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Mai 2010

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<strong>Mai</strong> <strong>2010</strong>


EDITORIAL<br />

3<br />

INHALT<br />

Seite<br />

Br. Stephan Veith OSB<br />

Vorwort ...................................................................... 3<br />

P. Meinrad Dufner OSB, Br. Thomas Morus Bertram OSB<br />

Mönche reden über Liebe .............................................. 4<br />

P. Anselm Grün OSB<br />

Stark wie der Tod ist die Liebe ........................................ 6<br />

P. Jonathan Düring OSB<br />

Liebe drückt kein Auge zu ............................................ 8<br />

Dr. Wunibald Müller<br />

Wenn Liebe scheitert ................................................. 10<br />

Br. Bankaja Mkenda OSB<br />

Paradox der Liebe ...................................................... 12<br />

Pinchas Lapide<br />

Kann man lieben, die uns hassen? .............................. 14<br />

P. Fidelis Ruppert OSB<br />

Kritik, die neu motiviert ............................................ 16<br />

Maria Hisch<br />

Wichtige Schritte auf dem gemeinsamen Weg ............... 18<br />

Interview: mit Sr. Christiane Sartorius OP und<br />

Br. Frowin Rückert OSB ................................................. 20<br />

Projekt Marriage Encounter: von P. Severin Pieper OSB ..... 22<br />

Namen/Nachrichten ......................................................... 26<br />

Dank/Serie ................................................................. 33<br />

Br. Thomas Morus Bertram OSB<br />

Aus dem Nähkästchen geplaudert ................................. 35<br />

So wie Reiskorn für Reiskorn von einer<br />

Hand in die andere rieselt, so ist es<br />

auch mit der Liebe: Sie ist ein Geben<br />

und Nehmen!<br />

Porträt:<br />

P. Jesaja Langenbacher OSB<br />

IMPRESSUM<br />

Ruf in die Zeit<br />

AUSGABE MAI <strong>2010</strong>, NR. 2/10<br />

MISSIONSBENEDIKTINER<br />

MÜNSTERSCHWARZACH<br />

Das Magazin für Freunde, Förderer und Interessenten der Missionsarbeit<br />

der Abtei Münsterschwarzach<br />

Abonnement<br />

Bestellung an prokura@abtei-muensterschwarzach.de<br />

oder Telefon 09324/20-275 vierteljährlich, kostenfrei<br />

Redaktion<br />

Br. Stephan Veith (verantw.), Br. Thomas Morus Bertram (verantw.),<br />

P. Jonathan Düring, Br. Alfred Engert, Br. Joachim Witt, Br. Manuel Witt<br />

Herausgeber<br />

Missionsprokura der Abtei Münsterschwarzach<br />

97359 Münsterschwarzach Abtei<br />

Tel.: 09324/20275 Fax: 09324/20270<br />

E-<strong>Mai</strong>l: prokura@abtei-muensterschwarzach.de<br />

Internet: http://www.abtei-muensterschwarzach.de<br />

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Bei Spenden aus dem Ausland bitte unseren<br />

Swift Code: GENODEF1MO5 und<br />

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Bei Adressenänderungen und Spenden wenden Sie sich bitte an<br />

die Spendenbuchhaltung der Missionsprokura<br />

Tel: 09324/20-287 oder 20-276<br />

Fax: 09324/20-494<br />

E-mail: prokura@abtei-muensterschwarzach.de<br />

Bildnachweis<br />

F. Bertele (S. 1), Fairhandel (S. 2), Br. Thomas Morus (S. 4, 5, 21,<br />

32, 33, 35, 36), DPA (S. 7, 11, 12), P. Jonathan (S. 9), KNA (S. 10,<br />

15), Br. Bakanja (S. 13, 22), P. Fidelis (S. 16), M. Hisch (S. 19), Anja<br />

Legge (S. 20, 33), Buchhandlung (S. 24, 25), Archiv (S. 26, 27, 28,<br />

29) Br. Gregory (S. 30, 31), Br. Robert (S. 34)<br />

Gesamtherstellung:<br />

Vier-Türme GmbH, Benedict Press, 97359 Münsterschwarzach Abtei<br />

Konzeption: Klaus Gold<br />

BR. STEPHAN VEITH OSB<br />

Missionsprokurator<br />

Liebe<br />

Leserinnen<br />

und Leser...<br />

... eigentlich kann ein einziges Wort gar nicht ausreichen für das, was damit alles<br />

gemeint ist: „Liebe“ steht für Sympathie, für sexuelles Begehren, für Hingabe<br />

an den Nächsten, für das Verhältnis der Eltern zu ihrem Kind, von Gott zum<br />

Menschen, von Teenagern zueinander. Gott ist die Liebe. Liebe ist Thema in<br />

Groschenromanen, Kinofi lmen, Opern oder TV-Serien.<br />

Andere Sprachen haben verschiedene Wörter für Liebe, wie Caritas und Amor im<br />

Lateinischen, oder Eros, Agape und Philia im Griechischen. Das klärt manches.<br />

Andererseits gehört es zum Faszinosum der „Liebe“, dass eine ganze Welt in diesem<br />

Wort zusammengefasst ist. Eine Welt, die von Menschen gar nicht mit letzter<br />

Klarheit in ihre Unterabteilungen zerlegt werden kann.<br />

In diesem „Ruf in die Zeit“ geht es um Liebe. Zum Kind, zu Gott, zum Feind, zum<br />

Geliebten. Es geht um die Himmelsmacht, ohne die alles: das Leben, der Glauben<br />

wertlos ist. Es geht auch um die Kehrseite: Scheitern, Streit und Heuchelei, die sich<br />

nicht ausblenden lassen. Im Leben nicht, in der Kirche nicht, im Glauben nicht.<br />

Wenn Gott die Liebe ist, wie der Apostel Johannes schreibt, dann ist auch verständlich,<br />

dass wir mit dem Thema Liebe nie fertig werden. „Liebe“ geht nicht<br />

einfach von allein. Der rechte Umgang mit unseren Mitmenschen, mit unseren<br />

Partnern, mit Gott will gelernt und eingeübt sein. Lassen Sie sich durch die Beiträge<br />

in diesem Heft anregen auf Ihrem Weg zu einem liebevollen Leben!<br />

Es grüßt Sie herzlich


ZUM THEMA<br />

4<br />

Mönche reden über Liebe<br />

P. Meinrad und Br. Thomas Morus im Gespräch über Liebe auf dem Winkelhof im Steigerwald am 12. Januar <strong>2010</strong><br />

Meinrad, was ist für Dich<br />

Liebe? Welche Bilder<br />

und Erfahrungen kommen<br />

Dir, wenn Du an<br />

Liebe denkst?<br />

Oh, das ist eine zu<br />

große Frage. Bin ich<br />

Philosoph oder Psychologe,<br />

Biologe oder<br />

Theologe, gar Soziologe<br />

– es käme je eine andere Antwort,<br />

und mit Recht. Ich will Dir keine Defi nition<br />

sagen, aber ich würde gerne erzählen.<br />

So entstehen Bilder von Erfahrung.<br />

Wenn ich an die Liebe<br />

denke, fällt mir meine<br />

erste Jugendliebe ein.<br />

Wir lernten uns in der<br />

Tanzstunde kennen. Sie<br />

hatte einen Pferdeschwanz und ihre dunkelbraunen<br />

Haare reichten fast bis zum<br />

Po. Das fand ich toll. Unsere Beziehung<br />

war im wahrsten Sinne des Wortes rustikal.<br />

(Meinrad) „Kann man sich denken.“ (Tom)<br />

Bei jedem Wetter, egal ob es stürmte oder<br />

schneite, durchstreiften wir in Begleitung<br />

von ‚Mister Hund’ Feld und Wald. Aus zwei<br />

Ponchos bauten wir ein Minizelt und lagen<br />

dicht an dicht, erzählten Geschichten,<br />

planten unsere Zukunft und kuschelten. Sie<br />

holte mich später in die Russisch AG an<br />

ihrem Gymnasium. Dort saßen wir in einer<br />

Schulbank und ich malte rote Herzchen<br />

mit Liebesgefl üster auf Zettel, die ich ihr<br />

zuschob. Vom ganzen Russischunterricht<br />

behielt ich nur einen Satz: „Ja lublju tebja<br />

– ich liebe Dich.“<br />

Ganz alte, aber immer<br />

noch leuchtende Erinnerung<br />

geht bei mir auf ein<br />

Zeltlager zurück. Da war<br />

ich für eine kleine Gruppe<br />

Jüngerer verantwortlich. Ich erlebte mein<br />

Sorgen und Bemuttern bei Tag und Nacht<br />

als Hochgefühl und die Tugend der Liebe.<br />

Nach Jahren endete<br />

meine erste Jugendliebe.<br />

Zurück vom Sommerlager<br />

der Pfadfi nder<br />

in Finnland freute ich<br />

mich auf unser Wiedersehen. Ich hatte ein<br />

kleines Geschenk mitgebracht, doch ihre<br />

Freude darüber war verhalten. Wir gingen<br />

in ihr Zimmer und da eröffnete sie mir, dass<br />

da jemand anderes sei – aber, so sagte<br />

sie, wir können doch weiter gute Freunde<br />

sein. Für mich gab es nur eins: bloß weg!


