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ZUM THEMA<br />
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Mönche reden über Liebe<br />
P. Meinrad und Br. Thomas Morus im Gespräch über Liebe auf dem Winkelhof im Steigerwald am 12. Januar <strong>2010</strong><br />
Meinrad, was ist für Dich<br />
Liebe? Welche Bilder<br />
und Erfahrungen kommen<br />
Dir, wenn Du an<br />
Liebe denkst?<br />
Oh, das ist eine zu<br />
große Frage. Bin ich<br />
Philosoph oder Psychologe,<br />
Biologe oder<br />
Theologe, gar Soziologe<br />
– es käme je eine andere Antwort,<br />
und mit Recht. Ich will Dir keine Defi nition<br />
sagen, aber ich würde gerne erzählen.<br />
So entstehen Bilder von Erfahrung.<br />
Wenn ich an die Liebe<br />
denke, fällt mir meine<br />
erste Jugendliebe ein.<br />
Wir lernten uns in der<br />
Tanzstunde kennen. Sie<br />
hatte einen Pferdeschwanz und ihre dunkelbraunen<br />
Haare reichten fast bis zum<br />
Po. Das fand ich toll. Unsere Beziehung<br />
war im wahrsten Sinne des Wortes rustikal.<br />
(Meinrad) „Kann man sich denken.“ (Tom)<br />
Bei jedem Wetter, egal ob es stürmte oder<br />
schneite, durchstreiften wir in Begleitung<br />
von ‚Mister Hund’ Feld und Wald. Aus zwei<br />
Ponchos bauten wir ein Minizelt und lagen<br />
dicht an dicht, erzählten Geschichten,<br />
planten unsere Zukunft und kuschelten. Sie<br />
holte mich später in die Russisch AG an<br />
ihrem Gymnasium. Dort saßen wir in einer<br />
Schulbank und ich malte rote Herzchen<br />
mit Liebesgefl üster auf Zettel, die ich ihr<br />
zuschob. Vom ganzen Russischunterricht<br />
behielt ich nur einen Satz: „Ja lublju tebja<br />
– ich liebe Dich.“<br />
Ganz alte, aber immer<br />
noch leuchtende Erinnerung<br />
geht bei mir auf ein<br />
Zeltlager zurück. Da war<br />
ich für eine kleine Gruppe<br />
Jüngerer verantwortlich. Ich erlebte mein<br />
Sorgen und Bemuttern bei Tag und Nacht<br />
als Hochgefühl und die Tugend der Liebe.<br />
Nach Jahren endete<br />
meine erste Jugendliebe.<br />
Zurück vom Sommerlager<br />
der Pfadfi nder<br />
in Finnland freute ich<br />
mich auf unser Wiedersehen. Ich hatte ein<br />
kleines Geschenk mitgebracht, doch ihre<br />
Freude darüber war verhalten. Wir gingen<br />
in ihr Zimmer und da eröffnete sie mir, dass<br />
da jemand anderes sei – aber, so sagte<br />
sie, wir können doch weiter gute Freunde<br />
sein. Für mich gab es nur eins: bloß weg!