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<strong>September</strong> <strong>2013</strong>
150 Tonnen<br />
in 15 Jahren<br />
Würzburger Partnerkaffee e. V. – FAIR-Handel GmbH Münsterschwarzach<br />
Im Jahr 1998 wurde der Verein Würzburger<br />
Partnerkaffee e. V. gegründet, der<br />
mittlerweile aus 12 Mitgliedern besteht,<br />
u. a. die Stadt Würzburg, die Initiative<br />
Eine Welt e. V. Diözese Würzburg u. v.<br />
a. m. Die Missionsbenediktiner in Münsterschwarzach<br />
waren die Impulsgeber<br />
und Gründungsväter dieses Kaffeeprojekts,<br />
allen voran Bruder Joachim<br />
Witt und sein tansanischer Partner in<br />
den Usambara-Bergen, Pater Athanasius<br />
OSB.<br />
Eines der Hauptziele ist es, mit diesem<br />
fair gehandelten und direkt importierten<br />
Kaffee aus Tansania einen entwicklungspolitischen<br />
Bildungsauftrag zu leisten<br />
und mit dem im Verkaufspreis ein-<br />
gebundenen Solidaritätszuschlag Kleinprojekte<br />
in Tansania zu unterstützen.<br />
Mit unserem Fairtrade-Kaffee wollen wir<br />
ein Stück dazu beitragen, dass die Menschen<br />
in den Regionen des Kaffee-Anbaus<br />
nachhaltig eine Perspektive für ihre Zukunft<br />
haben. Durch den Ankauf von Kaffee<br />
zu fairen Preisen und eine gesicherte Abnahme<br />
erhalten die Kleinbauern finanzielle<br />
Sicherheit und die Möglichkeit, für sich,<br />
ihre Familien und die Dorfgemeinschaften<br />
einen verbesserten Lebensstandard<br />
zu erreichen. Die darin enthaltene Ernährungssicherheit<br />
und Schulbildung erhöhen<br />
zudem die Chancen der kommenden Generationen.<br />
So schreibt die Zertifizierungsurkunde von<br />
FLO für die von uns mitbegründeten Kaffeekooperativen<br />
vor, dass 40% der Anbaufläche<br />
eines Kleinbauernfelds weiterhin<br />
für den Nahrungsmittelbedarf genutzt<br />
werden müssen. Das bedeutet, dass selbst<br />
bei einem kompletten Ernteausfall des Kaffees<br />
die Ernährungssicherheit immer noch<br />
gegeben ist.<br />
Die FAIR-Handel GmbH der Missionsbenediktiner<br />
Münsterschwarzach allein hat<br />
in den letzten 15 Jahren fast 150 Tonnen<br />
fair gehandelten Kaffees aus Tansania<br />
verkauft. Das ist mehr als ein Drittel<br />
des Gesamtumsatzes des Partnerkaffees<br />
und eines der Kerngeschäfte für den fairen<br />
Handel.<br />
Zusätzlich zum Handelspreis konnten fast<br />
400.000,– Euro Solidarbeitrag erwirtschaftet<br />
werden, welche für entwicklungs-, bildungs-,<br />
und gesundheitspolitische Maßnahmen<br />
bei unseren jeweiligen Partnern<br />
eingesetzt wurden. So unterstützte der<br />
Solidaritätsbeitrag vor allem das Krankenhaus<br />
St. Joseph in Peramiho unter der<br />
Leitung von Br. Dr. Ansgar Stüfe sowie<br />
Wasserbau- Schul- und Basisgesundheitsprojekte<br />
in dessen Umfeld.<br />
So hilft der fair gehandelte Kaffee aus dem<br />
FAIR-Handel in Münsterschwarzach ganz<br />
konkret mit, die Kontakte zwischen den<br />
Menschen in Tansania zu festigen und zu<br />
vertiefen. Mit dem missionarischen Ansatz<br />
der „Hilfe zur Selbsthilfe“ und der Ermutigung,<br />
die die gläubigen Menschen vor Ort<br />
durch den Verkauf ihres Kaffees (und so<br />
vieler weiterer Produkte) erhalten, wird ein<br />
Stück gelebte Solidarität sichtbar.<br />
Autor: Klaus Veeh<br />
Geschäftsführer Würzburger Partnerkaffee e. V.<br />
Würzburger<br />
Partnerkaffee e. V.<br />
Kürschnerhof 2, 97070 Würzburg<br />
Tel. 0931 – 386 65 123<br />
www.wuerzburger-partnerkaffee.de<br />
Schwester Firmata und Bruder Joachim Witt<br />
FAIR-Handel GmbH der Abtei, 97359 Münsterschwarzach,<br />
Schweinfurter Str. 40, Tel: 0 93 24 – 20 273, Fax: 0 93 24 – 20 493<br />
e-mail: info@fair-handel-gmbh.de, www.fair-handel-gmbh.de
eDitOriaL<br />
3<br />
iNhaLt<br />
Seite<br />
P. Richard Maria Kuchenbuch OSB<br />
Vorwort..................................................................... 3<br />
P. Anselm Grün OSB<br />
Glauben mit allen Sinnen .......................................... 4<br />
Bruder Patrick Mwinuka OSB<br />
mit scharfem Blick und Weitsicht ans Ziel ................. 6<br />
Sr. Brigitte Kolb<br />
auch Gehörlose haben sich viel zu erzählen ............... 8<br />
P. Meinrad Dufner OSB<br />
„ich hab´s in der Nase“ ........................................... 10<br />
P. Bartholomäus Henneken OSB<br />
Leben schmeckt, und zwar gut ................................. 12<br />
Georg Ruhsert<br />
Die Welt ertasten .................................................... 14<br />
Wunibald Müller<br />
Der 7. Sinn .............................................................. 16<br />
Dr. Johannes Mahr<br />
in der ruhe zur erleuchtung .................................... 18<br />
interview mit P. christian temu OSB ........................ 20<br />
Betrieb: Küche ........................................................ 22<br />
Projekt Schule Sumbawanga ..................................... 24<br />
Namen/Nachrichten ................................................. 26<br />
Dank ....................................................................... 30<br />
Br. Thomas Morus Bertram OSB<br />
aus dem Nähkästchen geplaudert .............................31<br />
Zum Titelbild:<br />
Blinde Kuh – ein Spiel der Sinne, wenn unser Sehsinn<br />
einmal spielerisch ausgeschaltet wird.<br />
Portrait:<br />
Br. Antonius Dömling OSB<br />
imPreSSUm<br />
Ruf in die Zeit<br />
AUSGABE SEPTEMBER <strong>2013</strong>, NR. 4/13<br />
MISSIONSBENEDIKTINER<br />
MÜNSTERSCHWARZACH<br />
Das Magazin für Freunde, Förderer und Interessenten der Missionsarbeit<br />
der Abtei Münsterschwarzach<br />
Abonnement<br />
Bestellung an prokura@abtei-muensterschwarzach.de<br />
oder Telefon 09324/20-287 vierteljährlich, kostenfrei<br />
Redaktion<br />
P. Richard M. Kuchenbuch (verantw.), Br. Thomas Morus Bertram (verantw.),<br />
Br. Alfred Engert, Br. Joachim Witt, Br. Manuel Witt<br />
Herausgeber<br />
Missionsprokura der Abtei Münsterschwarzach<br />
97359 Münsterschwarzach Abtei<br />
Tel.: 09324/20275 Fax: 09324/20270<br />
E-Mail: prokura@abtei-muensterschwarzach.de<br />
Internet: http://www.abtei-muensterschwarzach.de<br />
Auslandsspenden<br />
Bei Spenden aus dem Ausland bitte unseren<br />
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Iban Nr.: DE51750903000003015033 unbedingt angeben.<br />
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die Spendenbuchhaltung der Missionsprokura<br />
Tel: 09324/20-287 oder 20-276<br />
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E-Mail: prokura@abtei-muensterschwarzach.de<br />
Bildnachweis<br />
Archiv (S. 4, 5, 9, 16, 17); Br. Thomas Morus (S. 6, 7, 11, 20, 21, 28,<br />
29, 31, 32); Untermarchtal (S. 8, 9); André Schösser (S. 10); Waegwan<br />
(S. 12, 13); Georg Ruhsert (S. 14, 15); Andrea Göppel (S. 13);<br />
Br. Immanuel (S. 18, 19, 26, 27); Klaus Gold (S. 20); Anja Legge (S.<br />
22, 23); Abtei Mvimwa (S. 24, 25); Br. Ansgar (S. 30), Imago (S. 1)<br />
Gesamtherstellung:<br />
Benedict Press, Vier-Türme GmbH, 97359 Münsterschwarzach Abtei<br />
Konzeption: Klaus Gold<br />
P. richarD m. KUcheNBUch OSB<br />
Missionsprokurator<br />
Liebe Leserinnen,<br />
liebe Leser…<br />
Wer den „Ruf in die Zeit“ liest, erfährt nicht nur etwas über die Mission. Er wird<br />
ein Stück selber „missioniert“. So empfi nde ich es oft, wenn ich die Artikel der<br />
Autoren aus aller Welt lese. Man könnte es auch interkulturelles Lernen in der<br />
Weltkirche nennen. Es geschieht Herzensbildung bei uns, wenn wir über Themen<br />
wie Generationen, Stille oder Sinne lesen und welche vielfältigen Ansichten es<br />
dazu gibt. Die Autoren aus Münsterschwarzach und aller Welt teilen ihre Erfahrungen<br />
mit uns, lassen uns eine andere Perspektive einnehmen und bereichern<br />
uns dadurch.<br />
In diesem Ruf geht es um die Sinne. Schon das Titelbild weist darauf hin, wie<br />
zentral die Sinne für die Wahrnehmung der Welt sind. Fehlt ein Sinn wie beim<br />
Blinde-Kuh-Spiel, werden die anderen umso aktiver. Gerade das Sehen ist für viele<br />
der wichtigste Sinn. Aber ist das bei jedem so? Die Artikel verraten, dass das<br />
von der individuellen Ausprägung und der kulturellen Perspektive abhängt. Über<br />
unsere Sinne sind wir mit der Welt verbunden. Sie prägen die Beziehungen mit<br />
unseren Mitmenschen und auch mit Gott. Viele denken, dass Glauben vor allem<br />
eine Sache des Geistes und des Verstandes sei, doch der Glaube hat auch etwas<br />
mit unseren Sinnen zu tun. Jede geistige Erfahrung bedarf der Sinne, sonst bleibt<br />
sie rein intellektuell. Die Sinne berühren den ganzen Menschen, sein Herz, seinen<br />
Verstand und auch das Unbewusste. Was oft als der 7. Sinn bezeichnet wird, führt<br />
uns in den eigenen inneren Reichtum, lässt uns durchlässig werden für Gott.<br />
Nach der Ankündigung der Benedikts-Novene im letzten „Ruf in die Zeit“ vertrauten<br />
sehr viele Menschen ihre Anliegen unserem Gebet an. In diesen neun<br />
Tagen im Juli nahmen die Mönche bei jeder Gebetszeit einen der Anliegenzettel<br />
in ihrem Buch mit ins Chorgestühl. Durch diese sehr persönliche Form wurde unser<br />
Auftrag des Gebets handgreifl ich erfahrbar. Die tiefe Verbundenheit zwischen<br />
uns und Ihnen ist spürbar geworden, wofür wir sehr dankbar sind. In dieser<br />
Verbundenheit grüßt Sie herzlich<br />
Ihr<br />
P.S. Der Weltmissionssonntag am 20. Oktober ist ein Fest der Sinne und der<br />
Begegnung. Im Jubiläumsjahr <strong>2013</strong> feiern wir ihn mit einem Tag der offenen<br />
Tür. Nach dem Festgottesdienst öffnen sich die Tore zur Klausur und zu den<br />
Klosterbetrieben. Wir freuen uns auf Ihren Besuch!
