Download Gesamtausgabe - Gäubote
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I M P R E S S U M<br />
175 Jahre Zeitung im Gäu<br />
Sonderausgabe zum175-jährigenJubiläum des„<strong>Gäubote</strong>“.<br />
Jahre<br />
Erschienenam6.Juli2013<br />
im TheodorKörnerVerlag<br />
HorberStraße 42<br />
71083Herrenberg<br />
Herausgeber:Rainer Schöllkopf<br />
und ElmarSchöllkopf,Herrenberg<br />
Auflage: 35 000Exemplare<br />
Redaktion: Harald Marquardt<br />
Anzeigen: Christina Samel<br />
Gestaltung:Eberhard Ortzeif<br />
Vertrieb: Bertold Wark<br />
Satz undRepro:Theodor KörnerKG,<br />
Druckerei und Verlag,Herrenberg<br />
Druck: Z-DruckGmbH&Co. KG,<br />
Sindelfingen, Böblinger Straße 70
Rainer undElmar Schöllkopf<br />
Die Zukunft<br />
festimBlick<br />
Die beiden Verleger des „<strong>Gäubote</strong>“ im Jubiläumsjahr:<br />
Rainer Schöllkopf(links) und Elmar Schöllkopf<br />
GB-Foto:Schmidt<br />
Liebe Leserinnen,<br />
Liebe Leser,<br />
was fürein Wandel: DieWeltist in<br />
atemberaubendem Tempodigital geworden,ungebremst<br />
schreitet diese<br />
Entwicklung voran. Smartphones und<br />
Tablet-PCs erlauben uns, in jedem Augenblick<br />
an jedem Ort der Welt Informationen<br />
zu bekommen oder über<br />
elektronische Netzwerkezuverschicken.<br />
DieNachrichtenflut im Fernsehen<br />
und im Internet –sie überschwemmt<br />
unsmit Reizen. Segen und<br />
Fluch liegen dabei engbeieinander.<br />
Wiesoll derZuschauer,der User,der<br />
Leser alldies verarbeiten, sich orientieren?<br />
Wermacht deutlich, wasGewicht<br />
hat und nicht nur gerade aktuell<br />
ist? Werbewertet kritisch, wenn die<br />
schnellen Bilder schon wieder von anderenüberholt<br />
sind? Wererklärt den<br />
Zusammenhang, dersich nicht an der<br />
Oberfläche erschließt?<br />
Werander Zukunft vonZeitungen<br />
zweifelt, der findet Antworten,wenn<br />
er sich mit diesen Fragen beschäftigt.<br />
Es macht dieherausragende Qualität<br />
des Mediums Tageszeitung aus, dass<br />
daringeordnet, gewichtet, gewertet,<br />
kritisiert undsogar aussortiert wird.<br />
Dass Gedanken,die flüchtig sind, festgehalten<br />
werden undder Leser sich so<br />
eineeigene Meinung bilden kann. Gerade<br />
dann, wenn es kompliziert wird.<br />
Und die Welt ist kompliziert geworden.<br />
Weil wir um diese Qualitäten wissen,<br />
sind wirfest vonder Zukunft der<br />
Tageszeitung überzeugt. Mehr noch<br />
alsfür andere gilt dies fürdie lokale<br />
Zeitung –für den „<strong>Gäubote</strong>“. In 175<br />
Jahren hatsich das Blatt nicht nur stets<br />
aufs Neue gewandelt, der„<strong>Gäubote</strong>“<br />
hat Kriege,Revolutionen, Krisen und<br />
Währungsreformen überstanden. Immerauch<br />
erfolgreich bestehen könnenhat<br />
die Zeitung gegenüber ’neuen<br />
Medien’, dieuns inzwischen längst<br />
vertraut geworden sind. Das Radio,<br />
das Fernsehen. Und nun eben das Internet.<br />
Bestehen können im Wettbewerb<br />
um dieGunst und die knappe<br />
Zeit derMenschen hat der„<strong>Gäubote</strong>“,<br />
weil er sich als Heimatzeitungdefiniert.<br />
Dasist unsere Stärke, gerade in<br />
einerglobalen Welt. Heimat bedeutet<br />
Nähe, Heimat bedeutet Bindung.<br />
Auchdas sind Qualitäten, dieden<br />
„<strong>Gäubote</strong>“-Machern immer wichtig<br />
waren –und sind. Es bleibt unsere<br />
wichtigste Aufgabe, über alle Belange<br />
verlässlich zu berichten,die in diesem<br />
Lebensraum relevant sind,und so<br />
auchindirekt bei derGestaltung mitzuwirken.<br />
Denn jede tragfähige Entwicklung<br />
braucht Transparenz, dieunterschiedlichen<br />
Möglichkeitenund Interessen<br />
müssen aufden Tisch, und es<br />
muss auch darüber gestritten werden<br />
dürfen.Dies ermöglicht der „<strong>Gäubote</strong>“<br />
jeden Tag. Glaubwürdig und unabhängig.<br />
Miteiner lebendigen Tageszeitung<br />
möchtenwir so dazu beitragen, dass<br />
die Identifikation der Menschen mit<br />
ihrer Heimat gestärkt wird.<br />
Natürlichhat uns das Internet dazu<br />
gezwungen, manches neuzuüberlegen,<br />
warum auch nicht. Wir haben uns<br />
dieser Aufgabefrüh und sehr engagiert<br />
gestellt, ganz demZiel verpflichtet,unseren<br />
Lesern alle Informationen<br />
so zu bieten, wieesihren Vorstellungen<br />
entspricht. Die elektronischeZeitungimAbonnementneben<br />
der<br />
Print-Ausgabe, derWeb-Autritt mit zusätzlichen<br />
Informationen und noch<br />
mehr Service. So besuchen uns heute<br />
in einem Monat durchschnittlich<br />
125 000 User auf www.gaeubote.de.<br />
Niemandsonst kann –Print und Online<br />
zusammengenommen –indieser<br />
Region eine solche Reichweite vorweisen.<br />
Deshalb sagenwir mit Stolz, dass<br />
unsder Einstieg in die digitale Welt gelungen<br />
ist,wohl wissend, dass noch<br />
viel Arbeit vor uns liegt, um Print und<br />
Online weiter so miteinander zu verbinden,<br />
dass füralle „<strong>Gäubote</strong>“-Nutzer<br />
zusätzlicher Mehrwert entsteht.<br />
Schauen wirkurz zurück auf unsere<br />
Anfänge: Begonnen hatdie ZeitungsgeschichteimGäu<br />
am 7. Juli 1838. Der<br />
zugezogene Buchdrucker und Schriftsetzer<br />
Andreas Braun hat um die Erlaubnis<br />
nachgesucht, in der Oberamtsstadt<br />
Herrenberg ein Gewerbe begründen<br />
und ein Intelligenzblatt herausgeben<br />
zu dürfen.Dies wurde ihm<br />
schließlich mit „Königlichallergnädigster<br />
Genehmigung“ erlaubt. Und<br />
schon konnten dieSchultheißen- und<br />
Pfarrämter ihre amtlichen und damit<br />
für jedermann zur Kenntnis gebrachten<br />
Anweisungen lesen.Von Politik ist<br />
keine Rede, der Untertan brauchte keine<br />
Meinungzuhaben –damals.<br />
Niemand würde ein solches Produkt<br />
heutemehr wollen. Genau das aber<br />
zeigt, wasmöglich ist, wenn mansich<br />
dem Wandel stellt. Wirwissen darum.<br />
Zeitungist Gegenwart, Zeitung ist Zukunft,<br />
Zeitungist Geschichte. Zeitung<br />
ist, wenn sie engagiert gemacht wird,<br />
so wie dasLeben. Wir wollen in diesemSinne<br />
weiter eine gute Zeitung<br />
machen, heute, morgen und darüber<br />
hinaus.Für Sie, liebe Leserinnen und<br />
Leser, die letztlich über unsere Zukunftentscheiden.<br />
Aber auch das war<br />
schon so, als das„Intelligenzblatt für<br />
den Oberamtsbezirk Herrenberg“ zum<br />
ersten Mal erschien.<br />
In dieser Sonderveröffentlichung<br />
wollenwir über unsere Geschichte erzählen,wir<br />
wollen Ihnen dieMenschen<br />
vorstellen, dieden „<strong>Gäubote</strong>“<br />
Tagfür Tagmachen und natürlich sollendie<br />
folgenden Seiten widerspiegeln,<br />
was diese Heimatregion prägt,<br />
ohneeinen Anspruchauf Vollständigkeit<br />
zu erheben.<br />
An dieser Stelle danken wirDr. Roman<br />
Janssen, dem ehemaligen Herrenberger<br />
Stadtarchivar, derdie Geschichte<br />
von Druckerei und Zeitung<br />
erforschthat. Wir danken allen Leserinnen<br />
undLesern, die uns in so herausragender<br />
Weise die Treue halten.<br />
Wir danken all unseren Kunden für die<br />
fairePartnerschaft, dieuns trägt. Und<br />
wirdanken allen unseren Mitarbeitern,<br />
diejeden Tagmit großer Energie<br />
für ein gelungenes Produkt eintreten.<br />
Zum Schlussaber gestatten Sie einen<br />
ganzpersönlichen Dank: an Heidi<br />
Schöllkopf,Tochter von Helene und<br />
Karl Merz und Enkelin von Theodor<br />
Körner,die im Hause immer das Bewusstseinfür<br />
die Wurzeln des Verlags<br />
wachgehalten hatund so ein Garant<br />
fürKontinuität war.<br />
Wir freuen uns, einen geneigten Leser<br />
zu finden, und wünschen bei der<br />
Lektüredieser Sonderveröffentlichung<br />
vor allem eines –Vergnügen! ■
VOM INTELLIGENZBLATT ZUR ZEITUNG<br />
Die Zukunft fest im Blick<br />
Rainer und ElmarSchöllkopf 1<br />
VomHerrenberger Intelligenzblatt<br />
zur Zeitung im Gäu<br />
Dr.Roman Janssen 3/56<br />
Grußwort von Joachim Gauck<br />
Bundespräsident 4<br />
Grußwort von Dr.Angela Merkel<br />
Bundeskanzlerin 10<br />
Grußwort von Winfried Kretschmann<br />
Ministerpräsident<br />
Baden-Württemberg 16<br />
Grußwort von Roland Bernhard<br />
Landrat Kreis Böblingen 26<br />
Grußwort von Thomas Sprißler<br />
Oberbürgermeister Herrenberg 30<br />
Grußwort von Eberhard Feucht<br />
evangelischerDekan<br />
und Wolfgang Beck<br />
katholischer Pfarrer,Herrenberg 36<br />
Grußwort von Axel Ebner<br />
Verband Druck und Medien<br />
Vorsitzender 44<br />
Grußwort von Valdo Lehari jr.<br />
Vorsitzender<br />
Verband Südwestdeutscher<br />
Zeitungsverleger e.V. 50<br />
Die Redaktion 57<br />
EinGedicht auf die Zeitung<br />
von „<strong>Gäubote</strong>“-Leser<br />
Karlheinz Fleischer 58<br />
Der Anzeigen-Service 59<br />
Die Zeitungstechnik 60<br />
Der Zeitungsdruck:<br />
SindelfingenZ-Druck 61<br />
Im Porträt: „<strong>Gäubote</strong>“-Austrägerin<br />
Susanne Buchmüller 62<br />
Der Leser-Service 63<br />
Die digitale Heimat<br />
www.gaeubote.de 65<br />
Drei im Team:<br />
Die„<strong>Gäubote</strong>“-Fotografen 66<br />
In Bildern: Wenn Momente<br />
auf Emotionen treffen 68<br />
Die „<strong>Gäubote</strong>-Geschäftstelle<br />
im Bronntor 70<br />
Plakate, Flyer,Prospekte und<br />
Broschüren –die Druckerei Körner 71<br />
Das Obere Gäu:<br />
Fruchtbares Land, wenig bewaldet 73<br />
Jubiläumsaktion:<br />
175 Jahre auf dem Sofa 75<br />
Im Porträt: Herrenberg<br />
undseine Stadtteile<br />
VonThomas Sprißler 77<br />
ProminenteimGespräch:<br />
Die „<strong>Gäubote</strong>“-Sportlerwahl 80<br />
Im Porträt: Jettingen<br />
VonHans Michael Burkhardt 81<br />
Der Naturpark Schönbuch:<br />
Refugium für Mensch und Tier 83<br />
Im Interview: Bernd Neumann,<br />
Staatssekretär fürKultur<br />
und Medien bei der<br />
Bundeskanzlerin 84<br />
Im Porträt: Gäufelden<br />
VonJohannes Buchter 87<br />
Im Porträt: Bondorf<br />
VonBernd Dürr 89<br />
Im Porträt: Mötzingen<br />
VonMarcel Hagenlocher 91<br />
Die Ammer:<br />
Naturidyll undSorgenkind 93<br />
Der Mantelpartner:<br />
Stuttgarter Nachrichten und<br />
Sonntag Aktuell 94<br />
Im Porträt: Deckenpfronn<br />
VonDaniel Gött 95<br />
Im Interview:<br />
Die „<strong>Gäubote</strong>“-Verleger<br />
Rainer und Elmar Schöllkopf 96<br />
Der„Kinder-<strong>Gäubote</strong>“ 99<br />
Im Porträt: Nufringen<br />
VonUlrike Binninger 100<br />
rtv: Die Fernseh-Illustrierte 102<br />
Im Porträt: Gärtringen<br />
VonMichael Weinstein 103<br />
Im Interview:<br />
Wilfried Ensinger über die<br />
wirtschaftliche Entwicklung 104<br />
Im Porträt: Ammerbuch<br />
VonFriedrich<br />
von Ow-Wachendorf 107<br />
Im Porträt: Wildberg<br />
VonEberhard Fiedler 109<br />
Der Dienstälteste im<br />
„<strong>Gäubote</strong>“-Verlag: Erwin Wirag 111<br />
Das Kirchliche Leben:<br />
VonKlaus Homann 112<br />
Im Interview:Gernot Heer<br />
Vorsitzender des<br />
Fördervereins der Stiftskirche 114<br />
Der Altar des Jerg Ratgeb<br />
VonDr. Michaela Bautz 116<br />
Im Porträt: Hildrizhausen<br />
VonMatthias Schöck 117<br />
Das Herrenberger<br />
Krankenhaus 119<br />
Mobilität: Autobahn, S-Bahn,<br />
Ammertalbahn 120<br />
Im Interview:<br />
Wilhelm Dengler,Landwirt 122<br />
Das „Team <strong>Gäubote</strong>“ 124<br />
Die Gültsteiner Mühle:<br />
Dasälteste „Geschäft“ im Gäu 126<br />
Im Interview:<br />
OlympiasiegerKarl Link<br />
und die Faszination des Sports 127<br />
Die Kunst und<br />
daskulturelle Leben:<br />
VonProf.Dr. Helge Bathelt 129<br />
Einer der ältesten Musikvereine<br />
Deutschlands:<br />
DieStadtkapelle Herrenberg 133<br />
Leser-Umfrage:<br />
Ziele, Wünsche, Perspektiven 134<br />
Jubiläumsaktion:<br />
Der„<strong>Gäubote</strong>“ macht Schule 136<br />
Jahre<br />
www.gaeubote.de<br />
AlleBeiträge der Jubiläumsbeilage<br />
sind auch aufder Website<br />
des „<strong>Gäubote</strong>“ zu finden
Seite 3<br />
VomHerrenberger<br />
Intelligenzblatt<br />
zur ZeitungimGäu<br />
E<br />
ine Zeitung, an die Öffentlichkeit<br />
getreten alsAmt- und Intelligenzblatt<br />
–ein offizielles Verkündigungsund<br />
Nachrichtenorgan für Intelligente?<br />
Natürlich das<br />
auch,aber der Jubilar,der<br />
nun auf 175<br />
Jahre Bestehen zurückblickt,<br />
hatte genauerdoch<br />
eine andere<br />
Zielsetzung. „Intelligenz“ leitet<br />
sich vomlateinischen „intellegere“ ab,<br />
das heißt Einsicht oder Kenntnis nehmen,<br />
und noch genauer istgemeint<br />
die„intelligentia popularis“, das also,<br />
wasder einfache Mann versteht, nicht<br />
die schwierige Darstellung, diegehobeneAbhandlung.<br />
Erstaunlich viele<br />
Noch ein<br />
Intelligenzblatt?<br />
örtliche Presseorgane nahmen im<br />
18./19. Jahrhundert, zumal im deutschenSüdwesten,<br />
inmitten einer reichen<br />
und in ihrer Tradition wenigstens<br />
insfrühe 17.Jahrhundert<br />
zurückreichenden<br />
Presselandschaft,<br />
ebendiesenAnfang:<br />
eine eigene Gruppe<br />
bescheidener Verkündigungsblätter,die<br />
ihre „Zeitung“<br />
–soein altes Wort für dieursprünglich<br />
gesprochene Nachricht –verbreitete.<br />
1838 noch einIntelligenzblatt also,<br />
unddas in Herrenberg, einem –damals<br />
–etwas abseits gelegenen Oberamtsstädtchen?<br />
Wie kamesdazu? ■<br />
DR.ROMAN JANSSEN<br />
Zur Person<br />
UnserAutor Dr.Roman Janssen ist<br />
promovierter Historiker und warvon<br />
1986 bis2012 Stadtarchivar in Herrenberg.<br />
Der 66-Jährige hatdie „HerrenbergerHistorischen<br />
Schriften“ mitbegründet<br />
und in einem 500-seitigen<br />
Buch das„MittelalterinHerrenberg“<br />
umfassend beleuchtet. Sein Interesse<br />
gilt aber auch schon seit vielen Jahren<br />
der Geschichtedes „<strong>Gäubote</strong>“, dieer<br />
intensiv erforscht hat und die wirnun<br />
in dieser Sonderveröffentlichung zum<br />
175-jährigen Bestehen derZeitung im<br />
Gäu publizieren. GB-Foto: Schmidt
Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013 Seite 4<br />
Intelligente Leser und<br />
intelligente Journalisten<br />
Ein wichtiger Beitrag<br />
zu Meinungsvielfaltund<br />
demokratischer Teilhabe<br />
LiebeLeserinnen und Leser,zum 175-jährigen<br />
Bestehen des„<strong>Gäubote</strong>“ gratuliere ich sehr herzlich!<br />
Ich freue mich, dass diese Zeitung schon so lange<br />
ihre Leser informiert –und dass dieLeser ihr so<br />
lange die Treue gehalten haben. Die Zeitung heißt<br />
zwar nicht mehr, wiezuAnfang, „Intelligenzblatt<br />
für denOberamtsbezirk Herrenberg“ –aber immer<br />
noch hat sie intelligente Journalistinnen und<br />
Journalisten und intelligente Leserinnen und Leser.<br />
Fürdie meistenvon uns ist das Lesender Zeitung<br />
miteinem täglichen Ritual verbunden: Die<br />
einen lesen zuerst die<br />
Schlagzeilen aufder Titelseite,<br />
andere fangen mit<br />
dem Sportteilan. Wieder<br />
andere stöbern zunächst<br />
die Anzeigen durch. Aber<br />
sie alle lesen den „<strong>Gäubote</strong>“,<br />
weil sie wissen wollen,<br />
wasinihrer Stadt und in ihrer Region passiert.<br />
Wasbewegt sich in der Lokalpolitik? Auf alle diese<br />
Fragen gibtder „<strong>Gäubote</strong>“ alsihre Regionalzeitung<br />
eine Antwort. Damit leistetereinenwichtigenBeitrag<br />
zu Meinungsvielfalt und demokratischer<br />
Teilhabe. Dielokale Tageszeitung ist oftdas<br />
einzigeMedium, dasumfassend über das berichtet,<br />
was dieBürger in ihrem unmittelbaren Lebensumfeld<br />
betrifft. Sie bietet ihren Leserinnen<br />
undLesern ein Forum für Debatten, indem sie<br />
Probleme aufgreift und Lösungsvorschläge zur<br />
Diskussionstellt. Die Pressevielfaltist wichtig für<br />
den Zusammenhalteiner Region und das Zusammenleben<br />
in unseren Städten und Gemeinden.<br />
Zeitungen solltendeshalb nicht müde werden,<br />
nach neuen Wegen zu suchen, um vonder Qualitätihres<br />
Produkts zu überzeugen.<br />
Durch dieVielzahl elektronischverfügbarer<br />
Meldungenist<br />
es schwieriger geworden,junge<br />
Menschen<br />
für Zeitungen zu begeistern.<br />
Je größer die Flut der<br />
Informationenist, desto<br />
wichtigerwird es aber,diese<br />
aucheinzuordnen und bewerten zu können.<br />
Tageszeitungen helfen, Kinder und Jugendliche an<br />
das kritische Lesen heranzuführen, indem sieMeldungen<br />
in größere Zusammenhänge stellen. Eltern,<br />
Lehrerinnen und Lehrer sind deshalb aufgerufen,<br />
jungen Menschen den Umgang mit gedrucktenInformationsmedien<br />
nahezubringen.<br />
Zum Erfolg des „<strong>Gäubote</strong>“ haben in all den Jahren<br />
Redakteure,Fotografen, Verleger,aber auch<br />
Sie, liebe Leserinnen und Leser,beigetragen. Ihnen<br />
allen gilt mein Glückwunsch. Für dieZukunft<br />
wünsche ich Ihnen und Ihrer Zeitung alles Gute.<br />
Joachim Gauck, Bundespräsident<br />
derBundesrepublik Deutschland<br />
Richten Sie sich<br />
auf das Beste ein.<br />
WOHNEN | OFFICE & OBJEKT<br />
Herzlichen<br />
Glückwunsch zum<br />
175.<br />
JUBILÄUM<br />
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Seite 5<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
Andreas Braun: „Beeile ich mich, ein neues Geschäft anzufangen“<br />
Zeitungsgründer<br />
aus Not<br />
und Neigung<br />
D<br />
ie Gründungsgeschichtedes<br />
Blattes ist gut dokumentiert und<br />
fügtsich zum einen zwar ganz in die<br />
Lage des Pressewesensimdamaligen<br />
Königreich Württemberg wie auch der<br />
näheren Region; zum anderen aber ist<br />
sie durch diePerson des Gründers<br />
charakterisiert.<br />
Dieswar Andreas Braun, geboren<br />
am 1. Mai 1800inReutlingen als Sohn<br />
eines früh verstorbenen Müllers. 1815<br />
trat er in diedortige Druckerei Heerbrandt<br />
ein, wo er nach derLehrzeit als<br />
Setzer und Drucker arbeitete und insbesondereauch<br />
mitder Ausbildung<br />
betraut war.Mit seiner Ehefrau Margaretha<br />
geb. Eg(g)e hatte er fünf Kinder,<br />
drei Söhneund zwei Töchter,von denendie<br />
jüngste Anfang 1837 geboren<br />
wurde.<br />
Seinefamiliäre Situation, so führt er<br />
selber aus,und die existenzielle Krise,<br />
in die zahlreiche Buchdrucker infolge<br />
des 1836erlassenen Verbots des Büchernachdrucksdurchden<br />
Verlust des<br />
Arbeitsplatzes geraten waren, ließen<br />
den Entschluss reifen, Reutlingenzu<br />
verlassen und sichzuverselbständigen.<br />
Das setzte voraus,<br />
eine „Marktlücke“<br />
ausfindigzumachen,<br />
undzugleich schien<br />
dieVerbindung von<br />
Druckereiund Zeitungdurchaus<br />
sinnvoll<br />
und des Versuches<br />
wert. Solche Voraussetzungen<br />
warenin<br />
der TatinHerrenberg<br />
gegeben.<br />
Am 31. Oktober<br />
1837 „erlaubte“ sich<br />
Braun, der Königlichen<br />
Regierung des Schwarzwaldkreises<br />
„gehorsamstfolgenden<br />
Vortrag<br />
zu machen“: „Ich arbeitete<br />
schon 22 Jahre als Setzer<br />
und Druckerineiner<br />
Buchdruckerei, um meine<br />
Kenntniße zu meinemsteten<br />
Fortkommen zu erwerben;<br />
ichbrachte es wirklich<br />
Im Konzessionsantrag<br />
vom 7. Dezember 1837<br />
erläutertAndreas Braun<br />
seine Vorstellungen<br />
durch<br />
unermüdeten<br />
Fleißauch dahin,<br />
mir noch<br />
etwas zu erübrigen und nebenbeiFrau<br />
und Kinder bisauf diese Zeit<br />
zu ernähren,allein durch dieAufhebung<br />
desNachdrucks, wodurch beinahe<br />
der halbe Theil der Buchdrucker-<br />
Gehülfen brodlos geworden,beeile ich<br />
mich (ohne vorher meine kärglich ersparte<br />
Haabe aufopfern zu müssen),<br />
ein eigenesGeschäft anzufangen, wozu<br />
ich hauptsächlich mein Augenmerk<br />
aufeine Oberamts-Stadt richtete, in<br />
welchernoch keine Buchdruckerei<br />
sich befindet.<br />
Daheresmein dringenderWunsch<br />
wird, mich in derStadt Herrenberg ansiedeln<br />
zu können, sonst steht mir die<br />
Brodlosigkeitwie manchem Buchdrucker-Gehülfen<br />
bevor; wende mich<br />
deshalbzuvörderst an die Königl.<br />
hochpreißliche Regierung mitder gehorsamsten<br />
Bitte: daßmein Vorhaben,<br />
eine Buchdruckerei, verbunden mit einem<br />
wöchentlichen Amtsblatt, errichtenzudürfen,<br />
hochgeneigtest<br />
genehmigt<br />
werden wolle.<br />
Wassodann meine übrigenVerhältnisse<br />
anbelangt,<br />
so läßt sich’s<br />
leicht erachten, daß<br />
mireine Buchdruckerei-Errichtung<br />
beider<br />
gegenwärtigenZeitperiodenichtzuversagen<br />
wäre, indem<br />
ich hier beieinem<br />
Prinzipaldurch Fleiß,<br />
Aufmerksamkeit<br />
und Rechtschaffenheit<br />
22 Jahre unausgesetzt<br />
arbeitete<br />
und demnächst<br />
mein Verdienst in<br />
hiesiger Stadtzu<br />
Ende als Gehülfe<br />
gehen wird…“<br />
Natürlich bedurfte<br />
es der Zustimmung<br />
der<br />
Herrenberger<br />
Stadtväter, und<br />
hier galt es zunächst,<br />
Leumund<br />
und<br />
Vermögen des Bewerbers zu<br />
prüfen.<br />
Nachdem die Stadt Reutlingen<br />
Andreas Braun bescheinigt hatte,<br />
„1. daßderselbe sein Gewerb gut versteht,<br />
2. daßerineinem guten Rufe<br />
steht, 3. daßerein Vermögen vonEintausendGulden<br />
besitzt“, beschloss der<br />
Stadtrat, der Bitte Brauns –„auf die<br />
Dauerseines Wohlverhaltens“ –zuzustimmen<br />
unterder Bedingung, daß er<br />
die bezirksamtliche Konzession nachweise,<br />
dasHerrenbergerBürgerrecht<br />
erwerbe und „alljährlich auf den 1. Juli<br />
1Gulden 30 Kreuzer an Loohnsteuer<br />
zur Stadtpflege dahier zu bezahlen habe“.<br />
Ein örtliches Hindernis<br />
stehtdem Vorhaben<br />
nicht entgegen<br />
DasOberamt, dieim<br />
Vorfeld entscheidende<br />
Instanz, äußertesich<br />
nach Prüfung derUnterlagen<br />
ebenfalls positivund<br />
strich insbesondere<br />
die Herausgabe eines<br />
„Amtsintelligenzblattes“<br />
heraus,dabisher<br />
das Tübinger Amtsblatt<br />
auch fürden HerrenbergerBezirk<br />
diene.<br />
Einörtliches Hindernis<br />
stehedaher dem Vorhaben<br />
desBraun nicht<br />
entgegen, „und für die<br />
amtlichen Behörden so<br />
wiefür die Privaten<br />
dörfte es zur Erleichterung<br />
dienen,ihre Bekanntmachungen<br />
hier<br />
in das Amtsblatt einrükenlassen<br />
zu können“.<br />
Wenn Oberamtmann<br />
Martzdann jedoch unvermittelt<br />
fortfährt:<br />
„Die einzigeBedenklichkeit<br />
möchte dabei<br />
zu erhebenseyn, daß ringsum in den<br />
Oberamtsstädtenschon Buchdruckereien<br />
bestehen und Intelligenzblätter<br />
Statt des<br />
gemeinsamen<br />
Intelligenzblattes für vier<br />
Oberämtererhält Herrenberg<br />
seine eigene Zeitung<br />
heraus kommen“, so signalisiert das<br />
im Zusammenhang zwar sein Interesse,ein<br />
„eigenes“ Amtsblatt zu erhalten,<br />
läßt aber zugleich, das feine Gespür<br />
des Beamten für schwer zu kalkulierende<br />
Entscheidungen höheren Orts<br />
verratend, mitdem Stichwort: kein<br />
notwendigerBedarf,taktisch auch den<br />
Wegfür eineAbsageoffen. Denn Presse<br />
war derObrigkeit keineswegs selbstverständlich<br />
undwillkommen, <br />
Das Ministerium des Inneren<br />
meint: Herrenberg zum<br />
Druckereigewerbe ungeeignet
Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013 Seite 6<br />
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Seite 7<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
Der obrigkeitlich<br />
genehmigte<br />
„Plan“ des<br />
neuenBlattes<br />
Ort, an welchem<br />
das Blatt erscheint<br />
Titel<br />
Klasse, zu der es gehört<br />
Name des Redakteurs<br />
und Verlegers<br />
Tage, an welchen<br />
es erscheint<br />
Bemerkungen<br />
Herrenberg<br />
Intelligenzblatt<br />
fürdas Oberamt<br />
Herrenberg<br />
Intelligenzblatt ohne<br />
politische und<br />
räsonierende Artikel<br />
Andreas Braun<br />
Buchdrucker aus<br />
Reutlingen<br />
Je an den Freitagen<br />
oder Samstagen im<br />
künftigen Jahr<br />
Die genaue Kontrolle des Inhalts ist<br />
dem Oberamtübertragen worden<br />
Presse warzumindest erst einmal<br />
verdächtig:Befand man sich doch<br />
schon wieder in derzielstrebig restaurativen<br />
Endphase jenes bewegten Jahrzehnts<br />
des Vormärzes, das 1830 mit<br />
demvon der Pariser Revolution überspringendenFunken<br />
freiheitlicher Gesinnung<br />
begonnen, aus politischen<br />
Richtungen erstmals Parteien geformt<br />
undauch überall im Lande der Presse<br />
zunächst Aufschwung gebrachthatte.<br />
Amtliches,<br />
Unterhaltung,<br />
Belehrung<br />
–keine Politik<br />
Und so wurde es auch bei der Kreisregierungaufgenommen<br />
–und nicht<br />
zuletzt vom Antragstellerverstanden,<br />
von demvor jeder weiteren Stellungnahmeverlangt<br />
wurde, denbeabsichtigten<br />
Titel für das Blatt, den geplantenInhalt<br />
und die Erscheinungstage<br />
einzureichen. Andreas Braun gab hierzu<br />
zu Protokoll:<br />
„Als Titel für das Blatt werde ich<br />
wählen:’Intelligenzblatt fürdas Oberamt<br />
Herrenberg’, und den Inhaltdesselben<br />
werden dieBekanntmachungender<br />
Behörden, Privatanzeigen und<br />
zur Ausfüllung kleine Erzählungen unterhaltender<br />