5<br />

Zu Hause liefen dann die Tränen und das<br />

arme Herz schlug heftig in der Brust. Meine<br />

Mutter sagte damals zu mir: „Junge, die erste<br />

Liebe geht zu Herzen, die zweite brennt<br />

nicht mehr so heiß. Die dritte kann man<br />

leicht verschmerzen, weil man die vierte<br />

kommen weiß.“ Meine Antwort darauf: „So<br />

ein Scheißspruch!“ Aber geholfen hat es<br />

ein wenig.<br />

Ich erinnere mich mit viel<br />

dankbarer Freude an die<br />

heißen Phasen von Verliebt<br />

sein. Die Sprungkraft<br />

dieser Zeiten, das<br />

süße Weh dieser Tage und Nächte, – sie<br />

waren so reich, wie es auch weh tat, wenn<br />

wieder Abschiede anstanden. „Liebe ist<br />

ein Hemd aus Feuer“, dieser Schreck hat<br />

mir mein artiges, scheinbar Gott lieben<br />

an einem Weihnachtstag zerschlagen. Ich<br />

schämte mich der frommen Floskeln, als<br />

mir das heiße Erleben in Leib und Seele<br />

wirklich brannte. Das hat mich viel gelehrt.<br />

In meinem Leben gab<br />

es einen Menschen, der<br />

mich von Kindesbeinen<br />

an begleitet und den ich<br />

wirklich lieb hatte. Das<br />

war Oma Hedwig – Mutters Mutter. Oma<br />

Hedwig war früh Witwe geworden und<br />

musste sich mit ihrer ledigen Schwester<br />

und einer kleinen Landwirtschaft durchs<br />

Leben schlagen. Sie war eine fromme,<br />

total naturverbundene, humorvolle Frau.<br />

Wenn Oma früh aufstand, sprang ich mit<br />

aus dem Bett. Feuer machen, anziehen,<br />

Schweine und Hühner füttern, Ziegen melken.<br />

Dann zur Kirche – die anderen haben<br />

noch gepennt. Im Winter war der Weg zur<br />

Kirche eine Rutschpartie. Zurück in der<br />

warmen Küche. Da quirlte Oma mir – und<br />

nur mir – ein rohes Eidotter in den Kaffeepott,<br />

zusammen mit Ziegenmilch und<br />

Zucker. So etwas Herrliches. Als meine Oma<br />

starb, war ich 13 Jahre. Wie schwer fi el mir<br />

ihr Tod. Da war plötzlich eine Lücke. Dieser<br />

Mensch war fort, den ich so geliebt und der<br />

mich so geformt hat.<br />

Vom Vater kenne ich<br />

mehrere Auftritte, da<br />

er schützend wie eine<br />

Mauer mich verteidigte.<br />

So weiß ich: Liebe ist<br />

ein Schützen und Einstehen. Als ich mal<br />

schlechte Schulnoten brachte, gab es keinerlei<br />

Vorwurf. Er sagte nur: „Bring das<br />

wieder in Ordnung, wer nichts schafft,<br />

bringt es zu nichts.“ Mit diesem Zutrauen<br />

entlassen, brachte das nächste Zeugnis<br />

geradezu in jedem Fach die bessere Note.<br />

Liebe ist, etwas zugetraut zu bekommen.<br />

Noch etwas anderes will ich ansprechen.<br />

Als ich aufgewachsen bin, war es nicht so<br />

üblich, dass Eltern die Kinder herzten, mit<br />

ihnen schmusten. Da hab ich sogar einige<br />

Male Halsweh simuliert. Jetzt rieb mir die<br />

Mutter einen Schmalzwickel um Hals und<br />

Brust. Das war ein Fest von Geliebt werden.<br />

Dann hat Liebe ja immer<br />

mit Körper zu tun!<br />

Das hast du recht gesagt.<br />

Manches Mal wird<br />

in frommen Kreisen abwertend<br />

von „nur körperlicher<br />

Liebe“ geredet. So<br />

kann nur reden, wer davon nichts weiß.<br />

Körper ist Seele. Hätten wir nicht diese<br />

vermeintliche Feindschaft eingebläut bekommen,<br />

wir wären viel tiefer im Frieden.<br />

Als mir aus tiefster Ergriffenheit gesagt<br />

wurde: „Du bist schön“, da kam ich in mir<br />

an. Daraus ist das Wort entstanden: „Würde<br />

ich einmal jegliche Feindschaft gegen<br />

mich lassen, ich hätte Gott im Arm.“<br />

Meine Erfahrung mit<br />

dem großen DU. Es war<br />

auf der Farm Lipilipili<br />

in Tansania. Abend für<br />

Abend, bevor ich mir<br />

mein Essen kochte, ging ich zu einem lauschigen<br />

Platz. Ein See, riesige Bäume, Blumen<br />

und Tiere. Wie ein Garten Eden. Dort<br />

saß ich auf einem Baumstumpf, schaute<br />

in den abendlichen Himmel und erzählte<br />

meinem Gott, was ich erlebt und so auf<br />

dem Herzen hatte. Ihm konnte ich alles<br />

sagen und ich fühlte, dass da ein DU, eine<br />

Beziehung war. Und oft kamen Ruhe und<br />

Frieden dabei über mich.<br />

Ich habe Liebe als einen wichtigen Bestandteil<br />

meines Lebens erlebt, denn<br />

Glauben ohne Liebe macht fanatisch,<br />

Ordnung ohne Liebe macht kleinlich, Gerechtigkeit<br />

ohne Liebe macht hart, ein<br />

Leben ohne Liebe macht krank.<br />

Da hast du recht! Ich<br />

brauche Liebe. Und ich<br />

fühle mich geliebt, wenn<br />

jemand oder das Leben<br />

sagt: „Ich brauche dich.“<br />

Die Rede von selbstloser Liebe taugt mir<br />

nichts. Immer gibt das Lieben Wertvolles<br />

zurück, und immer ist das Sich Lieben Lassen<br />

auch ein Geschenk an den anderen. Das<br />

gegenseitige einander nötig haben, das<br />

schafft das Netz, durch dessen Fäden etwas<br />

strömt, das wir lieben nennen. So sehe<br />

ich es beim Menschen, aber auch in der<br />

Natur; solches Brauchen scheint auch auf<br />

Gottes Liebe zu passen, sagt er doch, wie er<br />

sich sehnte nach diesem Mahl, wie es seine<br />

Freude ist, bei den Menschen zu sein. Und<br />

überdies beschreibt die Rede vom Dreieinigen<br />

ein dauerndes Liebesfest in Gott.<br />

Ich ahne die Richtung, weil mein Lebensfi lm<br />

wunderbare – nicht leidfreie – Szenen dazu<br />

kennt, da ich lieben kann und geliebt werde.<br />

P. Meinrad Dufner OSB<br />

Geboren 1946 in Elzach/Schwarzwald<br />

• Profess 1967 • Priesterweihe<br />

1973 • Künstler und geistlicher<br />

Begleiter<br />

Br. Thomas Morus Bertram OSB<br />

Geboren 1954 in Göttingen •<br />

Profess 1985 • Diplomagraringenieur<br />

• Tansania 1981–84 und<br />

1987–2001 • seit 2001 Mitarbeit<br />

in der Missionsprokura


ZUM THEMA<br />

6<br />

Stark wie der Tod<br />

ist die Liebe<br />

Das Hohelied der Liebe im Alten Testament<br />

von P. Anselm Grün OSB<br />

Das Hohelied der Liebe – oder wie es im<br />

Alten Testament heißt: das Lied der Lieder<br />

– ist eine Sammlung von wunderbaren Liebesliedern,<br />

in denen die Liebe zwischen<br />

Mann und Frau gepriesen wird, zwischen<br />

Braut und Bräutigam, zwischen Freund<br />

und Freundin. Diese Lieder sind kunstvolle<br />

Dichtung. Da fi nden sich neckische Locklieder,<br />

in denen der Bräutigam die Braut<br />

lockt, ihm zu folgen. Da gibt es Bewunderungslieder,<br />

in denen der Freund die Schönheit<br />

der Freundin preist oder die Freundin<br />

den schönen und kraftvollen Körper des<br />

Freundes beschreibt. Da gibt es Wechselgespräche,<br />

Beschwörungslieder und Sehnsuchtslieder.<br />

In all diesen Liedern kommt<br />

zum Ausdruck, dass die erotische und sexuelle<br />

Liebe zwischen Mann und Frau eine<br />

übermächtige Kraft ist und zugleich eine<br />

wunderbare Gabe, die Gott dem Menschen<br />

geschenkt hat und die der Mensch in vollen<br />

Zügen genießen darf. Die Liebe zwischen<br />

Mann und Frau trägt ihren Sinn in sich<br />

selbst. Sie erfüllt die Liebenden mit Sehnsucht<br />

und mit Glück.<br />

Sehnsucht<br />

Wenn wir die wunderbaren Gedichte hören,<br />

wird in uns die Sehnsucht nach Liebe<br />

entfacht. Wir spüren die Liebe in uns selbst,<br />

wenn die Braut sagt: „Stört die Liebe nicht<br />

auf, weckt sie nicht, bis es ihr selbst gefällt.“<br />

(Hld 1,7), oder wenn der Bräutigam sagt:<br />

„Steh auf, meine Freundin, meine Schöne,<br />

so komm doch! Denn vorbei ist der Winter,<br />

verrauscht der Regen. Auf der Flur erscheinen<br />

die Blumen; die Zeit zum Singen ist<br />

da.“ (Hld 1,10–12) Das können sich Verliebte<br />

auch heute zurufen und damit ihrer<br />

Liebe Ausdruck verleihen. Ein Mann kann<br />

seine Liebe zu seiner Frau kaum schöner<br />

ausdrücken als mit den Worten: „Verzaubert<br />

hast du mich, meine Schwester Braut;<br />

ja verzaubert mit einem Blick deiner Augen,<br />

mit einer Perle deiner Halskette. Wie schön<br />

ist deine Liebe, meine Schwester Braut; wie<br />

viel süßer ist deine Liebe als Wein, der<br />

Duft deiner Salben köstlicher als alle Balsamdüfte.“<br />

(Hld 4,9f) Und die Braut kann<br />

kaum angemessenere Worte für ihre Liebe<br />

fi nden als: „Ich bin krank vor Liebe.“ (Hld<br />

5,8) oder: „Ich gehöre meinem Geliebten,<br />

und ihn verlangt nach mir. Komm, mein Geliebter,<br />

wandern wir auf das Land, schlafen<br />

wir in den Dörfern.“ (Hld 7,11f) Kann eine<br />

Frau schönere Worte fi nden für ihre Liebe<br />

als das Sehnsuchtslied eines Mädchens in<br />

Hld 8,6f: „Leg mich wie ein Siegel auf dein<br />

Herz, wie ein Siegel an deinen Arm! Stark<br />

wie der Tod ist die Liebe, die Leidenschaft<br />

ist hart wie die Unterwelt. Ihre Gluten sind<br />

Feuergluten, gewaltige Flammen. Auch<br />

mächtige Wasser können die Liebe nicht<br />

löschen; auch Ströme schwemmen sie nicht<br />

weg. Böte einer für die Liebe den ganzen<br />

Reichtum seines Hauses, nur verachten<br />

würde man ihn.“<br />

Doch die Liebeslieder sind nicht einfach<br />

nur Beschreibungen der Liebe zwischen<br />

Mann und Frau. Sie sind voller Bilder. Die<br />

Bilder schöpft das Hohelied aus den Liebesliedern<br />

Ägyptens, Syriens, Mesopotamiens<br />

und Palästinas. Dabei werden Attribute<br />

vorderasiatischer Liebesgöttinnen für<br />

die Beschreibung der Braut herangezogen.<br />

Wenn ihr Hals wie ein Turm beschrieben<br />

wird, dann ist damit nicht nur die äußere<br />

Gestalt des Halses gemeint. Vielmehr geht<br />

es um die Uneinnehmbarkeit der Braut.<br />

Oder wenn sie als verschlossener Garten,<br />

als versiegelter Quell beschrieben wird,<br />

dann geht es um die Unerreichbarkeit der<br />

Frau. Auf der einen Seite kommt da ein<br />

Geheimnis zwischen Mann und Frau zum<br />

Ausdruck, dass der Mann die Frau nicht<br />

einfach erobern kann, sondern dass er sich<br />

ihr behutsam nähern soll. Auf der anderen<br />

Seite bekommt die Frau hier quasi göttliche<br />

Attribute. Sie wird wie eine Liebesgöttin<br />

beschrieben.<br />

Vielfältige Auslegung<br />

Diese metaphorische Sprache, die den Liedern<br />

innewohnt, hat dazu geführt, dass<br />

schon die Juden diesen Text metaphorisch<br />

gedeutet haben und zwar auf die Liebe<br />

zwischen Jahwe und Israel. Es gab bei den<br />

Juden einen Streit, ob man dieses Buch<br />

überhaupt in den biblischen Kanon aufnehmen<br />

solle. Das Buch entstammt vermutlich<br />

den Kreisen der Weisheit und ist<br />

etwa um 300 vor Christus entstanden.<br />

Zunächst war es sicher ein Preislied auf<br />

die erotische und sexuelle Liebe zwischen<br />

Mann und Frau. Doch vermutlich schon um<br />

das Jahr 100 haben die Juden an dieser<br />

rein menschlicher Sicht Anstoß genommen<br />

und haben die Lieder als Beschreibung der<br />

Liebe zwischen Gott und seinem Volk verstanden.<br />

Auf diese Weise haben sie es in<br />

den Kanon aufgenommen und lesen es bis<br />

heute aus der Festrolle beim Paschafest.<br />

Und so wurde es hochgeschätzt. Rabbi<br />

Akiba sagt vom Hohenlied: „Alle Zeiten<br />

sind nicht dem Tage ebenbürtig, an dem<br />

Israel das Hohelied verliehen wurde; denn<br />

alle Schriften (des Kanons) sind heilig, aber<br />

das Hohelied ist das heiligste von allen.“<br />

Pinchas Lapide führt sechs verschiedene<br />

Weisen an, wie Juden in der Geschichte<br />

– auch unter dem Einfl uss griechischer Philosophie<br />

– das Hohelied ausgelegt haben:<br />

„1. Als Hochzeitslied zweier Menschen, die<br />

die Liebe befl ügelt; 2. Als Sehnsuchtslied


7<br />

der Seele, die zu Gott emporsteigen will;<br />

3. Als Liebeslied Israels, dessen Begehren<br />

auf Gott gerichtet ist; 4. Als Gleichnis aller<br />

Entzweiung auf Erden, die ihre Heilung<br />

in der Einswerdung sucht; 5. Als Zwiegespräch<br />

zwischen Leib und Seele, die den<br />

Weg zur vollen Synthese erstreben; 6. Als<br />

messianischer Gesang des Erlösers und seiner<br />

Heilsgemeinde.“<br />

Grenzen überschreiten<br />

Der Evangelist hat die jüdische Tradition,<br />

das Hohelied der Liebe am Paschafest<br />

vorzulesen, aufgegriffen. Er beginnt seine<br />

Ostererzählungen mit der Begegnung von<br />

Maria von Magdala mit dem Auferstandenen.<br />

Dabei bezieht er sich auf das 3.<br />

Kapitel des Hohenliedes der Liebe. Maria<br />

von Magdala macht sich früh morgens,<br />

als es dunkel war, auf, um den zu suchen,<br />

den ihre Seele liebt. Die Auferstehungsgeschichte<br />

ist für ihn eine Liebesgeschichte.<br />

Johannes 20,1–18 können wir nur lesen<br />

vor dem Hintergrund der Verse aus dem<br />

3. Kapitel des Hohenliedes: „Des Nachts<br />

auf meinem Lager suchte ich ihn, den meine<br />

Seele liebt. Ich suchte ihn und fand<br />

ihn nicht.“ Dreimal heißt es im Hohenlied,<br />

dass die Braut den sucht, den ihre Seele<br />

liebt, und dass sie ihn nicht fi ndet. Dreimal<br />

sagt Maria „Man hat den Herrn aus<br />

dem Grab weggenommen, und wir wissen<br />

nicht, wohin man ihn gelegt hat.“ Als die<br />

Braut ihren Bräutigam fi ndet, packt sie<br />

ihn und lässt ihn nicht mehr los. (Hld 3,4)<br />

Der Auferstandene sagt zu Maria: „Halte<br />

mich nicht fest; denn ich bin noch nicht<br />

zum Vater hinaufgegangen.“ (Joh 20,17)<br />

Pascha heißt: Hinübergehen. Die Liebe ist<br />

von ihrem Wesen her Hinübergehen. Mann<br />

und Frau gehen über ihre Grenze hinüber,<br />

um miteinander eins zu werden. In der<br />

Liebe übersteigen sie jedoch immer auch<br />

ihre menschliche Beziehung in Gott hinein.<br />

Jesus geht in der Auferstehung zum Vater<br />

hinüber. So verweist er unsere menschliche<br />

Liebe auf die göttliche Liebe. Auferstehung<br />

heißt, dass die Liebe stärker ist als der Tod,<br />

dass uns im Tod der erwartet, den unsere<br />

Seele liebt. Erst dann dürfen wir ihn für<br />

immer festhalten.<br />

Die Kirche hat das Hohelied schon seit Origenes<br />

– also schon kurz nach 200 – allegorisch<br />

ausgelegt und zwar als Beschreibung<br />

der Liebe zwischen Christus und der Kirche<br />

und zwischen Christus und der Einzelseele.<br />

In der Tradition des Origenes haben<br />

dann zahlreiche Kirchenväter und geistliche<br />

Schriftsteller – von Gregor dem Großen<br />

bis zu Bernhard von Clairvaux – das Hohelied<br />

mystisch ausgelegt als Beschreibung<br />

des mystischen Einswerdens zwischen Gott<br />

und der menschlichen Seele. Im Mittelalter<br />

entstand dann noch eine andere Deutung:<br />

Man hat die Lieder marianisch ausgelegt,<br />

als Beschreibung der Liebe zwischen Maria<br />

und ihrem Sohn Jesus. Diese Deutung hat<br />

dann vor allem die Liturgie übernommen.<br />

Noch heute werden an Marienfesten häufi<br />

g Texte aus dem Hohenlied vorgelesen<br />

oder in den Gesängen verwendet.<br />

Tiefendimension<br />

Mag bei der allegorischen Auslegung<br />

manchmal auch die Angst vor der erotischen<br />

Dimension dieser Lieder mit beteiligt<br />

gewesen sein, für mich zeigt sich<br />

darin doch auch etwas Wesentliches vom<br />

Geheimnis der Liebe. Die Liebe zwischen<br />

Mann und Frau hat eine Tiefendimension,<br />

die durch die rein psychologische Beschreibung<br />

nicht ausgelotet wird. In der<br />

erotischen und sexuellen Liebe zwischen<br />

Mann und Frau spielt immer auch die<br />

Ahnung von einem Einswerden mit dem<br />

Grund des Seins mit. Letztlich steckt in der<br />

Liebe zwischen Mann und Frau immer auch<br />

– wie der Eheberater Hans Jellouscheck<br />

sagt – ein Transzendenzpotenzial. Die Kirchenväter,<br />

die das Hohelied allegorisch<br />

ausgelegt haben, haben die erotischen<br />

Bilder als die treffendste Beschreibung<br />

unserer Beziehung zu Gott gesehen. Für<br />

sie war die Liebe immer auch offen für<br />

Gott. Von Johannes vom Kreuz, dem spanischen<br />

Mystiker, wird erzählt, dass er sich<br />

auf dem Sterbebett das Hohelied vorlesen<br />

ließ. Er wollte also keine Bußpsalmen hören,<br />

sondern diese wunderbare Liebeslyrik<br />

des Hohenlieds. Für ihn war das die treffendste<br />

Beschreibung dessen, was ihn im<br />

Tod erwartete.<br />

Zwei Wege<br />

Dabei haben sowohl Origenes als auch Johannes<br />

um die wörtliche Bedeutung dieser<br />

Lieder gewusst. Johannes hat beides in eins<br />

gesehen. Er hat die Erotik dieser Lieder<br />

nicht übersprungen, sondern sie meditiert<br />

und im Meditieren zugleich das Geheimnis<br />

der Liebe zu Gott gespürt. Dabei gibt<br />

es eben beide Wege: Die einen, die die<br />

sexuelle Liebe zwischen Mann und Frau<br />

körperlich leben, spüren in der Erfahrung<br />

dieser Liebe die Öffnung für das Geheimnis<br />

der göttlichen Liebe. Sie erfahren im<br />

Einswerden mit dem andern zugleich das<br />

Einswerden mit der ganzen Welt und letztlich<br />

auch mit Gott, dem Urgrund der Welt.<br />

Und es gibt den ehelosen Weg, den Weg,<br />

auf die körperliche Liebe zu verzichten, um<br />

die erotische Dimension, die in jeder Liebe<br />

steckt, und die Sehnsucht, die in der Sexualität<br />

verborgen ist, auf Gott zu lenken.<br />

Beide Wege sind möglich. Auf beiden Wegen<br />

kann man der Erotik und der Sexualität<br />

und dem Leibhaften der Liebe nicht aus<br />

dem Weg gehen. Auf beiden Wegen aber<br />

geht es auch darum, das Körperliche als<br />

Symbol für das Geistige zu sehen und mit<br />

der Sehnsucht des ganzen Leibes Gott zu<br />

lieben, der unsere tiefste Sehnsucht nach<br />

Liebe allein für immer zu erfüllen vermag.<br />

Auch die Liebe zu Gott braucht das Sinnliche<br />

und Ekstatische, wie es in diesen wunderbaren<br />

Liebesliedern anklingt.<br />

Jesus und Maria von Magdala<br />

P. Anselm Grün OSB<br />

Geboren 1945 in Junkershausen • Profess 1965<br />

• Priester 1971 • Seit 1977 Cellerar der Abtei<br />

Münsterschwarzach • Geistlicher Begleiter und<br />

Bestsellerautor christlicher Spiritualität


ZUM THEMA<br />

8<br />

Liebe drückt kein Auge zu<br />

Leben aus Zuversicht und Gewissheit<br />

von P. Jonathan Düring OSB<br />

Wie lieb muss Liebe sein<br />

„Liebe drückt kein Auge zu“ – ist da nicht<br />

ein Buchstabe zuviel im Titel dieses Beitrags?<br />

Heißt es doch für die meisten von uns<br />

schon von Kindheit an: Sei doch lieb! Und<br />

es heißt doch immer, dass gerade die Liebe<br />

ein Auge zudrückt, wenn es darum geht,<br />

dass jemand einen Fehler gemacht hat,<br />

dass ihm ein Missgeschick oder sonst etwas<br />

Peinliches passiert ist. „Na, das macht<br />

nichts“ wird als liebevolle und noble Geste<br />

erwartet, „das kann ja mal passieren“, „das<br />

ist nicht so schlimm“. Dass genau hier eine<br />

der größten Gefahren liegt, die Liebe in<br />

ihrem Wesenskern zu verraten, wird damit<br />

aber gleich mit übersehen. Übrig bleibt<br />

eine zahnlose Karikatur von „Liebe“, eine<br />

Liebe, die man gerade deshalb nicht mehr<br />

ernst nimmt, weil sie zu lieb geworden ist.<br />

Wo Liebe zu lieb wird, weil sie zu oft die<br />

Augen zudrückt, bewirkt sie, dass man sie<br />

letztlich selbst aus den Augen verliert.<br />

Wirkliche Liebe ist überhaupt nicht lieb. Sie<br />

schaut eben nicht weg, wenn ein Fehler<br />

gemacht wird, wenn ein Missgeschick, etwas<br />

Peinliches oder Schlimmes geschieht.<br />

Im Gegenteil. Liebe schaut ganz genau<br />

hin. Nicht nur oberfl ächlich, sondern eindringlich.<br />

Liebe verharmlost nichts und<br />

fürchtet letztlich auch nichts – auch nicht<br />

den Schmerz, der dadurch entsteht, dass<br />

sie offenlegt, was gespielt wird, oder dass<br />

sie etwas klar beim Namen nennt, was in<br />

einem irreführenden Gewand oder Aussehen<br />

daherkommt.<br />

Liebe braucht viele Namen<br />

Liebe lässt sich gar nicht wirklich in Worte<br />

fassen und schon gar nicht in ein einziges.<br />

Weil Liebe so unbeschreiblich ist, braucht<br />

sie so viele Namen. Es gibt kaum eine<br />

Sprache, in der es nicht viele verschiedene<br />

Namen für die Liebe und ihre unterschiedlichen<br />

Ausprägungen gibt. An unserer<br />

Sprache, unserer Sprachkenntnis und unserem<br />

Sprachgebrauch können wir ablesen,<br />

was unser Leben prägt. Das lässt sich auch<br />

an anderen Worten erkennen. So gibt es<br />

bei den Eskimos mehr als 20 Begriffe für<br />

die unterschiedlichen Nuancen von „weiß“,<br />

so wie manche Urwaldvölker mehr als 20<br />

Namen für „grün“ haben, oder Wüstenbewohner<br />

eine Vielzahl an Worten für „Sand“<br />

und Sandfarben.<br />

Ein Volk, dessen Sprache eine Vielfalt von<br />

Bezeichnungen für Liebe hat, erkennt an,<br />

wie lebensnotwendig sie ist. Andersherum<br />

bedeutet die häufi ge und undifferenzierte<br />

Verwendung des Wortes „Liebe“ nur, wie<br />

lieblos oder wie seelisch arm eine Gesellschaft<br />

geworden ist. Dann dauert es nicht<br />

mehr lang bis das Wort „Liebe“ ausgelutscht<br />

ist und man es eigentlich nicht mehr hören<br />

kann. Und dann dauert es nicht mehr<br />

lang, bis auch das verschwindet, was mit<br />

„Liebe“ eigentlich gemeint ist. Die Folge<br />

ist der Verlust und die Verdunstung der<br />

Menschlichkeit. Übrig bleiben starre Ideologien<br />

und eiskalte Ideologen, für die auch<br />

Leid und Leichen keine zu beherzigenden<br />

Hemmschwellen sind.<br />

Liebe als Gefühl<br />

Hier scheint mir eine der größten (wenn<br />

auch schönsten…) Gefahren für die Liebe<br />

zu liegen. Oft verwechseln wir sie mit dem<br />

Schmetterlingsgefühl im Bauch, das Verliebten<br />

eigen ist. Wir reduzieren sie auf das<br />

Erleben von romantischen Stunden und inspirierenden,<br />

zärtlichen Begegnungen. Wo<br />

wir diese Gefühle nicht haben, glauben wir<br />

allzu oft auch die Liebe verloren zu haben –<br />

und verhalten uns dann auch als ungeliebt<br />

und lieblos. Wer Liebe als Gefühl versteht,<br />

braucht sich nicht zu wundern, wenn sein<br />

Leben einer Achterbahnfahrt gleicht, die<br />

ihn mehr oder weniger kräftig durcheinanderwirbelt.<br />

Das mag mal passen auf dem<br />

Jahrmarkt, aber für den Alltag taugt das<br />

nichts. Dass Liebe Gefühle auslöst, ist außer<br />

Frage, aber dass Liebe aus Gefühlen<br />

besteht, ist ein Irrtum.<br />

Liebe als Grund-Einstellung<br />

Liebe braucht einen festen und verlässlichen<br />

Grund, auf dem sie sich entwickeln<br />

und entfalten kann. Das müssen keine äußeren<br />

Sicherheiten sein. Innere Entschiedenheit<br />

ist dazu wichtig. Entschiedenheit,<br />

aus der und an der Gewissheit wachsen<br />

kann, gewollt zu sein. Das ist zu allererst<br />

das Ja zum Leben als ein kostbares, zu<br />

schützendes und zu pfl egendes Geschenk.<br />

Wo dieses Ja fehlt, fi ndet auch die Liebe<br />

keinen Grund. Die Bibel hat für dieses Ja<br />

zum Leben das Bild-Wort „Barmherzigkeit“.<br />

Barmherzigkeit ist eine der mütterlichsten<br />

Eigenschaften, die es gibt. Das Wort bedeutet:<br />

„den Säugling an die Mutterbrust<br />

nehmen“. Barmherzig zu sein, das bedeutet:<br />

Offen zu sein für das ohnmächtige Leben.<br />

Es bedeutet: Sich auch mal aussaugen<br />

zu lassen, um dem Kleinen Lebenskraft zu<br />

geben. Solche Barmherzigkeit ist weder ein<br />

Gefühl, noch abhängig von (guten) Gefühlen.<br />

Sie ist laut Jesus auch die zentrale<br />

Grund-Einstellung Gottes zum Menschen.<br />

Und das war auch seine frohe Botschaft:<br />

„Lebe aus dieser Gewissheit, Mensch! Du<br />

hast alle Liebe, alles Licht und alle Kraft<br />

in Dir, die es zum wahren Leben braucht.<br />

Die Liebe Gottes ist Dir gewiss, Mensch!<br />

Zeige Dich ihrer würdig! Zeige auch, dass<br />

Du aus dem Säuglingsalter heraus bist.<br />

Liebe selbst!“


9<br />

Wie Liebe richtet<br />

Liebe öffnet die Augen. Liebe lässt auf<br />

die Wirklichkeit schauen, wie sie ist – nur<br />

schaut sie nicht richtend, sondern „auf-richtend“<br />

darauf. Echte Liebe kann das, weil<br />

sie auch sehen kann und will, was beugt<br />

und lähmt und verkrümmt. Sie kann das,<br />

weil sie träumen kann, obwohl sie durch<br />

und durch realistisch ist. Und nur weil sie<br />

realistisch ist, macht die Liebe auch lebendig.<br />

Liebe leuchtet in der Wirklichkeit des<br />

Alltags und sie beleuchtet ihn. Liebe macht<br />

hell. Liebe klärt auf. Und das lässt leben.<br />

Die alten Mönche haben dafür das Wort<br />

Discretio geprägt. Damit ist gerade kein<br />

Wegschauen gemeint von dem, was da gerade<br />

geschieht, sondern ein darauf Achtgeben,<br />

dass die negativen Folgen möglichst<br />

gering bleiben. Discretio ist Achtsamkeit<br />

pur. Discretio kann nur üben, wer um den<br />

Menschen und seine Abgründe weiß. Jemand,<br />

der nicht nur darum weiß, sondern<br />

sie auch kennt, vor allem in sich selbst.<br />

Discretio gelingt nur, wenn mit wachem<br />

und offenem und vor allem auch wohlwollendem<br />

Blick auf sich selbst und dann auch<br />

auf die anderen geschaut wird. Dieses<br />

Wohlwollen erscheint mir<br />

als der Schlüssel zur Liebe.<br />

Lieb sein kann ich auch<br />

ohne Wohlwollen. Lieben<br />

nicht.<br />

Unbarmherzigkeit dagegen<br />

sieht hin und deckt auf,<br />

um abzugrenzen und auszuschließen.<br />

Falsche Barmherzigkeit<br />

sieht weg oder<br />

drückt eben sprichwörtlich<br />

ein Auge zu, um nicht ausschließen<br />

oder einschreiten<br />

zu müssen.<br />

Echte Barmherzigkeit schließlich<br />

sieht hin mit offenen<br />

Augen. Sie deckt auf, damit<br />

sich der oder die andere<br />

nicht selber ausschließt.<br />

Echte Barmherzigkeit sieht<br />

nicht nur den Schmutz, sie<br />

sieht auch die Wunde, die<br />

darunter verborgen liegt.<br />

Und genau darauf kommt<br />

es an. Es geht ihr um die<br />

Klarheit und die Reinheit,<br />

die das Leben braucht, um<br />

in seine Kraft zu kommen. Es<br />

geht ihr um das Einüben der<br />

Wahrhaftigkeit, das nur dort<br />

möglich ist, wo alles ans Licht kommen<br />

kann und ans Licht kommt, was geschehen<br />

ist und geschieht. Wahrhaftigkeit lässt<br />

sich aber nur üben im Blick und im Licht<br />

klarer, wohlwollender Augen. Diese zeigen<br />

die Richtung zum Richtigen. Diese richten<br />

neu aus.<br />

Der aufrechte und aufrichtige<br />

Mensch als Maß gelebter Liebe<br />

Wie ein solcher Mensch heranwachsen<br />

kann, zeigt die Darstellung des heiligen<br />

Benedikt in unserer Abteikirche. Der lange,<br />

hagere und aufrechte Mann mit den<br />

offenen Augen, bei dem alles in seiner Ordnung<br />

ist, von den Falten seiner Kukulle<br />

bis hin zu den ordentlichen Haaren seines<br />

langen Bartes. Eine Hand hat er zum klaren<br />

Segen erhoben, in der anderen Hand hält<br />

er die Regel, das Gesetzbuch der Mönche,<br />

nach dem sie zu leben versprochen haben.<br />

Es ist ein dickes, schweres Buch mit dicken<br />

Platten als Einband. Genau hier hat<br />

der Künstler das Wesen der sehenden und<br />

klärenden Liebe Gestalt werden lassen.<br />

Dieses dicke, schwere Buch mit seinem<br />

dicken Buchenholzplatten-Einband weist<br />

in der Hand Benedikts eine ganz leichte<br />

Biegung auf. Es liegt ganz geschmeidig in<br />

seiner Hand.<br />

Es braucht ein verbindliches Gesetz in der<br />

Hand eines aufrichtig und aufrichtend Liebenden,<br />

dessen offene und klare Augen<br />

alles anzusehen bereit sind und gerade<br />

dadurch heilenden Segen bewirken.<br />

P. Jonathan Düring OSB<br />

Geboren 1960 in Iphofen• Profess<br />

1984 • Priesterweihe 1989<br />

• Seit Oktober 2008 im Priorat<br />

Damme als Subprior und Seelsorger<br />

tätig.


