Gorilla 03/2013 - Zoologische Gesellschaft Frankfurt
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AKTUELLES WELTWEIT<br />
ORANG-UTANS<br />
Die Baumvermesserin<br />
Obwohl Orang-Utans (Pongo abelii) bereits<br />
seit 50 Jahren wieder ausgewildert werden,<br />
sind noch lange nicht alle Fragen zu den Menschenaffen<br />
beantwortet, zu ihrem Verhalten<br />
und vor allem der Frage, wie die Wiederansiedlungen<br />
so gestaltet werden können, dass<br />
sie auch wirklich der Erhaltung der Art dienen.<br />
Um mit ihrer Forschung zum Erfolg von<br />
Orang-Utan-Wiederansiedlungen beizutragen,<br />
untersuchte Dr. Doris Kelle vom Institut<br />
für Forstwissenschaften der Universität Freiburg<br />
unter der Leitung von ZGF-Projektleiter<br />
Dr. Peter Pratje für ihre Doktorarbeit Orang-<br />
Utans in freier Wildbahn und entwickelte gemeinsam<br />
mit Kolleginnen und Kollegen ein<br />
Überlebensmodell für die Tiere. Dank dieses<br />
Modells wurde nun sehr viel klarer, was ein<br />
Wald den Orang-Utans bieten muss, damit er<br />
ihnen dauerhaft ein Zuhause sein kann.<br />
Doris Kelle forschte fast zwei Jahre lang in<br />
der Auswilderungsstation der ZGF in Indonesien,<br />
vermaß in der Zeit 18.344 Bäume,<br />
beobachtete vier Monate lang den Alltag der<br />
Orang-Utans und analysierte deren Nahrung.<br />
Besonderes Augenmerk galt der räumlichen<br />
Verteilung von Baumarten, besonders der<br />
Bäume, die den wiederausgewilderten Orang-<br />
Utans als Nahrung dienen. Dabei zeigte sich,<br />
dass gewässernahe Tieflandgebiete, aber<br />
auch Sekundärwald eine hohe Anzahl wichtiger<br />
Nahrungsbäume aufweisen und dass die<br />
Baumarten Ficus, Parkia und Artocarpus für<br />
die Affen besonders wichtige Nahrungsquellen<br />
sind. Dass Sekundärwald für die Orang-<br />
Utans besser oder auch genauso gut geeignet<br />
sein soll wie der ursprüngliche Primärwald,<br />
irritiert zunächst.<br />
„Im direkten Vergleich zwischen Primärwald<br />
und Sekundärwald habe ich tatsächlich<br />
hinsichtlich der Nahrungsbäume eine<br />
geeignetere Baumartenzusammensetzung im<br />
Sekundärwald gefunden“, sagt die Wissenschaftlerin.<br />
Dies gehe wahrscheinlich damit<br />
einher, dass in den "alten" Wäldern Baumarten<br />
vorherrschen, die zwar für die Holzindustrie<br />
interessant seien, aber nicht als Nahrung<br />
für die Orang-Utans infrage kommen. „Dadurch,<br />
dass diese Bäume riesig sind und alles<br />
andere unterdrücken, ist die Artenvielfalt<br />
geringer und somit auch die Nahrungsbaumvielfalt<br />
für Orang-Utans. Zudem gibt es im<br />
Sekundärwald Öffnungen im Kronendach<br />
und größere lichte Stellen. Das heißt, es gibt<br />
eine Vielfalt an Sukzessionsstadien, die optimal<br />
für schnell wachsenden Bäumen sind“,<br />
erläutert Kelle.<br />
Daraus allerdings den Schluss zu ziehen, ein<br />
sekundärer, also ein nach dem Abholzen des<br />
ursprünglichen Primärwaldes wieder neu<br />
gewachsener Wald, sei vollkommen ausreichend,<br />
wäre ein arger Trugschluss. „Wir<br />
haben vielmehr gezeigt, dass der Sekundärwald<br />
in Puncto Nahrung für die Tiere<br />
ein sehr gutes Habitat ist“, sagt Doris Kelle.<br />
Ihre Arbeit belegt damit einmal mehr, wie<br />
wichtig die Pufferzonen um den Nationalpark<br />
herum sind und dass Störungen in diesen<br />
Pufferzonen, etwa durch Holzeinschlag<br />
Doris Kelle und Jenggo, einer der Orang-Utans<br />
des Wiederauswilderungsprogrammes.<br />
oder die Förderung von Kohle im Tagebau,<br />
weit in den Bukit Tigapuluh Nationalpark<br />
hineinwirken. „Der Wert des Primärwaldes<br />
mit Lianen und hohen Schlafbäumen für die<br />
Orangs ist nicht zu unterschätzen, mal ganz<br />
abgesehen von der Abgeschiedenheit und<br />
Sicherheit des Parks“, sagt Doris Kelle.<br />
Noch ist die neue Orang-Utan-Population<br />
in Bukit Tigapuluh nicht endgültig etabliert,<br />
was es schwer macht, zu bewerten, in welchem<br />
Umfang sie tatsächlich zur Erhaltung<br />
des Art Pongo abelii beiträgt. Doch es gibt<br />
mittlerweile die erste Generation von Orang-<br />
Utans, die in der Wildnis geboren worden<br />
ist. Damit wurde eine große Hürde auf dem<br />
Weg zur dauerhaften Etablierung bereits genommen.<br />
„Da Orang-Utans sich nur sehr<br />
langsam entwickeln und fortpflanzen, wird<br />
es noch einige Jahre dauern, bis eine eindeutigere<br />
Bewertung möglich ist“, sagt Doris<br />
Kelle. „Bis dahin ist die größte Aufgabe bei<br />
der Wiederauswilderung von Orang-Utans<br />
die Erhaltung des Lebensraums, ohne den<br />
die Art nicht bestehen kann.<br />
Foto: Doris Kelle<br />
zu den bayerischen Bergwäldern. Die außergewöhnlichen<br />
Aufnahmen werden begleitet<br />
von einem Text der ehemaligen GEO-Redakteurin<br />
Uta Henschel, der anschaulich<br />
und mit manch überraschender Information<br />
die Geschichte von der romantischen Verklärung<br />
bis zur heutigen politischen Diskussion<br />
um den deutschen Wald erzählt.<br />
Thomas Stephan, Uta Henschel<br />
GRÜNES WUNDER – Wälder in Deutschland<br />
Erschienen 2012 bei Grubbe Media GmbH<br />
Hardcover mit Schutzumschlag<br />
200 Seiten mit ca. 180 Farbabbildungen,<br />
49,95 €<br />
ISBN: 978 3 942194 08 2<br />
ZGF GORILLA | AUSGABE 3/<strong>2013</strong><br />
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