ZUm thema<br />
4<br />
Glauben mit allen Sinnen<br />
Osternacht in der Abteikirche Münsterschwarzach<br />
von P. Anselm Grün OSB<br />
Viele denken, dass Glauben vor allem eine<br />
Sache des Geistes und des Verstandes sei.<br />
Zwar übersteige der Glaube die Vernunft,<br />
er müsse aber immerhin vernünftig sein.<br />
Doch der Glaube hat auch etwas mit unseren<br />
Sinnen zu tun. Thomas von Aquin<br />
meint, dass jede geistige Erfahrung der<br />
Sinne bedarf. Zuerst nehmen die Sinne<br />
wahr, bevor der Verstand das mit den Sinnen<br />
Wahrgenommene zu verstehen sucht.<br />
So beginnt unsere Gotteserfahrung mit<br />
den Sinnen. Aber sie beginnt nicht nur,<br />
sie bedarf immer wieder der Sinne. Ohne<br />
die Sinne wird unsere Gotteserfahrung<br />
leer, rein intellektuell. Die Sinne berühren<br />
den ganzen Menschen, sein Herz, seinen<br />
Verstand und auch das Unbewusste. Wir<br />
begnügen uns heute nicht mehr mit rein<br />
intellektuellem Nachdenken über Gott. Wir<br />
wollen Gott erfahren. Und die Erfahrung<br />
geht immer über die Sinne. Der Verstand<br />
versucht dann zu analysieren, was die<br />
Sinne ihm an Erfahrung liefern.<br />
Schauen und Hören<br />
Es gibt Menschen, die von ihrem Typ her<br />
mehr vom Schauen geprägt sind, andere<br />
vom Hören, andere vom Riechen oder<br />
Schmecken oder Tasten. Es gibt Kulturen,<br />
in denen mehr das Schauen, und andere, in<br />
denen mehr das Hören gefragt ist. So waren<br />
die Griechen Menschen des Schauens.<br />
Gotteserfahrung geht bei ihnen vor allem<br />
über das Schauen. Das griechische Wort<br />
für Gott „theos“ kommt von „theasthai =<br />
schauen, geschaut werden“. Gott ist der,<br />
den ich schaue. Natürlich wissen die Griechen,<br />
dass man Gott nicht direkt schauen<br />
kann. Aber in der Schönheit der Natur und<br />
in der Schönheit eines Menschen kann ich<br />
Gottes Herrlichkeit schauen. Die Römer<br />
waren mehr Hörtypen. Bei ihnen waren<br />
die Redner gefragt. Hören hat auch mit<br />
Gehorsam zu tun. Auch das Volk Israel<br />
hat das Hören in den Mittelpunkt gestellt.<br />
Das jüdische Glaubensbekenntnis begann<br />
mit: „Höre Israel, dein Gott ist ein einziger<br />
Gott.“ Aber es kommt darauf an, richtig zu<br />
hören. Als Petrus seine Pfi ngstpredigt hielt,<br />
war die Reaktion: „Als sie das hörten, traf<br />
es sie mitten ins Herz.“ (Apg 2,37)<br />
Hören ist ein emotionaler Sinn, Schauen<br />
mehr ein rationaler. Der deutsche Philosoph<br />
Martin Heidegger unterscheidet die<br />
beiden Sinne so: „Schauen führt in die Freiheit,<br />
Hören in die Geborgenheit.“ Beides<br />
sind wichtige Gotteserfahrungen. Und beide<br />
Sinne gehen über diese Welt hinaus. Im
5<br />
Schauen erschaue ich das Unsichtbare und<br />
im Hören höre ich das Unerhörte, Unhörbare.<br />
Indem ich Gottes Wort höre, fühle ich<br />
mich Gott zugehörig. Und ich fühle mich<br />
angesprochen als Person. Person kommt<br />
von „personare = durchtönen“. Ich bin Person,<br />
weil meine ganz persönliche Stimme<br />
durch mich hindurchtönt und weil ich mich<br />
vom Wort eines andern, letztlich vom Wort<br />
Gottes ansprechen und zur Verantwortung<br />
rufen lasse.<br />
Gott ist süß<br />
Die Germanen haben Gott offensichtlich<br />
dann erfahren, wenn sie in ihrer Not zu<br />
Gott um Hilfe schrien. Gott bedeutet „der<br />
Herbeigerufene“. Die Mystikerinnen des<br />
Mittelalters haben den Sinn des Schmeckens<br />
in den Mittelpunkt ihrer Gotteserfahrung<br />
gestellt. Gott lässt sich schmecken.<br />
Das haben sie vor allem in der Eucharistie<br />
erfahren. Und sie sprechen von der<br />
„dulcedo dei“, von der „Süßigkeit Gottes“.<br />
Schmecken ist immer auch ein ekstatischer<br />
Sinn. Da vergisst man sich selbst und ist<br />
nur im Schmecken.<br />
Das Riechen war in allen Religionen etwas<br />
Heiliges. In der katholischen und in<br />
der orthodoxen Kirche wird Weihrauch<br />
in der Liturgie verwendet. Schon Paulus<br />
spricht vom „Duft der Erkenntnis Christi“,<br />
den er durch seine Botschaft in der Welt<br />
verbreitet. Und er nennt die Christen selbst<br />
Wohlgeruch Christi: „Denn wir sind Christi<br />
Wohlgeruch für Gott unter denen, die gerettet<br />
werden, wie unter denen, die verloren<br />
gehen.“ (2 Kor 2,15)<br />
Für die Griechen war das Schauen der<br />
wichtigste Sinn. Aber sie hatten auch ein<br />
feines Gespür für das Tasten. Lukas, der<br />
die griechische Kultur in seinem Evangelium<br />
und in der Apostelgeschichte am<br />
klarsten von allen Evangelisten wiedergibt,<br />
spricht zweimal vom Betasten. Der<br />
Auferstandene sagt zu den Jüngern, die<br />
bei seinem Erscheinen erschrecken und<br />
große Angst haben: „Betastet mich, und<br />
begreift: Kein Geist hat Fleisch und Knochen,<br />
wie ihr es bei mir seht.“ (Lk 24,39)<br />
Das gleiche griechische Wort „pselaphan“<br />
kommt in der Areopagrede des Paulus vor.<br />
In dieser Ansprache bezieht sich Lukas auf<br />
die griechische Philosophie und versucht,<br />
den griechischen Philosophen klarzumachen,<br />
dass Jesus ihre tiefste Sehnsucht<br />
nach dem unbekannten Gott erfüllt. Da<br />
sagt Paulus: „Sie sollten Gott suchen, ob<br />
sie ihn ertasten und fi nden könnten; denn<br />
keinem von uns ist er fern.“ (Apg 17,27) Wir<br />
würden hier eher das Wort „erkennen“ vermuten.<br />
Die Menschen aller Zeiten suchen<br />
nach Gott, um ihn zu erkennen. Doch hier<br />
steht: „betasten“. Offensichtlich haben die<br />
Griechen im achtsamen und behutsamen<br />
Betasten eines lieben Menschen oder einer<br />
schönen Blume etwas vom Geheimnis<br />
Gottes erspürt.<br />
Das Ziel sinnlicher Erfahrung<br />
Jeder von uns hat seinen zentralen Sinn.<br />
Natürlich ist keiner auf einen Sinn festgelegt.<br />
Jeder hat ja fünf Sinne. Aber dennoch<br />
machen wir mit jedem Sinn andere<br />
Erfahrungen. Wenn wir diese sinnlichen<br />
Erfahrungen zu Ende denken, stoßen wir<br />
letztlich immer auf Gott. Was betaste ich,<br />
wenn ich einen Menschen zärtlich berühre?<br />
Ich betaste letztlich etwas, was nicht<br />
mehr zu fassen ist: die Liebe selbst. Was<br />
schaue ich, wenn ich eine schöne Blume<br />
anschaue? Letztlich ist es die Urschönheit<br />
Gottes, die ich erschaue. Und was höre<br />
ich, wenn ich die Worte der Schrift oder<br />
eine Bachkantate höre? Hören ist ein<br />
transzendenter Sinn. Ich höre immer das<br />
Unhörbare mit, den Gott der unbegreiflich,<br />
unverständlich, unhörbar ist und sich<br />
doch von uns schauen, hören, riechen,<br />
schmecken und betasten lässt.<br />
…Betastet mich und begreift (LK 24,59)<br />
P. Anselm Grün OSB<br />
Geboren 1945 in Junkershausen<br />
• Profess 1965 • Priesterweihe<br />
1971 • Seit 1977 Cellerar der Abtei<br />
Münsterschwarzach • Geistlicher<br />
Begleiter und Bestsellerautor<br />
christ licher Spiritualität
ZUm thema<br />
6<br />
Mit scharfem Blick<br />
und Weitsicht ans Ziel<br />
Sichtweisen: Bruder Patrick ist nicht nur Benediktiner, sondern auch Busfahrer<br />
von Br. Patrick Mwinuka<br />
Eine ganz besondere Berufung lebt Bruder<br />
Patrick aus der Abtei St. Maurus in Hanga<br />
(Tansania). An zwei Tagen in der Woche<br />
fährt der Benediktiner den Bus von Hanga<br />
nach Songea und zurück. Dass diese Aufgabe<br />
nicht nur Umsicht und Geschick, sondern<br />
auch einen aufmerksamen Blick und<br />
viel Weitsicht erfordert, erfährt er auf seinen<br />
Fahrten immer wieder. Bruder Patrick beantwortet<br />
fünf Fragen zu richtigen Sichtweisen.<br />
Ein scharfes Auge haben<br />
– was heißt das für Sie als Busfahrer?<br />
Bruder Patrick: Mehr als jeder andere<br />
braucht ein Busfahrer einen scharfen Blick<br />
und gute Augen, denn er muss auf so viele<br />
Dinge zur gleichen Zeit achten: Auf Fußgänger<br />
und Radfahrer am Straßenrand, auf<br />
die anderen Autos, auf Verkehrszeichen,<br />
Bodenwellen und Schlaglöcher. Zugleich<br />
muss er sich dabei stets auf die Fahrstrecke<br />
konzentrieren und die Spur halten, damit<br />
der Bus sicher und zur erwarteten Zeit an<br />
seinem Ziel ankommt. Umsicht und Sorgfalt<br />
sind hier oberstes Gebot, denn sowohl<br />
das Leben der Menschen, die mit dem Bus<br />
Eine typische „Haltestelle“ in Tansania<br />
unterwegs sind, als auch derjenigen, die<br />
seinen Weg kreuzen, liegt in der Hand<br />
des Fahrers. Deshalb sollte der Busfahrer<br />
scharfe Augen haben, damit er alles sieht,<br />
aber zugleich sicher auf seiner Spur bleibt.<br />
Welcher Unterschied besteht für Sie<br />
zwischen „sehen“ und etwas „bewusst<br />
wahrnehmen“?<br />
Bruder Patrick: Wenn etwas ins Blickfeld<br />
gerät, heißt das nicht notwendigerweise,<br />
dass man es auch wirklich sieht. Man kann<br />
etwas sehen und doch nicht sehen. Wirklich<br />
sehen bedeutet: sich konzentrieren<br />
und hinschauen. Als Busfahrer muss ich<br />
auf meinem Weg auf so viele Dinge schauen.<br />
Tatsache ist aber auch, dass ich nicht<br />
alles, worauf mein Blick fällt, auch bewusst<br />
sehe, denn meine Konzentration ist in erster<br />
Linie darauf gerichtet, den Bus auf<br />
der Straße zu halten. Deshalb sehe ich die<br />
meisten Dinge, die während der Fahrt an<br />
mir vorbeiziehen, nicht wirklich, sondern<br />
ich achte in erster Linie auf die Straße, auf<br />
andere Fahrzeuge und Fußgänger.<br />
Ein Blick aus dem Bus,<br />
ob noch Bekannte mitfahren<br />
Deswegen haben Reisende, die gemeinsam<br />
unterwegs sind, am Ende ganz unterschiedliche<br />
Dinge gesehen, obwohl sie<br />
den gleichen Weg zurückgelegt haben. Es<br />
wird immer Dinge geben, die die einen gesehen<br />
haben, während die anderen diese<br />
nicht beobachtet haben. Die haben dafür<br />
anderes gesehen.<br />
Wenn Sie den Bus besteigen: Worauf fällt<br />
Ihr Blick zuerst? Wonach schauen Sie?<br />
Bruder Patrick: Wenn ich morgens in den<br />
Bus steige, geht mein Blick als erstes zum<br />
Fahrerstand. Ich schaue mir die Lenkung<br />
an und prüfe nach, ob alles in Ordnung<br />
und der Bus startklar ist. Sobald ich den<br />
Innenraum kontrolliert habe, begutachte<br />
ich den Bus von außen. Ich prüfe den Ölstand<br />
und sehe nach der Bremsfl üssigkeit.<br />
Zum Schluss kontrolliere ich die Reifen und<br />
überprüfe diese auf Schadstellen. Nach diesem<br />
Kontrollgang kann die Reise losgehen.<br />
Wenn die anderen den Bus besteigen:<br />
Worauf achten die bei Ihnen?<br />
Busfahrer und Benediktinerbruder zugleich<br />
zu sein, ist keine ganz einfache Sache.<br />
Verschiedene Menschen haben ganz gegensätzliche<br />
Sichtweisen dazu. Die einen
7<br />
Begegnungen auf schmaler Straße – nicht nur für die Busse, auch für die Fahrgäste<br />
meinen, dass diese beiden Aspekte unvereinbar<br />
sind. Für sie ist es nicht möglich,<br />
Busfahrer und Benediktinerbruder zugleich<br />
zu sein. Sie argumentieren mit dem Wort<br />
Jesu, dass man nicht Diener zweier Herren<br />
sein kann… Sie sind der Ansicht, dass wir<br />
Benediktiner stets in der Klausur, in unserem<br />
abgegrenzten Klosterbereich, leben,<br />
arbeiten und uns bewegen sollten.<br />
Andere sind hingegen der Ansicht, dass<br />
die Doppelrolle als Benediktinerbruder und<br />
Busfahrer etwas sehr Gutes und ein wundervolles<br />
Apostolat ist. Vor allem für uns als<br />
Missionsbenediktiner. Sie sind der Ansicht,<br />
dass ich als Busfahrer sogar Besseres bewirken<br />
kann als wenn ich predigen würde.<br />
Durch meinen Dienst als Fahrer kann ich viel<br />
mehr Menschen ansprechen und für unseren<br />
Lebensstil begeistern – einfach dadurch,<br />
dass sie mich sehen und mir zuschauen.<br />
Ein Beispiel: Als ich einmal den Bus von<br />
Hanga nach Songea fuhr, war eine junge<br />
Frau an Bord, die ihr krankes Baby nach<br />
Peramiho ins Krankenhaus bringen wollte.<br />
Unterwegs verschlechterte sich der Gesundheitszustand<br />
des kleinen Jungen dramatisch;<br />
das Kind war schwer krank, es gab<br />
keine Hoffnung mehr. Die Mutter erzählte<br />
mir, dass ihr Sohn nicht getauft war und<br />
bat mich darum, dies zu tun. Ich stoppte<br />
den Bus, parkte ihn am Straßenrand und<br />
taufte das Kind mit einer Flasche sauberen<br />
Wassers, die ich dabei hatte. Dann<br />
setzten wir unsere Fahrt nach Songea fort.<br />
Trotz aller Bemühungen kam für das Baby<br />
jede Hilfe zu spät: Es starb unmittelbar<br />
nach unserer Ankunft am Krankenhaus.<br />
Solche Ereignisse, die nicht selten passieren,<br />
rechtfertigen die Sichtweise der<br />
zweiten Gruppierung.<br />
Wie sieht die Gemeinschaft Ihr Wirken?<br />
Bruder Patrick: Die meisten Mitbrüder halten<br />
das für ein gutes Apostolat für die<br />
Menschen um uns herum. Meine Arbeit als<br />
Busfahrer und mein Verhalten als Mönch<br />
