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Mit Spezialtransporten sind die sechs Lkw des oberösterreichischen<br />

Transportunternehmers Wolfgang Karner in Europa und den meisten<br />

angrenzenden Staaten unterwegs. Je nach Tour können die Einsätze<br />

dabei auch schon einmal fast einen Monat dauern.<br />

Bei Armin Assinger in der<br />

Millionenshow hätte der Mann<br />

gute Chancen, mit einer Frage aus<br />

dem Bereich Geografie den großen<br />

Jackpot zu knacken. Aber auch ohne<br />

Fernsehauftritt im Hauptabendprogramm<br />

fällt es Wolfgang Karner leicht, seine<br />

Gesprächspartner zu verblüffen. Fast schon nebenbei<br />

schüttelt er Namen von Städten aus dem<br />

Ärmel, die Otto Normalverbraucher nicht einmal<br />

dem richtigen Kontinent zuordnen könnte.<br />

„Nach 20 Jahren Spezialtransporte bekommt<br />

man halt einen gewissen Überblick über die<br />

in diesem Geschäft wichtigen Destinationen“,<br />

gibt er sich zurückhaltend. Bevor er dem<br />

Entdeckergeist seines Gegenübers weiter auf<br />

die Sprünge hilft, zäumt er das Pferd aber lieber<br />

von hinten auf. „Um nicht alle unsere Ziele, die<br />

wir anfahren, aufzählen zu müssen, beschränke<br />

ich mich lieber auf die Länder, die wir nicht<br />

ansteuern“, sagt der Transportunternehmer.<br />

Außer in den Iran und in den Irak hat es seine<br />

der Türkei gesammelten Erfahrungen gehen<br />

bei derartigen Entfernungen beinahe in einem<br />

Nebensatz unter.<br />

„In unserem Geschäft lernt man relativ<br />

schnell, in anderen Dimensionen zu denken“,<br />

berichtet der Unternehmer. Touren, bei<br />

denen der Fahrer dreieinhalb Wochen am<br />

Stück unterwegs ist, sind keine Seltenheit.<br />

Wenn das Ziel der Reise dann noch 1.800<br />

Kilometer hinter Moskau liegt, wirkt jede Fahrt<br />

auf der Westautobahn (A 1) von Wien nach<br />

Salzburg wie die Anreise zum gemütlichen<br />

Kaffeekränzchen am Nachmittag. Wenigstens<br />

in Russland sind die Chauffeure des in Linz<br />

ansässigen Transportunternehmens ab einer<br />

bestimmten Frachtgröße nie allein unterwegs.<br />

„Am schönsten ist eine Russland-Tour,<br />

wenn die Fracht so groß ist, dass unser Lkw<br />

von der Polizei begleitet werden muss“, erklärt<br />

Karner. Zwei Polizeibeamte übernehmen<br />

die Transportbegleitung ab der russischen<br />

„Als ich meinen Mitarbeitern bei einer eilends<br />

einberufenen Krisensitzung erklärt habe,<br />

dass wir ab sofort nach Russland fahren werden,<br />

waren die anfänglichen Reaktionen schon eher<br />

skeptisch“, erinnert sich der Geschäftsführer.<br />

Eine Skepsis, die sich im Laufe der Zeit als unnötig<br />

herausgestellt hat. „Wenn man es nicht<br />

bewusst herausfordert, ist Russland ein relativ<br />

sicherer Boden.“ Dabei ist es gerade die<br />

Abwechslung und sicher auch eine Portion<br />

Abenteuerlust, die das Karner-Team dazu verleiten,<br />

mit Industrieanlagen oder stattlichen<br />

Baumaschinen quer durch Europa zu gondeln.<br />

Von der allgegenwärtigen Wirtschaftskrise bleiben<br />

mittlerweile auch die Sondertransporte nicht<br />

verschont. Rund 50 Prozent weniger konkrete<br />

Anfragen hat Wolfgang Karner in den vergangenen<br />

Wochen registriert. Durchschnittlich sind<br />

die sechs Karner Scania eine Woche auf Tour,<br />

bis sie wieder heimatliche Gefilde erreichen. Ob<br />

unter den fünf Tagen ein Wochenende ist, spielt<br />

für sie kaum eine Rolle. „In unserem Geschäft<br />

ticken die Uhren einfach anders als bei herkömmlichen<br />

Transporten.“ Ausgenommen von<br />

dieser Regelung sind natürlich Weihnachten<br />

und Neujahr. Da ist die komplette Flotte außer<br />

Dienst. Es sei denn, ein Kunde klopft mit einem<br />

eiligen Transportauftrag an. „Gerade bei solchen<br />

Geschäften wird niemand gezwungen zu fahren“,<br />

Mit bis zu 30 Meter Länge, 5 Meter Breite und maximal 92 Tonnen Nutzlast haben die Spezialtransporte wahrlich beeindruckende Ausmaße.<br />

sechs Fahrzeuge umfassende Lkw-Flotte nahezu<br />

überall hin verschlagen. Häufiger befahrene<br />

Routen gibt es bei der Vielzahl der möglichen<br />

Transportaufgaben keine. „Unser Geschäft lässt<br />

sich einfach nicht auf bestimmte Regionen fokussieren“,<br />

erzählt Karner. Um im nächsten Satz<br />

ganz selbstverständlich darüber zu plaudern,<br />

dass Russland für österreichische Verhältnisse<br />

unglaublich groß erscheint und auch die chinesische<br />

Grenze kein Ziel ist, das von Österreich<br />

aus nicht erreichbar wäre. Die in Bulgarien und<br />

Grenze und weichen dem Sattelzug bis zum<br />

Erreichen des Ziels nicht von der Seite. Den<br />

Weg nach Russland hat Wolfgang Karner mit<br />

seinem Unternehmen mehr oder weniger zufällig<br />

eingeschlagen. Durch die Abwertung der<br />

Schwedenkrone Anfang der 1990er-Jahre hingen<br />

die bis dahin gepflegten Geschäftsbeziehungen<br />

nach Schweden von einem Tag auf den nächsten<br />

plötzlich an einem äußerst dünnen Faden.<br />

Brauchbare geografische Alternativen in Nord-<br />

oder Westeuropa waren Mangelware.<br />

unterstreicht der Transporteur. Wer sich freiwillig<br />

für die Sonderschicht meldet, hat den Job. Was<br />

aber nicht automatisch bedeuten soll, dass die<br />

Karner-Mitarbeiter auch privat als Einzelgänger<br />

unterwegs sind. Vielleicht haben gerade deswegen<br />

die meisten von ihnen ihren Job schon wenigstens<br />

einmal für einige Monate an den Nagel<br />

gehängt. Nach spätestens eineinhalb Jahren sind<br />

sie jedoch alle wieder hinter dem Steuer eines<br />

Karner-Lkw gesessen und haben von Linz aus<br />

die weite Welt erobert.<br />

www.scania.at 1.2009 • SCANIA <strong>BEWEGT</strong> 19

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