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Einleitung<br />
0. Einleitung<br />
Marie, berufstätige Mutter der 8-jährigen Zwillinge Alexander<br />
und Tim, weiß nicht mehr weiter. Sie <strong>ist</strong> mit der<br />
<strong>Erziehung</strong> ihrer beiden Söhne und mit dem Alltag überfordert.<br />
Seit der Trennung von ihrem Mann <strong>ist</strong> sie alleinerziehend,<br />
die Scheidung läuft. Das belastet auch Alexander<br />
und Tim, die beide keinen Kontakt mehr zum Vater haben.<br />
Die Lehrerinnen der Zwillinge und die Betreuerinnen der<br />
Offenen Ganztagsschule sprechen Marie immer wieder<br />
auf das auffällige Verhalten der beiden Jungen an. Ändern<br />
kann Marie das allerdings nicht, der Streit zu Hause wird<br />
nach diesen Hinweisen nicht weniger.<br />
In ihrer Sorge und auch aus Angst vor weiteren Eskalationen<br />
wendet sich Marie an das Jugendamt. Eine Sozialarbeiterin<br />
spricht mit allen Familienmitgliedern, schließlich<br />
stellt Marie beim Jugendamt einen Antrag auf Gewährung<br />
einer Hilfe <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong>. Sie hofft, dass eine „Sozialpädagogische<br />
Familienhilfe“ helfen wird.<br />
Nach 6 Monaten hat sich die Situation gebessert. Die<br />
Zwillinge kommen wieder besser in der Schule <strong>zur</strong>echt,<br />
Marie streitet weniger mit ihnen. Sie können wieder gemeinsam<br />
etwas unternehmen und sind bemüht, sich<br />
an die Regeln für zu Hause zu halten, die sie aufgestellt<br />
haben. Die Jungen treffen ihren Vater nun regelmäßig<br />
an den Wochenenden. Dies entlastet die Mutter; den<br />
Söhnen merkt man an, dass ihnen das gut tut. Gemeinsam<br />
mit der Sozialarbeit – einem Freien Träger und dem<br />
Jugendamt – entscheidet die Familie im Rahmen der<br />
Hilfeplanung, die Sozialpädagogische Familienhilfe zu beenden,<br />
da die zu Beginn formulierten Ziele weitestgehend<br />
erreicht sind.<br />
<strong>Der</strong> Fall „Marie“ <strong>ist</strong> eine Fiktion, ihre Lebensumstände<br />
sind es nicht. Ein Blick in die amtliche Kinder- und Jugendhilfestat<strong>ist</strong>ik<br />
(KJH-Stat<strong>ist</strong>ik) zeigt, dass pro Jahr rund<br />
470.000 <strong>Hilfen</strong> von <strong>Erziehung</strong>sberatungsstellen, Jugendämtern<br />
und Freien Trägern gewährt bzw. begonnen werden.<br />
Die in unserem fiktiven Fall in Anspruch genommene<br />
Sozialpädagogische Familienhilfe (SPFH) <strong>ist</strong> dabei nach<br />
der <strong>Erziehung</strong>sberatung mit zuletzt (2011) knapp 44.000<br />
Neuhilfen die am häufigsten gewährte Le<strong>ist</strong>ung. Zum<br />
Vergleich: Fast 35.500 junge Menschen kamen 2011 im<br />
Rahmen einer Hilfe <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> in ein Heim, bald 15.300<br />
in eine Pflegefamilie. Doch es lässt sich mit den amtlichen<br />
Daten mit Blick auf Gewährung, Verlauf und Beendigung<br />
noch mehr <strong>zur</strong> Einordnung des Falls von Marie sagen:<br />
►►<br />
Familienstatus: Wie bei Marie sind Familien, die eine<br />
SPFH, aber auch andere Le<strong>ist</strong>ungen der <strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong><br />
<strong>Erziehung</strong> erhalten, häufig Alleinerziehendenfamilien.<br />
Zuletzt galt dies im Jahre 2011 für 52% der Neufälle<br />
in der SPFH. Die in unserem exemplarischen Fall<br />