setzen einen Standard für die Busfahrer,<br />
die an anderen Tagen fahren. Ich kann<br />
diese Arbeit verrichten, weil sie das tägliche<br />
Programm unserer Gemeinschaft<br />
nicht stört. Wir beginnen unsere Fahrt von<br />
Hanga nach Songea normalerweise nach<br />
der Eucharistiefeier, und vor dem Mittagessen<br />
sind wir schon wieder zurück. Nach<br />
dem Essen startet der Bus erneut und zum<br />
Abendgebet sind wir wieder in Hanga.<br />
Die Arbeit als Busfahrer ist allerdings<br />
eine Herausforderung, weil sie mir die<br />
Gelegenheit gibt, die Menschen draußen<br />
zu erreichen, bei ihnen zu sein, an ihnen<br />
zu handeln, im vollen Bewusstsein meiner<br />
Mission als Mönch.<br />
Br. Patrick Mwinuka<br />
geboren 1967 in Matola Diözese<br />
Njombe • Profess 1992 in Hanga<br />
• KFZ- Mechaniker • Leiter der<br />
Berufsschule • Busfahrer
ZUm thema<br />
8<br />
Auch Gehörlose haben<br />
sich viel zu erzählen<br />
Sr. Brigitte Kolb berichtet von ihren erfahrungen an einer Sonderschule in ruhuwiko<br />
von Sr. Brigitte Kolb<br />
„Wer nicht hören will, muss fühlen“: Wir<br />
kennen diese Redewendung. Damit wollen<br />
wir sagen, wer nicht auf die Ratschläge<br />
oder Mahnungen erfahrener Menschen<br />
hört, muss durch eigene Erfahrung, vielleicht<br />
sogar auf bittere Weise, lernen.<br />
Wenn ich nun etwas von meiner Zeit in<br />
Tansania erzähle, die ich mit gehörlosen<br />
Kindern und Jugendlichen verbracht habe,<br />
geht es natürlich nicht um jemand, der<br />
nicht hören will, sondern um Kinder, die<br />
nicht hören können.<br />
Anhören, zuhören, überhören, weghören,<br />
abhören, jemanden aushorchen... Sie merken,<br />
hören hat etwas mit Kommunikation<br />
und dem Erwerb von Wissen zu tun.<br />
Hören und Sprechen gehören zusammen.<br />
Die Sprache lernt ein Kind zuerst über das<br />
Gehör. Das Ohr ist das älteste Sinnesorgan<br />
nicht nur hinsichtlich der gesamten<br />
Evolution der Lebewesen, sondern auch<br />
in der Lebensgeschichte jedes einzelnen<br />
Menschen. In der vierten Woche beginnt<br />
der Embryo mit der Entwicklung seiner Ohren,<br />
die nach viereinhalb Monaten schon<br />
ausgebildet sind.<br />
Mit Hilfe des Hörsinns können wir Geräusche,<br />
Stimmen, Töne und Klänge<br />
wahrnehmen und unterscheiden. Es dient<br />
uns zur Orientierung, es warnt uns vor<br />
Gefahren und ermöglicht uns, in Kommunikation<br />
zu anderen Menschen zu treten.<br />
Im Laufe ihrer Entwicklung lernen Kinder,<br />
Geräusche zu unterscheiden, die Richtung<br />
zu erkennen, aus der sie kommen, und auch<br />
zu wissen, was das Geräusch bedeutet. Hören<br />
liefert Informationen, macht neugierig<br />
und lässt uns am Leben anderer teilhaben.<br />
Ein hoch komplexes<br />
Sinnesorgan<br />
Das Ohr ist ein hoch komplexes Sinnesorgan.<br />
Auf der einen Seite ist es fähig, ganz<br />
leise, zarte Töne wahrzunehmen, während<br />
es auf der anderen Seite starken Schallwellen<br />
wie bei einem Presslufthammer oder<br />
lauter Disco-Musik standhalten kann. Darüber<br />
hinaus ist es sogar fähig, aus vielen<br />
verschiedenen Geräuschen ein ganz<br />
besonderes wahrzunehmen, zum Beispiel<br />
aus dem Geplauder vieler Frauenstimmen<br />
die Stimme der Mutter. Auch das Hör-<br />
Gedächtnis spielt eine wesentliche Rolle,<br />
denn was man gehört hat, kann man sich<br />
auch besser merken. Über das Gehör lernen<br />
wir sprechen.<br />
Aber wie ist das, wenn ein Kind gehörlos<br />
ist? Wie ist es, wenn es mit seinen Ohren<br />
Geräusche, Musik und Sprache nicht hört?<br />
Ich habe 15 Jahre lang gehörlose Kinder in<br />
Ruhuwiko unterrichtet, einer Missionsstation<br />
der Untermarchtaler Vinzentinerinnen in<br />
Tansania. Dazu möchte ich Ihnen einiges<br />
von meinen Erfahrungen erzählen.<br />
Meine erste Begegnung mit den gehörlosen<br />
Kindern in Ruhuwiko hatte ich, kaum<br />
dass ich dort angekommen war. Es war<br />
im November 1991 kurz vor den Ferien.<br />
Da versammelten sich die Schüler, Lehrer<br />
und Erzieherinnen im Speisesaal. Der<br />
stellvertretende Schulleiter sprach zu den<br />
Schülern über das, was sie nun erwartet<br />
und legte ihnen ans Herz, zu Hause<br />
mitzuhelfen und beim Essenschöpfen an<br />
die anderen Familienmitglieder zu denken.<br />
Jeremias, der Schulsprecher, hat alles mit<br />
Pantomime und Gebärden für seine Mitschüler<br />
übersetzt. Es war stellenweise sehr<br />
humorvoll und äußerst lebendig.<br />
Sr. Brigitte Kolb mit einer 1. Klasse auf dem Schulhof<br />
Mehrmals im Lauf der Jahre hatte ich<br />
eine erste Klasse und unterrichtete diese<br />
drei Jahre lang, um dann wieder neu mit<br />
einer ersten Klasse anzufangen. Es war<br />
spannend, zehn bis zwölf gehörlose Kinder<br />
ohne jegliche schulische Vorbildung<br />
zum Sprechen, Lesen und Schreiben zu<br />
bringen und ihnen den Zahlbegriff und
9<br />
das Rechnen zu vermitteln – denn es gab<br />
keine Früherziehung zu Hause. Mit Hilfe<br />
des traditionellen Artikulationsunterrichts<br />
und mit vielen spielerischen Übungen zur<br />
Motorik, im Ablesen, Lautbilden und Sprechen<br />
konnten sich die Kinder nach und<br />
nach lautsprachlich mehr oder weniger<br />
verständlich ausdrücken.<br />
Individuelle Hörgeräte, die unentbehrlich<br />
sind für gutes Sprechen- und Verstehen lernen,<br />
gab es nur für zwei Oberklassen. Als<br />
ich einmal Klassenlehrerin der Vorklasse<br />
war, sorgte ich dafür, dass sie Hörgeräte<br />
bekamen. Allerdings waren die meisten<br />
Schüler hochgradig gehörlos und mit sechs<br />
bis sieben Jahren war die Anpassung eines<br />
Hörgeräts einfach zu spät erfolgt.<br />
Aufmerksam<br />
– auch ohne Gehör<br />
Was mich immer wieder erstaunte, war die<br />
meist gute Aufmerksamkeit der Kinder und<br />
ihre Begeisterungsfähigkeit. Mit Farbstiften,<br />
Papier, Lernspielen und Partnerarbeit<br />
In der Gehörlosenschule lernen die Kinder lesen, schreiben und sprechen!<br />
waren sie leicht zu motivieren. Das Unterrichten<br />
hat mir in Ruhuwiko viel Freude<br />
gemacht. Und nach und nach konnte ich<br />
auch einen kleinen Erfolg meiner Bemühungen<br />
sehen.<br />
Es war während meiner ersten Jahre in<br />
Ruhuwiko, als wir einmal zum Abschluss<br />
des ersten Schulhalbjahres mit allen Schülern,<br />
Lehrern und Internatserzieherinnen<br />
ein Picknick auf unserem sieben Kilometer<br />
entfernten Feld in Mwanamonga organisierten.<br />
Aber wie bringen wir 160 Schüler<br />
zusammen mit allem, was man für ein<br />
Picknick braucht, dorthin? Pater Gotthard<br />
OSB hat uns geholfen. Er war damals<br />
Finanzverwalter der Erzdiözese Songea,<br />
die unsere Schule gebaut hatte, und er<br />
stellte uns einen riesigen Lastwagen samt<br />
Fahrer zur Verfügung. Die Schüler wurden<br />
in mehreren Etappen gefahren, auch das<br />
Wichtigste für ein Picknick, das Essen,<br />
fand einen Platz: Reis, große Kochtöpfe<br />
für offene Feuerstellen, Holz, Pfl anzenöl,<br />
Gewürze und einen Ziegenbock. Dieser<br />
wurde dann in Mwanamonga geschlachtet,<br />
zerlegt und zubereitet. Es war ein<br />
herrlicher und unvergesslicher Tag für alle.<br />
Auf savannenähnlichem Gelände lagerten<br />
die Schüler in Gruppen. Sie genossen das<br />
Essen und das Plaudern miteinander – ja,<br />
Gehörlose haben sich viel zu erzählen und<br />
tun das dank der Gebärden mit viel Humor.<br />
1989 feierte Papst Johannes Paul II. eine Messe in Ruhuwiko. Wo der Altar stand,<br />
ist heute der Speisesaal für die Schüler<br />
Sr. Brigitte Kolb<br />
Profess 1981 bei den Untermarchtaler<br />
Vinzentinerinnen • Beruf<br />
Sonderschullehrerin für Gehörlose<br />
• Tansania Nov. 1991 – Juli 2011 •<br />
Heute in Stuttgart, Domgemeinde<br />
St. Eberhard
ZUm thema<br />
„Ich hab´s in der Nase“<br />
von P. Meinrad Dufner OSB<br />
„Die Nase ist die Weise, wie ein Mensch<br />
ins Leben hinaussteht“, so hat es der Philosoph<br />
Alfons Rosenberg einmal beschrieben.<br />
Die Umgangssprache bestätigt diesen<br />
Eindruck, wenn sie sagt: „Jemand trägt<br />
die Nase zu hoch“, oder „Er ist eine Triefnase“.<br />
Tiere verdeutlichen uns noch mehr,<br />
wie die Nase das Witterungsorgan ist. Es<br />
gibt Kulturen, deren Begrüßungsritual im<br />
Nasenwetzen besteht.<br />
Ganz so direkt pfl egen wir Europäer das<br />
nicht zu tun. Aber wir wissen schon, dass<br />
es Leute gibt, die wir riechen können und<br />
solche, die wir nicht riechen können. Hat<br />
uns jemand gekränkt, geht es uns die Nase<br />
hoch. Bin ich verärgert, dann hab ich die<br />
Nase voll von jemandem. Aufgeweckte,<br />
etwas überkluge Kinder halten wir für naseweis.<br />
Und hat sich jemand an etwas verletzt,<br />
dann heißt es, er habe sich die Nase<br />
angerannt oder bei einem Thema eine<br />
Weihrauch als Zeichen der Gegenwart<br />
Die Nase im Wind, die Ohren aufrecht<br />
– irgend etwas liegt in der Luft!<br />
blutige Nase geholt. Und schließlich wollen<br />
die Menschen, wenn es um Konkurrenz<br />
geht, die Nase vorne haben, mindestens<br />
eine Nasenlänge weit.<br />
Von Atemzug zu Atemzug Gebet<br />
Mit der Nase atmen und riechen wir. Der<br />
Atem ist unser elementarster Lebensvollzug<br />
– wir machen bei der Geburt den<br />
ersten Atemzug und im Sterben unseren<br />
letzten. Im biblischen Schöpfungsbericht<br />
bekommt der Mensch von Gott den Lebensatem<br />
in die Nase geblasen. Unser erster<br />
Atemzug ist also nicht von uns gemacht, er<br />
ist uns eingeblasen, er ist in uns gefahren.<br />
Mit diesem Odem beginnt Leben, mit dem<br />
letzten Ausatmen geben wir Geist, Seele,<br />
Leib wieder zurück. Mystische Texte<br />
wollen den Gottesnamen selber mit dem<br />
Namen des Atems oder mit der Gebärde<br />
des Atems in Verbindung bringen. Dann<br />
wäre ja von Atemzug zu Atemzug Gebet<br />
im Gange. Das ins Bewusstsein zu holen,<br />
ist die Gebetsschule fast aller Religionen.<br />
Ihre vereinfachteste und wesentliche Gebetsweise<br />
geschieht Atem um Atem.<br />
Jedes Atmen bedeutet aber auch Riechen.<br />
Das versteht sich, weil jede Situation Wertung,<br />
neue Orientierung und Reaktion<br />
braucht. Wer einem äsenden Reh zuschaut,<br />
sieht wie von Atemzug zu Atemzug die Witterung<br />
neu eingeholt wird. Umgekehrt gilt,<br />
dass wir nur in guter Umgebung, in wohlriechendem<br />
Milieu frei und tief atmen wollen.<br />
Gestank oder ätzende Düfte schnüren uns
11<br />
den Atem ab. Man kommt in Atemnot. Es<br />
ist keine Luft mehr zum Atmen.<br />
Der Geruch ist gleich elementar wie die<br />
Luft, durch die wir ihn aufnehmen. So<br />
kommt es, dass das „Gedächtnis“ des Riechens<br />
überaus beständig und fast nicht<br />
auszulöschen ist. Düfte aus Kindertagen<br />
holen uns mit der ganzen Erinnerung ein.<br />
Riechen ist oft ein Vorgang der Nähe. Wir<br />
müssen mit der Nase nahe dran.<br />
Weihrauch als Zeichen der Nähe<br />
Jetzt sind wir wieder im Feld der Beziehungen.<br />
Auch die Gottesbeziehung wird<br />
in der Bibel auf dem Weg des Riechens<br />
beschrieben. Dort heißt es öfter, dass<br />
Gott den wohlriechenden Duft der Opfer<br />
aufnehme. Vom beruhigenden Duft geht<br />
eine gnädige Antwort aus, so hofft es der<br />
Beter. Alle Religionen kennen Duftrituale,<br />
Räucherriten. Im Katholischen kommt<br />
der Weihrauch immer ins Spiel, wenn die<br />
besondere Gegenwart Christi angezeigt<br />
werden soll. Der Altar wird beräuchert;<br />
das Evangelienbuch, bevor aus ihm verlesen<br />
wird; die dargebrachten Gaben und<br />
schließlich der Priester und die Gemeinde.<br />
Ganz besonders eindrucksvoll ist für mich<br />
die Beweihräucherung des Verstorbenen<br />
im Beisetzungsritus. Dazu wird gesprochen:<br />
„Dein Leib war Gottes Tempel. Der<br />
Herr schenke dir ewige Freude“ oder „Mit<br />
himmlischem Wohlgeruch erfülle Gott deine<br />
Seele“. Paulus weiß, dass Gott durch die<br />
Getauften „an allen Orten den Duft der<br />
Erkenntnis Christi verbreitet“ (2 Kor 2,14).<br />
Ob hören, sehen, schmecken oder riechen – im Gesicht tummeln sich viele Sinnesorgane<br />
Tatsächlich haftet uns ja nicht nur der<br />
persönlichste Körperduft an. Vielmehr<br />
nehmen wir doch den Duft der Ausstrahlung<br />
eines Menschen wahr, sein Gemüt,<br />
seine Freude, seine Trauer, seine Wut, sei-<br />
ne Zuversicht. In der einen Nähe atmen<br />
wir auf, in der anderen Nähe verschlägt<br />
es uns den Atem. Um meinen seelischen<br />
Duft mich zu sorgen, gehört auch zur<br />
täglichen Selbstpfl ege.<br />
P. Meinrad Dufner OSB<br />
Geboren 1946 in Elzach/Schwarzwald<br />
• Profess 1967 • Priesterweihe<br />
1973 • Künstler und geistlicher<br />
Begleiter
ZUm thema<br />
12<br />
