Antiziganismus – Vergangenheit und Gegenwart - Amadeu Antonio ...
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Ainet: Jugendliche greifen Roma an <strong>und</strong> skandieren ‚Zigeuner raus!‘ | Sep<br />
Gabi Jimenez:<br />
Les Camps 1 (1999)<br />
»Wir sind mehr als ausgelastet«<br />
Interview mit Walter Schlecht über praktische Solidarität mit Roma<br />
tt<br />
Johanna Wintermantel: Das »Freiburger<br />
Forum aktiv gegen Ausgrenzung« hilft vor allem<br />
Roma-Flüchtlingen. Wie kam es zu diesem<br />
Schwerpunkt?<br />
tt<br />
Walter Schlecht: Die Anfänge des Freiburger<br />
Forums liegen im Dezember 2010, als die<br />
Sarrazin-Debatte aufkam. Generell wenden<br />
wir uns gegen jede Form der Ausgrenzung.<br />
Die ursprüngliche Idee war,<br />
für Leute aktiv zu werden,<br />
die mittels Hartz IV ausgegrenzt<br />
werden. Vor allem<br />
wollten wir sichtbar machen,<br />
dass die Formen der<br />
Ausgrenzung, sei es Sozialrassismus,<br />
<strong>Antiziganismus</strong><br />
oder Rassismus im Allgemeinen,<br />
nicht voneinander zu trennen sind. Aber<br />
so weit sind wir noch nicht gekommen. Das<br />
Engagement für Roma hat sich deshalb aufgedrängt,<br />
weil in Freiburg viele Roma leben,<br />
die von Abschiebung bedroht sind, <strong>und</strong> damit<br />
sind wir bisher mehr als ausgelastet.<br />
Ihr arbeitet auf verschiedenen Ebenen. Ein wichtiger<br />
Teil ist die Unterstützung von Personen <strong>und</strong><br />
Familien, die akut von Abschiebung bedroht sind.<br />
Worin liegt die Bedeutung dieser so genannten<br />
Einzelfallarbeit?<br />
»Wenn wir auch nur<br />
eine Abschiebung<br />
verhindern, ist das ein<br />
großer Erfolg«<br />
tt<br />
Das ist ein ganz konkreter Ansatzpunkt, an<br />
dem man Solidarität zeigen kann. Wir haben<br />
auf diese Weise direkten Kontakt mit den Betroffenen.<br />
Es ist wichtig in der Solidaritätsarbeit,<br />
dass wir nicht nur Unterstützung bieten,<br />
sondern auch sehr viel voneinander lernen<br />
<strong>und</strong> wir versuchen, ein Verständnis für die<br />
politische Situation der Betroffenen, für ihre<br />
Fluchtgründe zu entwickeln.<br />
Was kann man konkret lernen?<br />
tt<br />
Da ist zum Beispiel eine<br />
Familie, die 1999 aus dem<br />
Kosovo vertrieben wurde. Sie<br />
haben sämtliche Dokumente<br />
ihrer Vertreibung gesammelt.<br />
Es ist schon beeindruckend,<br />
wenn man ihren Aufenthalt in einem Flüchtlingslager<br />
durch Essensmarken dokumentiert<br />
sieht <strong>und</strong> wenn sie dann von der Gewalt berichten,<br />
auch gegen Frauen, damals durch<br />
UCK-Angehörige. Sie haben mir Bilder gezeigt,<br />
wie sie an der Grenze nach Mazedonien nicht<br />
durchgelassen wurden. Sie waren dort ohne<br />
jede Versorgung. Wenn der UNHCR nicht da<br />
gewesen wäre, hätten sie keinerlei Hilfe bekommen.<br />
Sie haben sich 2003 an einer Grenzaktion<br />
an der mazedonisch-griechischen<br />
Grenze beteiligt, um nach EU-Europa ausreisen<br />
zu können. Dort galt ein Fotografierverbot<br />
<strong>und</strong> es gibt nur wenige Bilder. Solche Bilder<br />
habe ich zum ersten Mal gesehen <strong>und</strong> bekomme<br />
dadurch ein Verständnis von ihren<br />
Nöten <strong>und</strong> den Kämpfen. Es ist wichtig, sie<br />
nicht als Opfer zu sehen, denn sie können<br />
selber kämpfen <strong>und</strong> kämpfen auch, auf ihre<br />
Art.<br />
Arbeitet ihr mit den Roma oder eher für die<br />
Roma?<br />
tt<br />
Bislang arbeiten wir für sie. Die Menschen<br />
wissen inzwischen teilweise, dass es das Freiburger<br />
Forum gibt <strong>und</strong> dass sie dort rechtliche<br />
Beratung oder finanzielle Unterstützung für<br />
den Rechtsanwalt bekommen <strong>und</strong> wir ihnen<br />
Ärzte vermitteln etc., die sie im Asylverfahren<br />
brauchen. Das wird gerne in Anspruch genommen,<br />
auch deshalb, weil unser Solifonds<br />
ihnen ein kleines Startgeld bietet, um überhaupt<br />
ein Rechtsverfahren beginnen zu können.<br />
Mit ihnen <strong>–</strong> diesen Schritt müssen wir<br />
noch machen. Einmal haben wir mit ihnen<br />
eine Demonstration organisiert.<br />
Warum ist der Schritt zu einer echten Zusammenarbeit<br />
noch nicht gelungen?<br />
tt<br />
Rom ist ja nicht gleich Rom. Es gibt gut<br />
ausgebildete Roma <strong>und</strong> es gibt AnalphabetIn-<br />
39<br />
iz3w • Januar / Februar 2013 q 334