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Gorilla 03/2013 - Zoologische Gesellschaft Frankfurt

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GORILLA<br />

N o <strong>03</strong><br />

<strong>2013</strong><br />

MITGLIEDERMAGAZIN DER<br />

ZOOLOGISCHEN GESELLSCHAFT FRANKFURT VON 1858 E. V.<br />

ISSN 1863-1789<br />

Chancen für Wildnis in Deutschland<br />

Mitgliederversammlung<br />

Einladung zur ZGF Mitgliederversammlung<br />

<strong>2013</strong><br />

Auftakt in Peru<br />

Neues großes Waldschutzprojekt<br />

im Manú Biosphärenreservat


INHALT <strong>03</strong> / <strong>2013</strong><br />

<strong>03</strong> EDITORIAL<br />

04 AKTUELLES WELTWEIT<br />

Neues aus unseren Projekten, von unseren<br />

Partnern und rund um die ZGF-Projektgebiete<br />

10 SCHWERPUNKT:<br />

NATIONALPARKS & WILDNIS<br />

10 Seelenschutzgebiete<br />

Warum wir Nationalparks brauchen<br />

16 Wilder Kreislauf<br />

Ein Moor kommt zurück<br />

19 Das Wildnisziel in Zahlen<br />

20 Premiummarke Nationalpark<br />

23 Im Gespräch: Michael Lammertz<br />

10<br />

24 AUS DEM ZOO FRANKFURT<br />

24 Aktuelles<br />

26 ZGF DIALOG<br />

26 Helfen Sie mit Ihrer Spende<br />

27 Einladung zur Mitgliederversammlung<br />

<strong>2013</strong><br />

16<br />

20<br />

IMPRESSUM<br />

Herausgeber<br />

<strong>Zoologische</strong> <strong>Gesellschaft</strong> <strong>Frankfurt</strong> von 1858 e.V.<br />

Bernhard-Grzimek-Allee 1, 6<strong>03</strong>16 <strong>Frankfurt</strong><br />

T: (069) 94 34 46 0 Fax (069) 43 93 48<br />

E: info@zgf.de<br />

I: www.zgf.de<br />

Redaktion<br />

Dipl.-Biol. Dagmar Andres-Brümmer,<br />

<strong>Zoologische</strong> <strong>Gesellschaft</strong> <strong>Frankfurt</strong><br />

T: (069) 94 34 46 11<br />

F: (069) 43 93 48<br />

E: andres-bruemmer@zgf.de<br />

Mit Beiträgen von<br />

Dr. Christof Schenck, Dagmar Andres-Brümmer, Katharina Hensen,<br />

Michael Brombacher, Sonia Steiger, Christine Kurrle sowie<br />

namentlich gekennzeichneten Autorinnen und Autoren.<br />

Fotos: alle Bilder ZGF, sofern nicht anders angegeben.<br />

Titelfoto: Okapia / imagebroker / Alexander von Düren<br />

Gestaltung: atelier himmelbraun, <strong>Frankfurt</strong> am Main<br />

Lektorat: Maria Ullmann<br />

Erscheinungsweise: vierteljährlich<br />

Auflage: 5.500 Exemplare<br />

Druck: Druck- und Verlagshaus Zarbock GmbH & Co. KG,<br />

<strong>Frankfurt</strong>, gedruckt auf 100 % Recyclingpapier<br />

ISSN: 1863-1789<br />

ZGF GORILLA ist die Mitgliederzeitschrift der <strong>Zoologische</strong>n<br />

<strong>Gesellschaft</strong> <strong>Frankfurt</strong> von 1858 e. V. Der Bezugspreis ist<br />

im Mitglieds beitrag enthalten.<br />

© ZGF <strong>2013</strong>, Nachdruck nur mit Genehmigung gestattet<br />

DANKE<br />

Wir danken unseren Freunden, Spendern und Sponsoren, ohne<br />

die wir unsere Naturschutzarbeit nicht in dem Maße um setzen<br />

könnten, wie wir es heute tun.<br />

WWW.ZGF.DE<br />

www.facebook.com/<strong>Frankfurt</strong>.Zoological.Society<br />

2 ZGF GORILLA | AUSGABE 3/<strong>2013</strong>


EDITORIAL<br />

Dr. Christof Schenck, Geschäftsführer der<br />

<strong>Zoologische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong> <strong>Frankfurt</strong><br />

Liebe Leserinnen und<br />

Leser, liebe Mitglieder<br />

und Freunde,<br />

Es ist der Blick über den Tellerrand, der Erkenntnis<br />

schafft und Impulse gibt. Bernhard Grzimek hatte ihn ohne Zweifel,<br />

als er sich zusammen mit Hubert Weinzierl und weiteren Mitstreitern<br />

vor fast 50 Jahren vehement für den ersten deutschen Nationalpark<br />

im Bayerischen Wald einsetzte. Grzimek hatte zahlreiche<br />

Nationalparks in Amerika und Afrika bereist und längst stand diese<br />

Königskategorie der Schutzgebiete im Fokus der Naturschutzarbeit<br />

seiner <strong>Zoologische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong> <strong>Frankfurt</strong>.<br />

Doch schon damals waren andere Länder<br />

und Kontinente den Deutschen im Flächenschutz<br />

weit voraus. Amerika hatte mit dem<br />

Yellowstone Nationalpark 1872 den weltweit<br />

ersten Nationalpark geschaffen, Afrika folgte<br />

1925 mit dem Virunga Nationalpark im<br />

Kongo, 1951 wurde die heute weltberühmte<br />

Serengeti als Nationalpark ausgewiesen, acht<br />

Jahre später folgten die Galápagos-Inseln vor<br />

der ekuadorianischen Küste. All diese Namen stehen heute für die<br />

schönsten und artenreichsten Landschaften, für ungezähmte Natur<br />

und häufig auch für einen großartigen wirtschaftlichen Erfolg.<br />

Millionen von Menschen verbringen dort ihren Urlaub, ihre „wertvollsten<br />

Tage des Jahres“. Nationalparks finden sich auf Landkarten<br />

verzeichnet und in Reiseführern beschrieben. Sie gelten als Naturkapital<br />

eines Landes und als Erbmasse für kommende Generationen.<br />

Keine echten Naturlandschaften, keine Urwälder, kein Platz und<br />

das Holz brauchen wir für die Sägewerke und nicht für den Borkenkäfer<br />

– das sind auch heute noch die gängigen Argumente, gegen neue<br />

Nationalparks in Deutschland. Dabei hat sich längst gezeigt, dass<br />

Forste wieder zu Urwäldern werden, wenn man sie nur lässt und dass<br />

sich selbst anspruchsvolle Tiere wie Luchs, Wolf, Schwarzstorch oder<br />

Seeadler wieder einstellen. Und die großen Fluten zum Sommeranfang<br />

haben deutlich gemacht: Nur in Naturlandschaften können<br />

Naturkatastrophen keinen Schaden anrichten. Nur dort sind Sturm<br />

und Wasser nicht gefürchtet sondern gewünscht. Sie sind Bestandteil<br />

einer Dynamik, wie sie seit Millionen von Jahren besteht. In überflu-<br />

Nur vier der deutschen<br />

Nationalparks erfüllen<br />

überhaupt den internationalen<br />

Standard.<br />

teten Auen entstehen keine Verluste, genauso wenig wie bei Windwurf<br />

in Nationalparks. Gleichzeitig sind Wildnisgebiete wichtige Puffer für<br />

unsere Wohn- und Wirtschaftsregionen. Jeder Kubikmeter Wasser in<br />

der Aue findet sich nicht im Keller oder auf dem Acker.<br />

Vierzehn Nationalparks gibt es heute in Deutschland, der Großteil<br />

von ihnen in den neuen Bundesländern. Abgesehen von den Küstennationalparks<br />

sind sie von der Fläche her<br />

im internationalen Vergleich geradezu winzig.<br />

Der jetzt so heiß diskutierte Nationalparkvorschlag<br />

im Nordschwarzwald, in der<br />

Basisvariante gerademal zehn auf zehn Kilometer<br />

Staatswald umfassend, hat weniger<br />

als ein Prozent der Fläche des peruanischen<br />

Manú-Nationalparks. Und da sage heute keiner<br />

mehr: „Tja, in Afrika und Südamerika<br />

gibt es riesige unbesiedelte Landstriche, die<br />

kann man leicht als Nationalpark ausweisen“. Der Bedarf an Bodenschätzen,<br />

Straßen oder Staudämmen ist auch auf den anderen Kontinenten<br />

inzwischen riesig und dennoch haben die Länder dort bis<br />

zu zehn Mal mehr Anteile ihrer Landesfläche unter strengen Schutz<br />

gestellt. Und auch den wichtigen Wildnisansatz nehmen sie viel erster.<br />

Nur vier der deutschen Parks erfüllen überhaupt den internationalen<br />

Standard, dass nämlich auf 75 Prozent der Nationalparkfläche<br />

kein Eingreifen des Menschen erfolgen soll.<br />

Weltweit werden wir uns weiter mit aller Kraft für die Filetstücke<br />

des Naturschutzes, für die Nationalparks, einsetzen. Dem Klassen-<br />

Schlusslicht Deutschland wollen wir helfen, aus dieser Position herauszukommen<br />

und der internationalen Verantwortung und den<br />

nationalen Vorgaben gerecht zu werden. Mit Rat und Tat wollen wir<br />

den zukünftigen Nationalparks beistehen. Und Politkern, Behörden,<br />

Landräten, Forstämtern und Nationalparkgegnern können wir den<br />

Blick über den Tellerrand wärmstens empfehlen.<br />

ZGF GORILLA | AUSGABE 3/<strong>2013</strong><br />

3


AKTUELLES WELTWEIT<br />

ALBANIEN<br />

Prespa-Seen sind international bedeutsame Feuchtgebiete<br />

Es gibt viele Gründe, warum die Region um die<br />

Prespa-Seen so einzigartig und bedeutsam ist<br />

– die Landschaft, die Vogelwelt oder die byzantinischen<br />

Ruinen. Auch der Fischreichtum<br />

des Sees ist bemerkenswert, 9 der 23 Fischarten<br />

in den Seen und Flüssen von Prespa<br />

sind endemisch. Das heißt, sie kommen nur<br />

hier und nirgendwo sonst auf der Erde vor. Bei<br />

den Vögeln ist die Liste noch eindrucksvoller:<br />

272 Vogelarten wurden in der Region kartiert.<br />

Anfang Juli hat das albanische Umweltministerium<br />

dem Rechnung getragen und die<br />

albanischen Anteile am Großen und am<br />

Kleinen Prespa-See bei der Ramsar-Konvention<br />

zum Schutz internationaler Feuchtgebiete<br />

nominiert. Prespa ist somit offiziell<br />

das vierte international bedeutsame Feuchtgebiet<br />

des Landes.<br />

Die 1971 ins Leben gerufene Ramsar-Konvention<br />

ist eine internationale Vereinbarung,<br />

unter der sich die 168 beigetretenen Länder<br />

verpflichten, ihre Feuchtgebiete nachhaltig<br />

und „weise“ zu nutzen und zu schützen.<br />

Weltweit gibt es mittlerweile 2.143 solcher<br />

Ramsar-Gebiete.<br />

34 Jahre später als Griechenland<br />

Bereits im Jahr 1979 waren die griechischen<br />

Anteile der Prespa-Seen unter den Schutz<br />

der Ramsar-Konvention gestellt worden.<br />

Damals trennte der Eiserne Vorhang Jugoslawien<br />

und Albanien von Griechenland. Erst<br />

nach 1992 konnte die grenzüberschreitende<br />

Zusammenarbeit im Dreiländereck zwischen<br />

Griechenland, Albanien und Mazedonien<br />

in Angriff genommen werden. Heute ist das<br />

gesamte Seensystem, vom Ohrid-See bis zu<br />

den Prespa-Seen, eingebettet in internationale<br />

Kooperationen wie etwa das „Grüne<br />

Band Europa“, in dem das Seengebiet einen<br />

wichtigen Eckstein darstellt.<br />

Das nun nominierte albanische Ramsar-Gebiet<br />

hat eine Fläche von 15.119 Hektar und<br />

ist vollständig eingebettet in den 1999 gegründeten<br />

Nationalpark Prespa in Albanien.<br />

Fatos Bundo, der Leiter der Abteilung<br />

Biodiversität des albanischen Umweltministeriums,<br />

freut sich über die<br />

Ramsar-Nominierungen: „Hierdurch erfahren<br />

die Prespa-Seen, die als Perlen des<br />

Balkans gelten können, endlich den nötigen<br />

Schutz, der von internationalen Experten<br />

schon lange gefordert worden war. Ohne<br />

die starke Unterstützung der Fachleute des<br />

von der KfW mitfinanzierten Projektes zum<br />

Aufbau der Prespa Nationalparkverwaltung,<br />

wäre die Nominierung nicht so schnell möglich<br />

gewesen.“<br />

Foto: Norbert Guthier<br />

Die ZGF und die Österreichische Bundesforste AG führen das von der KfW fi nanzierte Projekt am<br />

