</strong>dividuellen<br />
Gefährdung ause<strong>in</strong>ander<br />
setzt und dabei lernt, diese zu<br />
überw<strong>in</strong>den. Im Gegensatz zum<br />
Schonraum der Fachkl<strong>in</strong>ik wird<br />
vom Patienten hier erwartet, dass<br />
er die Anforderungen des Lebensalltags,<br />
die Wohnungs- und<br />
Arbeitssuche aus eigener Kraft<br />
bewältigt. Mart<strong>in</strong> Heide zeigt an<br />
Fallbeispielen, wie mühselig der<br />
Weg zur beruflichen Wiedere<strong>in</strong>gliederung<br />
Suchtkranker se<strong>in</strong><br />
kann. Julia Braun diskutiert den<br />
so genannten »Restpsychotherapiebedarf«,<br />
den die Kostenträger<br />
e<strong>in</strong>erseits fordern, um überhaupt<br />
e<strong>in</strong>e Adaptionsmaßnahme zu<br />
genehmigen, den sie andererseits<br />
aber m<strong>in</strong>imieren und auf Arbeitsaspekte<br />
begrenzt sehen wollen.<br />
Walter Olk liefert e<strong>in</strong>en positiven<br />
Erfahrungsbericht über die<br />
geme<strong>in</strong>same Adaptionsbehandlung<br />
von Alkoholabhängigen und<br />
<strong>Drogen</strong>abhängigen / Polytoxikomanen<br />
und schildert die Vorausssetzungen,<br />
unter denen <strong>in</strong>tegrierte<br />
Adaption für beide Suchtgruppen<br />
bereichernd und produktiv stattf<strong>in</strong>den<br />
kann. Ra<strong>in</strong>er Verstege<br />
wirft die Frage auf, ob adaptive<br />
Behandlungen auch für Spielsüchtige<br />
s<strong>in</strong>nvoll oder notwendig<br />
s<strong>in</strong>d, nachdem mediz<strong>in</strong>ische<br />
Rehabilitationsmaßnahmen jetzt<br />
auch für diese Patientengruppe<br />
angedacht werden. Abschließend<br />
beschäftigt sich Johannes L<strong>in</strong>denmayer<br />
mit dem modernen Phänomen<br />
der strukturellen Arbeitslosigkeit,<br />
die die berufliche<br />
Re<strong>in</strong>tegration als Ziel der Adaption<br />
erschwert. L<strong>in</strong>denmayer fordert<br />
deshalb die konzeptionelle<br />
Anpassung der Behandlung<br />
dah<strong>in</strong>gehend, dass bereits <strong>in</strong> der<br />
ersten Phase der Entwöhnung die<br />
berufliche und soziale Zukunft im<br />
Vordergrund stehen sollte und<br />
nicht wie bisher die Aufarbeitung<br />
der Suchtvergangenheit. In der<br />
Adaption selbst sollte als Alternative<br />
zur bezahlten Arbeit die<br />
Suche nach e<strong>in</strong>er S<strong>in</strong>n gebenden<br />
ehrenamtlichen Tätigkeit mit<br />
sozialer Anerkennung gefördert<br />
werden. Die Fülle der verschiedenen<br />
Diskussionsbeiträge macht<br />
das Buch zu e<strong>in</strong>er wertvollen<br />
Informationsquelle, die zu e<strong>in</strong>er<br />
erfolgreichen Zusammenarbeit<br />
der verschiedenen E<strong>in</strong>richtungen<br />
beitragen kann.<br />
Gabriele Gorny<br />
Persönlichkeitsstörungen PTT<br />
3/2000 Theorie und Therapie<br />
Die hysterische/histrionische<br />
Persönlichkeitsstörung, Saß,<br />
Henn<strong>in</strong>g Schattauer GmbH, 52<br />
S., ISBN 3-7945-1907-8, DM<br />
40,00<br />
Von der Hysterie zur histrionischen<br />
Persönlichkeit - die Umwandlung<br />
e<strong>in</strong>er Krankheit zur e<strong>in</strong>er Persönlichkeitstörung<br />
ist der <strong>in</strong>formative<br />
und kritische Inhalt des PTT Heftes<br />
3/2000. Namhafte Autoren wie<br />
Sven Olaf Hoffmann, Stavros<br />
