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SEPTEMBER 2013 Prince Avalanche Almut Klotz Paperboy ... - Pony

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R e c h t e r S u m p f<br />

Wahlkampf mit sich selbst<br />

Auch in Göttingen präsentieren sich rechte Kleinparteien potentiellen<br />

Wählern als seriöse Demokraten. Klappt nicht so gut.<br />

Manuel Schaper<br />

Göttingen durfte in den vergangenen Wochen erstmals mit zwei neueren<br />

rechten Parteien Bekanntschaft machen, die beide im Rahmen<br />

des Bundestagswahlkampfes aktiv geworden sind. Da wäre zum einen<br />

die Partei Alternative für Deutschland (AfD), die sich erst Anfang dieses<br />

Jahres gegründet hat. Ihr lokaler Ableger, die AfD Göttingen/Osterode,<br />

macht seither immer wieder von sich reden.<br />

Nach dem anfänglichen Medienrummel um Neonazis im Vorstand und<br />

darauf folgende Austritte anderer Mitglieder setzte sich die AfD mit<br />

ihrem Wahlkampf ordentlich in die Nesseln. Die linke Kampagne „Alles<br />

muss man selber machen“ fuhr den Rechten in die Parade: Wahlplakate<br />

wurden zerstört, eine Wahlkampfveranstaltung in der City von<br />

Antifaschisten gestört, der geplante „Stammtisch“ musste abgesagt<br />

werden. Seitdem faseln führende Mitglieder der AfD von „linkem Terror“,<br />

wollen gar Opfer versuchter Brandanschläge und von Bedrohung<br />

geworden sein. In Anbetracht sonst üblicher Formen linker Militanz in<br />

derlei Angelegenheiten wirkt das nicht nur reichlich unglaubwürdig,<br />

sondern hochnotpeinlich. Aber irgendwie muss man ja auf sich aufmerksam<br />

machen. Die sehr überschaubaren Forderungen der Partei<br />

hatten das mediale Interesse schnell erschöpft.<br />

Dann ist da, zweitens, die ebenfalls relativ neue Bürgerbewegung Pro<br />

Deutschland, die der „Islamisierung“ Deutschlands den Kampf angesagt<br />

hat. Auf ihrer ambitionierten Wahlkampftour durch die Republik<br />

kam sie auch durch Göttingen, beschützt von einem Großaufgebot<br />

der Polizei. Die nahm dann prompt den Anmelder immerhin gleich<br />

drei rechter Kundgebungen, den ehemaligen DVUler Lars Seidensticker,<br />

mit, nachdem der körperlich gegen einen siebzehnjährigen Protestierer<br />

vorgegangen war.<br />

Während die einen also möglichst laut jammern, damit überhaupt jemand<br />

sie wahrnimmt, machen die anderen Schlagzeilen, indem sie gegen<br />

minderjährige politische Gegner handgreiflich werden. Dass AfD<br />

und Pro Deutschland in Göttingen kaum eigene Inhalte präsentieren<br />

konnten, liegt, so gesehen, nicht zuletzt an ihrer eigenen Dummheit.<br />

Helon Habila liest am<br />

16.9. um 20:00 Uhr im<br />

Literarischen Zentrum<br />

aus seinem Roman „Öl<br />

auf Wasser“ (Wunderhorn,<br />

2012, 240 Seiten,<br />

24,80 Euro). Mit dem<br />

nigerianischen Autor<br />

spricht Antje te Brake.<br />

A f r i k a n i s c h e L i t e r a t u r<br />

Shakespeare hinter Gittern<br />

Chinua Achebe, der Fixstern der afrikanischen Prosa, starb im März.<br />

Nun fällt der Fokus auf die dritte Generation: auf Autoren wie den mit<br />

internationalen Preisen überhäuften Nigerianer Helon Habila.<br />

Kerstin Cornils<br />

Ein Mann hockt in einem nigerianischen Knast. Dass er schlechte Karten<br />

hat, weiß er: In der Regel kennt General Abacha kein Pardon mit<br />

politischen Gefangenen. Sollte Lomba gegen die Hoffnungslosigkeit<br />

seiner Lage rebellieren? Ach was. Längst hat er begriffen, dass den<br />

Häftling nur eine Parole schützt: Nichts fürchten, nichts hoffen. Doch<br />

dann, nach mehr als einem Jahr Haft, fallen ihm plötzlich Bleistift und<br />

Papier in die Hände. Der Journalist beginnt, Zeilen von Shakespeare<br />

niederzuschreiben und scheinbar nutzlose Gedichte zu kritzeln. Bis<br />

sich eines Tages der Gefängnisleiter an ihn wendet und um ein Liebesgedicht<br />

für seine Freundin bittet. Lomba erkennt, dass sich am Horizont<br />

eine winzige Chance auftut.<br />

Für die hier skizzierte Erzählung „Love Poems“ hat der 1967 in Nigeria<br />

geborene Autor Helon Habila den Caine Prize erhalten. Den Text hatte<br />

er einer Sammlung entnommen, die er zuvor – komplett erfolglos –<br />

im Selbstverlag unter dem Titel „Prison Stories“ veröffentlicht hatte.<br />

Als ein britischer Verlag unter dem Titel „Waiting for an Angel“ eine<br />

Neuauflage wagte, ergatterte Habila prompt eine weitere Auszeichnung.<br />

Nur in der Heimat blieb das international gefeierte Buch ein<br />

Flop: Für Nigerianer war das Werk schlicht zu teuer. Erst als der Autor<br />

die Rechte für den heimatlichen Markt zurückkaufte und seinen Roman<br />

billig verscherbelte, fand „Waiting for an Angel“ auch am Nigerdelta<br />

seine Fans.<br />

Inzwischen muss Habila nicht mehr fürchten, übersehen zu werden.<br />

Sogar in Deutschland ist man mittlerweile auf den brillanten Autor<br />

aufmerksam geworden. Für „Öl auf Wasser“, einen düsteren Roman<br />

über einen Umweltskandal, hat er hierzulande kürzlich den deutschen<br />

Krimipreis erhalten. In einer Anthologie über neues afrikanisches Schreiben<br />

betont Habila, dass Autoren aus seinem Heimatkontinent immer<br />

häufiger Erfahrungen der Migration und der Reise machten. Er<br />

selbst ist keine Ausnahme: Als DAAD-Stipendiat darf er ab Juli dieses<br />

Jahres den Dreck von Berlin unter die Lupe nehmen.<br />

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