ZUM THEMA<br />

10<br />

Wenn Liebe scheitert<br />

Mich selbst annehmen und lieben können<br />

von Dr. Wunibald Müller<br />

Zunächst bricht eine Welt<br />

zusammen<br />

Wenn Liebe scheitert, ja was dann? Dann<br />

denkt man, das ist das Ende, ja das ist<br />

das endgültige Ende. Es gibt kein Leben<br />

mehr danach. Doch ist es wirklich so? Was<br />

geschieht, was kann geschehen, wenn Lie-<br />

be scheitert? Ich will es an einem Beispiel<br />

aufzeigen.<br />

Berthold, 55 Jahre alt, wird von Petra, mit<br />

der er seit fünf Jahren zusammenlebt, verlassen.<br />

Als er vor fünf Jahren Petra traf,<br />

konnte er es zunächst gar nicht glauben,<br />

in Petra der Frau zu begegnen, die alle<br />

seine Wünsche zu erfüllen schien: eine<br />

Partnerin, die in der Literatur bewandert<br />

ist, einem Bereich, in dem er sich sehr gut<br />

auskannte; eine Frau, die vom Aussehen<br />

her seinen Idealvorstellungen entsprach;<br />

eine Weggefährtin, die den gleichen Unternehmensgeist<br />

an den Tag legte wie er. Und<br />

dann, nach einer letzten großen Auseinandersetzung,<br />

entschied sie sich, zu gehen. In<br />

den letzten Wochen hatten sie die meiste<br />

Zeit nur noch miteinander gestritten. Petra<br />

fühlte sich von ihm festgehalten. Er hatte<br />

sie mit Geschenken überhäuft und auch<br />

alle Kosten für die vielen und teuren Reisen<br />

übernommen. Jetzt ist sie weg.<br />

Für Berthold bricht eine Welt zusammen,<br />

eine Welt, die vornehmlich aus seiner Beziehung<br />

zu Petra bestand. Es war eine geliehene,<br />

zum Teil auch erkaufte Welt. Er fällt<br />

in eine tiefe Depression, wie das typisch<br />

ist, wenn wir einen großen Verlust erleiden,<br />

vor allem auch, wenn Liebe scheitert.<br />

Lebensträume stürzen zusammen, tiefste<br />

Sehnsüchte werden unterbrochen, können<br />

nicht mehr gestillt werden. Je nachdem,<br />

was uns der geliebte Mensch bedeutet hat,<br />

verlieren wir den Menschen, mit dem wir<br />

vertrauten Umgang pfl egen konnten, der<br />

uns menschliche Nähe schenkte, der sich<br />

um unsere wirtschaftliche Sicherheit kümmerte.<br />

Es ist wichtig, sich zunächst die Zeit<br />

zu lassen, die wir benötigen, um den Verlust<br />

zu betrauern. Es ist ein Segen, in dieser Zeit<br />

Menschen zu haben, mit denen wir reden<br />

können, die uns stützen und ermutigen.<br />

Das Scheitern als Chance,<br />

an sich zu arbeiten<br />

Wenn die Trauer oder die Depression länger<br />

andauernt als das beim Scheitern einer<br />

Beziehung normalerweise üblich ist – so<br />

sehr es hier auch keinen festgelegten Zeit-


11<br />

rahmen gibt und das auch von der Schwere<br />

des Verlustes abhängig ist – kann es sein,<br />

dass tieferliegende Gründe, die für das<br />

Scheitern der Beziehung mitverantwortlich<br />

sind, sich bemerkbar machen.<br />

Im Falle von Berthold wird mit Hilfe therapeutischer<br />

Begleitung deutlich, dass es<br />

bei ihm nicht nur um den Verlust von Petra<br />

geht. Das Scheitern der Beziehung bringt<br />

ihn in Berührung mit seiner alten Wunde<br />

des Ungeliebtseins, dem Gefühl nicht liebenswert<br />

zu sein, von anderen nicht gewollt<br />

zu sein oder geschätzt zu werden.<br />

Durch die Beziehung mit Petra war diese<br />

Wunde neutralisiert worden. Allein die<br />

Wunde schwelte weiterhin vor sich hin, da<br />

sie noch nicht geheilt war. Berthold stellte<br />

sich nicht seiner eigenen Unfähigkeit, sich<br />

anzunehmen und lieben zu können, bekam<br />

er doch – anscheinend – von Petra, was<br />

er sich selbst nicht geben konnte. Doch<br />

jetzt, da sie nicht mehr da war, spürte er<br />

deutlicher als zuvor das Gefühl, nicht liebenswert<br />

zu sein.<br />

Wenn Liebe scheitert, werde ich auf mich<br />

selbst zurückgeworfen. Ich komme dabei,<br />

wenn ich nach einer Zeit der Trauer, der Enttäuschung,<br />

der Erfahrung von Ärger, Wut,<br />

auch Hass, dazu bereit bin, mit mir, meinen<br />

Bedürfnissen, meinen Unzulänglichkeiten<br />

und Defi ziten in Berührung. Auch solchen,<br />

die ich glaubte über die andere Person, die<br />

ich liebte, ersetzt oder erfüllt zu bekommen.<br />

Es hängt dann von mir ab, wie ich<br />

mich in einer solchen Situation verhalte.<br />

Mich selbst annehmen und<br />

lieben können<br />

Berthold beispielsweise kann versuchen, in<br />

eine neue Beziehung zu fl üchten. Auch, um<br />

seinem Gefühl, nicht liebenswert zu sein<br />

und seiner Einsamkeit zu entfl iehen. Oder<br />

aber er nimmt die Trennung zum Anlass,<br />

sich seiner Wunde des Ungeliebtseins zu<br />

stellen und sich mit seinem Gefühl des Alleinseins<br />

auseinanderzusetzen. Er entscheidet<br />

sich für eine Therapie. Diese hilft ihm<br />

zunächst einmal, die schwere Zeit nach der<br />

Trennung auszuhalten, so sehr er manchmal<br />

auch an den Rand der Verzweifl ung<br />

gerät und es Augenblicke gibt, in denen er<br />

am liebsten nicht mehr leben will. Im weiteren<br />

Verlauf seiner Therapie verändert sich<br />

sein Selbstbild. Das Bild, das er bisher von<br />

sich hatte, war vergleichbar mit einem wenig<br />

attraktiven, nur halb fertigen Gebäude,<br />

unverputzt und eher spärlich eingerichtet.<br />

Kein Ort, an den es einen hinzieht, wo man<br />

sich gerne niederlässt. An die Stelle dieses<br />

Bildes tritt nach vielen Therapiesitzungen<br />

das Bild von sich als einem attraktiven,<br />

wohnlichen und einladenden Haus, in dem<br />

vor allem auch er selbst sich wohlfühlt.<br />

Wenn Liebe scheitert, ich zunächst meine,<br />

nicht länger existieren zu können, ein Leben<br />

ohne den geliebten Menschen sinnlos<br />

sei, muss ich in mühevollen Schritten erst<br />

wieder dahin kommen, dass ich mich spüre,<br />

mir bewusst wird, dass ich unabhängig<br />

von der anderen Person bin, existiere und<br />

liebenswert bin. Dass es mich auch ohne<br />

die andere Person gibt. Der Titel eines Bestsellers<br />

lautet Liebe dich selbst und es ist<br />

egal, wen du heiratest. Das hat nichts mit<br />

einem ungesunden Narzissmus oder Egotrip<br />

zu tun. Wir sind dann eine reife und beziehungsfähige<br />

Person, wenn wir zunächst<br />

auch in Beziehung zu uns selbst treten und<br />

wir uns selbst gegenüber eine positive,<br />

wohlwollende, liebevolle Einstellung und<br />

Haltung einnehmen können. Doch dieses<br />

Ja zu uns selbst als Ausdruck unserer Liebe<br />

zu uns selbst versagen wir uns oft, auch<br />

weil es mit zu dem Schwersten gehören<br />

kann, das uns aufgetragen oder auch zugemutet<br />

wird. Doch wie kann ich einen anderen<br />

lieben, wenn ich mich selbst nicht zu<br />

lieben vermag? Und kann die Liebe eines<br />

anderen mich je in meiner Tiefe, in meinem<br />

Herzen erreichen, solange ich mich selbst<br />

nicht zu lieben vermag?<br />

Berthold ist am Ende der Therapie offen<br />

und bereit zu einer neuen Beziehung. Es<br />

drängt ihn aber nicht danach. Er führt inzwischen<br />

ein abwechslungsreiches Leben,<br />

geht auf Reisen, besucht Ausstellungen<br />

und Seminare über Kunst und Literatur,<br />

belebt alte, über lange Zeit brachgelegene<br />

Beziehungen. Berthold braucht keine Petra<br />

mehr, um glücklich zu sein. Er braucht kein<br />

anderes Haus, um sich wohlzufühlen, da er<br />

sich in seinem eigenen Haus wohlfühlt. Die<br />

Welt, die er sich geschaffen hat, ist jetzt<br />

seine Welt. Zugleich ist er reif geworden<br />

für eine Beziehung, in der er und seine<br />

Partnerin sich gegenseitig bereichern und<br />

wirklich lieben können.<br />

Dr. Wunibald Müller<br />

Geboren 1950 in Buchen/Odenwald<br />

• verheiratet, zwei Kinder •<br />

wohnhaft in Würzburg • Diplom-<br />

Psychologe und Psychotherapeut<br />

• tätig als Leiter des therapeutisch-spirituellen<br />

Zentrums „Recollectio-Haus“ der Abtei Münsterschwarzach


ZUM THEMA<br />

12<br />

Paradox der Liebe<br />

Beziehungen und Gefühle aus afrikanischer Sicht<br />

von Br. Bakanja Mkenda OSB<br />

Person kann sich nur freuen, wenn der Mitmensch<br />

Schaden erleidet.<br />

In der afrikanischen Kultur ist Liebe eine<br />

sehr komplizierte Angelegenheit. Wenn<br />

man nicht richtig hinschaut, könnte man<br />

die Afrikaner als Menschen bezeichnen, die<br />

sehr egozentrisch sind und denen ein Ansinnen<br />

der Nächstenliebe im christlichen<br />

Sinne fehlt. Der Völkermord, der in Ruanda<br />

stattgefunden hat, Stammesfehden,<br />

Vetternwirtschaft und ethnische Vorurteile<br />

bestätigen dies.<br />

Dabei hält man von der Brüderlichkeit (Undugu)<br />

in Afrika sehr viel. Für Afrikaner bedeutet<br />

Liebe, offen zu sein für die Bedürfnisse<br />

der Mitmenschen. Gastfreundschaft<br />

wird in Afrika ganz groß geschrieben. Sogar<br />

Adoptionen von verwaisten Familienmitgliedern<br />

sind kein Problem. Arme und<br />

Schwache werden von den starken Familienmitgliedern<br />

unterstützt. Liebe wird also<br />

durch Brüderlichkeit (Undugu) zum Ausdruck<br />

gebracht. Undugu bedeutet Liebe,<br />

Solidarität, Einigkeit, Freude, Frieden, Gemeinsamkeit<br />

und das Teilen untereinander.<br />

Ein großzügiger Mensch liebt die anderen<br />

Menschen innerhalb seiner Gemeinschaft.<br />

Eine geizige Person wird als Person angesehen,<br />

die der Liebe nicht fähig ist. Ein<br />

Mensch, der liebt, zeigt Mitgefühl für seine<br />

Mitmenschen. Beim Stamm der Agikuyu<br />

in Kenia sagt man: „utaana ni tha“, was<br />

bedeutet, Mitgefühl ist Großzügigkeit.<br />

Ein Mensch, der liebt oder großzügig ist,<br />

hat immer ein gutes Herz. Ein Geizkragen<br />

hat einen schlechten Charakter, er ist oft<br />

neidisch, eifersüchtig und egoistisch. Ist<br />

jemand großzügig, wird er als glücklicher<br />

und froher Mensch bezeichnet, der mit<br />

anderen teilt und ein gutes Auskommen<br />

mit seinen Mitmenschen hat. Eine geizige<br />

Helfen, ohne zu lieben<br />

Eine Person mit einem schlechten Charakter<br />

wird in Afrika als „Zauberer“angesehen.<br />

Beim Stamm der Chagga in der Kilimanjaro-Region<br />

haben „Zauberer“ böse Augen.<br />

Sie sind eifersüchtig, neidisch und gönnen<br />

den anderen Menschen weder Erfolg<br />

noch Wohlergehen. „Zauberer“ wünschen<br />

den Tod anderer Menschen herbei. Daher<br />

geht man ihnen aus dem Weg. Sie haben<br />

stets das Bestreben, Menschen, denen es<br />

gut geht, zu schaden anstatt erfolgreiche<br />

Menschen zu fragen, wie sie es geschafft<br />

haben, dass es ihnen gut geht. Die „Zauberer“<br />

sind die Feinde der Liebe. Aus diesem<br />

Grund möchte niemand etwas mit ihnen<br />

zu tun haben. „Zauberer“ sterben einsam,<br />

da sie mit niemandem teilen möchten.<br />

Wenn ein „Zauberer“ jedoch Hunger leidet,<br />

versorgt man sie trotzdem mit Nahrung.<br />

Nach der afrikanischen Tradition darf man<br />

niemanden gehen lassen, ohne ihm Nahrung<br />

gegeben zu haben. Es ist interessant,<br />

dass ethnische Gruppen, die um Nahrung<br />

gegeneinander gekämpft haben, schließlich<br />

ihr Essen miteinander geteilt haben<br />

und dabei ihrer Feindschaft gedachten. Es<br />

ist eigenartig: Auch Menschen mit einem<br />

schlechten Herzen, die niemand mag, wird<br />

stets geholfen – obwohl sie außerhalb der<br />

Gemeinschaft stehen. Das ist das Paradoxe<br />

der Liebe aus afrikanischer Sicht. Man hilft<br />

dieser Person, liebt sie aber nicht.<br />

Liebe ist Wahrheit<br />

Wir Afrikaner verwenden Sprichwörter, in<br />

denen die Großzügigkeit und die Liebe<br />

als Tugenden gepriesen werden, während<br />

Geiz, wie wahrscheinlich überall, zu den<br />

Zauberer in Ostafrika<br />

Untugenden zählt. Zum Beispiel sagt man<br />

auf Swahili: „ana roho ya korosho“ (ein<br />

Herz wie eine Cashewnuss haben). Diese<br />

Beschreibung trifft auf einen Geizkragen<br />

zu, dessen Herz verkrampft und nicht offen<br />

für die Bedürfnisse anderer ist. Man sagt<br />

auch: „ana roho ya kutu“ (ein eingerostetes<br />

Herz haben) oder auch: „ana roho mbaya“<br />

(ein schlechtes Herz haben). Dies gilt für<br />

egoistische Menschen. Wenn jemand ein<br />

reines Herz hat, handelt es sich um eine<br />

liebenswürdige Person. Dieser Mensch ist<br />

offen und versteckt nichts vor den anderen.<br />

Ein Mensch mit freiem Geist und offenem<br />

Herzen redet nicht über Personen, die nicht<br />

anwesend sind, spricht keine Verleumdungen<br />

aus und erpresst niemanden. Eine<br />

ehrliche Person steht auch ganz allgemein<br />

für die Wahrheit. Daher sind Ehrlichkeit<br />

und Wahrheit in der afrikanischen Mentalität<br />

gleichzusetzen. Liebe ist Wahrheit.


