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SEPTEMBER 2013 Prince Avalanche Almut Klotz Paperboy ... - Pony

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namigen HBO-Serie als Vorbild. „<strong>Paperboy</strong>“, 1995 im Original erschienen, wurde<br />

2012 von Lee Daniels („Precious“) verfilmt, kein wirklich guter Film, leider:<br />

Obschon Daniels ein gewisses Gespür hat für doppelte Böden und die klebrigschwüle<br />

Spannung, die über den Romanseiten hängt wie zum Schneiden dicke<br />

Luft, fehlen seinem Film die thematische Komplexität und Tiefe des Romans.<br />

„The <strong>Paperboy</strong>“ ist die oberflächliche Trashversion des Buches. Obwohl Dexter<br />

am Drehbuch mitgeschrieben hat. Allerdings bedeutet ein Spitzendrehbuchautor<br />

beim amerikanischen Serien-Fernsehen eine Menge, im Kinofilmgeschäft<br />

dagegen beinahe nichts.<br />

Glücklicherweise ist „<strong>Paperboy</strong>“ ein umso besseres Buch. Einen nachdenklichen,<br />

die Geschehnisse im Rückblick zu verstehen suchenden Ich-Erzähler gibt<br />

es auch: Erzählt wird aus der Perspektive von Jack, dem jüngeren Bruder des<br />

notorisch verschwiegenen Wahrheitsfans Ward. Jack ist zwanzig und dabei, seinen<br />

Platz in der Welt zu suchen. Das ist anstrengend, keine Frage, zumal sich<br />

das Ziel der Suche nicht mal andeutungsweise zu erkennen gibt. Wegen einer<br />

Dummheit vom College geflogen, hilft Jack seinem Bruder als Fahrer bei den<br />

aufwendigen, zunehmend nervenaufreibenden journalistischen Recherchen.<br />

Nebenbei verknallt er sich in Charlotte Bless, eine attraktive, stark geschminkte<br />

Frau von nicht eben subtiler sexueller Ausstrahlung.<br />

Wortkarger Geheimnisträger<br />

Ganz dicht ist Charlotte nicht. Mörder ziehen sie magisch an. Auf Charlottes<br />

Betreiben hin ermitteln Ward und Yardley überhaupt erst. Zwar kennt Charlotte<br />

Hillary nicht persönlich, trotzdem bzw. gerade deshalb ist sie besessen von<br />

ihm, will ihn heiraten – unbedingt. Sie hat ihm freizügige Briefe in die Todeszelle<br />

geschickt. Bei einem ersten Treffen im Gefängnis starrt Hillary sie an wie ein<br />

hungriges Tier. Dann fordert er sie auf, die Beine zu spreizen – und ejakuliert in<br />

seine Hose. Dass Ward, Yardley und Jack zugegen sind, stört Charlotte und Hillary<br />

kein bisschen.<br />

Es ist beeindruckend, wie wenig Worte und Handlungen Dexter braucht, um<br />

Hillary als Prachtexemplar eines psychopathischen Widerlings unangenehm lebensprall<br />

vor uns entstehen zu lassen. Ein Mord ist diesem dominanten, verschlagenen<br />

White-Trash-Bewohner der Sümpfe Floridas locker zuzutrauen.<br />

Aber mit der Wahrheit ist es, wie gesagt, so eine Sache. In Dexters Roman versteckt<br />

sie sich lange – und sehr geschickt. Sie ist wie ein Sumpf. Sie riecht auch<br />

so. Und sie fordert Opfer. Das Zeitungswesen kriegt sein Fett weg, Intrigen zerstören<br />

Beziehungen, Knochen splittern, Leichen, mit denen man nicht rechnen<br />

konnte, finden nach einer Überschwemmung den Weg aus ihrem feuchten Gräbern<br />

ins Freie.<br />

Den wortkargen Geheimnisträger Ward treibt die Suche nach Wahrheit beinahe<br />

in den Wahnsinn. Und geradewegs in die Alkoholsucht. Die Dinge runterzubrechen,<br />

auf das, „was tatsächlich passiert“, darum geht es ihm die ganze Zeit.<br />

Vielleicht ist er naiv, aber traurig beipflichten möchte man ihm unbedingt. Und<br />

doch: Es ist hoffnungslos und endet schlimm. Und Jack? Der ist am Ende von<br />

„<strong>Paperboy</strong>“ zumindest erwachsen. Den Weg dahin hatte er sich vermutlich anders<br />

vorgestellt.<br />

Pete Dexter: „<strong>Paperboy</strong>“<br />

(Liebeskind, <strong>2013</strong>, 318<br />

Seiten, 19,80 Euro)<br />

The <strong>Paperboy</strong> (DVD)<br />

Regie: Lee Daniels;<br />

USA 2012; 111 Minuten;<br />

mit Zac Efron, Matthew<br />

McConaughey, Nicole<br />

Kidman u. a.<br />

www.print-o-rama.com<br />

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