Mentzos, Annegret Eckhardt-Henn,<br />
Carl Eduard Scheidt, Sab<strong>in</strong>e Herpertz,<br />
Henn<strong>in</strong>g Saß und Reg<strong>in</strong>a<br />
Horeis versuchen sich <strong>in</strong> der Erklärung,<br />
Bilanzierung und Wandlung<br />
e<strong>in</strong>er Krankheit <strong>in</strong> nichtdiskrim<strong>in</strong>ierenden<br />
Störungsbildern, deren<br />
Erwähnung bereits 1900 v. Chr. zu<br />
f<strong>in</strong>den ist. Während schon Hippokrates<br />
(460-370 v. Chr.) die Hysterie<br />
den Frauen zuschreibt, versucht<br />
die Psychoanalyse heute, Menschen<br />
mit histrionischen Persönlichkeitsstörungen<br />
mit e<strong>in</strong>er globalen<br />
und tief greifenden<br />
Selbstwertproblematik beiden<br />
Geschlechtes zu beschreiben. Zwar<br />
gibt es durchaus geschlechtsspezifische<br />
Reaktionen und Verläufe,<br />
aber ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>deutige Zuordnung<br />
mehr nur zu Frauen. Die Neuphänomenologie<br />
der histrionischen<br />
Persönlichkeitsstörung zeigt deutliche<br />
Überschneidungen mit anderen<br />
Störungsbildern, weswegen die<br />
Notwendigkeit der differentialdia–<br />
gnostischen Abgrenzung von der<br />
Borderl<strong>in</strong>e-, der antisozialen, der<br />
narzisstischen und abhängigen<br />
Persönlichkeit erarbeitet werden<br />
muss. Dabei könnte e<strong>in</strong> Zusammenführen<br />
der Konzepte aus der<br />
Psychoanalyse (Abwehr, Emotionalität),<br />
aus der Phänomenologie<br />
(Identität, Selbst), aus der Psychologie<br />
(Kognition) und aus der<br />
Psychopathologie zu fundierteren<br />
Erklärungen führen als e<strong>in</strong>e<br />
beschreibende Neophänomenologie.<br />
Die teilweise selbstkritische<br />
Ause<strong>in</strong>andersetzung der Autoren<br />
mit der Vielfalt von Theorien und<br />
Therapien der beschriebenen Persönlichkeitsstörungen<br />
führt zu<br />
e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>teressanten Diskussion über<br />
Werte und Normen <strong>in</strong> der Erkennnung,<br />
Zuordnung und Behandlung<br />
von Störungen oder den Umgang<br />
mit der spezifischen Wahrnehmung<br />
der realen und sozialen Umwelt.<br />
Jahrbuch Sucht 2002<br />
L.A. Pota<br />
Deutsche Hauptstelle gegen die<br />
Suchtgefahren e.V., Neuland<br />
Verlagsgesellschaft mbH, 228 S.,<br />
ISBN 3-87581-217-4, 13,90<br />
Das Jahrbuch fasst die neuesten<br />
Statistiken zum Konsum von<br />
Alkohol, illegalen <strong>Drogen</strong>, Arzneimitteln<br />
und Tabak sowie zu<br />
Suchtmitteln im Straßenverkehr<br />
und Glücksspiel zusammen. Darüber<br />
h<strong>in</strong>aus enhält es Beiträge über<br />
Konsumtrends und Konsumverhalten<br />
bei illegalen <strong>Drogen</strong>, Rück–<br />
fall und Selbsthilfe, Sucht und<br />
Migration, Grundlagen kommunaler<br />
Suchthilfeplanung sowie<br />
zur Suchtprävention. Umfangreiches<br />
Adressverzeichnis und Veranstaltungskalender<br />
runden das<br />
Werk ab.<br />
SuchtReport 1/2002<br />
SuchtReport 1/2002
62 Term<strong>in</strong>e<br />
Term<strong>in</strong>e<br />
63<br />
"22. - 23. 01. 2002<br />
Medikamente: Die stille<br />
Sucht<br />
Deutschland, Berl<strong>in</strong><br />
Institut für Betriebliche<br />
Suchtprävention Berl<strong>in</strong> e. V.<br />
Gierkezeile 39<br />
10585 Berl<strong>in</strong><br />