13<br />

Beziehungen<br />

Zum Thema meiner Diplomarbeit habe ich<br />

Informationen bezüglich der Rolle der Alten<br />

bei dem Stamm der Agikuyu in Kenia gesammelt.<br />

Ich habe dabei festgestellt, dass<br />

die Agikuyu und besonders die Bantus unter<br />

Liebe Gastfreundschaft, Hilfsbereitschaft,<br />

Gerechtigkeit, Mitmenschlichkeit, Freude,<br />

Zusammenhalt, Gemeinsinn und das<br />

Teilen verstehen. Mir wurde gesagt, dass<br />

diese Werte sehr wichtig sind, um die Beziehungen<br />

untereinander zu festigen. Beziehungen<br />

sind in Afrika ein zentraler Bestandteil<br />

des Lebens und somit das Fundament<br />

einer Gemeinschaft. Beziehungen gehen<br />

über Familie und Nachbarschaft hinaus. Es<br />

wird erwartet, dass man seine Nachbarn<br />

liebt. So ist es ganz normal, die Nachbarn<br />

zu grüßen, und selbstverständlich, dass man<br />

sich unterstützt, teilt und zusammenhält.<br />

Unser Novize Br. Deogratias lehrt Kindern das Beten<br />

Leider sind derartige Werte heutzutage<br />

nicht mehr unbedingt üblich. Der Grund<br />

dafür liegt im Materialismus unserer Zeit.<br />

Gemeinschaft zählt nicht mehr, sondern<br />

Individualismus. Wirtschaftlicher Wettbewerb<br />

und Selbstsucht stehen im Vordergrund.<br />

Jeder kämpft für sich ohne<br />

Rücksichtnahme auf den anderen. In der<br />

heutigen Zeit geht es um Geld, Zeit und<br />

Wohlstand. Man möchte nicht mehr mit<br />

anderen teilen. Statt sich für die Gemeinschaft<br />

einzusetzen, fühlen sich viele Afrikaner<br />

nur noch verpfl ichtet, ihre Ehefrauen,<br />

Kinder, Geschwister und nahe Verwandte<br />

zu unterstützen. Dies wiederum führt zu<br />

ethnischen Spannungen, Vetternwirtschaft<br />

und Stammesfehden. Dennoch ist es interessant,<br />

dass einige positive afrikanische<br />

Traditionen nach wie vor bestehen. Liebe<br />

untereinander ist für die Menschen ein<br />

wichtiges Element.<br />

Liebe, nicht Geld schenken ist wichtig.<br />

Ich konnte diese Erfahrung schon oft mit<br />

Schülern hier in der Gegend machen. Sie<br />

sprachen mit mir über verschiedene, auch<br />

fi nanzielle Probleme. Ich habe ihnen kein<br />

Geld gegeben, sondern ihnen nur zugehört.<br />

Es erstaunte mich, wie zufrieden sie waren<br />

– und sie kommen noch immer, weil ich mir<br />

Zeit für ihre Geschichten nehme. Für sie ist<br />

es Liebe, die ich ihnen entgegen bringe. Ich<br />

bin für sie da. Für jemanden da sein, bedeutet<br />

aus afrikanischer Sicht Liebe. Liebe zum<br />

Ausdruck zu bringen bedeutet in Afrika,<br />

teilnehmen an gesellschaftlichen Ereignissen,<br />

z. B. Initiationsriten, Hochzeiten und<br />

Beerdigungen. In der afrikanischen Tradition<br />

bedeutet Liebe: Teilnehmen und Teilhaben.<br />

Ein Mensch, der sich absondert und<br />

sich nicht in die Gemeinschaft einbringt,<br />

wird als unsozial und nicht fähig zur Liebe<br />

gegenüber seinen Mitmenschen angesehen.<br />

Dieses Etikett erhalten auch die Menschen,<br />

die den Beerdigungen fernbleiben.<br />

In der afrikanischen Gesellschaft hat sich<br />

ein großer Wandel vollzogen. Daher müssen<br />

die guten Eigenschaften wie Gemeinsinn,<br />

Zusammenhalt, Wahrheit, Ehrlichkeit,<br />

Großzügigkeit, Brüderlichkeit, Freude, Gastfreundschaft,<br />

Hilfsbereitschaft, Gerechtigkeit,<br />

Mitmenschlichkeit, Anteilnahme und<br />

Freundlichkeit auch weiterhin gepfl egt<br />

werden. Liebe ist nicht nur eine Leidenschaft<br />

oder ein Gefühl. Liebe bedeutet, den<br />

Nächsten als menschliches Wesen wahrzunehmen.<br />

Diese Werte dürfen wir in unserer<br />

modernen Zeit und Kultur einfach nicht<br />

aufgeben – viel mehr müssen wir eine Erneuerung<br />

und eine Kultur der Liebe pfl egen.<br />

Br. Bakanja Mkenda OSB<br />

Geboren 1972 in Kilimanjaro/<br />

Tansania • Profess 2004 • Philosophiestudium<br />

und afrikanische<br />

Studien in Langata/Nairobi<br />

2004–2008 • Tätigkeiten in verschiedenen<br />

Bereichen der Abtei Ndanda


ZUM THEMA<br />

14<br />

Kann man lieben,<br />

die uns hassen?<br />

Die drei Strategien Jesu zur Ent-Feindung<br />

von Pinchas Lapide (+1997)<br />

Wir drucken diesen Beitrag aus<br />

seinem Nachlass ab.<br />

Einer der schönsten Abschnitte im Neuen<br />

Testament ist zweifelsohne die sogenannte<br />

Bergpredigt, die mit Recht auch zu den<br />

Meisterwerken der Weltliteratur gehört.<br />

Das Malheur dabei ist nur, dass sie ihren<br />

Lesern einen Weltrekord an Moralität zumutet<br />

und damit den Durchschnittsmenschen<br />

bei weitem zu überfordern scheint.<br />

Das gilt ganz besonders für jene Spitzenaussage<br />

jesuanischer Ethik, die gewöhnlich<br />

mit „Feindesliebe“ umschrieben wird. Der<br />

Originaltext beim Evangelisten Matthäus<br />

lautet in deutscher Übersetzung: „Ihr habt<br />

gehört, dass gesagt ist: Liebe deinen Nächsten<br />

und hasse deinen Feind! Ich aber sage<br />

euch: Liebet eure Feinde und betet für die,<br />

die euch verfolgen, damit ihr Söhne eures<br />

Vaters im Himmel werdet.“<br />

Der erste Satz enthält ein alttestamentarisches<br />

Gebot aus dem Buch Leviticus: „Liebe<br />

deinen Nächsten wie dich selbst!“, das<br />

viele Christen dem Rabbi von Nazareth als<br />

Neueinführung zuschreiben. Dieser aber zitiert<br />

es lediglich aus seiner Hebräischen Bibel<br />

und betont seinen Stellenwert als „das<br />

vornehmste Gebot“. Hierauf folgt nun bei<br />

Matthäus eine Unwahrheit, die unmöglich<br />

von Jesus selbst stammen kann: „Hasse<br />

deinen Feind!“ Man nimmt an, dass derjenige,<br />

der die letzte Fassung des Evangeliums<br />

über 40 Jahre nach Jesu Tod niedergeschrieben<br />

hat, den damaligen politischen<br />

Umständen entsprechend diesen Satz über<br />

den Hass auf den Feind hinzugefügt hat.<br />

Das Gegenteil des Feindeshasses liegt<br />

jedoch dem Judentum viel näher: „Wenn<br />

dein Feind zu Fall kommt, freue dich nicht,<br />

und wenn er stürzt, frohlocke nicht dein<br />

Herz!“, heisst es in den Sprüchen Salomos.<br />

Und: „Wenn dein Feind hungert, so speise<br />

ihn mit Brot.“ In den fünf Büchern Mose<br />

gibt es zahlreiche Bestimmungen, die eine<br />

faire Behandlung des Gegners, beispielsweise<br />

des Ägypters, ja selbst der Tiere eines<br />

Feindes vorschreiben.<br />

Kurzum: Schadenfreude, Feindeshass und<br />

Vergeltung des Bösen mit Bösem werden in<br />

der Bibel ausdrücklich verboten, Großmut<br />

und Liebesdienste für den Feind in der Not<br />

immer wieder geboten. Aber Feindesliebe<br />

als moralisches Prinzip – das scheint normale<br />

Menschen denn doch zu überfordern.<br />

Taten statt Gefühle<br />

Mit Recht stellt sich daher die Frage nach<br />

der Erfüllbarkeit: Kann man die lieben, die<br />

uns hassen, uns Böses antun? Ist das nicht<br />

eine moralische Illusion? Eine Antwort tritt<br />

erst bei der Rückübersetzung der Worte<br />

Jesu in seine Muttersprache zutage: Hier<br />

wird weder Sympathie für Feinde noch<br />

Schwärmerei gefordert. Denn weder Gefühle<br />

noch das Martyrium können befohlen<br />

werden, wohl aber das Tun – das häufi gste<br />

Zeitwort im Sprachschatz Jesu. Und in der<br />

Tat heisst es im Gebot der Nächstenliebe<br />

nicht: „Liebe deinen Nächsten“ (im vierten<br />

Fall, Akkusativ), sondern im dritten Fall,<br />

dem sogenannten Dativus Ethicus – eine<br />

Wortfolge, die sich nicht übersetzen, sondern<br />

nur umschreiben lässt, etwa: „Erweise<br />

ihm Liebe“ – durch Handwerk, nicht durch<br />

Mundwerk! Oder auch: „Tue ihm Liebe<br />

an!“ Also: Nicht Herzensregungen oder<br />

Empfi ndungen werden hier gefordert, sondern<br />

praktische Liebeserweise – also etwa<br />

Krankenbesuche, das heimliche Geben<br />

von Almosen, Brot für die Hungernden<br />

– mit einem Wort: all die tausend wirksamen<br />

Liebestaten, die Vertrauen schaffen,<br />

Feindseligkeit abbauen und Liebe fördern.<br />

Es geht also um einseitige Vorleistungen<br />

an den Feind, die meine gute Absicht bezeugen,<br />

ohne mich selbst dabei aber zu<br />

schwächen.<br />

Jesus, der in parallelen Kontrastpaaren zu<br />

lehren pfl egte, muss auch die Steigerung<br />

„Liebet eure Feinde“ im ursprünglichen<br />

semitischen Wortlaut als „ethischen Dativ“<br />

verstanden haben. So wollte er keineswegs<br />

zu einer utopischen Feindesliebe<br />

auffordern, sondern zum versöhnlichen<br />

Umgang mit dem Gegner. Zweck dieser<br />

menschlichen Übung ist einzig und allein<br />

die Entfeindung des Feindes – eine Formulierung,<br />

die ich mir erlaubt habe zu prägen.<br />

Darum also geht es Jesus von Nazareth in<br />

der Bergpredigt!<br />

Nun werden spitzfi ndige Leserinnen und<br />

Leser auf Fälle von Feindesmisshandlungen<br />

im Alten Testament hinweisen. Gerade<br />

diese Aufrichtigkeit der Berichte aber<br />

macht das Alte Testament umso glaubwürdiger:<br />

Licht- und Schattenseiten, also alles<br />

Menschliche – auch von Seiten der Helden<br />

– werden offen erzählt. Die dem Alten Testament<br />

gegenüber durchaus kritische Fragestellung<br />

ist häufi g sehr ungerecht, denn<br />

sie scheut die Gegenfrage: Haben Christen<br />

eigentlich untereinander oder gegenüber<br />

anderen jemals die Bergpredigt praktiziert?<br />

Es geht nicht um<br />

Selbstentblößung<br />

Dass es Jesus um Entfeindung durch tatkräftige<br />

Versöhnlichkeit geht, bezeugt<br />

auch der Vers zuvor: „Wer dich nötigt, eine<br />

Meile weit zu gehen, mit dem gehe zwei!“<br />

Gemeint war hier der berüchtigte Frondienst<br />

der Römer, der es jedem Legionär<br />

erlaubte, sein Sack und Pack irgendeinem<br />

Juden aufzuladen, der gerade des Weges


ZUM THEMA<br />

16<br />

Kritik, die neu motiviert<br />

Über die Correctio fraterna, die brüderliche Zurechtweisung<br />

Lob der correctio fraterna<br />

von P. Fidelis Ruppert OSB<br />

In der Tradition wird die brüderliche Zurechtweisung<br />

als ein reifer Ausdruck christlicher<br />

Nächstenliebe betrachtet. Es gilt als<br />

besonderer Liebesdienst, seinen Bruder,<br />

seine Schwester in guter Weise auf Fehler<br />

hinzuweisen und ihm oder ihr zu helfen,<br />

das Verhalten zu bessern.<br />

An vielen Stellen der Heiligen Schrift wird<br />

darüber gesprochen. In Matthäus 18,15<br />

wird Jesus das Wort in den Mund gelegt:<br />

„Wenn dein Bruder sündigt, dann geh zu<br />

ihm und weise ihn unter vier Augen zurecht.<br />

Hört er auf dich, so hast du deinen<br />

Bruder zurückgewonnen.“<br />

Oder in Hebräer 3,13 heißt es: „Ermahnt<br />

einander jeden Tag, solange es noch heißt:<br />

‚Heute’, damit niemand von euch durch<br />

den Betrug der Sünde verhärtet wird.“<br />

In der Literatur über christliches Gemeinschaftsleben<br />

hat die correctio fraterna immer<br />

einen hohen Stellenwert. Sie gilt als<br />

ein wertvolles Mittel, das Gemeinschaftsleben<br />

und die gegenseitigen Beziehungen<br />

immer wieder zu reinigen.<br />

Angst vor correctio fraterna<br />

Wenn man aber konkret nachfragt, dann<br />

ist man erstaunt, wie selten dieses so<br />

hochgelobte Mittel der geschwisterlichen<br />

Zurechtweisung benützt wird. Man möchte<br />

einander nicht wehtun, man weiß auch<br />

nicht, wie empfi ndlich der andere reagieren<br />

wird usw. „Ich sag nichts!“, kann man immer<br />

wieder hören. „Ich verbrenne mir nicht<br />

den Mund!“ Angst und Scheu hindern die<br />

meisten daran, etwas zu sagen. Man leidet


17<br />

lieber oder macht sich in Abwesenheit des<br />

Betreffenden durch lautstarkes Schimpfen<br />

und Kritisieren Luft. Das zeigt, dass man<br />

leidet, dass man das Problem loshaben<br />

oder es gelöst sehen möchte. Aber man<br />

fi ndet nicht das richtige Mittel oder weiß<br />

das Instrument der correctio fraterna nicht<br />

recht anzuwenden.<br />

Wenn wir zurückscheuen, einen anderen<br />

kritisch anzusprechen, dann hängt das oft<br />

damit zusammen, dass wir wohl alle schon<br />

durch zu heftige Worte anderer verletzt wurden.<br />

Wir wissen, wie weh es tut, wenn man<br />

hart kritisiert oder runtergemacht wird. Die<br />

schlechten Erfahrungen hindern uns, correctio<br />

fraterna bei anderen auszuprobieren.<br />

Dabei sind wir ja oft besorgt, über einen<br />

Mitmenschen: „Der macht sich ja kaputt,<br />

wenn er so weitermacht“ oder „Mit dem<br />

wird es nicht gut ausgehen, wenn sich<br />

nichts ändert“. Wir sind besorgt, sprechen<br />

es sogar in guter Weise aus, wissen aber<br />

nicht, wie wir unsere Besorgnis zum anderen<br />

„rüberbringen“ können. Der gute Wille<br />

ist wohl da. Aber wie geht es?<br />

Correctio fraterna lernen<br />

Vor Jahren haben wir uns im Rahmen<br />

eines Kurses Gedanken gemacht, wie eine<br />

geschwisterliche Kritik beschaffen sein<br />

müsste, damit sie Aussicht hat, beim Anderen<br />

gut zu landen. Wir entwickelten folgende<br />

Methode: Jeweils zwei Teilnehmer<br />

taten sich zusammen.<br />

Sie kannten sich schon gegenseitig. In einer<br />

kurzen Zeit der Stille machte sich jeder der<br />

beiden über den anderen Notizen zu den<br />

Fragen: „Das und das fi nde ich gut an dir.“<br />

„Das und das fi nde ich nicht so gut an dir.“<br />

Danach gingen sie paarweise spazieren.<br />

Der erste sagte dem anderen, was er über<br />

ihn aufgeschrieben hatte. Dieser durfte<br />

nicht darauf reagieren. Er sollte einfach<br />

zuhören. Danach wurden die Rollen gewechselt<br />

und der andere musste zuhören.<br />

Danach sollten beide in die Kapelle gehen<br />

und still für einander beten. Dort kamen<br />

schließlich alle Paare zum stillen Gebet zusammen.<br />

Es entstand eine sehr tiefe Sammlung<br />

und man spürte, dass diese Form der<br />

correctio fraterna alle tief angerührt hatte.<br />

Entscheidend an dieser Methode war, dass<br />

dem Bruder, der „korrigiert“ werden sollte,<br />

zunächst vermittelt wurde, dass man einen<br />

wachen Blick für seine positiven Seiten<br />

hatte. Das, was weniger gut an ihm war,<br />

stand dann nicht so ungeschützt da, als<br />

ob es das einzige wäre, was man an ihm<br />

wahrnimmt und wonach man den ganzen<br />

Menschen beurteilt. Das ermutigt, das Negative<br />

wirklich in den Blick zu nehmen und<br />

daran zu arbeiten. Correctio, die ermutigt<br />

und aufrichtet.<br />

Das erinnert mich an eine Erfahrung, die<br />

wir hier im Kloster gemacht haben. Wir<br />

hatten einen auswärtigen Trainer eingeladen,<br />

von Zeit zu Zeit für einen Tag zu uns<br />

zu kommen, um einer Gruppe von Mitbrüdern,<br />

die Leitungsaufgaben hatten, zu helfen,<br />

ihr Führungsverhalten zu verbessern.<br />

Eines Tages baten wir ihn, uns Hinweise zu<br />

geben, wie man mit einem Mitarbeiter ein<br />

Tadelgespräch führen könne, das Aussicht<br />

auf Erfolg hat. Der Trainer sagte, Tadelgespräche<br />

gehörten für ihn in die Kategorie<br />

der Motivationsgespräche. Ergebnis eines<br />

Tadelgespräches dürfe nicht sein, dass<br />

man dem anderen „die Wahrheit sagt“<br />

und ihn heruntermacht, sondern am Ende<br />

des Gespräches müsse der Mitarbeiter neu<br />

motiviert sein, sein Bestes für die Firma,<br />

für die Gemeinschaft zu geben und müsse<br />

erhobenen Hauptes das Zimmer des Chefs<br />

verlassen dürfen, ohne gedemütigt worden<br />

zu sein. Dazu gehört dann, dass der Vorgesetzte<br />

nicht nur über das Tadelnswerte<br />

gesprochen hat, sondern auch von den<br />

guten Fähigkeiten und der Wertschätzung<br />

gegenüber dem Mitarbeiter.<br />

Correctio fraterna in der Gruppe<br />

Die oben erwähnte Paarübung habe ich<br />

vor Jahren einmal mit jungen afrikanischen<br />

Mitbrüdern gemacht, im Rahmen von Exerzitientagen<br />

in ihrem Kloster. Sie waren<br />

ganz fasziniert, wie leicht es plötzlich fi el,<br />

über kritische Dinge zu sprechen, wenn<br />

eine positive Atmosphäre geschaffen ist. Es<br />

entstand dann die Frage, ob man so etwas<br />

auch im Rahmen einer größeren Gruppe<br />

machen könne. Wir kamen zum Ergebnis,<br />

dass wir es in einer Gruppe ausprobieren<br />

wollten. Einer solle sich bereit erklären, sich<br />

in die Mitte eines Kreises von sechs bis<br />

acht Mitbrüdern aus seiner Altersgruppe<br />

zu setzen. Alle erzählen dann der Reihe<br />

nach, was sie alles an Gutem von diesem<br />

Bruder kennen. Danach erwähnen sie all<br />

das, was sie nicht so gut an ihm fi nden.<br />

Die Sitzung wurde mit einer Gebetsrunde<br />

abgeschlossen, in der jeder eine Bitte oder<br />

einen Dank aussprechen konnte, auch der,<br />

der in der Mitte saß.<br />

Die Erfahrung dieser Sitzung war so positiv,<br />

dass einer nach dem anderen darauf<br />

drängte, auch mal in der Mitte sitzen zu<br />

dürfen. Anscheinend waren alle daran interessiert,<br />

zu erfahren, was seine Brüder über<br />

ihn denken. Und weil die Atmosphäre so<br />

positiv war, konnte jeder auch das weniger<br />

Positive gut anhören.<br />

Dazu passt ein Text aus dem Kolosserbrief<br />

3,13.15f: „Ertragt euch gegenseitig und<br />

vergebt einander, wenn einer dem andern<br />

etwas vorzuwerfen hat. In eurem Herzen<br />

herrsche der Friede Christi...; Seid dankbar!<br />

Das Wort Christi wohne mit seinem<br />

ganzen Reichtum bei euch. Belehrt und<br />

ermahnt einander in aller Weisheit! Singt<br />

Gott in eurem Herzen Psalmen, Hymnen<br />

und Lieder, wie sie der Geist eingibt.“ Hier<br />

sind Ermahnung und Korrektur nicht eine<br />

isolierte Aktion, sondern eingerahmt von<br />

einer ganzen Reihe positiver Verhaltensweisen<br />

wie Liebe, Verzeihen, Dankbarkeit,<br />

gemeinsames Singen und gottesdienstliches<br />

Feiern.<br />

Ertragen statt streiten<br />

Aus der Tradition der Wüstenväter des 4.<br />

und 5. Jahrhunderts gibt es eine bedenkenswerte<br />

Geschichte. Zwei leibliche Brüder<br />

wohnten in der Wüste in einer gemeinsamen<br />

Einsiedlerzelle. Ständig hatten sie<br />

Streit miteinander. Eines Tages sagte der<br />