genannten 2 Kinder entsprechen dem Durchschnitt<br />
der „SPFH-Familien“.<br />
►►<br />
Alter der Kinder: Die beiden Zwillinge sind zum Zeitpunkt<br />
der Hilfegewährung 8 Jahre alt. Das galt 2011<br />
für rund 4.700 weitere Kinder in ihren Familien. Die<br />
8-Jährigen gehören zu der Gruppe von Kindern – den<br />
6- bis 9-Jährigen –, die mit 23% die größte Altersgruppe<br />
bei Neuhilfen der SPFH darstellen.<br />
►►<br />
Gründe für eine Hilfe: Die im Fall „Marie“ zu beobachtenden<br />
Gründe für die SPFH – Verhaltensauffälligkeiten<br />
bzw. Schulschwierigkeiten der beiden Jungen<br />
– werden bei einer SPFH nicht so häufig <strong>als</strong> Anlass<br />
für eine Hilfe genannt. Für diese Hilfeart wurden im<br />
Jahre 2011 bei 20% aller Neuhilfen Verhaltensauffälligkeiten<br />
und bei 14% Schulschwierigkeiten angegeben.<br />
In 62% der Fälle werden den Eltern fehlende <strong>Erziehung</strong>skompetenzen<br />
attestiert.<br />
►►<br />
Dauer der Hilfe: Im Fall „Marie“ endete die SPFH nach<br />
6 Monaten. Das <strong>ist</strong> ein vergleichsweise kurzer Zeitraum<br />
für diese Hilfe; die durchschnittliche Dauer liegt<br />
bei 15 Monaten.<br />
►►<br />
Beendigungsgründe der Hilfe: Die SPFH im „Fall Marie“<br />
<strong>ist</strong> zumindest für den Moment ein Erfolg. Das <strong>ist</strong><br />
mit Blick auf das Gesamtergebnis für die <strong>Hilfen</strong> auch<br />
eher die Regel <strong>als</strong> die Ausnahme. Bei 62% der Familienhilfen<br />
geben die Jugendämter an, dass es sich um<br />
eine im Sinne des Hilfeplans planmäßige Beendigung<br />
handelt. Knapp 38% werden unplanmäßig beendet.<br />
Diese stat<strong>ist</strong>ischen Hinweise zu dem fiktiven Einzelfall<br />
machen deutlich, dass das auf der amtlichen Stat<strong>ist</strong>ik basierende<br />
empirische Wissen zu den <strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong><br />
sich sehen lassen kann. Mehr noch: Für das Arbeitsfeld<br />
der <strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> besteht mit der amtlichen Kinderund<br />
Jugendhilfestat<strong>ist</strong>ik ein umfassendes und bewährtes<br />
Instrument einer empirischen Dauerbeobachtung. Jahr<br />
für Jahr werden von Jugendämtern, Freien Trägern und<br />
Stat<strong>ist</strong>ischen Landesämtern – je nach technischer Ausstattung<br />
mal mit mehr, mal mit weniger Aufwand – Daten<br />
zu <strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> in Anspruch nehmenden Familien<br />
und jungen Menschen erhoben. Diese Ergebnisse<br />
werden von der amtlichen Stat<strong>ist</strong>ik in den Ländern sowie<br />
durch das Stat<strong>ist</strong>ische Bundesamt veröffentlicht und können<br />
zu einem erheblichen Teil <strong>kostenlos</strong> genutzt werden. 1<br />
1) Auf Bundesebene <strong>ist</strong> Ansprechpartner für die amtliche Kinder- und Jugendhilfestat<strong>ist</strong>ik Dr.<br />
Thomas Grundmann vom Stat<strong>ist</strong>ischen Bundesamt (Tel.: 0228/996438152; E-Mail: thomas.<br />
grundmann@destatis.de). Wir danken an dieser Stelle dem Referat Kinder- und Jugendhilfe<br />
für die kollegiale Unterstützung bei der Erstellung der ersten Ausgabe des <strong>Monitor</strong>s <strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong><br />
<strong>Erziehung</strong>.<br />
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