Telefon: 030/ 34 80 09 21<br />
E-Mail: IBS.Berl<strong>in</strong>@t-onl<strong>in</strong>e.de<br />
"24. - 24. 01. 2002<br />
Süchtig oder tüchtig?<br />
Deutschland, Berl<strong>in</strong><br />
Institut für Betriebliche<br />
Suchtprävention Berl<strong>in</strong> e. V.<br />
Gierkezeile 39<br />
10585 Berl<strong>in</strong><br />
Telefon: 030/ 34 80 09 21<br />
E-Mail: IBS.Berl<strong>in</strong>@t-onl<strong>in</strong>e.de<br />
"31.01 - 01. 02. 2002<br />
»Ausbildung zum/zur<br />
Qualitätskoord<strong>in</strong>ator/<strong>in</strong>«<br />
Modul 4: Moderation und<br />
Präsentation<br />
Deutschland, Geseke<br />
Landschaftsverband Westfalen-<br />
Lippe Koord<strong>in</strong>ationsstelle für<br />
<strong>Drogen</strong>fragen und Fortbildung<br />
Projekt QM<br />
Warendorfer Straße 25-27<br />
48133 Münster<br />
Telefon:0251/ 591 5501<br />
E-Mail:qm@lwl.org<br />
"07. - 08. 02. 2002<br />
Stressmanagement<br />
Deutschland, Berl<strong>in</strong><br />
Institut für Betriebliche<br />
Suchtprävention Berl<strong>in</strong> e. V.<br />
Gierkezeile 39<br />
10585 Berl<strong>in</strong><br />
Telefon: 030/ 34 80 09 21<br />
E-Mail: IBS.Berl<strong>in</strong>@t-onl<strong>in</strong>e.de<br />
"07. - 08. 02. 2002<br />
6th International Hepatitis C<br />
Conference<br />
Portugal, Lissabon<br />
The National Hepatitis C Resource<br />
Center<br />
P.O. Box 31844<br />
London SE II 4 DT<br />
tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g-conferences@hep-ccentre.com<br />
Fax: 020 7735 6645<br />
"10. - 13. 02. 2002<br />
Sem<strong>in</strong>ar Ȇber zehn Jahre<br />
Ambulante Rehabilitation<br />
Sucht: Erfahrungen-Konsequenzen-Perspektiven«<br />
Deutschland, Hofgeismar<br />
Diakonische Akademie Deutschland,<br />
He<strong>in</strong>rich-Mann-Straße 29<br />
13156 Berl<strong>in</strong><br />
Telefon: 030/ 48837-457<br />
"15. - 17. 02. 2002<br />
9. Münchner Aids-Tage<br />
Deutschland, München<br />
mic - mi <strong>in</strong>formation center verlag<br />
moderne <strong>in</strong>dustrie AG & Co. KG<br />
86895 Landsberg<br />
www.aids-tage.de<br />
Telefon: 08191/ 125-433<br />
E-Mail: <strong>in</strong>fo@m-i-c.de<br />
"16. 02. 2002<br />
Fortbildung »Suchtmediz<strong>in</strong>ische<br />
Grundversorgung«<br />
Bauste<strong>in</strong> II<br />
Deutschland, München<br />
Bayerische Landesärztekammer<br />
Mühlbaurstraße 16<br />
81677 München<br />
Telefon: 089/ 41 47 461<br />
E-Mail: suchtmediz<strong>in</strong>@blaek.de<br />
"20. - 21. 02. 2002<br />
Gesundheitsförderliches<br />
Führungsverhalten und<br />
Fehlzeitengespräche<br />
Deutschland, Berl<strong>in</strong><br />
Institut für Betriebliche<br />
Suchtprävention Berl<strong>in</strong> e. V.<br />
Gierkezeile 39<br />
10585 Berl<strong>in</strong><br />
Telefon: 030/ 34 80 09 21<br />
E-Mail: IBS.Berl<strong>in</strong>@t-onl<strong>in</strong>e.de<br />
"20. - 21. 02. 2002<br />
»Nicht-stoffgebundene<br />
Suchtformen« Fachsem<strong>in</strong>ar<br />
Schweiz, Aargau<br />
Sekretariat der Abteilung<br />
Weiterbildung/ Dienstleistungen,<br />
FH Aargau Soziale Arbeit,<br />
Stahlra<strong>in</strong> 2, Postfach,<br />
5201 Brugg<br />
Telefon: 056/ 462 88 00<br />
E-Mail: sa-weiterbildung@ag.ch<br />
"20. - 21. 02. 2002<br />
»Zukunft der Suchtprävention<br />
- Suchtprävention der<br />
Zukunft« Fachtagung<br />