Art sowiekleine Aufsätze<br />
zur Belehrung über allgemein interessante<br />
Gegenstände bilden, wieinandern<br />
derartigen Blättern der Fall ist, eigentlicheZeitungsartikel<br />
politischer<br />
Natur aber ausgeschlossen seyn. Zum<br />
Tag, wo das Blatt erscheinen sollte,<br />
würde ich denFreitag oder Samstag<br />
(alsoeinmal in der Woche) wählen.“<br />
VomOberamt kommentarlos weitergereicht,<br />
genügtedies derRegierung<br />
des Schwarzwaldkreises, welche<br />
am 13. Dezember 1837 die„Erlaubnis<br />
zur Errichtung einer Buchdruckerey in<br />
der Stadt Herrenberg, jedoch nur mit<br />
persönlichem Recht (d.h.auf die Person<br />
Brauns bezogen) und zur Herausgabe<br />
eines Intelligenzblatts für den<br />
Oberamtsbezirk Herrenberg“ erteilte.<br />
Dem Buchdrucker und Verleger wurde<br />
anbefohlen, sichgenau mit dem Gesetz<br />
über die Preßfreiheit vom 30. Januar<br />
1819 bekannt zu machen; außerdemhatte<br />
das Oberamtihm die einschlägigen<br />
Zensurvorschriften samtallen<br />
StrafenimFalle von Verstößen einzuschärfen.<br />
Speziell wegen des Intelligenzblatteswurde<br />
auf einen Ministerialerlaßvom<br />
Januar 1824 verwiesen,<br />
wonach unpolitische Blätter,nämlich<br />
bloße Anzeigenblätter ohne alle politische<br />
oderräsonierende Artikel, oberamtlicherKontrolle<br />
unterworfen seien;<br />
sobald ein solcher Artikel aufgenommen<br />
würde, wenngleich „unverfänglichen<br />
Inhalts“,werde der Herausgebernicht<br />
nur zur Strafe gezogen,<br />
sondern auch sein Blatt umgehend<br />
unter Zensur gestellt. Schließlich war<br />
der Kreisregierung von jeder Ausgabe<br />
einFreiexemplar einzureichen.<br />
DerSteckbrief desBlattes wurde in<br />
Form einer die„Tendenz“ fixierenden<br />
Tabelle beigegeben.<br />
Epilog:<br />
DasMinisterium<br />
desInnern bedauert<br />
Obwohl also durchaus obrigkeitlichen<br />
Wünschen konform, wardann<br />
der Startdes Blattes so reibungslos<br />
doch nicht, denn dasMinisterium des<br />
Innern verlangte von derKreisregierung<br />
einen Zusatzberichtüber diebisherige<br />
Praxis der Verbreitung von Anzeigen,amtlicher<br />
Erlasse etc. im Oberamt<br />
Herrenberg sowie eineeingehendere<br />
Erläuterung, ob manbei derKonzessionserteilung<br />
an Braun für ein<br />
„Etablissement“ in Herrenberg auch<br />
die allzu große Zersplitterung des<br />
Buchdruckgewerbes und des Intelligenzblattwesens<br />
genügend bedacht<br />
habe.Die Kreisregierung rechtfertigte<br />
sich durchnachdrückliche Wiederholung<br />
der vonBraun sowie Stadt und<br />
OberamtHerrenberg vorgebrachten<br />
Argumente.Zwar bestünden in Tübingen,Calw,Nagold<br />
und Rottenburg<br />
(auch Böblingen) Intelligenzblätter<br />
undBuchdruckereien, und Letztere<br />
dürftengerade infolge des Nachdruckverbotsstärker<br />
Bestellungen von auswärts<br />
erhalten, da „mancher Verleger<br />
früher Anstand genommen hat, ein<br />
Werk von Bedeutung in Württemberg<br />
drucken zu laßen aus Besorgnis, es<br />
möchte mitdem Original zugleich ein<br />
Nachdruck erscheinen“, der jenem –<br />
wie mangerade bei denReutlinger<br />
Nachdrucken gesehen habe –den<br />
Rang streitig mache; im Klartext: Es<br />
werdeeine bessere Auftragslage kommen.<br />
Wasnun die Intelligenzblätter<br />
betreffe,soschienen doch alle ihr Lesepublikum<br />
zu haben unddie Verleger<br />
ihre Rechnung zu finden.„Dies ist es,<br />
was wir…zuberichten haben.“<br />
Unter dem18. Januar 1838 gab das<br />
Ministerium desInnern säuerliche<br />
Antwort: Es „bedauert, daß durch diese<br />
für einenzum Buchdruckerei-Gewerbe<br />
ungeeigneten Ort ertheilte<br />
Concession zu weiterer Zersplitterung<br />
des Intelligenzblattwesens Anlaß gegeben<br />
worden ist, während in hohem<br />
Grade zu bezweifelnsteht, ob für das<br />
Fortkommen desConcessionirten,<br />
welches das Motiv derjenseitigen Entscheidungbildete,<br />
bei dieser selbstständigen<br />
Unternehmung besser gesorgt<br />
seynwird als bei dem Dienste in<br />
einer größeren Officin, in der er bisdahin<br />
sein gutes Fortkommen gefunden<br />
und wozu er als tüchtiger Setzer wohl<br />
auchfernerhin in oder ausser Reutlingen<br />
Gelegenheit erlangt hätte.“<br />
Dort setzte man zwei Tage nach Eingang<br />
denVermerk „Zuden Akten zu<br />
legen“ darunter. ■
Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013 Seite 8<br />
Damals...<br />
...wie heute.<br />
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Seite 9<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
Erstausgabe: 7. Juli 1838<br />
Eine Zeitung<br />
gewinnt Gestalt<br />
D<br />
assesnoch fast einhalbes Jahr<br />
dauerte, bis das„Intelligenzblatt<br />
Auch dieser Anfang<br />
warschwer …<br />
für denOberamtsbezirk Herrenberg“<br />
erscheinen konnte,lag nun freilich an<br />
Einrichtungsschwierigkeiten und offenbarenfinanziellen<br />
Engpässen<br />
Brauns. Zwar fand sich ein Domizil<br />
beim Bäcker Fischer in der Bronngasse,<br />
doch zur Verwirklichung seines Vorhabens<br />
musste er sich in Höhe von weit<br />
mehr als derHälfte seines Vermögens<br />
verschulden, einen Kredit beim Reutlinger<br />
Buchhändler Burg aufnehmen,<br />
Schriftsätze beim Stuttgarter Schriftgießer<br />
Gmelin und Materialien bei seinem<br />
früheren Prinzipal Heerbrandt<br />
borgen –Zeichen durchaus unternehmerischer<br />
Risikobereitschaft. Und<br />
doch war der Anfang zwangsläufig bescheiden:1840<br />
wird der Wert der<br />
Holzpresse auf 60, derder Typen auf<br />
438und derjenige aller<br />
sonstigen Gerätschaften<br />
auf 32 Gulden<br />
beziffert.<br />
Wasdann die Presse<br />
am 7. Juli 1838<br />
ebenfalls bescheiden im „Druck und<br />
Verlag von Andreas Braun“ –sodas Impressum–verließ,stach<br />
immerhin<br />
hinsichtlich der Aufmachung positiv<br />
vondem gemeinsamen Intelligenzblattfür<br />
dieOberämter Tübingen, Rottenburg,<br />
Horbund Herrenberg ab. Inhaltlich<br />
entsprach es jedoch ganz dem<br />
obrigkeitlichgenehmigten Plan: sauber<br />
gegliedert in amtliche Verfügungen,<br />
Bekanntmachungen aller Art–dabei<br />
bereits zwei Privatannoncen, nämlichein<br />
Kredit- und ein Stellenangebot<br />
–, ferner unter derals solche nicht<br />
ausgeworfenenRubrik Unterhaltung<br />
undBelehrung Beiträge zur<br />
Geschichteder Stadt Herrenberg<br />
sowie beschließend und ganz im<br />
Rahmen desÜblichen eine wöchentliche<br />
Übersicht derFrucht-,<br />
Fleisch- undBrotpreise. Das Blatt<br />
kostete jährlich eineinhalb Gulden,umAnnoncen,<br />
die Spaltenzeile<br />
zu eineinhalb Kreuzer gerechnet,<br />
wurde geworben.<br />
Eigentlich bemerkenswert<br />
sindnur Umfang und Gewichtung der<br />
historischen Beiträge, welche aus der<br />
Chronikdes Herrenberger Vogtes Heß<br />
ausgezogen wurden und für rund ein<br />
halbes Jahrzehnt, mit derZeit freilich<br />
immermehr ausdünnend, einen Dauerbrenner<br />
bildeten. Dass Braun von<br />
Anfang an zu diesem im städtischen<br />
Archiv verwahrten<br />
Schatz Zugang erhielt,<br />
belegt zunächst<br />
gute Beziehungen<br />
zum Rathaus. Thematischwar<br />
es sodann<br />
eine gewiss geschickte Wahl, mochte<br />
doch –von damals her gesehen –die<br />
großeund im Detail natürlich vergesseneVergangenheit<br />
demLeser<br />
schmeicheln und somitinteressieren,<br />
und zudembewies sie denWillen des<br />
Verlegers, sich ernstlich in der Stadt<br />
seiner Wahl einzuwurzeln. Bereits in<br />
derzweiten Nummer versah er den<br />
Heß’schenExtrakt miteigenen Anmerkungen,darunter<br />
dieser: „Daß in<br />
neuerer Zeit manches verschönert<br />
und verbessert worden ist, giebt der<br />
Das Stadtpfarramt Herrenberg<br />
abonniertauf Kosten der<br />
Stiftungspflege das neue<br />
Intelligenzblatt –für eineinhalb<br />
Gulden im Jahr<br />
Anblick;manches<br />
aberhat noch an Zerfall und<br />
Schmuz zugenommen.“ Es hat denAnschein,<br />
als habe man ihm dies verübelt.Denn<br />
es geschah nie wieder.<br />
ZweiJahre später konnte er jedoch einender<br />
ersten Leserbriefe drucken,<br />
der dieStadt aufforderte, dasWerk<br />
desVogtes Heß, nachdem schon ein<br />
Jahrhundert nichts in dieserHinsicht<br />
geschehen sei, gegen „ein billiges Honorar“<br />
fortsetzen zu lassen, „worauf<br />
sich dann wohl ein tüchtiger Mann zu<br />
Übernahmedieser Arbeit würde findenlassen“<br />
und das ergänzte Werk für<br />
Gemeindenund Familien im Druck herausgegeben<br />
werden könnte –ein seiner<br />
Zeit gewiss weit vorauseilender<br />
Schreiber, der leider nur mit „K“ zeichnete.<br />
Dochnoch einmal zurück zurAnfangsphase<br />
des Intelligenzblattes. Die<br />
ersten zwei Jahrgänge lassen unschwer<br />
das Bemühendes Verlegers erkennen,<br />
erst einmal festen Fuß zu fassen.<br />
Der Wegwar ja grundsätzlich vorgegeben,<br />
doch es finden sich zunehmend<br />
kleine, gelegentlich kaum auffällige,<br />
jedenfalls aber typische Akzentuierungen,welche<br />
nicht zuletzt auch<br />
diepersönliche und wirtschaftliche<br />
Situation Brauns widerspiegeln, auch<br />
einvorsichtiges Experimentieren zu<br />
erkennen geben.<br />
DreiPunkte sind augenfällig. Als<br />
Werbeträger wurde das Blatt nur zögerlichangenommen,<br />
besonders außerhalb<br />
derStadt. Allerdings schälte<br />
sich raschein kleines, aber treues<br />
Stammpublikumheraus, welches die<br />
Möglichkeitender Anzeigen nutzte,<br />
dienach einer Anlaufphase <br />
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Oktober
Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite10<br />
Bewusstsein für<br />
Heimat undHerkunft<br />
Herzlichen Glückwunsch zum175. Jubiläum<br />
des „<strong>Gäubote</strong>“!<br />
Zum Gratulierengibt es allen Grund. Schließlich<br />
hat sichaus bescheidenen Anfängen als „AmtsundIntelligenzblatt“<br />
eine<br />
Traditionszeitung entwickelt,<br />
dieheute im Kreis<br />
Böblingen kaum mehr<br />
wegzudenkenist. Ob es<br />
um politisches, wirtschaftliches<br />
oder gesellschaftli-<br />
Leser erworben<br />
ches Geschehengehen<br />
mag–mit kompetentem Lokaljournalismus hat<br />
sich der „<strong>Gäubote</strong>“ über Jahrzehnte hinweg das<br />
Vertrauen seiner Leserinnen und Leser erworben.<br />
Ich binmir sicher,sie werden ihrer Zeitung auch<br />
in Zukunfteng verbunden bleiben.<br />
Diese Zuversicht kommt nicht vonungefähr.<br />
Denn jenseits großer politischer Themen prägen<br />
vor allem regionale Politik, Sport, Vereinsleben<br />
undkulturelle Veranstaltungen vor Ort das Bewusstsein<br />
fürHeimat und<br />
Herkunft.Sovermitteln lokaleZeitungen<br />
nicht nur<br />
Nachrichten und Informationen,sondern<br />
verbinden<br />
das allgemeine Zeitgeschehenmit<br />
dem konkreten Lebensumfeld.Das<br />
macht<br />
auch dieBeliebtheit des„<strong>Gäubote</strong>“ aus.<br />
Der Verlagsleitung und allen Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiterndes „<strong>Gäubote</strong>“ wünsche ich<br />
auch künftig großen Erfolg sowie den Leserinnen<br />
und Lesern weiterhin viel Freude an ihrer Zeitung!<br />
Über Jahrzehnte hinweg das<br />
Vertrauen seiner Leserinnen und<br />
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Seite 11<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
Der Kopf derersten<br />
Rechnungsformulare<br />
schließlich auch von<br />
Auswärtigenaufgegriffenwurden. Und<br />
noch zögerlicherwurde das bereits in<br />
der Erstausgabe enthaltene Angebot<br />
wahrgenommen,Beiträge einzusenden<br />
–über ein Jahr hielt man sich bedeckt,<br />
wartete wohl, wer vorangehen<br />
würde.<br />
Bliebdas natürlich nicht ohne Auswirkungen<br />
auf die wirtschaftliche Lage<br />
Brauns,soist wichtiger noch, dass er<br />
von Anfang an entschieden auf den<br />
Unterhaltungsteil setzte und diesen<br />
beigleichbleibendem Gesamtumfang<br />
von vier Seiten nach Möglichkeit<br />
quantitativ ausbaute<br />
wieinhaltlichzuvariierenbestrebt<br />
war.<br />
Nebender Fortsetzungsgeschichteerschienen<br />
Rätsel,Gedichte,<br />
Sinnsprüche,<br />
…und kostete<br />
Kraft<br />
und Nerven<br />
Anekdoten und so weiter,der Tendenz<br />
nach zunächst eher erbaulicher Natur:<br />
Wunderbare Prophezeiung, Segen<br />
christlicher Arbeit, dazu dann Erheiterndes<br />
wie: Der arme Vikar und sein<br />
Mißgriff,auch Abraham aSanta Clara<br />
überdas Eheleben, zunehmend sodann<br />
Sensationelles,–vorsichtig –die<br />
Nerven Kitzelndes, und –eher vereinzelt<br />
–auch derAbdruck einer ihrer Toleranz<br />
wegen bemerkenswerten Rede<br />
eines katholischen Geistlichen. Und<br />
dieses Konzept verfing. Ab 1840, so<br />
lässt sichsagen, hatte dasBlatt Fußgefasst,<br />
und es ist symptomatisch, dass<br />
Braun Ende 1839 die Herausgabe eines<br />
zweiten Blattes ankündigen konnte<br />
mitdem Titel: „Neues Herrenberger<br />
Unterhaltungsblatt“, dasimfolgenden<br />
Jahr lizenziert und von Rechtskonsulent<br />
Krauß redigiert wurde, freilich –<br />
man war ja im „ernstenHerrenberg“,<br />
so der Verlegerssohn Samuel aus späterer<br />
Rückschau –nach wenigen Monaten<br />
wieder einging.<br />
So bedeutet denn Fußgefasst keineswegs,<br />
dass Braun überden Berg gelangtoder<br />
gar schon saniert gewesen<br />
sei.ImGegenteil, das Intelligenzblatt<br />
zu institutionalisieren, hieß ein fortwährendes<br />
zähes Ringen, hieß fertig<br />
werden mitmancherlei Unwägbarem<br />
und Rückschlägen. Insbesondere<br />
schlugen die ersten buchdruckerischenUnternehmungen,<br />
diejadie<br />
zweite Stütze desBetriebs hatten sein<br />
sollen, sämtlich fehl: „Herrenberg wie<br />
es vor hundert Jahren war“, eine Kompilation<br />
desDekans Scholl aus der<br />
Heß’schenChronik, deckte die Druckkosten<br />
nicht, und noch weniger<br />
ein Renner wurde das Werk eines<br />
Pfarrers „Großartiges und FremdartigesinKirche,<br />
Schule und Leben“,<br />
das nur an die 15 Interessentenfand;<br />
auchein 1839 für einen Calwer Auftrag<br />
eingestellterGehilfe musste aus<br />
eigenemBeutel gelöhnt werden, da<br />
sich derAuftraggeber als zahlungsunfähigerwies.<br />
Es wundert dahernicht, dass die<br />
Vermögensaufnahmenach demfrühen<br />
Todseiner Frau, welche am 21.<br />
Dezember 1839 einer Lungenentzündungzum<br />
Opfer fiel,inetwa denselben<br />
Schuldenstand ergab wiezuBeginn<br />
desUnternehmens. Seine zweite<br />
Frau Christiane geb.<br />
Maser,Leichenbitterstochter<br />
ausHerrenberg,<br />
die er am<br />
12. Juli 1840 heiratete,<br />
brachte dann freilicheine<br />
nennenswerteMitgift<br />
in die Ehe ein, was den<br />
Kauf eines eigenen Hauses in der unteren<br />
Spitalgasse erlaubte.<br />
Derschon erwähnte Sohn Samuel<br />
erinnert sich in einem Gedenkblatt<br />
zum 50-jährigen Bestehen derZeitung<br />
über seine 1840 beginnenden Lehrlingsjahre<br />
und die alltägliche Praxis so:<br />
„Nun fingen für mich die Arbeits- und<br />
Leidensjahre an. Ichwar zwölf Jahre<br />
alt. Nun ging es von der Schule an den<br />
Setzkasten undvom Setzkasten wieder<br />
in dieSchule. Zu Knabenspielen<br />
blieb keine Zeit. Es war ebeneine Notwendigkeit,<br />
mich so früh nützlich zu<br />
machen:ein Gehülfe hätte denProfit<br />
des Geschäfts aufgezehrt“.<br />
Nervenkraft wargelegentlich nach<br />
den Erinnerungen Samuel Brauns auch<br />
ausganz anderen Gründen angebracht,denn<br />
offenbar musste man<br />
sich in Herrenberg erst an dieEigenarten<br />
des Neulings gewöhnen.War das<br />
Unterhaltung,wenn da ein Sinnspruch<br />
–abgeschrieben natürlich aus einem<br />
„vergessenen Buch“ –eine Säufernase<br />
beschrieb? Wardanicht vielleicht<br />
doch dieser oder jenergemeint? Sollte<br />
einesoharmlos gesetzte Anekdote<br />
über einen Stotterernicht doch einen<br />
Bestimmten treffen? Das Wort vom<br />
„Dorfschulmeisterlein“ nicht doch den<br />
Lehrerstand verhöhnen? Und was hatten<br />
Indiskretionen, wenngleichnoch<br />
so harmlos, in derZeitung zu suchen,<br />
noch dazu anonym? Dassetzte dann<br />
Proteste,die je nach Temperament<br />
des vermeintlich Betroffenen gelegentlich<br />
heftig ausfallenkonnten. Aber<br />
es sorgte gewissauch fürPublizität. <br />
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Jeder Mensch hat etwas, das ihn antreibt.<br />
Wir machen den Wegfrei.<br />
Auch wenn sich die Zeiten ändern –eines ändert sich nicht: unsere<br />
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Mittelpunkt stellt. Sofinden wir gemeinsam für Sie in jeder Lebenslage<br />
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Wirgratulieren dem GÄUBOTEzum 175. Jubiläum<br />
und wünschen weiterhin viel Erfolg!<br />
Juni<br />
Jetzt<br />
beraten<br />
lassen!<br />
1963
Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite12<br />
Es ging also, langsam, voran, und<br />
dies warnicht zuletztder Protektion<br />
namentlich des Dekans Scholl, deranscheinendmehr<br />
als beratendenEinflussauf<br />
die Gestaltung des Blattes<br />
nahm,sowie desOberamtmanns<br />
Martzzuverdanken. Weitere Honoratioren<br />
wie Stadtschultheiß Khönle,<br />
Apotheker Schüz oder Kollaborator<br />
Mayerbekundeten zumindest Wohlwollen.<br />
Verleger und Dekan starteten sogar<br />
eine Neuauflage des Unterhaltungsblatts,das<br />
speziell belletristisch ausgerichtetwar;<br />
es längerfristig am Leben<br />
zu erhalten, blieb wiederum Illusion.<br />
Ökonomischwichtiger war, dass<br />
Braunaus seinen Anfangserfahrungen<br />
undinrichtiger Bedarfseinschätzung<br />
der Oberamtsstadt<br />
eine Konsequenz zog<br />
undsich stärker auf<br />
denDruck vonFormularenverlegte.<br />
VonOberamtmann<br />
Martznachdrücklichbefürwortet, erwirkte<br />
er zu diesem Zweckdie Konzessionfür<br />
denBetrieb einer Steindruckerei.<br />
Der Druckder Formulare und zunehmend<br />
auchdas Intelligenzblatt bildeten<br />
fortan diewirtschaftliche<br />
Grundlage des Unternehmens; Bücher<br />
und Broschüren –Braun druckte nach<br />
wie vor, wasAbsatz versprach –blieben<br />
indessen bloßes Beiwerk.<br />
Ab 1840 erhieltnun auch das„plangemäße“belehrende<br />
Element, das bislangeher<br />
mittelbar im Rahmen der<br />
Unterhaltung geboten worden war,<br />
mit der Rubrik „Nützliches Allerlei“<br />
stärkeres Gewicht.<br />
Das „Nützliche<br />
Allerlei“bekommt<br />
nochstärkeres<br />
Gewicht<br />
Themen wie: Englische Schuhwichse,Kleister<br />
fürBuchbinder,Mittel, dass<br />
Blutegel das25-fache saugen, gegen<br />
Ratten, Mäuse, Wanzen, Kaffee aus<br />
Traubenkernen, Sauerkraut vor Fäulnis<br />
zu bewahren, um ausgegangenes Haar<br />
wieder wachsenzumachen, Behandlung<br />
Erhängter, Erwürgter,Ertrunkener,dass<br />
Hühner mehr und größere<br />
Eier legen –derartig Informatives bot<br />
nun alle Samstage Gesprächsstoff.<br />
Das Konzept fand zunehmend Anklang.<br />
Nachdem 1842 zunächst der Titel<br />
in „Amts- und Intelligenzblatt“, unterverantwortlicher<br />
Redaktion gedruckt<br />
und verlegt von Andreas Braun,<br />
geändert worden war, erhielt das Blatt<br />
im folgenden Jahr eine<br />
neueAufmachung:<br />
DasFormat<br />
wurde vergrößert,<br />
amtliche Verlautbarungen<br />
und private<br />
Anzeigen wurden<br />
drei-,Artikelzweispaltig<br />
gesetzt; vereinzelt begann<br />
man, Annoncen durchUmrahmungen<br />
undgrößere Typen optisch hervorzuheben,<br />
ein Angebot, das auf längere<br />
Zeitbeinahe allein auswärtige Inserentenwahrnahmen.<br />
Den„verehrlichen<br />
Lesern“nannte Braun in Nummer 1als<br />
Grund, „einen größeren Raum zur Unterhaltung<br />
geben zu können“, und er<br />
erlaubte sich, „diejenigen ergebenst<br />
einzuladen, welche noch Lust haben,<br />
dieses Blattanzuschaffen, da sich die<br />
Redaktion immer mehr bemühen<br />
wird, zu unterhalten und zu nützen<br />
und sich dieGewogenheit der verehrten<br />
Abonnenten immer mehr zu gewinnen.“<br />
Während es nun fürfast<br />
zwei Jahrzehnte im Wesentlichen bei<br />
dieser äußerenGestalt blieb, gab es inhaltlich<br />
schonimfolgenden Jahr eine<br />
weitere einschneidende Veränderung,<br />
indemmit Blick auf denLandwirtschaftlichen<br />
Verein die Rubrik „Landwirtschaftliches“<br />
eingeführtwurde.<br />
Mochte es Samuel Braunnach seinen<br />
Erinnerungen auch zuweilen als „nicht<br />
herzerhebend“ empfunden haben,<br />
„AbhandlungenüberKartoffelkrankheiten<br />
und Mistbereitungzusetzen“,<br />
so scheinen dochdiese Traktate ein<br />
eifriges Publikum gefunden und jedenfalls,<br />
oberamtlich gefördert, auch neue<br />
Abonnenten gebracht zu haben. Die<br />
Rubrik blieb nicht nur eine Dauereinrichtung,<br />
siegab dem Blatt, zumindest<br />
vorerst, einenneuen Akzent, und zwar<br />
aufKosten der Unterhaltung, dieerst<br />
allmählich ihrenalten Stellenwert zurückerlangte.<br />
Übrigens findet sich<br />
gleich im zweiten Aufsatz „Guano, der<br />
beste Dünger“ folgendes Missgeschick:<br />
…„Nun aber,aus was besteht denn<br />
dieser seltsame Dünger?“ Diese Fratze<br />
schwebte dir gewiß schon lange auf<br />
denLippen. Er kommt zu uns, als ein<br />
braunes Pulver,…<br />
1846 tratendann „Neuigkeiten“<br />
hinzu, dieimfolgenden Jahr von den<br />
„Tagesneuigkeiten“ ersetzt wurden,<br />
Nachdrucken nämlich von –selbstredend<br />
meistsensationellen–Meldungenanderer<br />
Blätter,wobei der<br />
Schwerpunkt durchaus im Königreich<br />
Württemberg lag. Bleibt anzumerken,<br />
dass nach einem Jahrzehnt dieZahl<br />
der Einsendungen sich festigte und<br />
Samuel Braun1847 in Nummer 6mit<br />
einem Gedicht: „Der einzige Sohn<br />
(Nachdem Leben)“, debütierte, das<br />
rechtens nicht in die Anthologien<br />
eingegangen ist. ■<br />
Sascha<br />
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Seite 13<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
1848 –Preßfreiheit undPreßfrechheit<br />
Maßregeln<br />
derzeit nicht nötig<br />
U<br />
mesgleich zu sagen: Die Märzrevolution<br />
des Jahres 1848 erreichte<br />
zwar auch Herrenberg, aber mit gebremstem<br />
Wellenschlag. Immerhin,<br />
was in der Zeitungstand, wasnicht in<br />
derZeitung stand und wieesinder<br />
Zeitung stand –das zeigt, dass dieEreignisse<br />
Tagesthema waren<br />
und durchaus<br />
offene Leidenschaftlichkeit<br />
aufbrechen<br />
konnte,eszeigt<br />
aber insbesondere,<br />
dass dasIntelligenzblatt zunächst<br />
ganzbei seiner unpolitischen<br />
Linie blieb, um dann –etwa ab Mitte<br />
des Jahres –eher indirekt und sehr verhalten<br />
seinekonstitutionelle Grundeinstellung<br />
zu erkennen zu geben.Zu<br />
keinem Zeitpunkt schien derOberamtmannAnlass<br />
zu sehen, der minis-<br />
teriellen Weisung vom 28. Mainachkommen<br />
zu müssen: „Dem Vernehmen<br />
nach artet in vielen Localblättern<br />
desLandes die durch die Verordnung<br />
vom1.März d. J. wiederhergestellte<br />
Preßfreiheit in Preßfrechheitaus. Da<br />
es nichtinder<br />
Absicht der<br />
Verordnung<br />
vom1.März<br />
d. J. liegen<br />
kann, derlei<br />
Unfuch zu dulden<br />
und nachsichtig zu behandeln, so<br />
erhält die K. Regierung (des Schwarzwaldkreises)<br />
gemesseneWeisung, in<br />
allenden Bestimmungen des Preßgesetzes<br />
vom 30. Januar 1817 offenbar<br />
undentschieden zuwiderlaufenden<br />
Fällen sogleich einzuschreiten.“<br />
Beginnendmit dem10. März, sind<br />
die Geschehnisse zunächst allein aus<br />
Die erst Buchdruck-Schnellpresse wird 1842 angeschafft<br />
den Einsendungen und Ankündigungen<br />
der Engagierten aller Richtungen<br />
zu entnehmen. So spiegelt sich beispielsweise<br />
derAbsatz schwarz-rotgoldener<br />
Kokarden in der Anzeige eines<br />
Bortenmachers, der sich gegen unberufene<br />
Konkurrenz zur Wehr setzte.<br />
Den breitesten Raum nehmen jedoch<br />
die Stellungnahmenfür und wider die<br />
Kandidaten zur Bundes- und Ständeversammlung<br />
ein, nicht selten verbunden<br />
mitteils heftigen Angriffen und<br />
Ehrenerklärungen.Der Vaterländische<br />
und der Volksverein lassen Programmatischesund<br />
Vereinsnachrichten<br />
einrücken. Man hatden Eindruck,als<br />
habeBraun sich erst einmal bewusst<br />
bedeckt gehalten, denGang derEntwicklung<br />
abwarten und keinesfalls in<br />
städtische Interna eingreifen wollen.<br />
In der zweiten Jahreshälfte finden sich<br />
dannschon öfter,inAnekdoten,Sprücheoder<br />
auch in Meldungen eingekleidet,<br />
Anspielungen undvorsichtige<br />
Äußerungen, diedurchaus Bewusstsein<br />
über denzeitgenössischen Diskussionsstandverraten.<br />
Brisanteres<br />
wurde gelegentlich aus anderenPresseorganen,<br />
wieetwadem „Stuttgarter<br />
Tageblatt“, zitiert, und der nicht zögerliche,<br />
in Oberndorfverlegte „Schwarzwälder<br />
Bote“ und die Süddeutschen<br />
politischen Blätter können Eigenwerbungbetreiben.
Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite14<br />
Skeptische Töne: Wohin soll das<br />
führen?oder: Eine republikanische Regierungist<br />
auch menschlich und fehlbar!<br />
mischen sich gelegentlich ein,<br />
und kennzeichnend ist schließlich ein<br />
gegenJahresende abgedrucktes kritischesGedicht<br />
über dieSituation des<br />
greisen Königs, versehen mit einer der<br />
ersten „Anmerkungen der Redaktion“,<br />
wo klarfür den König Partei genommen<br />
wird.<br />
ZumJahreswechsel 1849 veröffentlichte<br />
Samuel Braun ein Gedicht,<br />
das vor dem Hintergrund negativer<br />
Zeiterscheinungen den Wert derReligion<br />
betonte. In derFolge äußern<br />
die zumDruck beförderten Beiträge<br />
bald eine mehr,bald eine weniger<br />
„freiheitliche“, immer aber moderateund<br />
zuletzt durchaus konservative<br />
Tonart, wobei sichauch nostalgische<br />
Erinnerungen an das Frühjahr<br />
1848 einmischen können. Anzeigen<br />
der Vereine und Privatbeiträge werden<br />
weiterhin gedruckt, auch Aufrufe,<br />
das Volk zum Schutz der Reichsverfassung<br />
zu bewaffnen. Im Juni trug Samuel<br />
Braun, hier Lithograf genannt, einen<br />
heftigen Schlagabtausch mit dem<br />
Volksverein auswegen eines von ihm<br />
eingerückten,aber nicht verfassten<br />
Angriffs auf dieDemokraten. Einder<br />
Deutschen Zeitung entnommener Beitrag<br />
zogeinen versöhnlichen Schlussstrich:„Hört,<br />
Hört, ihr württembergischen<br />
Wahlmänner,die linken wiedie<br />
rechten!“<br />
Konstitutionell gesinnt,<br />
im Tonnicht unwürdig<br />
Wie derWind nun wehte, mag eine<br />
Anordnungdes Ministeriums des Innern<br />
an denRegierungsdirektor in<br />
Reutlingen vom24. November 1849<br />
erhellen: „DerMißbrauch der Preßfreiheit,<br />
welcher<br />
seit dem März 1848 begonnen hat<br />
und seitdem, immer mehr um sich<br />
greifend, hauptsächlichinden Zeitungen<br />
und Wochenblättern,insbesondere<br />
auch in den auf<br />
dem Lande erscheinenden<br />
Bezirks- und<br />
Orts-Blätternsich äußert,nimmt<br />
dieAufmerksamkeitder<br />
Polizeibehördendesto<br />
mehr in Anspruch,<br />
je mehr die Erfahrungen der beiden<br />
letztenJahre gezeigt haben, dass hierin<br />
eine Hauptursache der notorisch<br />
herrschenden Begriffsverwirrung über<br />
Recht, Freiheit und Ordnung und der<br />
leider immertiefere Wurzeln fassendenUnsittlichkeit<br />
und Irreligiösität<br />
liegt und dassdie Preßfrechheit in den<br />
letzten 20 Monaten zu manchen beklagenswerthen<br />
Angriffen auf die öffentliche<br />
Ordnung, dieSicherheit des<br />
Staats und der Einzelnen geführthat.<br />
Insbesondere verderblich wirkt die<br />
Presse da, wo sie, wieeshäufig bei den<br />
Tag- und Wochen-Blättern auf dem<br />
Lande der Fall ist, in den Händen unselbstständiger<br />
odervon Parteimännern<br />
geleiteter Redacteure sich befindet,<br />
böswillige Artikel radikaler Blätter<br />
abzudruckensich zum Geschäft macht<br />
unddiese einem Leserkreise mittheilt,<br />
der oftgrößtenteils nicht im Stande<br />
Frühling 1848: Die harten Pressegesetze<br />
verlangen nach<br />
einerkreativen Auslegung<br />
–der rote,<br />
blaue, grüne Peter<br />
ist, in öffentlichen Angelegenheitensich<br />
ein<br />
eigenesselbstständiges<br />
Urtheilzubildenund<br />
offenbareEntstellungen<br />
der Wahrheit über öffentliche<br />
Zustände und<br />
Handlungen der Regierungund<br />
ihrer Organe zu<br />
erkennen.“<br />
Der Direktor wirdanseine<br />
Pflicht erinnert, die Kontrolltätigkeit<br />
derBezirksbeamtenzuüberwachen,<br />
damit gegebenenfalls polizeiliche Beschlagnahmegesetzwidriger<br />
Artikel<br />
und Anzeige beim Staatsanwalt gewährleistetwürden.<br />
Auch trete bei<br />
den Amts- undLokalblättern, die ja<br />
Geld für die öffentlichen Bekanntmachungenbezögen,<br />
„der sonderbare<br />
Fallein, dass es denAnschein gewinnt,<br />
als ob dieöffentlichen Behörden, welche<br />
den befragten Blättern ihreamtlichen<br />
Nachrichten mitAusschließung<br />
andererBlätter zuwenden und dadurch<br />
ihre Existenz begründen oder<br />
befördern, jene feindselige Tendenz<br />
unterstützen undbegünstigen“.<br />
Nach großherzoglich badischem<br />
Beispiel solle nun „denRedacteuren<br />
derjenigen Blätter,welche eine destructive<br />
und feindliche Richtung verfolgen“,<br />
dieBekanntmachung amtlicherNachrichten<br />
entzogen werden.<br />
Dassei nun keine Beeinträchtigung<br />
der Pressefreiheit, sondernschon deswegen<br />
statthaft, weil es sich um die jedem<br />
freistehende Wahl in der Benützung<br />
öffentlicher Blätter handele, und<br />
derWürde der Regierung und der<br />
Beamtenkönne es zudem nicht zugemutet<br />
werden, mit solchen Blättern<br />
zusammenzuarbeiten, „welche sich in<br />
fortwährender Opposition gegen die<br />
öffentliche Gewalt“ gefielen. Vorzugsweisesei<br />
darauf hinzuwirken, dass alle<br />
Behörden ihre Verlautbarungen nur an<br />
konforme oder doch zumindestgemäßigteBlätter<br />
gäben, und wo in einem<br />
Bezirk nur ein einziges Blatt bestünde,<br />
solleman in die benachbarten Bezirke<br />
ausweichen.<br />
„Damit es aber den Bezirks- und<br />
Orts-Blättern, deren Redacteure oft<br />
nur aus Mangel an lesenswerthem<br />
Stoff zumNachdruck pikanter,aufregender<br />
Artikel anderer Blätter verleitet<br />
werden sollen, nicht an guten Aufsätzen<br />
fehle und damit dieselben,statt<br />
wie bisher der Verbildung, künftig immer<br />
mehr derwahren Volksaufklärung<br />
dienen, wäre es sehr erwünscht, wenn<br />
einzelne, dazu durchNeigung und Bildung<br />
berufene Geistliche sich herablassen<br />
würden, periodisch dem Zeitbedürfnis<br />
entsprechendeAufsätze in<br />
das Wochenblatt zu liefern.“<br />
Oberamtmann Widenmann,zum<br />
Berichtüber die Zeitung seines Bezirks<br />
aufgefordert, gutachtete wiefolgt:<br />
„Das Blatt enthält meistens nur amtlicheBekanntmachungen,<br />
Intelligenz-<br />
Nachrichten (Annoncen) und Tagesneuigkeiten<br />
ausanderen Blättern, eigene<br />
raisonierende Artikel kommen<br />
selten vor.Als politische Richtung<br />
sprichtsich die konstitutionelle aus;<br />
derTon ist nicht unwürdig<br />
und leidenschaftslos,Recht,<br />
Religion undSitte<br />
werden geachtet.<br />
Dieöffentlichen Bekanntmachungen<br />
desOberamts und<br />
dersonstigen öffentlichen Behörden<br />
erfolgen in diesem Amtsblatte, und<br />
besteht hierfür unentgeldliche Aufnahme,<br />
indem geradehiedurch sein<br />
Bestand mitgesichert wird. Doch bezieht<br />
sichdie unentgeldliche Aufnahme<br />
nur aufsOberamtund die Amtspflege<br />
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Seite 15<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
Der Unterzeichnete erhält je<br />
abends zuvor das am Tage darauf erscheinende<br />
Blatt und ist so in derLage,<br />
den Inhalt zu prüfen, bei dem er nach<br />
seiner dermaligen Beschaffenheit weitere<br />
Maßregeln nicht für nöttig findet.“Zur<br />
Einordnung des Blattes in jenen<br />
bewegten Jahren bedarf es nur<br />
noch des Hinweises, dass dies das einzige<br />
Schriftstück in dem diesbezüglich<br />
bei derKreisregierung überlieferten<br />
umfangreichen Faszikel ist, mitdem<br />
dasHerrenberger Intelligenzblatt aktenkundig<br />
geworden ist.<br />
Pflegte sein kleines<br />
Lämpchen …<br />
So urteilte Sohn Samuel1888 über<br />
des Vaters Werk, und es war gewiss<br />
richtig gesehen: WasdaimRevolutionsjahrhier<br />
und da vorsichtig aufgeflackert<br />
war,zeitigte fürdie Grundkonzeptiondes<br />
Blattes keine Folgen. Völlig<br />
entsprach es denobrigkeitlichen<br />
Wünschen.Amtliches, Anzeigen, Unterhaltung,<br />
Belehrung –das blieb die<br />
Devise für dienoch fast zwei Jahrzehnte,<br />
in denen es von AndreasBraun verantwortet<br />
wurde.<br />
Unddoch ist zu modifizieren: Zwar<br />
schwenktedas Blatt ganz auf die Zeit<br />
vor März 1848 zurück, übte politische<br />
Abstinenz, raisonierte nichteinmal anspielungsweise<br />
oder mittels Zitaten;<br />
zwar präsentierte es sich zeitweise<br />
ausgesprochennüchtern durch das<br />
Übergewicht derzahlreichen neuen<br />
Gesetzeund Verordnungen;<br />
zwarstellte 1850 ein Artikel dem<br />
menschlichen Urgut Pressefreiheit<br />
höchst ausgewogen eine heftige<br />
Verurteilung der Preßfrechheit, der<br />
hetzerischen Wahrheitsverdrehung,<br />
gegenüber.Aber auf Sicht ließen<br />
sich die Themen der Zeit eben<br />
doch nichtfernhalten, konnten die<br />
kleinenFreiheiten des Blattes genutztwerden,<br />
und es begann, anfangseher<br />
punktuell, mit den Wahlen,dem<br />
Abdruck also vonKandidatenvorschlägen,<br />
Selbstvorstellungen,<br />
Redenauszügen, natürlich auch Angriffenund<br />
Ehrenerklärungen. Schon wenig<br />
später wird sodann<br />
dasZeitgeschehen wieder indirekt<br />
durch dieZusammenstellung von<br />
Nachrichten, Abdrucken aus engagierteren<br />
anderen Zeitungen oder eingekleidetinUnterhaltendes<br />
kommentiert,<br />
wobei man alsgleichsam den Tenor<br />
weisenden Leitartikel eine 1852<br />
gedruckte Fortsetzungsgeschichte:<br />
„Einpolitischer Traum (Aus Oberschwaben)“<br />
betrachten könnte, in der<br />
Eine Schnellpresse,wie sie erstmals<br />
1842 vonHelbig &Müller entwickelt<br />
worden ist undheute im Deutschen<br />
Museum in München(Foto) gezeigt wird,<br />
hielt später auchindie Produktion des Herrenberger<br />
Intelligenzblattes Einzug GB-Foto:gb<br />
ein Monarchintraumatischer Vision<br />
erfährt, dassseine zum allgemeinen<br />
Besten,zum Wohl des Ganzen gemachtenBemühungen<br />
durch<br />
dievielfältigen Unzulänglichkeiten<br />
derStaatsdiener und Beamten,der<br />
Juristen, Minister,<br />
Schreiber,der Lehrer und selbst<br />
der Pfarrer nicht greifen können<br />
unddeshalb in schon verständlichen<br />
Misskredit gerieten.<br />
Solchermaßen verhalten-indirekteBerichterstattung<br />
im Mittel<br />
redaktioneller Stoffauswahl charakterisiert<br />
freilichnur einen Akzentdes<br />
Blattes, dernoch dahingehend<br />
zu präzisieren ist, dass thematisch<br />
mehr und mehr das ganze<br />
Deutschland einbezogenwurde. Zugleich<br />
begannen andererseits Nachrichten<br />
aus dem eigentlichen Zielbereich:<br />
Stadtund Oberamt Herrenberg<br />
und ihr Umfeld, regelmäßigerenund<br />
umfangreicheren Niederschlag zu finden.Eslässt<br />
sich nicht an einem Datum<br />
fixieren,sondern ist alsProzesszu<br />
begreifen: Im Laufe des zweiten Jahrzehnts<br />
des Intelligenzblattes entsteht<br />
durchinnerredaktionelle Gewichtung<br />
die Lokalredaktion. Und damit wiederum<br />
korrespondiert, dass das Blatt seinen<br />
Stellenwertals Werbeträger nicht<br />
nur behaupten, sondern langsam, aber<br />
stetig ausbauen kann. Inzwischen auf<br />
einer zwölf Zentnerschweren Eisenpresse<br />
(Hagarpresse)gedruckt, lässt<br />
sichder Fortschritt derZeitung, das<br />
Werden zu einer festen Institution,<br />
nichtzuletzt auch an derzunehmendenZahl<br />
vonZusatzdrucken <br />
1998<br />
Oktober
Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite16<br />
Eine wertvolle<br />
Informationsquelle<br />
Einen besonderen Grund zum Feiern hat in diesem<br />
Jahrder „<strong>Gäubote</strong>“. Seit inzwischen 175 Jahren<br />
festinHerrenberg verwurzelt, ist dieTageszeitungeine<br />
wertvolle Informationsquelle fürdie<br />
Bürgerinnen und Bürger der Region und ein wichtiger<br />
Bestandteil in dervielfältigen Presselandschaft<br />
Baden-Württembergs.ImNamen der Landesregierung<br />
gratuliereich der Verlagsleitung sowie<br />
allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sehr<br />
herzlich.<br />
„Intelligenzblattfür den<br />
Oberamtsbezirk Herrenberg“–unter<br />
diesem Namenerschien<br />
am 7. Juli<br />
1838 dieerste Ausgabe der<br />
Tageszeitung, welche seitdem<br />
eine treue Leserschaft<br />
in Herrenberg und demGäu hat. Tagfür Tagversorgen<br />
die Redakteurinnenund Redakteure ihre<br />
Leserinnen undLeser zuverlässig mit aktuellen Berichtenaus<br />
Politik und Wirtschaftsowie Kultur<br />
und Sport. Doch auchEreignisse und Veranstaltungen<br />
in der Region kommen nicht zu kurz.<br />
Durch diese Vielfalt an Informationen und ihren<br />
DieZeitungstärktdas<br />
Heimatbewusstsein<br />
unddie Meinungsbildung<br />
Fokus auf lokale Berichterstattung stärkt dieZeitung<br />
dasHeimatbewusstsein und die öffentliche<br />
Meinungsbildung in Baden-Württemberg.<br />
Dass der „<strong>Gäubote</strong>“eine starke lokale Verwurzelung<br />
hat,zeigt sich nicht nur an seinem Namen,<br />
sondern auch an denredaktionellen Beiträgen,<br />
die dasLeben in Herrenberg und dem Gäu in den<br />
Mittelpunkt stellen. Miteiner Auflage von rund<br />
11 500 täglich verkauften Exemplaren gehört die<br />
Zeitung für zahlreiche Bürgerinnen<br />
und Bürger zur<br />
Pflichtlektüre.<br />
Heimatverbunden, weltoffen<br />
und geprägt voneiner<br />
engenBindung an seine<br />
Leserschaft –der „<strong>Gäubote</strong>“<br />
ist charakteristisch für<br />
die Region und unser Land. Er steht für175 Jahre<br />
Zeit-und Zeitungsgeschichte und ist aufgrund<br />
seines Schwerpunktesauf das Geschehen vorOrt<br />
auch im Zeitaltervon Internet und der weltweiten<br />
Verfügbarkeit vonInformationen eine wichtige Informationsquellefür<br />
die Bürgerinnen und Bürger<br />
in Herrenberg und demGäu.<br />
Für die Zukunft wünsche ich dem „<strong>Gäubote</strong>“,<br />
der Verlagsleitung sowie denMitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeitern weiterhin alles Gute und viel Erfolg.<br />
Winfried Kretschmann, Ministerpräsident<br />
des Landes Baden-Württemberg
Seite 17<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
Andreas Braun schließt mit<br />
seinem SohnJohann Georg<br />
einenTeilhabervertrag<br />
ablesen: Extrablätter für eiliges<br />
Amtliches, Beilagen im Umfang einer<br />
halben oder sogar ganzen Nummer für<br />
alles, was in derregulären Nummer<br />
nicht unterzubringen war,und vereinzelt,<br />
etwa 1855, erschien eine zweite<br />
wöchentliche Ausgabe. Der Drucker<br />
und Verleger warsichtlich akzeptiert<br />
und etwa seit dieser Zeit auch wirtschaftlich<br />
saniert, was beispielsweise<br />
in verstärkten geschäftlichen Aktivitäten<br />
zumAusdruck kommt, dievornehmlich<br />
im Buchhändlerischenlagen,<br />
aber auch den Versand- und Kommissionshandel<br />
vonHeilmitteln wie<br />
Tinkturen gegen Zahnschmerzenumfassen<br />
konnten.<br />
DerBetrieb also prosperierte, und<br />
man muss sich nochmals in Erinnerungrufen,<br />
dass es einreiner Familienbetriebwar.Seit<br />
1840 beziehungsweise<br />
1844 hatten die beiden älteren<br />
Söhne Samuelund Johann Georg dem<br />
Vater als Lehrlinge und Gehilfen zur<br />
Seite gestanden. Samuel<br />
schied 1847 aus der eigentlichen Druckerei<br />
aus und scheint einen<br />
Teil der redaktionellenArbeit<br />
übernommen<br />
zu haben. Ausseiner Federstammteüberviele<br />
Jahre meistens dasGedicht,<br />
mitdem dasBlatt<br />
einneues Jahr zu begrüßen<br />
pflegte,soauch<br />
1862, wo erstmalsLiverpoolals<br />
seine neue<br />
Heimat angegeben ist;<br />
hier betätigte er sich,<br />
wie es 1869heißt, als<br />
Maler,vermutlich aber<br />
auch als „Korrespondent“,<br />
der gelegentlich<br />
Beiträge etwa aus<br />
der Times übermittelte.Die<br />
Gründe seines<br />
Fortzugs sind unbekannt,<br />
er waraber<br />
kein Einzelfall in der<br />
Familie: Zwei jüngere<br />
Geschwister wanderten um die gleiche<br />
Zeit nach Amerika aus, wo sie sich<br />
in Motthaven nahe NewYorkniederließen,bewogen<br />
offenbar aus existenziellen<br />
Gründen und angeregt vielleicht<br />
durch dieWerbung der Auswanderungsagenturen,die<br />
so häufig im Erzeugnisdes<br />
Vaters zu lesen war.Die älteste<br />
Tochter indessen blieb und heiratete<br />
einen BuchbinderMarquardt,<br />
mit dem AndreasBraun in seiner Eigenschaft<br />
als Buchhändler zusammenarbeitete.<br />
ZurStützedes Buchdruckerbetriebs<br />
wurde der zweite Sohn Johann Georg.<br />
Nachdem er 1859 zur Hälfte Teilhaber<br />
unternicht mehr bekannten Vorbehaltsrechten<br />
des Seniors geworden<br />
war,wurde er zum 1. Juni 1863 völlig<br />
gleichberechtigter Partner desGeschäftes,das<br />
„unter allen Umständen<br />
nie getrennt werden“ und in dem bei<br />
„Anstandsfällen …nichts Eigenmächtiges,<br />
sondernimmer eine Uebereinkunftstattfinden“<br />
sollte; die Konzession<br />
verblieb demVater,der im Übrigen<br />
nur einen Lehrjungenanstellen durfte.<br />
Nach Johann Georgs Heirat mit der<br />
Zimmermannstochter Friederike Haar<br />
im Oktober 1863 vereinbarten Vater<br />
und Sohn am 1. Februar1864 zusätzlich,<br />
dass jeder der Teilhaber unbeschränkter<br />
Eigentümer seiner Hälfte<br />
sei und nach seinem Belieben darüber<br />
verfügen könne und dass im Falle eines<br />
Wegzugs oder Ablebens „an die<br />
betreffende Hälfte ein neuer Aufschlag“zumachen<br />
sei: „gründet sich<br />
also auf Gegenseitigkeit“.<br />
In derFolge sind Einfluss und Initiative<br />
desJüngeren merklich spürbar.Zugleich<br />
erlaubte die Einführung des<br />
„Landposten-Instituts“imOberamt<br />
seit dem 1. April 1864 die postalische<br />
BeförderunganAuswärtige, welche ihr<br />
Abonnement,das –imVoraus zahlbar<br />
–halbjährlich 51 Kreuzer kostete,<br />
beim Königlichen Postamt oder direkt<br />
bei den Postboten bestellen konnten;<br />
Porto oder Trägerlohn wurden übrigens<br />
anfangs nicht erhoben. Im Verein<br />
mit einer deutlichen Verbesserung der<br />
Aufmachung, namentlich desAnzeigenteils,<br />
scheintdies dieNachfrage<br />
beträchtlich erhöht zu haben.<br />
Seit dem1.Juli 1865 konnte das Blatt<br />
zweimaldie Woche, mittwochs und<br />
Johann Georg Braun, Buchdrucker<br />
und Verleger 1869 bis 1901<br />
samstags, erscheinen: „Da uns nun der<br />
Raum erlauben wird“, so diestolze Redaktion,<br />
„unsereLeser in allen Schichten<br />
der Gesellschaft besser alsbisher<br />
zu befriedigen, (wir) namentlich aber<br />
dem unterhaltenden Theil unsere ganze<br />
Aufmerksamkeit widmen werden,<br />
haben wirdie Ehre, uns bestens zu<br />
empfehlen und zu zahlreichen Abonnementsergebenst<br />
einzuladen.“ Ab 1.<br />
Januar 1866 wurde in diesem Sinne<br />
der Titel geändert in: „Amts-, Intelligenz-<br />
und Unterhaltungsblatt für den<br />
Oberamtsbezirk Herrenberg“, und<br />
1868 dann nochmals in „Herrenberger<br />
Amtsblatt. Intelligenz- undUnterhaltungsblatt<br />
fürden Bezirk“ –eine feinsinnigeUmtaufe<br />
gewiss, welche im<br />
Untertitelauf den Hauptzweck, im<br />
Obertitel aber,mit demDoppelsinn<br />
des Wortes „Amt“ spielend, mehr auf<br />
denEinzugsbereich abheben mochte.<br />
Und das beschreibt exakt denStellenwert,<br />
den dasBlatt unter derpartnerschaftlichen<br />
Arbeit von Vater und<br />
Sohn damals erreichte: Wareszunächst<br />
wieder offenergeworden für<br />
Artikelpolitischer Natur und vermehrte<br />
„Tagesneuigkeiten“, so festigte sich<br />
dieseLinie infolge des preußischösterreichischen<br />
Kriegs im Jahre 1866.<br />
In der Tendenz,<br />
wie<br />
nicht anders<br />
zu erwarten,<br />
großdeutsch<br />
und antipreußisch,<br />
spiegelte<br />
das Amtsblatt<br />
die politischen<br />
Emotionen<br />
wider,bot<br />
einForum für<br />
Leserstimmen,<br />
brachte Kriegsberichte<br />
(wie<br />
meistmit Hurra<br />
beginnend und<br />
wie so oft und<br />
diesmal rasch<br />
kläglich verstummend),<br />
Aufrufefür<br />
Soldatenspenden,<br />
Invalidenhilfe,Gefallenenanzeigen,<br />
Hinterbliebenentrost.Hier interessiert<br />
der Inhalt freilichweniger,
Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite18<br />
entscheidender ist, dass –anders<br />
als die zumeistpamphletische Artikulation<br />
1848 –seitdem Berichterstattung<br />
aufkommt und sich durchsetzt,<br />
dass Informationsbedürfnisse befriedigt<br />
werden,dass bald auch Besonderheiten<br />
und Höhepunkte desalltäglichen<br />
Lebens regelmäßiger schwarzauf<br />
weißdie Leserschaft erreichten. Kurz,<br />
am Ausgang der hier vorgestelltenZeit<br />
vermittelt die Lektüre eine Übergangszonezueiner<br />
neu zu gestaltenden Zeitung.<br />
…und erkannte nie<br />
dieganzeMachtund<br />
Bedeutung derPresse<br />
Am 30. März 1869 starb Andreas<br />
Braun aus Reutlingen, fast 31 Jahre<br />
langBuchdrucker und Zeitungsmacher<br />
in Herrenberg.<br />
Er hinterließ einimAufwind begriffenes<br />
Blatt und ein Vermögen von<br />
mehr als10000 Gulden, gutdas Zehnfache<br />
seines HerrenbergerAnfangs<br />
und runddas Neunzigfache dessen,<br />
waser1825 in seine Ehe eingebracht<br />
hatte.<br />
Samuel Braun, selbst inzwischen<br />
60-jährig,fasste 1888 in seinen Erinnerungen<br />
zum 50-jährigen Bestehen der<br />
Zeitung sein Urteil zusammen: „Mein<br />
Vater erkannte wohl nie dieganze<br />
Macht und Bedeutung der Presse und<br />
wäre vielleicht erschrocken, hätte er<br />
denWeltbrand der Gedanken, den die<br />
Presse nährt,gesehen. Er hat jedoch<br />
sein kleines Lämpchen getreulich gepflegt.“<br />
In der Tatdiente dasBlei derSetzmaschine,<br />
das –umein Wort Lichtenbergsaufzugreifen<br />
–die Welt mehr<br />
veränderthat als das der Kugeln, dem<br />
Gründer des Herrenberger Intelligenzblattes<br />
nicht als Medium zur<br />
Verbreitung von Ideen, die<br />
gestaltendininnergesellschaftlicheProbleme<br />
und<br />
Auseinandersetzungen eingreifen,<br />
aufVeränderung,<br />
Verbesserung –oder wie<br />
man es auch sonst firmierenmochte–zielten.Eine<br />
unpolitische Natur,war er<br />
ganz und gar Geschäftsmann<br />
und dazu Drucker<br />
aus Neigung: Vorstellungen<br />
und Preis des Druckereiwesens,<br />
mutmaßlich aus seiner Feder,finden<br />
sich öfter in seinem Blatt,<br />
Preisauch desNutzens,<br />
aber nicht im Sinne von<br />
Programmatischem, von<br />
großen Entwürfen oder<br />
ausSendungsbewusstsein,<br />
sondern klar zur<br />
Förderung des alltäglichen<br />
–und nicht zuletzt<br />
des eigenen –Geschäfts<br />
sowiezur Förderung, wie<br />
es heute heißt, alltäglicher<br />
Lebensqualität.<br />
DasGeschäft war sein<br />
Programm unddessen eine<br />
und spätereHauptsäule dasIntelligenzblatt.<br />
So gesehen,<br />
wusste er seine Presse unternehmerischmit<br />
Erfolg einzusetzen.<br />
Die„Macht“ des Gedruckten war nicht<br />
seinMetier und noch weniger sein<br />
Wollen, wenngleich naturgemäß nicht<br />
ausschaltbar.Aber es<br />
ist doch treffend gezeichnet, wenn Samuel<br />
Braunsich nur auf Konflikte aus<br />
den Tagen erinnert, als die Herrenberger<br />
sichanihre Zeitung gewöhnten<br />
und misstrauisch manches<br />
„unschuldige Kindlein“<br />
verfolgten. Anzeichen<br />
sprechen dafür,dass<br />
die nachwachsende Generation<br />
derGründerfamilie –<br />
nicht erstaus der Perspektive<br />
späterer Jahre –nicht immerdiesenStandpunkt<br />
teilte.ZuLebzeiten<br />
des Gründers<br />
galtjedochimWesentlichen<br />
das„Plangemäße“ und<br />
was diesich ändernde Zeit<br />
erlaubte. Politik, Kritik, Parteilichkeit,<br />
garKampf –dazu gab’s Wächter,Beobachter<br />
und Boten in Stuttgart<br />
oder etwa in Oberndorf,Reutlingen<br />
und anderswo. ■
Seite 19<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
Johann Georg Braun –Anfang in der zweiten Generation<br />
In neuer Gestalt<br />
mit neuemNamen<br />
zu neuenZielen<br />
D<br />
a„gut prädicirt und …seinem<br />
Gesuche keinerleiEinwendung<br />
im Wege“ stehe, erhielt „der junge<br />
Braun“, der am 30.Mai 1830 geborene<br />
Johann Georg, am 14.April 1869 von<br />
derKreisregierung die Gewerbekonzession,<br />
und es war ja in Ansätzen<br />
schon deutlich geworden, dass mitInitiativen<br />
zu rechnenwar,die denBetriebweiter<br />
voranbringen sollten. Fast<br />
umgehend annoncierte er nacheinem<br />
Lehrjungen, „auch vomLande“ und<br />
„ohneLehrgeld“, pries „Behörden,<br />
Herren Beamtenund Privaten“ seine<br />
Buchdruckerei an,welche, mit modernen<br />
Titel-, Schreib- und Zierschriften<br />
undsofort eingerichtet, geschmackvolle<br />
Arbeit zu möglichst billigen Prei-<br />
sen zu leisten vermöge. Nach demVerkauf<br />
des väterlichenHauses an die<br />
Witwe beziehungsweise Stiefmutter<br />
nahm er zum27. Juli Domizil im Hause<br />
seines Schwiegervaters Zimmermann<br />
Haarinder Tübinger Straße 138(nun<br />
11);eshatte vormals übrigens derFamilienüberlieferung<br />
zufolge just einem<br />
Kaufmann Vögele gehört, der<br />
stadtbekannt dasLeben eines Diogenes<br />
geführtund als Ratgeber empfohlen,<br />
AndreasBraun prophezeit hatte, dass<br />
sich in Herrenberg weder Buchdruckerei<br />
noch Zeitung halten könnten.<br />
Schon am 28.April erschien im<br />
Amtsblatteine Veröffentlichung der<br />
Redaktion ungewohnten Stils:<br />
„An unsere Leser!Nach erfolgtem<br />
Redaktionswechsel unseres<br />
Blatteshalten wiresals unerläßliche<br />
Pflicht, unserProgrammunsern<br />
verehrten Lesern<br />
in Nachstehendemdarzulegen.<br />
Wirwerden einstehen, soweit<br />
derbeschränkte Raum<br />
unseresBlattes es zuläßt, für<br />
einen gesunden, vernünftigen<br />
Fortschritt im bürgerlichen,<br />
Völker- und kirchlichen<br />
Leben; in der deutschen<br />
Frage sindwir für freie<br />
Vereinigung aller deutschen<br />
Stämme zu einemauf Volks-<br />
Souveränität beruhenden<br />
Bundes-Staateund sprechen<br />
mit Arndt: „Nicht Preußenland,<br />
nicht Bayerland, nicht<br />
Die Kreisregierung hatkeine Einwände:Nach dem Toddes Vaters bekommt<br />
Johann Georg Braun die Gewerbekonzession (unten). Ab 1872 erscheintdie neu<br />
gestaltete ZeitungimFolioformat –und erstmals als „Gäu-Bote“<br />
„Wir werden einstehen für gesunden,<br />
vernünftigen Fortschritt“<br />
Schwabenland etc. Nein! Das ganze<br />
Deutschland soll es sein.Daneben<br />
werden wirunsere Aufmerksamkeit<br />
auf gemeinnützigeund humoristische<br />
Aufsätze richten und unsern Lesern, so<br />
viel in unsern Kräften steht, etwas Interessantes<br />
und Pikantes zu bieten suchen.“<br />
Ungewohnt? Im Vergleich zu<br />
früher gewiss. Abereswar durchaus<br />
moderate Mehrheitslinie, und prüft<br />
man, ob und wie das„Programm“ realisiert<br />
wurde, so traf es zwar zu –sofern<br />
es –selten –direkt oder –wie gewohnt<br />
–indirekt Meinung bekundete.<br />
Auch erhielten die „Tagesneuigkeiten“,<br />
ab 1870 die„Tageschronik“ größerenRaum,<br />
im Ganzen jedoch präsentierte<br />
sich dergebotene Stoff umgekehrtzur<br />
Gewichtung der Ankündigung.<br />
Das„Daneben“ blieb Hauptsache:Gemeinnützigesund<br />
Humoristisches<br />
(„Ein Kapitel über die bösen<br />
Männer.Von einer Frau, diezum<br />
Emanzipationsvereingehört“), etwas<br />
Interessantesund Pikantes prägten<br />
entschieden dasBild, und dazu natürlich<br />
dasblühende Anzeigengeschäft:<br />
Vonihnen wurde bestimmt, was„der<br />
beschränkteRaum zuließ“.<br />
Wie schon 1866 derpreußischösterreichische<br />
fanddann auch der<br />
deutsch-französische Krieg 1870/71<br />
besonderen Niederschlag. Müßig zu<br />
wiederholen, wasinder Zeitung stand<br />
–esbietetkeinen Anlass, die Mentalitätvon<br />
Zeitung und Bevölkerung zu<br />
spezifizieren, lag ganz auf der Woge<br />
des allgemeinen Patriotismus, Bismarck<br />
–eben noch verhasst –nunmehr<br />
hoch gepriesen („wird’s schon<br />
rechtmachen“), patriotisch auchdie<br />
Soldaten- und Gefangenenhilfe.Wiederum<br />
ist wichtiger,<br />
dass dieAktualität<br />
die Berichterstattung<br />
leitete, Anzeigen und<br />
die üblichen Beiträge<br />
beträchtlich eingeschränktwurden,<br />
dass letzte Meldungen und Depeschen,<br />
wenngleich im Abdruck anderer<br />
Organe, Eingang auch in dieses<br />
Blatt fanden, dass nach demÜbergang<br />
zur „Normalität“ Spuren verblieben.<br />
Und das schien Johann Georg Braun<br />
nutzen zu wollen.Erwarb zunächst<br />
um „freie Mitarbeiter“ und bot im Juni<br />
1871 erstmals an, Beiträge „auf Verlangen“zuhonorieren,<br />
und zum Jahresende<br />
kündigteersodann dieNeugestaltung<br />
derZeitung an.<br />
Die von„Expedition und Redaktion“<br />
gezeichneteAnnonce in eigener Sache<br />
lautete: „Vom 1. Januar 1872an,<br />
<br />
1969 April<br />
www.autohaus-schechinger.de<br />
Herrenberg ·Maybachstraße 6·T:07032-94275<br />
Wildberg-Sulz ·ImFlöschle 18 ·T:07054-92322
Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite20<br />
wird das vorliegende Blatt unter<br />
dem Titel: Der ’Gäu-Bote’ aufs Neue<br />
erscheinen und seinen ursprünglichen<br />
Titel: Herrenberger Amts- und Intelligenz-Blattinuntergeordneter<br />
Weise<br />
mitführen. Der künftige ’Gäu-Bote’<br />
wird mit neuer rüstiger Kraft das zu erstreben<br />
suchen, wasjeder Billigdenkende,<br />
dengegebenen Verhältnissen<br />
entsprechend,sich wünschen kann.<br />
Außerden bisherigen Rubriken werdeninsbesondere<br />
auch dieVerhandlungen<br />
des K. Kreisstrafgerichts Calw<br />
mitgetheilt. Der ’Gäu-Bote’ wird ferner<br />
Gemeinnütziges für Haus- und Landwirtschaft,<br />
Unterhaltendes und Belehrendes,<br />
überhauptJedem Etwas bringen.<br />
Selbstredendhängt dieAusführung<br />
dieses Programms davon ab, daß<br />
der ’Gäu-Bote’ auchüberall aufgenom-<br />
Jung’ und Alte,Mütter, Greise<br />
Grüßet er in seiner Weise,<br />
Sucht sie allenthalben auf;<br />
Sammelternstlich seine Kräfte,<br />
Sorgt, wie er die Blicke hefte<br />
Aufsein Blattimneuen Lauf.<br />
Ichwill höflich es probiren:<br />
Laden einzum abonniren<br />
Mann undFrau undFreund undFeind.<br />
Nehmet Ihr Abonnemente<br />
Mache meine Complimente,<br />
Somit sind wir schon vereint.<br />
Feinde muß dabei ich haben,<br />
Die sindmeine werthen Gaben,<br />
Sie nur schenken klaren Wein;<br />
Wenn des Hasses Wortemüssen<br />
Über ihre Lippen fließen,<br />
Werden sie mir Balsam sein.<br />
Diesedem eigenen Nutzen förderlicheHebung<br />
des Gemeinwohls wird im<br />
folgenden ganz mit denüblichen<br />
Stichworten umrissen: Nachrichten;<br />
„wieman mehret seine Gelder“; Erziehung<br />
undBildung; Glaube: nationales<br />
Bewusstsein; „Wirdmir alles nicht gelingen,wird<br />
mich dennoch niemand<br />
bringenvon des neuen Zieles Bahn.“<br />
wachsenden Leser- und Abonnentenkreisanzeigt.<br />
So lag es denn nahe,<br />
auchdie fortgeschrittenen technischen<br />
Möglichkeitenzunutzen. Bereitsimfolgenden<br />
Jahr installierte der<br />
Verleger eine Schnellpresse, die 1200<br />
Drucke je Stunde fertigte; das45Zentner<br />
schwereGerät hielt<br />
men und ihm immer mehr Aufmerksamkeitgeschenkt<br />
werde, damit auch<br />
er seinePflicht thun kann. Sollte er das<br />
Glückhaben, eine erkleckliche Zahl<br />
neuerFreunde und Gönner zu finden,<br />
so kann er versprechenund halten,<br />
noch öfterkommen zu wollen.“<br />
Am 3. Januar 1872 waresdann so<br />
weit:ImFolioformat –also in doppelterGröße<br />
des ursprünglichen Intelligenzblattes<br />
–erschien die Nummer 1<br />
des„<strong>Gäubote</strong>“, und zwar mitdem zusätzlichenUntertitel„Organ<br />
deslandwirthschaftlichen<br />
Bezirks-Vereins“.<br />
Sein Programm und den im 35.Jahrgang<br />