eine zum anderen:<br />

„Wie lange gehen wir noch so miteinander<br />

um?“ Da sagte der andere: „Ich habe<br />

einen Vorschlag: „Erweise mir die Liebe<br />

und ertrag mich, wenn ich dir lästig falle,<br />

und wenn du mir lästig fällst, will auch<br />

ich dich ertragen.“ Sie machten es so und<br />

lebten für den Rest ihres Lebens in Frieden<br />

miteinander.<br />

Hier wurden sich beide klar darüber, dass<br />

jeder auch dem anderen immer wieder<br />

zur Last fällt. Diese selbstkritische Einsicht<br />

machte sie fähig, den anderen zu ertragen,<br />

statt ständig an ihm herumkorrigieren zu<br />

wollen.<br />

P. Fidelis Ruppert OSB<br />

Geboren 1938 in Plankstadt •<br />

Profess 1960 • Priesterweihe<br />

1964 • Von 1982 bis 2006 Abt<br />

der Abtei Münsterschwarzach •<br />

Ab 2006 Kurse und geistliche Begleitung


ZUM THEMA<br />

18<br />

Wichtige Schritte auf dem<br />

gemeinsamen Weg<br />

Freud und Leid mit den eigenen Kindern<br />

von Maria Hisch<br />

Muttersein<br />

In deinem Gesicht<br />

ruht die Welt für dein Kind.<br />

Sie wächst und erblüht<br />

im Licht deiner Augen.<br />

Dein Lächeln,<br />

deine zärtlichen Worte sind<br />

ihm Sonne, Blumen, Lieder;<br />

sind zartes Flügelgefi eder<br />

den Himmel zu erspüren.<br />

Du erschaffst und schenkst ihm<br />

Acker und Brot,<br />

das schützende Dach,<br />

den Strom für das Boot<br />

beladen mit bunten Träumen.<br />

Für die Fahrt übers Meer<br />

gibst du Lampe und Lot,<br />

hängst Sterne auf in den Bäumen.<br />

Du begleitest das Suchen<br />

ins Weite hinaus,<br />

möchtest lenken und<br />

musst dich doch lösen.<br />

Siehe nur,<br />

die junge Hand steuert gut.<br />

Trag dein eigenes Boot<br />

zurück in die Flut<br />

und bewahre der Heimkehr<br />

ein offenes Haus.<br />

Christa Peikert-Flaspöhler<br />

(es drückt genau meine Erfahrungen<br />

zu diesem Thema aus)<br />

Zu einem klugen Mann kam einmal ein 17<br />

Jahre alter Junge und sagte: „Ich verstehe<br />

mich mit meinen Eltern nicht mehr. Immer<br />

wieder gibt es Streit. Sie sind so rückständig.<br />

Sie haben keinen Sinn für moderne<br />

Ideen. Was soll ich machen?“<br />

Der Mann antwortete: „ Junger Freund, ich<br />

kann dich gut verstehen. Als ich so alt<br />

war wie du, waren meine Eltern genauso<br />

schwierig. Es war oft nicht auszuhalten.<br />

Aber du musst Geduld mit älteren Leuten<br />

haben. Sie entwickeln sich langsamer.<br />

Nach zehn Jahren hatten sie schon so viel<br />

dazugelernt, dass man sich schon ganz<br />

vernünftig mit ihnen unterhalten konnte.<br />

Und was soll ich dir sagen? Heute, nach<br />

zwanzig Jahren – ob du es glaubst oder<br />

nicht –, wenn ich mir keinen Rat weiß,<br />

dann frage ich meine Eltern. So können die<br />

sich ändern!“ (nach Mark Twain)<br />

Phasen der Entwicklung<br />

Die Geschichte verdeutlicht, was ich durch<br />

meine Kinder erfahren habe. Jeder Mensch<br />

macht im Verlauf seiner Entwicklung verschiedene<br />

Phasen durch. Jede dieser Phasen<br />

ist wichtig und will durchlebt werden.<br />

Doch dies ist nicht immer einfach, gerade<br />

in einer Familie führen die unterschiedlichen<br />

Entwicklungen immer wieder zu<br />

Spannungen und Auseinandersetzungen.<br />

Kleine Kinder sehen die Welt durch die<br />

Augen der Eltern und übernehmen ihre<br />

Wertvorstellungen. Für meinen Mann und<br />

mich war es eine wichtige Grundhaltung,<br />

die Kinder an unserem Leben und an dem,<br />

was uns wichtig war, teilhaben zu lassen.<br />

Kinder können auf diese Weise, auch wenn<br />

sie noch klein sind, ins Leben hineinwachsen<br />

und vertraut werden mit vielen Dingen<br />

und Situationen, mit denen sie einmal alleine<br />

fertig werden müssen oder für die sie<br />

selbst einmal verantwortlich sein werden.<br />

Als Entwicklungshelfer arbeiteten wir in<br />

verschiedenen Ländern und erlebten als<br />

Familie mit kleinen Kindern intensive, schöne<br />

Jahre in Tansania, bis wir 1994 nach<br />

Deutschland zurückkehrten, um als Familie<br />

hier Wurzeln zu schlagen, was uns gelungen<br />

ist. Der Kontakt ins Ausland blieb jedoch<br />

bestehen und ermöglichte uns viele<br />

gemeinsame Reisen.<br />

Abnabelung<br />

Dann kam eine Zeit, in der die Kinder selbständiger<br />

wurden, sich aus der Sicherheit<br />

der Familie ablösten und etwas Eigenes<br />

fi nden wollten. Dieser Prozess war für mich<br />

als Mutter nicht immer leicht, ja manchmal<br />

sogar zermürbend und schmerzhaft. Es gab<br />

Momente, in denen ich spürte, dass meine<br />

Erwartungen und Vorstellungen vom Kind<br />

nicht übereinstimmten mit der Wirklichkeit.<br />

Dann das rechte Maß zu fi nden zwischen<br />

„Vorschriften machen“ und „Freiheiten lassen“<br />

war immer wieder eine Herausforderung<br />

und ist mir manchmal besser, manchmal<br />

weniger gut gelungen.<br />

Auf einmal war das Kind kein Kind mehr,<br />

sondern stand an der Schwelle zum Erwachsenenalter.<br />

Das dividierte uns erstmal<br />

auseinander und wir gingen auf Abstand.<br />

Es kam zu Missverständnissen, Streit und<br />

Vorwürfen und ein Kind zog sogar für einige<br />

Wochen zu Freunden um. Ich fühlte<br />

mich oft ratlos. Gott sei Dank gingen der<br />

Wunsch, sich wieder näher zu kommen und<br />

das Bemühen darum nicht verloren. Es ist<br />

beruhigend, wenn die Kinder heute sagen,


19<br />

Aus dem Fotoalbum …<br />

dass sie sich in der Ablösungsphase zwar<br />

oft missverstanden, aber immer auch angenommen<br />

und geliebt fühlten.<br />

Sebastian studiert seit zwei Jahren an einer<br />

internationalen Universität in Chiang<br />

<strong>Mai</strong>, Thailand und Anna seit 1 1 / 2 Jahren<br />

in Wien. Obwohl uns dabei mulmig war,<br />

haben mein Mann und ich ihren Wunsch,<br />

völlig eigenständig zu leben, mit ihnen<br />

diskutiert und schließlich akzeptiert und<br />

unterstützt. Interessanterweise sind wir<br />

uns jetzt näher als zuvor, der Umgang ist<br />

vertrauensvoll, wir haben regelmäßig Telefon-<br />

und E-mailkontakt und besuchen uns,<br />

soweit das geht. Auch die drei Kinder haben<br />

intensiven Kontakt miteinander.<br />

Eine Rückschau<br />

Meine Erfahrung zeigt, dass Kinder bei<br />

der Ablösung vom Elternhaus nicht gehindert,<br />

sie dabei aber auch nicht ganz<br />

alleine gelassen werden sollten. Wir können<br />

Rat und Hilfestellung anbieten, damit<br />

ihre Ablösung sie nicht in die falsche<br />

Richtung führt, indem wir ihnen unser<br />

eigenes Vertrauen in den tragenden Ur-<br />

grund unseres Lebens mitgeben.<br />

Dieses Vertrauen hilft ihnen auf<br />

dem Weg in die Eigenständigkeit,<br />

den Boden unter den Füßen zu<br />

behalten und sich an dem fest<br />

zu machen, was sie als Kind positiv<br />

in der Familie erlebt haben:<br />

Angenommensein, Geborgenheit,<br />

Liebe, Zuwendung und konstruk-ktiven<br />

Umgang mit Problemen und<br />

verschiedenen Meinungen. Wünsche und<br />

Worte des Kindes ernst zu nehmen und<br />

gelten zu lassen, sind wichtige Schritte<br />

auf dem gemeinsamen Weg, der das Loslassen<br />

und das Eigene-Wege-Gehen mit<br />

einschließt. Rückblickend lassen sich für<br />

mich diese Erfahrungen schlüssig formulieren,<br />

der Weg dahin war jedoch holprig.<br />

„So können die sich ändern!“ Die beiden<br />

älteren Kinder können die Bedeutung dieser<br />

Worte jetzt nachvollziehen und fragen<br />

ihre ‚alten’ Eltern, wenn sie Rat benötigen.<br />

Eva, die jüngste Tochter, steht vor dem Abitur,<br />

wohnt noch zuhause und ist noch auf<br />

der Suche nach ihrer Zukunft, nach dem<br />

was sie ausmacht. Sie muss noch etwas<br />

warten, bis „die sich ändern“.<br />

die Hisch-Kinder heute!<br />

Maria Hisch<br />

Geboren 1959 in Bürgstadt • Sozialpädagogin<br />

• Auslandseinsatz:<br />

1980–83 Brasilien, 1983–84<br />

Thailand, 1985–88 Äthiopien für<br />

das DAHW (mit ihrem Mann), 1990–94 Tansania<br />

• DAHW-Schulreferentin für „Globales<br />

Lernen“ • Verheiratet • 3 Kinder


INTERVIEW<br />

20<br />

„Als Kind dachte<br />

ich, es gibt<br />

nur zwei Arten<br />

von Liebe: Die Liebe in der Bibel und die<br />

verbotene…“, lacht Schwester Christiane<br />

Sartorius OP (geb. 1949), Missionsdominikanerin<br />

und geistliche Begleiterin im<br />

Recollectio-Haus in Münsterschwarzach.<br />

Doch schon bald hat sie gemerkt, dass<br />

die Sache in Wirklichkeit sehr viel komplizierter<br />

ist. Im nachfolgenden Interview<br />

verrät sie „Ruf in die Zeit“ warum. Das<br />

Gespräch mit Sr. Christiane führte Anja<br />

Legge.<br />

Schwester Christiane, seit wann arbeiten<br />

Sie im Recollectio-Haus und was sind<br />

Ihre Aufgaben?<br />

Sr. Christiane: Ich bin seit 2004 hier tätig<br />

und neben der Hausleitung für Leibarbeit,<br />

Kreativarbeit und Einzelbegleitung zuständig.<br />

Als gelernte Ergo- und Gestalttherapeutin<br />

war ich zuvor fast 26 Jahre lang<br />

im Rehabilitationszentrum St. Michael in<br />

Neustadt am <strong>Mai</strong>n. Diese Vorerfahrung<br />

hilft mir, den Problemen hier angstfrei zu<br />

begegnen.<br />

Wer kommt ins Recollectio-Haus und<br />

warum?<br />

Sr. Christiane: Im Recollectio-Haus können<br />

Priester, Ordensleute und Hauptamtliche<br />

der katholischen und evangelischen Kirche<br />

in fachkundiger Begleitung von geistlichen<br />

Begleitern, Psychotherapeuten und Ärzten<br />

eine Auszeit nehmen und neue Kraft tanken.<br />

Mit welchen Problemen kommen die<br />

Menschen hierher?<br />

Sr. Christiane: Es kommen ganz normale<br />

Menschen mit ganz normalen Problemen.<br />

Die meisten sind in ihrem Leben an einem<br />

Punkt angekommen, an dem sie sagen: So<br />

kann es nicht weitergehen! Dies können<br />

Autoritäts- und Hierarchiekonfl ikte sein<br />

oder eine überhand nehmende Arbeitsbelastung.<br />

Außerdem spielt der Themenbereich<br />

rund um zwischenmenschliche Beziehungen,<br />

Einsamkeit, Nähe und Distanz<br />

eine große Rolle.<br />

„Gottes Liebe<br />

macht mich satt!“<br />

Menschen im Zölibat und die Liebe<br />

Wie definieren zölibatäre Menschen die<br />

Liebe und welche (Liebes-)Beziehungen<br />

pflegen sie?<br />

Sr. Christiane: Priester und Ordensleute<br />

bewegen sich wie jeder andere Mensch in<br />

einem Beziehungsgefl echt aus Gottesliebe,<br />

Nächstenliebe und Selbstliebe. Diese drei<br />

Arten von Liebesbeziehungen gehören untrennbar<br />

zusammen. Das ist die Grundlage<br />

unserer Spiritualität! Nicht umsonst trägt<br />

uns Jesus auf, Gott UND den Nächsten zu<br />

lieben wie sich selbst. Das für ihn zentrale<br />

Gebot der Liebe meint also nicht nur die<br />

spirituelle Liebe zu Gott, sondern auch die<br />

irdische gegenüber dem Mitmenschen und<br />

sich selbst. Wichtig dabei ist, dass man die<br />

rechte Balance fi ndet. Sonst klappt man<br />

irgendwann zusammen.<br />

Zum Beispiel? Wann gerät das Gleichgewicht<br />

aus den Fugen?<br />

Sr. Christiane: Beispielsweise kann ein<br />

Priester oder Ordenschrist, der nur mit sich<br />

selbst und Gott beschäftigt ist, auf Dauer<br />

nicht glücklich werden – das wird schief.<br />

Ebenso wenig funktioniert die totale Fokussierung<br />

auf den Nächsten. Gerade Menschen<br />

in helfenden Berufen meinen häufi g<br />

irrtümlich, nur für die anderen da sein zu<br />

müssen. Es gibt keine Abgrenzung mehr<br />

von der Arbeit und den Problemen anderer.<br />

Das eigene Ich bleibt dabei auf der Strecke.<br />

Wie gehen Zölibatäre mit dem Wunsch nach<br />

Zärtlichkeit um und wo liegen die Grenzen?<br />

Sr. Christiane: Auch Zölibatäre haben das<br />

Bedürfnis nach Nähe und Zärtlichkeit. Die<br />

defi nitive Grenze für mich ist die genitale<br />

Liebe. Dennoch kann ich mich verlieben,<br />

kann ich einem Menschen nahe sein. Dieser<br />

Kontakt an der Grenze erfordert viel<br />

Mühe, Achtsamkeit, Aufmerksamkeit: Ich<br />

muss mich selbst intensiv wahrnehmen –<br />

mit meinem Bedürfnis nach Liebe, meinen<br />

Grenzen und dem richtigen Maß an Liebe<br />

dem anderen gegenüber.<br />

In vielen aktuellen Diskussionen wird das<br />

Zölibat mit einer Fessel gleichgesetzt.<br />

Wie stehen Sie dazu?<br />

Sr. Christiane: Begriffe wie Unterdrückung<br />

oder Verdrängung sind hier völlig fehl am<br />

Platze. Die Beziehung zu Gott ist meine Erfüllung.<br />

Ich möchte für Gottes Liebe offen<br />

sein, seine Liebe spüren. Und diese Liebe<br />

macht mich satt. In der freiwilligen sexuellen<br />

Enthaltsamkeit um der größeren Liebe<br />

zu Gott willen liegt der eigentliche Sinn<br />

des Zölibats. Ich fi nde es schade, dass dieser<br />

Zusammenhang heute von vielen nicht<br />

mehr verstanden wird. Der Grund dafür ist<br />

wohl, dass der Respekt vor der Bindung des<br />

anderen, davor, dass dieser Mensch bereits<br />

vergeben ist, abgebröckelt, verloren gegangen<br />

ist. Das gilt auch für die Ehe.<br />

Gab es in ihrem Leben Momente, in denen<br />

sie mit ihrer Entscheidung gehadert<br />

haben?<br />

Sr. Christiane: Ich habe zum Beispiel immer<br />

wieder mal mehr oder weniger darunter<br />

gelitten, keine eigenen Kinder zu<br />

haben, keine intime Partnerschaft leben zu<br />

können. Ich habe viel geweint, gerungen,<br />

mit Gott gehadert, mit ihm besprochen,<br />

was sich in mir geregt hat… Am Ende war<br />

die Gottesliebe immer stärker. Diese Liebe<br />

zu spüren und eine Antwort darauf zu<br />

geben, war letztlich auch der Grund für<br />

meine Lebensentscheidung. Erst mit dem<br />

Ordenseintritt kam der innere Frieden.<br />

Wenn ich wieder wählen müsste, würde ich<br />

wieder so entscheiden, denn mein Leben ist<br />

so tief beschenkt!<br />

Wie gehen Sie an Menschen, die mit dem<br />

Zölibat kämpfen, heran?<br />

Sr. Christiane: Ich empfehle ihnen, intensiv<br />

in sich hineinzuhorchen und dem eigenen<br />

Ich nachzuspüren. Wo stehe ich? Was will<br />

ich? Was ist mit meiner Berufung? Was ist<br />

mit meiner Liebe zu Gott? Über Leibarbeit,<br />

Spürübungen und Körperwahrnehmung<br />

sollen sie mit dem eigenen Leib wieder in<br />

Kontakt kommen, ihre eigenen Stärken und<br />

Schwächen spüren, sich wieder bewusst<br />

werden: Gott ist da.<br />

Was ist das Ziel der gemeinsamen Arbeit?<br />

Sr. Christiane: Ins Gleichgewicht kommen,<br />

wieder Boden unter die Füße bekommen,<br />

die Balance zwischen Gottes-, Nächstenund<br />

Selbstliebe fi nden. Wenn diese Balance<br />

stimmt, kann zölibatäres Leben gelingen!<br />

Und es wird ein erfülltes Leben sein!<br />

Wir danken Sr. Christiane Sartorius für<br />

dieses Interview


INTERVIEW<br />

21<br />

Schon von Berufs<br />

wegen ist<br />

Bruder Frowin<br />

Rückert (geb. 1977 in Buchen/Erzdiözese<br />

Freiburg) tagaus tagein für seinen<br />

Nächsten da. Vor seinem Klostereintritt<br />

war er in der Caritas Sozialstation Mosbach<br />

tätig. Als Infirmar (Krankenpfleger)<br />

versorgt er seit 2007 zusammen mit<br />

Bruder Abraham Sauer, Pfleger Raimund<br />

Dürr, Krankenschwester Sabine Köberlein<br />

sowie Marliese Kestler und Renate<br />

Möstl die kranken und pflegebedürftigen<br />

Mitbrüder der Abtei Münsterschwarzach.<br />

Zum steten Dienst am Nächsten gehört<br />

eine gehörige Portion Nächstenliebe.<br />

Wochenweise wechseln sie sich im Dienst<br />

ab. Doch manchmal wird das von viel<br />

Routine geprägte Alltagsgeschäft auch<br />

zur echten Herausforderung, wie Bruder<br />

Frowin im Interview berichtet. Anja Legge<br />

sprach für „Ruf in die Zeit“ mit ihm.<br />

Br. Frowin, Sie sind als Pflegefachkraft<br />

schon von Berufs wegen für den Nächsten<br />

da. War die Nächstenliebe auch ausschlaggebend<br />

für Ihre Berufswahl?<br />

Br. Frowin: Im Nachhinein betrachtet ja.<br />

Beruf und Berufung sind bei mir eine enge<br />

Verbindung eingegangen. Schon als Kind<br />

lag mir neben Technischem die Sorge um<br />

kranke und gebrechliche Menschen am<br />

Herzen. Krankheit und Alter waren bei<br />

uns zu Hause nie ein Problem. Kranke und<br />

ältere Familienangehörige wurden immer<br />

in der Familie mitversorgt und gepfl egt.<br />

Außerdem war ich schon als Jugendlicher<br />

beim Roten Kreuz aktiv.<br />

Zwischen Alltagsgeschäft<br />

und Herausforderung<br />

Infirmar Br. Frowin Rückert OSB<br />

über die Facetten der Nächstenliebe<br />

Wie verlief ihr beruflicher Werdegang<br />

und wie kam es zur Berufung für ein<br />

geistliches Leben?<br />

Br. Frowin: Am Anfang stand eine Ausbildung<br />

zum Altenpfl eger. Nach dem Zivildienst<br />

im Rettungsdienst beim DRK, wo<br />

ich mich auch zum Breitenausbilder Erste<br />

Hilfe qualifi ziert habe, war ich bei einem<br />

privaten Pfl egedienst gearbeitet und eine<br />

zweijährige Weiterbildung zur staatlich<br />

geprüften leitenden Pfl egefachkraft absolviert.<br />

Zugleich habe ich immer wieder mit<br />

dem Ordensleben geliebäugelt: Während<br />

meiner Ministrantenzeit begeisterte mich<br />

ein Missionar in meiner Heimatpfarrei mit<br />

seinen Schilderungen über die Mission und<br />

Afrika. Etwas später, bei der Ministrantenarbeit,<br />

bekam ich einfach Lust, mehr<br />

zu entdecken. Unser damaliger Pfarrer<br />

Wilfried West nahm mich öfter mal mit ins<br />

Kloster. Nach einem „Kloster auf Zeit“-Kurs<br />

fi el meine Wahl schließlich bewusst auf die<br />

Missionsbenediktiner in Münsterschwarzach<br />

– denn ich möchte raus in die Mission.<br />

Wie würden Sie den Begriff „Liebe“ definieren?<br />

Br. Frowin: Liebe heißt zunächst einmal<br />

sich öffnen, sich beschenken lassen. Wichtig<br />

ist dabei, dass die Liebe frei ist wie<br />

der Heilige Geist: Man kann sie nicht erzwingen<br />

oder bestechen, sie kommt einfach<br />

von innen. Und: Liebe stirbt nicht,<br />

das bedeutet: Einmal verschenkte Liebe<br />

kann man nicht mehr zurücknehmen, sie<br />