Deutschland, Nürnberg<br />
Stadt Nürnberg, Jugendamt<br />
Koord<strong>in</strong>ationsstelle<br />
Suchtprävention<br />
Feldgasse 37<br />
90489 Nürnberg<br />
Telefon: 0911/ 231 22 98<br />
renate_rumrich@j.stadt.nuernberg.de<br />
"20. - 22. 02. 2002<br />
IV. Tagung »Die subjektive<br />
Seite der Schizophrenie«<br />
Deutschland, Hamburg<br />
Universitätskl<strong>in</strong>ikum Hamburg-<br />
Eppendorf Kl<strong>in</strong>ik und Polikl<strong>in</strong>ik<br />
für Psychiatrie und Psychotherapie<br />
Mart<strong>in</strong>straße 52<br />
20246 Hamburg<br />
Telefon: 040/ 42803-4804<br />
parchmann@uke.uni-hamburg.de<br />
"21. - 22. 02. 2002<br />
»Ausbildung zum/zur Qualitätskoord<strong>in</strong>ator/<strong>in</strong>«<br />
Modul 1:<br />
EFQM-Modell und Selbstbewertung<br />
Deutschland, Geseke<br />
Landschaftsverband Westfalen-<br />
Lippe Koord<strong>in</strong>ationsstelle für<br />
<strong>Drogen</strong>fragen und Fortbildung<br />
Projekt QM<br />
Warendorfer Straße 25-27<br />
48133 Münster<br />
Telefon: 0251/ 591 5501<br />
E-Mail: qm@lwl.org<br />
"22. 02. 2002<br />
Ȇber <strong>Drogen</strong> haben wir<br />
schon viel gesprochen«<br />
Chancen und Grenzen für<br />
suchtpräventive Anliegen<br />
im betrieblichen Ausbildungsalltag<br />
Deutschland, Berl<strong>in</strong><br />
Institut für Betriebliche Suchtprävention<br />
Berl<strong>in</strong> e. V.<br />
Gierkezeile 39<br />
10585 Berl<strong>in</strong><br />
Telefon: 030/ 34 80 09 21<br />
E-Mail: IBS.Berl<strong>in</strong>@t-onl<strong>in</strong>e.de<br />
"23. - 27. 02. 2002<br />
14. Kongress für Kl<strong>in</strong>ische<br />
Psychologie, Psychotherapie<br />
und Beratung »Gentherapie<br />
statt Psychotherapie? -<br />
(K)e<strong>in</strong> Abschied vom<br />
Sozialen?«<br />
Deutschland, Berl<strong>in</strong><br />
Deutsche Gesellschaft für<br />
Verhaltenstherapie (DGVT) e. V.<br />
Neckarhalde 55,<br />
72070 Tüb<strong>in</strong>gen<br />
Telefon: 0 70 71/94 34 94<br />
E-Mail: kongress@dgvt.de<br />
"02. 03. 2002<br />
Podiumsdiskussion »Wie<br />
schütze ich me<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d vor<br />
der Sucht? Prävention von<br />
Alkohol-, Nikot<strong>in</strong>-, Medikamenten-<br />
und <strong>Drogen</strong>missbrauch.«<br />
Deutschland, Bad Homburg<br />
SIS Vere<strong>in</strong> zur Förderung und<br />
Unterstützung der Selbsthilfe im<br />
Suchtkrankenbereich<br />
Postfach 24 30<br />
61294 Bad Homburg<br />
"04. - 06. 03. 2002<br />
Fachsem<strong>in</strong>ar »<strong>Drogen</strong>konsum<br />
<strong>in</strong> Institutionen - Augen<br />
zu oder <strong>in</strong>tervenieren?«<br />
Schweiz, Aargau<br />
Sekretariat der Abteilung<br />
Weiterbildung/ Dienstleistungen,<br />
FH Aargau Soziale Arbeit,<br />
Stahlra<strong>in</strong> 2, Postfach,<br />
5201 Brugg<br />
Telefon: 056/ 462 88 00<br />
E-Mail: sa-weiterbildung@ag.ch<br />
"04. - 08. 03. 2002<br />
Sem<strong>in</strong>ar »Sucht und Angst«<br />
Deutschland, Oerl<strong>in</strong>ghausen<br />
Diakonische Akademie Deutschland<br />
He<strong>in</strong>rich-Mann-Straße 29<br />
13156 Berl<strong>in</strong><br />
Telefon: 030/ 48837-457<br />
"05. 03. 2002<br />
Potsdamer Fachtag Integration<br />
»Da gibt es viel zu tun!<br />
- Soziale Rehabilitation«<br />
Deutschland, Potsdam<br />
Fachverband DROGEN UND<br />
