27.12.2013 Aufrufe

Eine Metatheorie des demokratischen Prozesses - WZB

Eine Metatheorie des demokratischen Prozesses - WZB

Eine Metatheorie des demokratischen Prozesses - WZB

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

2<br />

stischer Wertorientierungen (Inglehart 1977, 1990) konstituiert haben. Die<br />

Schließung gegenüber diesen neuen Ansprüchen wurde im wesentlichen auf<br />

zwei Strukturfaktoren zurückgeführt, die einen unterschiedlichen Grad struktureller<br />

Verfestigung haben: Erstens auf die Trägheit historisch gewachsener<br />

Parteiensysteme, die sich auf der Grundlage ganz anderer Interessen (materialistischer<br />

Grupperunteressen) herausgebildet haben und zweitens auf die Logik<br />

<strong>des</strong> Parteienwettbewerbs in repräsentativen Demokratien als solcher. Die Orientierung<br />

der konkurrierenden Parteien an der Maximierung ihrer Wählerstimmen<br />

impliziert eine Orientierung an Wählermehrheiten und das wiederum<br />

bedeutet eine strukturelle Schließungstendenz gegenüber Minderheitsinteressen.<br />

Letzteres läßt sich auf eine Schließungstendenz gegenüber den neuen<br />

Ansprüchen natürlich nur anwenden, solange diese Minderheitsansprüche darstellen.<br />

Es ist inzwischen schon fast eine Selbstverständlichkeit der wissenschaftlichen<br />

Diskussion geworden, die Anwendung nichtinstituüonalisierter<br />

Handlungsformen und die Herausbildung neuer sozialer Bewegungen als<br />

Folge dieser strukturbedingten Schließung gegenüber den neuen Ansprüchen<br />

zu begreifen.<br />

Etwa Mitte der achtziger Jahre veränderte und radikalisierte sich die Perspektive<br />

etwas. Autoren wie Offe (1985) und Beck (1986) gehen von dem Sachverhalt<br />

aus, daß die Anwendung nichtinstitutionalisierter Handlungsformen und<br />

die Konsolidierung der neuen sozialen Bewegungen als kollektive Akteure der<br />

Politik eine feste und wichtige Größe <strong>des</strong> politischen <strong>Prozesses</strong> geworden sind 3 .<br />

Im Hinblick auf den demokraüschen Prozeß ist darunter zu verstehen, daß die<br />

politischen Entscheidungsträger permanent mit einem neuen Typus von<br />

Ansprüchen (postmaterialistischen oder lebensweltlichen) 4 konfrontiert werden<br />

3 Bezogen auf das Kollektiv der Staatsbürger wird diese Annahme empirisch durch Ergebnisse<br />

repräsentativer Bevölkerungsumfragen in mehreren westeuropäischen Ländern bestätigt.<br />

Die Akzeptanz neuer sozialer Bewegungen und der von diesen verwendeten nichtinstitutionalisierten<br />

Handlungsformen ist in diesen Ländern sehr ausgeprägt und nimmt im Zeitverlauf<br />

eher zu (Fuchs 1991b, Fuchs und Rucht 1993).<br />

4 Die bei Inglehart als postmaterialistisch bezeichneten Ansprüche werden in anderen theoretischen<br />

Kontexten als lebensweltliche Ansprüche bezeichnet (siehe Habermas 1981; Offe<br />

1985; Raschke 1985). Der Bedeutungsgehalt beider Begriffe ist zwar nicht identisch, weist<br />

aber starke Überschneidungen auf.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!