stehenden Neuling stellte Johann<br />
GeorgBraun vor,indem er sich als Verseschmiedversuchte:<br />
Nach der allerneusten Mode<br />
Trittdes Gäues neuer Bote<br />
Durch desneuen Jahres Thor<br />
In des Reichen Hauses Mitte,<br />
Wie auch in des Armen Hütte,<br />
Bietet seinen Grußzuvor.<br />
Denn dienicht sich abonniren,<br />
Thun mich ja auch nicht geniren,<br />
Lassenmir die freie That;<br />
Kann sie loben, kann sie schelten,<br />
Ihnen wird’s dasBlattnicht melden,<br />
Habenkeinen guten Rath.<br />
Wie die Welschen über’m Rheine<br />
Lerntenjüngst von uns das Eine,<br />
Daß nur Einheitmachet stark,<br />
Wie gekämpftwir und gestritten,<br />
Bis gesiegt und ausgelitten,<br />
Bis geschüzt waruns’re Mark.<br />
So auchwollen wir nun streiten<br />
Und uns wehren noch beiZeiten<br />
Für desGäues wahres Recht,<br />
Bis wirhaben Eisenbahnen,<br />
Daß wirschöne Zukunftahnen,<br />
Sind einglückliches Geschlecht.<br />
Wollen uns zusammenschaaren,<br />
Daßder Bote,jung an Jahren,<br />
Lauft, wie And’re überall;<br />
Sich umsonst nicht muß bemühen,<br />
Sondern kann vomGäu herziehen<br />
Seiner Leserreiche Zahl.<br />
Wird ihm dann sein Röcklein enger,<br />
Machter’s weiter undauch länger,<br />
Gehetauch noch öfters aus;<br />
Sorget so für seine Kassen,<br />
Aber, ohne lang zu spassen,<br />
Sorgt er auch für Euer Haus.<br />
Der Name „<strong>Gäubote</strong>“ ist sicher als<br />
Analogiebildung zum „Schwarzwälder<br />
Bote“ zu verstehen, jenem zeitweilig<br />
ebenso erfolgreichenwie kämpferischen<br />
Unikum in dersüdwestdeutschenPressegeschichte<br />
aus Oberndorf<br />
am Neckar.Erbekundete eine territorialeAbsteckung.<br />
Inhaltlich hieß das<br />
konsequenterweise eine Ausrichtung<br />
an den Interessen<br />
Ausrichtung an<br />
den Interessen<br />
der Zielgruppen<br />
der Zielgruppen, was<br />
vorsichtige, verlegerische<br />
Einflussnahme<br />
natürlichnicht ausschloss.<br />
Infolgedessenwar<br />
zunächst das, wasgeboten<br />
wurde, keineswegs so neuwie angekündigt,<br />
und es fällt auf,dass ein früher<br />
Versuch, in der Gestaltung zu einer<br />
Standardisierungder Rubriken: Ankündigungen,<br />
Neuigkeiten, Unterhaltung<br />
und Belehrung, Anzeigen, wieder<br />
zugunsten desgewohnten Bildes, nur<br />
eben im doppeltenUmfang, aufgegeben<br />
wurde. DieRechnung Brauns ging<br />
jedoch auf, ablesbar nicht zuletzt daran,<br />
dass ganze Nummern öfter allein<br />
mit Anzeigen erschienen,was einen<br />
freilich nicht, was es versprach,<br />
undmusste schon nach kurzer Zeit<br />
durchein neues ersetzt werden.<br />
Es sei nun der Versuchung widerstanden,<br />
jedeneinzelnen Schritt in der<br />
äußerenwie inneren Entwicklung, die<br />
das Blattinder Folge nahm, zu vermerken,<br />
so etwa denRückgriff auf das<br />
alte Format 1873 bis1884 oder die<br />
noch einige Male vorgenommene Änderung<br />
des Untertitels oder Kopfes,<br />
die wohl nur optisch<br />
begründetwaren,<br />
oder Verbesserungen<br />
im grafischen Bereich<br />
namentlichbei den<br />
Inseraten oder endlich<br />
die Spiegelung des Zeitgeschehens,<br />
die nichts Außergewöhnliches,<br />
bedingtetwa durch einen Sinneswandel<br />
desVerlegers und Redakteurs, zu<br />
erkennen gibt. Bemerkenswert scheint<br />
allein,dass –ingewisser Parallele zum<br />
Gründer Andreas Braun –mit einiger<br />
Zähigkeit, aber ohne großen Wurf das<br />
Konzept gefestigt und ausgeformt<br />
wurde, dass dieZeitung sich im Gäu<br />
fest verankerte und schließlich expandierte.<br />
Vom1.April 1891 ab konnte<br />
siedreimal wöchentlich<br />
<br />
1963<br />
Juni<br />
1976<br />
September
Seite 21<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
erscheinen: dienstags,<br />
donnerstags und samstags,<br />
und zwarohne Erhöhung<br />
des Preises, derinzwischen<br />
vier Mark jährlich betrug;<br />
und ganz,wie zu erwarten<br />
stand, warb Johann Georg<br />
Braundamit, „die politischenund<br />
sonstigen Tagesereignisse<br />
rascherund in<br />
größerem Umfang zu melden<br />
und auchden unterhaltenden<br />
Teil erheblich auszubauen“,<br />
zu welchem Zweck<br />
er bereits„eine Anzahl hübscherErzählungen<br />
beliebter<br />
Autoren“ erworben hatte.<br />
Genau dies wurde in der<br />
Folge in der nunmehrinder<br />
StuttgarterStraße residierenden<br />
Redaktion und Druckerei<br />
produziert.<br />
Da Johann GeorgBraun<br />
um dieseZeit zu kränkeln<br />
begann, stellte sich die Nachfolgefrage.<br />
Am 10.Juli 1894 zeichnete erstmals<br />
sein einziger,knapp 30-jähriger<br />
Sohn Theodor Samuel als verantwortlicher<br />
Redakteur. Er veranlasste, am<br />
20. Septemberangekündigt, zwei<br />
Neuerungen: nämlich denAnschluss<br />
an ein telegrafisches Büro, wasdie damals<br />
schnellste Nachrichtenübermittlung<br />
erlaubte,sowie dieGründung einer<br />
samstäglich erscheinendenillustrierten<br />
Unterhaltungsbeilage mit<br />
dem Titel „Herrenberger<br />
Unterhaltungsblatt“,<br />
welches<br />
„durch höchst spannende<br />
Erzählungen<br />
vonden hervorragendsten<br />
Schriftstellern<br />
und prachtvolle,<br />
interessante Illustrationen<br />
vonden bedeutendsten<br />
Künstlernwie<br />
durchihren<br />
sonstigen reichenInhalt<br />
ein gern gesehenerGastinjeder<br />
Familie“<br />
werden sollte<br />
Theodor Samuel Braun<br />
(1864 –1898), Schriftleiter<br />
ab 1894 biszuseinem Tod<br />
und im Oktober mit<br />
der amerikanischen<br />
Kriminalerzählung<br />
„Ein jähes Ende“ debütierte.<br />
Er vergrößerte in<br />
der Folge das Format –der<br />
„<strong>Gäubote</strong>“ wurde nun dreispaltiggesetzt,<br />
vermehrte<br />
und verbesserte namentlich<br />
den Nachrichtenteil und<br />
schufsomit den Übergang zur<br />
„modernen“Zeitung. Früh jedoch<br />
gesundheitlich zerrüttet,<br />
starb er bereitsam25. März<br />
desJahres 1898.<br />
Die Zeitung stand nicht still.<br />
Kurzfristig<br />
sprang derVaterein,<br />
dann übernahm<br />
zum14. April<br />
die RedaktionnebenberuflichRektor<br />
Georg<br />
Hermann Kläger,<br />
dessen persönliche<br />
Note im Abdruck<br />
„sinniger“ Gedichte<br />
zum Ausdruck kam.<br />
Nach knapp einem<br />
halben Jahr gab er<br />
seinAmt wegen Arbeitsüberlastung<br />
auf.<br />
An seine Stelle trat<br />
am 3. November der<br />
Geschäftsführer des<br />
Verlags, Gustav Fischer.<br />
Gustav Fischer,Sohn eines Schneidermeisters<br />
ausÖhringen, heiratete<br />
am 25. Februar 1899 Pauline Braun<br />
und erwarb –wie seinerzeit der<br />
Schwiegervater –um9000 Mark die<br />
Hälfte an Anwesenund Druckerei. Am<br />
18. Juni 1901 wurde er Inhaber derFirma,<br />
welche unter „Gustav Fischer,vormalsBraun’sche<br />
Druckerei“ in das<br />
Handelsregister eingetragen wurde.<br />
Das Ende einer Ära und<br />
ein neuer Aufschwung<br />
Am 28. Mai1903 verstarb Johann<br />
GeorgBraun, nachdem ihn schwere<br />
Krankheit in denletzten Jahren seines<br />
Lebens immer mehr von der Umwelt<br />
Die Nachrichten werden schneller:<br />
Ab 1894 bestehtAnschluss an<br />
die Telegraphen-Station (unten);<br />
zugleich wird der Unterhaltungsteil<br />
ausgebaut (links)<br />
abgeschlossen hatte.<br />
Auch derWechsel in die dritte Generation<br />
derGründerfamilie brachte<br />
der Zeitung neuen Aufschwung. Äußere<br />
Höhepunkte waren insbesondere<br />
das Erscheinen viermal die Woche seit<br />
1904 undsodann die Errichtung eines<br />
Neubausander Horber Straße 9, welcher<br />
Ende März 1905 bezogenwerden<br />
konnte undfür dieDauer gutder Zeitspanne,<br />
die das Blattschon erlebt hatte,<br />
das„<strong>Gäubote</strong>-Haus“ bleiben sollte.<br />
Zwei Monate später war hier dieRedaktion<br />
auch telefonisch zu erreichen.<br />
DasBlattselbst, nunmehreineVignette<br />
derGäuzentrale Herrenberg im<br />
Kopf tragend, erschien seit dem letzten<br />
Quartal 1908 in abermals beträchtlich<br />
vergrößertem Format. Eine<br />
Änderung desTitels 1909 in „Gäu- und<br />
Ammertalbote“sollte gewiss <br />
Ihr Goldschmied im Gäu<br />
Wir gratulieren dem „GÄUBOTE“<br />
zum 175-jährigen Jubiläum<br />
GOLDSCHMIEDE ·UHRMACHEREI ·DIAMANTFACHMANN ·HERRENBERG ·BRONNGASSE 15 ·TELEFON (0 70 32) 52 71
Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite22<br />
weitere Leser auf dem Lande ansprechen,<br />
und tatsächlich gelang es in<br />
denrund 18 Jahren, in denen Fischer<br />
das Unternehmen leitete, die Abonnentenzahl<br />
um dasFünffache zu erhöhen.<br />
Mit dentechnischen Verbesserungen,<br />
einer wesentlichen Voraussetzung<br />
für weitere Expansion, einher<br />
ging abermals eine Umgestaltungder<br />
Zeitung, diedas von Theodor Samuel<br />
BraunEingeleitete fortführte. Konsequentwurde<br />
die Berichterstattung<br />
ausgeweitet, gegliedert vom Bezirk<br />
überWürttemberg und das Reichzum<br />
Ausland, abgerundetdurch besondere<br />
Das im Jahr<br />
1905 bezogene<br />
„<strong>Gäubote</strong>“-Haus in<br />
der Horber Straße 9<br />
Gustav Fischer,Verlagsinhaber<br />
und Schriftleiter von1901 bis 1918<br />
Ereignisse des Weltgeschehens. Kurz,<br />
insoweit modernisiert und auf einen<br />
neuen Stand gebracht, erhielt die Zeitung<br />
ein nüchterneres Erscheinungsbild,<br />
wandelte sich primär zum Nachrichten-<br />
und danebennatürlichauch<br />
Werbeträger,wobei überlokale und<br />
Auslandsnachrichtennach wievor aus<br />
anderen Presseorganenzusammengestellt<br />
wurden.Inder Grundeinstellung<br />
zwar strikt konservativ,war Fischer jedoch<br />
sichtlichumunparteiische Auswahl<br />
undDarstellung bemüht, Extravaganzen<br />
vermeidend;inlokalen Angelegenheitenist<br />
dieEinstellung<br />
durchaus als allseitiges Wohlverhalten<br />
zu charakterisieren. Er selbst bezeichnete<br />
1918 anlässlich des Wechsels in<br />
der Verlagsleitung diese Linie als<br />
Grunddes Aufblühens derZeitung.<br />
Wahrscheinlich zu Recht, denn es bot<br />
dem Spektrum seiner Leserschaft offenbar<br />
Gelegenheit, sich mit ihm zu<br />
identifizieren, wenngleich gelegentliche<br />
inhaltliche Blässe nicht zu leugnen<br />
ist.<br />
Die starken Posen, das Säbelrasseln,<br />
diestürmische Siegeszuversicht eines<br />
militärischenSpaziergangs, die Feindbilder,der<br />
Kampf,das Durchhalten,<br />
diemiserable Versorgungslage, Front<br />
undHeimatfront –all das bestimmte<br />
Von1905 bis1909 ziert–erstmals –die Stiftskirche den Titelkopf<br />
seit dem Sommer 1914 die Themen<br />
derZeitung und ihrer Sonderblätter,<br />
die über dieKriegslage unterrichteten<br />
und auchbei den Bürgermeisterämternangeschlagen<br />
wurden. 1918, zum<br />
70. Geburtstag König Wilhelms, erschien<br />
eingeradezu liebevoll gezeichnetesPorträt.<br />
Im Hochsommer wurden<br />
zwei „Kriegsnummern“ veröffentlicht,<br />
die, ein wenig heimatlich getränkt,<br />
an die im Felde stehendenVäter,Brüder<br />
oder Söhne geschickt werden<br />
sollten. DasEnde und die Revolution<br />
finden eher gedämpften, resignativen<br />
Niederschlag, Ruhe war Bürgerpflicht,<br />
und es wird festgehalten,dass<br />
sozialdemokratische Redner in Herrenberg<br />
sich fürRuhe und Ordnung<br />
aussprachen, welche auch nirgends<br />
gestörtwurden. Am 28. Dezember<br />
bringt eine Wochenrundschau gleichsam<br />
mit derFunktion einesLeitartikels<br />
die Ansichtdes Herausgebers zum<br />
Ausdruck: gegen Unruhestifter aller<br />
Couleurund mit durchaus skeptischen<br />
Untertönen,imTon nachseiner Art<br />
gemäßigt.<br />
Diese Haltung und die zu erwartendenwirtschaftlichen<br />
Schwierigkeiten<br />
mögenFischer bewogen haben, im 80.<br />
Jahr desBestehens seiner Zeitung aufzugeben.<br />
Unvermittelt kündigt Theodor<br />
Körner,Buchdruckereibesitzer in<br />
Stuttgartund Landtagsabgeordneter,<br />
am 18.Dezember 1918 dieÜbernahme<br />
des„Gäu- und Ammertalbote“<br />
zum 1. Januar 1919 an. In seinem<br />
Schlusswortzum 30. desMonats unterstrich<br />
Fischer sein langjähriges Bestreben,<br />
„denAnforderungen und<br />
Wünschen von Stadt und Bezirk HerrenberginunparteiischerWeise<br />
nach<br />
Möglichkeit gerecht zu werden“. ■<br />
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Seite 23<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
Theodor Körner: Wusste um Macht undBedeutung der Presse<br />
Ein neues Blatt<br />
wird aufgeschlagen<br />
E<br />
swar nicht einfach eine Stabsübergabe,<br />
es wurde in der Tatein neues<br />
Blatt aufgeschlagen. Und das lag an<br />
der Person desneuen Inhabers: Theodor<br />
Körner nämlich wusste um Macht<br />
und Bedeutung der Presse.<br />
Am 21.Dezember 1863 in Lauffen<br />
am Neckar alserster Sohn desJohann<br />
Christian(1834 –1900) und der ChristianeKörner<br />
geb. Wenzel (1839 –<br />
1907)geboren, wuchs Körner seit<br />
1864 in Stuttgartauf,woder Vater eine<br />
Schreinerei und Glaserei betrieb,<br />
sich in seinen späterenJahren –rasch<br />
für neue Pläne zu begeistern, aber<br />
nicht immer glücklich in der Ausführung<br />
–auch als Bauunternehmer betätigte.<br />
Der Sohn absolvierte einekaufmännische<br />
Lehre, besuchte die kaufmännischeFortbildungsschule,<br />
war<br />
kurzfristig in derFirma eines Wilhelm<br />
Wiedemann beschäftigt und siedelte,<br />
1883 vom aktiven Militärdienstbefreit,<br />
nach Immenstadt/Allgäu<br />
um,<br />
wo er in derBindfadengroßfabrik<br />
Hagenauer &Denk<br />
Arbeit fand.<br />
Bereits1885<br />
gründete Theodor<br />
Körner zusammen<br />
mit seinem gleichaltrigen Freund Berthold<br />
Bender in Stuttgart ein „Graphisches<br />
Institut“, verbunden mit Galvanoplastikund<br />
Vernicklung. Am 31.Juli<br />
1888 heiratete er Klara Ziegler,Tochter<br />
des Stuttgarter SeifensiedersAugust<br />
Ziegler, derim70er-Krieg durch<br />
Armeelieferungenzueinigem Wohlstand<br />
gelangtwar.Schon im folgen-<br />
den Jahr erlitt dasGemeinschaftsunternehmenSchiffbruch:<br />
Körner führte<br />
nun das Geschäft, nämlich „Xylographie<br />
und Klischeefabrikation“, alleine<br />
fort und scheint sich schonbald darauf<br />
zugleich als Buchdrucker betätigt zu<br />
haben. Es warenbescheidene, um<br />
nichtzusagen schwierige Anfänge,<br />
doch entwickelte Körner in diesen Jahren<br />
dieihn zeitlebens kennzeichnende<br />
zielstrebige Zähigkeit, mit der er Hindernisse<br />
und Rückschläge anzugehen<br />
pflegte.<br />
Im Februar1893 gehörte Theodor<br />
Körner zu denwürttembergischen<br />
Vertretern auf der Berliner Gründungsversammlung<br />
des Bundes der<br />
Landwirte, derimfolgenden Monat eine<br />
besondere Abteilung fürWürttemberg<br />
erhielt und als eine Interessenorganisation<br />
mit dem Ziel entstand, die<br />
von Reichskanzler v. Caprivi betriebene<br />
Freihandelspolitik mit der Lockerung<br />
der landwirtschaftlichen<br />
Schutzzölle zu revidieren.<br />
Zum1.Oktober<br />
1895 wurde<br />
eine Geschäftsstelle<br />
im Hause Körners<br />
errichtet, ihm<br />
selbst dieGeschäftsführung<br />
übertragen und der<br />
Auftrag erteilt, einBundesblatt herauszugeben,<br />
dasdie Mitglieder statt<br />
des bisherigen in Berlin erscheinenden<br />
Bundesorgans beziehen sollten.<br />
Die Aktivitäten TheodorKörners im<br />
Dienstedes Bundes der Bauern und<br />
Weingärtner, wieesbald hieß, wären<br />
einereigenen Abhandlung wert. In<br />
Der Landtagsabgeordnete Theodor Körner (1863 bis 1933) macht den „<strong>Gäubote</strong>“<br />
ab 1919 zum Sprachrohr des „Bauern- und Weingärtnerbundes“<br />
diesem Zusammenhang bleibt festzuhalten,<br />
dass er entschieden denDruck<br />
als Mittel zumZweck einzusetzen gewillt<br />
warund hierzu seinen Verlag<br />
langsam, aber stetig ausbaute. Die<br />
wichtigsten Erzeugnisse waren in der<br />
Folge„Der schwäbische Landmann“<br />
mitillustrierter land- und hauswirtschaftlicher<br />
Beilage, bald schoneine<br />
Wochenschrift, derKalender „Der<br />
Württembergische Bauernfreund“<br />
(ein Kalender,aufbewahrt und immer<br />
mal wieder gelesen, besitzt besondere<br />
Werbewirkung), die „Süddeutsche<br />
Schäfereizeitung“ ab 1911 und sodann<br />
namentlich die 1913nach Einstellung<br />
der „DeutschenReichspost“ gegründete<br />
„Schwäbische Tageszeitung“, die<br />
zumHauptorgan des Bundes wurde.<br />
Und fürdiesenzog Körner1907 in den<br />
Landtagein.<br />
Das politisch-publizistische Konzept<br />
gingjedoch noch weiter.Umdie politische<br />
Arbeit zu intensivieren, sollte<br />
gewissermaßenzweigleisig gefahren<br />
und–in Ergänzung und im Zusammenspiel<br />
mitden zentralen Veröffentlichungen<br />
–auchauf lokaler Ebene <br />
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Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite24<br />
Silvester 1918: Theodor KörnerwirbtfürseinneuesBlatt<br />
Fuß gefasst werden. Aufgrund solcherÜberlegungen<br />
übernahm Körner<br />
1908 den in Schrozberg in württembergisch<br />
Franken in eine Krise geratenen<br />
„Fränkischen Volksfreund“, welcherals<br />
Kopfblatt der„Deutschen<br />
Reichspost“ erschien unddessen Fertigungsbetrieb<br />
bis 1914zueiner Filiale<br />
ausgebaut werden konnte.<br />
Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges<br />
brachte empfindliche Rückschläge,<br />
innerbetrieblichzunächst insofern,<br />
alsdie den vielbeschäftigten Senior<br />
entlastenden vier Söhne eingezogen<br />
wurden unddie Töchter einspringen<br />
mussten. Hinzu kamen Anfeindungen<br />
wegender scharfen Bekämpfung der<br />
Zwangswirtschaft,der strengen Erfassunglandwirtschaftlicher<br />
Produkte<br />
durch dieBehörden, und mitKriegsende<br />
schließlich nochdie Erkenntnis,<br />
dass derFilialbetrieb bei denherrschenden<br />
Verhältnissen und auch wegen<br />
der Entfernung<br />
zur Zentrale nicht aufrechterhalten<br />
werden könne.<br />
Infolgedessensuchte Körner in den<br />
Oberämtern Leonberg undHerrenberg<br />
nach einem neuen Standort für<br />
denFilialbetrieb. DieWahl warbereits<br />
auf Bondorf gefallen, alsdas Angebot<br />
eintraf, den „Gäu- und Ammertalbote“<br />
zu übernehmen. Es wurde fast umgehend<br />
perfektgemacht und Körner somit<br />
Besitzer einer etablierten Zeitung<br />
mit fester und wachsender Leserzahl,<br />
dazu ansässig im Zentrumeiner landwirtschaftlich<br />
geprägtenRegion, wo<br />
ein seinen Zielvorstellungen geneigtes<br />
Publikum erwartet werden konnte.<br />
Der „<strong>Gäubote</strong>“ wurde also in den<br />
Dienst desBauern- und Weingärtnerbundes<br />
gestellt, wassymbolisch sogleich<br />
durch eininden Kopf gerücktes<br />
Emblem zum Ausdruck kam, und wandeltesich<br />
damit zu einem Interessenbzw.Parteiorgan,<br />
das ab dem 1. Januar<br />
1919, voneinigen vorübergehenden<br />
Schwierigkeiten abgesehen, alsTageszeitung<br />
erschien. Der Inhaber, Vorsitzender<br />
desBundes, dersich in diesem<br />
Jahr alsPartei konstituierte, und seit<br />
1920auch Reichstagsabgeordneter,<br />
übertrug die Schriftleitung seiner am<br />
5. Dezember 1898 geborenen Tochter<br />
Helene,die sich schon während des<br />
Weltkriegs im Stuttgarter Betrieb ins<br />
Metiereingearbeitethatte.Die technische<br />
Leitungübernahm derFaktor<br />
August Jedele, der vonSchrozberg<br />
übersiedelte.Mit dem7.Juli 1922,<br />
kurz vor seinerHochzeit mitHelene<br />
Körner,übernahm dann der künftige<br />
SchwiegersohnKarl Merz die<br />
Schriftleitung des Blattes, dessen<br />
technische Grundlagen –sodurch<br />
Anschluss an die Elektrizität –weiterhin<br />
verbessert wurden und das<br />
mitzwei Beilagen: „Sonntagsglokken“<br />
und„Feld und Garten“, seine<br />
Lesererreichte.<br />
Dass dieDemokratie sich nicht<br />
verwurzeln konnte, dass sie–ungewohnt<br />
und ungelernt –auch<br />
im Organ desrechtsstehenden<br />
Bauern- und Weingärtnerbundes<br />
einen schweren und<br />
manchmal keinen Stand hatte,<br />
istheute als bekannt vorauszusetzen,<br />
undfolglich nimmt eine völkischkämpferische<br />
Tonart mit einem ersten<br />
Höhepunkt im Krisenjahr 1923 durchaus<br />
nicht wunder.Aber dieZeitung<br />
war keineswegsuniform. Es lohnt sich,<br />
genauerhinzusehen, und zwar auf beide<br />
Körner’schen Tageszeitungen. Der<br />
Verleger selbst gestaltete mit, wardirekt<br />
etwadurch kommentierende<br />
„Briefeaus dem Reichstag“ und Leitartikelpräsent,<br />
indirekt immer wieder<br />
durch dieBerichterstattung über die<br />
zahlreichen Veranstaltungen, an denen<br />
er teilnahm. Stets klar und entschieden,dazu<br />
deutlich einGespür für<br />
die Stimmung der„Basis“ verratend,<br />
war seine Einstellung im Ganzen mäßigend<br />
und ausgleichend. Die Schriftleiter,voran<br />
sein gleichnamiger ältester<br />
SohninStuttgart, agierten indessen<br />
um einigesradikaler.Beides half im<br />
Jahr der Inflation über diewirtschaftlichen<br />
Schwierigkeiten: Alsman –nicht<br />
unangefeindet, aber auch nicht unüblich<br />
–vom Sommer biszum Höhepunkt<br />
im November (eine Zeitung: 30<br />
Milliarden Mark) den Geldwert der<br />
BlätterinGetreidenahm, weil man<br />
nicht zu solchen Betrieben gehöre,<br />
„die mitrussischem Geld arbeiten“<br />
sollten, und als mannach etlichen Abbestellungen<br />
in Herrenbergübrigens<br />
den ersten „Schaukasten“einrichtete.<br />
Undesführte vor allem zum Erfolg der<br />
Wahl des Jahres 1924, als deren Ergebnisder<br />
Bauern- und Weingärtnerbund<br />
mit Zentrum und Bürgerpartei eine<br />
Koalition bilden konnte und Theodor<br />
Körner für vier JahreLandtagspräsident<br />
wurdeund maßgeblichen Einfluss<br />
auf die Regierungspolitik nahm.<br />
Januar 1919: Eine Wahlanzeige<br />
im Stileder Zeit<br />
Dem Mann, dessen Ansehen nun<br />
seiner Höhe entgegenging,bescheinigtendie<br />
Zeitgenossen nicht zuletzt<br />
großeHilfsbereitschaft. Ein Beispiel<br />
besonderer Art findet sich hierfür am<br />
10. April 1923 im „<strong>Gäubote</strong>“: Es wurde<br />
zu einer Spendenaktionaufgerufen für<br />
einenaus Unterjettingen <br />
Schöner<br />
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Seite 25<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
stammenden mittellosen Greis,<br />
dessen Familiedurch einen Justizirrtum,<br />
densein fälschlich der Brandstiftungbezichtigter<br />
Vaterinden 60er<br />
Jahren des19. Jahrhunderts erlitten<br />
hatte, in dauernde Notgeraten war.<br />
Die „GoldenenZwanziger“, jenes<br />
halbeJahrzehnt 1925 –1929 mitwirtschaftlicher<br />
Besserung zwischen Inflationund<br />
Deflation, sind alsder Höhepunkt<br />
des „alten <strong>Gäubote</strong>“ anzusehen.<br />
Es ist natürlich überspitzt formuliert,<br />
kennzeichnet aber zutreffend den<br />
Stellenwert, den das Blattindiesen<br />
Jahrengewann: „Im Gäu dachte man<br />
wie in Herrenberg, und in Herrenberg<br />
dachte man wieder ’<strong>Gäubote</strong>’“ –freilich<br />
nur jenegroße Mehrheit, welche<br />
im Blattdie Interessen der Landwirte<br />
und des Mittelstandes, so eine Selbstanzeige,<br />
handfestvertreten fand und<br />
zudemmit dem demokratischen<br />
Volksstaat nichts im Sinn hatte, sich<br />
mit der Weimarer Verfassung nicht abfinden<br />
konnte.<br />
Die Landtagswahldes Jahres 1924<br />
hatteden Bauern- und Weingärtnerbund<br />
zwar zurzweitgrößten Partei gemacht,<br />
er warjedoch in etwa an die<br />
Grenzenseines Wählerpotenzials gestoßen,<br />
vornehmlich deswegen, wie<br />
wohl Körner selbst unmittelbar darauf<br />
im „<strong>Gäubote</strong>“schrieb, weil das Zentrum,<br />
die jetzt stärkste Partei, die katholische<br />
Bauernschaft band. Der neue<br />
–deutschnationale –Staatspräsident<br />
Dr.Wilhelm Bazille, zuvor Fraktionsführer<br />
der Rechtsparteien und öfter<br />
Autorim„<strong>Gäubote</strong>“, stand den Anschauungen<br />
des Landtagspräsidenten<br />
undVerlegers, der nunmehr dieGeschäftsführung<br />
desBundes an seinen<br />
ältesten<br />
Sohn übergab, nahe,und die<br />
Koalitionsdisziplin ließ in<br />
derlandespolitischen Berichterstattunggerade<br />
auch<br />
dem Zentrum gegenüber<br />
manche Rücksichtnehmen.<br />
AufReichsebene blieb die<br />
Tonart weniger konziliant,<br />
warjedoch in erster Linie<br />
entschieden gegen die Linke<br />
gerichtet. Körners Beziehungenals<br />
–deutschnationaler<br />
–Abgeordneter<br />
des Reichstags, dem<br />
er bis 1928 angehörte, führten dem<br />
„<strong>Gäubote</strong>“, der1927 übrigens erstmals<br />
Fotografien reproduzierte, in diesen<br />
Jahren manchen namhaften Gesinnungsfreundals<br />
Gastschreiber zu.<br />
Wassich auf deräußersten Rechten<br />
tat, wurdedarüber–wie so meist –<br />
übersehen. Biszum Hitler-Ludendorf-<br />
Putsch1923 in München war man um<br />
Integrationder verschiedenen völkischen<br />
Richtungenbemüht gewesen,<br />
danach galtHitler als jemand, der sich<br />
selbst als ungefährlich entlarvt hatte.<br />
In derFolge durchweg Schweigen. Das<br />
änderte sich mit derWeltwirtschaftskriseab1930,<br />
und besonders im Umfeldder<br />
Wahl vom14. September<br />
1930. Schon vom 25. Maidatiert in<br />
der „Schwäbischen Tageszeitung“ ein<br />
Abwehrartikel Körners, im letzten<br />
Wahlaufruf berief sich derBauern- und<br />
Im Jahr 1932: Im Zeichen<br />
der NS-Wahlsiege<br />
verschärfen sich die Fronten<br />
Weingärtnerbund auf Bismarck,und<br />
nachdemsich die nationalsozialistischen<br />
Wähler im Oberamt verzehnfacht<br />
hatten, brachte der „<strong>Gäubote</strong>“<br />
am 27. September einen zwar nicht<br />
gezeichneten, doch, wenn nicht alles<br />
täuscht, ebenfalls aus Körners Feder<br />
stammenden Artikel über die „Bewegung“.<br />
Er reklamierte nicht nur das<br />
Verdienst der Rechtsparteien einschließlich<br />
des Bauernbunds als„Gegner<br />
derVerfassung von Weimar“, sondern<br />
warf den neuen Gegnern vorallem<br />
„Größenwahn“ und unausgegorene<br />
Verbindung ausgesprochen bürgerlicher<br />
und sozialistischer Gedanken<br />
vor.Kritik wieauch eine schärfere Berichterstattung<br />
überdie „Politik der<br />
Straße“ kamen in derFolge häufiger –<br />
Anfeindungen umgekehrt auch. Spaltungstendenzen<br />
im Bund selbst und<br />
mangelndeoder halbherzige Unterstützung<br />
desVorsitzenden und des<br />
Geschäftsführers durch denVorstand,<br />
nichtzuletzt persönlich eingegangene<br />
finanzielle Risikender Familie im<br />
Dienstder über drei Jahrzehnte betriebenen<br />
Sache begannen, die letzten Lebensjahredes<br />
kränkelndenVerlegers<br />
und<br />
Politikers zu überschatten.<br />
Nachdem er noch den<br />
Beginn der„Machtergreifung“<br />
hatte erleben<br />
müssen, starb Theodor<br />
Körneram29. April des<br />
Jahres 1933,stets ein<br />
entschiedener Verfechter<br />
des von ihmals richtig<br />
Angesehenen,ein Mann,<br />
der beachtliche Erfolge erzielt<br />
und ebenso herbe<br />
Enttäuschungen hattehinnehmen<br />
müssen.ImNachrufauf<br />
ihn vom 2. Mai1933<br />
heißt es lapidar: „Die allgemeine<br />
Entwicklung der politischenVerhältnisse<br />
ging<br />
auch an seinem Lebenswerk<br />
nichtspurlos vorüber. Nun<br />
haterausgekämpft.“ ■
Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite26<br />
Kritische Fairness<br />
prägt dasVerhältnis<br />
Im Namen desLandkreises Böblingen und persönlichgratuliere<br />
ich dem „<strong>Gäubote</strong>“ zu seinem<br />
175. Geburtstag ganz herzlich. Ein solchesEreignis<br />
verlangt es, sichauf das zu besinnen, waswar,auf<br />
die letztenJahrzehnte zurückzublicken, aber auch<br />
einenBlick in die Zukunft zu werfen. Nach 175<br />
Jahren kannman zu Recht sagen, dass der„<strong>Gäubote</strong>“<br />
aus der MedienlandschaftHerrenbergs und<br />
des Gäus nicht mehr wegzudenken ist. Durch die<br />
unterhaltsame, informative und ausgewogene Berichterstattung<br />
hat er eine Stammleserschaft quer<br />
durch die Bevölkerung gefunden.<br />
Der „<strong>Gäubote</strong>“ begleitet<br />
das Geschehen in Herrenberg<br />
und seinem Umland<br />
undnicht nur Kommunalpolitiker<br />
lesen das angestammteBlatt<br />
vonhinten<br />
nach vorn. Die Redaktion<br />
erfüllt diefür sie selbstverständliche<br />
Chronistenpflicht und sie informiert,<br />
aber sie reflektiert, inspiriert, kommentiert und<br />
kritisiertauch. Faire Kritik und kritische Fairness<br />
prägten und prägen das wechselseitige Verhältnis.<br />
Eine unterhaltsame,<br />
informativeund ausgewogene<br />
Berichterstattung<br />
Kommunalpolitik ohne die entsprechende VorundNachberichterstattung<br />
im „<strong>Gäubote</strong>“ kann<br />
ichmir nicht vorstellen.<br />
Als Landrat sind natürlichdie großen Tageszeitungen<br />
im Landkreis meinetägliche Pflichtlektüre<br />
–soauchder „<strong>Gäubote</strong>“. Im „<strong>Gäubote</strong>“ wird noch<br />
Tradition gepflegt, wird vielseitig undinteressant<br />
überörtliche Vereine, Kirchen und Verbände berichtet,<br />
hier werden zahlreiche Informationen veröffentlicht<br />
und er beinhaltet lokale wie regionale<br />
Themen.Vor allem greift er das auf,was dieMenschenvor<br />
Ortbewegt, was sich direkt vor deren<br />
Haustüre abspielt. Er fördert<br />
dieKommunikation<br />
der Menschen in Herrenberg<br />
und Umgebung untereinander<br />
und trägt so<br />
zum nachbarschaftlichen<br />
Miteinanderbei.<br />
Thomas Jeffersonhat einmal<br />
gesagt, wenn er zwischen einem Land ohne<br />
Regierung und einem Land ohne Zeitung zu wählen<br />
hätte, würde er sich fürdas Land ohne Regierungentscheiden.<br />
Ich kann zwar schwerlich dafür<br />
eintreten, dass derLandkreis Böblingen einmal<br />
ein Kreis ohne Landratsamtund Verwaltung sein<br />
wird,aber ich wünsche, dass es immer einLandkreis<br />
mit einer liberalen, geistvollen und auch kritischen<br />
Zeitungsein möge.<br />
So wünsche ichdem „<strong>Gäubote</strong>“ auch fürdie Zukunftdas<br />
richtige Gespür für diewichtigen und interessanten<br />
Themen im südlichen Landkreis und<br />
weiterhin vielErfolg!<br />
Roland Bernhard, Landrat des Kreises Böblingen
Seite 27<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
Im Dritten Reich<br />
Gleichgeschaltet –<br />
ausgeschaltet<br />
I<br />
m95. Jahr seiner Existenz wurde der<br />
„<strong>Gäubote</strong>“ also Chronist des„Dritten“oder<br />
„Tausendjährigen Reiches“,<br />
und –umesgleichzusagen –die zwei<br />
Drittel von dessen zwölfjähriger Dauer,die<br />
er sich halten konnte, sollten<br />
seineunfruchtbarsten Jahre werden.<br />
Verlegerund Hauptschriftleiter Karl<br />
Merz, aus dem Weltkriegserleben dem<br />
in seiner Gesamttendenz bis etwa<br />
1930 dem „<strong>Gäubote</strong>“nahestehenden<br />
„Stahlhelm“ zugetan, dessen örtlicher<br />
Führer er war,fügte sich zwar,als die<br />
Partei den Zusammenschlussvon<br />
„schwarzer“ und „brauner Front“, wie<br />
ein damaliges Modewort hieß, „durchführte“,<br />
in die Reihen, diefest geschlossenwerdensollten.<br />
Aber es war<br />
aucheineFragedes Überlebens.Denn<br />
zum einen hatten dieneuen Machthaberkeineswegs<br />
vergessen, dass siebei<br />
TheodorKörner und seinen Zeitungen<br />
Im fünften Jahr des DrittenReiches feierte der „<strong>Gäubote</strong>“ sein Jubiläum –<br />