RAUSCHMITTEL e. V.<br />
Odeonstraße 14<br />
30159 Hannover<br />
Telefon: 0511/ 18 333<br />
E-Mail:FDRHANNOVER@aol.com<br />
"07. - 09. 03. 2002<br />
»Ausbildung zum/zur Qualitätskoord<strong>in</strong>ator/<strong>in</strong>«<br />
Modul 3:<br />
Projektmanagement<br />
Deutschland, Geseke<br />
Landschaftsverband Westfalen-<br />
Lippe Koord<strong>in</strong>ationsstelle für<br />
<strong>Drogen</strong>fragen und Fortbildung<br />
Projekt QM<br />
Warendorfer Straße 25-27<br />
48133 Münster<br />
Telefon: 0251/ 591 5501<br />
E-Mail: qm@lwl.org<br />
"08. 03. 2002<br />
SuchtberaterIn FDR,<br />
Weiterbildung 360 Std. <strong>in</strong><br />
36 Monaten<br />
Fachverband DROGEN UND<br />
RAUSCHMITTEL e. V.<br />
Odeonstraße 14<br />
30159 Hannover<br />
Telefon: 0511/ 18 333<br />
E-Mail:FDRHANNOVER@aol.com<br />
"12. 03. 2002<br />
Sozial-/Suchttherapie<br />
(LWL) - verhaltenstherapeutisch<br />
orientiert - Kurs<br />
01 / 04, Theoriesem<strong>in</strong>ar 3<br />
Deutschland, Hemer-Ihmert<br />
Landschaftsverband Westfalen-Lippe<br />
Hörsterplatz 4,<br />
48133 Münster<br />
Telefon: 0251/5 91-54 81<br />
E-Mail: ksd@lwl.org<br />
"13. - 14. 03. 2002<br />
88. Wissenschaftliche<br />
Jahrestagung »Standard<br />
und Intuition - Leitl<strong>in</strong>ien<br />
<strong>in</strong> der Suchttherapie«<br />
Deutschland, Berl<strong>in</strong><br />
Bundesverband für stationäre<br />
Suchtkrankenhilfe e. V. »buss«<br />
Kurt-Schuhmacher-Straße 2<br />
34117 Kassel<br />
Telefon: 0561/ 77 93 51<br />
E-Mail: buss@suchthilfe.de<br />
"18. - 19. 03. 2002<br />
Suchtarbeit<br />
Schweiz, Aargau<br />
Sekretariat der Abteilung<br />
Weiterbildung/ Dienstleistungen,<br />
FH Aargau Soziale Arbeit,<br />
Stahlra<strong>in</strong> 2, Postfach,<br />
5201 Brugg<br />
Telefon: 056/ 462 88 00<br />
E-Mail: sa-weiterbildung@ag.ch<br />
"18. - 20. 03. 2002<br />
Sem<strong>in</strong>ar »Kognitiv-verhaltenstherapeutisches<br />
Programm zur Stärkung<br />
der sozialen Kompetenz<br />
und des Selbstwertgefühls<br />
bei Suchtpatienten«<br />
Deutschland, Kraichtalblick<br />
Gesamtverband für Suchtkrankenhilfe<br />
im Diak. Werk der EKD<br />
Kurt-Schuhmacher-Straße 2<br />
34117 Kassel<br />
Telefon: 0561/ 10957-20<br />
E-Mail: gvs@sucht.org<br />
"18. - 20. 03. 2002<br />
1. Sem<strong>in</strong>ar zur Suchtprävention<br />
als pädagogische<br />
Aufgabe der Schule<br />
Deutschland, Heiligkreuztal<br />
Oberschulamt Tüb<strong>in</strong>gen<br />
Postfach 21 60<br />
72011 Tüb<strong>in</strong>gen<br />
Telefon: 07071/ 200-1<br />
Aktion Jugendschutz Landesarbeitsstelle<br />
Baden-Württemberg<br />
Stafflenbergstraße 44<br />
701184 Stuttgart<br />
E-Mail: Goerlich@ajs-bw.de<br />
"03. - 06. 04. 2002<br />
Internationales Austauschtreffen<br />
»Spuren nachspüren -<br />
Wege achten - weitergehen«<br />
Schweiz, Hasliberg<br />
Dietrich Brucker<br />
Gretherstraße 21<br />
79539 Lörrach<br />
"08. 04. 2002<br />
SuchttherapeutIn, Weiterbildung<br />
725 Std. <strong>in</strong> 40<br />
Monaten<br />
Fachverband DROGEN UND<br />
RAUSCHMITTEL e. V.<br />
Odeonstraße 14<br />
30159 Hannover<br />
Telefon: 0511/ 18 333<br />
E-Mail:FDRHANNOVER@aol.com<br />
"10. - 12. 04. 2002<br />
14. Wissenschaftliche<br />
Tagung »Alkohol, Nikot<strong>in</strong>,<br />
Koka<strong>in</strong> ... und ke<strong>in</strong> Ende?«<br />
