Fall 11 + Lösung - Prof. Dr. Windbichler - Humboldt-Universität zu ...

Weitere Magazine

Empfehlungen

Info

AG Handels- und Gesellschaftsrecht Sommersemester 2009 Lehrstuhl Prof. Dr. Windbichler Fall 13a – Lösung Frage 1: Welche Ansprüche hat N wegen der vertrockneten Tonerkassetten und ihrer Bilanzierung zum Anschaffungswert? I. Minderung des Kaufpreises wegen Mangels (vertrocknete Kassetten), §§ 453 I, 434, 441 BGB Vgl. Dauner-Lieb/Arnold/Dörtsch/Kitz, Fälle zum neuen Schuldrecht, 2002, Fall 87 (S. 176 f.) betr. Umsatzangabe; Wiedemann/Fleischer PdW Handelrecht Nr. 212 ff. 1. Vertrag zustande gekommen (SV), - Was ist Vertragsgegenstand - Nicht Tonerkasseten an sich, sondern als Teil eines Unternehmens, einer Sachgesamtheit 2. Mangel i.S.v. § 434 - Hinweis: keine Anwendbarkeit von § 377 HGB - Handelskauf i.S.v. § 377 HGB betrifft „Waren“ = Kauf beweglicher Sachen NICHT: Rechtskauf, Grundstückskauf, Unternehmenskauf a. Wann kommt Sachmängelgewährleistung beim Unternehmenskauf überhaupt in Betracht? Es ist streitig, bei welchen Arten von Unternehmenserwerb eine Sachmängelgewährleistung überhaupt in Betracht kommt Dinglicher Erwerb des Unternehmens als Sachgesamtheit Werden direkt einzelnen Vermögensgegenstände erworben (sog. Asset deal) finden weitgehend unstreitig Sachmängelgewährleistungsansprüche beim Unternehmenskauf Anwendung Erwerb der Anteile der Gesellschaft, die Unternehmensträger ist Wenn hingegen nur Anteile erworben werden (Share deal) muss nach der herkömmlich h.M. zwischen dem Erwerb des Unternehmens und dem bloßen Anteilserwerb unterschieden werden: hier: Asset Deal. Daher Mangelhaftigkeit der einzelnen assets grundsätzlich relevant b) Mangel wegen der vertrockneten Tonerkasseten - Relevanz für das Unternehmen insgesamt aa) Notwendigkeit der Relevanz eines Mangels für das Unternehmen - vertrocktnete Tonerkassetten sind an sich mangelhaft - Aber um die Sachmängelwährleistungsrechte hinsichtlich des Kaufs des Unternehmens geltend machen zu können muss ein Mangel des Unternehmens vorliegen. Das ist nur der Fall, wenn der Mangel der Einzelgegenstände für das Unternehmen insgesamt relevant ist. Das ist anhand der Vereinbarung zu ermitteln (vgl § 434 I 1: entscheidend ist die vereinbarte Beschaffenheit MüKo/Westermann, § 453 Rn. 27 Notwendig ist aber auch beim Unternehmenskauf, dass Fehler einzelner zum Unternehmen gehörender Gegenstände in Ermangelung einer auf sie bezogenen speziellen Beschaffenheitsvereinbarung als Mangel des Unternehmens nur in Betracht kommen, wenn sich der Mangel auf die Funktionstauglichkeit des Unternehmens als solchen auswirkt. 4
AG Handels- und Gesellschaftsrecht Sommersemester 2009 Lehrstuhl Prof. Dr. Windbichler bb) Anwendung auf den Fall - eher keine Relevanz für das Unternehmen - Hauptaktivitäten des Unternehmens ist die Vermittlung von Geschäften und die damit erzielten Provisionen ; nicht der Vertrieb von Zubehör - Gewissermaßen ist damit nur ein Teil eines (kleineren) Teil der Tätigkeit betroffen - Anderer Bewertung mit guter Begründung vertretbar Vgl. BGH NJW 79, 33 zum alten Recht: Beträchtliche Fehlbestände an Material und Arbeitsmitteln) Bsp. in dem BGH Unternehmensmangel (sogar) nach altem Recht bejaht BGH NJW 1979, 33 hat: 1. Zu Unrecht wendet sich die Revision gegen die Annahme des BerGer., daß das vertragswidrige Fehlen von Gerüstmaterial