Prespa-See gemeinsam durch.<br />

BUKIT TIGAPULUH AUF CNN<br />

Über acht Folgen hinweg nimmt uns ein<br />

Fernsehteam von CNN mit nach Bukit Tigapuluh<br />

im Herzen Sumatras. Zwischen dem<br />

13. September und dem 1. November geht<br />

Philippe Cousteau auf CNN International<br />

immer freitagabends im Land der 30 Hügel<br />

auf "Expedition: Sumatra". Cousteau begleitet<br />

das Tiger- und das Elefanten-Team und<br />

beobachtet natürlich die Arbeit auf der ZGF-<br />

Orang-Utan Station, die Auswilderung von<br />

Orang-Utan Bobo und das Leben der jungen<br />

Orangs Violet und Radja. Die genaue Sendezeit<br />

wissen wir zum Zeitpunkt der Drucklegung<br />

des GORILLAs leider noch nicht, sie<br />

wird aber zusammen mit dem Inhalt der<br />

einzelnen Folgen auf unserer Webseite zu<br />

finden sein.<br />

4 ZGF GORILLA | AUSGABE 3/<strong>2013</strong>


AKTUELLES WELTWEIT<br />

SERENGETI<br />

Interaktive Safari<br />

Ein Vogelparadies<br />

Das Gebiet ist für Zugvögel der gesamten<br />

Paläarktis als Winterquartier von großer<br />

Bedeutung. Zehntausende von Zugvögeln<br />

verbringen jedes Jahr im Ohrid-Prespa-<br />

Seengebiet den Winter. Trotz ihrer Lage auf<br />

690 bzw. 850 m Höhe frieren der Ohrid- und<br />

Prespa-See selten zu. Und dank ihres Fischreichtums<br />

bieten sie im Sommer wie im<br />

Winter ausreichend Nahrung für fischfressende<br />

Wasservögel.<br />

Dank intensiver Schutzbemühungen, insbesondere<br />

auf griechischer Seite, hat sich in den<br />

vergangenen Jahrzehnten die Brutkolonie<br />

der beiden europäischen Pelikanarten (Rosaund<br />

Krauskopfpelikan) zur größten Pelikankolonie<br />

des Balkanraums entwickelt. Mit ca.<br />

1.100 Brutpaaren ist sie vielleicht sogar die<br />

größte in ganz Europa.<br />

Durch die Gründung eines Nationalparks<br />

auf albanischer Seite im Jahr 1999, die jetzige<br />

Ramsar-Nominierung sowie die anstehende<br />

Einrichtung eines Biosphärenreservats, das<br />

mit über 500.000 Hektar den Ohrid- und die<br />

beiden Prespa-Seen umfasst, wird der Schutz<br />

durch die drei Anrainerstaaten noch deutlich<br />

verbessert. Hierdurch erhalten stark bedrohte<br />

Arten im Gebiet um die Seen ihren Lebensraum<br />

zurück. Neben dem Braunbär und dem<br />

Wolf zählen insbesondere der Balkanluchs<br />

(Lynx lynx martinoi) und die Balkangämse<br />

(Rupicapra r. balcanica) zu den Arten, die im<br />

Fokus weiterer Schutzbemühungen stehen.<br />

Die Serengeti ist nicht nur weltweit berühmt,<br />

sondern auch Synonym für Wildnis in Afrika.<br />

Doch Klimawandel, Wilderei und eine stetig<br />

wachsende Bevölkerung bedrohen diesen<br />

Mythos. Im Juni machte sich ein Team der<br />

Deutschen Welle auf den Weg in die tansanische<br />

Savanne, um diese Problematik für die<br />

DW-Reihe „Global Ideas“ in einer sogenannten<br />

Web-Dokumentation zu thematisieren.<br />

„Global Ideas“ stellt Klima- und Artenschutzprojekte<br />

in Schwellen- und Entwicklungsländern<br />

vor. Gefördert wird die Reihe vom<br />

Bundesumweltministerium im Rahmen der<br />

Internationalen Klimaschutzinitiative.<br />

Geplant und produziert wurde die Produktion<br />

in enger Zusammenarbeit mit der ZGF,<br />

denn der Schutz der Serengeti ist für die Or-<br />

ganisation seit Grzimeks Zeiten ein zentrales<br />

Anliegen. Mit dem Ziel, die Herausforderungen<br />

und die Arbeit der ZGF vorzustellen,<br />

sind die drei DW-Mitarbeiter in die Serengeti<br />

gereist und das Reporterglück war mit ihnen:<br />

Die Gnus machten sich während der Dreharbeiten<br />

kamerawirksam zu ihrer großen Wanderung<br />

auf und auch die anderen Tiere lagen<br />

dem DW-Team zu Füßen und posierten für<br />

beeindruckende Bilder.<br />

In der Web-Dokumentation „Serengeti –<br />

Wanderung ins Ungewisse“ kann sich der<br />

Internetnutzer per Mausklick auf eine interaktive<br />

Reise durch die Savanne begeben,<br />

Tiere betrachten, mehr darüber erfahren, was<br />

sie bedroht sowie ihren Beschützern bei der<br />

Arbeit über die Schulter sehen.<br />

Serengeti – Wanderung ins Ungewisse<br />

Die Web-Dokumenation mit Bildern, Filmen<br />

und Texten gibt es ab dem 20. August auf<br />

Deutsch, Englisch und Spanisch.<br />

Online unter:<br />

www.dw.de/serengeti (deutsch)<br />

www.dw.de/english/serengeti (englisch)<br />

www.dw.de/spanish/serengeti (spanisch)<br />

Die Reportage wird am 26.8. im TV-Programm<br />

der Deutschen Welle ausgestrahlt –<br />

in Deutsch, Englisch, Spanisch und Arabisch.<br />

Online zu sehen ist sie unter:<br />

www.dw.de/themen/global-ideas/s-30494<br />

Foto: Deutsche Welle<br />

WEITERBILDUNG IN DEN USA<br />

Claudel Tshibangu aus dem ZGF-Team in<br />

Upemba im Ostkongo konnte im Juli an<br />

der jährlichen Konferenz der Society for<br />

Conservation GIS (SCGIS) in Kalifornien<br />

teilnehmen und zusätzlich noch seine GIS-<br />

Kenntnisse in einem Trainingskurs dort<br />

erweitern. Geografische Informationssysteme,<br />

kurz GIS, sind Informationssysteme<br />

zur Erfassung, Bearbeitung, Analyse und<br />

Präsentation räumlicher Daten. Sie liefern<br />

zum Beispiel die Datengrundlage zur Erstellung<br />

von Karten. Claudel Tshibangu<br />

zeigte schnell Talent im Umgang mit Daten<br />

und Karten und half bei der Erstellung<br />

von Karten für den Managementplan<br />

des Upemba Nationalparks. Sein Einsatz<br />

zahlte sich nun aus: Für das Stipendium der<br />

S C G I S w ar Ts h i b ang u au s 8 0 0 B e we r b e r n<br />

ausgewählt worden.<br />

Claudel Tshibangu<br />

ZGF GORILLA | AUSGABE 3/<strong>2013</strong><br />

5


AKTUELLES WELTWEIT<br />

PERU<br />

Neues Waldschutzprojekt<br />

Deutschland trägt zum Schutz des Waldes<br />

und der biologischen Vielfalt im Manú Biosphärenreservat<br />

bei. „Wir tun dies, indem wir<br />

bestehende Schutzgebiete stärken und vergrößern<br />

oder Lebensräume wiederherstellen.<br />

All das ist auch zum Wohle der Menschen<br />

dort und der indigenen Gemeinden“, sagte<br />

der deutsche Botschafter in Peru, Christoph<br />

Schmillen, anlässlich des Projektstartes von<br />

„ProBosque Manú“. Damit bringt er den Kern<br />

des Projektes auf den Punkt.<br />

Unter dem Motto „Mensch und Park“ strebt<br />

das Projekt eine größere Annäherung der indigenen<br />

Gemeinden im Manú-Tiefland mit<br />

den Nationalparkbehörden an. Beide Parteien<br />

sollen gemeinsame Nutzungsstrategien<br />

entwickeln wie beispielsweise ein naturverträgliches<br />

Tourismuskonzept.<br />

Das Projekt mit dem langen Namen „Waldschutz<br />

und Management der natürlichen Ressourcen<br />

im Manú Biosphärenreservat“ wird<br />

vom Bundesumweltministerium (BMU) gefördert.<br />

Umgesetzt wird das Projekt gemeinsam<br />

von der ZGF und der peruanischen<br />

Schutzgebietsbehörde SERNANP. Hauptziele<br />

sind ein merklicher Rückgang der Entwaldung<br />

sowie eine nachhaltigere Nutzung der<br />

natürlichen Ressourcen. Das Manú Biosphärenreservat<br />

im Südosten Perus, das neben<br />

dem Manú Nationalpark im Amazonas-Tief-<br />

land auch die Bergwälder an den Osthängen<br />

der Anden umfasst, ist Heimat unzähliger<br />

Tier- und Pflanzenarten. Im letzten Jahrzehnt<br />

gingen jedoch immer größere Teile des<br />

Waldes verloren. Sie wurden von den Bewohnern<br />

abgeholzt, um Platz für Anbauflächen<br />

und Weideland zu schaffen.<br />

Offiziell vorgestellt wurde das Projekt am 21.<br />

Mai <strong>2013</strong> in der peruanischen Hauptstadt<br />

Lima. Es wird mit zwei Millionen Euro aus<br />

der Internationalen Klimaschutzinitiative<br />

(IKI) des BMU gefördert. Das Projekt dient<br />

nicht nur der Erhaltung der Biodiversität im<br />

peruanischen Regenwald, durch das Vermeiden<br />

von Entwaldung trägt es auch zum<br />

Klimaschutz bei.<br />

Pedro Gamboa, Chef der peruanischen<br />

Schutzgebiete sowie Vize-Umweltminister<br />

Gabriel Quijandría Acosta zeigten sich zuversichtlich,<br />

dass die ZGF der richtige Projektpartner<br />

zur Umsetzung des Vorhabens<br />

sei. Um die gute Zusammenarbeit zu untermauern,<br />

unterzeichneten Acosta und<br />

ZGF-Programmleiter Dr. Robert Williams<br />

eine neue Kooperationsvereinbarung zwischen<br />

der ZGF und dem Ministerium für<br />

die nächsten fünf Jahre.<br />

Foto: SERNANP<br />

ZGF-Programmleiter Dr. Robert Williams und der peruanische Vize-Umweltminister Gabriel Quijandría<br />

Acosta unterzeichneten eine neue Kooperationsvereinbarung zwischen der ZGF und dem Ministerium.<br />

