Sonderheft 2013 - Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie
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Übersicht<br />
Kisspeptin<br />
GnRH-Neurone<br />
CRH<br />
Leptin<br />
STRESS<br />
Sport<br />
Endorphine<br />
mit auch an das Gehirn liefert, stellt<br />
es einen zentralen Bestandteil des<br />
homöostatischen Systems dar. Beim<br />
Abnehmen besteht ein überproportionaler,<br />
nicht linearer Leptinabfall.<br />
Der Körper reagiert auf die sich andeutende<br />
Nahrungsknappheit mit<br />
maximaler Energiekonservierung.<br />
Dies schließt auch unsere reproduktive<br />
Funktion ein. Anorektische Patienten<br />
haben sowohl im Serum als<br />
auch im Liquor eine verminderte<br />
Leptinkonzentration. Die Gabe von<br />
Leptin zeigte in Studiensettings positive<br />
Effekte auf die gonadotrope,<br />
thyreotrope sowie somatotrope Achse<br />
[14]. Leptin scheint seine Funktion<br />
unter anderem durch die Bindung an<br />
spezifische Neuronen im Vorderhirn<br />
zu entfalten. Außerdem bindet es<br />
auch an Neuronen, die das Peptidhormon<br />
Kisspeptin exprimieren, das<br />
offenbar auch wesentlich an der Initiierung<br />
der Pubertät beteiligt ist.<br />
Ferner kommt es zu einer erhöhten<br />
HPA-Aktivität und einer Aktivierung<br />
von CRH (Corticotropin-releasing<br />
Hormone)-Neuronen, die sowohl direkt<br />
als auch über eine Kortikotropin-Übersekretion<br />
und einen Kortisolüberschuss<br />
hemmend auf die Gn<br />
RH-Pulsatilität wirken (Abb. 2).<br />
Therapie des funktionellen,<br />
hypothalamischen<br />
Hypogonadismus<br />
In erster Linie sollte versucht werden,<br />
die zugrunde liegenden Ursachen<br />
zu korrigieren. Dies beinhaltet:<br />
●●Reduktion des täglichen Sportpensums<br />
bzw. dessen Intensität,<br />
●●Normalisierung des Körpergewichts<br />
und<br />
●●Reduzierung spezifischer Stress-<br />
Stimuli (je nach Ursache).<br />
Steht z. B. der psychische Aspekt<br />
als Stressor im Vordergrund, der<br />
vielfältige Veränderungen innerhalb<br />
des hormonellen Systems bewirkt<br />
[15], kann versucht werden, über einen<br />
verhaltenstherapeutischen Ansatz<br />
gegenzusteuern. Dies konnte<br />
sich bei bis zu 80 % der Betroffenen<br />
als hilfreich zeigen [16]. Sollten die<br />
Zyklusstörungen bzw. die Amenorrhoe<br />
trotzt der Interventionen über<br />
GnRH<br />
pg/ml<br />
LH / FSH<br />
Östrogene / Progesteron<br />
Abb. 2 Abkürzungen: GnRH: Gonadotropin-releasing hormone;<br />
CRH: Corticotropin-releasing hormone; LH: Luteinizing hormone;<br />
FSH: Follicle-stimulating hormone<br />
Fettgewebe<br />
Essstörungen<br />
GnRH-<br />
Pulse<br />
weitere 6 Monate fortbestehen oder<br />
sollte der ursächliche Auslöser nicht<br />
behoben werden können (z. B. bei<br />
professionellen Leistungssportlern),<br />
sind insbesondere die negativen<br />
Effekte auf den Knochenmetabolismus<br />
<strong>für</strong> die therapeutischen Entscheidungen<br />
maßgeblich. Falls kein<br />
erhöhtes Thromboserisiko besteht,<br />
bietet sich eine niedrig dosierte orale<br />
Ethinylestradiol / Gestagen-Kombination<br />
an. Idealerweise sollte auf<br />
eine Estradiol / Progesteron-Therapie<br />
umgestellt werden, die allerdings<br />
nicht antikonzeptiv wirkt.<br />
Während der Therapie sollte es zu<br />
einer Zyklusnormalisierung kommen.<br />
Eine Re-evaluation mit Auslassversuch<br />
erfolgt alle 6 Monate.<br />
Besteht bei den Patientinnen ein<br />
akuter Kinderwunsch, muss dementsprechend<br />
eine Fertilitätstherapie<br />
mit GnRH-Pumpen oder einer<br />
kombinierten rFSH / HCG-Therapie<br />
zur Ovulationsinduktion in ausgewiesenen<br />
Fertilitätszentren eingeleitet<br />
und überwacht werden.<br />
Fazit <strong>für</strong> die Praxis<br />
Essstörungen wie die Anorexia<br />
nervosa und eine überdurchschnittliche<br />
hohe körperliche Aktivität<br />
führen zu einem funktionellen hypothalamischen<br />
Hypogonadismus.<br />
Dieser äußert sich durch anovulatorische<br />
Zyklen und Oligo- / Amenorrhoe,<br />
die länger als 6 Monate andauern,<br />
ohne dass offensichtliche organische<br />
Krankheiten vorliegen. Es<br />
handelt sich dabei in erster Linie um<br />
eine Ausschlussdiagnose. In der klinischen<br />
Praxis sollten die Beschwerden<br />
anamnestisch nach emotionalen<br />
Ereignissen wie psychische Belastungen,<br />
Ernährungsgewohnheiten<br />
und nach dem Ausmaß der körperlichen<br />
Aktivität gefragt werden. Initial<br />
ist die Hyperprolaktinämie und<br />
das hyperandrogene Syndrom als<br />
Ur sache der Zyklusunregelmäßigkeiten<br />
auszuschließen (z. B. PCOS). Ein<br />
lang anhaltender Sexualhormonmangel<br />
kann unweigerlich zu einer<br />
Abnahme der Knochendichte führen.<br />
Falls dies während der Pubertät<br />
20 <strong>Endokrinologie</strong> Informationen <strong>2013</strong>; <strong>Sonderheft</strong>