Leben schmeckt, und zwar gut<br />
Brot und Wein, Wurst und honig machen appetit auf mehr<br />
von P. Bartholomäus<br />
Henneken OSB<br />
Kürzlich wurde Bruder Albin Kang in unserer<br />
Abtei Waegwan in Korea gefragt, wie<br />
es denn komme, dass sich trotz der großen<br />
Konkurrenz auf dem Markt die Erzeugnisse<br />
seiner Metzgerei so gut verkauften. Lächelnd<br />
sagte er, das liege am Geschmack:<br />
der müsse „besonders“ sein. Diese Besonderheit<br />
sei etwas, das er während seiner<br />
Metzgerlehre in Münsterschwarzach gelernt<br />
habe.<br />
Vom besonderen Geschmack<br />
„Besonders“, das heißt natürlich „besonders<br />
gut“. Andere Mitbrüder, die für den<br />
„guten Geschmack“ bei uns in der Abtei<br />
zuständig sind, sind Bruder Petrus Kwon,<br />
der im Klostergarten unter Verzicht auf<br />
Chemikalien leckeres Gemüse anbaut und<br />
damit die ganze Gemeinschaft einschließlich<br />
unserer Gäste versorgt. Sodann Bruder<br />
Carolus Kim, der unseren Hauswein herstellt<br />
– Altabt Odo sagt von diesem Wein,<br />
er kenne keinen besseren! Und natürlich<br />
Bruder Alexander Kim, der die Küche unter<br />
sich hat. Und Br. Marcelino Kim: Wenn<br />
frische Brötchen beim Frühstück bereit stehen,<br />
dann verdanken wir das ihm.<br />
Leider ist in der jüngeren Vergangenheit<br />
davon so manches verloren gegangen.<br />
Schinken, Käse und Quark sind verschwunden,<br />
und auch der Honig, der schon vor<br />
100 Jahren in unserer Abtei St. Benedikt<br />
in Seoul hergestellt wurde, wird jetzt nicht<br />
mehr erzeugt. Das ist umso bedauerlicher,<br />
als die Waegwaner Gegend, in der unsere<br />
jetzige Abtei liegt, bekannt ist für den<br />
ausgezeichneten Akazienhonig, der aus ihr<br />
kommt. Ende April bringen Imker aus dem<br />
ganzen Land ihre Bienenvölker hierher,<br />
um den goldgelben und wohlriechenden<br />
Honig zu gewinnen.<br />
Übrigens, einer unserer Mitbrüder aus<br />
der vormaligen Abtei St. Benedikt in<br />
Seoul, Pater Canisius Kügelgen, war<br />
ein Bienenfachmann, der mit seinem<br />
Honig nicht nur herrlichen Geschmack<br />
für die Abtei lieferte, sondern auch zu<br />
ihrem Unterhalt beitrug. Außerdem gab<br />
er sein Wissen und sein Können an die<br />
Menschen im Land weiter. Seine Seminare<br />
zur Bienenzucht, mit denen er 1917<br />
begann, waren in Korea die ersten ihrer<br />
Art. Daraus ist ein Buch entstanden,<br />
das neben dem koreanischen auch einen<br />
deutschen Titel hat, nämlich „Abriss der<br />
Bienenzucht" (siehe Foto). Von den 150<br />
Exemplaren, die hektographiert wurden,<br />
ist nur noch ein einziges erhalten. Es<br />
befi ndet sich in der Bibliothek der Abtei<br />
Münsterschwarzach.<br />
Während ich davon schreibe, was es in<br />
der Abtei alles an Schmackhaftem gibt,<br />
gehen meine Gedanken zurück auch zu<br />
den – inzwischen verstorbenen – deutschen<br />
Mitbrüdern, auf die diese Tradition<br />
der Speisen mit besonderem Geschmack<br />
zurückgeht. Es sind Bruder Bertram Albert<br />
und Bruder Adolf Stumpf, die beide aus<br />
Münsterschwarzach stammen. Von ihnen<br />
wurden Wein, Wurst, Schinken, Käse und<br />
Quark hergestellt, natürlich in „deutscher“<br />
Qualität. Es war immer ein Lichtblick, wenn<br />
etwas davon auf den Tisch kam.<br />
Umschlag des Bienenbüchleins von P. Canisius Kügelgen OSB (1918) sowie eine Bienenwabe
13<br />
Die Verantwortlichen für den „Geschmack” in der Abtei Waegwan (v.l.n.r.) Br. Carolo Kim (mit Wein), Br. Marcelino Kim (mit Brötchen), Br. Luka<br />
Park (mit Reis), Br. Petro Kwon (mit Kartoffeln), Br. Albin Kang (mit Wurst), Br. Alexander Kim (mit „Baekpab”, einer typischen Mahlzeit).<br />
Wenn auch mancher „gute Geschmack”<br />
verloren gegangen ist, so ist es doch ein<br />
Trost, dass wir uns noch gut daran erinnern<br />
können. So besteht die Hoffnung, dass das,<br />
was verloren gegangen ist, eines Tages wieder<br />
auftaucht. Dem Wahlspruch unseres<br />
neuen Abtes entsprechend, schicken wir<br />
uns ja derzeit an, ein „neues Lied” zu singen,<br />
das heißt, „neue Wege” zu beschreiten.<br />
Da sollte es mich nicht wundern, wenn in<br />
den kommenden Jahren so mancher guter<br />
Geschmack wieder zu uns zurückfi ndet.<br />
Geschmack, auf<br />
den es ankommt<br />
Wir können dankbar sein, dass es bei uns<br />
in der Abtei viel gibt, was gut schmeckt<br />
und auch für die Gesundheit der Gemeinschaft<br />
und unserer Gäste gut ist. Hier ist<br />
ja auch eine günstige Voraussetzung dafür<br />
gegeben, auf den „Geschmack am Leben“<br />
zu kommen. Es ist ja der „Geschmack, auf<br />
den es eigentlich ankommt“.<br />
Eine ganz wichtige Aufgabe eines Benediktinerklosters<br />
ist die Gastfreundschaft.<br />
Es geht bei ihr nicht nur darum, die Gäste,<br />
die Hungrigen und die Durstigen mit guten<br />
Speisen und Getränken zu versorgen,<br />
sondern mehr noch darum, dass sie den<br />
Geschmack am Leben entdecken oder wiederentdecken.<br />
Wenn man während eines<br />
Besuches im Kloster aus dem Lärm und<br />
der Verzettelung des modernen Lebens<br />
kommend in die Stille eintaucht, sich von<br />
den Gebeten und Liedern, die die Mönche<br />
in der Kirche mehrmals täglich anstimmen,<br />
mittragen lässt, wenn auch Zeit ist für das<br />
laute Lesen eines Gedichtes auf dem Zimmer<br />
oder ein gutes Gespräch, dann kann<br />
es geschehen, dass einem das einfache,<br />
klösterliche Essen plötzlich besonders gut<br />
schmeckt, dass einem leicht ums Herz wird<br />
und dass man auch das Leben wieder als etwas<br />
entdeckt, was schmeckt, und zwar gut.<br />
Wozu Brot und Wein, „Baekpab“ – ein einfaches<br />
koreanisches Essen –, Wurst, Brötchen<br />
und zartes Gemüse nicht alles gut<br />
sein können!<br />
P. Bartholomäus Henneken OSB<br />
Geboren 1941 in Hamm • Profess<br />
1961 • Priesterweihe 1966<br />
• Missionsaussendung nach<br />
Südkorea 1967 • Jetzt tätig als<br />
Missionsprokurator in der Abtei<br />
Waegwan
ZUm thema<br />
14<br />
Die Welt ertasten<br />
Blinden- und Sehgeschädigten-Seelsorger der Diözese Würzburg<br />
von Georg Ruhsert<br />
„Da sind richtige Zinnen dran – wie bei<br />
einer Burg! Und wie schön die Rosette aussieht!“<br />
– „So schaut der Turm aus? Hab<br />
ich mir immer ganz anders vorgestellt!“ Ich<br />
erinnere mich noch gut an das Erstaunen<br />
einer Gruppe blinder Senioren, mit denen<br />
ich das Tastmodell der Würzburger Adalberokirche<br />
anschaute. Allein das Wort „anschauen“<br />
passt hier natürlich nicht so recht,<br />
denn alle waren ja blind. Doch auch mit<br />
den Fingern kann man schauen – zumindest<br />
beschreiben das blinde Menschen selbst so.<br />
Beim Besuch am neu aufgestellten Kirchenmodell<br />
wurde mir bewusst, wie sehr<br />
das Tasten bei Menschen ohne Sehsinn<br />
den Horizont erweitert. Alle Senioren<br />
kannten die Kirche von klein an, denn als<br />
Schülerinnen lebten sie einst im benachbarten,<br />
von Ordensschwestern geführten<br />
Internat. Obwohl alle dreimal täglich zum<br />
Gebet in die Kirche gingen, hatten sie keine<br />
Vorstellung vom Gebäude, vom Raum<br />
und vor allem von dessen Dimensionen.<br />
Etwa 70 bis 80 Prozent der von unserem<br />
Gehirn wahrgenommenen und verarbeiteten<br />
Sinneseindrücke liefern normalerweise<br />
die Augen. Wenn Tasten das Sehen<br />
ersetzen muss, ist das erst einmal eine unglaubliche<br />
Einschränkung. Andere Sinne<br />
müssen einspringen, um die Wahrnehmung<br />
zu ergänzen.<br />
Neben dem Hören ist es vor allem das<br />
Tasten. Im Nahbereich sichert der Blindenstock<br />
als „verlängerter Zeigefi nger“<br />
den Weg vor mir und hilft, Hindernisse zu<br />
erkennen oder dem Verlauf des Gehsteigs<br />
zu folgen. Er schützt davor, in ein Loch zu<br />
fallen oder gegen einen Pfosten zu laufen.<br />
Wichtiges wird ertastet: Welche Münzen<br />
oder Scheine sind noch im Geldbeutel?<br />
Wo ist im Bad der Wasserhahn oder die<br />
WC-Spülung? Wie voll ist ein Glas oder ein<br />
Kaffeetasse, wenn ich einschenke?<br />
Mit empfindsamen<br />
Fingerkuppen<br />
Das gilt auch für das Lesen: Sechs Punkte<br />
ersetzen das Alphabet und bilden für geübte<br />
Leser genau so schnell Wörter und<br />
Sätze wie die normale, gedruckte Schwarzschrift.<br />
Die Finger müssen geschult werden,<br />
bis die empfi ndlichen Fingerkuppen<br />
die winzigen Punkte erkennen. Blinde Kinder<br />
lernen aber mit Hilfe der Braille-Schrift<br />
genauso schnell lesen und schreiben, wie<br />
sehende Erstklässer.<br />
Seit der Entwicklung dieser nach Louis Braille,<br />
einem erblindeten 16-jährigen Jungen,<br />
Der Blindenstock als „verlängerter Zeifefinger“<br />
Wichtige Informationen für Sehgeschädigte<br />
Durch Modelle die Dimensionen erkennen
15<br />
Das berührt einen wichtigen Aspekt des<br />
Themas „Tasten“-den der Nähe. Nichts geht<br />
uns so nahe, wie eine zarte Berührung, wie<br />
das sanfte Streicheln über unsere Haut. Liebkosungen<br />
lassen uns nicht nur „im siebten<br />
Himmel“ schweben, sie sind auch lebensnotwendig.<br />
Säuglinge, denen es an Hautkontakt<br />
und Berührungen zur Bezugsperson fehlte,<br />
tun sich ihr Leben lang schwer zu vertrauen<br />
und verlässliche Beziehungen aufzubauen.<br />
Ein Mensch, der nicht in Beziehung zu anderen<br />
steht, der sich nicht berühren lassen<br />
kann, droht seelisch zu verkümmern. Ich<br />
finde es spannend, dass die alte Volksweisheit<br />
der heilenden Nähe eines Menschen<br />
mittlerweile auch neurobiologisch erforscht<br />
ist: Wenn ein Mensch berührende Nähe<br />
erfährt, schüttet der Körper Endorphine<br />
und das „Wohlfühl-Hormon“ Oxytocin aus.<br />
Das lässt uns nicht nur akut glücklich und<br />
entspannt werden, sondern verändert auch<br />
langfristig unsere Hirnstruktur. Kurz gesagt:<br />
Wer oft gestreichelt, berührt und liebkost<br />
wird, wird auch insgesamt gelassener<br />
und kann Stressmomente besser ertragen.<br />
Heilen durch Berühren<br />
Durch die Blindenschrift wird lesen und arbeiten am PC möglich<br />
benannten Schrift im Jahre 1825 erschließt<br />
sich Blinden die Welt der Bücher durch<br />
den Tastsinn. Nun können sie eine reguläre<br />
Schulbildung erhalten. Das ermöglicht<br />
vielen eine Berufstätigkeit, oft am Telefon,<br />
etwa in Call-Centern oder im Büro. Moderne<br />
Computertechnik mit Blindenschrift-Zeile<br />
und Sprachausgabe des Bildschirminhalts<br />
bauen hier viele Barrieren ab.<br />
Ein beliebter Ausbildungsberuf für Blinde<br />
ist auch der des Masseurs, und es tun sich<br />
sogar immer wieder neue Bereiche auf, in<br />
denen blinde Menschen ihre besonderen<br />
Qualifi kationen einbringen können. So<br />
der kürzlich neu geschaffene Beruf der<br />
„medizinischen Tastuntersucherin“. Blinde<br />
erkennen mit ihrem trainierten Tastsinn<br />
und einer entsprechenden Ausbildung<br />
entstehende Tumore im Brustgewebe im<br />
Frühstadium. Viele Frauen empfi nden es<br />
als angenehmer, wenn sie hier von einer<br />
blinden Frau abgetastet werden, als von<br />
einem – oft männlichen – Gynäkologen.<br />
Der Sinn der Nähe<br />
Auch die Begegnung mit Gott wird in der<br />
Bibel als heilende, sinnliche Berührung<br />
beschrieben: Wenn Gott einem Menschen<br />
begegnet, dann ist das wie das sanfte Säuseln<br />
des Windes – in der Begegnung mit<br />
Elija (1Kön 19,12). Die Weisheit Gottes ist<br />
zart (Weish 7,22), sein Wort ist sanfte Tröstung<br />
(Hiob 15,11). Die Leute versuchen,<br />
Jesus zu berühren „denn es ging eine Kraft<br />
von ihm aus, die alle heilte“ (Lk 6,19). Und<br />
Jesus lässt sich berühren – dies werfen ihm<br />
etwa die Pharisäer in Lk 7,40 vor, als er<br />
zulässt, dass die samaritanische Frau ihre<br />
Tränen auf seine Füße fallen lässt, diese<br />
mit ihren Haaren abtrocknet und dann mit<br />
Öl salbt. Viele Heilungen geschehen durch<br />
Berührungen: Jesus legt Hände auf, einem<br />
Taubstummen legt er die Finger in die Ohren<br />
und berührt seine Zunge (Mk 7,32),<br />
einem Blinden bestreicht er die Augen mit<br />
Speichel und heilt ihn. Jesus berührt intensiv<br />
– mit den Säften des Lebens. „Schön<br />
und groß ist die Sprache der Hand. Gott<br />
hat sie uns gegeben, dass wir die Seele<br />
darin haben“. Mit diesem Ausspruch des<br />
großen Theologen Romano Guardini wünsche<br />
ich Ihnen, dass in all Ihrem Tasten und<br />
Tun Ihre Seele „handgreifl ich“ werde. Und<br />
dass Sie andere damit berühren und sich<br />
berühren lassen. Es liegt in unserer Hand!<br />
Georg Ruhsert<br />
Geboren 1968 • verheiratet •<br />
4 Kinder • Pastoralreferent im<br />
Bistum Würzburg • Seelsorger im<br />
Blindeninstitut, sowie Blindenund<br />
Sehgeschädigtenseelsorger<br />
der Diözese Würzburg.