QR Code: Video des Projektstarts<br />

von ProBosque Manú<br />

in Lima.<br />

AUSZEICHNUNG FÜR DIE ZGF<br />

Die nationale Biodiversitätskommission des<br />

peruanischen Umweltministeriums zeichnet<br />

jedes Jahr Personen und Institutionen für<br />

ihr besonderes Engagement zum Schutz der<br />

bio logischen Vielfalt aus. In diesem Jahr ging<br />

die Auszeichnung in der Kategorie „Institutionen“<br />

an das ZGF-Team Peru. Unter dem<br />

diesjährige Motto „Water is life, life is biodiversity“<br />

fügt sich das Engagement der ZGF<br />

zum Schutz der Riesenotter ganz hervor-<br />

ragend ein. Und somit passte es auch, dass<br />

ZGF-Geschäftsführer Dr. Christof Schenck<br />

den Preis in Lima in Empfang nehmen<br />

konnte, denn mit seinen Arbeiten über die<br />

Riesenotter im Manú Nationalpark hatte vor<br />

mehr als 20 Jahren alles angefangen.<br />

6 ZGF GORILLA | AUSGABE 3/<strong>2013</strong>


AKTUELLES WELTWEIT<br />

ÄTHIOPIEN<br />

Der Steinbock sucht ein Zuhause<br />

Drei Tage lang stand das große Konferenzzentrum<br />

Addis Ababa Exhibition Center im Zeichen<br />

der Natur des Landes. Vom 28. bis 30. Juni feierten<br />

mehrere Tausend Besucher das erste<br />

Wildlife Festival. Aktionen, Ausstellungen, Vorführungen<br />

und Infostände informierten über<br />

die vielfältigen Naturschätze Äthiopiens.<br />

Ein ganz besonderes Augenmerk lag auf dem<br />

Simien Nationalpark im Norden des Landes,<br />

der unter dem Motto „The Walia needs<br />

a home“ auf sich und die Gefahren, die den<br />

Park bedrohen, aufmerksam machte. Der<br />

„Walia“ ist der Äthiopische Steinbock, ein<br />

wunderschöner schokoladenbrauner Steinbock,<br />

der nur in den hohen Lagen im Norden<br />

Äthiopiens vorkommt. Anfang der<br />

1960er-Jahre waren aufgrund von Jagd und<br />

Lebensraumverlust weniger als 200 Tiere<br />

der Art Walia ibex übrig geblieben. Mit der<br />

Gründung des Simien Nationalparks 1969<br />

wurde der Walia dessen Flaggschiffart und<br />

erholte sich langsam. Heute gibt es zwar wieder<br />

etwa 500 Tiere, doch gefährdet ist die Art<br />

immer noch. Simien beheimatet nicht nur<br />

die einzige geschützte Steinbock-Population,<br />

sondern auch die zweitgrößte Population des<br />

Äthiopischen Wolfs.<br />

Wie überall kann der Schutz des Nationalparks<br />

nur gelingen, wenn die Menschen im<br />

Land gut informiert sind und den Park akzeptieren.<br />

Auch dazu wollte das Festival<br />

beitragen. Veranstaltet wurde es daher von<br />

der äthiopischen Naturschutzbehörde, der<br />

Ethiopian Wildlife Conservation Authority<br />

(EWCA). Treibende Kraft hinter dem<br />

Fes tival war Sängerin und Aktivistin Chachi<br />

Tadesse, die auch Ehrenbotschafterin der<br />

EWCA ist. Aber auch die ZGF war als Partner<br />

von EWCA einer der Hauptorganisatoren<br />

des Festivals. Das ZGF-Team in Äthiopien<br />

präsentierte während des Festivals einen<br />

ganzen Schwung an neuen Flyern und Broschüren,<br />

die dazu beitragen sollen, Simien<br />

bekannter zu machen, ein neuer Führer zu<br />

den Tieren und Pflanzen des Parks und vor<br />

allem die brandneue Internetseite des Parks.<br />

Unter www.simienmountains.org kann man<br />

nun den Park erforschen und findet wertvolle<br />

Tipps für eine Reise nach Simien.<br />

Die ZGF arbeitet seit 2006 in enger Abstimmung<br />

mit der Ethiopian Wildlife Conservation<br />

Authority im Simien Nationalpark.<br />

Gemeinsam mit EWCA und dem Amhara<br />

Bureau of Culture and Tourism entwickelt<br />

das ZGF-Team vor Ort zurzeit einen Managementplan<br />

für den Nationalpark, bildet das<br />

Parkpersonal aus und fördert die Umweltclubs<br />

in den Schulen in den Simien-Bergen.<br />

www.simienmountains.org<br />

Viele Ausstellungen und Musikdarbietungen auf dem ersten Wildlife Festival in Addis Abeba<br />

standen ganz im Zeichen des Simien Nationalparks.<br />

Foto: Eliza Richman, ZGF<br />

FESTE FEIERN IM MANÚ<br />

Im Mai und Juni kam das ZGF-Team in Peru<br />

kaum noch aus den Festivitäten heraus. Zuerst<br />

stand das Riesenotterfestival in der Provinzhauptstadt<br />

Puerto Maldonado auf dem<br />

Programm. Zum zweiten Mal wurde das von<br />

der ZGF ins Leben gerufene Festival gefeiert.<br />

Viele Vereine und Schulen beteiligten sich<br />

bei Vorträgen und einem Festumzug, das<br />

ZGF-Team organisierte eine Ausstellung,<br />

Filmvorführungen und Kinderaktionen.<br />

ZGF GORILLA | AUSGABE 3/<strong>2013</strong><br />

Höhepunkt war die Zählung der Riesenotter<br />

im Tambopata-Reservat, die unter Anleitung<br />

des ZGF-Otterteams von Parkrangern, Touristenführern<br />

und Volontären durchgeführt<br />

wurde. Insgesamt 25 Riesenotter konnten<br />

die Beobachter zählen. Wenig später standen<br />

die Zeremonien anlässlich des 40-jährigen<br />

Bestehens des Manú Nationalparks<br />

an. Seit 20 Jahren ist die ZGF ein fester und<br />

wichtiger Partner des Nationalparks.<br />

40 Jahre Manú Nationalpark werden von Groß<br />

und Klein gefeiert.<br />

7


AKTUELLES WELTWEIT<br />

RUMÄNIEN<br />

Naturnahe Wiederaufforstung in den Karpaten<br />

In den letzten zehn Jahren fielen im Dambovita<br />

Tal, dem östlichen Teil des Natura-<br />

2000-Gebietes Muntii Fagaras, knapp 2.000<br />

Hektar Wald einem unkontrollierten Raubbau<br />

zum Opfer. Im Rahmen eines LIFE-Projektes,<br />

dem Finanzierungsinstrument der<br />

EU für Natur- und Umweltschutz, bemüht<br />

sich die CARPATHIA-Initiative um die Wiederherstellung<br />

der degradierten Flächen.<br />

Aufgrund der nachlässigen Forstwirtschaftspraktiken<br />

zeigen viele der Flächen eine fehlende<br />

oder sehr verzögerte Naturverjüngung<br />

und der Boden ist ungeschützt der Erosion<br />

preisgegeben. Hinzu kommt, dass umliegende<br />

Schäfer diese Kahlschläge vermehrt<br />

als Waldweide nutzen und damit eine eventuell<br />

aufkommende Naturverjüngung gleich<br />

wieder vernichten. In den letzten Monaten<br />

wurde aus diesen Gründen mit der Bepflanzung<br />

erster ausgesuchter Flächen begonnen,<br />

um so den Grundstein für eine naturnahe<br />

Waldentwicklung zu legen. Besonderes Augenmerk<br />

wird dabei auf eine dem Standort<br />

entsprechende natürliche Artenzusammensetzung<br />

gelegt: eine Mischung aus Buche,<br />

Tanne, Berg ahorn, Esche und Ulme soll die<br />

ansonsten vorherrschenden Fichtenbestände<br />

langsam zurückdrängen. Ziel der Initiative<br />

ist die Errichtung eines 60.000 Hektar großen<br />

Wildnisgebietes mit einer reich strukturierten<br />

Waldlandschaft, die einer vielfältigen Tierwelt<br />

als Rückzugsgebiet dient. Mithilfe starker privater<br />

Unterstützung entwickelt sich hier eines<br />

der größten Naturschutzprojekte Europas.<br />

Die <strong>Zoologische</strong> <strong>Gesellschaft</strong> <strong>Frankfurt</strong> ist<br />