ein Sachmangel sei, das heißt ein Fehler, der den Wert oder die Tauglichkeit des Unternehmens zu dem gewöhnlichen oder dem nach dem Vertrag vorausgesetzten Gebrauch aufhebt oder, was hier allein in Betracht kommt, mindert (§ 459 I 1 BGB). Der vorliegende Fall zeigt, daß eine nicht unwesentliche Abweichung des tatsächlichen Zustandes der Kaufsache von derjenigen Beschaffenheit vorliegt, welche die Parteien beim Vertragsschluß nach der Unterstellung des angefochtenen Urteils vorausgesetzt haben. Denn für ein Gerüstbauunternehmen ist der Bestand an Gerüsten von entscheidender Bedeutung. Davon hängt die Kapazität des Unternehmens unmittelbar und technisch-sachlich ab … Gerade für größere Bauvorhaben ist durch den Fehlbestand die Grenze der Leistungsfähigkeit des verkauften Unternehmens bedeutend herabgesetzt. Es kann daher dahinstehen, ob jeder Fehlbestand im Inventar einen Fehler des Unternehmens i.S. von § 459 I BGB darstellt (dagegen Hommelhoff, Die Sachmängelhaftung beim Unternehmenskauf, 1975, S. 102 f.). Der Revision kann darin nicht gefolgt werden, daß ein nach dem Inhalt des Kaufvertrages vorliegender Fehlbestand in der technischen Ausrüstung des Unternehmens den Angaben über die bisherigen Umsätze gleichzustellen sei und daher nicht als Unternehmensfehler angesehen werden könne. Der erkennende Senat hat zwar mehrfach entschieden, daß die Umsätze der vorausgegangenen Jahre keine Eigenschaft des Unternehmens und daher auch keine Fehler i.S. von § 459 I BGB sind (NJW 1970, 653 ff.; BB 1974, 152 = WM 1974, 51; BGH, NJW 1977, 1538). Nur wenn die bis zum Verkauf auf längere Zeit erzielten Umsätze und Erträge vertraglich zugesichert wurden, sind sie einer Eigenschaft des Unternehmens rechtlich gleichzustellen. Diese Rechtsprechung hat ihren Grund darin, daß der Höhe der Umsätze nach Art und Umfang des Unternehmens verschiedene Bedeutung zukommt und sich der zu erzielende Reinertrag erst nach zusätzlicher Bekanntgabe der Kostenfaktoren ermitteln läßt. Darüber hinaus hängt der Erfolg bei einem Unternehmen oft in entscheidender Weise von Umständen ab, die weniger das veräußerte Geschäft als solches betreffen, sondern mehr mit anderen Faktoren, zum Beispiel mit der Person des Inhabers und der in den betreffenden Jahren bestehenden konjunkturellen Lage verknüpft sind. Anders liegt es aber bei der technischen Ausrüstung eines Unternehmens. Sie ist unmittelbarer Bestandteil des zu übertragenden Gesamtkomplexes materieller und immaterieller Güter und bestimmt - unabhängig von den Unternehmerqualitäten des Käufers, von der Konjunktur und sonstigen unternehmensfremden Umständen - Umfang und Grenzen der unternehmerischen Möglichkeiten. cc). Ergebnis, wenn man die Relevanz für das gesamte Unternehmen verneint kein (Unternehmens)Mangel wegen der Tonerkasseten i.S.v. § 434 Keine Ansprüche aus §§ 433, 434, 437 dd) Ergebnis, wenn Relevanz beaht Mangel i.S.v. § 434 Dann prüfen: Ausschluss nach § 442 (NICHT nach § 377 HGB) Wenn kein Ausschluss prüfen Nachbesserung/Rücktritt/Minderung nach Maßgabe von § 437 5
Seite 1 und 2: AG Handels- und Gesellschaftsrecht
Seite 3: AG Handels- und Gesellschaftsrecht
Seite 11: AG Handels- und Gesellschaftsrecht

Fall 11 + Lösung - Prof. Dr. Windbichler - Humboldt-Universität zu ...

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

Template löschen?

Als Template speichern?