Klausur im Öffentlichen Recht für Fortgeschrittene - CF Müller Campus
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I. Die Beteiligungsform des Bundesrates<br />
Das Grundgesetz unterscheidet zwischen Einspruchs- und Zust<strong>im</strong>mungsgesetzen.<br />
Ob es sich um ein Zust<strong>im</strong>mungs- oder ein Einspruchsgesetz handelt, bemißt sich<br />
nach dem GG. Dabei ist der Regelfall das Vorliegen eines Einspruchsgesetzes. D.h.:<br />
Ein Zust<strong>im</strong>mungsgesetz liegt nur vor, wenn das GG dies ausdrücklich vorschreibt;<br />
die Fälle der Zust<strong>im</strong>mungsbedürftigkeit sind <strong>im</strong> GG enumerativ aufgeführt. Die Frage<br />
nach der Beteiligungsform ist aus folgenden Gründen entscheidungsrelevant:<br />
• Zust<strong>im</strong>mungsgesetze kommen nur zustande, wenn der Bundesrat ausdrücklich<br />
zust<strong>im</strong>mt. Gem. Art. 52 Abs. 3 S. 1 GG faßt der Bundesrat seine Beschlüsse mit<br />
mindestens der Mehrheit seiner St<strong>im</strong>men. Sollte es sich bei dem Gesetz zur<br />
Novellierung des Staatsangehörigkeitsrechts um ein Zust<strong>im</strong>mungsgesetz<br />
handeln, wäre <strong>für</strong> die Beschlußfassung über die Zust<strong>im</strong>mung eine<br />
St<strong>im</strong>menmehrheit <strong>im</strong> Bundesrat erforderlich. Eine Mehrheit von S-Partei und G-<br />
Partei <strong>im</strong> Bundesrat ist zumindest problematisch, wenn nicht sogar<br />
ausgeschlossen.<br />
• Bei Einspruchsgesetzen hingegen hat der Bundesrat (lediglich) die Möglichkeit,<br />
Einspruch gegen den Gesetzesbeschluß einzulegen. Der Bundestag hat dann<br />
jedoch die Befugnis, den Einspruch zurückzuweisen und somit ein Gesetz auch<br />
gegen den Willen des Bundesrates durchzubringen. Für die Befugnis des<br />
Bundestages, den Einspruch zurückzuweisen, ist nach Art. 77 Abs. 4 GG<br />
maßgeblich, mit welcher Mehrheit der Bundesrat den Einspruch beschlossen hat.<br />
Im Fall der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts könnten C-Partei und F-Partei<br />
allenfalls mit einfacher Mehrheit den Einspruch beschließen; näher liegt - wegen<br />
der politischen Konstellation <strong>im</strong> Bundesland B - sogar, daß C-Partei und F-Partei<br />
nicht einmal dies können. Da S-Partei und G-Partei <strong>im</strong> Bundestag über die<br />
Mehrheit der Mitglieder verfügen, könnten sie den Einspruch zurückweisen. Damit<br />
gilt: Sollte es sich bei dem Gesetz zur Novellierung der Staatsangehörigkeit um<br />
ein Einspruchsgesetz handeln, wären S-Partei und G-Partei nicht zwingend auf<br />
die F-Partei angewiesen.<br />
Es gilt damit zu klären, ob es sich bei dem Gesetzentwurf von S-Partei und G-Partei<br />
(bzw. der Bundesregierung) um ein Zust<strong>im</strong>mungsgesetz oder um ein<br />
Einspruchsgesetz handelt. Hier ist zu beachten, daß das Bundesgesetz auch<br />
© C. F. <strong>Müller</strong> Verlag <strong>Klausur</strong> <strong>im</strong> <strong>Öffentlichen</strong> <strong>Recht</strong> <strong>für</strong> <strong>Fortgeschrittene</strong>, Nr. 2