seit 2012 Partner dieser Intitiative.<br />

Foto: Barbara Promberger<br />

Wiederaufforstung in den Karpaten.<br />

DER DEUTSCHE WALD<br />

Einst war Deutschland zu 95 Prozent mit<br />

dichtem Wald bedeckt. Eine Vielfalt von fast<br />

70 Baumarten, von der heute nur noch Fragmente<br />

zeugen. Die prächtigsten dieser Erinnerungsstücke<br />

hat der Fotograf Thomas<br />

Stephan für dieses Buch zusammengetra-<br />

gen:<br />

Ein nationaler Schatz, der sich wieder<br />

ausbreiten könnte, wenn unsere Politiker ihr<br />

Versprechen von fünf Prozent Waldwildnis<br />

wahr machen würden. Das Buch führt uns<br />

von den Wäldern an Deutschlands Küsten bis<br />

8 ZGF GORILLA | AUSGABE 3/<strong>2013</strong>


AKTUELLES WELTWEIT<br />

ORANG-UTANS<br />

Die Baumvermesserin<br />

Obwohl Orang-Utans (Pongo abelii) bereits<br />

seit 50 Jahren wieder ausgewildert werden,<br />

sind noch lange nicht alle Fragen zu den Menschenaffen<br />

beantwortet, zu ihrem Verhalten<br />

und vor allem der Frage, wie die Wiederansiedlungen<br />

so gestaltet werden können, dass<br />

sie auch wirklich der Erhaltung der Art dienen.<br />

Um mit ihrer Forschung zum Erfolg von<br />

Orang-Utan-Wiederansiedlungen beizutragen,<br />

untersuchte Dr. Doris Kelle vom Institut<br />

für Forstwissenschaften der Universität Freiburg<br />

unter der Leitung von ZGF-Projektleiter<br />

Dr. Peter Pratje für ihre Doktorarbeit Orang-<br />

Utans in freier Wildbahn und entwickelte gemeinsam<br />

mit Kolleginnen und Kollegen ein<br />

Überlebensmodell für die Tiere. Dank dieses<br />

Modells wurde nun sehr viel klarer, was ein<br />

Wald den Orang-Utans bieten muss, damit er<br />

ihnen dauerhaft ein Zuhause sein kann.<br />

Doris Kelle forschte fast zwei Jahre lang in<br />

der Auswilderungsstation der ZGF in Indonesien,<br />

vermaß in der Zeit 18.344 Bäume,<br />

beobachtete vier Monate lang den Alltag der<br />

Orang-Utans und analysierte deren Nahrung.<br />

Besonderes Augenmerk galt der räumlichen<br />

Verteilung von Baumarten, besonders der<br />

Bäume, die den wiederausgewilderten Orang-<br />

Utans als Nahrung dienen. Dabei zeigte sich,<br />

dass gewässernahe Tieflandgebiete, aber<br />

auch Sekundärwald eine hohe Anzahl wichtiger<br />

Nahrungsbäume aufweisen und dass die<br />

Baumarten Ficus, Parkia und Artocarpus für<br />

die Affen besonders wichtige Nahrungsquellen<br />

sind. Dass Sekundärwald für die Orang-<br />

Utans besser oder auch genauso gut geeignet<br />

sein soll wie der ursprüngliche Primärwald,<br />

irritiert zunächst.<br />

„Im direkten Vergleich zwischen Primärwald<br />

und Sekundärwald habe ich tatsächlich<br />

hinsichtlich der Nahrungsbäume eine<br />

geeignetere Baumartenzusammensetzung im<br />

Sekundärwald gefunden“, sagt die Wissenschaftlerin.<br />

Dies gehe wahrscheinlich damit<br />

einher, dass in den "alten" Wäldern Baumarten<br />

vorherrschen, die zwar für die Holzindustrie<br />

interessant seien, aber nicht als Nahrung<br />

für die Orang-Utans infrage kommen. „Dadurch,<br />

dass diese Bäume riesig sind und alles<br />

andere unterdrücken, ist die Artenvielfalt<br />

geringer und somit auch die Nahrungsbaumvielfalt<br />

für Orang-Utans. Zudem gibt es im<br />

Sekundärwald Öffnungen im Kronendach<br />

und größere lichte Stellen. Das heißt, es gibt<br />

eine Vielfalt an Sukzessionsstadien, die optimal<br />

für schnell wachsenden Bäumen sind“,<br />

erläutert Kelle.<br />

Daraus allerdings den Schluss zu ziehen, ein<br />

sekundärer, also ein nach dem Abholzen des<br />

ursprünglichen Primärwaldes wieder neu<br />

gewachsener Wald, sei vollkommen ausreichend,<br />

wäre ein arger Trugschluss. „Wir<br />

haben vielmehr gezeigt, dass der Sekundärwald<br />

in Puncto Nahrung für die Tiere<br />

ein sehr gutes Habitat ist“, sagt Doris Kelle.<br />

Ihre Arbeit belegt damit einmal mehr, wie<br />

wichtig die Pufferzonen um den Nationalpark<br />

herum sind und dass Störungen in diesen<br />

Pufferzonen, etwa durch Holzeinschlag<br />

Doris Kelle und Jenggo, einer der Orang-Utans<br />

des Wiederauswilderungsprogrammes.<br />

oder die Förderung von Kohle im Tagebau,<br />

weit in den Bukit Tigapuluh Nationalpark<br />

hineinwirken. „Der Wert des Primärwaldes<br />

mit Lianen und hohen Schlafbäumen für die<br />

Orangs ist nicht zu unterschätzen, mal ganz<br />

abgesehen von der Abgeschiedenheit und<br />

Sicherheit des Parks“, sagt Doris Kelle.<br />

Noch ist die neue Orang-Utan-Population<br />

in Bukit Tigapuluh nicht endgültig etabliert,<br />

was es schwer macht, zu bewerten, in welchem<br />

Umfang sie tatsächlich zur Erhaltung<br />

des Art Pongo abelii beiträgt. Doch es gibt<br />

mittlerweile die erste Generation von Orang-<br />

Utans, die in der Wildnis geboren worden<br />

ist. Damit wurde eine große Hürde auf dem<br />

Weg zur dauerhaften Etablierung bereits genommen.<br />

„Da Orang-Utans sich nur sehr<br />

langsam entwickeln und fortpflanzen, wird<br />

es noch einige Jahre dauern, bis eine eindeutigere<br />

Bewertung möglich ist“, sagt Doris<br />

Kelle. „Bis dahin ist die größte Aufgabe bei<br />

der Wiederauswilderung von Orang-Utans<br />

die Erhaltung des Lebensraums, ohne den<br />

die Art nicht bestehen kann.<br />

Foto: Doris Kelle<br />

zu den bayerischen Bergwäldern. Die außergewöhnlichen<br />

Aufnahmen werden begleitet<br />

von einem Text der ehemaligen GEO-Redakteurin<br />

Uta Henschel, der anschaulich<br />

und mit manch überraschender Information<br />

die Geschichte von der romantischen Verklärung<br />

bis zur heutigen politischen Diskussion<br />

um den deutschen Wald erzählt.<br />

Thomas Stephan, Uta Henschel<br />

GRÜNES WUNDER – Wälder in Deutschland<br />

Erschienen 2012 bei Grubbe Media GmbH<br />

Hardcover mit Schutzumschlag<br />

200 Seiten mit ca. 180 Farbabbildungen,<br />

49,95 €<br />

ISBN: 978 3 942194 08 2<br />

ZGF GORILLA | AUSGABE 3/<strong>2013</strong><br />

9


SCHWERPUNKTTHEMA | NATIONALPARKS & WILDNIS<br />

Schwerpunkt<br />

THEMA<br />

Warum wir Nationalparks brauchen.<br />

10 ZGF GORILLA | AUSGABE 3/<strong>2013</strong>


SCHWERPUNKTTHEMA | NATIONALPARKS & WILDNIS<br />

In unseren Nationalparks lassen<br />

wir Wildnis zu, darf die Natur<br />

Natur sein. Nicht nur für<br />

Artenvielfalt und natürliche<br />

Prozesse ist dies elementar,<br />

sondern auch für uns Menschen.<br />

Das Ziel, fünf Prozent unserer<br />

Wälder aus der wirtschaftlichen<br />

Nutzung zu nehmen, sollte<br />

eigentlich ohne große Debatte<br />

umgesetzt werden können.<br />

Eigentlich.<br />

Von Karl Friedrich Sinner<br />

Unser Land ist reich an vielfältigen Landschaften. In der Mitte<br />

Europas gelegen, hat es Anteile an vielen Naturräumen dieses<br />

Kontinents, die uns als seit Jahrhunderten genutzte und gepflegte<br />

Naturlandschaften vertraut sind.<br />

Arm ist unser Land hingegen an ursprünglicher Wildnis. Nur im<br />

Hochgebirge, in Teilen der Küstenlandschaft an Nord- und Ostsee<br />

sowie auf Restflächen der ehemals großen Moorlandschaften finden<br />

wir noch Gebiete, wo seit jeher Natur Natur sein darf. Diese Armut<br />

an Wildnis mit ihrem eigenen Wert und Reiz an Schönheit, Unberechenbarkeit<br />

und manchmal auch Gefahr wird uns umso bewusster,<br />

je mehr sich in den letzten Jahrzehnten die alte, vertraute, vielfältige<br />

Kulturlandschaft der Äcker, Wiesen und Wälder in hochmechanisierte<br />

Produktionsflächen von Nahrungsmitteln und nachwachsenden<br />

Rohstoffen verwandelt hat.<br />

Erstmals leben in Deutschland mehr Menschen in den Städten als<br />

auf dem Land. Unsere moderne Art zu leben hat weltweit die Grenzen<br />

der nachhaltigen Nutzung des Planeten überschritten. Die Folgen<br />

dieser Entwicklung können wir an unseren Landschaften sehen<br />

und den Verlust an Vielfalt in den Roten Listen und der geringer<br />

werdenden Artenvielfalt erkennen. Der Verlust für die Qualität unserer<br />

eigenen Beziehung zu unserer natürlichen Umwelt ist erst in<br />

Ansätzen zu erahnen. Diese knappe Situationsbeschreibung zeigt<br />

den Hintergrund, vor dem heute eine oft hoch emotional geführte<br />

Debatte über das Zulassen von neuer Wildnis in Nationalparks und<br />

den Kernzonen der Biosphärenreservate entbrannt ist.<br />

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os: Karl<br />

ZGF GORILLA | AUSGABE 3/<strong>2013</strong> 11


SCHWERPUNKTTHEMA | NATIONALPARKS & WILDNIS<br />

Im "<strong>Gesellschaft</strong>lichen Vertrag zu Waldbewirtschaftung"<br />

war bereits 2001 Konsens, dass<br />

fünf Prozent der Waldfläche aus der Nutzung<br />

zu nehmen sind.<br />

Auslöser für die Debatte ist das Ziel in der Biodiversitätsstrategie der<br />

Bundesregierung, bis 2020 in Deutschland wieder auf zwei Prozent<br />

der Fläche Wildnis zuzulassen und fünf Prozent der Wälder unseres<br />

Landes nicht mehr zu nutzen. Es ist ein bleibender Verdienst des<br />

Deutschen Forstwirtschaftsrates, dass anlässlich des 1. Deutschen<br />

Waldgipfels 2001 mit allen relevanten Gruppen der Forstwirtschaft,<br />

der Holzindustrie und des Naturschutzes der „<strong>Gesellschaft</strong>liche Vertrag<br />

zur Waldbewirtschaftung“ abgeschlossen wurde. Im Kapitel Naturschutz<br />

sieht dieser Vertrag vor, dass neben der Integration des<br />

Naturschutzes in die Bewirtschaftung, fünf Prozent der Waldfläche<br />

aus der Nutzung zu nehmen sind. Aus diesem von allen getragenen<br />

Konsens kam das Fünf-Prozent-Ziel in die Biodiversitätsstrategie –<br />

und damit begann ein erbitterter Streit zwischen den Partnern des<br />

gesellschaftlichen Vertrages.<br />

Wildnisgegner argumentieren mit dem nicht zu verantwortenden<br />

Verzicht auf die Nutzung der natürlichen Ressourcen unseres Landes,<br />

dem tausendfachen Verlust von Arbeitsplätzen in der Wertschöpfungskette<br />

des Clusters Forst, Holz und Papier sowie der<br />

Vernichtung von Existenzen gerade im ländlichen Bereich und damit<br />

der Verödung ganzer Landstriche, ja der Entvölkerung ganzer<br />

Dörfer. Wildnis wird damit als zerstörerisch für die Natur – Totholzwüste<br />

statt Wald – und menschenfeindlich dargestellt. Wildnis sei<br />

damit die ökologische und ökonomische Katastrophe für den vom<br />

Menschen über Jahrhunderte gepflegten Garten Eden unserer Kulturlandschaft,<br />

der von allen geliebten und vertrauten Heimat. In<br />

dieser Argumentation wird ein Bild menschenfeindlicher Wildnis<br />

gezeichnet, mit der emotional – Heimatverlust – Menschen zur Verteidigung<br />

nüchterner wirtschaftlicher Interessen im Rahmen von<br />

Verteilungskämpfen an der Verfügbarkeit von zwar nachwachsenden,<br />

aber dennoch begrenzten Rohstoffen mobilisiert werden.<br />

Wildnis ist der Teil der Natur, den wir<br />

Menschen nicht unseren materiellen<br />

Bedürfnissen untergeordnet haben.<br />

Wildnis kann nicht wissenschaftlich definiert werden. Wildnis ist<br />

die Beschreibung für den Teil der Natur, den wir Menschen nicht<br />

unseren materiellen Bedürfnissen untergeordnet haben, von dem<br />

sich die ersten Bauern und Viehzüchter durch Zäune abgegrenzt haben,<br />

um ihre Produktion vor den Gefahren der umgebenden Wildnis<br />

zu schützen. Wildnis war das Unkontrollierte und Gefährliche,<br />

waren die wilden unzugänglichen Wälder unseres Landes mit ihrer<br />

12 ZGF GORILLA | AUSGABE 3/<strong>2013</strong>


SCHWERPUNKTTHEMA | NATIONALPARKS & WILDNIS<br />

erschreckenden unermesslichen Uferlosigkeit, ihren wilden gefährlichen<br />

Tieren, bestenfalls Aufenthaltsort für Gesetzlose und Räuber,<br />

für Zauberer und Hexen. Es wurde als kulturelle Leistung verstanden,<br />

diese Wildnis zu beseitigen, sie nutzbar zu machen und ihre Natur<br />

zu zähmen und zu kontrollieren. Doch mit ihrem zunehmenden<br />

Verschwinden wurden die letzten kleinen Reste der wilden Wälder<br />

zu Denkmälern einer vergangenen Zeit, zu Symbolen einer nicht gestillten<br />

Sehnsucht nach ursprünglicher, unverfälschter Natur, nach<br />

Mythen und Sagen, nach den Traumländern der Kindheit mit Elfen,<br />

guten Feen und helfendem kleinen Volk, den Zwergen.<br />

Aus der neuen Welt, aus den Vereinigten Staaten von Amerika mit<br />

ihrem Wilden Westen, kam in dieser Zeit des fast vollständigen<br />

Verschwindens unserer heimischen Ursprungslandschaft die Idee<br />

der Nationalparks nach Europa und spät auch in unser Land. 1970<br />

wurde der erste Nationalpark in Deutschland im Bayerischen Wald<br />

gegründet, dem bis heute 13 weitere folgten.<br />

Das war der Aufbruch zu einem neuen Weg des Naturschutzes.<br />

Nicht mehr das Festhalten eines gerade existierenden wertvollen<br />

Entwicklungszustandes der Natur in der Kulturlandschaft, sondern<br />

das Wiederzulassen der natürlichen Dynamik und der natürlichen<br />

Prozesse wurde nach vielen Diskussionen und Lernen von anderen<br />

Nationalparks weltweit zum Markenzeichen der Nationalparks<br />

in Deutschland.<br />

Macht und Kraft der Natur zeigen sich im<br />

schier undurchdringlichen Verhau von Windwürfen,<br />

im Mikadospiel zusammenbrechender Borkenkäferflächen.<br />

Alle Pflanzen und Tiere, die im<br />

tiefen Schatten der Wälder oft jahrzehntelang auf<br />

das Öffnen des Kronendaches warten mussten,<br />

nutzen ihre Lebenschance – bis sich der Vorhang<br />

erneut zuzieht und für lange Zeit das geheimnisvolle<br />

Dämmerlicht des Waldinneren schafft.<br />

Genauso tastend und vorsichtig, wie sich der Gedanke einer neu<br />

entstehenden Wildnis in Nationalparks entwickelte, so langsam und<br />

gleichsam zögerlich entwickelten sich die Wälder in den Nationalparks;<br />

zunächst fast unmerklich, dann aber oft stürmisch und hoch<br />

dynamisch sprengten sie das ihnen durch die frühere menschliche<br />

Nutzung angelegte Korsett und gewannen damit nach und nach alle<br />

Strukturen und Lebensphasen wieder, wie sie ursprünglichen natürlichen<br />

Wäldern zu eigen sind. Dieser Prozess ist unaufhörlich und<br />

gibt den ehemaligen Wirtschaftswäldern Reifung, Alterung, Zerfall<br />

und Erneuerung mit all ihren uns fremd gewordenen Erscheinungsformen<br />

zurück. Bäume leben wieder bis an ihr natürliches Lebensende,<br />

werden zu mächtigen Baumgestalten und erfüllen unsere<br />

ZGF GORILLA | AUSGABE 3/<strong>2013</strong> 13


SCHWERPUNKTTHEMA | NATIONALPARKS & WILDNIS<br />

Foto: Detlef Möbius / ZGF<br />

fantasievollen Vorstellungen von Uraltwäldern mit Bildern aus den<br />

Märchen unserer Kindheit. Macht und Kraft der Natur zeigen sich<br />

im schier undurchdringlichen Verhau von Windwürfen, von Schneebruchnestern,<br />

