Printversion vergriffen: Freier Download BA 68 als PDF - Bad Alchemy
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‚Borrelia Boogie‘, Auftakt zu Phantom<br />
Stimulance (RCD 2106), prescht los, <strong>als</strong><br />
ob JONO EL GRANDE die Zappanale<br />
in Grund und Boden zecken wollte.<br />
Dem folgt mit ‚Utopian Semi-Waltz‘ ein<br />
halb walzendes, halb blubbernd überquirlendes<br />
Unterwasserballett, wiederum<br />
im zuckend jazzrockenden Cut &<br />
Paste zu Ehren des Meisters (der am<br />
21.12.2010 70 geworden wäre), aber<br />
auch, um retrospektiv und zwischenbillanzierend<br />
das eigene 10-jährige<br />
Jono el Grande-Jubiläum zu feiern.<br />
Denn nur zwei Titel sind ganz neu, die<br />
anderen sind lediglich Neufassungen<br />
von Utopian Dances- und Fevergreen-<br />
Stücken, allerdings auch von Unveröffentlichtem,<br />
sowohl von der aktuellen<br />
Band <strong>als</strong> auch mit Vidunderlige Vidda.<br />
Bisweilen, etwa bei ‚Phantom Stimulance‘<br />
und erst recht ‚Pongery in Evention‘,<br />
ist Zappas Geist so aufdringlich<br />
wie Hamlets Vater, wobei eine Singende<br />
Säge am Zwerchfell wimmert. Der<br />
muntere Marsch ‚Beggar to Beggar‘ ist<br />
angereichert mit Posaunen- und Sopranosaxsolos<br />
und üppigem Keyboardund<br />
Xylophon-Klimbim. ‚Moon-strictly in<br />
Love with a Figment Foetus‘, keyboardlastig<br />
und wieder singend besägt, ist<br />
bis in den Titel hinein ge-Frank-ensteint<br />
und gipfelt in einer zappesken Gitarrentirade.<br />
Mir gefallen der leicht orientalische<br />
Groove und das Baritonsax<br />
von ‚Negation/Penetration‘, dem das gitarristische,<br />
wie am Reißbrett entworfene<br />
‚Double-edged Triplets‘ folgt. Zuletzt<br />
schwingt ‚The Goat‘ die Bocksbeine,<br />
keyboardhymnisch und beflötet.<br />
Vibes, Synthesizer und Bläser geben El<br />
Jonos Uptempo-Dynamik den elastischen<br />
Schwung und den durchwegs<br />
hochprozentigen Doppelrahmkäseaufstrich,<br />
‚komischer‘ Sprechgesang setzt<br />
gelegentlich weitere Akzente. Mir läuft<br />
das ein wenig zu geschmiert, auch etwas<br />
überarrangiert und affenzuckrig.<br />
Aber live und mit einigen Bierchen intus,<br />
da würde El Jonos Ziegen-Boogie<br />
den grössten Freakshow-Blumentopf<br />
abräumen: ROCK‘N‘ROLL!!<br />
The Sea (RCD 2107), das Debut von PHAE-<br />
DRA, hat wahrhaftig etwas von der jungfräulichen<br />
Altweibersommerlichkeit, die<br />
einst auch schon den elfenhaften Folk von<br />
Shirley Collins, Vashti Bunyan oder Sandy<br />
Denny umsponnen hat. Wobei sich Ingvild<br />
Langgård, die Künstlerin, die sich <strong>als</strong> Singer-Songwriterin<br />
Phaedra nennt, mit Nico<br />
und Karen Dalton ebenso verschwistert<br />
zeigt wie mit Kate Bush. Als Multiinstrumentalistin<br />
ist sie allein schon in der Lage,<br />
ihren delikaten Gesang auf ebenso delikate<br />
Arrangements mit akustischer Gitarre,<br />
Klavier, Zither, Harmonium, Fender Rhodes,<br />
Mbira, Basssynthie, Glockenspiel und<br />
Chimes zu betten. Aber es gehen ihr auch<br />
eine ganze Reihe von Helfern zur Hand,<br />
die die Klangmalerei übernehmen, mit zusätzlich<br />
noch Akkordeon, Klarinette, Geige<br />
und Bratsche, Singender Säge, Vibraphon,<br />
Saxophon. All diese Weich- und Süßmacher<br />
werden aber nur ganz gezielt eingesetzt.<br />
Das macht die Songs opulent, ohne<br />
ihnen das sphärische Flair zu nehmen.<br />
Was da noch irdisch klingt, das kommt wie<br />
von weit und alters her. Als Avalon seine<br />
Grenzen noch nicht geschlossen hatte.<br />
Die Jahreszeit, ach, das ganze Zeitalter, ist<br />
herbstlich (‚Honeydewed Autumn‘), die<br />
Stimmung insgesamt, bei aller scheinbaren<br />
Unschuld und Mädchenhaftigkeit,<br />
durch und durch morbide - ‚Death Will<br />
Come‘, ‚The First To Die‘, ‚Black Dog‘, ‚The<br />
Darkest Hour‘. Da herrscht Endzeitstimmung<br />
im Elfenland, OoOoOoh. Avalon<br />
winkt hinter Nebelbänken und ist dabei, für<br />
immer zu verschwinden. Nothing will remain.<br />
Aber mit welch süßem Ton singt diese<br />
Troubadoura davon, dass die Liebe und<br />
die Jugend schwinden, und vom frühen<br />
Tod. Der Mensch ist nur ein trespasser, einer,<br />
der sich verlaufen hat, ein Unbefugter,<br />
der nicht bleiben kann.<br />
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