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1871-Nachruf auf Georg Orion Bernhard - Burgenverein Untervaz

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<strong>Untervaz</strong>er <strong>Burgenverein</strong> <strong>Untervaz</strong><br />

Texte zur Dorfgeschichte<br />

von <strong>Untervaz</strong><br />

<strong>1871</strong><br />

<strong>Nachruf</strong> <strong>auf</strong> <strong>Georg</strong> <strong>Orion</strong> <strong>Bernhard</strong><br />

Email: dorfgeschichte@burgenverein-untervaz.ch. Weitere Texte zur Dorfgeschichte sind im Internet unter<br />

http://www.burgenverein-untervaz.ch/dorfgeschichte erhältlich. Beilagen der Jahresberichte „Anno Domini“ unter<br />

http://www.burgenverein-untervaz.ch/annodomini.


- 2 -<br />

<strong>1871</strong> <strong>Nachruf</strong> <strong>auf</strong> <strong>Georg</strong> <strong>Orion</strong> <strong>Bernhard</strong><br />

Bündner Tagblatt <strong>1871</strong> Nr. 220 vom 19. Sept. <strong>1871</strong>.<br />

Bündner Tagblatt<br />

† Chur. Am Samstag ist hier Erziehungsratspräsident <strong>Georg</strong> <strong>Orion</strong><br />

<strong>Bernhard</strong> 1 begraben worden, welcher nach sehr kurzer Krankheit an einem<br />

Unterleibsleiden ungefähr 50 Jahre alt gestorben ist, zu welchem nach dem<br />

Urteile der Ärzte noch ein Herzschlag getreten ist. Sein Tod erinnert uns<br />

an denjenigen des in gutem Gedächtnis stehenden Regierungsrat P.<br />

Steiner, welcher ebenfalls ein chronisches Leiden der Leber hatte und im<br />

besten Mannesalter nach ganz kurzer Krankheit starb. G. O. <strong>Bernhard</strong>'s<br />

Tod hat sowohl schmerzen als überraschen dürfen, nachdem er erst am<br />

Tage zuvor noch rüstig seine Pflichten im Kreise der Mitglieder des<br />

Erziehungsrates 2 und der Kantonsschullehrer erfüllt hatte. Der Verstorbene<br />

bewies in früher Jugend Lust zu den Wissenschaften und namentlich auch<br />

zu der Musik. Als Knabe von neun Jahren zeichnete er sich unter seinen<br />

Schulkameraden besonders als Sänger aus.<br />

Bei vorwiegend kolerischem 3 Temperamente zeigte er sich dennoch<br />

immer sehr gemütlich und war von seinen Mitschülern und Mitstudenten<br />

sehr geliebt. Er war im Jahre 1834 der jüngste von den 300 Mann aus<br />

Graubünden, die damals das erste grössere eidgenössische Lager in Thun<br />

bezogen, ungefähr 14 Jahre alt. (Mehrere zählten 15 und 16 Jahre). Er<br />

machte seine Gymnasialstudien teils in Chur, teils in Deutschland, wo er<br />

auch die Hochschule besuchte und die Jurisprudenz studiert. Nach der<br />

Heimat zurückgekehrt war er mehrere Jahre Aktuar des kantonalen<br />

Verhöramtes, nach dem Tode des Herrn Demont wurde er Verhörrichter


- 3 -<br />

und später bekleidete er das Bürgermeisteramt und die<br />

Kreispräsidentschaft von Chur und vertrat auch den hiesigen Kreis im<br />

Grossen Rate. Seit ein paar Jahren stand er an der Spitze des<br />

Erziehungsrates. Nachdem er vom Verhörrichteramte zurückgetreten war,<br />

übertrug das Kantonsgericht ihm konstant die Verrichtungen eines<br />

Staatsfiskals. 4 In allen seinen Stellungen hat der Verstorbene sowohl<br />

Intelligenz als besonders auch Herz und Treue an den Tag gelegt und<br />

darum war auch seine Wirksamkeit mit guten Früchten belohnt.<br />

Sein Tod, den wir in Abwesenheit von Chur zuerst im Bundesrathaus zu<br />

Bern vernommen haben, hat uns mehr geschmerzt als überrascht. Sein<br />

Übel war lange schon vorbereitet und wir verwunderten uns stets nur um<br />

so mehr über den Fleiss und die geistige Kraft, mit welcher er seinem zum<br />

Teil dornigen Geschäftskreise vorstand.<br />

<strong>Georg</strong> <strong>Orion</strong> <strong>Bernhard</strong>, Sohn des Samuel <strong>Bernhard</strong> und der Margreth Krättli,<br />