im Mikadospiel zusammenbrechender Borkenkäferflächen,<br />

in denen schon am Tag des uns Menschen oft verstörenden<br />

Naturereignisses des scheinbaren Waldzusammenbruches das neue<br />

Leben beginnt. Alle Pflanzen und Tiere, die im tiefen Schatten der<br />

Wälder oft jahrzehntelang auf das Öffnen des Kronendaches warten<br />

mussten, haben nun ihr „Eldorado“ gefunden, nutzen die Gunst<br />

der Stunde und ihre Lebenschance, bis nach wenigen Jahren und<br />

Jahrzehnten die heute kaum daumengroßen Sämlinge herangewachsen<br />

sind und erneut den Vorhang zuziehen und für lange Zeit das<br />

geheimnisvolle Dämmerlicht des Waldinneren schaffen. Dann ist<br />

aus den alten, abgestorbenen Bäumen längst fruchtbarer Humus<br />

geworden, nachdem sie über viele Jahre vom eigenen Leben zum<br />

Lebensmittel für viele geworden sind.<br />

Holz bewohnende Insekten graben ihre Gänge in das noch feste<br />

helle Holz der toten Bäume, bereiten den Weg für farbenprächtige<br />

Holz zersetzende Pilze mit ihren schwarzen, grauen, orangefarbenen<br />

oder zitronengelben Fruchtkörpern, während ihr weißes Myzel den<br />

Holzkörper durchdringt und aufschließt. In allen Schattierungen der<br />

Farbe Grün besiedeln Moose den Baum, durchsetzt von Algen mit<br />

ihren blaugrünen Lichtern und gekrönt von Flechten in Silbergrau<br />

und Purpurrot. Ihnen allen folgt das Milliardenheer an Bakterien<br />

und Kleinstlebewesen, die aus dem festen Holz einen Wasser haltenden<br />

Schwamm machen, der zum idealen Keimbett für eine neue<br />

Waldgeneration wird. Natur darf wieder Natur sein.<br />

Tagelang in der Wildnis zu wandern, gibt uns<br />

ein Gefühl für die Großartigkeit unserer Heimatlandschaften<br />

zurück. Nationalparks sind nicht<br />

nur Naturschutzgebiete, sondern auch Seelenschutzgebiete<br />

für Menschen.<br />

Diese Vollständigkeit des Lebens in unseren Wäldern können wir<br />

heute in unseren bestehenden und künftig in weiteren National-<br />

parks erleben. Diese Wälder unterscheiden sich deutlich von den<br />

Wirtschaftswäldern mit ihrem dichten Erschließungsnetz an Forstwegen<br />

und Rückegassen. Am besten sind sie auf schmalen Steigen<br />

und Pfaden zu erkunden, mitten durch ihr geheimnisvolles wildes<br />

und freies Leben, nicht auf breiten Wegen, wo man sich zwischen<br />

zwei Wald rändern bewegt. Sie breiten einen ständig im Muster wechselnden<br />

Patchworkteppich an Formen und Farben vor uns aus. Die<br />

vertrauten Formen und Farben der Waldbäume mit ihren grauen<br />

und braunen Rinden, glatt oder schuppig gestaltet, ihren hellgrünen<br />

Blättern und dunklen Nadeln werden harmonisch ergänzt mit<br />

dem samtigen Silber hochaufragender Säulen mit rauen schartigen<br />

Bruchkanten, deren helles Holz im Laufe der Jahre von Hellgelb<br />

über Orangerot ins satte Mahagoni wechselt. Das Heer der Zunderschwämme<br />

formt neue Gesichter, wie Diamanten funkelnde Wassertropfen<br />

schmücken die vielfarbigen Pilzkonsolen. Blütenduft und<br />

Sonnenwärme wechseln mit dunklen Schatten und dem tiefen Duft<br />

des von grünen Kissen aus Moos bedeckten Waldbodens. Diese Wälder<br />

lassen uns verstehen, was Hubert Weinzierl meinte, als er sagte:<br />

„Wildnis ist, den Garten Eden nicht zu jäten, sondern einfach wachsen<br />

zu lassen.“ Tagelang in der Wildnis zu wandern, gibt uns ein Gefühl<br />

für die Großartigkeit unserer Heimatlandschaften zurück, lässt<br />

uns teilhaben an der Freiheit alles Lebendigen, so zu leben, wie es<br />

ihr eigenes Leben ist, ihr Sterben und das neu entstehende Leben in<br />

einem nicht endenden vielfältigen Prozess des Werdens, Vergehens<br />

und wieder Werdens. In diesen Grundelementen des Daseins auf der<br />

Erde haben wir die Möglichkeit, uns selbst zu finden und mit allen<br />

unseren Facetten neu zu entdecken und zu verstehen, was Albert<br />

Schweitzer die Ehrfurcht vor dem Leben nannte („Ich bin Leben, das<br />

leben will, inmitten von Leben, das leben will“).<br />

Die Nationalparks mit ihrer faszinierenden Wildnis sind damit nicht<br />

nur wichtig für unsere Mitgeschöpfe, sie sind wichtig für uns selbst.<br />

Sie sind nicht nur Naturschutzgebiete, sondern Seelenschutzgebiete<br />

für Menschen.<br />

Der Weitblick der Teilnehmer am 1. Deutschen Waldgipfel vor zwölf<br />

Jahren und der Abschluss eines gesellschaftlichen Vertrags mit der<br />

Zielsetzung, fünf Prozent der Wälder stillzulegen, ist bemerkens-<br />

wert. Es gilt, diesen Vertrag mit Leben zu erfüllen, mit dem Leben<br />

neuer wilder<br />

Wälder.<br />

Der Forstwissenschaftler Karl Friedrich Sinner war von 1998 bis<br />

2011 Leiter des Nationalparks Bayerischer Wald und ist nun im<br />

Ruhestand.<br />

Sinner gilt als engagierter Verfechter der Waldwildnis<br />

und erfolgreicher Brückenbauer zwischen Forstwirtschaft und<br />

Naturschutz. Sinner ist im Vorstand von Europarc Deutschland<br />

und setzt sich gemeinsam mit der ZGF für die Einrichtung<br />

neuer<br />

Nationalparks in Deutschland ein.<br />

14<br />

ZGF GORILLA | AUSGABE 3/<strong>2013</strong>


SCHWERPUNKTTHEMA | NATIONALPARKS & WILDNIS<br />

NATIONALPARKS IN DEUTSCHLAND<br />

SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES<br />

WATTENMEER<br />

441.500 Hektar<br />

(ca. 98 % Wasserfläche)<br />

Seit 1985<br />

VORPOMMERSCHE<br />

BODDENLANDSCHAFT<br />

78.600 Hektar<br />

(ca. 83 % Wasserfläche)<br />

Seit 1990<br />

JASMUND<br />

3.0<strong>03</strong> Hektar<br />

(ca. 22 % Wasserfläche)<br />

Seit 1990<br />

NIEDERSÄCHSISCHES<br />

WATTENMEER<br />

345.000 Hektar<br />

(93 % Wasserfläche)<br />

Seit 1986<br />

HAMBURGISCHES<br />

WATTENMEER<br />

13.750 Hektar<br />

(ca. 97 % Wasserfläche)<br />

Seit 1990<br />

MÜRITZ<br />

NATIONALPARK<br />

32.200 Hektar<br />

Seit 1990<br />

UNTERES<br />

ODERTAL<br />

10.323 Hektar<br />

Seit 1995<br />

KELLERWALD-EDERSEE<br />

5.724 Hektar<br />

Seit 2004<br />

HARZ<br />

24.732 Hektar<br />

Seit 1990 /94<br />

SÄCHSISCHE<br />

SCHWEIZ<br />

9.350 Hektar<br />

Seit 1990<br />

EIFEL<br />

10.880 Hektar<br />

Seit 2004<br />

HAINICH<br />

7.513 Hektar<br />

Seit 1997<br />

BAYERISCHER<br />

WALD<br />

24.217 Hektar<br />

Seit 1970<br />

Nationalparks sind das Herzstück der Wildnis<br />

in Deutschland. Einzig der Südwesten der<br />

Republik besitzt bisher keinen Nationalpark.<br />

Konkret in der Planung sind jedoch Nationalparks<br />

im Nordschwarzwald und im Hunsrück.<br />

BERCHTESGADEN<br />

20.804 Hektar<br />

Seit 1978<br />

ZGF GORILLA | AUSGABE 3/<strong>2013</strong><br />

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SCHWERPUNKTTHEMA | NATIONALPARKS & WILDNIS<br />

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Auf den Flächen der Stiftung Naturlandschaften Brandenburg darf<br />

Wildnis in ihrem ursprünglichsten Sinne entstehen. Das bedeutet auch,<br />

dass Lebensräume verschwinden – weil ihnen andere nachfolgen.<br />

Von Heiko Schumacher<br />

16 ZGF GORILLA | AUSGABE 3/<strong>2013</strong>


SCHWERPUNKTTHEMA | NATIONALPARKS & WILDNIS<br />

Großes Luch – 1999<br />

Felder von fruchtendem Wollgras zaubern ein helles Weiß in die<br />

Landschaft, Seggen, kleine Torfmoosberge und im Wind wogende<br />

Schilfhalme ein tiefes Grün, der Sonnentau ein intensives Rot.<br />

Skurrile Baumskelette ragen am Moorrand in den Abendhimmel,<br />

während das Moor im Begriff ist, gefallene Baumstämme zu verschlingen.<br />

Glitzernde Wasserflächen im Moor spiegeln sich in der<br />

Abendsonne, bewegt vom Wind und einigen Grünfröschen, die ab<br />

und an knurrende Geräusche von sich geben.<br />

Ich sitze am Großen Luch. Inmitten einer großen, beeindruckenden<br />

Wildnisfläche im Süden Brandenburgs. Und ich bin fasziniert von<br />

den Farben und Formen dieses Naturschauspiels.<br />

Großes Luch – 2011<br />

Für das Lied dieser Landschaft sorgen auch die Kraniche, wenn sie,<br />

erschreckt durch einen am Moorrand vorbeiziehenden Rothirsch,<br />

trompetend die Luft erfüllen. Der Drosselrohrsänger knarzt laut vernehmbar<br />

auf einem Schilfhalm, den er bald der Rohrammer überlässt<br />

und die Bekassine fliegt meckernd ihre Kreise hoch über dem<br />

Moor. Ich schließe die Augen und denke, ich bin im Paradies.<br />

Alles nur Fantasie? Wunschträume aus längst vergangenen Zeiten?<br />

Keineswegs - das Große Luch ist eine der Moorflächen der Stiftung<br />

Naturlandschaften Brandenburg im Jahr <strong>2013</strong>. Hier, auf dem ehemaligen<br />

Truppenübungsplatz Lieberose, darf Wildnis entstehen – auch<br />

und besonders dank des Engagements vieler Förderer wie der <strong>Zoologische</strong>n<br />

<strong>Gesellschaft</strong> <strong>Frankfurt</strong>.<br />

Großes Luch – 2012<br />

MOORE – BESONDERE NISCHEN FÜR BESONDERE ARTEN<br />

Ökologisch besonders wertvoll sind sie, die Moore der Lieberoser<br />

Hochfläche, ca. 90 Kilometer südöstlich von Berlin. Als Lebensraum,<br />

als CO 2<br />

-Speicher helfen sie, den Klimawandel einzudämmen<br />

und als Wasserreservoir übernehmen sie viele wichtige Ausgleichsfunktionen<br />

in Trocken- wie in Hochwasserzeiten. Zahlreiche seltene,<br />

an die speziellen Lebensbedingungen angepasste Tier- und Pflanzenarten<br />

leben in den Mooren und finden hier ihr Rückzugsgebiet.<br />

An den Moorrändern entstehendes Totholz bietet wiederum ganz<br />

anderen Arten einen wichtigen Lebensraum. Eine nahezu unglaubliche<br />

Vielfalt an Pilzen, schützenswerten Käfern und Spinnen lebt<br />

hier. Spechte zimmern ihre Höhlen in das Holz und sind wichtige<br />

Baumeister am Haus der biologischen Vielfalt – mit ihrer Aktivität<br />

schaffen sie Wohnraum für wiederum neue Nutzer – andere Vogelarten,<br />

Insekten, Spinnen oder Fledermäuse.<br />

Die Moorfläche des Großen Luchs in Brandenburg im Laufe der Zeit.<br />

Dank mehrerer regenreicher Jahre setzte der natürliche Kreisauf wieder<br />

ein, die Bäume auf der ausgetrockneten Moorfl äche starben ab, Torfmoose,<br />

Seggen, Sonnentau und andere typische Moorbewohner wie beispielsweise<br />

die Moosbeere (links) fanden wieder eine Lebensgrundlage vor und begannen<br />

zu wachsen.<br />

Fotos: LaNaServ/K. Winter/D. Stremke<br />

ZGF GORILLA | AUSGABE 3/<strong>2013</strong><br />

17


SCHWERPUNKTTHEMA | NATIONALPARKS & WILDNIS<br />

So faszinierend sieht es aus, wenn Natur Natur sein darf. Es entstehen<br />

besondere Nischen für Arten, die es gelernt haben, mit extremen<br />

Lebensbedingungen auszukommen. Selbst die Rettung dieser<br />

Moore hat die Natur beinahe selbst geregelt: Bis nach der Jahrtausendwende<br />

bewirkten geringe Niederschläge sowie Kiefern und<br />

Birken mit ihrer Verdunstungsaktivität eine oberflächige Austrocknung<br />

der Moore. Danach setzten Jahre mit viel Regen den natürlichen<br />

Kreislauf wieder in Gang.<br />

Durch die hohen Wasserstände starben die Bäume, die auf den ausgetrockneten<br />

