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13<br />

Beziehungen<br />

Zum Thema meiner Diplomarbeit habe ich<br />

Informationen bezüglich der Rolle der Alten<br />

bei dem Stamm der Agikuyu in Kenia gesammelt.<br />

Ich habe dabei festgestellt, dass<br />

die Agikuyu und besonders die Bantus unter<br />

Liebe Gastfreundschaft, Hilfsbereitschaft,<br />

Gerechtigkeit, Mitmenschlichkeit, Freude,<br />

Zusammenhalt, Gemeinsinn und das<br />

Teilen verstehen. Mir wurde gesagt, dass<br />

diese Werte sehr wichtig sind, um die Beziehungen<br />

untereinander zu festigen. Beziehungen<br />

sind in Afrika ein zentraler Bestandteil<br />

des Lebens und somit das Fundament<br />

einer Gemeinschaft. Beziehungen gehen<br />

über Familie und Nachbarschaft hinaus. Es<br />

wird erwartet, dass man seine Nachbarn<br />

liebt. So ist es ganz normal, die Nachbarn<br />

zu grüßen, und selbstverständlich, dass man<br />

sich unterstützt, teilt und zusammenhält.<br />

Unser Novize Br. Deogratias lehrt Kindern das Beten<br />

Leider sind derartige Werte heutzutage<br />

nicht mehr unbedingt üblich. Der Grund<br />

dafür liegt im Materialismus unserer Zeit.<br />

Gemeinschaft zählt nicht mehr, sondern<br />

Individualismus. Wirtschaftlicher Wettbewerb<br />

und Selbstsucht stehen im Vordergrund.<br />

Jeder kämpft für sich ohne<br />

Rücksichtnahme auf den anderen. In der<br />

heutigen Zeit geht es um Geld, Zeit und<br />

Wohlstand. Man möchte nicht mehr mit<br />

anderen teilen. Statt sich für die Gemeinschaft<br />

einzusetzen, fühlen sich viele Afrikaner<br />

nur noch verpfl ichtet, ihre Ehefrauen,<br />

Kinder, Geschwister und nahe Verwandte<br />

zu unterstützen. Dies wiederum führt zu<br />

ethnischen Spannungen, Vetternwirtschaft<br />

und Stammesfehden. Dennoch ist es interessant,<br />

dass einige positive afrikanische<br />

Traditionen nach wie vor bestehen. Liebe<br />

untereinander ist für die Menschen ein<br />

wichtiges Element.<br />

Liebe, nicht Geld schenken ist wichtig.<br />

Ich konnte diese Erfahrung schon oft mit<br />

Schülern hier in der Gegend machen. Sie<br />

sprachen mit mir über verschiedene, auch<br />

fi nanzielle Probleme. Ich habe ihnen kein<br />

Geld gegeben, sondern ihnen nur zugehört.<br />

Es erstaunte mich, wie zufrieden sie waren<br />

– und sie kommen noch immer, weil ich mir<br />

Zeit für ihre Geschichten nehme. Für sie ist<br />

es Liebe, die ich ihnen entgegen bringe. Ich<br />

bin für sie da. Für jemanden da sein, bedeutet<br />

aus afrikanischer Sicht Liebe. Liebe zum<br />

Ausdruck zu bringen bedeutet in Afrika,<br />

teilnehmen an gesellschaftlichen Ereignissen,<br />

z. B. Initiationsriten, Hochzeiten und<br />

Beerdigungen. In der afrikanischen Tradition<br />

bedeutet Liebe: Teilnehmen und Teilhaben.<br />

Ein Mensch, der sich absondert und<br />

sich nicht in die Gemeinschaft einbringt,<br />

wird als unsozial und nicht fähig zur Liebe<br />

gegenüber seinen Mitmenschen angesehen.<br />

Dieses Etikett erhalten auch die Menschen,<br />

die den Beerdigungen fernbleiben.<br />

In der afrikanischen Gesellschaft hat sich<br />

ein großer Wandel vollzogen. Daher müssen<br />

die guten Eigenschaften wie Gemeinsinn,<br />

Zusammenhalt, Wahrheit, Ehrlichkeit,<br />

Großzügigkeit, Brüderlichkeit, Freude, Gastfreundschaft,<br />

Hilfsbereitschaft, Gerechtigkeit,<br />

Mitmenschlichkeit, Anteilnahme und<br />

Freundlichkeit auch weiterhin gepfl egt<br />

werden. Liebe ist nicht nur eine Leidenschaft<br />

oder ein Gefühl. Liebe bedeutet, den<br />

Nächsten als menschliches Wesen wahrzunehmen.<br />

Diese Werte dürfen wir in unserer<br />

modernen Zeit und Kultur einfach nicht<br />

aufgeben – viel mehr müssen wir eine Erneuerung<br />

und eine Kultur der Liebe pfl egen.<br />

Br. Bakanja Mkenda OSB<br />

Geboren 1972 in Kilimanjaro/<br />

Tansania • Profess 2004 • Philosophiestudium<br />

und afrikanische<br />

Studien in Langata/Nairobi<br />

2004–2008 • Tätigkeiten in verschiedenen<br />

Bereichen der Abtei Ndanda

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