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Das Projekt der Aufklärung in Streit und Wettstreit mit dem Islam

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laizistischen Nationalismen etwa <strong>der</strong> Nasser-Ära haben, wenn auch über Umwege,<br />

diese Richtung e<strong>in</strong>geschlagen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e tief greifende Säkularisierung <strong>der</strong><br />

Gesellschaft herbeigeführt. Bei diesen säkularisierenden Mo<strong>der</strong>nisten <strong>und</strong> so<br />

genannten „Männern <strong>der</strong> Tat“ war <strong>der</strong> E<strong>in</strong>fluss <strong>der</strong> <strong>Aufklärung</strong> durchaus prägend. Alle<br />

diese Bewegungen strebten aber <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie danach, die Schwäche des<br />

zeitgenössischen <strong>Islam</strong> zu heilen. Ihr Ziel war e<strong>in</strong> pragmatisches. Es g<strong>in</strong>g ihnen nur<br />

selten um die Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung <strong>mit</strong> den h<strong>in</strong>ter <strong>dem</strong> <strong>Projekt</strong> <strong>der</strong> <strong>Aufklärung</strong><br />

stehenden Ideen. Alles drehte sich um die Reform, aber nicht um e<strong>in</strong><br />

leidenschaftliches Plädoyer für die Vernunft o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e kritische Bestandsaufnahme<br />

<strong>der</strong> Religion. In den Erschütterungen imperial geprägter Verwestlichung hatte die<br />

Frage nach <strong>der</strong> kulturellen Identität den Vorrang vor den Fragen des Glaubens <strong>und</strong><br />

e<strong>in</strong>er objektivierten Kritik <strong>der</strong> Religion.<br />

Trotz dieser Verdienste kam die islamische Renaissance (Nahda) <strong>mit</strong> <strong>dem</strong> Ende<br />

westlicher Kolonialherrschaft <strong>in</strong> große Schwierigkeiten. Die neuen Herrscher <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

arabischen Welt waren weith<strong>in</strong> nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage, die elementarsten Pflichten<br />

gegenüber ihren Staatsbürgern zu erfüllen. Sie kompensierten die da<strong>mit</strong> verb<strong>und</strong>ene<br />

Schwächung ihrer Legiti<strong>mit</strong>ät durch Unterdrückung <strong>der</strong> Gedankenfreiheit, durch<br />

Despotismus <strong>und</strong> Gewalt. Es war die Zeit, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Intellektuelle entwe<strong>der</strong> im Gefängnis<br />

o<strong>der</strong> auf e<strong>in</strong>em M<strong>in</strong>istersessel saßen. In beiden Fällen bedeutete es den Tod des<br />

Geistes. Selbst <strong>in</strong> Län<strong>der</strong>n, die das Etikett Republik übernahmen, wurde die<br />

<strong>in</strong>tellektuelle Elite gefoltert, <strong>in</strong>s Gefängnis geworfen o<strong>der</strong> <strong>in</strong>s Exil vertrieben – <strong>in</strong><br />

Nassers Ägypten ebenso wie im revolutionären Algerien. Die Hoffnung auf Errichtung<br />

e<strong>in</strong>er freiheitlich-<strong>dem</strong>okratischen Zivilgesellschaft, die <strong>mit</strong> den<br />

Unabhängigkeitsbewegungen verb<strong>und</strong>en war, wurde unter <strong>dem</strong> Diktat hegemonialer<br />

Patriarchen immer ger<strong>in</strong>ger. In <strong>der</strong> Situation e<strong>in</strong>er desolaten Gegenwart <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er<br />

unsicheren Zukunft schwand seit Ende <strong>der</strong> 60er Jahre das Vertrauen arabischer<br />

Völker <strong>in</strong> ihre Regierungen. Die militärische Nie<strong>der</strong>lage gegen Israel 1967 schürte<br />

gleichzeitig den Hass gegenüber <strong>dem</strong> Westen, <strong>der</strong> auf <strong>der</strong> Seite des als Aggressor<br />

empf<strong>und</strong>enen Gegners stand. Man zog sich wie<strong>der</strong> auf sich selbst zurück <strong>und</strong> suchte<br />

das Heil <strong>in</strong> <strong>der</strong> re<strong>in</strong>en, ursprünglichen Lehre des <strong>Islam</strong>. Dies war die St<strong>und</strong>e e<strong>in</strong>es<br />

neu erwachenden F<strong>und</strong>amentalismus, <strong>der</strong> sich gegen die liberalen Stimmen stellte,<br />

die über e<strong>in</strong> halbes Jahrhun<strong>der</strong>t für Erneuerung des <strong>Islam</strong> gekämpft hatten. In vielen<br />

Län<strong>der</strong>n kursierten „schwarze Listen“ <strong>mit</strong> den Namen <strong>der</strong>jenigen, die als „Fe<strong>in</strong>de des<br />

<strong>Islam</strong>“ physisch elim<strong>in</strong>iert werden sollten. Intellektuelle, Künstler <strong>und</strong> Wissenschaftler<br />

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