Mooren mittlerweile gewachsen waren, wieder ab.<br />

Torfmoose, Seggen, Sonnentau, Weißes Schnabelried und andere<br />

typische Moorbewohner fanden ihre Lebensgrundlagen erfüllt und<br />

begannen erneut mit dem Wachstum. Moor-Charakterarten wie die<br />

Bekassine, der Kranich oder die Große Moosjungfer können sich aus<br />

ihren Rückzugsräumen heraus wieder ausbreiten.<br />

Eine letzte Hilfe von Menschenhand leistet die Stiftung Naturlandschaften<br />

Brandenburg: Sie wird alte Entwässerungseinrichtungen<br />

zurückbauen, damit künftig das Wasser im Moor bleiben kann und<br />

nicht im Grund versickert. Dann ist alles getan, um die Moore endgültig<br />

einer Wildnisentwicklung zu übergeben.<br />

<br />

<br />

verursacht worden war. Auf der Stiftungsfläche durfte das Feuer wüten,<br />

ein weiträumig gezogener Randstreifen jedoch verhinderte die<br />

Ausbreitung des Brandes auf angrenzende Wälder und Ortschaften.<br />

In der Brandfläche selbst starben die Kiefern und Birken sowie der<br />

Bodenbewuchs teils vollständig, teils nur partiell ab. Solche Ereignisse<br />

eröffnen die Chance für neues Leben. Spannende Prozesse<br />

beginnen mit dem Wiederaustrieb der Gräser und Kräuter, dem<br />

Keimen von Arten, die ohne den Brand keine Chance auf Wachsen<br />

und Gedeihen gehabt hätten. An den Wurzelstöcken austreibende<br />

und neu keimende Bäume geben der Landschaft durch das Nebeneinander<br />

von Sterben und neuem Leben in kürzester Zeit ein faszinierendes<br />

Bild.<br />

Auf Flächen, auf denen man einst Kriege zu führen übte, kann sich<br />

der stille Gast nun an der berauschenden Natur erfreuen. Der Wert<br />

der Wildnis, er wird besonders in unseren Mooren deutlich, aber<br />

auch durch die Kraft spürbar, mit der sich Natur selbst regenerieren<br />

kann.<br />

Dr. Heiko Schumacher ist Projektleiter Lieberose bei der Stiftung<br />

Naturlandschaften Brandenburg und häufig auf den Flächen des<br />

ehemaligen Truppenübungsplatzes unterwegs.<br />

Auch auf einer anderen Fläche der Stiftung, einem ehemaligen Truppenübungsplatz<br />

bei Jüterbog, können wir ein einzigartiges Schauspiel<br />

erleben. Im Sommer 2010 brannte dort der Wald auf einer<br />

Fläche von etwa 250 Hektar. Trockenheit und Hitze begünstigten<br />

das Feuer, das vermutlich durch Selbstentzündung alter Munition<br />

Foto: David Kolöchter<br />

250 Hektar Wald brannten im Sommer 2010 bei Jüterbog ab. Innerhalb kürzester Zeit begann die Wiederbesiedlung der Flächen.<br />

18 ZGF GORILLA | AUSGABE 3/<strong>2013</strong>


SCHWERPUNKTTHEMA | NATIONALPARKS & WILDNIS<br />

DAS WILDNISZIEL IN ZAHLEN<br />

14<br />

Nationalparks haben wir in Deutschland.<br />

Fakt N 0 1<br />

Um das Wildnisziel der Bundesregierung<br />

von 2 Prozent zu erreichen, fehlen noch<br />

mehr als 450.000 Hektar. Eigentlich müssten<br />

bis 2020 zwei bis drei Nationalparks oder<br />

andere große Wildnis-Schutzgebiete ausgewiesen<br />

werden – pro Jahr!<br />

Fakt N 0 5<br />

WILDNIS<br />

kann sich großflächig nur in Nationalparks<br />

aber beispielsweise auch auf ehemaligen<br />

Truppenübungsplätzen entwickeln, denn<br />

sie geben der Natur Raum, sich ungestört<br />

durch menschliche Eingriffe zu entfalten.<br />

Die ZGF hat sich aus ihren Kulturlandschaftsprojekten<br />

in Deutschland und Mitteleuropa<br />

zurückgezogen, um im größten Defizit des<br />

Naturschutzes, dem großflächigen Wildnisschutz,<br />

in den kommenden Jahrzehnten<br />

signifikante Fortschritte zu erzielen.<br />

Fakt N 0 2<br />

WALDSCHUTZ<br />

ist keine Frage der Ideologie. Seinen<br />

ursprünglichen Wald zu bewahren,<br />

ist die Verantwortung jedes Landes –<br />

nicht nur der Regenwald-Länder wie<br />

Brasilien oder Indonesien.<br />

Fakt N 0 4<br />

BUCHEN<br />

werden bis zu 300 Jahre alt. Erst ab<br />

einem Alter von 180 Jahren werden<br />

sie interessant für viele Tier- und<br />

Pflanzenarten wie etwa den Schwarzspecht.<br />

Nutzen wir die Buchen etwa für<br />

Brennholz oder in der Möbelindustrie,<br />

werden sie im Alter von 100 bis 140<br />

Jahren gefällt.<br />

Fakt N 0 6<br />

5%<br />

der staatlichen Waldfläche sollen sich<br />

nach Plänen der deutschen Bundesregierung<br />

natürlich entwickeln dürfen.<br />

Die restlichen 95 Prozent an Waldfläche<br />

würden von der Forstwirtschaft<br />

genutzt werden. Die Naturschutzverbände<br />

fordern 10 Prozent natürliche<br />

Waldentwicklung.<br />

Fakt N 0 3<br />

2%<br />

der deutschen Landesfläche sollen bis 2020<br />

Wildnis sein, das hat Deutschland der internationalen<br />

Staatengemeinschaft zugesagt.<br />

Bislang darf aber nur auf 0,7 Prozent unserer<br />

Landesfläche Natur wirklich Natur sein.<br />

Damit liegt Deutschland im europaweiten<br />

Vergleich weit hinten.<br />

Fakt N 0 7<br />

51 Mio.<br />

Besucher zieht es jährlich in deutsche<br />

Nationalparks. Das generiert in den<br />

Nationalparkregionen rund 21 Mrd. Euro.<br />

(Bundesamt für Naturschutz, 2009)<br />

Fakt N 0 8<br />

MENSCHEN<br />

sind in Nationalparks als Besucher und<br />

Beobachter willkommen. Deutsche Nationalparks<br />

kosten im Gegensatz zu Parks in den<br />

meisten anderen Ländern keinen Eintritt.<br />

ZGF GORILLA | AUSGABE 3/<strong>2013</strong><br />

19


SCHWERPUNKTTHEMA | NATIONALPARKS & WILDNIS<br />

Premiummarke<br />

Nationalpark<br />

Nationalparks dienen zum einen der Erhaltung<br />

natürlicher Ressourcen und der Biodiversität.<br />

Zum anderen stellen sie wichtige Attraktionen<br />

für den Naturtourismus dar. Bringen Nationalparks<br />

etwas für die Regionalentwicklung?<br />

Von Prof. Dr. Hubert Job<br />

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20 ZGF GORILLA | AUSGABE 3/<strong>2013</strong>


SCHWERPUNKTTHEMA | NATIONALPARKS & WILDNIS<br />

Der deutsche und insbesondere der globale<br />

Tourismus haben in den letzten zwei<br />

Jahrzehnten phänomenal zugenommen.<br />

Laut Zahlen der Welttourismusorganisation<br />

UNWTO gab es 2012 mehr als eine<br />

Milliarde internationale Reisende. Weltweite<br />

Zukunftsprognosen sagen weiter<br />

Wachstumsraten von ca. vier Prozent jährlich<br />

für den Tourismus voraus. Bereits 1998<br />

schätzte die UNWTO, dass der Naturtourismus<br />

in Schutzgebieten für etwa 20 Prozent<br />

aller touristischen Ausgaben verantwortlich<br />

war. In vielen Regionen und Ländern<br />

ist der Fremdenverkehr ein wesentlicher<br />

Wirtschaftsfaktor.<br />

Auch in Deutschland repräsentieren Nationalparks<br />

und andere Schutzgebiete die landschaftliche<br />

Vielfalt des Reiselandes. „Natur<br />

und Landschaft“ gehören laut der Deutschen<br />

Zentrale für Tourismus DZT seit nunmehr<br />

fünf Jahren durchgehend zu den Top-Entscheidungskriterien<br />

für einen Deutschlandurlaub.<br />

Naturtourismus ist jedoch oftmals<br />

vielschichtig; nicht nur dem Erholungsbedürfnis<br />

soll Rechnung getragen werden, sondern<br />

auch Naturschutzanliegen sowie der<br />

Entwicklung der lokalen und nationalen<br />

Wirtschaft. Häufig stehen diese Zielsetzungen<br />

im Konflikt miteinander, beispielsweise im<br />

Falle von ansteigenden Besucherzahlen, die<br />

dann zunehmend für ökologische oder auch<br />

soziale Probleme sorgen.<br />

<br />

<br />

Bringen Nationalparks etwas für die Regionalentwicklung?<br />

Ja, das tun sie, auch wenn<br />

sich das zunächst etwas abwegig anhören<br />

mag. Nationalparks verkörpern das weltweit<br />

tradierte Flächenschutzinstrument, bei ihnen<br />

geht es um Prozessschutz. Das heißt: in<br />

bestimmten, klar definierten Räumen Natur<br />

Natur sein zu lassen. Hier soll letztlich Wildnis<br />

entstehen.<br />

Gegen Wildnis wurde in der mitteleuropäischen<br />

Kulturgeschichte Jahrtausende lang<br />

angekämpft. Und dennoch kann eine Region<br />

ZGF GORILLA | AUSGABE 3/<strong>2013</strong><br />

Von Rangern geführte Touren stehen bei den Besuchern des Nationalparks Eifel hoch im Kurs.<br />

Jeder zweite Teilnehmer einer solchen Tour ist Übernachtungsgast in der Region und bleibt im<br />

