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Antiziganismus – Vergangenheit und Gegenwart - Amadeu Antonio ...

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ptember 2011: Landkreis in Bayern verbietet Roma Zutritt zu Mülldeponien<br />

Fotos: A. Gerhäuser/version<br />

Einweihung des Denkmals für die im Nationalsozialismus ermordeten Roma <strong>und</strong> Sinti Europas (2012)<br />

»Zu Sündenböcken gemacht«<br />

Interview mit Romani Rose über die Aktualität<br />

des <strong>Antiziganismus</strong><br />

24<br />

iz3w: Das »Denkmal für die im Nationalsozialismus<br />

ermordeten Sinti <strong>und</strong> Roma Europas« ist<br />

nicht zuletzt dank ihres langjährigen Einsatzes<br />

am 24. Oktober eingeweiht worden. Welches<br />

vorläufige Fazit ziehen Sie?<br />

tt<br />

Romani Rose: Wir sind mit der Entwicklung,<br />

die das Denkmal mit der Übergabe durch<br />

die B<strong>und</strong>eskanzlerin <strong>und</strong> den Regierenden<br />

Bürgermeister ausgelöst hat, sehr zufrieden.<br />

Es wurde breit darüber berichtet, selbst international<br />

von der New York Times. Die Übergabe<br />

war ein Anstoß, sich mit diesem Kapitel<br />

europäischer Geschichte, dem Holocaust an<br />

den Sinti <strong>und</strong> Roma in den Jahren 1939 bis<br />

45, verstärkt auseinanderzusetzen. Er war kein<br />

Anhängsel der Shoah, sondern hatte seine<br />

eigene Dimension <strong>und</strong> seine eigene Bürokratie<br />

in Bezug auf den Vernichtungswillen der<br />

Nazis gegenüber unserer Minderheit. Das<br />

Denkmal ist für uns aber auch Symbol der<br />

Verantwortung für die <strong>Gegenwart</strong>, dem Taten<br />

in Hinblick auf den aktuellen <strong>Antiziganismus</strong><br />

<strong>und</strong> den verheerenden Rechtsterrorismus in<br />

Europa folgen müssen.<br />

Die Einweihung war also ein Meilenstein?<br />

tt<br />

Ja, für unsere Minderheit natürlich. Gleichzeitig<br />

war sie ein positives <strong>und</strong> anerkennendes<br />

Signal, das die B<strong>und</strong>esregierung ausgesendet<br />

hat. Sie bekennt sich auch zu diesem Teil der<br />

Geschichte <strong>und</strong> hat für dieses Denkmal nicht<br />

einen Ort ausgewählt, der irgendwo außerhalb<br />

Berlins liegt, sondern direkt im Herzen Berlins<br />

vor dem Hohen Haus des B<strong>und</strong>estages <strong>und</strong><br />

dem Brandenburger Tor.<br />

B<strong>und</strong>eskanzlerin Merkel<br />

sagte bei der Einweihung:<br />

»Menschlichkeit <strong>–</strong> das bedeutet<br />

Anteilnahme, die<br />

Fähigkeit <strong>und</strong> die Bereitschaft, auch mit den<br />

Augen des anderen zu sehen.« Sie verlor in ihrer<br />

Rede aber kein Wort über heutige humanitäre<br />

Verpflichtungen gegenüber Roma-Flüchtlingen<br />

oder über Abschiebungen aus Deutschland. Sind<br />

das nicht inhaltsleere Sonntagsreden?<br />

tt<br />

Zwischen Theoretischem <strong>und</strong> Praktischem<br />

besteht natürlich immer ein Unterschied. Aber<br />

ich glaube, dass die B<strong>und</strong>eskanzlerin diese<br />

Aussagen in fester Überzeugung gemacht hat<br />

<strong>und</strong> die Situation unserer Minderheit in Europa<br />

zur Kenntnis nimmt. In Osteuropa werden<br />

Teile der Minderheit ausgegrenzt. Sie leben<br />

in menschenunwürdigen Wohnsituationen,<br />

die für europäische Länder nicht akzeptabel<br />

sind. Man glaubt, man sei in Bangladesch,<br />

wo es keine Infrastruktur, keinen Strom, kein<br />

Wasser, keine Kanalisation gibt. Diese Menschen<br />

waren nach dem Wegfall des Eisernen<br />

Vorhangs <strong>und</strong> dem Zusammenwachsen<br />

Europas die<br />

»Dieses Ignorieren gibt ersten, die ihren Arbeitsplatz<br />

verloren. 86 Prozent<br />

den Rechten Auftrieb«<br />

waren davor in den jeweiligen<br />

Heimatländern in<br />

Arbeit gewesen. Mit der Arbeit haben sie auch<br />

ihre Wohnungen verloren, wurden aus der<br />

Gesellschaft gedrängt. Dadurch sind unwürdige<br />

Ghettos entstanden, <strong>und</strong> das ist nicht zu<br />

akzeptieren.<br />

Hinzu kommt ein erstarkender Rassismus,<br />

der sich wieder gegen Minderheiten richtet,<br />

gegen Sinti <strong>und</strong> Roma, <strong>und</strong> ein neuer Antisemitismus.<br />

Das sind Erfahrungen, die wir aus<br />

der Geschichte kennen. In Krisenzeiten be-<br />

iz3w • Januar / Februar 2013 q 334

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