Gorilla 03/2013 - Zoologische Gesellschaft Frankfurt
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SCHWERPUNKTTHEMA | NATIONALPARKS & WILDNIS<br />
Im "<strong>Gesellschaft</strong>lichen Vertrag zu Waldbewirtschaftung"<br />
war bereits 2001 Konsens, dass<br />
fünf Prozent der Waldfläche aus der Nutzung<br />
zu nehmen sind.<br />
Auslöser für die Debatte ist das Ziel in der Biodiversitätsstrategie der<br />
Bundesregierung, bis 2020 in Deutschland wieder auf zwei Prozent<br />
der Fläche Wildnis zuzulassen und fünf Prozent der Wälder unseres<br />
Landes nicht mehr zu nutzen. Es ist ein bleibender Verdienst des<br />
Deutschen Forstwirtschaftsrates, dass anlässlich des 1. Deutschen<br />
Waldgipfels 2001 mit allen relevanten Gruppen der Forstwirtschaft,<br />
der Holzindustrie und des Naturschutzes der „<strong>Gesellschaft</strong>liche Vertrag<br />
zur Waldbewirtschaftung“ abgeschlossen wurde. Im Kapitel Naturschutz<br />
sieht dieser Vertrag vor, dass neben der Integration des<br />
Naturschutzes in die Bewirtschaftung, fünf Prozent der Waldfläche<br />
aus der Nutzung zu nehmen sind. Aus diesem von allen getragenen<br />
Konsens kam das Fünf-Prozent-Ziel in die Biodiversitätsstrategie –<br />
und damit begann ein erbitterter Streit zwischen den Partnern des<br />
gesellschaftlichen Vertrages.<br />
Wildnisgegner argumentieren mit dem nicht zu verantwortenden<br />
Verzicht auf die Nutzung der natürlichen Ressourcen unseres Landes,<br />
dem tausendfachen Verlust von Arbeitsplätzen in der Wertschöpfungskette<br />
des Clusters Forst, Holz und Papier sowie der<br />
Vernichtung von Existenzen gerade im ländlichen Bereich und damit<br />
der Verödung ganzer Landstriche, ja der Entvölkerung ganzer<br />
Dörfer. Wildnis wird damit als zerstörerisch für die Natur – Totholzwüste<br />
statt Wald – und menschenfeindlich dargestellt. Wildnis sei<br />
damit die ökologische und ökonomische Katastrophe für den vom<br />
Menschen über Jahrhunderte gepflegten Garten Eden unserer Kulturlandschaft,<br />
der von allen geliebten und vertrauten Heimat. In<br />
dieser Argumentation wird ein Bild menschenfeindlicher Wildnis<br />
gezeichnet, mit der emotional – Heimatverlust – Menschen zur Verteidigung<br />
nüchterner wirtschaftlicher Interessen im Rahmen von<br />
Verteilungskämpfen an der Verfügbarkeit von zwar nachwachsenden,<br />
aber dennoch begrenzten Rohstoffen mobilisiert werden.<br />
Wildnis ist der Teil der Natur, den wir<br />
Menschen nicht unseren materiellen<br />
Bedürfnissen untergeordnet haben.<br />
Wildnis kann nicht wissenschaftlich definiert werden. Wildnis ist<br />
die Beschreibung für den Teil der Natur, den wir Menschen nicht<br />
unseren materiellen Bedürfnissen untergeordnet haben, von dem<br />
sich die ersten Bauern und Viehzüchter durch Zäune abgegrenzt haben,<br />
um ihre Produktion vor den Gefahren der umgebenden Wildnis<br />
zu schützen. Wildnis war das Unkontrollierte und Gefährliche,<br />
waren die wilden unzugänglichen Wälder unseres Landes mit ihrer<br />
12 ZGF GORILLA | AUSGABE 3/<strong>2013</strong>