Schnitt 3,5 Tage.<br />

von einem Nationalpark wirtschaftlich profitieren,<br />

auch in Deutschland!<br />

Das haben politische Entscheidungsträger<br />

schon früh erkannt. Der Nationalpark Bayerischer<br />

Wald wurde bereits 1970 mit dem<br />

expliziten Ziel einer regionalwirtschaftlichen<br />

Förderung ausgewiesen, was sich<br />

durch die damalige Lage im Zonenrandgebiet<br />

begründete. Heute liegen bis auf die<br />

Eifel alle deutschen Nationalparks in dünn<br />

besiedelten, ländlichen Regionen mit geringer<br />

Wirtschaftskraft sowie relativ hoher<br />

Arbeitslosigkeit. Das Bestreben, in Zukunft<br />

genau dort weitere Verluste der Wirtschaftskraft<br />

und ein Abwandern der Bevölkerung<br />

zu verhindern, findet man in den Verordnungen<br />

dieser Schutzgebiete verankert. Für<br />

den Müritz-Nationalpark liest sich das exemplarisch<br />

so: „In dem Nationalpark wird<br />

keine wirtschaftsbestimmte Nutzung bezweckt;<br />

er soll aber zur Strukturverbesserung<br />

der Region beitragen.“<br />

VOM NUTZEN EINES NATIONALPARKS<br />

Der Nutzen eines Nationalparks resultiert<br />

aus seinen mit der Naturnähe gekoppelten<br />

Funktionen, das heißt: Güter und Dienstleistungen,<br />

die uns Menschen durch das<br />

Schutzgebiet als öffentliches Gut kostenlos<br />

zur Verfügung stehen. Man spricht hier von<br />

Ökosystemleistungen.<br />

Die wirtschaftlichen Wertkomponenten<br />

eines Nationalparks lassen sich in Gebrauchswerte<br />

und Nicht-Gebrauchswerte<br />

unterteilen. Für die regionale Wirtschaft<br />

von besonderem Interesse sind die direkten<br />

Gebrauchswerte, unter anderem Land- und<br />

Forstwirtschaft, Jagd und Fischerei sowie<br />

Tourismus.<br />

21<br />

Fotos: Nationalparkverwaltung Eifel


SCHWERPUNKTTHEMA | NATIONALPARKS & WILDNIS<br />

<br />

<br />

Aufgrund ihrer landschaftlichen Attraktion<br />

als Wildnisgebiete haben Nationalparks<br />

eine einmalige Marktstellung. Sie<br />

ist weder beliebig vermehrbar noch transferierbar<br />

und – wegen der rechtsstaatlichen<br />

Verankerung – auch nicht imitierbar. Nationalparks<br />

zählen weltweit traditionell zu<br />

den touristischen Highlights. Das heißt,<br />

das Potenzial zur Regionalentwicklung<br />

steckt hauptsächlich im Markencharakter<br />

sowie in der Knappheit der Nationalparks<br />

am Markt. Und eine immer stärker urbanisierte<br />

<strong>Gesellschaft</strong> in Deutschland verlangt<br />

nach ökologisch intakten und naturnahen,<br />

ästhetisch beeindruckenden Landschaften.<br />

Die Verminderung eines dementsprechenden<br />

Angebots insbesondere in den<br />

Ballungsräumen, in denen schon heute fast<br />

drei Viertel der deutschen Bevölkerung leben,<br />

eröffnet den Nationalparkregionen die<br />

Chance, sich gegenüber anderen touristischen<br />

Destinationen durch ihre exklusive<br />

Offerte an Natur abzusetzen.<br />

Naturtourismus gilt weltweit als die beste<br />

Option für Regionalentwicklung im Nationalparkumfeld.<br />

Touristisch geht es nicht nur<br />

um den Nationalpark selbst, sondern um<br />

die gesamte benachbarte Region, die sich<br />

als naturtouristische Destination im Marketing<br />

nach innen aufstellen und nach außen<br />

kohärent präsentieren muss, um am hart<br />

umkämpften Tourismusmarkt langfristig<br />

erfolgreich sein zu können. Schaffen das die<br />

Nationalparks in Deutschland?<br />

<br />

<br />

Lange mangelte es in Deutschland an belastbaren<br />

Daten. Die Aufgabe einer langfristig<br />

angelegten Untersuchung durch das<br />

Bundesumweltministerium bestand deshalb<br />

darin, eine Abschätzung der durch<br />

Naturtourismus in deutschen Nationalparks<br />

erzielten ökonomischen Effekte<br />

durchzuführen.<br />

Für die verschiedenen Nationalparks in<br />

Deutschland lässt sich das sogenannte<br />

Einkommensäquivalent für eine Region<br />

ableiten, vergleichbar mit potenziellen<br />

Vollzeitarbeitsplätzen. Hochgerechnet auf<br />

Bundesebene gibt das einen Wert für den<br />

touristischen Nutzen aller 14 deutschen<br />

Nationalparks.<br />

Bei jährlich rund 10,5 Millionen Nationalparktouristen<br />

im engeren Sinne, das heißt,<br />

Personen, für die das Schutzgebiet eine<br />

wesentliche Rolle bei der Reiseentscheidung<br />

gespielt hat, werden in den Nationalparkregionen<br />

ca. 431 Millionen Euro Umsatz<br />

erwirtschaftet. Dies entspricht einem Einkommensäquivalent<br />

von ungefähr 14.000<br />

Personen. Werden darüber hinaus auch die<br />

„sonstigen“ Nationalparktouristen berücksichtigt,<br />

ergeben sich deutschlandweit insgesamt<br />

rund 51 Millionen Touristen, die einen<br />

Umsatz von ungefähr 2,1 Milliarden Euro<br />

generieren. Dies wiederum kommt einem<br />

Einkommensäquivalent von etwas mehr als<br />

69.000 Vollzeitarbeitsplätzen gleich.<br />

<br />

International spielen Nationalparks als Destination<br />

im Naturtourismus eine wichtige<br />

Rolle. Insbesondere in Nordamerika, Subsahara-Afrika<br />

und Australien / Neuseeland<br />

stellen sie wichtige Regionen für den Tourismus<br />

aus dem Ausland, aber auch des Binnentourismus<br />

dar. Auch in Deutschland<br />

werden Nationalparks in jüngerer Zeit in<br />

eine umfassende touristische Entwicklungsplanung<br />

eingeschlossen, wie die seit November<br />

2005 bestehende Dachmarke „Nationale<br />

Naturlandschaften“ beweist. Erst in wenigen<br />

Fällen wird aber die Zugkraft der staatlichen<br />

Prädikatisierung für eine naturtouristische<br />

Vermarktung ausreichend genutzt.<br />

Nationalparks können für dünn besiedelte,<br />

strukturschwache ländliche Räume, in denen<br />

sie fast ausnahmslos liegen, zur Regionalentwicklung<br />

beitragen, vor allem aufgrund<br />

des wirtschaftlich vielfältig vernetzten Tourismus.<br />

In Zukunft mehr noch als heute, da<br />

der demografische Wandel gerade dort zu<br />

erheblichen Bevölkerungsverlusten führen<br />

wird (besonders im Osten der Republik).<br />

Oft stehen einer professionellen naturtouristischen<br />

Nutzung bislang leider noch<br />

die mangelnde Zusammenarbeit von<br />

Tourismusmanagement und Schutzgebietsverwaltung<br />

sowie bestehende Traditionen<br />

und daraus resultierende Kommunikationsprobleme<br />

entgegen.<br />

<br />

Nationalparks haben zuerst ihre vom Gesetzgeber<br />

vorgegebene Naturschutzfunktion<br />

zu erfüllen. Auch aus touristischer Perspektive<br />

ist das absolut wichtig, da sonst das<br />

zentrale Qualitätsversprechen für den Konsumenten<br />

– das ungestörte Naturerlebnis<br />

– infrage gestellt wird. Arten- oder biotopschutzspezifische<br />

Vorbehalte gilt es deshalb<br />

immer sehr ernst zu nehmen.<br />

Eines der Ziele der Konvention zum Schutz<br />

biologischer Vielfalt CBD ist, dass bis zum<br />

Jahr 2020 17 Prozent der Landoberfläche<br />

unseres Planeten unter Schutz gestellt werden<br />

sollen. Das bedeutete etwa sechs Millionen<br />

Quadratkilometer mehr als 2010, mit<br />

einem Schutzgebietsanteil von 12,7 Prozent<br />

gerechnet. Man darf annehmen, dass sich<br />

viele dieser potenziellen Flächen dort befinden,<br />

wo bereits Menschen siedeln. Hier<br />

braucht es neue (Regionalentwicklungs-)<br />

Strategien und pro-aktive Ansätze im Parkmanagement,<br />

um die Akzeptanz für weitere<br />

Nationalparks und deren politische Unterstützung<br />

zu fördern. Die Rolle des Naturtourismus<br />

wird mit entscheidend dafür sein,<br />

dieses Ziel zu erreichen. Das gilt auch für<br />

Deutschland und das in der Biodiversitätsstrategie<br />

der Bundesregierung formulierte<br />

Ziel von zwei Prozent Wildnisflächen.<br />

Prof. Dr. Hubert Job unterrichtet und<br />

forscht am Lehrstuhl für Geographie<br />

und Regionalforschung der Universität<br />

Würzburg. Er untersucht die Effekte von<br />

Nationalparks in Deutschland für die<br />

Regionalentwicklung.<br />

22 ZGF GORILLA | AUSGABE 3/<strong>2013</strong>


SCHWERPUNKTTHEMA | NATIONALPARKS & WILDNIS<br />

„Wir wollten einen<br />

Nationalpark<br />

aufbauen, der von<br />

den Menschen<br />

akzeptiert wird.“<br />

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GESPRÄCH<br />

mit<br />

Seit 2004 Jahren besteht der Nationalpark Eifel. Die ZGF hat<br />

damals den Förderverein für den Nationalpark unterstützt, um<br />

die Einrichtung des Nationalparks voranzutreiben. Was hat der<br />

Nationalpark Eifel konkret für die Region, ihre Menschen und für<br />

die Natur gebracht?<br />

Fotos: Michael Lammertz<br />

Michael Lammertz,<br />

Fachgebietsleiter Kommunikation und Naturerleben<br />

bei der Nationalparkverwaltung Eifel.<br />

ZGF-GORILLA: Herr Lammertz, was ist das Besondere am<br />

Nationalpark Eifel?<br />

Michael Lammertz: Im vor rund 10 Jahren eingerichteten Nationalpark<br />

Eifel werden weltweit erstmalig bodensaure Buchenwälder in<br />

atlantisch geprägtem Klima unter den hohen Schutz eines Nationalparks<br />

gestellt. Bislang haben unsere Wissenschaftler im 11.000 Hektar<br />

großen Nationalpark Eifel über 7.000 Tier- und Pflanzenarten erfasst,<br />

von denen mehr als 1.600 auf einer Roten Liste der gefährdeten Arten<br />

geführt sind; ein Indiz für die hohe Schutzwürdigkeit des bislang einzigen<br />

Nationalparks in der südwestlichen Hälfte der Bundesrepublik.<br />

Was bedeutet der Nationalpark für die Eifelaner?<br />

Nicht nur wegen dieser wichtigen Naturschutzaspekte hat die Einrichtung<br />

des Nationalparks Eifel bei der Bevölkerung einiges ausgelöst.<br />

Bei den Menschen in der Region hat der Nationalpark einen<br />

großen Schub hinsichtlich Identifikation, Wertschätzung und Stolz<br />

auf ihre Eifel verursacht. Aber auch der Zusammenhalt und der<br />

Kooperationswille der Akteure aus den verschiedenen, den Nationalpark<br />

umgebenden Städten, Gemeinden, Kreisen und Institutionen<br />

ist enorm gewachsen. Das „Kirchturmdenken“ ist dem<br />

gemeinsamen Ziel der Etablierung einer florierenden Erlebnis-und<br />

Ferienregion Nationalpark Eifel gewichen. Für das Destinationsmanagement<br />

der touristischen Partner und Akteure ist es natürlich<br />

sehr hilfreich, dass Bekanntheit, Wahrnehmung und Wertschätzung<br />

der Eifel von außen mit der Einrichtung des Großschutzgebietes gestiegen<br />

sind. Die Eifel ist einfach hipp!<br />

Wie ist die Akzeptanz des Nationalparks vor Ort?<br />

Für uns war es immer wichtig, einen Nationalpark aufzubauen,<br />

der von den Menschen in der Region akzeptiert wird. 2006 wurde<br />

ZGF GORILLA | AUSGABE 3/<strong>2013</strong><br />

in den Ortschaften, die um den Nationalpark herum liegen, eine<br />

Akzeptanz analyse durchgeführt. Sie hat uns in unserer bisherigen<br />

Arbeit bestärkt: Auf die sogenannte Sonntagsfrage „Wie würden Sie<br />

wählen, wenn Sie kommenden Sonntag über den Fortbestand des<br />

Nationalparks Eifel entscheiden könnten“, antworteten nur 20 Prozent,<br />

dass sie gegen den Fortbestand stimmen würden.<br />

Wie hat sich der Nationalpark finanziell auf die Region ausgewirkt?<br />

Viele Menschen in der Region müssen traditionell täglich zur Arbeit<br />

in die Ballungsräume Köln, Bonn, Aachen und Ruhrgebiet pendeln.<br />

Einige sind froh, durch den Nationalpark vor Ort einen Arbeitsplatz<br />

gefunden zu haben. Leider liegen mir nur belastbare Zahlen aus dem<br />

Jahre 2007 vor, als Professor Job bei uns 11.900 Gäste gezählt und interviewt<br />

hatte, um damit die regionalwirtschaftlichen Effekte zu untersuchen.<br />

Damals, also drei Jahre nach Gründung des Nationalparks,<br />

haben die seinerzeit 450.000 jährlichen Besucher des Schutzgebietes<br />

bereits 8,7 Millionen Euro generiert, was 265 Beschäftigungsäquivalenten<br />

entspricht. Auf die Nationalparktouristen im engeren Sinne<br />

entfielen davon über 27 Prozent. Ich bin schon auf die Ergebnisse einer<br />

Wiederholungsbefragung gespannt, die wir für nächstes Jahr, also<br />

zehn Jahre nach Nationalparkgründung planen.<br />

Wird der Park auch außerhalb der Eifel positiv gesehen?<br />

Es hat uns alle sehr gefreut und geehrt, dass Bundesumweltminister<br />

Peter Altmaier gemeinsam mit dem Präsidenten des Deutschen<br />

Tourismusverbandes Reinhard Meyer die Eifel im Mai dieses Jahres<br />

mit dem Sonderpreis Biodiversität im „Bundeswettbewerb Nachhaltige<br />

Tourismusregionen“ ausgezeichnet hat. Neben dem breiten<br />

Spektrum an Möglichkeiten für Menschen mit und ohne Behinderung,<br />

die Artenvielfalt zu erleben, wurde in der Begründung<br />

die enge, vielfältige und erfolgreiche Kooperation zwischen Großschutzgebieten<br />

und Tourismus in der Eifel hervorgehoben.<br />

Vielen Dank für das Gespräch.<br />

23


AUS DEM ZOO FRANKFURT +++ AUS DEM ZOO FRANKFURT +++ AUS DEM ZOO FRANKFURT +++ AUS DEM ZOO FRANKFURT +++ AUS DEM ZOO<br />