ZUm thema<br />
16<br />
Der 7. Sinn<br />
Vom tieferen Verstehen, das über das logische Denken hinausgeht<br />
von Dr. Wunibald Müller<br />
Ich erinnere mich an eine Beratungssituation<br />
vor vielen Jahren. Eine etwa 50-jährige<br />
Frau, hatte schon etliche psychotherapeutische<br />
Gespräche mit mir geführt. Je länger<br />
ich ihr zuhörte und sie auf mich wirken<br />
ließ, desto stärker spürte ich: Da ist etwas,<br />
über das sie nicht spricht oder noch nicht<br />
sprechen kann, was sie aber offensichtlich<br />
sehr belastet. Ich strengte mich nicht an,<br />
um herauszubekommen, was es ist, das sie<br />
belasten mag, sondern versuchte einfach<br />
präsent zu sein. Und dann schoss es mir bei<br />
einer Sitzung durch den Kopf oder durch<br />
mein Herz, stand es klar vor mir: Sie hat<br />
abgetrieben. Ich weiß nicht mehr wie, aber<br />
irgendwie vermochte ich meine Ahnung,<br />
die sich als richtig erwies, ihr so mitzuteilen,<br />
dass das Sprechen darüber, die Auseinandersetzung<br />
damit, sich positiv auf den<br />
therapeutischen Prozess auswirkte. Meine<br />
Vermutung war nicht nur das Ergebnis von<br />
Nachdenken, von Einfühlen, von Hinspüren.<br />
Das alles war mit beteiligt. Doch der<br />
entscheidende Impuls kam aus einer anderen<br />
Quelle, wo, alle Informationen, die<br />
ich über irgendjemanden oder über irgendetwas<br />
gesammelt und gespeichert habe,<br />
zusammenlaufen, um mir schlagartig eine<br />
Botschaft zu vermitteln, die sich als Treffer<br />
erweist – wenn ich Glück habe. „Machen“<br />
kann ich das nicht.<br />
„Mein Bauchgefühl sagt mir…“<br />
Es gibt Überlegungen und Untersuchungen,<br />
die davon ausgehen, dass diese<br />
Quelle, eine Art biologischer Computer, im<br />
Bauchbereich angelegt ist. So gibt es ja<br />
auch die Redewendung „Mein Bauchgefühl<br />
sagt mir …“, wenn man etwas nicht<br />
begründen kann und doch eine innere Gewissheit<br />
in sich verspürt, dass etwas sich<br />
so oder so verhält. Nicht selten trifft dieses<br />
Bauchgefühl ins Schwarze.<br />
Mir gefällt in diesem Zusammenhang, was<br />
die Kinderpsychologin Kathrin Asper über<br />
das Lauschen schreibt: „Lauschen kommt<br />
einem Fühlen, Merken und Spüren gleich,<br />
das sich nicht allein von der Oberfl äche<br />
der Dinge bestimmen lässt, sondern vor<br />
allem von dem, was zwischen den Zeilen<br />
sichtbar wird.“ Sie verweist in diesem Zusammenhang<br />
auf das Bauchweh kleiner<br />
Kinder, was auch alles andere in seelischer<br />
und körperlicher Hinsicht bedeuten kann.<br />
In der lauschenden Haltung der Mutter<br />
sieht sie jene Hinwendung zum Kind, die<br />
es der Mutter erlaubt herauszufi nden, was<br />
fehlt. „Sie kann sich dabei nicht auf die<br />
verbale Äußerung verlassen, sondern muss<br />
das Gesamt des Kindes wahrnehmen und<br />
sich empathisch einfühlen.“<br />
„Die Verzückung der Hl. Teresa“ von Bernini in der Kirche Santa Maria della Vittoria in Rom
17<br />
Aufmerksames Hinhören<br />
Alles wach auf Empfang gestellt<br />
Kathrin Asper spricht damit die Ebene an,<br />
um die es bei einem tieferen Verstehen geht.<br />
Dabei ist nicht ein angestrengtes Nachdenken<br />
und intuitives Einfühlen allein gefragt,<br />
sondern auch ein einladendes, nahezu frei<br />
schwebendes, wohlwollendes, aufmerksames<br />
und entspanntes Hinhören. Alles in<br />
mir ist auf mich und den anderen zugleich<br />
ausgerichtet. Alle Sinne sind dabei mit einbezogen,<br />
sind wach auf Empfang gestellt.<br />
Aber auch mein Denken und mein körperliches<br />
Empfi nden sind mit einbezogen.<br />
Dieser so genannte biologische Computer<br />
spielt auch im Focusing, einer psychotherapeutischen<br />
Methode, eine große Rolle. Sie<br />
geht davon aus, dass mehr als es für unsere<br />
gedanklichen Erinnerungen zutrifft, wir in<br />
diesem biologischen Computer Informationen<br />
gespeichert haben, zu denen wir mit<br />
Hilfe von Wahrnehmungsübungen Zugang<br />
erhalten. Entscheidend ist dabei, eine Bewusstseins-<br />
und Wahrnehmungsebene zu<br />
erreichen, die über ein logisches Denken<br />
hinausgeht. Man spricht hier von einem<br />
„felt sense“, einem gefühlten Sinn, in dem<br />
sich der Sinn und die Lösung eines Problems<br />
komprimieren. Wenn ich dieses „felt sense“<br />
in ein Wort, in ein Symbol übersetzen kann,<br />
die dem Gefühl entsprechen, reagiert mein<br />
Körper mit Erleichterung, und das wirkt sich<br />
positiv auf mein psychisches Problem aus.<br />
In andere Schichten vordringen<br />
Wir verfügen also über eine Sensibilität,<br />
ein Gefühl von Sinnen, die es uns ermöglichen,<br />
in Schichten von uns vorzudringen,<br />
die ohne sie unerreichbar, unspürbar und<br />
unerfahrbar für uns blieben. Diesem Reichtum<br />
unserer Sinne kommt auch bei religiösen<br />
Erfahrungen eine große Rolle zu,<br />
wobei hier über das hinaus, was ich bisher<br />
angesprochen habe, eine Sensibilität ins<br />
Spiel kommt, die empfi ndsam ist für das<br />
Unbewusste, Unsichtbare, Geheimnisvolle.<br />
Der bekannte Tiefenpsychologe C.G. Jung<br />
sagt von sich selbst, dass er über diese<br />
besondere Sensibilität verfügt. So schreibt<br />
er: „Der Unterschied zwischen den meisten<br />
anderen Menschen und mir liegt darin,<br />
dass bei mir ‚Zwischenwände’ durchsichtig<br />
sind. Das ist meine Eigentümlichkeit.<br />
Bei anderen sind sie oft so dicht, dass sie<br />
nichts dahinter sehen und darum meinen,<br />
es sei auch gar nichts da. Ich nehme die<br />
Vorgänge des Hintergrundes einigermaßen<br />
wahr, und darum habe ich die innere<br />
Sicherheit. Wer nichts sieht, hat auch keine<br />
Sicherheit und kann keine Schlüsse ziehen<br />
oder traut den eigenen Schlüssen nicht.<br />
Ich weiß nicht, was es ausgelöst hat, dass<br />
ich den Strom des Lebens wahrnehmen<br />
kann.“ C.G. Jung beschränkt diese Sensibilität<br />
nicht auf das Unbewusste, sondern<br />
bezieht sie auch auf die religiöse bzw. spirituelle<br />
Welt, wenn er an einer anderen<br />
Stelle schreibt: „Ich glaube nicht an Gott,<br />
ich kenne ihn.“<br />
So tragen unsere Sinne, entscheidend<br />
dazu bei, Gott für uns auf einer tieferen<br />
Ebene zu erfahren, zu erspüren, zu erahnen.<br />
Nach Auffassung des französischen<br />
Anthropologen Levy-Brühl können wir<br />
niemals durch rein rationale, logische<br />
Methoden zu einem Verständnis Gottes<br />
gelangen. Der Einzelne muss vielmehr<br />
an Gott teilhaben. Dieses Teilhaben<br />
beschreibt er als „direkten und intimen<br />
Kontakt mit der Essenz des Seins durch<br />
Intuition, wechselseitige Durchdringung,<br />
Einklang von Subjekt und Objekt, volle<br />
Teilnahme und Immanenz, kurz das, was<br />
Plutin als Ekstase beschrieben hat.“<br />
„Ich glaube nicht an Gott, ich kenne ihn.“<br />
C.G. Jung<br />
Es kommt zu einer participation mystique,<br />
einer mystischen Durchdringung und Vereinigung.<br />
Mir fällt da sofort die hingebende<br />
Ekstase der hl. Teresa ein, die Bernini so<br />
treffend dargestellt hat. Sie soll uns etwas<br />
von der beglückenden Erfahrung innigster<br />
Begegnung mit Gott vermitteln. Darüber<br />
kann man stundenlang sprechen – einen<br />
wirklichen Zugang dazu fi ndet man aber<br />
erst, wenn unsere Sinne beim Verstehen<br />
und Begreifen beteiligt sind.<br />
Dr. Wunibald Müller<br />
Geboren 1950 in Buchen/Odenwald<br />
• verheiratet, zwei Kinder •<br />
wohnhaft in Würzburg • Diplom-<br />
Psychologe und Psychotherapeut<br />
• tätig als Leiter des therapeutisch-spirituellen<br />
Zentrums „Recollectio-Haus“<br />
der Abtei Münsterschwarzach
ZUm thema<br />
18<br />
In der Ruhe zur Erleuchtung<br />
Die abteikirche von münsterschwarzach bietet Lichtspiel für die Sinne<br />
von Dr. Johannes Mahr<br />
Es ist kein besonderer Tag. Einfach nur ein<br />
Montag im Juni. Zur Mittagshore intonieren<br />
die Cantores die Antiphon. „Ich rief<br />
zum Herrn in meiner Bedrängnis und er hat<br />
mich erhört.“ Während sie singen, geht der<br />
Blick zum Altar und bemerkt ein seltsames<br />
Schauspiel. Durch ein unsichtbares Fenster<br />
dringt ein heller Lichtstrahl in die Kirche<br />
und lässt die linke Hälfte des Altars und<br />
den polierten Steinfußboden aufl euchten,<br />
während die rechte Altarhälfte verschattet<br />
bleibt. Nur drei Kerzen brennen dort. Es<br />
werden zwei Psalmen gesungen. Als Psalm<br />
122 beginnt: „Welche Freude, da man mir<br />
sagte: Wir ziehen zum Haus der Herrn!“,<br />
geht der Blick wieder zum Altar, aber jetzt<br />
ist er dunkel. Eine Wolke hat die Sonne<br />
verdeckt. Umso heller scheinen jetzt die<br />
Kerzen, der Boden refl ektiert sie in einem<br />
matten Schimmer. Eine halbe Stunde später,<br />
nach dem Mittagessen, sind die Kerzen<br />
gelöscht, aber die Sonne ist wieder da und<br />
ein Stück gewandert. Fast grell leuchtet<br />
jetzt das Rot der Begonien am Altar, die<br />
vorher kaum zu sehen waren. Einen Moment<br />
lang ist auch der Steinboden leuchtend<br />
rot. Dann zieht das Licht weiter. Es<br />
wird noch ein wenig dauern, bis es das<br />
Holz des Priestersitzes erreicht. Man sollte<br />
ruhig ein wenig warten, sich freuen auf<br />
den braunen Schimmer, der dann entsteht.<br />
Man muss schon<br />
hinschauen, um zu sehen<br />
Vor ein paar Tagen hat jemand in das Besucherbuch<br />
der Kirche geschrieben, er wundere<br />
sich nicht, dass die Mönche dieser Abtei<br />
nach Afrika wollten, möglichst weit weg<br />
von ihrer düsteren Kirche. Bemerkungen<br />
solcher Art sind alt und werden wiederholt,<br />
als enthielten sie eine Erkenntnis. Er<br />
fahre einmal in der Woche zum Einkaufen<br />
in den Klosterladen, sagte neulich der Herr<br />
Professor, aber in die Kirche gehe er nie<br />
wieder, die mache ihn depressiv.<br />
Offenbar hat er wenig gesehen. Während<br />
der Komplet wirken die Säulen des linken<br />
Seitenschiffs in Licht getaucht. Wie ist das<br />
möglich – es ist nach Norden gerichtet.<br />
Doch ja, in der Westmauer dieses Schiffes<br />
sind Fenster versteckt und die Wand hinter<br />
den Säulen refl ektiert die Abendsonne, die<br />
die Konturen der Bögen und Säulen im<br />
Gegenlicht sanft umspielt.<br />
Nach der Komplet entsteht ein besonderes<br />
Schauspiel. Das Licht der großen Rosette<br />
hat hoch oben die Längswand des Schiffes<br />
erreicht. In einem breiten Streifen zaubert<br />
es abstrakte Muster. Die schwarzen Rahmen<br />
sind vielfach gebogen, geben ständig
19<br />
wechselnd den grünen und blauen Farbtönen<br />
Raum, die sich vielfach mischen. Es<br />
ist ein Lichtspiel, wie es schöner und spannender<br />
nicht sein könnte auf der „grauen<br />
Eintönigkeit der riesigen Wandfl ächen, die<br />
so und nicht anders vom Architekten gewünscht<br />
wurde“, wie P. Gabriel Vogt das<br />
einmal formuliert hat.<br />
Die Sonne malt<br />
zeitlos gültige Bilder<br />
Das Spiel zeigt, warum der Architekt keine<br />
bunten Bilder auf den Wänden wollte, von<br />
denen der Konvent immer wieder träumte<br />
und in der Josefskapelle zur eigenen<br />
großen Enttäuschung auch durchsetzte.<br />
Der wechselnde Sonnenstand gibt den<br />
Wänden Farben genug, die im Unterschied<br />
zu Bildern jedem Zeitgeschmack entrückt<br />
sind. Aber wer schaut schon danach außer<br />
mit einem fl üchtigen Blick, so wie niemand<br />
bereit ist, dem Spiel der Wolken zuzusehen,<br />
weil er immer nur beiläufi g die Beschäftigung<br />
mit sich selbst unterbricht.<br />
Wenn die Wolken sich schließen, wenn die<br />
Tage grau werden, wirkt auch die Kirche<br />
grau und erscheint wie ein Spiegel der<br />
eigenen schlechten Stimmung. Wer dann<br />
trotzdem nicht wegrennt, erfährt, dass auf<br />
den Raum Verlass ist. Eine einzige Kerze,<br />
die sich im blanken Fußboden spiegelt,<br />
überbrückt die Dunkelheit. Sie bleibt als<br />
Verheißung, dass das graue Dasein, dem<br />
sich niemand entziehen kann, die Vorbereitung<br />
ist für das österliche Licht, das neu<br />
kommen wird. Am Abend etwa an einer<br />
Stelle, an der es niemand erwartet, wenn<br />
im Gang, der an den Seitenaltären entlangführt,<br />
Lichtstreifen auf den Querwänden<br />
ein leuchtendes Muster bilden. Oder am<br />
Nachmittag, wenn in der leeren Kirche<br />
scheinbar regellos Lichtfl ecken auf den<br />
Bänken verteilt sind und in kleinen Tupfern<br />
bis in den Chor reichen. Man muss dann<br />
schon mit der Hand einen Schatten werfen,<br />
um zu sehen, woher das Licht kommt<br />
(es ist die oberste, kaum beachtete Reihe<br />
von runden hellen Fenstern).<br />
In deinem Lichte<br />
schauen wir das Licht<br />
Nein, das ist keine „dunkle“ Kirche. Es ist<br />
ein Raum, der auf vielfältige Weise zeigt,<br />
wie das Licht die Menschen mitnimmt, verändert,<br />
sie dann wieder in die Stille zurückfallen<br />
lässt, um sie erneut mitzunehmen<br />
und zu verändern. Es ist ein Raum, der die<br />
Beharrlichen zur Ruhe einlädt, damit sie in<br />
der Ruhe zur Erleuchtung kommen.<br />
Die schönste Erleuchtung bieten späte<br />
Nachmittage im Hochsommer. Manchmal<br />
ist die Kirche ganz leer, wenn die Sonne die<br />
Rosette der Westwand erfasst und ihr farbiges<br />
Licht in einem langsamen festlichen<br />
Zug, der etwa eine Stunde dauert, von links<br />
nach rechts über die Wand des Presbyteriums<br />
und über die Figur des Christus<br />
Salvator wandern lässt. Dann ist zu ahnen,<br />
was der Vers aus Psalm 36 bedeutet: „In<br />
Deinem Lichte schauen wir das Licht.“<br />
Der Text ist das Schlusskapitel eines<br />
Kirchenführers „Abteikirche in Münsterschwarzach“,<br />
der zum Jubiläum am<br />
9. <strong>September</strong> <strong>2013</strong> erscheint.<br />
„In deinem Licht schauen wir das Licht“ (PS 36)<br />
Dr. Johannes Mahr<br />
Geboren 1941 in Würzburg •<br />
Studium der Germanistik, Archäologie,<br />
Philosophie • Lehrer am<br />
Egbert-Gymnasium • Apl. Professor<br />
am Institut für Neuere deutsche Literaturwissenschaft<br />
der Universität Würzburg<br />
•Publikationen zur deutschen Literatur und<br />
zur Geschichte der Abtei Münsterschwarzach<br />
und der Kongregation von St. Ottilien.