Deutschland, Berl<strong>in</strong><br />
Deutsche Gesellschaft für Suchtforschung<br />
und Suchttherapie e. V.<br />
Edit Göcke<br />
Postfach 1453/ 59004 Hamm<br />
Telefon: 02381/ 41 79 98<br />
E-Mail: dg-sucht@t-onl<strong>in</strong>e.de<br />
"10. - 12. 04. 2002<br />
Sem<strong>in</strong>ar »Qualitätsmanagement<br />
<strong>in</strong> der Suchtkrankenhilfe«<br />
Deutschland, Berl<strong>in</strong><br />
Diakonische Akademie Deutschland<br />
He<strong>in</strong>rich-Mann-Straße 29<br />
13156 Berl<strong>in</strong><br />
Telefon: 030/ 48837-457<br />
<strong>in</strong>fo@diakonische-akademie.de<br />
"11. - 12. 04. 2002<br />
»Ausbildung zum/zur<br />
Qualitätskoord<strong>in</strong>ator/<strong>in</strong>«<br />
Modul 2: Systematische<br />
E<strong>in</strong>führung und Umsetzung<br />
von Qualitätsmanagement<br />
Deutschland, Geseke<br />
Landschaftsverband Westfalen-<br />
Lippe Koord<strong>in</strong>ationsstelle für<br />
<strong>Drogen</strong>fragen und Fortbildung<br />
Projekt QM<br />
Warendorfer Straße 25-27<br />
48133 Münster<br />
Telefon: 0251/ 591 5501<br />
E-Mail: qm@lwl.org<br />
"15. - 19. 04. 2002<br />
Basistra<strong>in</strong><strong>in</strong>g für MitarbeiterInnen<br />
<strong>in</strong> der Suchtkrankenhilfe<br />
Deutschland, Bad Wildungen<br />
Gesamtverband für Suchtkrankenhilfe<br />
im Diak. Werk der EKD<br />
Kurt-Schuhmacher-Straße 2<br />
34117 Kassel<br />
Telefon: 0561/ 10957-20<br />
E-Mail: gvs@sucht.org<br />
"14. - 26. 04. 2002<br />
52. L<strong>in</strong>dauer Psychotherapiewochen<br />
Deutschland,L<strong>in</strong>dau<br />
Organisationsbüro<br />
Platzl 4 A<br />
80331 München<br />
Telefon: 089/ 29 16 38 55<br />
"15. 04. 2002<br />
»Leadership Competence«<br />
Weiterbildung für Führungskräfte<br />
<strong>in</strong> der Suchthilfe,<br />
ca. 80 Unterrichtsstunden<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Jahr<br />
Fachverband DROGEN UND<br />
RAUSCHMITTEL e. V.<br />
Odeonstraße 14<br />
30159 Hannover<br />
Telefon: 0511/ 18 333<br />
E-Mail:FDRHANNOVER@aol.com<br />
"19. - 21. 04. 2002<br />
Fortbildungssem<strong>in</strong>ar »Ungefütterte<br />
K<strong>in</strong>der dürfen<br />
Nachschlag nehmen«<br />
Deutschland, Frankfurt/ Ma<strong>in</strong><br />
Frankfurter Zentrum f. Ess-Störungen<br />
Hansaallee 18<br />
60322 Frankfurt/ Ma<strong>in</strong><br />
Telefon: 069/ 5 96 17 23<br />
E-Mail:www.fz-ess-stoerungen.de<br />
"22. - 24. 04. 2002<br />
Sem<strong>in</strong>ar »Rückfallprophylaxe«<br />
Deutschland, Hofgeismar<br />
Gesamtverband für Suchtkrankenhilfe<br />
im Diak. Werk der EKD<br />
Kurt-Schuhmacher-Straße 2<br />
34117 Kassel<br />
Telefon: 0561/ 10957-20<br />
E-Mail: gvs@sucht.org<br />
"22. - 26. 04. 2002<br />
Sem<strong>in</strong>ar »Sucht und Co-<br />
Morbidität«<br />
Deutschland, Oerl<strong>in</strong>ghausen<br />
"23. - 24. 04. 2002<br />
Sem<strong>in</strong>ar »Sozialrechtliche<br />
Fragestellungen <strong>in</strong> der<br />
Nachsorge«<br />
Deutschland, Hofgeismar<br />
Gesamtverband für Suchtkrankenhilfe<br />
im Diak. Werk der EKD<br />
Kurt-Schuhmacher-Straße 2<br />
34117 Kassel<br />
Telefon: 0561/ 10957-20<br />
"23. - 25. 04. 2002<br />
2.Sem<strong>in</strong>ar zur Suchtprävention<br />
als pädagogische<br />
Aufgabe der Schule<br />
Deutschland, Sasbachwalden<br />