NEUZUGANG IM GRZIMEKHAUS<br />

Quolls – getupfte Kerlchen aus Tasmanien<br />

Die nachtaktiven Tüpfelbeutelmarder mit<br />

den zarten weißen Punkten sind im Juli ins<br />

Grzimekhaus eingezogen. Außer in <strong>Frankfurt</strong><br />

sind die charismatischen Tiere in Deutschland<br />

nur noch im Zoo von Leipzig zu sehen.<br />

Von dort hat der <strong>Frankfurt</strong>er Zoo auch seine<br />

Neuzugänge übernommen.<br />

Beutelmarder sind über ganz Australien verbreitet.<br />

Man unterscheidet sechs Arten. Der<br />

Tüpfelbeutelmarder ist eine davon. Diese<br />

Art wurde in den letzten Jahrzehnten auf<br />

dem australischen Kontinent ausgerottet und<br />

kommt jetzt nur noch in Tasmanien vor. Vier<br />

Tiere hat der Zoo nun von den Kollegen aus<br />

Leipzig bekommen, aber nicht alle sind der-<br />

zeit in der Schauanlage zu sehen. Der Grund:<br />

Eines der Weibchen trägt Jungtiere in seinem<br />

Beutel und soll möglichst viel Ruhe haben.<br />

Die nachtaktiven Einzelgänger gehören<br />

zur Familie der Raubbeutler, ebenso wie der<br />

bekannte Beutelteufel. Hauptsächlich ernähren<br />

sie sich von Insekten, kleinen Säugetieren<br />

und Vögeln aber auch von Früchten und<br />

Aas. 7 bis 15 Wochen lang bleiben die Neugeborenen<br />

in beutelartig ausgebildeten Hautfalten<br />

am Bauch der Mutter. Aber auch wenn<br />

sie dem Beutel entwachsen sind, bleiben die<br />

Jungtiere noch mehrere Monate bei der Mutter.<br />

Wenn alles gut geht, wird man die Jungtieraufzucht<br />

in wenigen Wochen auch im<br />

<strong>Frankfurt</strong>er Zoo beobachten können.<br />

Wenn der Zoo einen Preis für Niedlichkeit verleihen<br />

würde – die Quolls hätten gute Chancen!<br />

Foto: Winfried Faust / Zoo <strong>Frankfurt</strong><br />

WUSELIGE ZOOLIEBLINGE<br />

Neues Erdmännchen-Trio ist in das<br />

umgestaltete Gehege eingezogen<br />

Mitte Juli sind wieder drei Erdmännchen in<br />

das großzügige Gehege neben dem Menschenaffenhaus<br />

eingezogen. Nachdem sechs<br />

Tiere bei einem Erdeinbruch im Oktober 2012<br />

ums Leben gekommen waren, wurde die Anlage<br />

in den letzten Monaten vollständig überarbeitet<br />

und neu eingerichtet.<br />

Foto: Winfried Faust / Zoo <strong>Frankfurt</strong><br />

„Wir sind uns sicher, dass wir mit den baulichen<br />

Veränderungen die Risiken, die naturnahe<br />

Anlagen mit sich bringen können,<br />

weiter minimiert haben. Jetzt hoffen wir, dass<br />

sich die Gruppe gut einlebt und zur Familie<br />

zusammenwächst“, sagt Zoodirektor Professor<br />

Dr. Manfred Niekisch. Die beiden Männchen<br />

YARIS und KIANO wurden im August<br />

2012 im Zoo von Wien geboren, ihre neue<br />

Partnerin TÜTE kam im März 2012 im Zoo<br />

von Szeged in Ungarn zur Welt. Die traurige<br />

Meldung vom Tod von sechs Erdmännchen,<br />

die in ihrer Schlafhöhle vom Einbruch der<br />

Höhlendecke überrascht worden waren, ist<br />

vielen noch in Erinnerung. Obwohl die Anlage<br />

auch seinerzeit schon sicher gebaut war,<br />

hat man das Erdreich jetzt noch weiter abgesichert,<br />

ohne den Bewegungs- und Grabtrieb<br />

der Tiere zu sehr einzuschränken. „Schließlich<br />

müssen Erdmännchen Höhlen und<br />

Neugierig aber wachsam – die drei neuen Erdmännchen erkunden ihr Zuhause.<br />

Gänge graben können. Eine Haltung, die das<br />

nicht zulässt, wäre alles andere als artgerecht“,<br />

so Niekisch. Außerdem wurde das Substrat in<br />

der Tiefe auf ca. 40 cm reduziert. Es stammt<br />

aus dem Braunkohletagebau und wurde nach<br />

dem Vorbild des Kölner Zoos ausgewählt, der<br />

sehr erfolgreich Erdmännchen hält. Außerdem<br />

wurden künstliche Höhlen aus Naturfels<br />

in die Anlage integriert. Diese sicheren<br />

Höhlen, zwei in der Außenanlage, eine innen,<br />

können die Erdmännchen nun weiter<br />

nach ihrem Geschmack gestalten.<br />

24 ZGF GORILLA | AUSGABE 3/<strong>2013</strong>


AUS DEM ZOO FRANKFURT +++ AUS DEM ZOO FRANKFURT +++ AUS DEM ZOO FRANKFURT +++ AUS DEM ZOO FRANKFURT +++ AUS DEM ZOO<br />

NEUGESTALTUNG ABGESCHLOSSEN<br />

Willkommen im Ukumari-Land<br />

Foto: Christine Kurrle<br />

Am 3. Juli eröffnete der <strong>Frankfurt</strong>er Zoo nach<br />

rund zwei Jahren Bauzeit die neue Anlage<br />

für Brillenbären und Schwarze Brüllaffen.<br />

Wenige Schritte hinter dem ebenfalls neugebauten<br />

Zooeingang heißt es nun „Willkommen<br />

im Ukumari-Land“ – ein unmittelbares<br />

Zooerlebnis mit üppigen Pflanzen, verschlungenen<br />

Pfaden, vielen Informationsangeboten<br />

und wirklich beeindruckenden Tieren.<br />

Mehr als 1.600 Quadratmeter Fläche wurden<br />

für Bären und Brüllaffen mit Naturmaterialien,<br />

zahlreichen Bäumen und Sträuchern,<br />

vielen Klettermöglichkeiten sowie Wasserbecken,<br />

Sandkuhlen und Höhlen abwechslungsreich<br />

gestaltet. „Alles ist genauso geworden,<br />

wie wir es uns vorgestellt haben“,<br />

sagt Zoodirektor Prof. Dr. Manfred Niekisch.<br />

Auch die neuen südamerikanischen<br />

Bewohner der Anlage freuen sich über<br />

ihre neue Heimat und fühlen sich sichtlich<br />

wohl. Lebhaft und neugierig erkunden<br />

sie die Anlage und nehmen über die<br />

Gräben hinweg, die die Anlage in drei Teile<br />

teilen, Kontakt auf. Lange wird es nicht<br />

mehr dauern, bis zumindest die Bären zusammengelassen<br />

werden können. Nahezu<br />

unsichtbar verbirgt sich hinter der Außenanlage<br />

ein großes Tierhaus, das für Besucher<br />

allerdings nicht zugänglich ist. Hier<br />

Brillenbärin CASHU klettert gerne ....<br />

Wolfgang Daum / Zoo <strong>Frankfurt</strong> Foto: Rolf Walther / Zoo <strong>Frankfurt</strong><br />

… während Bär NOBODY am liebsten badet.<br />

befinden sich neben den Futterküchen<br />

die Nachtquartiere, die Rostkatzenzucht<br />

und viele Gehege, die für das Tiermanagement<br />

benötigt werden. Übrigens:<br />

Ukumari ist ein Wort aus der Quechua-<br />

Sprache, die in Südamerika gesprochen<br />

wird, und bedeutet „Bär“.<br />

Den Bär (fast) hautnah: Besucherinnen und Besucher bewundern CASHUs Kletterkünste.<br />

ZGF GORILLA | AUSGABE 3/<strong>2013</strong><br />

25


ZGF DIALOG<br />

HELFEN SIE MIT<br />

IHRE SPENDE HILFT, EINZIGARTIGE WILDNISGEBIETE ZU BEWAHREN!<br />

Die <strong>Zoologische</strong> <strong>Gesellschaft</strong> <strong>Frankfurt</strong> setzt sich an vielen Orten für den<br />

Erhalt von Wildnis und Artenvielfalt ein. Unwiederbringlich gehen diese<br />

Schätze allzu oft verloren. Doch gemeinsam mit Ihrer Hilfe können wir dazu<br />

beitragen, die Faszination für diese atemberaubende Schönheit und die<br />

Wundern der Natur zu bewahren.<br />

KENNWORT: RUMÄNIEN<br />

KENNWORT: RUMÄNIEN<br />

KENNWORT: SAIGA-ANTILOPE<br />

KASACHSTAN<br />

MIGRATION IN DER SERENGETI DES NORDENS<br />

Die kasachischen Steppen entwickeln sich wieder zur Serengeti des<br />

Nordens. Sie sind die größten natürlichen Steppenlandschaften Eurasiens.<br />

Das Projektgebiet der ZGF, das Altyn Dala Gebiet mitten in<br />

Kasachstan, ist wieder Heimat für zehntausende einst vom Aussterben<br />

bedrohter Saiga-Antilopen. Immer größer werdende Herden wandern<br />

durch die weiten Steppen im Zentrum des Landes. In den kommenden<br />

Jahren sollen sogar die dort ausgestorbenen Wildpferde wieder angesiedelt<br />

werden. Bereits seit 10 Jahren unterstützt die ZGF erfolgreich<br />

die Bemühungen kasachischer Naturschützer.<br />

Um noch effektiver arbeiten zu können, bedarf es noch an Fahrzeugen,<br />

Ferngläsern und anderer Ausrüstung für die Arbeit „im Feld“.<br />

RUMÄNIEN<br />

DIE LETZTEN GROSSEN URWALDGEBIETE EUROPAS<br />

Die bewaldeten Gebiete der Karpaten, u.a. der Nationalpark Königstein<br />

in Rumänien, gehören zu den größten zusammenhängenden Urwaldgebieten<br />

Europas. Es wird vermutet, dass in Rumänien noch rund<br />

5.000 Braunbären leben – der größte Bestand in Europa außerhalb Russlands!<br />

Durch die derzeitige Rückübertragung von Waldflächen an<br />

Privatpersonen, auch innerhalb der Schutzgebiete, drohen Kahlschlag<br />

und Raubbau. Es besteht derzeit die einmalige Chance, diese großen<br />

natürlichen Waldflächen durch Ankauf dauerhaft für den Naturschutz<br />

zu sichern. Flächen halb so groß wie der Nationalpark Bayerischer<br />

Wald wurden bereits mit Unterstützung der ZGF aufgekauft.<br />

Weitere Flächenkäufe können rund 60.000 Hektar Waldgebiet im<br />

Nationalpark Königstein dauerhaft für den Naturschutz sichern.<br />

26 ZGF GORILLA | AUSGABE 3/<strong>2013</strong>


ZGF DIALOG<br />

EINLADUNG<br />

ZUR MITGLIEDERVERSAMMLUNG <strong>2013</strong><br />

DER ZOOLOGISCHEN GESELLSCHAFT FRANKFURT<br />

Im Namen des Vorstandes möchte ich hiermit alle Mitglieder der<br />

<strong>Zoologische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong> <strong>Frankfurt</strong> von 1858 e. V. zu unserer<br />

jährlichen Mitgliederversammlung im Oktober herzlich einladen.<br />

DATUM<br />

Donnerstag, 10. Oktober <strong>2013</strong><br />

BEGINN<br />

16:00 Uhr<br />

ORT<br />

Ausstellungssaal im Zoo-<strong>Gesellschaft</strong>shaus des Zoos <strong>Frankfurt</strong><br />

Bernhard-Grzimek-Allee 1, 6<strong>03</strong>16 <strong>Frankfurt</strong> am Main<br />

TAGESORDNUNG<br />

1. Begrüßung<br />

2. Geschäftsbericht & Jahresabschluss 2012<br />

3. Beschlussfassung über den Jahresabschluss 2012<br />

4. Entlastung des Vorstandes<br />

5. Wahl des Abschlussprüfers<br />

6. Anträge<br />

Antrag des Vorstands auf Änderung der Satzung<br />

7. Verschiedenes<br />

KAFFEEPAUSE<br />

anschließend Präsentation der Naturschutzarbeit der ZGF im Jahre<br />

2012 durch die Referatsleiter/innen und Möglichkeit zur Diskussion.<br />

Gerhard Kittscher, ZGF-Präsident<br />

ZGF GORILLA | AUSGABE 3/<strong>2013</strong><br />

27


© Anna Schmitz<br />

HINTERM ZOO<br />

GEHT’S WEITER<br />

Die <strong>Zoologische</strong> <strong>Gesellschaft</strong> <strong>Frankfurt</strong> hilft, den Lebensraum von<br />

wilden Tieren zu bewahren. Helfen Sie mit.<br />

Unterstützen Sie unsere Arbeit mit Ihrer Spende oder werden Sie Mitglied<br />

im Kreis unserer Freunde und tragen Sie dazu bei, die Heimat von Löwen und<br />

Elefanten, von Orang-Utans und Tigern, von Wölfen und Bären zu erhalten.<br />

Spendenkonto: 80002<br />

<strong>Frankfurt</strong>er Sparkasse<br />

BLZ: 500 502 01<br />

<strong>Zoologische</strong> <strong>Gesellschaft</strong> <strong>Frankfurt</strong> von 1858 e. V.<br />

Bernhard-Grzimek-Allee 1 | 6<strong>03</strong>16 <strong>Frankfurt</strong><br />

Telefon: 069 94 34 46 - 0 | E-Mail: info@zgf.de<br />

WWW.ZGF.DE

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