iNterVieW<br />
20<br />
Sehen, hören, schmecken,<br />
riechen, tasten<br />
Die fünf Sinne auf afrikanisch<br />
Interview mit Pater Christian<br />
Temu (Ndanda/Tansania)<br />
Haben Afrikaner schärfere<br />
Sinne als Europäer?<br />
Ja und nein. Wir haben alle fünf Sinne, die<br />
wir tagtäglich einsetzen und zum Leben<br />
brauchen. Doch für einen Afrikaner sind<br />
einige Sinne weniger wichtig, andere dagegen<br />
sehr. Der wichtigste Sinn ist für uns<br />
sicherlich der Tastsinn. Die Grundlage dafür<br />
wird schon in frühester Kindheit gelegt.<br />
Von Geburt an sind unsere Babys ganz nah<br />
bei ihren Müttern. Die Mutter hält ihr Baby<br />
im Arm, berührt es, liebkost es, trägt es<br />
herum. Selbst wenn die Frauen zur Arbeit<br />
auf die Felder gehen, tragen sie ihre Kinder<br />
bei sich. Körperkontakt und Berührungen<br />
vermitteln das Gefühl des Geliebtwerdens<br />
und der Sicherheit. Damit wachsen unsere<br />
Kinder auf, und das setzt sich fort bis ins<br />
Erwachsenenalter. Für uns ist es ganz wichtig,<br />
zusammen zu sein, einander zu berühren,<br />
uns an den Händen zu halten. So kann<br />
man bei uns 16-jährige Jungs beobachten,<br />
die Händchen halten. Während das in Europa<br />
als Indiz für Homosexualität gedeutet<br />
wird, ist das für uns ein normales Zeichen<br />
der Verbundenheit, der Freundschaft, des<br />
Vertrauens. Was man in Afrika dagegen<br />
nie sehen wird, sind Zärtlichkeiten in der<br />
Öffentlichkeit. Das ist Privatsache.<br />
Ein Gefühl der Verbundenheit<br />
Abt Anastasius bei den Feierlichkeiten der Abtsweihe in Peramiho<br />
Ist da die europäische Distanz nicht<br />
sehr befremdlich für einen Afrikaner?<br />
Ja, auf jeden Fall. Die Unterschiede werden<br />
schon deutlich, wenn man sich bei<br />
der Begrüßung die Hand reicht. In Afrika<br />
ist das kein kurzer, beiläufi ger Handschlag,<br />
sondern eine sehr ausführliche Berührung.<br />
Ein Afrikaner hält die Hand des anderen<br />
drei Mal so lange fest, man hält sich oft<br />
auch dann noch an den Händen, wenn<br />
man miteinander spricht. Der körperliche<br />
Kontakt drückt aus: Ich wende mich Dir<br />
zu, ich bin mit meinen Gedanken, meinem<br />
Herzen bei Dir. In Deutschland sagt man<br />
beim Begrüßungs-Handschlag zuerst seinen<br />
eigenen Namen. Man fragt nicht etwa<br />
nach dem Befi nden des anderen, sondern<br />
stellt seine Person in den Mittelpunkt.<br />
Menschen in Afrika sind gerne in Bewegung.<br />
Vermissen Sie Tanz und Bewegung?<br />
Natürlich, sehr! Nehmen wir zum Beispiel<br />
die Heilige Messe. Das läuft in Deutschland<br />
sehr steif ab, noch dazu wenn wir,<br />
wie hier im Kloster, lateinisch beten und<br />
singen. Ich meine damit nicht die intellektuelle<br />
Ebene, aber mit dem Körper und der<br />
Seele bin ich einfach nicht so sehr involviert.<br />
Es fehlt das bewegte Leben.<br />
Afrikas Landschaften sind karg, doch die<br />
Kleider der Menschen sind bunt und farbenfroh.<br />
Sind Afrikaner Augenmenschen?<br />
Farben sind ungeheuer wichtig für uns.<br />
Afrikanische Frauen tragen zu jeder Gelegenheit<br />
einen Khanga, ein buntes Kleidungsstück,<br />
das man als Rock, Tragetuch,<br />
Kopftuch, ja sogar als Handtuch oder Zudecke<br />
verwendet. Farbe ist Ausdruck von<br />
Freude und Festlichkeit, mit Farben feiern<br />
wir Afrikaner das Leben.<br />
Welche Eindrücke überraschen afrikanische<br />
Augen, wenn sie in Europa sind?<br />
Da gibt es ganz unterschiedliche Dinge.<br />
Die üppige Natur, die Jahreszeiten, die<br />
wir ja so nicht kennen. Aber auch, wie<br />
anders die Menschen hier leben, wie sie<br />
sich verhalten, wie sie mit anderen in<br />
Beziehung treten.
21<br />
Viele Europäer empfinden afrikanisches<br />
Essen als wenig abwechslungsreich. Wie<br />
schmecken afrikanische Gerichte?<br />
In der Tat ist unser Aromenspektrum nicht<br />
so breit wie das in Europa oder Asien. In<br />
Asien kann ein und dasselbe Gericht in<br />
bis zu 20 Geschmacksrichtungen zubereitet<br />
werden. Bei uns – zumindest gilt das für<br />
die traditionelle Küche – hat jedes Gericht<br />
einen ganz bestimmten Geschmack. In der<br />
Kilimandscharo-Region essen wir vor allem<br />
Maisbrei und gekochte Bananen. Rohkost<br />
gibt es nicht, alles wird gekocht. Auch<br />
bei der Zubereitung ist man wenig experimentierfreudig.<br />
Meine Mutter kocht den<br />
Maisbrei seit meiner Kindheit immer gleich<br />
– seit 35 Jahren! Ich denke, wir Afrikaner<br />
mögen eben natürlich belassenes Essen.<br />
Wir kochen die Zutaten ohne ihnen etwas<br />
beizufügen. Zudem ist Essen in Afrika keine<br />
Sache des Genusses. In manchen Ländern<br />
isst man einfach, um den Magen zu<br />
füllen und zu überleben.<br />
Was empfindet Ihre Nase<br />
denn als Wohlgeruch?<br />
Den Geruch des Waldes. Ich liebe es, an<br />
heißen Tagen in den Wald zu gehen und<br />
die kühle, frische Waldluft einzuatmen.<br />
Wer schon einmal in Afrika war weiß, dass<br />
die Savanne voller Geräusche ist. Was sagen<br />
diese Geräusche einem Afrikaner?<br />
Hören heißt ja nicht nur wahrnehmen,<br />
sondern auch bewusst aufnehmen und<br />
einordnen. Wirkliches Hören setzt voraus,<br />
dass ich meine Aufmerksamkeit auf etwas<br />
richte. Unter den Tierlauten gibt es solche,<br />
die mit Unglück assoziiert werden:<br />
Eine schreiende Eule auf dem Hausdach<br />
kündigt zum Beispiel Tod an. Der Ruf eines<br />
bestimmten Vogels verheißt die Ankunft<br />
eines Besuchers. Wieder andere Laute, wie<br />
das Fauchen eines Leoparden oder das<br />
Brüllen eines Löwen, werden mit Gefahr<br />
in Verbindung gebracht.<br />
Gibt es auch Hör-Unterschiede<br />
in der Gesprächskultur?<br />
Die afrikanische Kultur ist eine mündliche<br />
Kultur, das heißt die traditionelle Art, Wissen<br />
weiterzugeben, ist Erzählen und Zuhören.<br />
Zugleich hängt der Grad der Aufmerksamkeit<br />
immer davon ab, wer spricht.<br />
Wenn es jemand ist, der älter, erfahrener,<br />
sozial höher stehend, eine Autoritätsperson<br />
ist, hören alle zu. Auch dem Pfarrer<br />
hört jeder zu.<br />
Welchen Stellenwert hat Musik in Afrika?<br />
Musik wird vor allem mit traditionellen<br />
Schlag- und Saiteninstrumenten gemacht;<br />
dazu singen und tanzen wir. Musik dient<br />
der Erholung, ist aber auch Ausdruck der<br />
inneren Befi ndlichkeit. Sie kann gleichermaßen<br />
Trauer, Freude, Ärger oder Solidarität<br />
ausdrücken. Sie ist einfach Teil des Lebens.<br />
Das Interview führte Anja Legge<br />
Hat sich Ihr Geschmackssinn<br />
in Europa verändert?<br />
Nicht erst in Europa. Da unsere Kommunitäten<br />
in Tansania international sind, gibt<br />
es dort eine Mischung aus afrikanischem,<br />
europäischem und asiatischem Essen.<br />
Während meiner Zeit in Mtwara habe ich<br />
sogar immer wieder in einem deutschen<br />
Missionshaus gegessen und viel Neues<br />
kennen gelernt. Junge Männer, die von<br />
den Dörfern zu uns kommen, empfi nden<br />
europäisches Essen aber oft als schrecklich.<br />
Obwohl es qualitativ sehr hochwertig<br />
ist, mögen sie es nicht. Dennoch denke<br />
ich, dass die Küche anderer Länder Teil<br />
des interkulturellen Lernens ist. Ich fühle<br />
mich zu Haue, wenn ich afrikanisches Essen<br />
esse, mag aber auch die europäische<br />
Küche – mit ein paar Ausnahmen: Weißwurst,<br />
Innereien vom Schwein und Käse.<br />
Da gibt es einige Sorten, die wirklich grässlich<br />
stinken.<br />
In Afrika besitzt die Musik und der Tanz einen hohen Stellenwert
BetrieB<br />
22<br />
Aus dem Garten<br />
frisch auf den Tisch<br />
Die Klosterküche der abtei münsterschwarzach<br />
Liebevoll schwenkt die Klosterköchin in<br />
einer kleinen Pfanne Curry-Nudeln mit duftendem<br />
Thymian und knackigem Gemüse<br />
an. Nebenan werden Berge an Kopfsalat<br />
und frische Gartenpetersilie geputzt. Ein<br />
paar Schritte weiter schmeckt Küchenchef<br />
Hans Michael Held 60 Liter Brokkolicremesuppe<br />
mit Muskatnuss ab, während<br />
eine der Köchinnen hunderte von teigummantelten<br />
Champignons in brutzelndem<br />
Fett ausbackt.<br />
Verlesen der frischen Petersilie aus der eigenen<br />
Klostergärtnerei<br />
Erstaunlich ruhig geht es in der Münsterschwarzacher<br />
Klosterküche zu. „Wirkliche<br />
Stoßzeiten, zu denen der Hut brennt, gibt<br />
es bei uns nicht, da die Arbeit sehr gut<br />
planbar ist“, bestätigt Küchenchef Hans<br />
Michael Held. Wie die meisten seiner<br />
Kollegen kommt der gelernte Küchenmeister<br />
aus der klassischen Gastronomie;<br />
nach seiner Ausbildung im Steigenberger<br />
Hotel Bad Kissingen hat er sich jedoch<br />
bald dem Bereich der Gemeinschaftsverpfl<br />
egung zugewandt und zwölf Jahre<br />
in einer anderen Großküche gearbeitet.<br />
Seit Dezember 2010 ist Held Küchenchef<br />
in Münsterschwarzach.<br />
Bis zu 700 Essen am Tag<br />
„Die Besonderheit ist, dass wir wenige Gerichte<br />
in sehr großer Anzahl zubereiten“,<br />
erläutert er. 650 bis 700 Essen verlassen<br />
an einem normalen Werktag die Küche<br />
im Herzen des Klosterareals. Davon gehen<br />
etwa 380 an Schule und Tagesheim,<br />
80 bis 90 in den Konvent, etwa 20 in<br />
die Mitarbeiter-Kantine, weitere 20 ins<br />
Recollectio-Haus und zwischen 130 und<br />
150 ins Gästehaus. Mit viel Liebe und<br />
Sorgfalt bereiten die 18 MitarbeiterInnen<br />
täglich eine Suppe, ein Gericht für Konvent,<br />
Mitarbeiter und Recollectio-Haus,<br />
ein vegetarisches Essen, ein Schulessen<br />
sowie ein Gästehaus-Gericht zu. Hinzu<br />
kommen Frühstück, Brotzeit, Kaffee und<br />
Abendessen.<br />
Für jeden Geschmack<br />
ist etwas dabei<br />
Der Wochen-Speiseplan entsteht meist<br />
etwa 14 Tage vorher. „Da wir uns stets<br />
mit Metzgerei und Garten absprechen,<br />
gibt es keinen Wochenplan zwei Mal“,<br />
berichtet Hans Michael Held. Der Vorschlag<br />
wird dann zunächst von Gästehausleitung<br />
und Subprior durchgesehen<br />
und gegebenenfalls an die Bedürfnisse<br />
der Gäste angepasst. „So ist zum Beispiel<br />
ein Salatbuffet eher ungünstig,<br />
wenn viele ältere Leute zu Gast sind“,<br />
weiß Held aus Erfahrung. Mittwoch, Freitag<br />
und oft auch Montag sind fl eischlose<br />
Tage; dann zaubert das Küchenteam<br />
eine Süßspeise oder ein Fischgericht aus<br />
dem Topf. Ansonsten will man möglichst<br />
alle Altersgruppen ansprechen: So stehen<br />
gutbürgerliche Hausmannskost wie Kassler<br />
mit Kraut oder Sauerbraten ebenso<br />
auf der Karte wie Kichererbsen-Küchlein,<br />
vegetarische Soja-Bolognese oder<br />
italienische Tortellini.<br />
Jeder Kloß ist liebevolle Handarbeit – bei<br />
sage und schreibe 700 Stück kann das eine<br />
Weile dauern.<br />
Regional und saisonal<br />
Eines gilt dabei für sämtliche Gerichte: Die<br />
Zutaten sollten regional und saisonal sein.<br />
„An Gemüse gibt es alles, was der Garten<br />
hergibt“, konkretisiert Held. Die bunte Palette,<br />
die Bruder Thaddäus Beez anliefert,<br />
umfasst Fenchel, Kohlrabi, Blumenkohl,<br />
Brokkoli, Karotten, Weißkraut, Blaukraut<br />
und Kürbis ebenso wie Blattspinat, Tomaten,<br />
Gurken und Kräuter. Von April bis<br />
Ende Oktober kommt ausschließlich eigener<br />
Salat auf den Tisch. Überschüssige Gemüse-Mengen<br />
werden stets küchenfertig<br />
eingefroren, zugekauft wird erst, wenn alle<br />
Vorräte aufgebraucht sind. In diesem Fall<br />
wendet sich Held an den Gemüsehandel,<br />
wobei er auch hier großen Wert auf regionale<br />
Produkte legt. So sind Weintrauben<br />
aus Südafrika und Erdbeeren im November<br />
mittlerweile tabu. Stattdessen kommen<br />
die Lebensmittel in den Einkaufskorb, die<br />
hierzulande gerade Saison haben.