Oberschulamt Karlsruhe<br />
Postfach 48 40<br />
76031 Karlsruhe<br />
Telefon: 0721/ 926-5100<br />
Aktion Jugendschutz Landesarbeitsstelle<br />
Baden-Württemberg<br />
Stafflenbergstraße 44<br />
701184 Stuttgart<br />
E-Mail: Goerlich@ajs-bw.de<br />
"24. 04. 2002<br />
Fachtag »Jugendhilfe und<br />
Suchthilfe im Dialog«<br />
Deutschland, Potsdam<br />
Fachverband DROGEN UND<br />
RAUSCHMITTEL e. V.<br />
Odeonstraße 14<br />
30159 Hannover<br />
Telefon: 0511/ 18 333<br />
E-Mail:FDRHANNOVER@aol.com<br />
SuchtReport 1/2002<br />
SuchtReport 1/2002
64 Term<strong>in</strong>e / Impressum<br />
"27. 04. 2002<br />
Fortbildung »Suchtmediz<strong>in</strong>ische<br />
Grundversorgung«<br />
Bauste<strong>in</strong> III<br />
Deutschland, München<br />
Bayerische Landesärztekammer<br />
Mühlbaurstraße 16<br />
81677 München<br />
Telefon: 089/ 41 47 461<br />
E-Mail: suchtmediz<strong>in</strong>@blaek.de<br />
"03. - 07. 05. 2002<br />
54. Verhaltenstherapiewoche<br />
Deutschland, Lübeck<br />
IFT Institut für Therapieforschung<br />
Parzivalstraße 25<br />
80804 München<br />
Telefon: 089/ 360804-29<br />
E-Mail: andersson@ift.de<br />
"09. - 11. 05. 2002<br />
9. Basler Psychotherapietage<br />
»VOM ICH ZUM WIR -<br />
PSYCHOTHERAPIE UND<br />
SOZIALE WIRKLICHKEIT«<br />
Schweiz, Basel<br />
perspectiva GmbH<br />
Bahnhofstraße 63<br />
Postfach<br />
CH -4125 Riehen 1<br />
Telefon: 0041 (0)61 641 64 87<br />
E-Mail: <strong>in</strong>fo@perspectiva.ch<br />
"10. - 14. 05. 2002<br />
Sozial-/Suchttherapie<br />
(LWL) - verhaltenstherapeutisch<br />
orientiert - Kurs<br />
01 / 04, Intensivblock 4<br />
Deutschland, Hemer-Ihmert<br />
Landschaftsverband Westfalen-Lippe<br />
Hörsterplatz 4,<br />
48133 Münster<br />
Telefon: 0251/5 91-54 81<br />
E-Mail: ksd@lwl.org<br />
"11. 05. 2002<br />
Fortbildung »Suchtmediz<strong>in</strong>ische<br />
Grundversorgung«<br />
Bauste<strong>in</strong> IV<br />
Deutschland, München<br />
Bayerische Landesärztekammer<br />
Mühlbaurstraße 16<br />
81677 München<br />
Telefon: 089/ 41 47 461<br />
E-Mail: suchtmediz<strong>in</strong>@blaek.de<br />
"14. - 16. 05. 2002<br />
EUROPAD - 5th Conference<br />
of The European Opiate<br />
Addiction Treatment<br />
Association<br />
Norway, Oslo<br />
University of Oslo The Faculty of<br />
Medic<strong>in</strong>e/ Unit for Addiction<br />
Medic<strong>in</strong>e<br />
Kirkevn. 166<br />
0407 Oslo<br />
Telefon: 23016057<br />
egil.haga@psykiatri.uio.no<br />
"17. 05. 2002<br />
Systemische Reflexion zu<br />
Sucht - Das Frankfurter<br />
Modell<br />
Deutschland, Frankfurt/Ma<strong>in</strong><br />
Institit für systemische Theorie<br />
und Praxis<br />
Zeißelstraße 11 a,<br />
60318 Frankfurt/Ma<strong>in</strong><br />
Telefon: 069/95 51 37-0<br />
E-Mail: office@istup-ffm.de<br />
"21. - 24. 5. 2002<br />
Suchttherapietage 2002<br />
»Konsum kontrollierbar -<br />
Kontrollierter Konsum«<br />
Deutschland, Hamburg<br />
Kongreß Suchttherapietage<br />
Mart<strong>in</strong>istraße 52<br />
20246 Hamburg<br />
Telefon: 040/428 03 51 21<br />
kontakt@suchttherapietage.de<br />
"5. - 7. 6. 2002<br />
25. Bundes<strong>Drogen</strong>Kongreß<br />
»<strong>Europa</strong> Sucht Integration«<br />
Deutschland, Niedernhausen<br />
Fachverband <strong>Drogen</strong> und<br />
Rauschmittel e. V.<br />
Odeonstraße 14<br />