geht ins Unendliche und hat so einen göttlichen<br />

Bezug. Natürlich muss man hier wie<br />

überall das rechte Maß einhalten; in manchen<br />

Beziehungen kann Liebe eben auch<br />

bedeuten, sich selbst zurückzunehmen, um<br />

dem anderen Raum zu geben. Das ist wie<br />

beim Blumengießen: Gibt man zu wenig,<br />

vertrocknen sie, ist es zu viel, ersaufen sie.<br />

In der Begegnung mit schwierigen, verbitterten,<br />

durch die Krankheit aggressiven<br />

Menschen kann die Nächstenliebe<br />

zur echten Herausforderung werden. Wie<br />

gehen Sie mit solchen Situationen um?<br />

Br. Frowin: Ja, das ist richtig – die Nächstenliebe<br />

kann auch zum drückenden Joch werden.<br />

Manchmal ist es ganz schön schwierig,<br />

Christus im Bruder zu sehen und einander<br />

in aller Liebe zu begegnen. Da wird’s dann<br />

schnell zweischneidig. Zum Beispiel wenn<br />

eine nett gemeinte Hilfestellung rüde abgewiesen<br />

wird. Oder wenn ein Mitbruder<br />

seine eigene Verärgerung und Ungeduld<br />

an mir auslässt, weil ich eben der Erstbeste<br />

bin, der in der Nähe ist. Da kann man auch<br />

schon mal die Beherrschung verlieren –<br />

das ist zutiefst menschlich. In aller Regel<br />

schlüpfe ich aber in die Rolle des Pfl egers<br />

und nehme die Vorwürfe nicht persönlich.<br />

Ich lasse mich dann einfach nicht abbringen,<br />

versuche professionell und menschlich<br />

zu reagieren, gebe weiter Hilfestellung, bin<br />

liebenswert, obwohl sich der andere vielleicht<br />

unmenschlich benimmt.<br />

Woher nehmen Sie die Kraft für eine solche<br />

Mammutaufgabe?<br />

Br. Frowin: Aus dem Glauben und dem Getragen-Sein<br />

durch die Gemeinschaft. Ohne<br />

einen starken Glauben, der das Ganze mitträgt,<br />

hätte ich schon längst das Handtuch<br />

geworfen. Natürlich kommt man manchmal<br />

auch an den Punkt, wo man sich fragt:<br />

Was mache ich da eigentlich?<br />

Und wie sieht die Antwort aus?<br />

Br. Frowin: Mein Dienst bedeutet für mich<br />

eine direkte Nachfolge Jesu. Ich möchte<br />

das tun, was Christus uns im Gleichnis<br />

vom barmherzigen Samariter aufgetragen<br />

hat – nämlich barmherzig zu handeln und<br />

Nächstenliebe zu leben.<br />

Wie muss ein Pflegender sich selbst pflegen,<br />

damit er liebenswert bleibt und<br />

nicht selbst verbittert?<br />

Br. Frowin: Indem er ganz bewusst das eigene<br />

Ich pfl egt. Eine Zeit lang habe ich das<br />

vernachlässigt: Da hat sich dann ein Frust<br />

in mir aufgebaut, der mich ungenießbar<br />

für mich selbst und die anderen gemacht<br />

hat. Gerade Menschen in pfl egenden Berufen<br />

treten hier in eine Falle, die einen<br />

eher um- als weiterbringt. Es ist einfach<br />

wichtig, auf die eigenen Bedürfnisse zu<br />

achten, auch mal einen Gefallen zu verweigern,<br />

nach anstrengenden Dienstnächten<br />

mal auszuschlafen oder den Sonntag am<br />

Montag nachzuholen, ohne ein schlechtes<br />

Gewissen zu haben.<br />

Wie gehen Sie mit schweren Einzelschicksalen<br />

um, ohne daran zu zerbrechen?<br />

Br. Frowin: Hier ist Abgrenzung wichtig.<br />

Am meisten trägt mich aber das unerschütterliche<br />

Wissen, dass danach noch etwas<br />

kommt. Der Glaube an Gott, die Hoffnung<br />

auf seine Gnade und die Verheißung des<br />

ewigen Lebens lassen mich Kraft schöpfen<br />

– Kraft, um immer wieder in aller Liebe<br />

nachts aus dem Bett rauszukommen.<br />

Wir danken Br. Frowin Rückert für das<br />

Interview


PROJEKT<br />

22<br />

Echte Liebe schöpft<br />

ihre Kraft aus Gott<br />

Mit „Marriage Encounter“ die Liebe neu entdecken / Erfahrungen in Tansania<br />

von P. Severin Pieper OSB<br />

Ein Missionar war auf dem Wege zu seiner<br />

Missionsstation. Unterwegs traf er einen<br />

Seminaristen seiner Pfarrei, der auf dem<br />

kleinen Seminar in Namupa in Tansania<br />

studierte und nun auf dem Weg nach<br />

Hause war, um seine Ferien zu beginnen.<br />

Er nahm ihn im Auto mit und sprach mit<br />

ihm über sein Studium. Kurz vor der Missionsstation<br />

sagte der Seminarist: „Da vorne<br />

geht meine Mutter. Laß mich hier aussteigen.“<br />

Der Missionar hielt an, begrüßte die<br />

Mutter und teilte ihr freudig mit, daß er<br />

ihren Sohn dabei habe. Die Mutter nahm<br />

die Rückkehr ihres Sohnes zur Kenntnis,<br />

zeigte aber keinerlei Anzeichen von Freude<br />

oder Herzlichkeit, obwohl sie ihn monatelang<br />

nicht gesehen hatte. Der Missionar<br />

war irritiert. Er fragte sich, ob die Mutter<br />

ihr Kind liebe oder nicht.<br />

Afrikanisches Brettspiel<br />

Erwachsene tun<br />

sich schwer<br />

P. Severin mit dem Leitungsteam<br />

Nach hiesiger Sitte gehört Herzlichkeit in<br />

die Privatsphäre. Man zeigt sie nicht öffentlich.<br />

Öffentlich erfährt der Mensch nur<br />

Zärtlichkeit, solange er auf dem Rücken<br />

der Mutter ist, oder wenn er als Kind krank<br />

wird. Sobald die Mutter das nächste Kind<br />

bekommt, erfährt das vorherige Kind keine<br />

Zärtlichkeit mehr von seiten der Mutter.<br />

Auch der Vater zeigt ihm keine Zärtlichkeit.<br />

Das Kind kann auch keine Zärtlichkeit zwi-


23<br />

Gesprächsgruppe<br />

schen den Eltern erleben, weil sich das nicht<br />

schickt. Von daher ist es nicht erstaunlich,<br />

dass ein Erwachsener sich schwer tut, seiner<br />

Partnerin (seinem Partner) Zärtlichkeit<br />

zu erweisen. Wenn ich nur in den ersten<br />

Monaten meines Lebens Zärtlichkeit erfahre,<br />

wie kann ich dann als Erwachsener<br />

anderen Zärtlichkeit erweisen?<br />

Ich liebe Dich<br />

Beim Marriage Encounter sagte eine Teilnehmerin,<br />

die schon jahrelang verheiratet<br />

war: „Heute hat mir mein Mann das erste<br />

Mal in die Augen geschaut und mir gesagt<br />

`Ich liebe Dich.“ Marriage Encounter ist<br />

eine große Hilfe für Eheleute. Es ist so etwas<br />

wie ein „Ehe-TÜV“. Die Paare lernen dabei,<br />

dass Ehe mehr ist, als das Bett miteinader<br />

zu teilen und Kinder zu zeugen. Oft war die<br />

Kommunikation zwischen ihnen sehr oberfl<br />

ächlich; Zärtlichkeit war eine Ausnahme<br />

oder überhaupt nicht vorhanden. Wenn die<br />

Paare das, was ihnen bei dem ersten (entscheidenden)<br />

Kurs mitgeteilt wird, täglich<br />

umsetzen, kann ihr Zusammenleben eine<br />

positive Wende erleben. Sie werden offener<br />

und zärtlicher miteinander umgehen, was<br />

auch die Kinder zu spüren bekommen.<br />

Ehe hat gehalten<br />

Am 14. Oktober 2009 hatte ich hier in<br />

Ndanda einen Dankgottesdienst für das<br />

Ehepaar Vitus und Sophia Mpunga. Es war<br />

der 50. Jahrestag ihrer Hochzeit. Am Tag<br />

der Hochzeit war Sophia gerade 15 Jahre<br />

alt, Vitus 19. Sie benötigten eine Dispens,<br />

um in so jungen Jahren überhaupt zum<br />

Ehesakrament zugelassen zu werden. Sie<br />

haben in ihrer Ehe auch stürmische Zeiten<br />

erlebt, aber die Ehe hat gehalten. Seit<br />

2005 gehören sie zum „Marriage Encounter“<br />

und sind ein Vorbild, dem viele Paare<br />

nacheifern können. Ihre Kraft schöpfen sie<br />

aus Gott, der sie im Sakrament der Ehe<br />

miteinander verbunden hat. Da Vitus inzwischen<br />

pensioniert ist, kann er täglich<br />

zusammen mit seiner lieben Sophia an der<br />

Hl. Messe teilnehmen. Wenn man sie auf<br />

der Straße trifft, merkt man, dass die beiden<br />

etwas ausstrahlen. Es ist eine Freude,<br />

sie zu sehen.<br />

Helfen Sie P. Severin<br />

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Abt Michael Reepen OSB.<br />

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h d


NAMEN/NACHRICHTEN<br />

26<br />

am 13. Juni 75 Jahre Profess<br />

Br. Ignatius Sauer OSB<br />

Er ist am 10. September 1915 in Lülsfeld geboren. Seit 1930 ist er in Münsterschwarzach und erlernte bei uns den Gärtnerberuf.<br />

Seine erste Profess legte er 1935 ab. Während des Krieges musste er Wehrdienst leisten und konnte erst 1948 aus der<br />

Gefangenschaft nach Münsterschwarzach zurückkehren. Von 1951 bis 1964 war er in der Gärtnerei und Landwirtschaft<br />

in St. Ludwig tätig, anschließend wurde er beim Aufbau des Marienhofes in Krandorf/Oberpfalz eingesetzt. Ab 1967<br />

wirkte er wieder in Münsterschwarzach beim Obstbau, in der Kellerei, Brennerei und als Imker. Er versorgte seine Mitbrüder<br />

mit vielen nahrhaften und gesunden Sachen. Seinen Lebensabend verbringt er auf der Krankenstation des Klosters.<br />

am 9. Juli 60 Jahre Priester<br />

Pater Laurentius Hennemann OSB<br />

Geboren am 4. September 1921 in Oberleiterbach in der schönen Gegend von Staffelstein/Vierzehnheiligen. Besuch<br />

der Münsterschwarzacher Gymnasien in St. Ludwig und Würzburg. Erst nach dem Wehr- und Kriegsdienst konnte<br />

Pater Laurentius am 11. September 1945 in Münsterschwarzach eintreten. 1946 zeitliche Profess, 1949 ewige Profess,<br />

1950 Priesterweihe durch Abt-Bischof Gallus Steiger von Peramiho/Tansania. 1952 Aussendung in das Missionsgebiet<br />

Ndanda. Dort in verschiedenen Pfarreien und jetzt in Ndanda segensreich in der Seelsorge tätig. Außerdem unterstützt<br />

er den Missionswissenschaftler und Afrika-Experten Altabt Siegfried Hertlein bei der Arbeit im Archiv von Ndanda.<br />

am 29. Juni 50 Jahre Priester<br />

Pater Beda Pavel OSB<br />

Wurde am 7. Juni 1935 im Kreis Budweis geboren, aufgewachsen ist er in Hammelburg (Unterfranken). Besuch der<br />

Kloster-Internate und Gymnasien in St. Ludwig und Würzburg. Nach dem Abitur 1954 Eintritt in unsere Abtei. 1960<br />

Priesterweihe. Studium in England mit Abschluss Lehrer-Diplom. Missionsaussendung 1963 in die Abtei Ndanda/Tansania.<br />

Pater Beda war mit Leib und Seele Lehrer für Mathematik, Physik und Biologie in Kigonsera, Likonde, Namupa<br />

und Soni. Von 1985 bis 1998 Hausoberer in Kurasini in Dar es Salaam. Ab 1999 Pfarrer in der Pfarrei Kilimahewa<br />

bei Dar es Salaam.<br />

Pater Sebald Hofbeck OSB<br />

ist am 15. November 1935 in Nürnberg geboren und kann somit außer seinem Priesterjubiläum in diesem Jahr auch<br />

auf 75 Lebensjahre zurückblicken. Nach dem Besuch der Gymnasien in Straubing und Nürnberg trat er 1954 in unser<br />

Kloster ein. 1960 empfi ng er die Priesterweihe. 1957 bis 1965 Studium in Würzburg und London mit Abschluss als<br />

Doktor der Theologie. Seit 1965 ist er Missionar in Ndanda/Tansania, seit 1972 engagierter Leiter der Ndanda-<br />

Mission-Press und des Buch-Verlages.<br />

Abt Lambert Dörr OSB<br />

Geboren am 4. August 1936 in Glashofen-Gerolzahn. Nach dem Besuch des Gymnasiums trat er im <strong>Mai</strong> 1955 in<br />

unsere Abtei ein. Am 16. <strong>Mai</strong> 1956 einfache und am 31. <strong>Mai</strong> 1959 feierliche Profess. Priesterweihe durch Abt-Bischof<br />

Viktor Hälg aus Ndanda/Tansania am 29. Juni 1960. Studium der Philosophie in St. Ottilien und Theologie in Würzburg.<br />

Im August 1964 wurde Pater Lambert als Missionar in das Abteigebiet Peramiho/Tansania gesandt. Ab 1965<br />

unterrichtete er am Likonde Seminary, bis ihn 1972 das Vertrauen seiner Oberen und seiner Mitbrüder zum Prior und<br />

dann 1976 zum Abt von Peramiho berief. Resignation als Abt von Peramiho am 4. August 2006. Abt Lambert verbringt<br />

seinen Lebensabend in Peramiho und versieht verschiedene Aufgaben, wie Seelsorge und die Kloster-Bibliothek.<br />

am 12. <strong>Mai</strong> 25 Jahre Priester<br />

P. Dominikus Trautner OSB<br />

Geboren am 1. Juli 1956 in Kirchehrenbach. Er besuchte unser Gymnasium und Seminar in Münsterschwarzach.<br />

Er legte 1979 die zeitliche und 1982 die ewige Profess ab. Studium der Theologie und Kirchenmusik in Würzburg.<br />

Priesterweihe am 12. <strong>Mai</strong> 1985 durch Bischof Paul Werner Scheele. Pater Dominikus ist Organist und Kantor in der<br />

Abtei sowie Dozent für Liturgik und Gregorianik an den Musikhochschulen in Würzburg und Frankfurt. Außer seiner<br />

Tätigkeit als Abtei-Organist gibt er Orgel-Konzerte in aller Welt. Im Vier-Türme-Verlag erscheinen jährlich neue CDs,<br />

von ihm. Außerdem ist er Organisator und Verantwortlicher der großen Abtei-Konzerte.


NAMEN/NACHRICHTEN<br />

27<br />

Am Dienstag, den 16. Februar <strong>2010</strong>, ist unser Mitbruder<br />

Pater Albert (Erwin) Herold OSB<br />

im Provinzkrankenhaus von Vryheid/Südafrika nach einem schweren Schlaganfall verstorben.<br />

P. Albert wurde am 12. Februar 1928 in Dipbach geboren. Er war das älteste von acht Kindern. Erwin<br />

besuchte die Grundschule und ging anschließend ins Kolleg St. Ludwig mit dem Gedanken, Missionsbenediktiner<br />

zu werden. Im Januar 1944, er war noch keine 16 Jahre alt, wurde er in die Armee eingezogen und bei der Luftwaffe<br />

ausgebildet. Am 13. März 1945 wurde er aus der Wehrmacht entlassen und bekam den Auftrag, sich dem nationalen<br />

Arbeitsdienst anzuschließen. Aufgrund des massiven Luftangriffs auf Würzburg am 16. März 1945, bei dem alle Papiere und<br />

Dokumente verbrannten, kam es nie zu diesem Einsatz. Am 21. September 1946, nach Beendigung des ersten Semesters in<br />

Philosophie, trat er in die Abtei Münsterschwarzach ein und begann das Noviziat mit dem Namen Albert. Ein Jahr später, am<br />

25. September 1947, war seine zeitliche Profess. In Dillingen, St. Ottilien und Würzburg setzte er das Theologiestudium fort. Am<br />

8. Oktober 1950 legte er schließlich seine ewige Profess ab. Bischof Alfons Streit/Mariannhill weihte ihn am 27. April 1952 in<br />

der Abteikirche Münsterschwarzach zum Priester. Im Leben von P. Albert begann ein neuer Abschnitt als Abt Burkhard ihn am<br />

14. <strong>Mai</strong> 1953 als Missionar ins Zululand aussandte. Am 25. <strong>Mai</strong> 1953 verließ er Deutschland und nach dreiwöchiger Schiffsreise<br />

erreichte er am 15. Juni das Zululand. Bischof Aurelian Bilgeri OSB sandte ihn nach Gonzaga, eine verlassene Station in den<br />

Bergen des südlichen Zululandes. Im Oktober 1961, als Erzabt Suso Brechter ein monastisches Zentrum im Zululand gründete,<br />

indem er die Inkamana-Mission zu einem einfachen Priorat erhob, wurde P. Albert zum Prior von Inkamana gewählt. Er baute<br />

eine Laiengemeinschaft von Benediktiner-Oblaten auf und begann, junge Männer aus dem Zululand für den Mönchsberuf zu<br />

begeistern. Aufgrund seiner Initiative und Führung war es möglich, dass die ersten einheimischen Kandidaten im Jahr 1965<br />

ihre Gelübde ablegen konnten. Im Januar <strong>2010</strong> beendete er seine pastorale Tätigkeit und ging in die Abtei Inkamana zurück.<br />

P. Albert war ein freundlicher, großzügiger und zugänglicher Mensch mit Sinn für Humor. Überall, wo er als Pfarrer tätig war,<br />

war er beliebt und genoss hohes Ansehen. Er veröffentlichte zwei Bücher, in denen er junge und alte Zulus zu Wort kommen<br />

ließ, die in der Art und Weise sprechen wie im „Kleinen Prinzen“ von Saint-Exupéry. Durch seine Fotos ist P. Albert in Südafrika<br />

sehr bekannt. Seine Portrait- und Landschaftsfotos haben viele Preise gewonnen.<br />

Der Herr vergelte ihm alles, was er an Gutem getan hat. RIP<br />

Der Herr über Leben und Tod hat seinen Diener<br />

Br. Cornelius (Otto) Hell OSB<br />

am Aschermittwoch, den 17. Februar <strong>2010</strong> zu sich in sein Reich der Liebe und des Lichtes heimgerufen.<br />

Br. Cornelius wurde am 28. Oktober 1920 in Großlangheim geboren. Mit 15 Jahren kam er ins Lehrlingsheim<br />

der Abtei Münsterschwarzach und machte dort die Ausbildung als Zimmerer. In seiner Lehrzeit hat er am<br />

Bau der Kirche mitgearbeitet, die er sein Leben lang so geliebt hat. Am 1. <strong>Mai</strong> 1938 wurde er ins Postulat<br />

und am 3. <strong>Mai</strong> 1939 ins Noviziat aufgenommen. Am 9. <strong>Mai</strong> 1940 legte er seine zeitliche Profess ab und nach 9 Jahren konnte<br />

er am 17. Oktober 1948 seine ewigen Gelübde ablegen. Schon am 7. Oktober 1940 wurde er als Soldat eingezogen und musste<br />

den Feldzug gegen Russland mitmachen. Dort wurde er am Ostersonntag 1942 schwer verletzt. Viele Operationen musste er über<br />

sich ergehen lassen. Am 16. April 1946 kehrte er in sein Heimatkloster zurück. Zunächst arbeitete er im Büro des Elektrowerks,<br />

bis ihn der Cellerar P. Theophil am 3. <strong>Mai</strong> 1948 als seinen persönlichen Sekretär in die Verwaltung nahm. Seither hat er bis kurz<br />

vor seinem Tod in der Verwaltung gearbeitet. Schnell hat er sich in die verschiedensten Bereiche von Lohnbuchhaltung und Versicherung<br />

eingearbeitet. Auf dem Gebiet der Renten- und Krankenversicherung wurde er in kurzer Zeit zum überall angesehenen<br />

Fachmann. Br. Cornelius hat mit seiner Güte und Menschenfreundlichkeit, aber auch mit seiner sehr klaren und effi zienten Weise<br />

zu arbeiten, die Verwaltung der Abtei bis heute geprägt.<br />

Br. Cornelius hat auch über das Kloster hinaus in die Gemeinde hinein gewirkt. Von 1952 bis 1990 war er Gemeinderat. Für<br />

seine Verdienste um das Gemeinwohl verlieh ihm der Markt Schwarzach am <strong>Mai</strong>n im Jahre 1995 die Ehrenbürgerwürde. Er<br />

hat den Kindergarten St. Felizitas in Münsterschwarzach gegründet und jährlich als Nikolaus die Kinder erfreut. Im Jahre 1993<br />

wurde er für seine Verdienste für die Abtei und die Marktgemeinde Schwarzach mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.<br />

Seit 1959 war er 1. Obmann für die Brüder und hat sie in seiner freundlichen und gütigen Art begleitet, gerade auch in schwierigen<br />

Situationen. Immer wenn der Abt eine schier unlösbare Aufgabe hatte, wandte er sich an Br. Cornelius, der in seiner<br />

unwiderstehlichen Art sich aller Probleme annahm.<br />

Br. Cornelius war ein betender Mensch. Bis zuletzt ist er treu mit seinem Rollator in die Abteikirche gefahren, um am Chorgebet<br />

teilnehmen zu können. Bis zuletzt hat er wach am Leben der Gemeinschaft teilgenommen und zu allem seine Meinung gesagt,<br />

die von Altersweisheit und Altersmilde geprägt war. So ist er zu einer tragenden Säule der Abtei geworden.<br />