Bürger von <strong>Untervaz</strong>, Rechtsanwalt in Chur, geb. 26.12.1818, gest. 14.09.<strong>1871</strong>,<br />

heiratet am 02.05.1854 mit Evalina Johanna Caviezel von Chur, geb. 05.05.1831,<br />

Tochter des Joh. Rudolf Caviezel und der Anna Katharina Zelg. Der Ehe entsprossen<br />

3 Kinder: 10.02.1855 Rudolf Carl <strong>Orion</strong>, gest. 29.01.1866<br />

20.09.1862 Paul Iwan Eduard<br />

03.09.1858 Karl <strong>Georg</strong> Heinrich. (gem. Zivilst. Reg. <strong>Untervaz</strong> I/30)<br />

Anmerkungen:<br />

1 <strong>Bernhard</strong> <strong>Georg</strong> <strong>Orion</strong>, Bürgermeister von Chur 1862-1864, geb. in <strong>Untervaz</strong> 26.12.1818, Eltern:<br />

Samuel <strong>Bernhard</strong>, Schulpräsident und Margreth Krättli. 1843 Student an der Universität Zürich, ab<br />

Herbst 1844 in Marburg. Verhörrichter, Staatsanwalt und 1863 Erziehungsrat des Kantons Graubünden,<br />

verh. mit Emilia Johanna Caviezel, gestorben in Chur 14.09.<strong>1871</strong>. (siehe auch HBLS II 191 Nr.4)<br />

2 Erziehungsrat = erste Anfänge gehen zurück ins Jahr 1798, als das Direktorium der helvetischen<br />

Republik beschloss, für jeden Kanton einen besonderen Erziehungsrat einzurichten. Man wollte damit<br />

den Bereichen Schule und Erziehung ein besonderes Gewicht verschaffen und den Erziehungsräten eine<br />

von der Kantonsregierung unabhängige und selbständige Aufgabe zuweisen. Der Landrichter Alois de<br />

Latour (1815-1875) stand seit 1838 dem Erziehungsrat, der die Volksschulbelange betreute, und dem<br />

Schulrat der katholischen Kantonsschule vor. Der Erziehungsrat, bestehend aus Dr. Jakob Martin<br />

Rascher, Alois de Latour, Dr. Josef Anton Kaiser, Christian Valentin und Philipp Hössli, entwarf eine<br />

durchgreifende Schulorganisation. Die Kantonsschule, die Volksschule und die privaten Lehranstalten,<br />

ausgenommen das Priesterseminar, wurden der kantonalen Gesetzgebung unterstellt. Der Erziehungsrat<br />

übernahm die Be<strong>auf</strong>sichtigung und Leitung aller Stufen und Zweige des bürgerlichen Unterrichtes. Der<br />

Grosse Rat erklärte sich am 21. Juni 1853 mit der vorgeschlagenen Schulorganisation einverstanden,<br />

und diese trat sofort in Kraft. Die Schulordnung von 1859 verpflichtete die Gemeinden zur Errichtung<br />

von Schulen und machte ihnen verbindliche Vorschriften über die Schuldauer und die Schulpflicht, über<br />

den Unterricht und dessen Be<strong>auf</strong>sichtigung, später löste sich der Erziehungsrat <strong>auf</strong>.<br />

3 Choleriker = leicht erregbarer, unausgeglichener und jähzorniger Mensch, (griech. kolae = Galle)<br />

4 Fiskal = war ab dem 14./15. Jahrhundert in den meisten deutschen Staaten die Bezeichnung für einen<br />

öffentlichen Beamten, (Latein: fiscalis = die Staatskasse betreffend)der die Gerechtsame und das<br />

Interesse des Fiskus wahrzunehmen hatte. (mehr siehe: Wikipedia).<br />

Internet-Bearbeitung: K. J. Version 10/2010<br />

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