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"Als der Krieg kam, hatte ich mit Hitler nichts mehr zu tun" - goedoc

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Ideal iter geht <strong>der</strong> Biograph von <strong>der</strong> Annahme <strong>der</strong> prinzipiellen Realisierbarkeit<br />

seiner biographischen Entwürfe aus, davon, daß diese s<strong>ich</strong> in gewissem<br />

Maße in <strong>der</strong> Zukunft auch verwirkl<strong>ich</strong>en werden. Dabei unterstellt er die<br />

Planbarkeit von Zukunft. Beginnt er z.B. <strong>mit</strong> einer berufl<strong>ich</strong>en Ausbildung,<br />

nimmt er unhinterfragt an, daß er sie, wenn er selbst n<strong>ich</strong>t scheitert, auch<br />

beenden können wird, ihn also äußere Umstände n<strong>ich</strong>t daran hin<strong>der</strong>n werden.<br />

Ebenso geht eine junge Frau, die <strong>mit</strong> ihrem Verlobten den Tag <strong>der</strong> Hochzeit<br />

bereits festgelegt hat, von <strong>der</strong> Realisierbarkeit dieses Vorhabens aus.<br />

Dies ist prinzipiell die Idealisierung einer bestimmbaren Zukunft, in<br />

<strong>Krieg</strong>szeiten ist jedoch die mögl<strong>ich</strong>e Realisierung biographischer Entwürfe<br />

beson<strong>der</strong>s bedroht. Für die Zeitzeugen des Zweiten Weltkrieges konnten <strong>der</strong><br />

Ein<strong>zu</strong>g <strong>zu</strong>r Wehrmacht o<strong>der</strong> <strong>zu</strong>m Arbeitsdienst, die Bombardierung des eigenen<br />

Betriebs, Geschäfts- o<strong>der</strong> Wohnhauses o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Tod von Angehörigen<br />

biographische Entwürfe scheitern lassen o<strong>der</strong> <strong>der</strong>en Realisierungsmögl<strong>ich</strong>keiten<br />

dramatisch bedrohen. Vor allem in den letzten <strong>Krieg</strong>sjahren und -monaten<br />

wurde für die deutsche Bevölkerung die unbestimmbare, unplanbare Zukunft<br />

thematisch. Es war ungewiß, was nach einer Kapitulation aus Deutschland<br />

werden würde, welche Verän<strong>der</strong>ungen des politischen, gesellschaftl<strong>ich</strong>en Systems<br />

<strong>zu</strong> erwarten waren und vor allem, welche Auswirkungen diese auf die<br />

eigene Lebensführung haben würden. Die Furcht vor dieser unbestimmbaren<br />

Zukunft und insbeson<strong>der</strong>e dem <strong>zu</strong> erwartenden, jedoch n<strong>ich</strong>t kalkulierbaren<br />

Revancheverhalten <strong>der</strong> Sieger manifestierte s<strong>ich</strong> in dem allgemein bekannten<br />

Motto: „Genieße den <strong>Krieg</strong>, <strong>der</strong> Frieden wird fürchterl<strong>ich</strong>". Doch es gab auch<br />

diejenigen, die auf den Frieden o<strong>der</strong> auf die Befreiung hofften und nur noch<br />

in dem Gedanken an die s<strong>ich</strong> bald realisierende Zukunft eines zerschlagenen<br />

„Dritten Re<strong>ich</strong>es" lebten.<br />

Ob jemand in <strong>der</strong> Gegenwart eines faschistischen Deutschlands verharrte<br />

o<strong>der</strong> bereits in Gedanken an sein Leben in <strong>der</strong> Vergangenheit <strong>der</strong> deutschen<br />

militärischen Erfolge verweilte o<strong>der</strong> s<strong>ich</strong> ganz auf die Hoffnung einer an<strong>der</strong>en<br />

Zukunft konzentrierte, war abhängig von seiner Haltung <strong>zu</strong> diesem <strong>Krieg</strong> und<br />

und <strong>zu</strong> dem politischen System des Nationalsozialismus.<br />

L3 Die generationsspezifische Bedeutung <strong>der</strong> <strong>Krieg</strong>sjahre<br />

In welchen Situationen und <strong>zu</strong> welchem Zeitpunkt biographisch relevante<br />

Orientierungskrisen im Sinne <strong>der</strong> Durchbrechung <strong>der</strong> alltagsweltl<strong>ich</strong>en Idealisierungen<br />

bei den Zeitzeugen auftraten und <strong>zu</strong> welchen Strategien <strong>der</strong> Renormalisierung<br />

o<strong>der</strong> Bewältigung sie neigten, war abhängig von den konkreten<br />

Auswirkungen dieses <strong>Krieg</strong>es auf ihr Leben. Je nachdem, ob sie den Bombenangriffen<br />

in <strong>der</strong> Heimat ausgesetzt waren o<strong>der</strong> als Soldaten <strong>der</strong> fechtenden<br />

Truppe dem Feind von Anges<strong>ich</strong>t <strong>zu</strong> Anges<strong>ich</strong>t begegneten o<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Etappe<br />

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