Das Programmheft zum Konzert. - Deutsche Radio Philharmonie ...
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GYÖRGY LIGETI<br />
* 28. Mai 1923 in Diciosânmartin (heute Târnveni, Siebenbürgen, Rumänien)<br />
† 12. Juni 2006 in Wien<br />
György Ligeti war ein ausgesprochen neugieriger, das heißt: wissensdurstiger<br />
Zeitgenosse. Er hat sich für Mathematik und Physik interessiert,<br />
auch er hat Volksmusik systematisch erforscht und noch im hohen Alter<br />
die Welt als großes System begriffen: So verschieden die Kriterien für<br />
die Künste und die Wissenschaften auch sind, Gemeinsamkeiten gibt es<br />
insofern, als die Menschen, die in diesen beiden Bereichen arbeiten, von<br />
Neugier angetrieben werden. Es gilt, Zusammenhänge zu erkunden, die<br />
andere noch nicht erkannt haben, Strukturen zu entwerfen, die bis dahin<br />
nicht existierten.<br />
Ligeti war eng befreundet mit Gerhard Neuweiler. Der Münchner Zoologe<br />
beschrieb, mit welchem Nachdruck sich der Künstler beim Naturwissenschaftler<br />
erkundigt hat: Er begann mich zu fragen, was ich gerade machte.<br />
Er fragte, und ich antwortete, er bohrte tiefer und tiefer, er glich einem<br />
Vulkan, der immer neue Ideen, Anregungen, Zweifel, Fragen ausspuckte.<br />
Er zwang mich zu genauerem Nachdenken, <strong>zum</strong> Nachforschen, und führte<br />
mich durch seine inquisitorische Neugierde in neue, für mich unerwartete<br />
Zusammenhänge meines Faches.<br />
Neugierde, Erfindungsreichtum und eine subtile Phantasie kennzeichnen<br />
Ligetis Musik. Er suchte stets nach neuen Klängen, er wollte sie finden<br />
oder auch erfinden. So war er fasziniert von Pulsationen und ineinander<br />
geschobenen Metren. Mit großer Akribie baute er mit Tönen statische<br />
Klangflächen aus einer ungemein kleinteiligen Mikropolyphonie. Ende<br />
der 80er, Anfang der 90er Jahre erforschte er dann neue harmonische<br />
Möglichkeiten. Ligeti klang wie ein forschender Naturwissenschaftler, als<br />
er sagte: Ich suchte unpräzise Intonation und einen ‚schmutzigen’ Klang.<br />
Also stellte er das konventionelle Tonsystem mit der Unterteilung einer<br />
Oktav in zwölf gleiche Schritte in Frage. Diese temperierte Stimmung ermöglichte<br />
zwar das problemlose Spielen in allen Tonarten und ist Musikern<br />
und Hörern durch Tradition und Gewohnheit vertraut. Doch sie<br />
basiert nicht auf natürlichen Ton-Relationen, sondern auf einem Kompromiss.<br />
Die Musiker biegen die Intonation zurecht, damit alle Töne mit<br />
gleichen Abständen in eine Oktav passen. Wer je ein Alphorn oder ein Naturhorn<br />
gehört hat, weiß, dass natürliche Obertöne anders, für unser Ohr<br />
unsauber klingen.<br />
<strong>Das</strong> Violinkonzert<br />
Ligeti lässt in seinem Violinkonzert einen Teil der Streicher untemperiert<br />
einstimmen. Die Musiker spielen also teilweise dieselben Noten wie ihre<br />
Kollegen, jedoch in einer anderen Stimmung. Und so entstehen Reibun-<br />
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