Möge ihm nun die Liebe Gottes als strahlendes Licht für immer aufl euchten. RIP


NAMEN/NACHRICHTEN<br />

28<br />

Die Reisebrüder<br />

vom Mission Hill<br />

75 Jahre benediktinische Präsenz in Schuyler (USA)<br />

„Benediktinisches Missionsgebiet – das<br />

sind Afrika, Asien, Lateinamerika...“, so<br />

lautet eine landläufige Meinung. Dass die<br />

Abtei Münsterschwarzach jedoch auch<br />

in den USA eine Niederlassung besitzt,<br />

ist den wenigsten bekannt. Das Priorat<br />

Christkönig in Schuyler (Nebraska, USA),<br />

das aus dem Benedict Mission House und<br />

dem St. Benedict Center besteht, feiert in<br />

diesem Jahr sein 75-jähriges Bestehen.<br />

Während in den ersten Jahren die Großzügigkeit<br />

der amerikanischen Spender<br />

dazu beitrug, den Samen des Glaubens<br />

vor Ort weiter auszusäen, profitieren<br />

mittlerweile Menschen auf vier Kontinenten<br />

von der Unterstützung der vielen<br />

Wohltäter in der Neuen Welt.<br />

Der Anfang<br />

Es war in den späten 20er Jahren des 20.<br />

Jahrhunderts, als die Brüder Placidus Husslein,<br />

Felix Meckel und Egbert Backer in New<br />

York City eintrafen. Da sich Deutschland zu<br />

jener Zeit an einem wirtschaftlichen Tiefpunkt<br />

befand und praktisch keine Spendengelder<br />

in die Missionskassen fl ossen,<br />

sandte Abt Placidus Vogel seine Mitbrüder<br />

aus, um fi nanzielle Unterstützung in den<br />

USA zu suchen. Hinzu kam die berechtigte<br />

Sorge, dass mit dem Aufstieg des Hitler-Regimes<br />

vielen Mitbrüdern die Rückkehr aus<br />

der Mission nach Hause unmöglich werden<br />

könnte, so dass man eine Anlaufstelle außerhalb<br />

Deutschlands benötigte. Zunächst<br />

kamen die Amerika-Pioniere in einem katholischen<br />

Hospital unter. Freunde und<br />

Familienmitglieder hatten sie mit Adressen<br />

von Angehörigen in der Neuen Welt<br />

versorgt. Die Mönche knüpften Kontakte<br />

unter den deutsch-amerikanischen Katholiken<br />

und suchten nach einer dauerhaften<br />

Bleibe. Zufällig kam Bruder Felix Meckel<br />

in Omaha (Nebraska) auch mit Bischof<br />

Joseph Francis Rummel in Kontakt, der<br />

Das Exerzitienhaus von Schuyler<br />

die Benediktiner schließlich einlud, sich in<br />

seiner Diözese niederzulassen.<br />

Haus in Schuyler gefunden<br />

An einem kalten stürmischen Tag des Jahres<br />

1935 erreichten Pater Hadelin Müller,<br />

Bruder Felix Meckel und Bruder Placidus<br />

Husslein den Ort Schuyler im Osten des US-<br />

Bundesstaates Nebraska und bezogen das<br />

Haus, das ihnen von Bischof Rummel zugewiesen<br />

war. Im Laufe der Jahre wurde das<br />

zweistöckige Gebäude, das unter dem Namen<br />

Benedictine Mission House bekannt<br />

wurde, mehrfach umgebaut. Zeitweilig bewohnten<br />

zwölf Mönche die Wohnräume im<br />

ersten Stock. Im Untergeschoss befanden<br />

sich Büroräume, eine kleine Kapelle, Küche<br />

und Refektorium. Da die Mönche ihre<br />

Briefe und Spendenaufrufe selbst druckten,<br />

nahmen Druckmaschine, Papierlager und<br />

Adresskartei den größten Raum ein.<br />

Reisebrüder werben<br />

um Spenden<br />

Besonders bemerkenswert für das Haus in<br />

Schuyler waren jedoch die so genannten<br />

Reisebrüder: So reisten vier oder fünf Mitbrüder<br />

neun Monate des Jahres quer durch<br />

die Vereinigten Staaten, um „Menschen<br />

mit einem großen Herzen“ zu fi nden. Eine<br />

Minimalbesetzung blieb zu Hause, lebte<br />

dort nach der benediktinischen Grundregel<br />

des „Ora et labora“, sorgte sich um die<br />

Korrespondenz mit den Wohltätern und bestätigte<br />

jede Spende noch am Tag des Erhalts.<br />

Darüber hinaus übernahmen die Benediktiner<br />

auch Dienste in weit entfernten<br />

Gemeinden, um einem Pfarrer eine Auszeit<br />

oder seinen Jahresurlaub zu ermöglichen.<br />

Die pastorale Arbeit und die persönlichen<br />

Besuche der Reisebrüder sorgten dafür,<br />

dass die Arbeit der Missionsbenediktiner<br />

bekannt wurde und ein Band des Vertrauens<br />

entstand. Die Brüder akzeptierten so


29<br />

zugleich, dass nicht jeder aktiv im Dienst<br />

der Evangelisierung stehen kann und dass<br />

fi nanzielle Unterstützung einen wichtigen<br />

Teil des Ganzen ausmacht.<br />

Die Reisebrüder fanden nicht nur offene<br />

Türen, sondern auch offene Herzen: Sie<br />

fanden Menschen, die das, was sie hatten,<br />

mit den Missionaren teilten. Darüber<br />

hinaus waren die Benediktiner-Brüder für<br />

ihr offenes Ohr bekannt. So gab man ihnen<br />

nicht nur Gebetsanliegen mit auf den<br />

Weg, sondern bat sie auch um Rat und<br />

Beistand, wenn der eigene Pfarrer nicht<br />

greifbar war. Zurück zu Hause in Schuyler,<br />

ging die Arbeit weiter: Die Reisebrüder sortierten<br />

Tausende von Geburtstagsgrüßen<br />

für das kommende Jahr ein. Diese Grüße,<br />

ein Telefonanruf oder ein kurzer Gruß nach<br />

einem Besuch waren einfache Gesten, die<br />

die Bindung entscheidend vertieften. Getragen<br />

waren all diese Aktivitäten durch<br />

die Regel des Hl. Benedikt einer gesunden<br />

Balance aus Ora und Labora.<br />

Zu Beginn der 1970er Jahre stand Schuyler<br />

vor neuen Herausforderungen: Die<br />

Reisetätigkeit rückte zugunsten von <strong>Mai</strong>ling-Aktionen<br />

in den Hintergrund. Schon<br />

damals verschickten die Mönche jährlich<br />

vier Rundschreiben an annähernd 60000<br />

Wohltäter. So wurde bald ein neues Gebäude<br />

nötig. Dank einer Privatspende von 15<br />

Morgen Land auf dem „Fuller Hill“ nördlich<br />

von Schuyler konnte man im Januar 1978<br />

mit dem Bau beginnen. Im September<br />

1979 konnten die Benediktiner einziehen,<br />

die Weihe vollzog Abt Bonifaz Vogel.<br />

Neue Wege – Neue Aufgaben<br />

Auch Abt Fidelis Ruppert war dem Haus in<br />

den USA sehr verbunden. Jedes Jahr verbrachte<br />

er mindestens eine Woche bei den<br />

Mitbrüdern in Schuyler. Er ermutigte die<br />

Mönche, ihre monastische Berufung treu<br />

zu leben, hoffnungsvoll in die Zukunft zu<br />

blicken, für neue Aufgaben offen zu sein<br />

und die Türen für neue Berufungen vor<br />

Ort zu öffnen. Zum 50-jährigen Jubiläum<br />

benediktinischer Präsenz in Schuyler im<br />

Jahr 1985 erhob er das Missionshaus zu<br />

einem abhängigen Priorat. Zugleich wurde<br />

der einst „Fuller Hill“ genannte Hügel in<br />

„Mission Hill“ umbenannt. Die ortsansässige<br />

Bevölkerung trug damit dem Auftrag<br />

des Benedict Mission House als Missionsprokura<br />

für Missionare und junge Kirchengemeinden<br />

in der ganzen Welt Rechnung.<br />

Nicht zuletzt auch unter dem Einfl uss von<br />

Abt Fidelis wandelte sich das<br />

Missionsbüro zunehmend<br />

zum Kloster, in dem die Feier<br />

der Liturgie und der Gebetszeiten<br />

noch mehr Gewicht erhielt.<br />

Abt Fidelis war es auch,<br />

der die Gemeinschaft in Schuyler<br />

ermutigte, den Menschen<br />

nach Jahrzehnten der Solidarität<br />

und Hilfsbereitschaft etwas<br />

zurückzugeben und den<br />

Bau eines Exerzitienhauses in<br />

Angriff zu nehmen. Am 1. Juli<br />

1997 konnte das St. Benedict<br />

Center als ökumenisches Exerzitien-<br />

und Bildungshaus<br />

eröffnet werden. In einer Atmosphäre<br />

aus Gebet, Ruhe<br />

und Erneuerung können hier<br />

Menschen, die nach persönlichem<br />

und spirituellem<br />

Wachstum suchen, benediktinische<br />

Gastfreundschaft<br />

und Spiritualität erleben. Seit<br />

der Eröffnung des Hauses Luftaufnahme von Kloster (unten) und Exerzitienhaus (oben)<br />

kommen alljährlich unzählige<br />

Menschen aller gesellschaftlichen<br />

Schichten nach<br />

Schuyler. Mit dem Bau eines<br />

weiteren Gebäudefl ügels mit<br />

Einzelzimmern stehen heute<br />

100 Betten zur Verfügung.<br />

Gleichzeitig richteten die<br />

Mitbrüder das El-Puente-<br />

Büro ein, ein Hilfsangebot<br />

für lateinamerikanische Einwanderer.<br />

Zudem spielen die<br />

Benediktiner auch weiter eine<br />

wichtige Rolle in der Seelsorgelandschaft<br />

von Nebraska:<br />

Örtliche Pfarreien nehmen<br />

gerne die Unterstützungsangebote<br />

wahr, vor allem die Br. Tobias, Br. Andrew<br />

Hintere Reihe v.l.n.r.: P. Paul, Br. Vianney, P. Thomas,<br />

Beicht- und Versöhnungsgottesdienste<br />

im Advent und in<br />

Vordere Reihe v.l.n.r.: P. Volker, P. Prior Germar, Br. Damian<br />

der Fastenzeit sowie die Angebote<br />

für Jugendliche.<br />

Für die Menschen dasein<br />

Derzeit zählt die Gemeinschaft in Schuyler<br />

acht Mitbrüder: P. Germar Neubert (Prior),<br />

P. Volker Futter (Cellerar, Missionsprokurator,<br />

Betreuung der Oblaten), P. Thomas<br />

Leitner (Leiter des Exerzitienhauses), P. Paul<br />

Kasun (El Puente), Br. Vianney Rentmeister,<br />

Br. Tobias Dammert (Prokura-Mitarbeiter,<br />

Berufungspastoral), Br. Andrew Fuller<br />

(Buchladen), Br. Damian Cayetano (Berufungspastoral,<br />

Webmaster). Gemeinsam<br />

wollen sie all den Menschen dienen, die<br />

ins Priorat Christkönig kommen. Vor allem<br />

aber wollen sie auch künftig durch ihre<br />

Arbeit im Missionsbüro den Menschen die<br />

Hand reichen, die auf der Schattenseite<br />

des Lebens stehen.


NAMEN/NACHRICHTEN<br />

30<br />

„Kenia ein Stück<br />

weiterbringen“<br />

Br. Gregory Musembi Maeke OSB kehrt<br />

nach sieben Jahren in Deutschland in<br />

seine Heimat Kenia zurück: Seine Erfahrungen,<br />

seine Visionen.<br />

Sieben Jahre hat der gebürtige Kenianer<br />

Br. Gregory Musembi Maeke in<br />

Deutschland verbracht und ist bei seiner<br />

Rückkehr nach Kenia um einen großen<br />

Schatz an Wissen, Erfahrungen und Begegnungen<br />

reicher. Auf die Frage, was<br />

er seinen Landsleuten aus dem fernen<br />

Deutschland mitbringt, antwortet der<br />

Missionsbenediktiner nach kurzem Innehalten<br />

mit einem Lächeln: „Mich selbst.<br />

Die Zeit hier in Deutschland hat mich offener,<br />

reifer gemacht. Mein Blick ist weiter<br />

geworden. Ich stelle mich den Menschen<br />

zur Verfügung. Ich möchte ihnen<br />

helfen, über die Armut hinauszuwachsen<br />

und ihre Identität und Würde zu finden!“<br />

1965 als ältestes von insgesamt acht Kindern<br />

geboren, wuchs Br. Gregory in einer<br />

christlichen Familie auf. „Meine Eltern<br />

legten großen Wert auf katholische Schulbildung“,<br />

erzählt er und so wurde wohl<br />

schon durch den Besuch der Grundschule<br />

bei den Maria-Ward-Schwestern seine Berufung<br />

zu grunde gelegt.<br />

Br. Gregory mit dem Missio-Chor<br />

Doch zunächst kam es anders:<br />

„Nach der Secondary School wollte ich<br />

erst mal Karriere machen.“ Br.Gregory<br />

ging 1986 nach Indien, legte dort den<br />

Bachelor of Commerce und MBA (Diplom-<br />

Kaufmann) ab, gründete eine eigene Firma<br />

und arbeitete sechs Jahre als Finanzberater.<br />

„Zurück in Kenia fragte ich mich aber irgendwann:<br />

Ist das wirklich alles im Leben?<br />

Ich habe mich nach mehr gesehnt“, erinnert<br />

er sich zurück. Langsam, ganz langsam<br />

reifte in ihm die Erkenntnis, dass er „die<br />

Erfüllung in einem geistlichen Leben fi n-<br />

den könnte“. 1998 gab der sympathische<br />

Kenianer seinen Job auf und nahm sich<br />

ein „Brückenjahr, um sich zu orientieren,<br />

in sich hineinzuspüren, ob dieser Schritt<br />

der richtige ist“.<br />

Bei den Missionsbenediktinern<br />

angeklopft<br />

Auf der Suche nach der passenden Ordensgemeinschaft<br />

klopfte er auch bei den<br />

Benediktinern an… und „es war Liebe auf<br />

den ersten Blick“, lacht Br. Gregory: „Schon<br />

nach meinem ersten Besuch war klar: Hier<br />

wollte ich hin!“ Am 12. Februar 1999<br />

trat er im Benediktiner-Priorat Tigoni (35<br />

Kilometer nordwestlich von Nairobi) ein,<br />

legte 2002 seine Profess ab und kam im<br />

April 2003 nach Deutschland. Nach einigen<br />

Monaten in der Erzabtei St. Ottilien<br />

mit Deutschkursen in München ging’s im<br />

Dezember 2003 nach Münsterschwarzach<br />

und Würzburg, wo er zum Sommersemester<br />

2004 das Theologiestudium aufnahm.<br />

Viele Bekannt- und Freundschaften hat<br />

Br. Gregory seitdem geschlossen, mit vielen<br />

Menschen ist er mittlerweile eng befreundet.<br />

Zu einem Stück „Heimat fern<br />

der Heimat“ wurde für ihn neben der Gemeinschaft<br />

im Haus St. Benedikt auch der<br />

Missio-Chor, wo er über die afrikanische<br />

Musik eine Verbindung zur Heimat aufrechterhalten<br />

konnte.<br />

Grundverschiedenheit<br />

Zugleich lernte Br. Gregory aber auch, wie<br />

grundverschieden Kenianer und Deutsche<br />

sind. Vor allem beim Thema Pfl ichtbewusstsein<br />

werde dies sehr deutlich: „Die Leute<br />

hier halten sich strikt an die Gesetze und<br />

Regeln: Sie tun was erwartet wird und erwarten<br />

dies auch von anderen“, berichtet<br />

er. „Die Gefahr dabei ist, dass irgendwann<br />

das Gefühl für das Menschliche verloren<br />

geht“, gibt er zu bedenken, weiß aber<br />

auch: „Wenn wir in Kenia weiterkommen<br />

wollen, dann müssen wir ein Stück dieses<br />

Pfl ichtbewusstseins in unsere Gesellschaft<br />

übernehmen.“ Ähnlich verhält es sich seiner<br />

Ansicht nach im Umgang miteinander:<br />

„Wenn ein Afrikaner Ja sagt, muss das noch<br />

lange nicht Ja heißen, das hängt von den<br />

Umständen ab, von der Tonlage und Mimik.<br />

In Deutschland hingegen ist ein Ja<br />

ein Ja und ein Nein ein Nein.“ Trotz manch<br />

schmerzhafter Erfahrung hält er diese Einstellung<br />

dennoch für den besseren Weg:<br />

„Auch wenn man sich zuweilen unbeliebt<br />

macht – es ist besser, gleich die Wahrheit<br />

zu sagen.“


31<br />

Br. Gregory lernt neue Kulturen kennen Br. Gregory beim Trommel-Workshop Br. Gregory – beim Jugendkurs<br />