23<br />
Vollreife Früchte,<br />
intensive Aromen<br />
Mit der regional-saisonalen Linie will Held<br />
dem Trend „Alles zu jeder Jahreszeit“<br />
entgegenwirken: „Das hat nicht nur ökologische,<br />
sondern auch geschmackliche<br />
Vorteile“, argumentiert er. „Es kommen<br />
nur vollreife Früchte auf den Tisch und die<br />
Geschmacksnerven erfassen die Aromen<br />
viel intensiver.“ Ein bisschen schwierig<br />
wird das zuweilen im Winter, wenn sich<br />
die Auswahl stark reduziert. „Damit dann<br />
nicht jeden dritten Tag Kohl auf dem<br />
Plan steht, gibt es eben auch mal Zucchini<br />
oder Paprika aus Südeuropa.“ Ähnlich<br />
bewusst verfährt man mit Fleisch- und<br />
Wurstwaren: Schweine- und Rindfl eisch<br />
kommen aus der Kloster-Metzgerei, Gefl ü-<br />
gel und Wild werden bei Züchtern aus der<br />
Region zugekauft.<br />
Eigengeschmack<br />
statt Einheitswürze<br />
Ein Herzensanliegen sind Hans Michael<br />
Held schließlich Würze und Geschmack:<br />
Grundmaxime ist es, den Eigengeschmack<br />
der Zutaten herauszuarbeiten und zu unterstützen.<br />
So wird Fleisch lediglich mit<br />
Salz und Pfeffer, eventuell einem Hauch<br />
Knoblauch, Kümmel oder Majoran gewürzt.<br />
Gemüsearomen werden nicht per Einheitswürze<br />
überdeckt, sondern dezent betont<br />
– „sonst gehen die Nuancen verloren und<br />
die Zunge verliert ihre Sensibilität“. Auch<br />
bei den Fertigprodukten hat man Aromen,<br />
Geschmacksverstärker und künstliche Farbstoffe<br />
weitgehend aussortiert. Einmal pro<br />
Woche kocht das Team eine braune Grundsoße<br />
aus Knochen. Erst wenn die Mengen<br />
nicht mehr ausreichen, wird zum Fertigpulver<br />
gegriffen – ohne Glutamat versteht sich.<br />
Obwohl die Geschmäcker bekanntlich<br />
verschieden sind, gibt es sehr positive<br />
Rückmeldungen. „Unsere Gäste schmecken<br />
einfach, dass wir frisch produzieren“,<br />
sagt Held. Ein großes Lob gibt es für die<br />
täglichen vegetarischen Gerichte und die<br />
hohe Flexibilität bei Gästen mit Allergien<br />
und Unverträglichkeiten: „Die werden<br />
auch kurzfristig mit einem passenden Gericht<br />
versorgt.“ Das persönliche Lieblingsgericht<br />
des Küchenchefs ist übrigens ganz<br />
einfach Currywurst mit Pommes. „Doch<br />
nicht mit Ketchup aus dem Eimer, sondern<br />
mit einem Sößchen aus angeschwitzten<br />
Zwiebeln, Thai-Curry, frischen Tomaten<br />
und einem Hauch Knoblauch“. Wenn das<br />
nicht schmeckt!<br />
Die gebackenen Champignons sind bei Gästen wie Mönchen äußerst beliebt. Serviert werden sie<br />
mit Remoulade, Kartoffeln und Salat.<br />
In einer kleinen Pfanne bereitet die Köchin ein<br />
Extra-Gericht für zwei Gäste mit Milcheiweiß-<br />
Unverträglichkeit zu.
PrOJeKt<br />
24<br />
Wiederaufbau nach Großbrand<br />
Schüler der St. Maurus Secondary School in Tansania<br />
errichten ihr Wohnheim neu<br />
Zur Zeit schlafen sie in ihren Klassenzimmern:<br />
Die Schüler der St. Maurus Secondary<br />
School in Tansania haben bei einem<br />
Großbrand auf ihrem Schulgelände ihr<br />
Dach über dem Kopf verloren. Jetzt müssen<br />
die Schlafräume so schnell wie möglich<br />
neu errichtet werden. Daher arbeiten die<br />
Schüler derzeit selber beim Wiederaufbau<br />
mit. Anders könnte das Projekt gar nicht<br />
bewältigt werden.<br />
Die St. Maurus Secondary School der Benediktinerabtei<br />
Mvimwa liegt in der Stadt<br />
Sumbawanga im Westen Tansanias. Das<br />
Feuer in den Schulunterkünften brach an<br />
einem Abend des letzten Schuljahres aus,<br />
während die Schüler im Unterricht saßen.<br />
Hilfl os mussten die Schüler mit ansehen,<br />
wie das Gebäude völlig niederbrannte. Der<br />
Brand vernichtete die kompletten Wohnheime<br />
der Schüler.<br />
220 Schüler sind von der Notlage betroffen.<br />
Sie packen nun mit an: Sie schaffen<br />
neues Holz heran, sammeln Steine für<br />
die Fundamente, beschaffen, formen und<br />
brennen Ziegelsteine für die Wände und<br />
helfen mit beim Aufbauen der Gebäude.<br />
Die Abtei und die jungen Menschen arbeiten<br />
zusammen an der raschen Wiedereröffnung<br />
des Wohnheims. Sie sind dabei<br />
auch auf Hilfe von außen angewiesen. Sie<br />
brauchen Geld für Zement, für Bauholz,<br />
für Material. Ihre Hoffnung richtet sich dabei<br />
auf Unterstützung durch Freunde der<br />
Abtei in aller Welt.<br />
Alle packen mit an, um die Schule nach dem Brand wieder aufzubauen
25<br />
Eingangsbereich<br />
des Schulgeländes<br />
Alle packen mit an<br />
– solange Material da ist!<br />
Wie Sie helfen können?<br />
Die Schüler in Sumbawanga brauchen<br />
Geld für Bauholz, Zement, Baumaterial.<br />
Das Klassenzimmer wird<br />
zum Materiallager<br />
1 Blockstein kostet 1 Euro<br />
1 Sack Zement kostet 10 Euro<br />
1 Dachbalken mit Befestigung kostet 40 Euro<br />
Jeder Euro trägt dazu bei, dass die Schüler<br />
der St. Maurus Secondary School bald wieder<br />
in ihrem eigenen Bett schlafen können.<br />
Stichwort: „Sumbawanga“<br />
Überweisungen bitte auf das Konto<br />
Konto-Nummer: 301 50 33<br />
Bankleitzahl: 750 903 00<br />
Herzlichen Dank!<br />
Ihre Missionsbenediktiner von Münsterschwarzach<br />
Die Schüler formen und<br />
brennen die Steine selbst<br />
Ein Schüler auf der Baustelle einer Unterkunft<br />
SchülerInnen der Schule
NameN/NachrichteN<br />
26<br />
Bruder sein<br />
wird man nicht mehr los<br />
Begegnungstag mit ehemaligen mitbrüdern in der abtei münsterschwarzach<br />
Sind wir nicht alle Brüder und Schwestern,<br />
gehören wir nicht alle zu einer Familie?<br />
...so begrüßte Abt Michael die knapp 60<br />
ehemaligen Mitbrüder mit ihren Begleitungen<br />
und Familien. Zum zweiten Mal seit<br />
1999 hat der Konvent ehemalige Mitbrüder<br />
zur Begegnung eingeladen. Die erste<br />
Begegnung vor 14 Jahren war vom Charakter<br />
der Versöhnung geprägt. Abt Fidelis,<br />
dem der brüderliche Umgang im Kloster<br />
ein großes Anliegen war, bat damals um<br />
Verzeihung für das, was Obere und die Gemeinschaft<br />
manchem Ehemaligen an Unrecht<br />
zugefügt haben. Abt Michael nahm<br />
dieses Anliegen zu Beginn des diesjährigen<br />
Treffens auf und bestärkte es: „Ich als der<br />
heutige Abt möchte das bekräftigen und<br />
erneuern. Versöhnung und Frieden kann<br />
immer entstehen, auch nach vielen Jahren<br />
und sogar nach dem Tod; das erfahren wir<br />
immer wieder auf unterschiedliche Weise.“<br />
Dankbarkeit und Begegnung<br />
Das diesjährige Treffen am Samstag, dem<br />
13. Juli war geprägt von offener Begegnung<br />
und Dankbarkeit. Dankbarkeit für<br />
die gemeinsame Zeit und den heutigen<br />
Umgang miteinander.<br />
Der gemeinsame Gottesdienst in der Abteikirche<br />
war der Höhepunkt des Tages.<br />
„Jeder Mitbruder, der hier lebt oder einmal<br />
hier war, hat seine Spuren hinterlassen –<br />
ob sichtbar oder unsichtbar“ meinte Abt<br />
Michael in seiner Predigt, „Viele haben<br />
beim äußeren Aufbau mitgearbeitet und<br />
mitgedacht, mitdiskutiert und mitgestritten.<br />
Viele haben sich eingesetzt für klösterliche<br />
Veränderungen. SIE haben damals<br />
mit Leidenschaft und auch viel Frustration<br />
für vieles gekämpft, was heute selbstverständlich<br />
ist. Diese Spuren gehören zur Geschichte<br />
der Abtei, sie gehören auch zur<br />
Lebensgeschichte jedes einzelnen.“<br />
Und Armin Geiger, ein ehemaliger Mitbruder,<br />
sagte in seiner Ansprache während der<br />
Vesper in der Abteikirche: „Was ist das für<br />
ein guter Tag heute! Was haben wir alles<br />
erlebt in nur wenigen Stunden und miteinander<br />
ausgetauscht in der Freude des<br />
Wiedersehens, und wir haben uns wohlgefühlt<br />
in vertrauter Umgebung! Wir haben in<br />
meist dankbarer Erinnerung zurückgeschaut<br />
auf die Jahre, die wir im Bannkreis der Abtei<br />
verbracht haben. Wir haben gestaunt über<br />
die Veränderungen und die Leistungen dieses<br />
Konventes in den Jahrzehnten, seit wir<br />
einen anderen Weg eingeschlagen haben.“<br />
Jeder einzelne und auch<br />
das Kloster insgesamt<br />
hat sich verändert.<br />
Dieser Tag der Begegnung begann mit<br />
freudigem Wiedersehen und Gesprächen<br />
beim Stehkaffee im Klostergarten. Das<br />
gemeinsame Mittagessen fand an einem<br />
allen ehemaligen Mitbrüdern bekanntem<br />
Ort statt: Dem Refektorium des Klosters.<br />
Am Nachmittag lud Abt Michael ein, sich<br />
auf dem Gelände umzusehen; zu sehen,<br />
was es noch gibt, aber auch was sich verändert<br />
hat und was ganz neu ist. „Münsterschwarzach<br />
ist nicht mehr das Kloster,<br />
in das wir alle einmal eingetreten sind.<br />
Vieles hat sich verändert, äußerlich sichtbar<br />
an den Bauten aber auch im Innern<br />
spürbar, im Gottesdienst, am Umgang<br />
miteinander, an unseren Aufgaben, an der<br />
Zahl der Brüder und am Lebensalter.“
NameN/NachrichteN<br />
27<br />
Achtung Talent!<br />
Die Juni-Jugendvesper über die Zumutung Gottes,<br />
jedem von uns etwas geschenkt zu haben!<br />
Jeden dritten Freitag im Monat feiern wir<br />
um 19:30 Uhr den etwas anderen Gottesdienst<br />
in der Abtei Münsterschwarzach:<br />
Unsere Jugendvesper! Eingeladen sind<br />
Jugendliche und junge Erwachsene, um<br />
gemeinsam mit Mönchen der Abtei und<br />
vielen netten Menschen auf Gott zu schauen<br />
und uns von Gott anschauen zu lassen<br />
– um neue Wege zu gehen, Glauben zu<br />
erfahren und Erfahrungen zu teilen.<br />
Knapp einhundert Menschen kamen zur<br />
Jugendvesper im Juni in die Schulkapelle<br />
des Egbert-Gymnasiums. Gemeinsam stellten<br />
wir uns den Fragen: Was ist eigentlich<br />
ein Talent? Hab ich sowas auch? Was mach<br />
ich damit und was hat Gott damit zu tun?<br />
Antworten fanden wir in einem Film und<br />
einer Schriftlesung, in Bildern, Anregungen<br />
und Gesprächen. Wir schrieben unsere Talente<br />
auf kleine Holzbausteine und trugen<br />
sie anschließend auf dem Altar zusammen,<br />
hielten sie Gott hin und schufen ein<br />
gemeinsames Bauwerk. Dadurch erfuhren<br />
wir: Nur wenn wir unsere Talente pfl egen,<br />
können sie wachsen, nur wenn wir sie zusammentun<br />
und mit anderen teilen, kann<br />
wirklich etwas entstehen.<br />
Herzliche Einladung an alle jungen Menschen<br />
zu einer der nächsten Jugendvespern!<br />
www.jugendarbeit-muensterschwarzach.de
Namen/Nachrichten<br />
28<br />
Pater Konrad Göpfert<br />
65 Jahre Profess am 6. <strong>September</strong><br />
geboren am 16. Januar 1929 in Rimpar (Kreis Würzburg). Besuch von Seminar und Gymnasium in Würzburg. 1947 Klostereintritt,<br />
zeitliche Profess am 6. <strong>September</strong> 1948, Priesterweihe am 18. Juli 1953 durch Julius Döpfner, dem damaligen<br />
Bischof von Würzburg. 1955 Missionsaussendung in das Missionsgebiet der Abtei Ndanda in Tansania. Pater Konrad war<br />
hauptsächlich in der Pfarr-Seelsorge eingesetzt. So war er begeisterter und begeisternder Pfarrer in Lukuledi, Lindi, Kitangala,<br />
Nyangao und Nangoo. In den letzten Jahren war er in der Abtei Ndanda im seelsorgerlichen und klösterlichen Bereich<br />
tätig, u. a. war er geistlicher Begleiter der jungen Mitbrüder in der Abtei Ndanda. Ende des Jahres 2012 ist Pater Konrad<br />
nach 57jähriger segensreicher Missionstätigkeit aus Altersgründen in sein Heimatkloster Münsterschwarzach zurückgekehrt.<br />
60 Jahre Profess am 12. <strong>September</strong><br />
Abt Siegfried Hertlein<br />
