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ZUm thema<br />

16<br />

Der 7. Sinn<br />

Vom tieferen Verstehen, das über das logische Denken hinausgeht<br />

von Dr. Wunibald Müller<br />

Ich erinnere mich an eine Beratungssituation<br />

vor vielen Jahren. Eine etwa 50-jährige<br />

Frau, hatte schon etliche psychotherapeutische<br />

Gespräche mit mir geführt. Je länger<br />

ich ihr zuhörte und sie auf mich wirken<br />

ließ, desto stärker spürte ich: Da ist etwas,<br />

über das sie nicht spricht oder noch nicht<br />

sprechen kann, was sie aber offensichtlich<br />

sehr belastet. Ich strengte mich nicht an,<br />

um herauszubekommen, was es ist, das sie<br />

belasten mag, sondern versuchte einfach<br />

präsent zu sein. Und dann schoss es mir bei<br />

einer Sitzung durch den Kopf oder durch<br />

mein Herz, stand es klar vor mir: Sie hat<br />

abgetrieben. Ich weiß nicht mehr wie, aber<br />

irgendwie vermochte ich meine Ahnung,<br />

die sich als richtig erwies, ihr so mitzuteilen,<br />

dass das Sprechen darüber, die Auseinandersetzung<br />

damit, sich positiv auf den<br />

therapeutischen Prozess auswirkte. Meine<br />

Vermutung war nicht nur das Ergebnis von<br />

Nachdenken, von Einfühlen, von Hinspüren.<br />

Das alles war mit beteiligt. Doch der<br />

entscheidende Impuls kam aus einer anderen<br />

Quelle, wo, alle Informationen, die<br />

ich über irgendjemanden oder über irgendetwas<br />

gesammelt und gespeichert habe,<br />

zusammenlaufen, um mir schlagartig eine<br />

Botschaft zu vermitteln, die sich als Treffer<br />

erweist – wenn ich Glück habe. „Machen“<br />

kann ich das nicht.<br />

„Mein Bauchgefühl sagt mir…“<br />

Es gibt Überlegungen und Untersuchungen,<br />

die davon ausgehen, dass diese<br />

Quelle, eine Art biologischer Computer, im<br />

Bauchbereich angelegt ist. So gibt es ja<br />

auch die Redewendung „Mein Bauchgefühl<br />

sagt mir …“, wenn man etwas nicht<br />

begründen kann und doch eine innere Gewissheit<br />

in sich verspürt, dass etwas sich<br />

so oder so verhält. Nicht selten trifft dieses<br />

Bauchgefühl ins Schwarze.<br />

Mir gefällt in diesem Zusammenhang, was<br />

die Kinderpsychologin Kathrin Asper über<br />

das Lauschen schreibt: „Lauschen kommt<br />

einem Fühlen, Merken und Spüren gleich,<br />

das sich nicht allein von der Oberfl äche<br />

der Dinge bestimmen lässt, sondern vor<br />

allem von dem, was zwischen den Zeilen<br />

sichtbar wird.“ Sie verweist in diesem Zusammenhang<br />

auf das Bauchweh kleiner<br />

Kinder, was auch alles andere in seelischer<br />

und körperlicher Hinsicht bedeuten kann.<br />

In der lauschenden Haltung der Mutter<br />

sieht sie jene Hinwendung zum Kind, die<br />

es der Mutter erlaubt herauszufi nden, was<br />

fehlt. „Sie kann sich dabei nicht auf die<br />

verbale Äußerung verlassen, sondern muss<br />

das Gesamt des Kindes wahrnehmen und<br />

sich empathisch einfühlen.“<br />

„Die Verzückung der Hl. Teresa“ von Bernini in der Kirche Santa Maria della Vittoria in Rom

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