Erfolgreiches Studium<br />

und Abschied<br />

Jüngst, im Februar <strong>2010</strong>, hat Br. Gregory<br />

nun seine Abschlussprüfungen erfolgreich<br />

absolviert. Ende März <strong>2010</strong> fl og er „mit<br />

einem lachenden und einem weinenden<br />

Auge“ wieder zurück nach Kenia: „Der Abschied<br />

von meinen deutschen Freunden<br />

fällt mir schwer, ich freue mich aber auch<br />

sehr auf mein Kloster, meine Familie.“ Vor<br />

allem aber will er endlich das ins Praktische<br />

umsetzen, was er hier gelernt hat. „Ich will<br />

als Missionsbenediktiner für die Menschen<br />

da sein, sie nicht nur materiell unterstützen,<br />

sondern auch spirituell, sie in ihrer<br />

Identität, ihrem Wertgefühl stärken, ihnen<br />

ihre Rechte, aber auch Pfl ichten aufzeigen.<br />

Kurz: Die Menschen in Kenia ein Stück weiterbringen.“<br />

Einsatz für die Bedürftigen<br />

Möglichkeiten zur Verwirklichung bieten<br />

sich Gregory viele: Eine der Hauptaufgaben<br />

im Priorat Tigoni ist die Pfarrei St. Benedict<br />

am Rande des zweitgrößten Slums<br />

(Mathare) von Nairobi, wo über 500 000<br />

Menschen leben. Im Laufe der letzten 30<br />

Jahre haben die Benediktiner hier mehrere<br />

Stationen mit Kindergärten, Behinderteneinrichtungen,<br />

Straßenkinderprojekten,<br />

Berufsschulen und Handwerksbetrieben<br />

aufgebaut. „Wir wollen den Menschen<br />

geistliche und körperliche Hilfen zum<br />

(Über-)Leben bieten und den Kindern eine<br />

Zukunft ermöglichen!“ Viel Unterstützung<br />

bietet dabei auch Münsterschwarzach, von<br />

wo engagierte Missionare und unzählige<br />

Spendengelder kommen. Jüngstes Beispiel<br />

ist die neu errichtete Grundschule für etwa<br />

700 Kinder, für die allein die Schüler des<br />

Egbert-Gymnasiums stolze 24000 Euro<br />

gesammelt haben. Überhaupt zeigt sich<br />

Br. Gregory begeistert von der enormen<br />

Hilfsbereitschaft der Deutschen: „Die Menschen<br />

hier leben zwar im Überfl uss, sind<br />

aber auch sehr hilfsbereit. Sie haben ein<br />

großes Herz!“ Die große Solidarität auf<br />

geistlicher wie auf praktischer Ebene gehört<br />

denn auch zu Br. Gregorys schönsten<br />

Erfahrungen in Deutschland.<br />

Inkulturation integrieren<br />

Für den Missionsbenediktiner eine echte<br />

Herzensangelegenheit ist jedoch der<br />

Bereich der Inkulturation. Nach den bekannten<br />

Problemen der Erstmissionierung<br />

vor etwa 130 Jahren stehe Kenia heute<br />

mitten im Prozess einer zweiten Missionierung<br />

oder besser der Inkulturation. Dies<br />

bedeute, dass man das vorwiegend europäisch<br />

geprägte Christentum nicht einfach<br />

fraglos übernehme, sondern in die Mentalität<br />

und Lebenswelt der Menschen integriere.<br />

„Denn unser Blut ist immer noch afrikanisch“,<br />

betont Br. Gregory. Das afrikanische<br />

Wertesystem biete hier eine perfekte Basis.<br />

So seien die im Christentum verkündeten<br />

Werte – Liebe, Treue, Gehorsam, Respekt,<br />

Pfl icht – im Grunde originär afrikanische<br />

Werte. Hinzu komme, dass Afrikaner „notorisch<br />

religiös“ seien: „Religion war und ist<br />

immer noch tief im Leben der Familie, des<br />

Stammes und des Volkes verwurzelt und<br />

ganz selbstverständlich. Der allwissende,<br />

allgegenwärtige Gott umfasst das gesamte<br />

Leben“, führt Br. Gregory aus. Wegweisend<br />

für diese Verbindung aus traditionellem<br />

Kulturgut und christlicher Botschaft ist für<br />

Bruder Gregory das Projekt „African Bible<br />

on the Ground” in der Pfarrei Nanyuki; im<br />

Laufe der Jahre ist hier eine regelrechte Pilgerstätte<br />

entstanden, wo Menschen in Exerzitien<br />

und Besinnungstagen die verblüffende<br />

Nähe von biblischen Inhalten und<br />

afrikanischen Werten erfahren können.<br />

„Im Grunde missionieren wir uns selbst,<br />

um unsere Wurzeln wiederzufi nden“, meint<br />

Br. Gregory, der liebend gerne in Nanyuki<br />

mitarbeiten würde: „Ich möchte meinen<br />

Landsleuten spirituelle Anstöße ermöglichen,<br />

damit sie Christentum und traditionelle<br />

afrikanische Werte als organisches<br />

Ganzes leben können.“<br />

Br. Gregory Musembi Maeke OSB<br />

Geboren 1965 in Nairobi/Kenia<br />

• Profess 2002 • Ausbildung als<br />

Dipl.-Kaufmann in Indien • Bis<br />

<strong>2010</strong> Studium der Theologie in<br />

Würzburg


NAMEN/NACHRICHTEN<br />

32<br />

Einander dienen in Leid und Freude<br />

Diakonatsweihe von Br. Noach Heckel OSB<br />

und die Überreichung des Evangeliars und<br />

die Umarmung des Neugeweihten. Die<br />

anschließende Eucharistiefeier, bei der der<br />

neue Diakon schon seinen ersten Dienst<br />

am Altar verrichtete, endete mit dem Segen<br />

des Bischofs. Beim anschließenden<br />

Empfang feierte die Klostergemeinschaft<br />

mit dem Diakon und seinen Angehörigen<br />

das festliche Ereignis.<br />

Bruder Noach Heckel aus der Abtei Münsterschwarzach<br />

ist am vierten Adventssonntag<br />

2009 durch Weihbischof Ulrich<br />

Boom von Würzburg in der Abteikirche<br />

Münsterschwarzach zum Diakon geweiht<br />

worden. Zu Beginn des Weihegottesdienstes<br />

begrüßte Abt Michael die Verwandten,<br />

Freunde und die Mitbrüder von<br />

Bruder Noach. Besonders willkommen hieß<br />

er den Weihespender Weihbischof Ulrich<br />

Boom und dankte ihm für seinen Dienst<br />

für das Münsterschwarzacher Kloster. Es<br />

war dies sein erster offi zieller Besuch in<br />

der Abtei. Abt Michael freute sich, dass<br />

an diesem Sonntag nicht nur die vierte<br />

Adventskerze angezündet wurde, sondern<br />

Bruder Noach zum Diakon geweiht wurde,<br />

was „ein Geschenk für die Abtei“ sei.<br />

Am Anfang des Gottesdienstes erfolgte<br />

die Vorstellung und Erwählung des Kandidaten.<br />

Abt Michael richtete an Weihbischof<br />

Ulrich die Bitte, diesen Bruder zum<br />

Diakon zu weihen. Der Bischof fragte den<br />

Abt: „Weißt du, ob er würdig ist?“ Abt<br />

Michael antwortete: „Das Volk und die<br />

Verantwortlichen wurden befragt; ich bezeuge,<br />

dass er für würdig gehalten wird.“<br />

Weihbischof Ulrich Boom stellte seine<br />

Predigt in das Vertrauen Gottes:<br />

Der Advent geht zu Ende. Weihnachten,<br />

die Menschwerdung Gottes naht.<br />

Die Menschen suchen nach Halt, wo<br />

in der heutigen Zeit vieles haltlos<br />

wird. Ein Diakon soll dienen. Vorbild des<br />

Diakons und aller Menschen ist die Gestalt<br />

Mariens. Sie zeigt in ihrem Leben auf, wo<br />

es um das Dienen geht. Einander dienen,<br />

nicht nur Trauer und Leid teilen, auch Freude<br />

und Hoffnung. Geteiltes Leid ist halbes<br />

Leid, geteilte Freude ist doppelte Freude.<br />

Nach der Predigt des Bischofs folgte die<br />

Weihehandlung. Bruder Noach versprach<br />

vor dem Bischof und der versammelten Gemeinde,<br />

sein ganzes Leben in den Dienst<br />

der Verkündigung des Evangeliums zu stellen.<br />

In der folgenden Litanei wurden die<br />

Heiligen angerufen und um ihre Fürsprache<br />

für den Kandidaten gebeten. Bruder<br />

Noach lag dabei ausgestreckt auf dem<br />

Boden. Damit machte er sichtbar, dass er<br />

ohne Gottes Gnade nichts tun kann und<br />

ganz auf dessen Hilfe für seinen Dienst<br />

vertraut. Die Weihe des Diakons vollzog<br />

dann der Weihbischof durch Handaufl e-<br />

gung, das Anlegen von Stola, Dalmatika<br />

Weihbischof Ulrich Boom, Br. Noach Heckel und Abt<br />

Michael Reepen<br />

Br. Noach Heckel OSB<br />

Geboren 1971 in Rothenburg o. d. Tauber<br />

1982–1991 Riemenschneider-<br />

Gymnasium Würzburg<br />

1992–1998 Studium der<br />

Rechtswissenschaften mit<br />

anschließender Promotion<br />

in Würzburg<br />

1998–2002 Referendariat und<br />

Tätigkeit als Jurist in der<br />

bayerischen Justiz<br />

10.12.2002 Klostereintritt<br />

07.05.2005 Zeitliche Profess<br />

2004–2009 Studium der Theologie<br />

in Würzburg, Nairobi,<br />

Münster<br />

19. 09.2009 Feierliche Profess


DANK/SERIE<br />

33<br />

Dank aus Waegwan<br />

„Es entsteht neu in größerem Glanze“. So<br />

hätten es die Mitbrüder der Abtei Waegwan<br />

in Korea nach der Brandnacht am 6.<br />

April 2007 sicher nicht formuliert. Doch<br />

wie der Phönix aus der Asche neu und<br />

schöner ersteht, so entstand in Waegwan<br />

ein neues Kloster. Im Herbst 2009 konnte<br />

auch die neue, herrliche Abteikirche<br />

geweiht werden. Diese Mammutleistung<br />

war nur durch eine vielfältige und großzügige<br />

Unterstützung möglich. Es bedarf<br />

unserer Anerkennung, was dort mit dem<br />

Geld aufgebaut und geschaffen wurde.<br />

Ebenso bedarf es auch des Dankes an die<br />

vielen Spender. Im Namen von Abt Simon<br />

Ri OSB und seiner Gemeinschaft, bedanken<br />

wir uns recht herzlich bei Ihnen.<br />

Vergelt’s Gott<br />

Ihre Missionsbenediktiner<br />

Unser Mann aus Afrika berichtet<br />

Ein neues Gesicht stellt sich unseren<br />

Lesern aus Peramiho vor. Unser Mitbruder,<br />

Br. Jona Schäfer OSB, machte sich<br />

Anfang Dezember 2009 für zwei Jahre<br />

als Missionar auf Zeit auf den Weg nach<br />

Tansania.<br />

Am 7. Dezember 2009 musste ich mich<br />

morgens früh aus dem Bett quälen, denn<br />

die Abfahrt zum Flughafen war von Br. Stephan<br />

auf 4.15 h angesetzt. Drei Mitfahrer,<br />

Br. Engelbert Huth und P. Sylvanus Kessy<br />

aus Ndanda sowie meine Wenigkeit machten<br />

sich pünktlich auf den Weg. Am Flughafen<br />

passierten wir die ersten Hürden und<br />

warteten dann auf den Abfl ug der Maschine<br />

nach Zürich, wo wir weitere zwei Stunden<br />

Aufenthalt hatten. Nach neun Stunden<br />

Flug landeten wir sicher in Dar Es Salaam.<br />

Die Temperatur betrug nachts noch 30<br />

Grad, so dass der Unterschied zu unserem<br />

Start bei 5 Grad schon erheblich war. Nach<br />

30 Minuten Autofahrt erreichten wir die<br />

Prokura der Missionsbenediktiner Kurasini<br />

und nach einem kleinen Imbiss schlief ich<br />

zum ersten Mal unter einem Moskitonetz<br />

ein. Entweder war es die Zeitumstellung<br />

oder die Temperatur, jedenfalls verschlief<br />

ich am nächsten Morgen die Messe und<br />

kam gerade noch rechtzeitig zum Frühstück.<br />

Abt Anastasius, der mich abholte,<br />

zeigte mir an diesem Tag die Sehenswürdigkeiten<br />

von Dar Es Salaam. Besonders<br />

beeindruckend war die St. Josefs Kathedrale,<br />

Ende des 19. Jahrhunderts von unseren<br />

Mitbrüdern erbaut und heute die Kirche<br />

von Kardinal Polykarp Pengo. Am nächsten<br />

Morgen fuhren wir um 6.00 h in Richtung<br />

Südwesten. Bis Peramiho lagen 1.000 km<br />

Straße vor uns. Auf dieser<br />

Fahrt haben wir noch Frau<br />

Dr. Mushi eingeladen, die<br />

als Ärztin im Hospital von<br />

Peramiho tätig ist. Dabei<br />

begegnete mir erstmals<br />

das Wort „Shikamoo“<br />

(Grußform, z. B. Kinder<br />

gegenüber Erwachsenen).<br />

BR. JONA SCHÄFER OSB<br />

Geboren 1954 in Lohr a. <strong>Mai</strong>n<br />

Profess 1986,<br />

Gelernter Bürokaufmann.<br />

1993–Dezember 2009 als<br />

Buchhändler im Buchladen<br />

der Abtei Münsterschwarzach<br />

und ab Dezember 2009<br />

als Missionar auf Zeit in Peramiho<br />

(Buchladen) tätig.<br />

Bei meinem Swahili-Unterricht<br />

in Würzburg hatte ich<br />

diese Grußform kennen<br />

gelernt, dachte mir aber,<br />

das werde ich nicht brauchen.<br />

Nun merke ich, dass<br />

sie mir immer wieder zugesprochen<br />

wird und ich die<br />

Antwort „Marahaba“ stets<br />

parat habe. Nicht ganz so<br />

oft werde ich auch mit<br />

„Tumsifu Yesu Kristo“ angesprochen. Dies<br />

bedeutet: Gelobt sei Jesus Christus. Worauf<br />

ich mit einem kräftigen „Milele Amina“<br />

antworte. Mein erster Reisetag durch<br />

das afrikanische Land endete nach zwölf<br />

Stunden Autofahrt im Priorat Uwemba.<br />

Uwemba liegt auf 2.300 m Höhe und hat<br />

damit ein richtig europäisches Klima. Am<br />

anderen Morgen erlebte ich meine erste<br />

Messe in Swahili, von der ich nicht gerade<br />

sehr viel verstand. Prior P. Thiemo gab mir<br />

eine Schnellführung der<br />

Missionsstation und zeigte<br />

mir u. a. die Werkstatt von<br />

Br. Simeon Rummel (Missionar<br />

von Münsterschwarzach),<br />

der hier vor Jahren<br />

gewirkt hat. Gut versorgt<br />

mit Lebensmitteln von Sr.<br />

Marziana machten wir uns<br />

auf die letzte Etappe und<br />

kamen gegen 13.00 h in<br />

Peramiho an. Gewundert<br />

habe ich mich schon über<br />

die fl ächenmäßige Ausdehnung<br />

der Abtei, die<br />

drei Mal so groß ist wie<br />

das nicht gerade bescheidene<br />

Münsterschwarzach.<br />

Dies sind meine ersten<br />

Eindrücke. Ich gewöhne<br />

mich langsam an das benediktinische Leben<br />

in Afrika und werde Ihnen in Zukunft<br />

weiterhin meine Erfahrungen berichten.


SERIE<br />

34<br />

Unser Mann aus Kuba<br />

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Während ich diese Zeilen schreibe, ist Erzabt<br />

Jeremias gerade auf dem Weg zum<br />

Flughafen. Seine Besuche – dieser war der<br />

zweite – sind für uns immer Wegmarken,<br />

denn sie geben Anlass, grundlegende Fragen<br />

zu besprechen und die nächste Zukunft<br />

zu planen. Seit einem Jahr gibt es<br />

Benediktiner auf Cuba, seit der Ankunft<br />

von Pater Emmanuel Löwe aus St. Ottilien<br />

am 17. Dezember 2008. Der Erzabt hatte<br />

dieses Mal schweres Gepäck dabei: Einen<br />

ganzen Satz Töpfe aus Edelstahl. Als ich<br />

die Töpfe in den Schrank räumte, entfuhr<br />

der Cubanerin, die gerade in der Küche<br />

half, bei jedem einzelnen ein „Que linda!“<br />

(Wie schön!) Ich konnte ihre Begeisterung<br />

gut verstehen, denn auf Cuba gibt es zwar<br />

Töpfe zu kaufen, aber nach der besseren<br />

Sorte muss man lange suchen, und meistens<br />

bleibt die Suche vergeblich. Nicht nur<br />

den Sorgen des Alltags galt der Besuch<br />

unseres Erzabtes, sondern auch einem Fest:<br />

Der Dreikönigstag hat für uns eine besondere<br />

Bedeutung – er ist unser Titularfest, da<br />

wir den Namen Priorat der Erscheinung des<br />

Herrn (Priorato de la Epifanía del Señor)<br />

tragen. Durch die Diakonenweihe von Prior<br />

Br. Jacques und von mir (Br. Robert) wurde<br />

unser erstes Titularfest noch besonders herausgehoben.<br />

Wir konnten bei der Gelegenheit<br />

mal wieder feststellen, dass es in der<br />

Kirche Cubas viel „familiärer“ zugeht als<br />

in Deutschland. Angesichts der geringen<br />

Zahl der praktizierenden Katholiken und<br />

angesichts von nur wenig mehr als 300<br />

Priestern im ganzen Land, verteilt auf 11<br />

Bistümer, ist das auch kein Wunder. Wem<br />

wir denn wohl eine offi zielle Einladung<br />

schicken sollten, hatten wir vorher einen<br />

Mitarbeiter des Kardinals gefragt. „Den<br />

beiden Weihbischöfen, dem Generalvikar<br />

und dem Nuntius“, lautete die Antwort.<br />

Dass diese dann auch alle kommen würden,<br />

war für mich mit meiner deutschen Erfahrung<br />

einfach nicht vorstellbar. Doch alle<br />

Genannten kamen wirklich und so ging es<br />

dann im Altarraum unserer kleinen Kirche<br />

ziemlich eng zu. Aus Agbang in Togo, dem<br />

Heimatkloster von Br. Jacques, war Prior<br />

Boniface gekommen, Abt José Maria hatte<br />

die Anreise aus Venezuela auf sich genommen.<br />

P. Konrad Schaefer OSB, ein großer<br />

Freund Cubas, war aus seinem Kloster in<br />

Mexiko angereist, um uns vor der Weihe die<br />

Exerzitien zu halten. So war nicht nur unser<br />

Kirchlein mit den Besuchern gut gefüllt,<br />

sondern auch ein Zeichen der Verbundenheit<br />

mit den benediktinischen Brüdern in<br />

aller Welt gesetzt. Obwohl Jaime Kardinal<br />

Ortega eine gewisse Müdigkeit seiner über<br />

70 Jahre anzusehen war, strahlte er eine<br />

große Herzlichkeit aus. Offensichtlich ist<br />

ihm die gute weitere Entwicklung unserer<br />

Gemeinschaft ein großes Anliegen. In seiner<br />

Predigt erinnerte er noch einmal an<br />

die kurze Geschichte unseres Klosters. Die<br />

begann mit einem Fax des Kardinals an<br />

Erzabt Jeremias. „Wir bekommen so viele<br />

Anfragen aus aller Welt wegen Klostergründungen,<br />

dass ich dafür schon eine<br />

vorformulierte Antwort habe,“ sagte der<br />

Erzabt beim anschließenden Essen, „aber<br />

irgendetwas war an diesem Fax, das mich<br />

veranlasst hat, es P. Emmanuel zu zeigen.<br />

Und der war sofort bereit, zu einer ersten<br />

Erkundung nach Cuba zu reisen.“ Das Fest<br />

ist vorbei, die Gäste sind wieder abgereist<br />

oder reisen in den nächsten Tagen. Der<br />

Alltag ist durch den Aufbau auf dem zukünftigen<br />

Klostergrundstück außerhalb der<br />

Stadt geprägt, durch die Arbeit in unserer<br />

Kirchengemeinde und durch viele kleine<br />

Schwierigkeiten, aber auch viele schöne<br />

Erlebnisse. Nach einem Jahr kommen wir<br />

mit der spanischen Sprache immer besser<br />

zurecht, und vor allem haben wir mehr<br />

Freunde gefunden, die uns durch die Tücken<br />

des Alltags hindurchhelfen. Ein Erlebnis<br />

mag für viele stehen: „Fahr schnell<br />

in die Stadt. Toni hat angerufen, es gibt<br />

Filter zu kaufen“, so sagte Br. Jacques mir<br />

kurz vor Weihnachten. Ich schwang mich<br />

also auf das Fahrrad und tatsächlich fand<br />

v.l.n.r.: Nuntius Becciu, Br. Robert, Kardinal Ortega, Br. Jacques, Erzabt Jeremias<br />

ich nach einigem Fragen das passende Geschäft.<br />

So haben wir dank Tonis Hinweis<br />

die Qualität unseres Trinkwassers deutlich<br />

verbessern können. Ein kleiner Anfang ist<br />

gemacht, aber die Erwartungen von Kardinal<br />

Ortega und der Christen hier sind groß.<br />

Bitte nehmen Sie die Menschen Cubas und<br />

unsere junge Gemeinschaft mit in Ihr Gebet<br />

und „Danke!“ auch für Ihre wertvolle<br />

fi nanzielle Unterstützung, die wir im vergangenen<br />

Jahr erfahren durften.<br />

Br. Robert Sandrock OSB<br />

Geboren 1966 in Geesthacht •<br />

Profess 1987 • Mathe- und Physiklehrer<br />

• Missionseinsatz Peramiho<br />

2007–2009 • Seit April<br />

2009 Cellerar der Gemeinschaft Monasterio<br />

Benedictino de la Epifania del Señor in Havanna/Cuba


(15) Die liebe Liebe<br />

Tom trat leise in das Näh käst chenzimmer<br />

und beobachtete seine drei<br />

Freunde. Bahati schlief ganz fest oben<br />

auf dem Nähkästchen. Kati und Matata<br />

dagegen saßen ganz eng beieinander,<br />

hielten Händchen und Matata fl üsterte<br />

Kati etwas ins Ohr. Daraufhin begannen<br />

ihre Augen wie Sterntaler zu funkeln.<br />

„Na dann guten Tag!“ meinte Tom<br />

laut und vernehmlich. Matata fuhr<br />

hoch, wie von der Tarantel gestochen.<br />

„Wir haben nur ein kleines Päuschen<br />

gemacht, ääh…“ Kati nickte heftig,<br />

konnte aber nicht verhindern, dass<br />

ihre Birne rot anlief. „Es ist Zettelzeit.<br />

Bahati, du bist an der<br />

Reihe“. Tom deutete auf<br />

Bahati und die griff rasch<br />

nach unten und förderte<br />

einen rosa Zettel hervor, auf<br />

dem zwei rote Herzen gemalt<br />

waren. Mit einem scheelen<br />

Seitenblick auf Matata und<br />

Kati begann sie laut zu lesen:<br />

„Die liebe Liebe! Sein Name<br />

war Hilari und er war ein<br />

lustiger, aufgeweckter Junge.<br />

Hilari hatte ein Gespür für<br />

Musik, und so kam es, dass<br />

ihm sein Pfarrer eine alte<br />

Gitarre schenkte und ihn<br />

unterrichtete. Seitdem<br />

war er der absolute Schwarm<br />

aller Mädchen im Dorf. Doch das<br />

kümmerte Hilari wenig. Er war<br />

ganz vernarrt in seine Musik,<br />

bis…ja bis Pendo in das Dorf<br />

zog. Sie war ein hübsches Mädchen,<br />

aber das schlimmste war, dass sie<br />

sich nicht für ihn interessierte. Ihr<br />

Name Pendo bedeutet ‚Liebe’. So kam<br />

es, dass unser kleiner Troubadour alle<br />

Phasen der ersten Liebe durchlitt. In<br />

seiner Not vertraute er sich seinem<br />

alten Freund, dem Pfarrer an. Der<br />

las ihm aus der Bibel eine Stelle vor,<br />

wo es heißt: Schwarz bin ich, aber<br />

schön! (Hoheslied). Dann sagte er<br />

ihm, er solle darüber ein schönes Lied<br />

machen und es ihr vorspielen. Gesagt,<br />

getan, zwei Tage später hatte er das<br />

Lied fertig und machte sich auf die<br />

Suche nach ihr. Er fand sie unten am<br />

Bach – allein. Wie sein Herz plötzlich<br />

klopfte, als wäre er die ganze Strecke<br />

gerannt. „Hallo Pendo, ich, ich..“ aus.<br />

Nichts ging mehr. Pendo sah ihn groß<br />

an, dann lächelte sie. „Hast Du etwas<br />

für mich?“ – „Ja, ich habe für Dich ein<br />

Lied. Hör mal“. Er nahm seine Gitarre<br />

und sang sein erstes Liebeslied. Als<br />

er fertig war, schaute er auf und sah<br />

in zwei strahlende Augen. Und er sah<br />

eine kleine Träne auf ihrer Wange.


DAS PORTRAIT<br />

36<br />

STECKBRIEF:<br />

Name: P. Jesaja Langenbacher OSB<br />

Geboren: 1972 in Horb/Neckar<br />

1994: Abitur in Tübingen<br />

1994–2000: Studium der Theologie an der Universität Würzburg<br />

2000: Eintritt in die Abtei Münsterschwarzach<br />

2003: Zeitliche Profess<br />

2003–2005: Mitarbeit im Gästehaus, Jugendkurse<br />

2005–2009: Promotion in katholischer Theologie<br />

Thema der Doktorarbeit:<br />

Firmung als Initiation in Gemeinschaft<br />

2007: Feierliche Profess<br />

2008–2009: Schulseelsorger am Egbert-Gymnasium<br />

in Münsterschwarzach<br />

Seit 2009: Magister für zeitliche Professen, Jugendkurse,<br />

seelsorgliche Begleitung<br />

Meine Meinung zum Thema dieser Ruf-Ausgabe:<br />

Liebe ist für mich das Größte und Schönste, was es auf der Welt und im Himmel gibt. Gott ist die Liebe – unfassbar,<br />

nicht begreifbar, jedoch spür- und erfahrbar. Für die Liebe lohnt es sich zu leben und auch sein Leben<br />

hinzugeben. Möge uns dieses Geheimnis in seiner Fülle immer mehr in Fleisch und Blut übergehen und unser<br />

ganzes Leben bestimmen.

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