geboren am 12. März 1931 in Schwanfeld bei Schweinfurt. 1946 bis 1952 Besuch der Gymnasien und Internate in Münsterschwarzach<br />
und Würzburg. 1952 Klostereintritt. 1956 Feierliche Profess, 1958 Priesterweihe. Studium der Philosophie<br />
in St. Ottilien, der Theologie in Würzburg und der Missionswissenschaft in Münster. 1961 Promotion in Würzburg zum<br />
Doktor der Theologie. 1962 Missionsaussendung nach Ndanda/Tansania. Neben seiner Seelsorgstätigkeit forscht er über<br />
die Missionsgeschichte in Tansania und Ndanda. 1969 bis 1976 Prior der Abtei Ndanda und von 1976 bis 2001 Abt<br />
von Ndanda. Abt Siegfried lebt weiterhin in der Gemeinschaft von Ndanda. Er ist für das Hospital verantwortlich und<br />
erforscht weiterhin mit viel Einsatzbereitschaft und Freude die Missions- und Landesgeschichte von Tansania.<br />
Pater Alois Seuferling<br />
geboren am 19. <strong>September</strong> 1931 in Berlin. 1951 in Würzburg Abitur. 1952 Klostereintritt. 1953 Zeitliche Profess, 1956<br />
Feierliche Profess. Am 7. Juli 1957 Priesterweihe durch Bischof Aurelian Bilgeri in Münsterschwarzach. 1958 Missionsaussendung<br />
nach Waegwan in Südkorea. Seelsorgerliche Tätigkeit im Kloster Waegwan, danach Seelsorger und Pfarrer in<br />
Songju, Waegwan, Sek-Tcheng-Tong, Indong, Yang-Mok. Ab 1980 Armee-Militär-Priester bei den Amerikanern in Waegwan,<br />
ab 1992 Priester im Altenheim von Kumnam, außerdem Mitarbeit in der Missionsprokura.<br />
Pater Gottfried Rhein<br />
geboren am 17. November 1931 in Aschaffenburg. Besuch der Gymnasien in Münsterschwarzach und Würzburg. 1952 Klostereintritt<br />
in Münsterschwarzach. 1956 Feierliche Profess, 1958 Priesterweihe durch Bischof Josef Stangl von Würzburg.<br />
Philosophiestudium in St. Ottilien und Theologiestudium in Würzburg. 1959 Missionsaussendung in die Abtei Peramiho/<br />
Tansania. Pater Gottfried war vor allem in der Seelsorge tätig und lange Zeit engagierter Pfarrer in den Pfarreien Litembo<br />
und Peramiho. 2012 kehrte Pater Gottfried aus gesundheitlichen Gründen nach Münsterschwarzach zurück und verbringt<br />
bei uns einen „aktiven“ Ruhestand, er ist besonders in der Seelsorge noch tätig.<br />
Pater Placidus Berger<br />
geboren am 8. August 1933 in Würzburg. Aufgewachsen ist er in Ebrach (Erzdiözese Bamberg). Besuch der Gymnasien<br />
in Bamberg, Münsterschwarzach und Würzburg. 1952 Klostereintritt, 1956 Feierliche Profess, 1958 Priesterweihe. Theologiestudium<br />
in San Anselmo in Rom. 1959 Studium in Trier am Liturgischen Institut, Promotion zum Doktor der Theologie<br />
im Fachbereich Liturgiewissenschaften. 1965 Missionsaussendung nach Kloster Waegwan/Korea. Pfarrer von Waegwan,<br />
Dozent für Liturgie und Patrologie am Theologischen Institut in Daegu. Gastprofessor an der Universität Daegu. Direktor<br />
des Exerzitienhauses in Waegwan. 1986 Rückkehr nach Deutschland, Kongregations-Sekretär und Generalprokurator der<br />
Kongregation von St. Ottilien in Rom. Seit 2004 Hausgeistlicher bei den Benediktinerinnen in Kirchschletten (Oberfranken).<br />
Abt Odo Haas<br />
geboren am 4. März 1931 in Karlstadt/Unterfranken. 1946-1952 erster Besuch der Gymnasien in Münsterschwarzach<br />
und Würzburg. Nach dem Abitur im Jahr 1952 Klostereintritt. 1956 Feierliche Profess, 1958 Priesterweihe. Am 13. <strong>September</strong><br />
1959 Missionsaussendung nach Waegwan/Korea. 1964-1971 erster Abt der neuen Abtei Waegwan. 1972-1982<br />
Missionar in Japan. 1982 Neugründung eines Klosters in Digos/Philippinen. 2005 bis 2008 in der Abtei St. Paul vor den<br />
Mauern in Rom tätig. 2008 bis 2011 Hausgeistlicher bei den Benediktinerinnen in Taipei in Taiwan. Abt Odo ist immer<br />
noch missionarisch tätig, er lebt und wirkt jetzt wieder in seiner früheren Gemeinschaft in der Abtei Waegwan/Korea.
Namen/Nachrichten<br />
29<br />
Pater Polykarp Uehlein<br />
50 Jahre Mission am 12. <strong>September</strong><br />
geboren am 15. Februar 1931 in Amorbach (Kreis Miltenberg). 1950 Eintritt in die Abtei Münsterschwarzach. Am 26.<br />
<strong>September</strong> 1954 Feierliche Profess und 1956 Priesterweihe. Studium der Philosophie und Theologie, anschließend Studium<br />
der Malerei an der Kunsthochschule in Frankfurt am Main. Seit 1963 ist er Missionar in der Abtei Ndanda/Tansania und<br />
dort als Seelsorger und Künstler tätig. Unzählige Fenster und Wandbilder in Kirchen und Klöstern hat er in Tansania,<br />
Kenia und Togo geschaffen. In der Diözese Würzburg hat er in Kirchenräumen in Münsterschwarzach, Dittelbrunn und<br />
Glattbach künstlerisch gewirkt.<br />
50 Jahre Profess am 14. <strong>September</strong><br />
Pater Viktor Kuck<br />
geboren am 14. November 1926 in Nickenich (Kreis Mayen-Koblenz). Uhrmacher im elterlichen Betrieb und Geschäft. Besuch<br />
des Spätberufenen-Seminars Kolleg Bischof Ketteler, Mainz, nach dem Abitur Eintritt in die Abtei Münsterschwarzach.<br />
1966 Feierliche Profess, 1968 Priesterweihe durch Bischof Josef Stangl von Würzburg. 1970 Missionsaussendung nach<br />
Ndanda/Tansania, dort in den Pfarreien Ndanda, Mnacho, Mtua, Luagala tätig. Von 1979 bis 1984 Leiter unseres Hauses<br />
Kurasini in Dar es Salaam. 1985 bis 1990 im Kolleg St. Benedikt in Würzburg eingesetzt. 1991 bis 2004 Hausgeistlicher<br />
bei den Benediktinerinnen in der Abtei Kirchschletten bei Bamberg. Seit 2004 lebt Pater Viktor wieder in unserer Abtei<br />
in Münsterschwarzach und ist hier in der Seelsorge und als Beichtvater in der Abteikirche tätig. Pater Viktors Sorge gilt<br />
besonders den Kranken.<br />
50 Jahre Mission am 22. <strong>September</strong><br />
Pater Beda Pavel<br />
geboren am 7. Juni 1935 im Kreis Budweis, aufgewachsen in Hammelburg. Besuch der Kloster-Gymnasien und Internate in<br />
St. Ludwig und Würzburg. Nach dem Abitur 1954 Eintritt in die Abtei Münsterschwarzach. 1960 Priesterweihe durch Abt-<br />
Bischof Viktor Hälg von Ndanda/Tansania. Studium in England und Abschluss mit Lehrer-Diplom. Missionsaussendung<br />
1963 in die Abtei Ndanda/Tansania. Pater Beda war mit Leib und Seele Lehrer für Mathematik, Physik und Biologie in<br />
Kigonsera, Likonde, Namupa und Soni. Von 1985 bis 1998 Hausoberer in Kurasini in Dar es Salaam. Ab 1999 Pfarrer in<br />
der Pfarrei Kilimahewa bei Dar es Salaam.<br />
60 Jahre Profess am 14. Oktober<br />
Bruder Chrysostomus Kaiser<br />
geboren am 25. Februar 1934 in Hassenbach (Landkreis Bad Kissingen). Nach dem Besuch der Volksschule in Hassenbach,<br />
Fleischerlehre in der Abtei Münsterschwarzach. 1951 Klostereintritt. 1953 zeitliche Profess und 1956 Ewige<br />
Profess. 1961 mit bestem Ergebnis Meisterprüfung als Fleischer in Augsburg. 1958 bis 1975 Leiter der Klostermetzgerei<br />
in Münsterschwarzach. Bruder Chysostomus hat unzählige Lehrlinge ausgebildet und war in der Metzger-Innung und<br />
Berufsschule sehr aktiv tätig. Bruder Chrysostomus hat die Mitbrüder, Gäste und Schüler des Klosters mit seinen vorzüglichen<br />
Wurst- und Fleischwaren bestens versorgt. Aus gesundheitlichen Gründen hat er dann 1983 die Arbeitsstellen im<br />
Kloster gewechselt. Er war in der Missionsprokura, im Sekretariat des Egbert-Gymnasiums und in St. Benedikt Würzburg<br />
tätig. Auch jetzt mit seinen fast 80 Lebensjahren denkt er noch nicht an Ruhestand, sondern ist unermüdlich im Packraum<br />
der Missionsprokura tätig und sorgt außerdem als Kloster-Nachtwächter dafür, dass die Mitbrüder und Bewohner<br />
des Klosters nachts unbesorgt schlafen können.
DaNK<br />
30<br />
Dankbar & erleichtert<br />
Die Sanitäranlagen stehen bereit für den Einbau<br />
Große Freude und Erleichterung herrschte<br />
in unserem Missionshospital, als wir<br />
erfuhren, dass unser Hilferuf zum Bau<br />
neuer Toiletten großzügig beantwortet<br />
wurde. Wir machten uns auch gleich ans<br />
Werk. Der Bautrupp unseres Krankenhauses<br />
konnte die Arbeiten ausführen. Es<br />
mussten neue Räume gebaut, Türen für<br />
die Kabinen angefertigt und neue Rohre<br />
verlegt werden.<br />
Im Gelände des Krankenhauses halten<br />
sich am Tag bis zu 2.000 Menschen auf.<br />
Das liegt daran, dass die Patienten immer<br />
mit den Verwandten kommen und<br />
die Mütter auch ihre Kinder mitbringen.<br />
Auch aus diesem Grund ist es äußerst<br />
wichtig, dass die gesunden Besucher<br />
und Begleiter nicht durch unsaubere<br />
Örtlichkeiten im Krankenhaus angesteckt<br />
werden.<br />
Wir können jetzt die Voraussetzungen<br />
schaffen, dass die Hygiene dauerhaft<br />
gewährleistet ist und sich die Menschen<br />
ohne Gefahr „erleichtern“ können. Wir<br />
sind daher dankbar und in jeder Hinsicht<br />
erleichtert, dass so viele Menschen<br />
unser Anliegen verstanden und uns<br />
geholfen haben.<br />
Ihr Br. Dr. Ansgar Stüfe
Drei rauchende Omas<br />
Ein wunderbarer Duft stieg Matata in die Nase. Oh, war das<br />
schön. Zu dritt saßen sie um ein kleines Kohlebecken und<br />
streuten von Zeit zu Zeit einige Weihrauchkörner in die Glut.<br />
Würzig und herb stieg der Rauch auf. Plötzlich ging die Tür<br />
auf und Tom trat in den Raum. „Himmel hilf, haltet ihr eine<br />
Andacht?“ Kati schaute ganz verzückt zu ihm hoch. „Riecht<br />
das nicht klasse? Du könntest uns jetzt eigentlich eine<br />
Geschichte vom Duft erzählen!“<br />
Tom dachte kurz nach und begann: „Ja, ich erinnere mich, als eines<br />
Tages drei Omas zu uns auf die Farm Lipilipili kamen. Ich glaube, es<br />
war 1982. Sie baten um eine Mitfahrgelegenheit in die Stadt Mbinga.<br />
Die drei waren gut beieinander, denn sie gingen zu einer Priesterweihe ins<br />
Hochland. Ich schwang mich hinter das Steuer unseres Landrover, neben mir<br />
Patric Mgaya, dahinter viele Gemüsekisten und mittendrin die Omas. Eigentlich<br />
war diese Duftkombination schon phänomenal: Schweiß, Kochdünste und Rauch sowie erdige Gemüsegerüche.<br />
Eine Safari von drei Stunden lag vor uns und kaum hatten wir die Farm verlassen, da<br />
bastelten die Omas aus Tabakkrümeln und trockenen Maisblättern ihre Zigarren. Waren diese<br />
„Stinkerles“ schon an frischer Luft für mich gewöhnungsbedürftig, so kriegte ich im Wagen<br />
kaum noch Luft und der Duft war unbeschreiblich. Unseren drei Omas machte es<br />
aber nichts aus, sie schnatterten und sangen in der Vorfreude auf das Fest, und<br />
pafften was das Zeug hielt. In Mbinga fiel ich fast aus dem Landrover und füllte<br />
meine Lungen mit frischer Luft. Die Omas aber kamen zu mir und bedankten<br />
sich wortreich und mit Freudentrillern. Dann machten sie ich auf den<br />
Weg ins Hochland. Ich sage Euch, nie wieder habe<br />
ich so eine irre Duftkombination<br />
erlebt!“
DaS POrtrait<br />
32<br />
STECKBRIEF:<br />
Name: Br. Antonius Dömling OSB<br />
Geboren: 10.07.1969 in Obereßfeld, Landkreis Rhön-Grabfeld<br />
1985-1988 Gärtnerlehre im Lehrlingsseminar der Abtei<br />
1988 Klostereintritt am 14. Oktober<br />
1990 Zeitliche Profess<br />
1992-1994 Ausbildung zum Bürokaufmann in der Missionsprokura<br />
1996 Feierliche Profess<br />
1997-2002 Gastbruder im Gästehaus der Abtei<br />
2002-2005 Kochlehre im Burghotel Dinklage, während dieser Zeit<br />
lebte er bei den Mitbrüdern im Kloster Damme<br />
Seit 2005 Mitarbeit in der Klosterküche<br />
2. Kommandant der Klosterfeuerwehr<br />
Meine Meinung zum Thema dieser Ruf-Ausgabe:<br />
Wer nicht mit den Sinnen lebt wird zum Kühlschrank, der nur funktioniert und keine Wärme hat und diese Wärme braucht<br />
man für das geistliche Leben und besonders für das Gebet.