30159 Hannover<br />
Telefon: 0511/18333<br />
FDRHANNOVER@aol.com<br />
SuchtReport<br />
Europäische Fachzeitschrift für Suchtprobleme<br />
Herausgeber und Verlag:<br />
STIFTUNG SYNANON<br />
Postfach 61 04 50, 10927 Berl<strong>in</strong><br />
Redaktion: Bernburger Straße 10, 10963 Berl<strong>in</strong><br />
Telefon: (030) 55 000 111<br />
Telefax: (030) 55 000 110<br />
E-Mail: mail@suchtreport.de<br />
Internet: http://www.suchtreport.de<br />
ISSN: 0930-8350<br />
Redaktion: Michael Frommhold (Leitung, Seite 1),<br />
L<strong>in</strong>da Amoulong, Elke Al Khatib, Renate Mate<strong>in</strong>a, Marek<br />
Wojcieszek<br />
v. i. S. d. P.: STIFTUNG SYNANON, 1. Vors.: Peter Els<strong>in</strong>g<br />
Korrektorat: Bernd Vielhaber, Interlektor.de<br />
Grafische Gestaltung: AUTHENTIC de:cade GbR, Berl<strong>in</strong><br />
www.authentic.de<br />
Autoren: Kathy Robertson, Europäische Beobachtungsstelle für<br />
<strong>Drogen</strong> und <strong>Drogen</strong>sucht, EMCDDA, Rua da Cruz de Santa<br />
Apolónia 23, P-1149-045 Lissabon, Portugal<br />
Dr. Dietmar Czycholl, Dipl.-Psych., Psychotherapeut und Leiter des<br />
Zentrums I der <strong>Drogen</strong>hilfe Tüb<strong>in</strong>gen e.V., Rippoldsauerstraße 69,<br />
72250 Freudenstadt-Kniebis<br />
Dr. med. Carl Nedelmann, Blumenau 92, 22089 Hamburg<br />
Dr. Elisabeth Wienemann, Zentrale E<strong>in</strong>richtung Weiterbildungsstudium<br />
Arbeitswissenschaft Universität Hannover, Lange Laube 32,<br />
30159 Hannover<br />
Mathias Haug, Suchtbeauftragter des Landkreises Karlsruhe,<br />
Kaiserallee 109, 76133 Karlsruhe<br />
Prof. Dr. Klaus Hurelmann, Arbeitsgruppe Prävention und Gesundheitsförderung,<br />
Universität Bielefeld, Universitätsstraße 25,<br />
33615 Bielefeld<br />
Die Adressen der Rezensenten s<strong>in</strong>d der Redaktion bekannt.<br />
Titelbild: action press/Zenpress<br />
Leserservice: (030) 55 000 111<br />
SuchtReport ersche<strong>in</strong>t 6-mal jährlich: der Heftpreis beträgt € 6,–;<br />
das Jahresabonnement € 30.–, der Auslandspreis für e<strong>in</strong> Jahresabonnement<br />
beträgt <strong>in</strong>nerhalb der EU € 35,– ; Bestellungen an den<br />
Verlag (Zahlung nach Erhalt der Rechnung). Das Abonnement verlängert<br />
sich automatisch um e<strong>in</strong> weiteres Jahr zu den dann gültigen<br />
Bed<strong>in</strong>gungen, wenn es nicht 2 Monate vor Ablauf gekündigt wird.<br />
Vertrieb: (030) 55 000 111<br />
Marek Wojcieszek<br />
Bankverb<strong>in</strong>dungen:<br />
Weberbank 6109302614, BLZ 101 201 00<br />
Bank für Sozialwirtschaft 31 70000, BLZ 100 205 00<br />
SuchtReport wird <strong>in</strong> Synanon-Zweckbetrieben hergestellt. In<br />
Synanon leben, beschäftigen und qualifizieren sich Süchtige und<br />
lernen, drogenfrei und ohne Krim<strong>in</strong>alität zu leben. Überschüsse der<br />
Zweckbetriebe kommen ausschließlich und unmittelbar dieser<br />
geme<strong>in</strong>nützigen Aufgabe zugute. Nachdruck, auch auszugsweise,<br />
nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages. Für unverlangt<br />
e<strong>in</strong>gesandte Manuskripte, Fotos und Illustrationen ke<strong>in</strong>e Gewähr.<br />
Beiträge mit vollem Verfassernamen müssen nicht unbed<strong>in</strong>gt der<br />
Me<strong>in</strong>ung der Redaktion entsprechen.<br />
SuchtReport 1/2002