drei Jahre später wurder er ausgeschaltet<br />
auf Kritik und Ablehnung gestoßen<br />
waren. Und zum anderenmusste es<br />
der Branche klar sein, dass diejenigen,<br />
die,wie man im Nachhinein bemerkte,<br />
ganz besondersumdie propagandistische<br />
Macht der Pressewussten, die<br />
private Presse mit ihrer gerade im Südwesten<br />
gewachsenenTradition und<br />
Autorität zu bekämpfen trachteten.<br />
Freilich war der „<strong>Gäubote</strong>“ so bedeutend<br />
nicht, dass er sogleich ins Kreuzfeuergeraten<br />
wäre; mehr schon galt<br />
dies für die„Schwäbische Tageszeitung“,<br />
diesichumgehend offener wie<br />
versteckter Hetze ausgesetzt sah.<br />
Wiederum also war Presse verdächtig,und<br />
ohne hier eine vollständige<br />
Geschichte der Zeitung in brauner<br />
Zeit geben zu wollen, sei auf denBeginn<br />
desGleichschaltungsprozesses<br />
eher beispielhaft verwiesen:1933, am<br />
3. August,wiesendas Württembergische<br />
Innenministerium und die Politische<br />
Polizeidie Oberämter an, den<br />
Schriftleitern „eindringlich einzuschärfen,<br />
dass sie dieVeröffentlichung aller<br />
Vorgänge militärischer oder militärähnlicher<br />
Art bis herunter zumBericht<br />
über einfache Ausmärsche der Wehrformationen<br />
zu unterlassen haben …<br />
Es dürfen selbst solche Nachrichten<br />
nicht gebracht werden, die militärische<br />
Ausdrücke in Beziehung auf<br />
irgendwelche Wehrformationen <br />
Wir haben für jeden<br />
das richtige Zuhause!<br />
Herzlichen Glückwunsch<br />
dem GÄUBOTE<br />
zum 175-jährigen Jubiläum<br />
Juni<br />
1995<br />
Graf Wohnbau GmbH •Telefon (07032) 93 62 -0•Telefax -62<br />
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Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite28
Seite 29<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
Die Auflösung<br />
des Kreises<br />
Herrenberg im<br />
September1938<br />
verursachte<br />
im Gäu große<br />
Verärgerung<br />
und Verbitterung<br />
Konfirmität<br />
und Uniformität<br />
werdenzur Pflicht<br />
wiedergeben …Die Oberämter<br />
werden angehalten,bis zur Gründung<br />
der Außenstellen derPolitischen Polizei,<br />
was bevorsteht, ihre Bezirkspresse<br />
in dem gedachten Sinn scharf im Auge<br />
zu behalten.“ Ein weiterer Geheimerlassvom<br />
22. September verbot jede<br />
Veröffentlichung über von der Politischen<br />
Polizei „durchgeführteMaßnahmen,<br />
die nicht offensichtlichzum Abschluss<br />
gelangt sind“. Undsoging es<br />
weiter.1935, am 22. Februar,wiederum<br />
eher willkürlich herausgegriffen,<br />
hieß es dann gelegentlich eines gegen<br />
zwei Schriftleitereingeleiteten Verfahrens<br />
wegen fahrlässigen Landesverrats,<br />
weil sie eine „imReichsinteresse geheime<br />
Nachricht“veröffentlicht hatten,<br />
dass die denPolizeibehörden vorzulegenden<br />
Pflichtexemplare sorgfältigstgeprüftwerden<br />
müssten. Im<br />
Zweifelsfalle sei sofort Verbindung mit<br />
derPolitischen Polizei aufzunehmen,<br />
diezuständigen Stellen wurden zu genauerÜberwachung<br />
angehalten.<br />
Vordiesem Hintergrund ist die Charakterisierung<br />
„Chronist“ so zu verstehen:<br />
Nichts anderes als das, wasüberall,<br />
wo Konformität und Uniformität<br />
Pflicht wurden, zu lesen war,fand sich<br />
auch in dieser Zeitung;<br />
es wurde gedruckt,was<br />
aufden Tisch kam, und<br />
so,dass es nicht Anstoß<br />
erregte. Aber die<br />
übliche Linientreue,<br />
diedann seit Ende<br />
1933 feststellbare<br />
Gleichschaltung der<br />
Sprachregelung darf<br />
nicht damitverwechselt<br />
werden,essei<br />
ein Blatt derNS-<br />
Presse geworden.<br />
Werzwischen den<br />
Zeilen und vergleichend<br />
zu lesen versteht,<br />
wird denn<br />
auch hier jenen<br />
Distanzsignalisierenden<br />
Konjunktiv<br />
oder das beredteSchweigen<br />
durch Fortlassung<br />
finden.<br />
Aber eben verhalten:Der<br />
Zorn<br />
beispielsweise<br />
über die Auflösung desKreisesHerrenberg<br />
1938, den selbst „alte<br />
Kämpfer“ teilten, spiegelte sich eben<br />
in vorsichtiger Wiedergabe entsprechender<br />
Passageneiner Rede desBürgermeisters<br />
Jakob Schroth wider.<br />
Nachdemmit Kriegsbeginn die<br />
Das „Aus“: Zusammenschluss des „<strong>Gäubote</strong>“, der„SindelfingerZeitung“<br />
unddes „Filderbote“ zurNS-Kreiszeitung<br />
Belegschaft durch Einberufung dezimiertworden<br />
warund in der Folge die<br />
immer knapperen Papierzuweisungen<br />
Einschränkungen derProduktion bewirkthatten,<br />
kam zum1.September<br />
1941 die Anordnung<br />
derReichspressekammer<br />
mitder<br />
Einstellungsverfügung;<br />
dieletzte<br />
Ausgabe erschien<br />
am 30. August. Der<br />
„<strong>Gäubote</strong>“ ging in<br />
der NS-Kreiszeitung<br />
auf, welche dentraditionellen<br />
Namen<br />
im Untertitelweiterführte.Als<br />
Anlass<br />
hieß es „kriegsbedingt“.Esentsprach<br />
jedoch ganz dem von<br />
Anfang an unverhohlenen<br />
Wollen der Nationalsozialisten.<br />
Als<br />
dann alles in Scherben<br />
gefallen war,hatte der<br />
„<strong>Gäubote</strong>“ runddie<br />
HälfteseinerBelegschaft<br />
unterden Gefallenen; das<br />
Verlagshaus an der HorberStraße<br />
wurde noch in<br />
den letzten Kriegstagen,<br />
am 22. März 1945,<br />
schwer beschädigt.<br />
■<br />
175Jahre Partner vonWirtschaft, Handwerk,<br />
Kultur und Politik. Wir gratulieren dem „<strong>Gäubote</strong>“<br />
ganz herzlich zum Jubiläum, bedanken uns für die<br />
vertrauensvolle Zusammenarbeit und wünschen<br />
für die Zukunftalles Gute.<br />
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Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite30<br />
Ein bedeutender<br />
MitmacherinHerrenberg<br />
Liebe Leserinnen und Leser,wie wohl die<br />
Schlagzeilen in derersten Ausgabe am 7. Juli 1838<br />
lauteten?Wie dick war die Zeitung damals? Was<br />
kostete eine Ausgabe des Intelligenzblatts für den<br />
Oberamtsbezirk Herrenberg? Antworten auf Fragen<br />
wie diese enthältdie Sonderveröffentlichung<br />
des „<strong>Gäubote</strong>“ zum 175-<br />
jährigen Jubiläum unserer<br />
HerrenbergerZeitung.<br />
175 Jahre Berichterstattung<br />
über Herrenberg und<br />
das Gäu,175 Jahre Vertrauen<br />
derLeserinnen und Leser,175<br />
Jahre Arbeitgeber<br />
Da ist für jeden<br />
Geschmack und jedes Alter<br />
etwasdabei<br />
für vieleMitarbeiterinnen und Mitarbeiter –das<br />
ist ein Grund zu feiern und für mich einGrund zu<br />
gratulieren. In unsererschnelllebigen Zeit istes<br />
schon eine Besonderheit, dass ein Unternehmen<br />
aufeine so lange Firmengeschichte zurückblicken<br />
kann: Ich beglückwünsche den „<strong>Gäubote</strong>“ dazu<br />
und wünschefür dieZukunft alles Gute –stets frische<br />
Ideen und eine zufriedene und interessierte<br />
Leserschaft!<br />
Wenn wir morgens früh den „<strong>Gäubote</strong>“ aus<br />
dem Briefkasten holen, freuen wir uns täglich auf<br />
aktuelle Berichte über dasvielfältige Leben und<br />
Handelninunserer Stadt, auf Artikel über Veranstaltungenund<br />
Feste, auf denSportteil, auf Kommentare<br />
und Meinungen, auf Leserbriefe, auf Terminhinweise,<br />
auf die Wetteraussichten,<br />
auf Anekdoten<br />
und Lustiges, auf die<br />
Kinder-Nachrichten, auf Familienanzeigen<br />
und auch<br />
auf Werbeanzeigen. Diese<br />
Aufzählung zeigt das breite<br />
Spektrum,das der „<strong>Gäubote</strong>“<br />
abdeckt –daist für jeden Geschmack und jedesAlter<br />
etwas dabei. Das Blatt hat in den 175<br />
Jahren sein Gesicht verändert und sich demaktuellen<br />
Zeitgeist angepasst. Längst gibt es neben der<br />
Papierausgabeeinen modernen Internetauftritt.<br />
DieseMöglichkeit nutze ich persönlich sehr oft<br />
undgerne, wenn ichauswärts unterwegs bin.<br />
Der „<strong>Gäubote</strong>“ präsentiert uns jeden Tagimmer<br />
wieder neu und in ansprechenderAufmachung<br />
das Neuste aus der Welt, aus unserem Land und<br />
insbesondere aus unserer Stadt. Für dieses unternehmerischeEngagement<br />
zugunsten unserer<br />
Stadtdanke ich Verlegern, Redakteuren und allen<br />
Mitarbeitern. Die Mitmachstadt Herrenberg lebt<br />
davon, dass viele Personen, Institutionen und Unternehmenmitmachen<br />
–der „<strong>Gäubote</strong>“ ist ein bedeutender<br />
MitmacherinHerrenberg!<br />
Thomas Sprißler,<br />
Oberbürgermeister<br />
der Stadt Herrenberg<br />
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Seite 31<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
Alte Liebe rostet nicht<br />
Neubeginn im<br />
Zeichen von Freiheit<br />
D<br />
ie Wiederbelebung oder besser<br />
gesagt Neugründungdes „<strong>Gäubote</strong>“<br />
sollteauf sich warten lassen.<br />
Zwarhatte General Clay im Oktober<br />
1945 in Stuttgart verkündet: „Wepropose<br />
to return to you afreepress …at<br />
the earliest possible date“, doch erst<br />
am 8. Oktober 1948 teilte die amerikanische<br />
Militärregierungdem Ministerpräsidenten<br />
von Baden-Württemberg,<br />
Reinhold Maier,mit, dass siedie Lizenzierungsvorschriften<br />
aufzuheben beabsichtige,<br />
und zwarunter der Bedingung<br />
eines Pressegesetzes. DasGesetz<br />
über dieFreiheit der Presse trat am 1.<br />
April1949 in Kraft,und am 1. Juni wurde<br />
die„Allgemeine Genehmigung<br />
Nummer 3“, dieGenerallizenz, wirksam,<br />
welche –vorbehaltlich bestimmter<br />
Nachrichtenkontrollvorschriften –<br />
Baden-Württemberg zum ersten Land<br />
der Bundesrepublik mitvölliger Gewerbefreiheit<br />
im Pressewesen machte.<br />
Wieder ein Anfang<br />
als Amtsblatt<br />
Verleger und Schriftleiter Karl Merz,<br />
im April 1947aus französischer Gefangenschaftheimgekehrt,<br />
begann im<br />
Sommer des Jahres 1948 diezeitungslose<br />
Zeit zu überbrücken, wobei er die<br />
Unterstützungder Stadtverwaltung<br />
fand. BürgermeisterSchickverwandte<br />
sich mitfolgendem Schreiben vom 31.<br />
Juli bei der Militärregierung:<br />
„Die Stadt Herrenberg, die im Jahr<br />
1929 ihr700-jähriges Bestehen gefeierthat,<br />
warbis 1938 (neue Kreiseinteilung)<br />
Kreisstadt und Sitz des Land-<br />
Karl Merz(1897 bis 1971), Schriftleiter undVerleger,stellt die Weichen<br />
für den Wiederbeginn<br />
ratsamts, desAmtsgerichts und des Finanzamts.<br />
Herrenberg zählt heute<br />
6009 Einwohner,die sich in der<br />
Hauptsache zusammensetzen aus Angehörigendes<br />
Handwerks, Handels<br />
und Gewerbes, der Industrie und der<br />
Landwirtschaft sowieaus Arbeitnehmern,die<br />
zu einem erheblichen Teil in<br />
auswärtigen Betriebsstättenbeschäftigtsind.<br />
Die Unterrichtung der Einwohnerschaft<br />
über dieamtlichen Vorgänge<br />
in Herrenberg, namentlich über<br />
die Verhandlungen und Beschlüsse<br />
des Gemeinderats erfolgten bis 1941<br />
durchdie Lokalzeitung. „Der <strong>Gäubote</strong>“,<br />
der durch dieBuchdruckerei<br />
TheodorKörner,hier,herausgegeben<br />
wurde. 1941 musste dieseZeitung infolge<br />
der nationalsozialistischen Tendenz,<br />
diegesamte Presse zusammenzufassen,<br />
nach 105-jährigem (!)Bestehen<br />
ihr Erscheinen einstellen.<br />
Das Fehlen einer Lokalzeitung in einer<br />
Stadt von derGröße und mit der<br />
ehrwürdigen Vergangenheit Herrenbergs<br />
hat sich, insbesondere aber seitdem<br />
wieder demokratische Einrichtungen<br />
bestehen, als großer Mangel<br />
erwiesen. Die Einwohnerschaft kann<br />
seitherüber die Vorgänge im Rathaus,<br />
namentlich überdie Verhandlungen<br />
undBeschlüsse der Gemeindevertretung,<br />
nicht mehr laufend unterrichtet<br />
werden, wie dies die Einwohnerschaft<br />
seitvielen Jahren gewohnt war.Dies<br />
ist eingroßer Fehler,denn in der Demokratie<br />
muss die Öffentlichkeit laufend<br />
an denVorgängen in der öffentlichen<br />
Verwaltung interessiert werden,<br />
wie auch dieVerwaltung selbst starkes<br />
Interesse daran hat, dass die Allgemeinheit<br />
ständig darüber unterrichtet<br />
wird, wasBürgermeister und Gemeinderat<br />
beraten und beschließen. Eine<br />
laufende und eingehende Unterrichtungder<br />
Einwohnerschaft ist daher in<br />
beiderseitigem Interesse gelegen. Diese<br />
soll durchHerausgabe gedruckter<br />
Mitteilungen erfolgen, dielediglich die<br />
amtlichen Berichte über die Beschlüsse<br />
des Gemeinderats sowie dieamtlichen<br />
Bekanntmachungen derStadtverwaltung<br />
sowieörtliche Anzeigen<br />
enthalten sollen.<br />
Das bisherigeVerfahren, die amtlichen<br />
Berichte und Bekanntmachungen<br />
an den rund 50 Bekanntmachungstafeln<br />
anzuschlagen, ist umständlich<br />
und ungenügend, der Erfolg<br />
ist nicht befriedigend. Der Gemeinderat<br />
hat daher beschlossen, anstelle des<br />
bisherigen Verfahrens gedruckte Mitteilungen<br />
fürHerrenberg herauszugeben<br />
und dieselben bei der ortsansässigenBuchdruckerei<br />
vonTheodor Körner<br />
in Druck zu geben.Herausgeber<br />
derMitteilungen soll die Stadt Herrenberg<br />
sein, dieMitteilungen sollen<br />
zweimalinder Woche in einer Auflage<br />
von zunächst 1000 Stück erscheinen.<br />
Der Bedarf an Zeitungspapier <br />
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Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite32<br />
hierfür würde monatlich 75 kg betragen.<br />
Gegenüber dem bisherigen<br />
Verfahren wären die gedruckten Mitteilungenauchgeschäfts-<br />
und kostensparend,<br />
wasgerade jetzt schwerwiegt.<br />
DieMilitärregierung wird gebeten,<br />
der Herausgabedieser Mitteilungen …<br />
zustimmen zu wollen. Alsdann hätte<br />
jeder Bürger Gelegenheit, dieamtlichen<br />
Sitzungsberichte und dieamtlichen<br />
Bekanntmachungen derStadtverwaltunginseiner<br />
Wohnung nachlesen<br />
zu können. Ein solches Verfahren<br />
liegt im Interesse der Demokratie. Die<br />
Tageszeitungen haben allgemein bekanntgegeben,dass<br />
infolge Lockerung<br />
der Papierbewirtschaftung<br />
einegrößere<br />
Zuteilung von<br />
Papier erfolgt sei und<br />
dass es deshalb den Zeitungen möglichgeworden<br />
sei, vom 2. August an<br />
dreimal wöchentlich zu erscheinen. Es<br />
wäre viel wichtiger,wenn das Mehr an<br />
Zeitungspapier den Stadtverwaltungen<br />
zur Verfügung gestellt würde, damit<br />
sie, wieinHerrenberg beabsichtigt,<br />
ihre Bürger unterrichten können.<br />
Die Stadtverwaltung würde es daher<br />
dankbar begrüßen, wenn die Militärregierungdem<br />
Wunsche des Gemeinderats<br />
baldmöglichststattgeben und die<br />
entsprechendeMenge Zeitungspapier<br />
für dengenannten Zweckzuteilen<br />
würde.“<br />
Ein erster Vorschlag für<br />
die Militärregierung<br />
Am 17. August 1948 reichte Karl<br />
Merz der Militärregierung einen Vorschlag<br />
zur Gründung einer Tageszeitungein,<br />
dieals Beilage zum„Beobachter“,<br />
der Zeitung fürdie Kreise<br />
Böblingenund Leonberg, erscheinen<br />
sollte:„Betreffend dieGründung einer<br />
Tageszeitung, diezwei oder mehrere<br />
politische Kreise in ihr Verbreitungsgebiet<br />
einbezieht,unterbreite ich im<br />
Nachstehendeneinen Vorschlag, der<br />
allen an eine Bezirkszeitung gestellten<br />
Erfordernissen gerecht wird.<br />
1. Allgemeines. Eine Bezirkspresse,<br />
wie sie in Württemberg schon weit<br />
über 100Jahre bestanden hat, ist den<br />
Bedürfnissen eines<br />
verhältnismäßigeng<br />
umgrenzten Wirtschaftsgebietes<br />
entsprungen.Sie<br />
hat<br />
sich ursprünglich eine<br />
durchaus unpolitische Aufgabe gestellt.Sie<br />
war dieVermittlerin zwischenBehörden<br />
und Bevölkerung eines<br />
Verwaltungsbezirks, gab Handel<br />
und Gewerbe ein billiges Mittel zu persönlicherWerbung<br />
an dieHand und<br />
wardie Überbringerin derkleinen Ereignisse<br />
des Alltags, die über einen kleinen<br />
landsmannschaftlichen Kreis hinaus<br />
nicht von Interesse waren. Der<br />
Schriftleiter einer solchen Zeitung war<br />
unpolitisch und im wahrsten Sinne des<br />
Worts der Diener seiner engeren Heimat.<br />
Erst im Laufe derEntwicklung bemächtigtesich<br />
derBezirkszeitungen <br />
Der Wiederaufbau des in den letzten Kriegstagen schwer beschädigten<br />
Verlagshauses beginnt<br />
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Seite 33<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
die Politik und dies nicht immer zu<br />
derenVorteil, da sie aus wirtschaftlichen<br />
Gründennicht in derLage waren,<br />
eigene politische Mitarbeiter zu haben,<br />
sondern auf Korrespondenzen<br />
angewiesen waren. In letzterem Punkt<br />
waren diegroßen Stadtzeitungen natürlich<br />
maßgebend, die aber andererseits<br />
dieVorteile der kleinen Bezirkspresse<br />
vermissen ließen. Es ist auch für<br />
eine großeZeitung unmöglich, den<br />
Bedürfnissen aller gerecht zu werden,<br />
da sie ihre Spalten mit Dingen füllen<br />
müsste,die jeweils nur einem Teil der<br />
Leser vonWichtigkeit sind. Außerdem<br />
würden dieamtlichen Bekanntmachungen<br />
aus einem großen Gebiet viel<br />
zu viel Raum beanspruchen und die<br />
Geschäftsanzeigen würden sich überschneidenund<br />
an Kreise gelangen, an<br />
die sie gar nichtgerichtet sind. Die für<br />
einegroße Zeitung entsprechend hohen<br />
Anzeigenpreise würden sichfür<br />
den Geschäftsmann nicht rentieren.<br />
2. Um nun das eine mit dem andern<br />
zu verknüpfen, schlageich folgendes<br />
vor:<br />
Herausgabe einer Tageszeitung, die<br />
sich mit Politik, Tagesfragen, Kunst,<br />
Wissenschaftund Unterhaltung befasst.<br />
Diese Zeitungerscheint im gleichen<br />
Verlag und mit derselben Lizenz<br />
in mehreren Auflagen, deren Zahl<br />
landsmannschaftlichbedingt ist. Die<br />
Herstellungdieser Zeitung übernimmt<br />
eine Druckerei, die technisch hierzu in<br />
der Lage ist. <br />
Am 5. September 1948 erscheint erstmals die „Heimat-Rundschau“, aus der im Juni 1949 der „<strong>Gäubote</strong>“ neu hervorgeht<br />
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der Stadtmitte<br />
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Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite34<br />
Druckereien innerhalb desVerbreitungsgebietes,<br />
die früher schon<br />
Zeitungsverlage innehatten, übernehmen<br />
dieHerstellung der betr.Beilagen<br />
zum Hauptblatt und auch denVertrieb<br />
derganzen Zeitung innerhalb ihres<br />
Gebietes …“ Beigefügt wurde das<br />
nebenstehendeMuster.<br />
Die Genehmigung wurde nicht erteilt,<br />
wohl indessen für die Herausgabe<br />
eines Anzeigenblatts, daszugleich<br />
als amtlichesMitteilungsblatt fürden<br />
Altkreis Herrenberg dienen sollte und<br />
den Titel Heimatrundschau erhielt.<br />
Hebelauf<br />
„freie Fahrt“<br />
Im Juni 1949, nach derGenerallizenz,<br />
waresdann so weit: Der„<strong>Gäubote</strong>“<br />
erstand wieder.Ineiner Vornummer,als<br />
Werbeblatt bezeichnet<br />
vom 8. des Monats,kündigte der Herausgeber<br />
sein Programm an: „In dieser<br />
Form wiedas vorliegende Werbeblatt<br />
erscheintab11. Juni der ’<strong>Gäubote</strong>’ als<br />
vierMal in der Woche erscheinende<br />
Tageszeitung. Nicht allein dieBestrebungen<br />
desHerausgebers sind hiermit<br />
zumErfolg gekommen, sondern auch<br />
dem allgemeinen Wunsch in Stadt<br />
undLand ist nunmehr Rechnung getragen.Ich<br />
binmir wohl der Pflichten<br />
undAufgaben bewußt, die heute an<br />
eine Zeitung gestellt werden, und ich<br />
werdemich redlich bemühen, diese zu<br />
erfüllen.<br />
AllerAnfang ist schwer. Der gesamte<br />
redaktionelleund technische Aufbau<br />
einer Zeitungist so umfangreich, daß<br />
es vorerst dem’<strong>Gäubote</strong>’ nicht möglich<br />
ist, täglich zu seinen Lesern ins<br />
Haus zu kommen. Es wird aber bestimmt<br />
biszum Herbst so weit sein.<br />
Der ’<strong>Gäubote</strong>’ erhebt auchnicht den<br />
Anspruch, eine ’große Zeitung’ zu sein,<br />
aber er will sich den Namen ’Heimatzeitung’<br />
mehr und mehr erwerben. Er<br />
wird seine Leser über dieEreignisse in<br />
aller Welt rechtzeitig unterrichten, er<br />
wird seineSpalten einem freien und<br />
offenenWort öffnen und er wird Sorge<br />
tragen für gute Unterhaltung.<br />
Seine Hauptaufgabe wird er aber in<br />
Auch diesmal konnte es nur „plangemäß“ gehen<br />
der Pflege von Kultur und Heimat sehen.Staat<br />
und Kirche sollen in gleichemMaße<br />
wie Vereine, Sportverbände<br />
undsonstige kulturelle Bestrebungen<br />
das Recht haben, den ’<strong>Gäubote</strong>’<br />
als ihr Sprachorgan zu benützen. Darüber<br />
hinausbietet er sich der gesamten<br />
Geschäftswelt als wertvolles und<br />
erfolgreichesWerbemittel an. Waser<br />
nicht will, isteine unschöne und auch<br />
zwecklose Konkurrenzmit anderen<br />
Zeitungen, denn er weiß, daß über die<br />
Auflage einer Zeitung letzen Endes der<br />
Leserentscheidet.<br />
DasVerbreitungs-Gebiet des’<strong>Gäubote</strong>’<br />
wird sich auf den Alt-Kreis Herrenberg<br />
beschränken, und ich habe<br />
den Wunsch, es so weit zu bringen,<br />
daßStadt und Land den ’<strong>Gäubote</strong>’ als<br />
ihre Zeitung betrachten.<br />
Der’<strong>Gäubote</strong>’ ist einMittagsblatt. Er<br />
wird jedenMontag, Dienstag, Donnerstag(vierseitig)<br />
und Samstag<br />
(achtseitig) in den Nachmittagsstundenausgetragen.<br />
Der Bezugspreis ist monatlich<br />
2D-Mark einschließlich Zustellungsgebühr.<br />
Der Hebel der Druckmaschinen<br />
stehtauf ’freie Fahrt’. Der Werberuf erschallt<br />
durchs ganze<br />
Gäu: ’Leset Eure Heimat-Zeitung!’“<br />
Samstag, den11. Juni,<br />
erschien dann die<br />
Nummer 1. BürgermeisterSchick<br />
steuerte<br />
folgendes Geleitwortbei:<br />
„Das Wiedererscheinendes<br />
’<strong>Gäubote</strong>’wird in unsererStadt<br />
und im<br />
’Gäu’allgemein große<br />
Freude und Befriedigung<br />
auslösen.Als<br />
Bürgermeisterder<br />
StadtHerrenberg<br />
darf ich mich zum<br />
Dolmetsch dieser<br />
Gefühlemachen und<br />
den alten Bekannten,<br />
derimJahre 1941<br />
nach 105-jährigem<br />
Bestehen sein Erscheinen<br />
einstellen<br />
mußte, freundlichst wieder willkommenheißen<br />
…<br />
Wenngleichdie ’Heimat-Rundschau’<br />
undzeitweise die’Mitteilungen vom<br />
Rathaus Herrenberg’ in denvergangenen<br />
Monaten recht gute Dienste geleistethaben,<br />
so waren diese Blätter<br />
eben doch nur ein Ersatz und einBehelf.Mit<br />
dem ’<strong>Gäubote</strong>’ aber haben<br />
wir wieder eine richtige Lokalzeitung,<br />
Mai<br />
1989<br />
die im besonderen den Interessen von<br />
Stadt und Gäu dient und die,wie wir<br />
hoffen,bald täglich erscheinen wird.<br />
Indem ich die Buchdruckerei Körner<br />
im Namen der Herrenberger Bürgerschaft<br />
zumWiedererscheinen des<br />
Blattes beglückwünsche, gebe ich der<br />
Hoffnung Ausdruck,daß es dazu beiträgt,<br />
daß unserstaatlichesFundament,<br />
das erst jüngst im Grundgesetz<br />
für dieBundesrepublik Deutschland<br />
geschaffenwurde, gefestigt wird und<br />
daß der ’<strong>Gäubote</strong>’ stets ein gutes<br />
Sprachrohr derEinwohner eines möglichstgroßen<br />
Umkreises sein möge.“<br />
Um es nichtallzu harmonisch werden<br />
zu lassen: Schon wenig später,in<br />
den ersten Tagen des Jahres 1950, äußerten<br />
Bürgermeisterund GemeinderatUnzufriedenheit,<br />
weil sie sich mit<br />
demAbdruck der amtlichen Nachrichten<br />
zu beiläufig behandelt sahen. In einer<br />
Beratungsvorlage heißt es:<br />
„Betr.:Abdruck deramtlichen Bekanntmachungen<br />
der Stadtverwaltung<br />
im ’<strong>Gäubote</strong>’.<br />
1. Die Form, in der dieamtlichen Bekanntmachungen<br />
derStadtverwaltung<br />
im ’<strong>Gäubote</strong>’ zumAbdruck kommen,<br />
ist zu beanstanden.a)Eswird denselben<br />
keinbevorzugter Platz eingeräumt,<br />
der Platz wechselt häufig. b)<br />
Die Art undWeise desAbdrucks erfolgt<br />
häufig unübersichtlich und verteilt<br />
sich mitunter auf mehrere <br />
1978<br />
April<br />
seit<br />
85<br />
Jahren<br />
Herrenberg•Eichendorffstraße 10 (beim Schickhardt-Gymnasium) •(07032) 67 20
Seite 35<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
Blattseiten. c) DieÜberschrift der<br />
amtlichenBekanntmachungen wird<br />
nicht hervorgehoben, es wird nur der<br />
Maschinensatzverwendet.<br />
2. Wenn der ’<strong>Gäubote</strong>’, wieerangibt,<br />
Amtsblatt derStadt Herrenberg<br />
sein will,muß vonihm verlangt werden,daß<br />
er,wie dies früher selbstverständlich<br />
war, denamtlichen Bekanntmachungen<br />
einen bevorzugten Platz<br />
einräumtund diese so abdruckt, daß<br />
sieauffällig sind und vomLeser auch<br />
beachtet werden.Bei dergegenwärtigen<br />
Art und Weise desAbdruckes der<br />
Bekanntmachungen muß der Erfolg<br />
derselben ernstlich in Frage gestellt<br />
werden.<br />
3. Auf die entsprechendenVorstellungen<br />
desBürgermeisteramts hat es<br />
der ’<strong>Gäubote</strong>’ abgelehnt, den gegenwärtigen<br />
Zustand zu ändern mitdem<br />
Hinweis, daß die amtlichen Bekanntmachungenunentgeltlich<br />
abgedruckt<br />
würden.<br />
4. DieAutorität und das Ansehen<br />
derStadtverwaltung, aber auch der<br />
Charakter des ’<strong>Gäubote</strong>’ als Amtsblatt<br />
erfordern dringend einesofortige Änderung.Vorschlag:<br />
1. Den’<strong>Gäubote</strong>’<br />
unter Hinweis auf seine Eigenschaft als<br />
Amtsblatt wiederholt zu bitten, den<br />
Wünschen derStadtverwaltung zu<br />
entsprechen und a) die Bekanntmachungenkünftig<br />
jeweils an der gleichen<br />
Stelle abzudrucken. b) Dieselben<br />
Faszination Holz &Design<br />
Rainer Schöllkopf (links) übernimmt die Geschäftsführung von Karl Merz (rechts),<br />
ganzrechtsimBild Helene Merz<br />
Wir entwerfen und fertigen hochwertigste Möbel und Inneneinrichtungen<br />
nach Maß und Ihren Wünschen. Setzen Sie sich. Wir beraten Sie gern.<br />
mit Balkenüberschrift zu versehen.<br />
2. Falls dies wiederum abgelehnt<br />
werden sollte,sich entsprechende<br />
Maßnahmenvorzubehalten, um einen<br />
solchen Abdruck deramtlichen Bekanntmachungen<br />
zu erreichen, daß<br />
diese ihren Zweck tatsächlich auch erfüllen.“<br />
Nichtvorenthalten werden soll auch<br />
dieses Schreiben, das Bürgermeister<br />
Schick am 2. April 1952 zu der Akte<br />
„<strong>Gäubote</strong>“ legte: „Heute ist der<br />
1. April, aber trotzdem habe ich Ihnen<br />
etwas ganz Erfreuliches mitzuteilen.<br />
Damitich die mir durch Eilboten übermittelte<br />
Nachricht wirklich auch richtig<br />
wiedergebe, will ich sie hiermit<br />
wörtlich verlesen: Die Hauptschriftleitung<br />
des Amtsblatts derStadt Herrenberg<br />
hat unter dem Eindruck derkürzlichen<br />
Rede desProfessors Dr.Bräuer<br />
vomBund der Steuerzähler und im<br />
Hinblick auf diestädt. Finanzen heute<br />
verfügt, sämtlicheAnzeigen derStadt<br />
Herrenberg künftighin gratisund franko<br />
abzudrucken. Dies soll nur der Ausdruck<br />
eines bescheidenen Dankes dafür<br />
sein, daß die Gemeinderätinnen<br />
und Gemeinderäte der Stadt Herrenberg<br />
seit Jahr undTag<br />
Umzug in dasneue<br />
Verlagsgebäude<br />
unter Aufopferung<br />
vonZeit und Geld<br />
sich in beispielhafter<br />
Weise in den Dienst<br />
der Allgemeinheit<br />
ohnejede Vergütung dafür stellen …<br />
Wirnehmen vondiesen hochbedeutsamen<br />
Mitteilungen derHauptschriftleitung<br />
des ’<strong>Gäubote</strong>’ gebührend<br />
Kenntnis und wir glauben selbst,<br />
daß diesebeispielhafte Tatungeahnte<br />
und z. Zt. noch nicht übersehbareWirkungen<br />
zur Folge haben wird.“<br />
Die jüngere Zeit sei hier nur noch<br />
mit einigenStichworten skizziert, ihre<br />
Würdigungmag aus dem Abstand einer<br />
späteren Zeitvorgenommen werden.<br />
Ohne Leserkann eine Zeitung nicht<br />
existieren,und obwohl es treue Leser<br />
gab, brauchte es doch Jahre desWiederaufbaus,<br />
nicht zuletzt auch mit<br />
neuenLeuten, zu denen als Mann der<br />
ersten Stunde des „neuen“ „<strong>Gäubote</strong>“<br />
der spätere ChefredakteurHellmut M.<br />
Weidhaas gehörte. 1958 wurde das<br />
Unternehmenineine Kommanditgesellschaft<br />
umgewandelt. Seit 1970<br />
wird es vom Verlegerehepaar Heidi<br />
geb. Merz und Rainer Schöllkopf geführt.<br />
DieDevise hieß Leben durchKonzeption,<br />
Überlebendurch Konzentration.<br />
So wurde in Konsequenz technischer<br />
und wirtschaftlicher Notwendigkeiten<br />
derBau eines neuen Verlagsgebäudes<br />
in der Horber Straße 42 begonnen.<br />
Am 3. September 1971 war<br />
Richtfest, am 4. Februar 1972 lief die<br />
Hochdruck-Rotationspresse an, die<br />
dritte,die seit der Nachkriegszeit in<br />
Betriebgenommen werden konnte,<br />
mit32Seiten Druckwerk und Einrichtung<br />
für Mehrfarbendruck. Hattedie<br />
Auflage1962 noch 4900 betragen,<br />
davon 1600 in Herrenberg abgesetzt,<br />
so sind es 1988, im<br />
150. Jahr desBestehens,11500<br />
Stück,<br />
dieverkauft werden.<br />
DemJahr seiner<br />
Gründung nach<br />
standder „<strong>Gäubote</strong>“ 1982 an 20.Stelle<br />
von 65 nochexistierenden Zeitungen<br />
im deutschen Südwesten. Im Jahr<br />
1988 beschäftigte derVerlag 55 Mitarbeiter<br />
und fünfAuszubildende. Der<br />
„Mantel“ seit 1974 wird vonden<br />
„Stuttgarter Nachrichten“ bezogen, im<br />
überregionalen Anzeigengeschäft ist<br />
die „Anzeigengemeinschaft Stuttgarter<br />
Zeitung“ Partner.Schwergewicht<br />
istdie Betreuung des örtlichen und regionalen<br />
Geschehens in derLokalredaktion:<br />
als „Tageszeitung“, wie es der<br />
Untertitel umschreibt, „im Kreis Böblingenfür<br />
Herrenberg und das Gäu“. ■<br />
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Showroom: Tübinger Str. 41 | Herrenberg | T07032-287980 | Mo.–Fr.15–19Uhr +Sa.10–15Uhr<br />
Quellen: Staatsarchiv Ludwigsburg: E177 (Kreisregierung Reutlingen), Nr.568, 570 (Gründungsgeschichte, Konzessionen,<br />
Presseaufsicht 1848 ff.). Stadtarchiv Herrenberg: Intelligenzblätter bzw.„<strong>Gäubote</strong>“ ab 1838; Samuel Braun,<br />
Gründer und Gründungder Buchdruckerei in Herrenberg. EinGedenkblatt, 1888; Inventuren und Teilungen (Familie<br />
Braun-Fischer);Ratsprotokolle 1837 ff.; Akten F1440 ff.; 6160ff. (Presse ab 1948); Stifts-und Dekanatsarchiv: K26, D<br />
89–91. Evangelische Kirchenpflege Herrenberg:Familienregister.Stadtarchiv Reutlingen: Inventuren und Teilungen<br />
(Familie Braun). Kreisarchiv Böblingen: Akte 1439 (Pressewesenbis 1945). Privatarchiv H. und R. Schöllkopf (TheodorKörner).<br />
K. Merz, 100 Jahre „<strong>Gäubote</strong>“ in Herrenberg1838–1938 (Herrenberg) 1938. Vonder Preßfreiheit zur<br />
Pressefreiheit. Südwestdeutsche Zeitungsgeschichte vonden Anfängen bis zur Gegenwart, herausgegeben von der<br />
Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart in Zusammenarbeitmit dem Verband Südwestdeutscher Zeitungsverleger<br />
und dem Verband der Druckindustrie in Baden-Württemberg, Stuttgart 1983.<br />
Essen Sie italienisch –<br />
wie bei uns zu Hause<br />
April 1979<br />
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Das ganze Team vom „Da Piero“ gratuliert<br />
dem „<strong>Gäubote</strong>“ zum 175-jährigen Jubiläum!
Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite36<br />
175 Jahre Botschafter<br />
fürdas Gäu<br />
Füruns beide gehört er zum Morgen wie Kaffee<br />
und „Gsälzbrot“ (für Nichtschwaben: Brot mit<br />
Marmeladeaufstrich): der„<strong>Gäubote</strong>“! Auf ihn wollen<br />
wir nicht verzichten. An Gutes gewöhnt man<br />
sich.Der große, runde Geburtstag ist ein guter<br />
Grund innezuhalten.175 Jahre seit der Erscheinung<br />
des „Amts- und Intelligenzblattes“–wiedie<br />
Erstausgabe am 7. Juli1838 überschrieben wurde<br />
–sind ein würdiger Anlass.<br />
Aufeinem hart umkämpften Medienmarkt nehmen<br />
wirwahr,dass der„<strong>Gäubote</strong>“ seiner Tradition<br />
treu geblieben ist: Hier<br />
wirdnicht in dicken Lettern<br />
dieSensationsgier der<br />
Menschen bedient, sondernkonstruktiv-kritisch<br />
recherchiert und berichtet.<br />
Wir haben denEindruck,<br />
dassindieserZeitung der<br />
Mensch undseine ihnumgebende Mitwelt im<br />
Mittelpunkt stehen.<br />
Dabei mischt sich der „<strong>Gäubote</strong>“ ins öffentliche<br />
Geschehen einund legt den Finger in diegesellschaftlichen<br />
Wunden. Personen zu verwunden, ist<br />
nicht sein Stil. Für ein<br />
„Miteinander und Füreinander“<br />
steht er ein.<br />
Nichtumsonst trägt die<br />
weihnachtliche Herrenberger<br />
Spenden- und Solidaritätsaktion,<br />
die der „<strong>Gäubote</strong>“ maßgeblich<br />
mitträgt, diesen Namen. Die Aktion wurde zu einem<br />
Erfolgsmodell, weil es gelungen ist, ein Netzwerk<br />
derHilfen zusammenmit den unterschiedlichsten<br />
Mitverantwortlichenzuknüpfen. Jede<br />
neue Aktion gab Herrenbergeinen<br />
weiteren sozialen<br />
Farbtupfer.<br />
Der „<strong>Gäubote</strong>“ öffnet Räume<br />
für Vereine, Gruppen,<br />
Institutionenund auch für<br />
die Kirchen. So kommen<br />
Aktivitäten und Veranstaltungen,<br />
die in Herrenberg und dem Gäu stattfinden,<br />
zu den Menschen. Und dass dieKirchen in<br />
der Samstagsausgabe unter der Rubrik„Wasmich<br />
bewegt“Raum bekommen, sich in den gesellschaftlichen<br />
Wertediskurs mit der christlichen<br />
Der Mensch und seine ihn<br />
umgebendeMitwelt stehen im<br />
Mittelpunkt dieser Zeitung<br />
Botschaft einzubringen, dafür sagen wir Dank.<br />
Gute Wünsche mögen den „<strong>Gäubote</strong>“ die<br />
nächsten 175 Jahre begleiten. Wenn die Linie der<br />
konstruktiv-kritischen, fairen und lokalen Berichterstattung<br />
beibehalten wird, dann ist die Tageszeitung<br />
nicht nur ein Bote, sondern ein Botschafter<br />
fürdas Gäu.<br />
Den Leserinnen und Lesern wünschen wir die<br />
tägliche Muse –vielleicht auch beiKaffee und<br />
Gsälzbrot –für ihren „<strong>Gäubote</strong>“.<br />
Eberhard Feucht,<br />
Dekan desevangelischen<br />
Kirchenbezirks<br />
Herrenberg<br />
Wolfgang Beck,<br />
katholischer Pfarrer,<br />
Herrenberg
Seite 37<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
Der „<strong>Gäubote</strong>“<br />
im Wandel der Zeit<br />
Ein Wort zuvor:<br />
Der „<strong>Gäubote</strong>“und ich<br />
Es war schon eine Überraschung,als<br />
im Sommer 1987 an mich,der icherst<br />
gutein Jahr in Herrenberg war,die Bitte<br />
herangetragenwurde, denhistorischenPart<br />
zur 150-Jahr-Feier des<br />
„<strong>Gäubote</strong>“ am 7. Juli 1988 zu verfassen.<br />
Es gabGegengründe triftiger Art<br />
genug: Die soeben überstandenenJubiläumsfeiernzum<br />
500. Geburtstag Johann<br />
Valentin Andreaes, vondem ich<br />
VONDR. ROMAN JANSSEN<br />
zuvor noch niegehört hatte, die Ende<br />
des Jahres 1987 zu feiernde700-Jahr-<br />
Feier von Affstätt, 800Jahre Kayh<br />
schon im Blick; und jede Menge Kernaufgaben<br />
im Stadtarchiv,woesbei<br />
meiner Ankunft nicht eine Schreibmaschine,<br />
keinen Besucherstuhl, geschweige<br />
dennRegale für dieDiensträume<br />
gab, um von anderem nicht zu<br />
reden. Dazu galt es ganz grundsätzlich,<br />
sich im neuen Wirkungskreis zurechtzufinden,<br />
denn anders als bei meinen<br />
vorigen Stationen im Rheinland, im<br />
Moselland,inFranken, Hessen und<br />
Westfalen warAltwürttemberg eine<br />
besondere Herausforderung, weil in<br />
vielerlei Hinsicht eine terra incognita.<br />
Es gab alsoGründe genug abzulehnen.<br />
Trotzdem entschied ich mich nach Erwägung<br />
aller Umstände, das Angebot<br />
anzunehmen, setzte sich doch der Gedankedurch,<br />
dass dies eine ungemein<br />
guteGelegenheit sei, Gesellschaft und<br />
jüngereHistorie meines neuen Wirkungskreises,von<br />
der erlebten Wirklichkeit<br />
aus rückschreitend, besser<br />
Großkegel-<br />
Setzmaschine,<br />
Baujahr1966,<br />
diebis 1988 in<br />
der Produktion<br />
eingesetzt wurde<br />
kennen<br />
und verstehen<br />
zu lernen,<br />
und ich habe es nicht<br />
bereut. Icherinnere mich an viele<br />
spannende Abende mitder Lektüre<br />
des „<strong>Gäubote</strong>“ über150 Jahre hinweg,<br />
an viele Stunden mitVerleger,Redakteuren<br />
und technischen Mitarbeitern<br />
undnicht zuletzt auch an dieverstohleneFreude,<br />
wenn es hieß: „Woher<br />
wissen Sie denn das schon wieder?“ <br />
Wir haben etwas<br />
zum Feiern!<br />
Der <strong>Gäubote</strong><br />
hat seinen 175. Geburtstag.<br />
→ So einen Aufmacher gibt es nicht alle Tage:<br />
175 Jahre GÄUBOTE.<br />
Seit 175 Jahren gilt: Wersich über Herrenbergund das<br />
Gäu informieren möchte, vertraut auf den GÄUBOTEN<br />
mit seinem umfangreichen Lokalteil. Der GÄUBOTE,<br />
langjähriger redaktioneller Kooperationspartner<br />
der Stuttgarter Nachrichten und auch Partner der<br />
Stuttgarter Zeitung Anzeigengemeinschaft, ist ein<br />
Stück Geschichte im Kreis Böblingen und durch sein<br />
lokales Engagement sehr eng mit den hier lebenden<br />
Bürgerinnen und Bürger verbunden.<br />
Wir stoßen auf diesen Geburtstag im engsten<br />
Familienkreis an und gratulieren herzlich!
Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite38<br />
März<br />
1987<br />
Das Haus der schönen Stoffe<br />
Alles zum Nähen:<br />
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1992 Oktober<br />
März<br />
1995
Seite 39<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
Als nun 25 Jahre später die Bitte an<br />
mich herangetragen wurde, dieHistorie<br />
um diese Zeit weiter fortzuschreiben,<br />
hatte ich die seinerzeitigen Skrupelnicht<br />
mehr.ImGegenteil, diese<br />
Spanne deckte sich im Großen und<br />
Ganzen mitmeiner Amtszeit in Herrenberg,<br />
in der ichschon aus amtlichen<br />
Gründen den„<strong>Gäubote</strong>“ Tagum<br />
Taggelesen habe. Selbstverständlich<br />
erfuhr ichwiederum alle Förderung<br />
durch Verleger und Redaktion, fürdie<br />
ich herzlich danke. Dank gebührt auch<br />
StadtarchivarinDr. StefanieAlbus-Kötz<br />
und Frau Ingrid Haudek für so manche<br />
Arbeitserleichterung. Unschätzbare<br />
helfende Mitarbeit verdankeich Herrn<br />
Christian Kübler M. A., Tübingen; ich<br />
darf sagen, ohne ihn wäre mein Beitrag<br />
nicht in vorliegender Form zustande<br />
gekommen.<br />
Im Blickzurück:<br />
Die ersten 50 Jahre<br />
Am Anfang meiner Beschäftigung<br />
mit dem „<strong>Gäubote</strong>“ stand, wie ich<br />
mich erinnere,eine ganz unerwartete<br />
Überraschung:Denn als Erstes wollte<br />
ich im Staatsarchiv Ludwigsburg die<br />
Zensurakten im Umfeld der Gründung<br />
des „Intelligenzblatts“ einsehen.Dort<br />
präsentierte man mir unter einer einzigenNummer<br />
einen Stapel, archivisch<br />
Büschel genannt, der vom Boden<br />
bisnahe unter dieTischkante reichte.<br />
Leider arbeiteteich mich von oben<br />
nach unten durch, um zunächst festzustellen,<br />
dass weit über dieHälfte alleinden<br />
in Oberndorf am Neckar verlegten<br />
„Schwarzwälder Boten“ betraf,<br />
der vonseiner Gründung an regelmäßig<br />
mit dem Merkmal „Preßfrecheit“<br />
behaftet gewesenzusein scheint. Erst<br />
ganz am Ende,als Ertrag mühevoller<br />
Arbeit, stieß ich auf dienicht einmal<br />
ein Dutzend Schriftstücke umfassende<br />
Akte des HerrenbergerBlatts: ohne<br />
Beanstandung dieGründungsgenehmigung,keine<br />
Beanstandung in der<br />
Folge–ein Gewächs, das keinen Zensorhätte<br />
nähren können.<br />
Das warein Einstieg, der sogleich<br />
den Blick auf dasWarum und damit<br />
auf die Oberamtstadt,die Leserschaft<br />
und die Schriftleitung lenkte, insofern<br />
nämlich sich in diesem Befund sehr<br />
differenzierte gesellschaftliche Verhaltensweisen<br />
und Interessen spiegelten,<br />
welche es bei derLektüre stets als Frage<br />
im Auge fürinhaltliche und technische<br />
Gestaltungder Zeitung in ihren<br />
Entwicklungsphasen zu halten galt.<br />
Das Charakteristische lässt sich kurz<br />
zusammenfassen:<br />
Das Amtliche dominierte<br />
in den Anfängen<br />
und hielt sich<br />
derGewichtung nach<br />
stetsinvorderer Front.<br />
Sehr langsam nur erwuchs<br />
ein Anzeigenteil,und<br />
ebenso begann aus kleinsten<br />
Anfängen die Rubrik„Unterhaltung“sich<br />
zu entwickeln. An<br />
„Journalismus“ im heutigen Sinne<br />
war nicht im Entferntesten zu<br />
denken. Wenn recherchiert wurde,<br />
so nicht nah an Personen und<br />
Ereignissen, nicht einmal an lokalen,<br />
sondern durchWildern in ungenanntenfremden<br />
Presseorganen<br />
und verschwiegenen Büchern.<br />
Volksaufklärerisch im Sinne eines<br />
zu stärkenden historischen Bewusstseins<br />
versuchte sich namentlichder<br />
Dekan Friedrich August<br />
Scholl,der sich dazu auf die ihmzugänglicheHerrenbergerChronik<br />
des<br />
VogtesHeß stützte.Inden auchin<br />
Herrenberg, Stadt- und Oberamt,<br />
teilsrecht aufregenden Revolutionsjahren<br />
vonEnde 1847 bis Mitte<br />
1849 wandelte auchdas<br />
„Amts- und Intelligenzblatt“<br />
seinGesicht, sehr vorsichtig<br />
zunächst,dann die Parteiungenauch<br />
als ihr Sprachrohr<br />
der verfeindeten „Vaterländischen“<br />
und„Roten“ korrekt<br />
wiedergebend, um zuletzt<br />
wieder erschrocken<br />
sich einigelnd. Schon treffend beurteilte<br />
derselbst als Setzer und Autor<br />
im Druckereibetriebgroß gewordene<br />
Samuel Braun, ältester Sohn des Gründers<br />
Andreas Braun, das Lebenswerk<br />
seines Vaters als „kleines Lämpchen“,<br />
dessen Lichtlein keine Nahrung aus<br />
der Vorstellung von Pressefreiheit und<br />
-möglichkeit bezog und sich erst mit<br />
steigenderAnzahl derLeser und Annoncen<br />
nebenFormularen und sonstigen<br />
Druckaufträgen langsamzurentieren<br />
begann. Unterder Ägide seines<br />
Bruders Johann Georg, der demVater<br />
1869 folgte, gab es zwar inhaltliche<br />
und technischeVerbesserungen, es<br />
lässt sichjedoch sagen, dass thematische<br />
Neuerungen undAusweitungen<br />
mehr quantitativ als wirklich qualitativ<br />
erreicht wurden. Im Vorfeld des 175-<br />
Jahr-Jubiläums stellte ichfest, dass ich<br />
rückblickend zu den ersten 150 Jahren<br />
allenfalls dasseinerzeit festgehaltene<br />
nur aufbauschen, aberaus der Zeitung<br />
heraus und wegen, wie gesagt, mangelnder<br />
Zensur- und anderer Akten<br />
nichtwirklich Neues eruieren konnte.<br />
Gleichwohl will ich aus heutiger Sicht<br />
eine mirseinerzeit nicht zugängliche<br />
Beurteilung des württembergischen<br />
Pressewesens anführen, weil sie mir<br />
geeignet erscheint, in etwaden Stellenwert<br />
des Herrenberger„Amts- und<br />
Intelligenzblattes“ in diePresselandschaft<br />
einzuordnen. Es ist entnommen<br />
einem zuerst 1877ineinem Leipziger<br />
Verlag mit demTitel „Culturbilder aus<br />
Württemberg“ erschienenen, noch<br />
heuteaußerordentlich lesenswerten<br />
Bändchen,verfasst „von einem<br />
Norddeutschen“. 1 Da dieser anonyme<br />
Autor aber zu norddeutschen, speziell<br />
preußischen Verhältnissen eine lediglich<br />
oberflächliche Vorstellung hat,<br />
hingegen sich im Königreich bis in unvermutete<br />
Details und hier speziell zu<br />
Interna der Universität Tübingen, der<br />
1<br />
Culturbilder aus Württemberg, vierte Auflage, Leipzig 1886 (Faksimile-Nachdruck Reutlingen 1974), hier S. 57ff.<br />
Theologenausbildung und der Staatsverwaltung<br />
auskennt,wird es sehr<br />
wahrscheinlich einePerson gewesen<br />
sein,die, sei es vonGeburt an, sei es<br />
als „Reingeschmeckter“, intensiv mit<br />
württembergischen Verhältnissen in<br />
Berührung gestanden haben muss.<br />
Unterder Maske der Anonymität kritisiert<br />
derAutor durchaus zutreffend<br />
und in aller Regel nicht ohne hintergründigen<br />
Humor all das, wasaufs<br />
Korn genommen werden muss, und<br />
zumPressewesen unterstreicht er die<br />
Tendenzen derGroßen, weshalb es<br />
unsmöglich ist, aus dem Schweigen<br />
heraus unserOberamtsblatt einzuordnen.<br />
Die Kernaussage der„Culturbilder<br />
aus Württemberg“ lautet: „Zunächst<br />
nämlichkann darüber kein Zweifel obwalten,<br />
daßdieser[konservative] Charakterzug<br />
auf die Gestaltung derPreßverhältnisse<br />
in Württemberg vonhervorragendemEinfluß<br />
gewesen ist. Man<br />
muß diebefremdende Tatsache constatiren,<br />
daß Württemberg keine größere<br />
wirklich liberale Zeitung besitzt,<br />
und in seiner ganzenTagespresse einen<br />
wenig kritischen und intelligenten<br />
Eindruck macht. Der ’Staatsanzeiger’<br />
ist gut redigirt,aber nur amtlich,<br />
in litterarischen Anzeigen oft<br />
recht gutbedient, der ’Merkur’<br />
hat zwar um dieFörderung<br />
des nationalen Bewußtseins<br />
sich sehr großeVerdienste<br />
erworben, vertritt aber<br />
selbständig sehr wenig<br />
Ideen und ist besonders<br />
in seinem unpolitischen<br />
Theil auffallend schwäbischund<br />
partikularistisch,<br />
indemerpartikularistische Ereignisse,<br />
schwäbische Mißgeburten<br />
vonFerkeln, Kälbern u.s.w., Producte,<br />
litterarischeLeistungen so unkritisch<br />
und überzeugungstreu behandelt, daß<br />
manvon diesem Theil, besonders<br />
durchdas Hervorheben aller schwäbischen<br />
Leistungen, eher eine Förderung<br />
des schwäbischen Partikularismus erwarten<br />
dürfte.<br />
Eine stehende Rubrik der ausführlichen<br />
Nekrologevon großen Württembergern<br />
sinktbis auf dieStallmeister<br />
undden vertrunkenen Bureaubeamten<br />
herunter.[…] Manwird sichvergeblichnach<br />
Blättern umsehen von<br />
annähernder Bedeutung, wiesie die<br />
großen preußischen Provinzialblätter<br />
haben. […] Alle […] schwäbischen Zeitungen<br />
sind (die Reichspost ganz besonders),<br />
mehr oder minder conservativ<br />
(am wenigstendas Tageblatt), und<br />
fastjede hütet sich, <br />
1837 AndreasBraun,<br />
Buchdruckeraus Reutlingen,<br />
beantragtam31. Oktober bei<br />
der Königlichen Regierung,inHerrenbergeine<br />
Druckerei gründenund einmal pro Woche ein<br />
Amtsblattveröffentlichen zu dürfen. Am 13.Dezember erhält<br />
er die Konzession.<br />
1838 Die Erstausgabe: Am 7. Juli erscheint das<br />
„Intelligenzblatt für den Oberamtsbezirk Herrenberg“<br />
zum erstenMal. Bekanntmachungen,Unterhaltendes,<br />
Beiträge aus derGeschichte der Stadt und private Annoncen<br />
erfreuen von nun an immer samstags einenoch<br />
kleine Leserschaft. Jährlich kostet das Blatt eineinhalb<br />
Gulden,was heuterunden 53 Euro entspräche.<br />
1840 Vonder<br />
Bronngasse ziehtdie<br />
Braun’sche Druckerei<br />
in die untere Spitalgasse.
Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite40<br />
1937<br />
Juni<br />
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Seite 41<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
Beschwerden über offenkundige<br />
MißständeimLande, in derBeamtenwelt<br />
u.s.w. zu bringen, worin wohl der<br />
„Merkur“ die allergrößte Vorsicht von<br />
jeher bewiesen hat. […] Trotzdem man<br />
stetsdie breite demokratische Grundlage<br />
desschwäbischen Staatswesens<br />
im Gegensatz zu dem „junkerhaften“<br />
Preußen, wieman hier hört, rühmt, ist<br />
mannirgends von der Macht der Behörde<br />
so durchdrungen, nirgends so<br />
ängstlich,ja, wirkönnen geradezu sagen,<br />
so feig, wiehier.<br />
Das einzige mutige Blatt ist der demokratische<br />
’Beobachter’. […] Fast<br />
wird man demnach behaupten dürfen,<br />
daß die württembergische Presse die<br />
unkritischste und schlechteste in<br />
Deutschlandist.“<br />
Aus der Vergessenheit<br />
zurückgeholt:<br />
Samuel Braun<br />
Ein Defizitinder Festschrift zur<br />
150-Jahr-Feier ist die Vita des ältesten<br />
Verlegersohns Samuel Braun geblieben.<br />
Vonihm war aus der Zeitung nur<br />
bekannt, dass er gerade in den Revolutionsjahren<br />
mitBeiträgen im Blatt seines<br />
Vaters vertreten war,dann nach<br />
längerer Pause unter Angabe seines<br />
Wohnorts Liverpool mit eher seltenen<br />
Beiträgen in den 60er Jahren. Mein Interesseanihm<br />
wurde durch einen EintragimSchülerverzeichnis<br />
derLateinschule<br />
geweckt: „SamuelBraun, Sohn<br />
eines Buchdruckers,inParis, dann<br />
Photograph in Liverpool, kommtzurück<br />
als großer Herr“. 2 Alle Bemühungen,seinen<br />
LebenswegimGanzen zu<br />
erhellen, blieben erfolglos. Weder die<br />
Familienüberlieferung noch die Kirchenbücher<br />
nochdie Auswanderungsakten<br />
gaben Auskunft, und aus Liverpool<br />
gabeskeine Nachricht. Jetzt wieder<br />
aufgenommene Bemühungen liefen<br />
zunächst ebenso insLeere, da kein<br />
einziges Nachschlagewerk zu Künstlern<br />
auch nur eine Notiz enthielt. Als<br />
die Akte schon so gutwie erneut geschlossen<br />
war, gelang es meinem Mitstreiter<br />
ChristianKübler über nicht für<br />
jedermann zugängliche Onlinedatenbanken<br />
dochnoch die richtige Spur zu<br />
finden.Das Ergebnis stellte eine Überraschung<br />
dar,führte es doch zum<br />
Nachlass des Gesuchtenimdeutschen<br />
LiteraturarchivMarbach: 3 1828 in<br />
Reutlingen geboren,lernte er ab seinem<br />
11. Lebensjahr–neben der Schule<br />
–inder väterlichen Druckerei das<br />
Handwerk des Schriftsetzers. Nachdemermit<br />
19 Jahren ausgelernt hatte,<br />
betätigteersich als Gehilfe desVaters<br />
in derSchriftleitung. In denRevolutionsjahrenscheint<br />
er im Hintergrund<br />
derjenigegewesen zu sein, der in ersterLinie<br />
für eine Öffnung des „Amtsund<br />
Intelligenzblatts“ als Organ der<br />
gegnerischen Personen undParteien<br />
plädiert hat. Im Juni 1849 focht er mit<br />
den „Roten“, von denen er sichwegen<br />
einesaus einer fremden Zeitung abgekupfertenArtikels,<br />
denman ihmpersönlichzugeschrieben<br />
hatte, einen<br />
Schlagabtausch übermehrere Runden<br />
aus. Nahm er hier einen durchaus konservativenStandpunkt<br />
ein, so scheint<br />
sich das in der Folge geändert zu haben,<br />
denn spätestens 1852 taucht er<br />
in Paris auf,woer„als politischer Verdächtiger“<br />
zu der Zeit, „als Louis Napoleon<br />
dieKaiserkrone erhielt“, also im<br />
Samuel Braun<br />
(1828 bis 1892),<br />
Schriftsteller,<br />
Malerund unkonventioneller<br />
Geist<br />
Dezember dieses Jahres, kurzzeitig in<br />
Haft kam. Unklar ist, ob er auf dem<br />
Wege nach Paris oder von dort aus seine<br />
Frau Eva Eichmann, eine Tochter<br />
des Bildhauers und „Kirchendekorieres“<br />
Eichmann aus Koblenz, heiratete.<br />
Wie demauch sei, nach rund zehnjährigem<br />
Aufenthalt in Paris ging er nach<br />
Liverpool. Seinen Lebensunterhalt verdiente<br />
er als Porträtmaler im Studio<br />
des Fotografen de Ferranti, und zwar<br />
nachdessen Bildvorlagen. Mitdiesem<br />
verbandihn offenbar<br />
bald einsopersönliches<br />
Verhältnis, dass<br />
er 1864Taufpate von<br />
dessen Sohn Sebastiano<br />
Pietro Innozenzo<br />
Zani de Ferranti wurde. Dieser<br />
machte sich später als Elektroingenieur,der<br />
sein Zentralgeschäft in Londonerrichtete,<br />
einen Namen und erlangte<br />
insbesondere in denVereinigtenStaaten<br />
speziell wegen der von<br />
ihmerfundenenBogenlampen zur<br />
Straßenbeleuchtung Berühmtheit.<br />
Spätestens in Liverpool bemühte<br />
sich Samuel Braun, seinepoetischen<br />
Verlegersohn mit<br />
poetischerNeigung<br />
Neigungen einem breiten Publikum<br />
bekanntzumachen. Zwei Bändchen<br />
Gedichte ließ er beiseinemVaterbzw.<br />
Bruder drucken, daserste 1863, das<br />
zweite 1879.Diese Gedichte sind inspiriertdurch<br />
seine eigene Verarbeitung<br />
von Erscheinungen des Alltagslebensaller<br />
Art, jedoch auch mit einigen<br />
Spezialthemenbefasst wieeiner recht<br />
harschen Kritik an der selbstgepflogenenÜberheblichkeit<br />
pietistischer Kreise<br />
oder dem Schmerz derallzu früh<br />
vermissten Mutterliebe,gepaart mit<br />
einergewissen Hassliebe zu seiner<br />
Stiefmutter.Weiterhin gibt es Widmungsgedichteanbesonders<br />
nahestehende<br />
oder verehrte Freunde und Gefährten,<br />
so auchanden Maler Theodor<br />
Schüz, mit demerdie Herrenberger<br />
Lateinschule besuchthatte. Schon bei<br />
solchen Gelegenheiten und nicht selten<br />
in anderen Werken scheint ein<br />
bald grübelnder,bald melancholischer<br />
bis depressiver Charakterzug durch.<br />
Nach dem Todseiner Frau am 4. Januar<br />
1884 zog Samuel Braun nach<br />
London,vermutlich veranlasst durch<br />
dieBekanntschaft mit demjüngeren<br />
de Ferranti.Durch eine Predigt des<br />
Geistlichender deutschen Kirchengemeinde<br />
wurde er dazu angeregt, das<br />
Drama „König Salomos letzte Liebe“<br />
zu schreiben,dem er einweiteres über<br />
eindramatisches Malerleben mitdem<br />
Titel „LucaCambiaso“ 4 folgen ließ.Beide<br />
blieben, wie auchein drittes Gedichtsbändchen,<br />
ungedruckt.<br />
Merkwürdigverschwiegen und unscharf<br />
istdas Verhältnis Samuel Brauns<br />
zu seinerFrau und seinen Kindern. Er<br />
hattewenigstens zwei Söhne, vondenen<br />
wirvon einem nur den Buchstaben„E“<br />
als Initiale<br />
des Vornamens kennen,<br />
der andere hieß<br />
Fritz, was mannur<br />
wegeneiner Adressenanfrage<br />
weiß. Seine<br />
Tochter bezeichnet er zwar einmal<br />
als sein„Alter Ego“, für ihn gleichsam<br />
wie einSohn, ohne indes ihren Namen<br />
zu nennen.Samuel Braun starb am 10.<br />
Oktober1892inLondon. Sein Bruder<br />
Johann Georgdrückte im „<strong>Gäubote</strong>“<br />
seineTrauer mittels einer sehr bescheidenen<br />
Todesanzeige aus, in welcherder<br />
Kinder nicht gedacht wird.<br />
Um 1890 hatte Braun<br />
<br />
2<br />
Zitiert nach: Walter Gerblich, Herrenberg und seine Lateinschule, Herrenberg [1962], Seite 121f.<br />
3<br />
Deutsches Literaturarchiv Marbach, Bestand A: Braun, Samuel, desgleichen in B77.<br />
4<br />
ItalienischerMaler,1527 bis 1585, dessen Hauptwerke sich in Genua befinden. 1583 von König Philipp II.von Spanien berufen, dieAusmalung desEscorial zu vollenden. Vielleicht<br />
Vorbild des Autors undingewisser Weise seelenverwandt, da er im Alter mit Schwermut kämpfte.<br />
1842 Unter dem Titel<br />
„Amts- undIntelligenzblatt“<br />
bringt Andreas Braun das Blatt<br />
in größerem Format heraus und versprichtden<br />
Lesern im Oberamt, „zu unterhalten undzu<br />
nützen und sich die Gewogenheit derAbonnenten immer<br />
mehrzugewinnen“.<br />
1846 Die ersten „Tagesneuigkeiten“,<br />
vor allem aus dem Königreich Württemberg,werden<br />
in die Spalten eingerückt.<br />
Lokale Nachrichten kommen hinzu, der<br />
Umfang wächst stetig.<br />
1855 Pro Woche<br />
erscheint nun, vereinzelt<br />
undbei Bedarf,eine zweite<br />
Ausgabe. Ab Juli 1865<br />
kommt das Blatt immer<br />
mittwochsund samstags<br />
heraus.<br />
1859 Der zweite Sohn<br />
Johann Georg Braun tritt<br />
als Teilhaber in das Unternehmen<br />
ein.
Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite42<br />
in London mit dem Pädagogen<br />
und SchillerforscherCarl Friedrich<br />
Müller-Palleske Freundschaft geschlossen.<br />
Dieser fungierte als sein Nachlassverwalter.Erließ<br />
ein Verzeichnis der<br />
vorgefundenenBilder desVerstorbenenmit<br />
211 Hauptnummern drucken;<br />
thematisch gegliedert in 13<br />
Gruppen, ausgeführt in diversen<br />
Techniken wie Öl, Aquarell, Kreide,<br />
Kohle und Bleistift. Es war<br />
der Versuch, diese Werke einem<br />
möglichen Käuferkreis schmackhaft<br />
zu machen. Müller-Palleske<br />
selbst fand den schriftlichen<br />
Nachlass so bemerkenswert, dass<br />
er ihn im Dezember1906 dem<br />
Schiller-Museum in Marbach, zu<br />
dem er gute Beziehungen unterhielt,<br />
übergab. Eine Persönlichkeit<br />
und das Werk einbeziehende biografische<br />
Studie über Samuel<br />
Braun wärezweifellos eine reizvolle<br />
Aufgabe, die hier freilich nicht geleistetwerden<br />
soll noch kann.<br />
Für dieGeschichte des„<strong>Gäubote</strong>“<br />
ist sein im Jahre 1888 verfasstes Gedenkblatt<br />
zum50-jährigen Bestehen<br />
vonDruckerei und Zeitung hervorzuheben.<br />
Im Folgenden sei einAuszug<br />
vorgestellt, ausgewählt nach denpersönlichenErinnerungen<br />
und einigen<br />
für dasdamalige Herrenberg interessanten<br />
Geschichten, die er hat einfließen<br />
lassen.<br />
Aus dem Gedenkblatt<br />
SamuelBrauns von 1888<br />
„Im März des Jahres 1838 schritt ein<br />
Mannvon mittlerer Statur durch das<br />
Burgholz bei Tübingen; kehrte in der<br />
Universitätstadt einund suchte die<br />
Fahrstraße, die nach Herrenberg führt.<br />
[…] Dieser Mann war Andreas Braun,<br />
der Gründer derBuchdruckerei und<br />
des ’Intelligenz=Blattes’ in Herrenberg<br />
(nun „<strong>Gäubote</strong>“). Er war auf dem Wege,<br />
die letzten Vorkehrungen für seine<br />
Niederlassung in Herrenberg zu treffen,<br />
die nach wenigen Wochen erfolgte.<br />
Am 15. Maidieses Jahrs waren 50<br />
Jahre verflossen<br />
Im Gedenkblattzum<br />
50-jährigen Jubiläum<br />
schildertSamuel<br />
Braundie harte<br />
Zeitder Unternehmensgründung,<br />
die<br />
der Familie und auch ihm alsZwölfjährigem<br />
alles abverlangt hat<br />
seit der Gründung<br />
des Geschäfts, und der geneigte Leser<br />
wird meine Absicht nicht mißdeuten,<br />
wenn ich als der Sohn desGründers<br />
den Versuch mache, die Etablirung der<br />
BuchdruckereiinHerrenberg darzustellen.<br />
[…]Andreas Braun war am 1.<br />
Mai 1800 geboren in Reutlingen, der<br />
damals noch freien Reichsstadt. […]<br />
Fast in jeder Oberamtsstadt Württembergswar<br />
eine Druckerei; einer seiner<br />
Freunde war in Münsingen<br />
etablirt, der ihn ermuthigte.<br />
So machte er sich denn auf<br />
den WegnachHerrenberg<br />
und suchte beim Königlichen<br />
Oberamt um die Erlaubniß<br />
nach, eine Druckerei<br />
gründen und ein Amtsblatt<br />
herausgeben zu dürfen.<br />
Die Erlaubniß war<br />
nach wenigen Wochen<br />
eingeholt, was an Mitteln<br />
noch fehlte, wurde herbeigeschafft.<br />
Nun erwies<br />
sich sein guterName als<br />
eine große Hilfsquelle.<br />
Der Eigentümerder großen<br />
Druckerei Heerbrandt,<br />
in derer23Jahre,erst<br />
als Lehrling und<br />
dann als Gehülfe, verbracht<br />
hatte, lieh die<br />
fehlende kleine Summe.<br />
[…]<br />
Seiner eigenen Klugheit<br />
nicht ganz vertrauend,<br />
suchte er beiseinem ersten<br />
Besuch in Herrenberg die Meinungeines<br />
verständigen und erfahrenen Mannes<br />
zu hören. […] Als einer der klügsten<br />
Männer in Herrenberg wurde ihm<br />
der wohlhabende Kaufmann Vögele<br />
bezeichnet. Zu diesem Mann ging er.<br />
Vielen ist wohl noch diecharakteristische<br />
GestaltKaufmann Vögele’s erinnerlich,<br />
ebenso wiesein enger Kramladen.<br />
Der nicht unhöfliche Mann lud<br />
meinen Vater ein, auf einem der zwei<br />
Stühle im etwa10Schuh langen Seitenverschlag<br />
Platz zu nehmen. Wasin<br />
diesem dunklen Raum, in den niemals<br />
Mond oder Sonneschien, die Aufmerksamkeit<br />
erregte, war eingroßer<br />
langer Kasten.Dieser Kasten diente<br />
am Tage als Tisch. Nachts wurde der<br />
Deckel des Kastens abgehoben und<br />
zeigte dasBett, in dem dieser Diogenes<br />
schlief. 5 […] Die Meinung des<br />
Herrn Vögele war: in Herrenberg könne<br />
einBuchdrucker sein Brod nicht<br />
finden, da Zeitungen, Schulbücher<br />
und dergleichen von Stuttgart bezogen<br />
werden. Allein seine Klugheit wurde<br />
zu Schanden.Inder Welt geht es<br />
oft sonderbar zu. –Indemselben Hause,<br />
und auf denselbenStellen, an denen<br />
dieser Mann handirte, befindet<br />
sichseit 19 Jahren dieBuchdruckerei,<br />
dererdie Lebensfähigkeit absprach<br />
und die nun seit50Jahren besteht.<br />
Nun wurde das kleine Elternhaus in<br />
Reutlingenund alles Entbehrliche verkauft,<br />
die Buchdrucker=Utensilien angeschafftund<br />
Abschied genommen.<br />
[…]Die Erfindung Gutenbergs fand zuerst<br />
Raum in einem Bäckerhause in<br />
der Bronngasse. Die schwere große<br />
hölzerne Buchdruckerpresse warvon<br />
sehrprimitiver Artund von der,welche<br />
Gutenberg diente, nicht sehr abweichend.<br />
Wasman sich fragte, war,<br />
ob der Boden nicht nachgebe, das Gebälk<br />
stark genug sei, um die 4Zentner<br />
schwerePresse und die noch schwererenSetzkästenzutragen.AlleinBäcker<br />
Fischer hatte den Muth, ein so schweresDamoklesschwert<br />
über seinem<br />
Hauptzuhaben, denn Druckerei <br />
5<br />
Zu ihm heißt es in der Liste „der vor 1800 geborenen Schüler“ derLateinschule: „lebt alsEinsiedler,gestorben 1861, hinterlässt sechs Zentner Geld in einer Mulde“; zitiert nach W.<br />
Gerblich, Lateinschule (wie Anm. 2), Seite 121. Wasman für ein Märchen oder Phantasterei halten könnte, wird durch dieSterbeinventur desSonderlings im Stadtarchivbestätigt:<br />
ImmanuelVögele, Konditor und Kaufmann, starb 1861 undhinterließ einVermögen im Wert von nahezu 45.000 Gulden (nach heutiger Einschätzung jedenfalls Millionär).Er<br />
scheint der bei weitem reichste Herrenberger um dieMitte des19. Jahrhunderts gewesen zu sein. DieVermögensaufnahme und -verteilungbenötigte fastdrei Jahre.<br />
Seit 1936<br />
Schuhhaus&Schuhmacherwerkstatt<br />
Inh. Klaus Haarer<br />
Spitalgasse 5/7<br />
71083 Herrenberg<br />
Telefon (0 70 32) 64 81<br />
www.schuhhaus-weinhardt.de<br />
1963<br />
Juni
Seite 43<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
und Wohnung waren nicht zu<br />
ebener Erde.<br />
Da warensie nun –Vater und Mutter<br />
mit5Kindern, von denen das älteste<br />
12, dasjüngste einJahr alt war.<br />
Wie meine Eltern in der ersten Zeit<br />
des Aufenthalts in Herrenbergsich<br />
mit derFamilie durchbrachten, als<br />
noch kein Verdienst da war,ist mir<br />
ein Räthsel geblieben und ich habe<br />
nienach dem’wie’ zu fragengewagt.<br />
Die’Bekanntmachung’, datirt<br />
26. May1838, daßeine Buchdruckerei<br />
in Herrenberg etabliertsei<br />
und ein ’Wochenblatt’ erscheinen<br />
werde,liegt vormir.Ein bescheidenes<br />
Blättchen, daserste<br />
Lebenszeichender Druckerei,<br />
dasich nicht ohne Respekt ansehe.<br />
[…] Ebenso bescheiden und<br />
klein ist dieerste Nummer des<br />
„Wochenblatts“,die ebenfalls<br />
vor mirliegt. Sie trägt den Titel:<br />
Intelligenz=Blatt für denOberamtsbezirk<br />
Herrenberg (mit<br />
Königl. allergnädigster Genehmigung.)<br />
No 1. Samstag den 7.<br />
Juli 1838<br />
Diese erste Nummer zeigt<br />
nur ein Avertissement. Der<br />
muthigeMann, der auf diesem<br />
in Herrenberg ungewöhnlichen<br />
Wege etwas bekanntmachte,<br />
verdient, genanntzuwerden.<br />
Es warKüfermeister<br />
Volz. Damals war<br />
der Polizeidiener auchAusscheller,der<br />
an den Straßenecken<br />
dieß oder das bekannt machte.<br />
Oder einer sagte demAndern, was er<br />
zu kaufen oderzuverkaufen wünschte.<br />
Nursehr allmählig ward das Wochenblatt<br />
zu Bekanntmachungen benützt.<br />
Nun will ichzweier edler Männer gedenken,deren<br />
Namen auch in derersten<br />
Nummer des Intelligenz=Blattes<br />
sich finden, und die meinen Vater von<br />
Anfang desUnternehmens<br />
an ermuthigt und mit<br />
ihrer Achtungerfreuthatten, und ihm<br />
in jeder Weise in seinem Geschäft behülflich<br />
waren. […] Sie waren Dekan<br />
M. (Magister) Schollund Oberamtmann<br />
Martz. […]Ich glaube, Dekan<br />
Scholl wurde nur von Wenigen in seinemwahren<br />
Werth erkannt. 6 […]<br />
Das Intelligenzblatt erschien nun<br />
pünktlich jeden Samstag Morgen.<br />
Nach und nach wurde auchvon seinen<br />
Spaltenfür Anzeigen häufiger Gebrauch<br />
gemacht, so<br />
daß demHaushalt kleinere<br />
Summen zufloßen.<br />
Aber auch eine<br />
schlimme Erfahrung<br />
mußte mein Vater in<br />
den ersten Monaten machen.<br />
EinzahlungsunfähigerBürger<br />
von Calw<br />
ließvon ihm eine ziemlichumfassende<br />
Broschüre<br />
drucken. DieseArbeit<br />
nöthigte ihn, für einige<br />
Wochen einen Gehülfen<br />
einzustellen.Nur wenige<br />
Gulden bezahlte einVerwandterdes<br />
schlechtgesinntenAuftraggebers<br />
–<br />
derVerlustwar zurZeit<br />
nicht leicht zu verschmerzen.<br />
[…]<br />
[Nach dem Todder Mutter<br />
Margaretha am 21.Dezember1839]<br />
brachte dasJahr<br />
Öl, Aquarell, Kreide,Bleistift–<br />
im Verzeichnis der Werke von<br />
Samuel Braun, das im Schiller-Museum<br />
in Marbach aufbewahrtwird,<br />
sind über 211<br />
Arbeiten dokumentiert<br />
1840 eine große Veränderung<br />
derDinge. Mein Vater verehlichte sich<br />
wieder.Die unerwachsenen Kinder<br />
brauchten eine Pflegerin. Sie lebt<br />
noch,ich ziehe meinen Hut dank= und<br />
respekt=voll ab und–fahre weiter.Das<br />
Geschäft wurde in dieSpitalgasse in<br />
dasdurch ihre Mitgift erworbene Haus<br />
verlegt. 7 Nun fingen fürmich die Arbeits=<br />
und Leidens=Jahre an. Ich war<br />
12 Jahrealt.Nun gingesvon derSchule<br />
an den Setzkastenund vom Setzkasten<br />
wieder in dieSchule. Zu Knabenspielen<br />
blieb keine Zeit. Es wareben<br />
eine Notwendigkeit, mich so früh<br />
nützlich zu machen:ein Gehülfe hätte<br />
den Profit des Geschäfts aufgezehrt.<br />
Der schlimmste Tagwar immer der<br />
Freitag, an demSatz und Druck des<br />
Blattes beendet werden mußten. Bis<br />
12 UhrNachtsarbeiteten dann Vater<br />
und Sohn und sehr oft bis4UhrMorgens.<br />
Dieamtlichen Bekanntmachungen<br />
waren auf der ersten Seite zu placiren,<br />
allein Freitag Abends ward zuweilen<br />
nocheine amtliche Bekanntmachunggebracht,<br />
diekeinen Verzug<br />
litt. Nun mußte derSatz auseinandergerissen,<br />
dieBekanntmachung gesetzt<br />
und eingefügt werden,und das gab eine<br />
arbeitschwere fast schlummerlose<br />
Nacht. Da lernte ich im halben Schlafe<br />
oder Halbtraume ’aufwalzen’ (mit der<br />
Walze denSatz schwärzen beim Druck<br />
einesjeden Bogens).<br />
Samstag morgens war ich Zeitungsausträger.<br />
In Frost und Hitze, Regen,<br />
Eisund Schnee ging’s durchdie StraßenBerg<br />
auf und ab. Da gab es zahllose<br />
Schnupfen und Gefahren,auf dem<br />
Glatteis dieGlieder zu brechen. […]<br />
Aber die Plagen des Zeitungsaustragens<br />
in aller Frühe waren nicht zu vergleichen<br />
mitden Aufregungen und<br />
Nervenerschütterungen, dieich erlitt<br />
auf nächtlichen Gängen nach demDekanathaus<br />
voroder nach Mitternacht,<br />
wenn ich Freitag Nachts demHerrn<br />
Dekandas Blatt zur Correktur einer<br />
Bekanntmachung zu bringen hatte.<br />
[…] Dashatte seinen guten Grund:<br />
Knaben hatten mirals zweifellose<br />
Wahrheit beigebracht, daßNachts der<br />
fromme Oetinger (ich glaube so hieß<br />
er)aus seinem Grabe steige <br />
6<br />
Zu ihm alsVertreter einer liberalen Theologie: Harald Müller-Baur,Zeichen der Zeit –Zeit des Umbruchs. Kirche im 19. Jahrhundert, in: R. Janssen, H. Müller-Baur (Hrsg.), Die<br />
Stiftskirche in Herrenberg, HerrenbergerHistorische Schriften, Bd. 5, 1993, S. 209ff., hier S. 222ff.–Die Wertschätzung Scholls geht sicher nicht aufeine Jugenderfahrung Brauns<br />
zurück, sondern auf dieHaltung desErwachsenen, der mitdem in Herrenbergseit demDekan Sixt Karl Kapff ab 1847 vorherrschenden Pietismus nicht klar kam.<br />
7<br />
DasHaus istnicht genau zu lokalisieren, es muss zwischen dem Spital und demheutigen Stadtmauerdurchbruch zum Katzengraben gelegen haben. DerKaufwert betrug<br />
700 Gulden.<br />
automatische<br />
Sonnensegel<br />
1995<br />
März<br />
Seeger<br />
Herrenberger Str.34 71154 Nufringen<br />
Tel. 07032 -82103 www.seeger-hm.de
Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite44<br />
Alle technischen<br />
Revolutionen mitgestaltet<br />
Das Jubiläum steht<br />
fürKontinuität und<br />
Verantwortung<br />
Am 7. Juli1838, vor 175 Jahren, erschien die<br />
erste Nummer des „Intelligenzblattesfür den<br />
Oberamtsbezirk Herrenberg“ mit Königlich allergnädigster<br />
Genehmigung des Königs von Württemberg.<br />
Der Verband Druck und<br />
Medien gratuliertder Verlegerfamilie<br />
Schöllkopf zu<br />
diesem Jubiläum sehr herzlich,wir<br />
sind stolz, ein Unternehmen<br />
mit dieser Tradition<br />
in unseremVerband<br />
zu wissen.<br />
DasWort Jubiläum steht nicht nur für Kontinuität,<br />
sondern vorallemfür unternehmerische Verantwortung,<br />
ein Wert, der in unserer schnelllebigenZeitwichtigerdennjeist.<br />
Der„<strong>Gäubote</strong>“ ist dem gedruckten Wort verpflichtet,<br />
in dieser Verantwortung hat er sich immer<br />
gesehen.<br />
Ihr Haus hat alle technischen Revolutionenin<br />
unserer Branche nicht nur bewältigt, sondern an<br />
vorderer Stelle mitgestaltet.Hiervon zeugt die hohe<br />
Qualität,inder der<br />
„<strong>Gäubote</strong>“ hergestellt<br />
wird.<br />
Die baden-württembergischenKollegenbetriebe<br />
danken dem Haus für die<br />
Mitgliedschaft im Verband<br />
Druck und Medien seit der<br />
ersten Stunde,sie wünschen demUnternehmen<br />
und vor allem der Unternehmerfamilie für die ZukunftGlück<br />
und Erfolg.<br />
In der Tradition unserer Branche sagen wirIhnen:<br />
„Gottgrüß‘ die Kunst.“<br />
Axel Ebner,<br />
Verband Druck<br />
und Medien,<br />
Vorsitzender
Seite 45<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
und den unseligenGeistern predige,<br />
die aber nur als Flammen in den<br />
Kirchenstühlen sichtbar seien. 8 Eines<br />
Tages wagte ich um Mitternacht hinüberzusehenund<br />
siehe da –die Kirchenfenster<br />
waren hell erleuchtet! –<br />
Icheilte entsetzt demDekanathause<br />
zu undhier empfing mich an der<br />
Haustreppe ein rasender Pudel, der<br />
bellte,als hätte er einDutzend Teufel<br />
im Leibe. Sollte es ja auchhier ’nicht<br />
sauber’sein: im großen Hausgang sei<br />
die Thüre des ’Geisterkämmerleins’,<br />
die nie geöffnet werde, zu sehen. 9 […]<br />
Man hätte es glaubenkönnen in<br />
Herbstnächten. Wenn dieWinde um<br />
das hochgelegene Hausheulten, waren<br />
schauerliche Töne vernehmbar.<br />
Bald klang es wie Weinen und Flehen,<br />
bald wieSchelten oder Klagen, unheimlicheStimmen,<br />
wiedie vonSeelenimFegefeuer.Die<br />
Herren GeistlichenimDekanathaus<br />
scheinen übrigens<br />
nichtsehr von Gespenstern geplagtzuwerden,<br />
denn sie harren gewöhnlich<br />
aufihrem romantischen<br />
herrlichen Wohnsitz bis zumLebensendeaus.<br />
Wasesmit dem Spuck in<br />
der Stadtkirche für eineBewandtnis<br />
habe,davon überzeugte ichmich<br />
zuletzt. Ueber meine Furcht ergrimmt,<br />
untersuchteich und fand,<br />
daß das Mondlicht den Fenstern<br />
den Schein der Beleuchtung lieh.<br />
[…] Die Geisterder Herren, deren<br />
Grabsteine dieKirche umgeben,<br />
verhielten sich sehr ruhig. Aber<br />
damals spuckteeseben noch viel<br />
in Herrenberg, besonders in den Köpfen.<br />
Das Bild dieser Kirche ist mir ins<br />
Gedächtniß gebrannt auch durch die<br />
Stunden, die ich an Sonntagmorgen in<br />
ihren Räumen zu verbringen hatte. Da<br />
solltendie Schulkinder die Predigt<br />
nachschreiben! Ich saßamAltar in<br />
Zugluft und Winterkälte mit steifen<br />
Fingernund halbeingefrorenem Gehirn<br />
und mühte mich –vergebens. Kindernzuzumuhten,<br />
eine Predigt nachzuschreiben!<br />
–welche Quälerei! Der<br />
Sonntag verging unter der Angst für<br />
den nächsten Morgen. Die Buchdruckerlehrlingsjahre<br />
waren fürmich eine<br />
freudenlose Zeit und wenig geeignet,<br />
Leib und Seele zu kräftigen und die zu<br />
frühekörperliche Anstrengung (besondersdas<br />
andauernde<br />
Stehen) hatten<br />
eine mehrjährige Knochenkrankheit<br />
zurFolge. Auch war es zuweilennicht<br />
herzerhebend,Abhandlungen über<br />
Kartoffelkrankheit und Mistbereitung<br />
zu setzen. […]<br />
DasGeschäft schlugfestere Wurzeln<br />
mitden Jahren, war doch mein Vater<br />
ein Mann, der auchdem Felsen Nahrung<br />
abzuzwingen vermocht hätte.<br />
Keine Arbeit wurde verschmäht, auch<br />
wenn sienoch so wenig einbrachte. Eine<br />
seiner ersten Druckschriftenwar eine<br />
Broschüre: ’Herrenberg wie es vor<br />
hundert Jahren war’, zusammengestellt<br />
aus alten Chronikendes Städtchensdurch<br />
Dekan Scholl. 10 Manhätte<br />
glaubensollen, das könnte jeden Herrenberger<br />
Bürger interessieren, allein<br />
die<br />
Druckkostenwurden nicht gedeckt!<br />
Dann wurdeein Unterhaltungsblatt“<br />
herausgegeben, redigirt von<br />
Rechtsconsulent Krauß. […]Später erschien<br />
ein anderes Unterhaltungsblatt,<br />
in Oktav=Format,beeinflußt von<br />
Dekan Scholl, dasmehrere höchst gediegene<br />
Novellen brachte. Es erschien<br />
monatlich. Dieerschienenen Nummern<br />
bilden 2starkeBände. Allein es<br />
konnte nichtWurzel fassen. Auch eines<br />
viele Bogen enthaltenden Buches<br />
erinnere ich mich, das voneinem<br />
HerrnPfarrer verfaßt war und in Hoffnung<br />
auf bescheidenen Verdienst gedrucktwurde.<br />
Es führte denTitel:<br />
’Großartiges und Fremdartiges in Kirche,<br />
Schule undLeben’. Es wurden nur<br />
etwa15Exemplare verkauft! Ich erinnere<br />
mich, daß die Handschrift<br />
des Verfassers eine unglaublich unleserlichewar<br />
und das Setzen der<br />
Schriftzueinem Märtyrerthum<br />
machte.[…]<br />
Derallein sichere Verdienst wurde<br />
durch denDruck desWochenblatts<br />
undder den Beamten nöthigen Tabellen<br />
erzielt.Redakteureines kleinenBlattes<br />
zu sein, dazu gehört wohl<br />
nicht viel, sollte mandenken. Allein es<br />
erfordert hellen Verstand, hohe Schulbildung,<br />
Takt, große Einsicht und Umsicht.<br />
Daserfuhr mein Vater wohl.Zu<br />
seinem Glück konnte er oftdurchhellen<br />
Verstand ein wenig ersetzen, was<br />
ihm an höherer Schulbildung fehlte.<br />
DieLeser waren sehr empfindlich.<br />
Einen Scherz oder einEpigramm, aus<br />
irgend einem vergessenen Buche abgedruckt,<br />
suchte derEine oder Andere<br />
auf sich zu beziehen. […]Eines Tages<br />
wurde eine Anekdote aufgenommen,<br />
in der ein Stotterer denStoff zumLachen<br />
liefert. Aber –ohweh! Einer der<br />
meinem Vater hochachtbaren Bürger<br />
hattedas unverschuldete Unglück,<br />
Samuel Braun stirbt am 10. Oktober 1892<br />
in London, im „<strong>Gäubote</strong>“ veröffentlicht die<br />
Familie eine Traueranzeige<br />
Stotterer zu sein. DerSpruch: ’Kein<br />
Aergernis und Ungelaß: DerSchalk hat<br />
überallfreien Paß!’ ist im ernsthaften<br />
Herrenberg nicht beliebt. In einem<br />
Gasthaus wurde eine Hochzeit gefeiert,und<br />
die Leutchen wurden lustig,<br />
wasihnen nicht zu verargen war.Die<br />
Laune eines wohlbeleibtenSchneidermeisters<br />
brach alleFesseln und er<br />
tanzte zumErgötzen derheitern Gesellschaft<br />
einengelungenen Bärentanz.<br />
Einindiscreter Anwesender <br />
8<br />
Die Geisterpredigten Oetingers, die möglicherweise aufseine Schätzung von Spiritisten wiedem Calwer Lehrer Schill und, gerade zu seiner Herrenberger Zeit,Swedenborg in<br />
Umlauf gekommensein könnten, sind noch heute Allgemeingut nicht weniger älterer Herrenberger.Ich erinnere mich, dass mirinmeinem ersten HerrenbergerJahrmindestens<br />
ein Dutzend älterer Damen diese Geschichte erzählt haben.<br />
9<br />
Auch dasGeisterzimmer hält sich hartnäckig, und es scheint seinen Namen wohl ebenfalls in Erinnerung an denGeisterprediger Oetinger erhalten zu haben. Es stellt sich heute<br />
noch mitder ursprünglichen Täferung und den Fensterläden von 1577 darund wurde laut den Bauakten im Hauptstaatsarchiv Stuttgart, A284/40, Büschel 174, vom seinerzeitigen<br />
Obervogt Burckhardt von Anweil angeregt als Zimmer für einen persönlichen Pagen, der demHerzog Ludwig, einem bekannten Weinfreund, anlässlich AufenthalteninHerrenberg<br />
bei Bedarf nächtens rasch einen Schlaftrunk kredenzen sollte. Vergleiche: Roman Janssen, Die Herrenberger „Propstei“als Residenz derObervögte undihre Einrichtung als Dekanat<br />
(ca. 1537 –1765), in:Ders. (Hrsg.), Erinnern ist erfreulich.Herrenberger Schriften, Bd.2,2008, S. 78ff., hier S. 81f.<br />
10<br />
Gemeint ist konkret dieChronik des Herrenberger Vogtes Gottlieb Friedrich Heß.<br />
1864<br />
DieEinführung<br />
des<br />
„Landpostboten-<br />
Instituts“ erlaubtvom 1. April an die<br />
postalische Zustellung des „Amts- und<br />
Intelligenzblattes“anAuswärtige.<br />
1865 Vom17. Junian<br />
erscheint dasBlatt regelmäßig<br />
zweimal in der<br />
Woche.<br />
1868 Ein neuer<br />
Titel: „Herrenberger<br />
Amtsblatt.Intelligenzund<br />
Unterhaltungsblatt<br />
für denBezirk“ steht jetzt<br />
am Kopf der ersten Seite.<br />
1869 Am 30. März stirbt Andreas Braun, fast 31 Jahre lang Buchdrucker<br />
und Zeitungsmacher in Herrenberg. Johann Georg Braun übernimmt<br />
den Betrieb und erhält noch im April die Gewerbekonzession und<br />
erklärt: „Wir werden einstehen (...) füreinen gesunden, vernünftigen<br />
Fortschritt im bürgerlichen, Völker-und kirchlichen Leben.“ Meinungsbeiträge<br />
werden häufiger.Am26. Juli zieht der Verlag in die Tübinger<br />
Straße um, heute Hausnummer 11.
Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite46<br />
1963<br />
Juli<br />
...und immer<br />
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Seite 47<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
Die Titelseite mit Trauerrand –<br />
abernur bei Todesfällen am Hofe<br />
machte eine<br />
harmlose Beschreibung deslustigen<br />
Vorfalls, dieins Wochenblatt aufgenommen<br />
wurde. Kaum wardas Blatt<br />
ausgegeben, alsein riesiger,zornschnaubender<br />
Mensch,der Sohn des<br />
Gastwirths, in die Druckerei stürzte<br />
und den Buchdrucker,der eben in Unschuld<br />
seine Pfeife rauchte, zu verderben<br />
drohte. ’Den Namen des Verfassers–oder<br />
!’ DerNamewurde nicht<br />
gegeben und der Drucker blieb am Leben.<br />
Auch Lehrer erhobenKlage eines<br />
Tags: ein humoristisches Gedicht, das<br />
den Schulmeister der alten Zeitzeichnet,<br />
war aufgenommen worden. […] Es<br />
wurde mißverstanden und konnte<br />
mißverstandenwerden und ein hochgeschätzer<br />
Lehrer schickte im Namen<br />
seiner Collegen ein mißbilligendes<br />
Schreiben. Auch eine gelinde Verwarnung<br />
von hoher Stelle kam. […]<br />
Um den Anforderungen der Zeit zu<br />
genügenund schönere Arbeit zu liefern,ließ<br />
mein Vater die plumpe Holzpresse<br />
durcheinePressevon Eisen<br />
(Hagarpresse)ersetzen. Sie wog 12<br />
Zentner.Ein Drucker,der solche Pressen<br />
handhabt, weiß, daß er im<br />
Schweißdes Angesichts sein Brod verdient.<br />
DieHände blieben unermüdet<br />
am Tagund Nachts, wenn nirgends ein<br />
Licht brannte, brannte eines beim<br />
Buchdrucker. So kam es, daß einiger<br />
Wohlstand gesichert wurde, dernoch<br />
gehobenwurde durch Feldbau. Die<br />
Zeit des Ringens war vorüber.’Ihr Vater<br />
macht sich –er<br />
hat etwas!’ sagte mirein Brauer. 11<br />
Abernicht aus der Zeit desErfolgs,<br />
sondern vielmehr aus derZeit der erstenSorgenund<br />
Mühenstammtmeine<br />
Achtungund Theilnahme für das Leben<br />
und Strebenmeines Vaters. Ich<br />
sah ihn Sorgen würdig tragen, Hindernissehartnäckig<br />
und geduldig beseitigen.<br />
[…]Ein sorgloser Lebensabend<br />
war ihm nach langem Mühen geworden.Nach<br />
wenigen Stunden des Unwohlseins<br />
ging der bis zu seinem letztenTage<br />
thätige Mann zur ewigen Rast<br />
am 30. März 1869. […]<br />
Mein Vater erkannte wohl nie die<br />
ganze Macht und Bedeutung der Presse<br />
und wäre vielleicht erschrocken,<br />
hätteerden Weltbrand der Gedanken,<br />
diedie Presse nährt, gesehen. Er hat jedoch<br />
sein kleines Lämpchen treulich<br />
gepflegt.<br />
DerNachfolgerimGeschäft, mein<br />
Bruder Johannes GeorgBraun, welcher<br />
dem Vater während nahezu 25 Jahren<br />
als Lehrling, Gehülfe, und Theilhaber<br />
treulich zur Seite stand, widmet sich –<br />
wie wirwissen –mit Liebe und Eifer<br />
seiner Pflicht. Er erwarb das Haus in<br />
der Tübingerstraße, 12 in dem Kaufmann<br />
Vögele gewohnt hatte und<br />
überführte in dasselbe das Geschäft<br />
am 26.Juli 1869, nachdem die nöthigen<br />
Reparaturen im Haus vorgenommen<br />
worden waren. Natürlich war<br />
auch diegroße bereits erwähnte Kiste,<br />
die demalten Herrn so manches Jahr<br />
alsBett und Tischgedient hatte, fortgeschafftworden.<br />
[…] Sie war sehr<br />
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schwer: […]Sollte<br />
sich der alte Herr<br />
nachseinem Ableben<br />
den Scherz erlaubt<br />
haben, sich noch einmal<br />
mit der Schwere<br />
seiner Geldsäcke in<br />
dieliebe alte Kiste zu<br />
legen? […]<br />
Dieerste1873aufgestellteSchnellpresse<br />
erlitt Schaden,<br />
mußte wieder abgebrochenund<br />
fortgeschicktwerden.<br />
Sie<br />
istdurcheineneue<br />
Schnellpresseersetzt,<br />
die45Zentner<br />
wiegtund etwa 1200 Abdrücke in einerStunde<br />
liefert. Ichbin überzeugt,<br />
jeder Leser dieses Gedenkblatts hat<br />
denaufrichtigen Wunsch, die Herrenberger<br />
Schnellpressemöge noch lange<br />
im Gang bleibenund ihrem Eigenthümereinen<br />
immer reicheren Erwerb<br />
sichern. […]“<br />
Dienächsten<br />
hundert Jahre: Im Auf<br />
und Ab der Zeit<br />
Die folgende Entwicklung der HerrenbergerZeitung<br />
bis zumEnde des<br />
Ersten Weltkriegs verlief zwar langsam,<br />
aber stetig im Sinne einerquantitativenwie<br />
qualitativen Verbesserung.<br />
Gleichwohlblieb sieinbeiderlei HinsichtimGanzen<br />
eher „handgestrickt“.<br />
In gewisser Weise lässt sie sich mit den<br />
mehrfachen Titeländerungen in Einklangbringen.<br />
Schon derfrühe Zusatz<br />
„Amtsblatt“ zum ursprünglichen alleinigen<br />
„Intelligenzblatt“ bringt doppelsinnig<br />
nicht nur das Amtliche, sondern<br />
auch denBezirk des Oberamts Herrenberg<br />
als Einzugsbereich zum Ausdruck.<br />
Parallel verlief die Wandlung vom Wochenblatt<br />
(mit einer Samstagsausgabe)zum<br />
Halbwochenblatt und in weiteren<br />
Etappen bis zurTageszeitung,<br />
dies wiederum gepaart mitvergrößerten<br />
Formaten und Anwachsen des<br />
Umfangs.<br />
Invaliden werden aus demVerkaufserlös der Kriegsnummer<br />
unterstützt<br />
Hier jedoch soll die inhaltliche Ausgestaltung<br />
in Betracht gezogen werden:<br />
Derumfängliche Ausbau des Annoncenteils<br />
und der Sektion „Unterhaltung“<br />
bediente entsprechende Bedürfnisse<br />
derLeserschaft. In erster Linie<br />
interessiert dieEntwicklung der<br />
Berichterstattung. Württemberg, das<br />
Reich, dieWelt wurden nach wievor<br />
aussekundärer Hand bedient. Lokales<br />
bekam erstlangsam einEigengewicht,<br />
erwachsen aus der Rubrik „Eingesendet“,<br />
sodann aber auch schon in den<br />
Revolutionsjahren mit Berichten über<br />
Versammlungen gleichsam von solchen<br />
Interessenten verfasst, dieman<br />
späterfreie Mitarbeiter nennen sollte.<br />
Dies waren dieüberaus bescheidenen<br />
Anfänge der heutigen Lokalredaktion<br />
und desheutigen Lokalteils, der jedenfallsexakt<br />
die Bezeichnung „<strong>Gäubote</strong>“<br />
verdient, weilerInformationen aus<br />
demGäu für denKernseinerLeserschaft<br />
im Gäu vorstellt. Hingewiesen<br />
seinoch auf die Besonderheit, dass<br />
bald nach demSieg der Reaktion 1849<br />
die Zeitung, ganz nach demMuster<br />
von Parallelblättern, auch Sprachrohr<br />
einer modischen Sparte wurde, welcheder<br />
Erziehung namentlich der<br />
Landbevölkerung zur Verbesserung<br />
der agrarischen Situation diente –ein<br />
Steckenpferd übrigensanfänglich<br />
nicht zuletzt diverser Pfarrer: Steigerung<br />
desFeldertrags durch Kunstdünger,<br />
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11<br />
Gemeintist Wilhelm Zerweck, Bierbrauer,Posthalter undGemeinderat. Sein Bierkeller<br />
dient heute als Magazin der Stadtbücherei. Das historische Nebengebäude an der<br />
Tübinger Straße Nr.38wurde vonihm alsStallung der Pferde und Schlafunterkunft für<br />
den Postillon errichtet.<br />
12<br />
DamalsHaus Nr.138, heute Haus 11.
Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite48<br />
Schweizer Vieh und anderes mehr,<br />
in derSache bald von solcher Bedeutung,dass<br />
der „<strong>Gäubote</strong>“ sogar offiziell<br />
1872 zum Organ des landwirtschaftlichen<br />
Bezirkvereins wurde. Dies weitete<br />
sich bald aufweitere Bereiche des<br />
Arbeitslebens, der Haushaltsführung<br />
usw.aus, auchFrauen und Jugendliche<br />
einbeziehend.Dazu kam endlich die<br />
Berichterstattung über herausragende<br />
Ereignisse in Stadtund Oberamt in<br />
fortschreitende Übung, zum Beispiel<br />
mit dem Bauder Gäubahn, hier selbst<br />
mit ersten Versuchen zurTourismusförderung,<br />
derOrganisation der Freiwilligen<br />
Feuerwehren, ferner hinsichtlich<br />
der Wasserversorgung und der<br />
Elektrifizierung, um nur diese zu nennen.<br />
Wenn man dasheutzutage registriert,<br />
sollte mangerade diesen Sektor<br />
im Pressewesen allgemeinwie auch in<br />
Herrenbergnicht unterschätzen, berührt<br />
man doch damit einen<br />
zu damaliger Zeit<br />
konkurrenzlosen Medienbereich,<br />
wo im Miteinander-<br />
und Gegenspiel<br />
von Akteuren: so Volkspädagogen<br />
aller Sparten,<br />
Lobbyisten bis zu bloßen<br />
Selbstdarstellernund anderen<br />
einerseits, sowie<br />
Kunden, nämlich den Lesern<br />
andererseits, Aufklärung,<br />
Werbung, Geschäfte<br />
usw. betrieben oder<br />
solche wenigstens eingefädelt<br />
werden sollten.<br />
Das bezeichnet tatsächlich<br />
ein gesamtgesellschaftliches<br />
Phänomen<br />
von großer Bedeutung,<br />
dasinunserer Gegenwartsgesellschaft<br />
so perfektioniert<br />
präsentist, dass längst nicht jeder die<br />
Vereinnahmung merkt oder selbst sich<br />
zu ihr kritisch zu distanzieren vermag.<br />
In derSumme entstand so einspezifisches„Gesicht“<br />
der Zeitung, wobei<br />
freilich alles, wasman aus der großen<br />
Politik und dem Weltgeschehen vorführte,<br />
nach wievor aus „Vorgesiebtem“erneut<br />
selektiert war, in Auswahl<br />
und lokaler Eigenberichterstattung<br />
In dieser Kolumne kommentierte Theodor Körner<br />
das politische Geschehen<br />
stets „staatstragend“ und damit risikolos.<br />
Das bedeutet, dass man fürdiese<br />
Zeit zumlokalen Geschehen kein Gesamturteil<br />
erkennen kann, sondern<br />
sichdamit bescheiden muss, dass nur<br />
die von der Schriftleitung als wichtig<br />
angesehenen Spitzenereignisse ihren<br />
indirekt kommentiertenNiederschlag<br />
fanden.Indieser Hinsicht machte die<br />
Zeitung ab 1869 unter Johann Georg<br />
Braun tatsächlich einen Sprung nach<br />
vorn. Die Zeitseines Sohnes Theodor<br />
Samuel Braun (1894–1898), der gesundheitlich<br />
angeschlagen war und<br />
nochverhältnismäßig jung starb, ist<br />
eher als eine solche vorübergehender<br />
Stagnation zu beurteilen. Sein Geschäftsführer<br />
und danachbaldiger<br />
Schwager Gustav Fischer(1901–1918)<br />
hingegen führte dasBlatt tatsächlich<br />
zu einerneuen Größe, und zwar sowohl<br />
im Format,imUmfang, in der Erscheinungsdichte<br />
und auch demInhalt<br />
nach. Außerdem verriet der neue<br />
Titel „Gäu- und Ammertalbote“ das<br />
Bestreben,weiter räumlich zu expandieren.<br />
Der Verkauf der Zeitung an Theodor<br />
Körner mitNeustart am 19. Januar<br />
1919 läuteteeine gänzlich neue Ära<br />
ein.Der jetzige Inhaber verstand etwas<br />
von derpotenziellenMacht der Presse,<br />
dieernutzte, um die Leserschaft zu<br />
beeinflussen und womöglich zu fangen.<br />
Gezielt wurde seine Zeitung zum<br />
Zentralorgan desvon ihm schon damals<br />
maßgeblich beeinflusstenrechtskonservativenBauern-<br />
und Weingärtnerbunds<br />
eingesetzt. DieSchriftleitung<br />
übertrugerseiner Tochter,was<br />
einerseits die Linientreue garantierte,<br />
andererseits aber bewirkte, dass das<br />
allgemeine Tagesgeschehen, wieberichtet,<br />
im Leserverständnis nichtweiterhinterfragt<br />
wurde –und übrigens,<br />
aus heutigerSicht, weitgehend auch<br />
gar nicht einmal musste, damit aber<br />
seinerzeit indirekt die gefühlte Zuverlässigkeit<br />
und Glaubwürdigkeit der<br />
ganzen Grundlinie erst gar nicht kritisch-fragende<br />
Gedanken derMehrheit<br />
derLeserschaft aufkommen lassensollte.<br />
Körnerselbst war als –in<br />
der Regel anonymer –Autor vonBeiträgen<br />
aus dem Landtag und dem<br />
Reichstag, welchen er zeitweilig als<br />
Abgeordneter angehörte, tätig, nicht<br />
im Sinne von um Korrektheit oder zumindestumNeutralität<br />
bemühter Referate,<br />
sondern als eloquenter Propagandistseiner<br />
Weltanschauung, deren<br />
Vehikel seine Partei war,die damit, ob<br />
es ihre Wähler wussten oder nicht,<br />
über deninihrem Namen vorgeführtenAnspruchder<br />
Interessensvertretungauch<br />
einen solchen weltanschaulicher<br />
Art in Anspruchnahm. Das war<br />
eine radikal neue Linie. Sie fand aber<br />
Anklang, unddie Situation wird in einerzum<br />
geläufigen Wort gewordenen<br />
Charakterisierungtreffend zum Ausdruckgebracht<br />
und heute noch gelegentlich<br />
als geflügeltes Wort zitiert: Im<br />
Gäu dachte manwie in Herrenberg,<br />
und in Herrenbergdachte manwie<br />
Aus dem<br />
Körner’schen<br />
Familienalbum:<br />
Theodor Körner,<br />
rechts hinter<br />
seinen Eltern<br />
stehend<br />
der „<strong>Gäubote</strong>“. Viel zu spät erkannte<br />
der Verleger die Gefahr,die von den<br />
Nationalsozialistenauch in seinem anscheinend<br />
als sichergewähnten Einflussbereich<br />
ausging. Er starb gerade,<br />
bevorerdie Disziplinierung seiner<br />
vom Schwiegersohn Karl Merz, einem<br />
überzeugten „Stahlhelmer“, geführten<br />
Zeitungerleben musste. Auch die<br />
dann zwangsläufig devote Haltung des<br />
HerrenbergerBlatts gegenüberden<br />
neuen Machthabernkonnte die Einstellung<br />
zum1.September 1941 nicht<br />
verhindern.<br />
DieWiederbegründung nach Versuchen<br />
ab 1949,die erstaunlicherweise<br />
durchaus an dieAnfänge 1838 denken<br />
lassen, warnurmehr vorsichtig und<br />
konkretdergestalt möglich, dass man<br />
am besten mit niemandem anecken<br />
wollte.Die Schriftleitung hatte seit<br />
1949 Hellmut M. Weidhaas, denes<br />
fluchtbedingt nach Herrenberg verschlagen<br />
hatte, inne. Lässt man die<br />
ersten Gehversuche des zunächst als<br />
Mittagsblatt,weil nachmittags ausgetragen,<br />
erscheinendenBlattes beiseite,<br />
so stellen sich die Vollausgaben der<br />
ersten Zeiteher in tastender bis leicht<br />
chaotischer Aufmachung vor.Schon<br />
bald kam es daher zu einem Konflikt,<br />
derüber denTag hinaus Folgen zeigen<br />
sollte: Die Zeitung brauchte die Stadt,<br />
genauerGemeinderat und Verwaltung,<br />
diese wiederum wollten sich ihrerseits<br />
dieZeitung zunutze machen.<br />
Daszunächst konkret gegebene Ergebnis<br />
lässtsich dahingehend zusammenfassen,dass<br />
der„<strong>Gäubote</strong>“ diekostenlose<br />
Aufnahme offizieller Verlautbarungen<br />
statt wiebisher nach <br />
1937<br />
Mai<br />
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22. 08. –26. 08. Lüneburger Heide –Heideblütenfest 7 550.-<br />
03. 10. –06. 10. 4Tage Berliner Luft 7 398.-<br />
12. 10. –21. 10. Törggelen –Traubenfest in Meran 7 385.-<br />
20. 10. –27. 10. Toskana –Umbrien 7 890.-<br />
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Seite 49<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
Gusto stets an gleicher und prominenter<br />
Stelle einzurücken versprach.<br />
Allem Anschein nach wardas ein prägendes<br />
Erlebnis,kam es doch genau in<br />
dieser Form zurEntstehung und Gestalt<br />
desneuen Amtsblatts.<br />
Ohneauf Einzelheiten weiter einzugehen,<br />
kann man dieHaltung der Zeitung<br />
in dennächsten 30 Jahren gegenüber<br />
derStadtobrigkeit, diewirkliche,<br />
weildurch Wahl oder Amtlegitimiert,<br />
undauch solche, diesich dazu zählten,<br />
dahingehendcharakterisieren, dass<br />
diesbezüglichein spürbares sich nicht<br />
Einmischen bis hin zu stillschweigendem,<br />
gelegentlich auch offenem Zustimmenpraktiziert<br />
wurde. Damitkorrespondierte<br />
einAnwachsen der Berichterstattungüber<br />
alles, was Freude<br />
ohne „politische“ Folgen zu machen<br />
versprachund natürlich ein nicht geringes<br />
Leserpotenzial bediente,soetwa<br />
Sport, Vereinswesen, auch Kultur,<br />
was mandarunter auch immer verstand.<br />
Endlich bleibt noch die Rubrik<br />
„Leserbriefe“zuerwähnen, dieschon<br />
seitden 60er Jahren von einzelnen<br />
Personen wie Funktionären anscheinend<br />
alsein privater Kanzelersatz in<br />
Anspruch genommen wurde.<br />
Aus heutiger Sicht muss ausdrücklichdarauf<br />
aufmerksam gemacht werden,dass<br />
dieRezeptionswirksamkeit<br />
einerZeitung gerade in den fünfziger<br />
und sechziger Jahren nicht hochgenugeingeschätzt<br />
werden kann, weil<br />
insbesondere derRundfunk sich erst<br />
rehabilitieren und dann neu etablieren<br />
musste, und das, wenn ich nicht irre,<br />
1956 in Gebrauchkommende Fernsehen<br />
bis nach Mitte der 60er Jahre<br />
ein im ganzen elitäres und erstinder<br />
Folge ein Allgemeingut wurde. Und<br />
von demtechnischen Siegeszug der<br />
modernsten Medien wollen wir gar<br />
nicht erstreden.<br />
Überdie Zeitung als<br />
historische Quelle<br />
Halten wirinne, um unseinige Gedanken<br />
zumQuellenwert einer Zeitung<br />
im Allgemeinen und des „<strong>Gäubote</strong>“imBesonderen<br />
vor Augen zu führen:<br />
Grundsätzlichgilt, dass jede Berichterstattung<br />
zu den erzählenden<br />
Quellengehört, anders als amtliche<br />
Nachrichten und etwa Annoncen,bei<br />
denen dasAnliegen der Auftraggeber<br />
Das Grab von<br />
TheodorKörner<br />
auf dem<br />
Herrenberger<br />
Stadtfriedhof<br />
GB-Foto: Schmidt<br />
klar erkennbar ist. Methodisch gesehen,<br />
besteht das Erkenntnisproblem<br />
darin,dasseinedoppelteBrechung in<br />
Rechnung zu stellen ist, erstens bei<br />
der Aufnahme und Verarbeitung der<br />
Informationendurch denBerichterstatter,<br />
das heißt wiederum unter Berücksichtigung<br />
möglicher Akzentuierung<br />
nach seiner persönlichen Meinung<br />
und Fähigkeit, zweitens istauch<br />
fürden Leser eine subjektive Potenz<br />
desVerständnisses zu berücksichtigen.<br />
Ebendies ist der Grund, warum es<br />
auch ein Bedarfsdeckungskalkül seitens<br />
derMacher, aber selbstredend<br />
auch desVerlegers gibt, welcher eine<br />
ihm genehmeGenerallinie vorgeben<br />
kann, freilich nicht muss. Dazu kommt<br />
der Zwang, „zeitnah“ publizieren zu<br />
sollen, wollen oder müssen, wassicher<br />
weniger derKorrektheit alsder Oberflächlichkeitförderlich<br />
ist. Schließlich<br />
kann weder der einzelne Redakteur<br />
noch ein ganzes Redaktionsgremium<br />
gar nicht anders, als den ihnen eingehenden<br />
Stoff zu filtern; das Ergebnis<br />
von all dem prägt entscheidend das<br />
Gesichtder Veröffentlichung mit. Gerade<br />
in diesem Punkt ist das moralische<br />
Gewissen nichtnur im Sinne der<br />
Verantwortung derZeitung fürden<br />
täglichenBedarf gefordert und gefragt,<br />
wie auchselbstverständlich der<br />
Historikersich über die Wege derDarstellung<br />
Gedanken machen und Rechenschaft<br />
ablegenmuss.<br />
Legt man diese Kriterien an, so lässt<br />
sichrückblickend sagen, dass die Herrenberger<br />
Zeitung in den rund ersten<br />
50 Jahren primär vom wirtschaftlichen<br />
Eigeninteresse desVerlegers, der in<br />
Personalunionauch Schriftleiter war,<br />
bestimmt und genauer noch orientiert<br />
war an einem im Großen und Ganzen<br />
illiteraten Publikum, daseserst zu gewinnen<br />
galt. Die zweite Phase bis Ende<br />
1918 lässt einen langsamen Aufbruch<br />
unter demStichwort „Zeitung =Nachricht“<br />
immerhin als Ziel erkennen,freilich<br />
unter der schon angeführten Berücksichtigung,<br />
dass es nur eines der<br />
Standbeine bildete. MitTheodor Körner<br />
kamnoch die Funktion als Parteiorgan<br />
hinzu. Dies wiederum war nach<br />
dem Krieg nicht möglich, stattdessen<br />
kam es seit den 50er Jahren zu einer<br />
Periode, dieman im Großen und Ganzenals<br />
eine solche desWohlverhaltensbezeichnen<br />
kann.<br />
Wiejede Zeitung ist also der„<strong>Gäubote</strong>“eine<br />
schwierige historische<br />
Quelle. Aber es gibt tatsächlich auch<br />
mehrereSonderaspekte, dienicht unterden<br />
Teppich gekehrt zu werden<br />
verdienen:<br />
1. Einevorzügliche und sogar die<br />
Hauptquelleist die Zeitung fürdie Revolutionsjahre<br />
1847–1849und zwar<br />
gerade deswegen,weil siePamphlete,<br />
Reden und Gegenredender Parteien,<br />
Versammlungsberichte aus der Feder<br />
der Veranstalter und anderes „Eingerücktes“<br />
abdrucktund demnach insoweit<br />
primären Quellenwertbesitzt, als<br />
dieMeinung der Autoren und Einsenderinaller<br />
Regel unbearbeitet zum<br />
Ausdruck kommt. 13<br />
2. Einegrundlegende Analyse des<br />
„<strong>Gäubote</strong>“ als Quelle derÄra und PersonTheodor<br />
Körners ist nach wievor<br />
ein eigenes Thema, das zwar in Einzelaspekten,nicht<br />
aber im Ganzen untersucht<br />
worden ist.<br />
3. Ein Reizvolles –und dazu an dem<br />
primären Quellenwertder Zeitung ansetzend<br />
–wäre eine Analyse desAnnoncenwesens,<br />
auf das hin bis 1900<br />
die sogenannten „Inventuren und Teilungen“herangezogen<br />
werden können.<br />
Vergleichbares wäre, ausgehend<br />
vonder Rubrik „Unterhaltung“, zum<br />
Leseverhaltenmöglich. Beides ließe<br />
sichauch unter musealen Aspekten<br />
auswerten.<br />
4. Die im Stadtarchiv Herrenberg<br />
aufbewahrte Ausgabe des „<strong>Gäubote</strong>“<br />
stellt bis in die 50erJahre das offizielle<br />
Exemplar desStadtschultheißen- bzw.<br />
Bürgermeisteramts dar. Dementsprechendfinden<br />
sich nicht selten Gebrauchsspurenwie<br />
Unterstreichungen,<br />
Kommentare,Notizen, Ausgeschnittenes,<br />
was sich fürdas Rezeptionsverhalten<br />
aufdem Rathaus auswerten<br />
ließe. Dasselbe gilt für den im<br />
Dekanatsarchiv überlieferten Zeitungsbestand.Dabeide<br />
Bestände von<br />
Anfang an gebunden wurden,könnte<br />
auch ihr Wert als Nachschlagewerke<br />
geprüft werden. ■<br />
13<br />
Im Einzelnen kann dies entnommen werden: Roman Janssen, Zwischen Revolution, Tradition und Reaktion. Die Ereignisse in Herrenberg 1848/49, in: Leben mit Vergangenheit<br />
(Jahrbuch desHeimatgeschichtsvereins für Schönbuchund Gäu e.V.), Bd. 1, 2000, S. 19-37.<br />
1872 Das Blatthat einen neuen Namen und heißt<br />
erstmals: „Gäu-Bote“.Vom 3. Januar an erscheint der<br />
„Gäu-Bote“ im Folioformat –also in doppelter Größe des<br />
ursprünglichen Intelligenzblattes.Verleger Johann Georg Braun erweitert<br />
dasredaktionelle Angebot –zum Beispiel um Berichte aus dem Kreisstrafgericht. Der<br />
„Gäu-Bote“ firmiert weiter als „Amts- und Intelligenzblatt“, wird aber zugleich auch<br />
zum „Organ des landwirtschaftlichen Bezirks-Vereins“.<br />
1873 DieAnschaffung<br />
einerSchnellpresse erlaubt1200<br />
Druckepro<br />
Stunde.<br />
1891 Vom1.April kommt der „Gäu-Bote“ dreimal in<br />
derWoche aufden Markt: dienstags,donnerstags und<br />
samstags.Das Jahresabonnement kostet vier Mark.<br />
„Politischeund sonstige Tagesereignisse werden rascher<br />
vermeldet“, versprichtder Verleger.Der unterhaltende<br />
Teil wirdausgebaut.
Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite50<br />
Ein stolzes Stück lebendige<br />
Pressegeschichte im Land<br />
Den Fokus auf die<br />
Die Menschen derStadt Herrenberg und im<br />
Gäu feiern dieses Jahr ein äußerst stolzes und<br />
großartiges Verlagsjubiläum. 175 Jahre „<strong>Gäubote</strong>“!<br />
Als eine derältesten noch erscheinenden<br />
Tageszeitungen in Baden-Württemberg ist sie ein<br />
Symbol gelebter Pressegeschichte und Pressevielfalt<br />
in diesem Land Baden-Württemberg.<br />
Persönlichund als Vorsitzender desVerbands<br />
Südwestdeutscher Zeitungsverleger e.V. (VSZV),<br />
im Namendes Vorstands und aller Mitglieder,gratuliereich<br />
herzlichst den Kollegen Rainer Schöllkopf<br />
und seinem Sohn Elmar<br />
Schöllkopf sowie auch<br />
allenMitarbeiterinnen und<br />
Mitarbeitern des„<strong>Gäubote</strong>“<br />
zu diesem Jubiläum.<br />
Heimatgelegt<br />
Zu Recht wird einrunder<br />
Geburtstag eines Verlages zum Anlass genommen,<br />
über die Geschichte desVerlagshauses und<br />
die Stadt und ihreRegion, aber auch grundsätzlich<br />
über diePressefreiheit und Demokratie nachzudenken.<br />
Dieregionale und lokale Tageszeitung,<br />
wie der„<strong>Gäubote</strong>“, leistet täglich mit ihrem redaktionellen<br />
Angebot wertvolle Orientierung,<br />
glaubwürdigenQualitätsjournalismus und schafft<br />
Identität in der Heimat als Marktplatz der Meinungen<br />
und der Werbetreibenden. Angesichts<br />
der immer komplexeren globaleren und zunehmend<br />
digitalisiertenWelt kommtdieser Aufgabe<br />
auchhinsichtlich der Informationsflut eine noch<br />
stärkere Bedeutung zu.<br />
Der „<strong>Gäubote</strong>“ steht füreine freie und unabhängige<br />
Presse im Kreis Böblingen für Herrenberg<br />
und im Gäu.Dies traf bei der Gründung des<br />
„<strong>Gäubote</strong>“ im Jahr 1838 ebenso zu wieheute, im<br />
Jubiläumsjahr2013.<br />
Anfänglich nannte sich das Blatt Intelligenzblatt,<br />
später mitdem Zusatz „Amtsblatt“. Seit<br />
1872 heißt die Zeitung „<strong>Gäubote</strong>“. DieGrundsätze<br />
und das Selbstverständnis indes sind, damals<br />
wieheute, dieselben geblieben.<br />
An der Spitze des „<strong>Gäubote</strong>“ stehtseit 1970 unser<br />
geschätzter und liebenswerter<br />
Kollege Rainer<br />
Schöllkopf,der die Druckereiund<br />
den Verlag Theodor<br />
Körner KG vonseinen<br />
Schwiegereltern Helene<br />
undKarl Merz übernommen hat.<br />
Über 40 Jahrehat sich Verleger Rainer Schöllkopf<br />
unternehmerisch, publizistischund sozial<br />
engagiert und den Fokus seines redaktionellen<br />
Anspruchs auf die Heimat der Leserschaft seiner<br />
Lokalzeitung gelegt.Erlebt und arbeitet, wieer<br />
und sein Sohn Elmar Schöllkopf sagen, für diese<br />
seine Leserschaft in Verantwortung fürdas demokratische<br />
Gemeinwesen.<br />
Der „<strong>Gäubote</strong>“ steht heute auch fürden technischen<br />
Fortschritt und die Innovationsfähigkeit<br />
vomlokalen Verlags- zum Medienunternehmen,<br />
auchhierauf können die Verlegerfamilie und die<br />
Belegschaft mächtigstolz sein. Daszeigt sich auch<br />
darin, dass der„<strong>Gäubote</strong>“ 1996 auf Offset-Druck<br />
umgestellt wurde und seinen Lesern und Kunden<br />
seit 1999 einumfangreiches digitales Angebot<br />
bietet.Der „<strong>Gäubote</strong>“ zeigt beispielhaft die funktionierende<br />
Pressevielfalt im Land durch dieKooperation<br />
mit denStuttgarter Nachrichten.<br />
175 Jahre „<strong>Gäubote</strong>“sind 175 Jahre Heimatzeitung<br />
–ein Glückwunsch zurZukunftder Zeitung!<br />
Fürdie kommenden Jahre und Jahrzehnte wünsche<br />
ich der Verlegerfamilie und allen Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeitern weiterhin Erfolg und eine<br />
glücklicheHand bei allen publizistischen und unternehmerischen<br />
Entscheidungen.<br />
Valdo Lehari jr.<br />
Verleger und Geschäftsführer<br />
Reutlinger General-Anzeiger<br />
Vorsitzender desVerbands der<br />
SüdwestdeutschenZeitungsverleger e.V. (VSZV)<br />
Dr. Stefan Klaas -Hindenburgstr. 23-71083 Herrenberg<br />
Tel. 07032 /9281-0 -Fax 07032 /9281-21 -info@ZentrumZahn.de<br />
Juli 1968
Seite 51<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
Vom150- zum<br />
175-jährigen Jubiläum<br />
Worauf es ankommt<br />
–eine Vorbemerkung<br />
Wenn wir uns nunmehr den letzten<br />
25 Jahren zuwenden,somuss eingangs<br />
gesagt werden, dass dieobigen<br />
methodischen Hinweise gleichsamals<br />
Angel in die Mitte zwischen die beiden<br />
Hauptteiledieses Beitrags gesetzt<br />
VONDR. ROMAN JANSSEN<br />
sind, damit einerseits im Rückblick auf<br />
die ersten 150 Jahre der Leitfaden der<br />
zusammenfassendenCharakterisierung<br />
ebenso wie derausgewählten Ergänzungen<br />
verdeutlicht wird, andererseitsaber<br />
als Prüfrichtlinie, nunmehr<br />
vorwärts blickend, die Darstellung der<br />
jüngsten Epoche der Zeitung begründen<br />
undtransparenter erscheinen lassensoll.<br />
DasLetztere istumsowichtiger,als<br />
ein Autor sich hier zwangsläufig seiner<br />
Doppelfunktion bewusst sein muss,<br />
nämlich erstens als Leser und Zeitzeuge,der<br />
sich bei derLektüre durchaus<br />
subjektiveUrteile erlauben darf,während<br />
zweitens ein wissenschaftlicher<br />
Anspruch strikt zu methodischer und<br />
sachlicher Objektivitätverpflichtet.<br />
Das heißt also: Wohlwollen, Genugtuung,<br />
Lob, Gefühl, spontane Kritik aus<br />
dem Bauch heraus oder Ablehnung,<br />
ob je fallbezogen beider Lektüre oder<br />
bereits als grundsätzliche Positionierung,<br />
sei es positiver,sei es negativer<br />
Art, undanderes mehr,kurz alles, was<br />
einem Leser erlaubt ist, steht wissenschaftlicher<br />
Erkenntnisund Darstellung<br />
entgegen, wenigstens so weit,<br />
wiesie nicht selbst Gegenstand derselben<br />
sind. Die Zeitung ist demnach ein<br />
Objekt, dasaus sich selbst und unter<br />
den Bedingungen und Zielsetzungen<br />
seiner Entstehungzuerkunden ist,<br />
hinsichtlich dertechnischen Mittel<br />
ebenso wie derpersönlichen Gegebenheiten<br />
derjenigen, die sieverantworten,<br />
sowie derer,die sie als Produktkonsumieren.<br />
Es gilt mithin, um<br />
ein Wort des antiken Historikers Tacitus<br />
zu bemühen, „ohne Zorn undEifer“<br />
den Stoff zu untersuchen und darzustellen.<br />
Und das auch schon deswegen,weil<br />
nicht selten in Gesprächen<br />
mitLesern und, wie mir scheint, auch<br />
Nichtlesern des „<strong>Gäubote</strong>“durchaus<br />
der Eindruck entsteht, dass mitzornigemEifer<br />
über das lokale Blatt im Detail<br />
wie generell raisonniert wird.<br />
Unter dieser Prämisse ist festzuhalten,<br />
dass im Folgendennicht eine detaillierte<br />
Auflistung dertechnischen<br />
Gegebenheiten im Verlauf der Zeit sowie<br />
derpersönlichen Voraussetzungen<br />
und Verhältnisse der„Macher“präsentiert<br />
werden<br />
soll, kann hierzu<br />
doch auf die<br />
ausführliche<br />
Zeitleiste und<br />
die Selbstvorstellung<br />
der<br />
Mitarbeiterim<br />
Umfeld ihrer<br />
Aufgaben-und<br />
Arbeitsfelderin<br />
dieser Festschrift<br />
verwiesenwerden.<br />
Ebenso wird darauf<br />
verzichtet, den Lesestoff in inhaltlicherHinsicht<br />
in der Summe desGanzen<br />
oder auchnur exemplarisch zu<br />
analysieren und zu referieren. Vielmehr<br />
kommtesmir darauf an, das Ergebnis<br />
sowohl meiner amtlichen wie<br />
privaten Lektüre der letzten 25 Jahre<br />
in folgenden Punkten zusammengefasst<br />
vorzustellen: Der erste behandelt<br />
den rasanten Wandel der Technik im<br />
Druckerei- und Zeitungswesen. Schon<br />
dieses führt von einem Teilbereich zur<br />
Gestaltungauch derinhaltlichen Präsentation<br />
und damit zweitens zum<br />
verlegerischen Standpunkt, der sowohl<br />
dasDruckereigeschäft im weiteren<br />
Sinne als auch diehierbesonders<br />
im Vordergrund stehende Zeitung bestimmt<br />
oder zumindestmitbestimmt.<br />
BeideAspekte bezeichnen je eigene<br />
Rahmenbedingungen für den dritten<br />
eigenständigen Bereich, nämlich die<br />
Zeitungsmacher: Redaktion und <br />
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Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite52<br />
freie Mitarbeiter,diesen zugeordnet<br />
das mitder technischen Umsetzung<br />
betraute Personal.Ihre Fähigkeiten,<br />
Vorstellungen und Realisierungsmöglichkeiten<br />
erzeugen die Ergebnisse,<br />
welche, wenn gutgemacht, dem<br />
Leser leicht Aufwand und Mühen der<br />
Entstehung verbergen können, zumal<br />
etwa, wenndie Lektüre dasFrühstück<br />
begleitet, dieFahrt zurArbeit verkürzt<br />
oder denSchlummer zur Nacht befördern<br />
soll. Damit ist nun viertens das<br />
Leserverhalten thematisiert,zum einen<br />
fürsichund zum anderen hinsichtlichder<br />
zwangsläufig entstehendenWechselbeziehung<br />
zwischen<br />
Nachrichtenproduktionund Nachrichtenkonsumtion.<br />
DerSchluss versucht<br />
eine kurze Summe zu ziehen, nicht zuletztauch<br />
im Blick auf dienicht ganz<br />
ungetrübte Zukunftsproblematik.<br />
Zwischen Nostalgie und<br />
Zukunft–zum Wandel<br />
derTechnik<br />
Wiederum beginne ich mit einer<br />
persönlichen Erinnerung. Mitdem Machen<br />
einer Zeitung kam ich zum erstenMal<br />
Ende der60erJahre alsKurzzeithospitant<br />
beim Bonner Generalanzeiger<br />
in Kontakt, und noch heute halte<br />
ich den Stempelmit BleibuchstabeninEhren,<br />
denich zur Erinnerung<br />
geschenktbekam, inzwischen nicht<br />
nur ein persönliches Museumsstück.<br />
Miteiner teils durch dieErinnerung,<br />
teils durch dieErwartung gespeisten<br />
Neugierde betrat ich 1987 das <strong>Gäubote</strong>-Haus:<br />
Da gab es noch Schriftsetzer,<br />
Metteur,Leuchttische, Setzmaschine,<br />
einestillgelegte und die noch aktive<br />
Druckmaschine, die einsolches Ausmaß<br />
besaß, dass sieanihrem Standort<br />
Ob Schriftsetzer<br />
oder Drucker<br />
(Foto um 1970) –<br />
der Theodor Körner<br />
Verlag versteht sich<br />
schonimmer auch<br />
alsAusbildungsbetrieb<br />
in den Boden eingetieft war. Und die<br />
Luft schien überall nach Druckerschwärze<br />
zu schmecken.<br />
Wie anders heute! Schriftsetzer sind<br />
ausgestorben,und nichts erinnert an<br />
diesen so hoch spezialisiertenBeruf,<br />
der einst eine eigene Gewerkschaft besaß<br />
und Spitzenlöhne erzielte. Auch<br />
der Metteur ist abhandengekommen,<br />
jener Spezialist,der Texte und Bilder<br />
bestmöglichst Seite fürSeite in eine<br />
ästhetische Vorlage bringen und gar<br />
nicht selten mit denRedakteuren um<br />
einzelne Sätze, selbst Worte ringen<br />
musste, wenn der produzierende<br />
Geist ertragreicher war,als es eine ZeitungsseiteanPlatz<br />
gestattete, oder<br />
umgekehrtmangelnder Stoff nach einem<br />
lückenfüllenden Bild verlangte.<br />
Entsprechend gibt es auch kein „Gautschen“<br />
mehr,die festliche Taufe nach<br />
vollendeter Schriftsetzerlehre. Stattdessen<br />
ist dieDruckereihalle verwaist,<br />
die Laderampe vereinsamt und ohne<br />
Sinn.Heutzutage ist derComputer das<br />
alles beherrschende Gerät, vorhanden<br />
auf jedem Schreibtisch. Natürlich<br />
möchte niemanddie technische Revolution<br />
missen,dennoch bekenne ich,<br />
dass eine nostalgische Wehmut in mir<br />
aufkam, als ich fast abrupt mit der momentanen<br />
SituationinBerührung<br />
kam.<br />
Heute erinnert an die Zeit des Bleidrucksnur<br />
noch eine ausgediente Lettersortiermaschine.<br />
DerHinweis, dass<br />
sich im Deutschen Museum in München,<br />
Abteilung Druckereiwesen, eine<br />
Druckmaschine ausden Anfangsjahrendes<br />
Intelligenzund<br />
Amtsblattes befinde,hat<br />
sichleider nicht bewahrheitet;<br />
wohl kann man dort eine solche<br />
zeitgenössische aus der<br />
Druckereides „Schwarzwälder<br />
Bote“ und eine weitere aus<br />
Vaihingen/Enz finden.<br />
Das Computerzeitalter beherrscht<br />
den „<strong>Gäubote</strong>“ seit<br />
1997.Seit dieser Zeit gibt es<br />
denGanzseitenumbruch –und<br />
dasProblem der technischen<br />
Innovationen in immer kürzerenAbständen.<br />
Um es gleich hier anzuschließen:<br />
Dieersten Jahrehatte diesetechnische<br />
Revolution mit allen möglichen<br />
Tücken zu kämpfen. Eine davon war<br />
der Ersatz der Spezialisten durch kostengünstigereSchreibkräfte,mit<br />
der<br />
Folge, dass Presseorgane, diesich früh<br />
dieser Entwicklung anschlossen, sich<br />
auch noch durchDruck- und Deutschfehler<br />
einen Namen machten. Allen<br />
voranwar es die„Süddeutsche <br />
1989<br />
Dezember
Seite 53<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
Zeitung“, die Ende der70erJahre<br />
damitkokettierte, mit Druckfehlern<br />
bewusst leben zu wollen, weil man<br />
sich auch dieKorrekturlesungen einsparen<br />
wollte. Die „Frankfurter Allgemeine“<br />
hielt scharf dagegen, folgte<br />
aber rund ein Jahr später,angekündigt<br />
in einer eher verstohlenen Randnotiz,<br />
diesem Vorbild. Wasden „<strong>Gäubote</strong>“<br />
angeht,sohat mich tatsächlich<br />
über einige Jahre nach derUmstellung<br />
die nicht geringeAnzahl<br />
vonDruck- und Deutschfehlern<br />
Ausgabefür Ausgabe irritiert.<br />
Das hat sich indes<br />
grundlegend zum Besseren gewandelt:<br />
Zwar stelle ichgelegentlich<br />
nochklassische PC-<br />
Fehler fest, wie ein gelöschtes<br />
überflüssigesWortoder umgekehrt<br />
eine nicht mehr ausgefüllte<br />
Tilgung. Aber ich versichere,<br />
dass meine Rotstifte seit<br />
einigen Jahren mangels anzustreichender<br />
Fehler ihre Lebensdauer<br />
wenigstens verzehnfachthaben.<br />
Hervorgehoben verdient<br />
also, dass beim „<strong>Gäubote</strong>“ noch<br />
heuteüber einschlägige Programme<br />
hinaus Korrektur gelesen wird.<br />
Wenn wir uns die Entwicklung der<br />
Technik im Druckereiwesen in ihrer<br />
Bedeutung für den„<strong>Gäubote</strong>“ vorAugen<br />
halten, so müssen wir hier noch<br />
einmal dieZeit ab 1969/70 rekapitulieren:Damals<br />
war dasVerlagsgebäude<br />
zu klein geworden. Es ergab sich die<br />
Gelegenheit, einneues, großzügiges<br />
Verlagsgebäude in derHorber Straße<br />
42 in bester Anbindungandie Kernstadtzuerrichten.<br />
DieStandortfrage<br />
entsprach derVerleger-Anschauung,<br />
dassDruckerei und Zeitungsproduktion<br />
möglichstzentral und nicht ausgelagert<br />
auf demLande angesiedelt werden<br />
sollten. Am Gebäude wie auchmit<br />
demebenso großzügigen Erweiterungsbau<br />
von1989 kann man diebeiden<br />
Standbeine desVerlags ablesen:<br />
Druckereiund inhaltliche Produktion<br />
des „<strong>Gäubote</strong>“. Immer noch war die<br />
Werkstatt auf das Thema Buchdruck<br />
ausgerichtet,und immer noch gab es<br />
den Druck mitBlei. Jedoch schon bald<br />
stelltesich eine rasante Umstellung<br />
durch dieimmer schnellere technische<br />
Revolution wiedurch diewirtschaftliche<br />
Entwicklung ein. Hier ist<br />
zuerst die Umstellung auf den Fotosatz<br />
seit 1978 zu nennen, mit dem der<br />
klassische Buch-Hochdruck beendet<br />
unddurch denrotativenBuchdruck<br />
abgelöst wurde. Damithaben sich<br />
Druckformenund Plattenherstellung<br />
Der „Schriftsetzer“<br />
istzum „Mediengestalter“<br />
geworden.<br />
Mitdem<br />
„Gautschen“<br />
werden dieAuszubildendengetauft–<br />
und damit in den<br />
Gesellenstand<br />
erhoben<br />
GB-Foto:Holom<br />
sehr vereinfacht, der„<strong>Gäubote</strong>“ verwandte<br />
nuninsbesondere Polymerplattenfür<br />
die Zeitung, bis auchdies<br />
1995 aufgegeben werden musste, zugunsten<br />
desOffsetdrucks, dermit Maschinen<br />
von Koenig und Bauer Einzug<br />
hielt.<br />
Das neueGesamtgebäude bot und<br />
bietet eher ungewöhnlich großen<br />
Platz und enthält, wasanzumerken<br />
verdient, keine Großraumbüros. Die<br />
verlegerischeVorgabe an denArchitekten<br />
hinsichtlich der Büroräume war<br />
an Diensträume fürzwei Personen orientiert.<br />
Damit sollte Effizienz nicht zuletzt<br />
auch durch ein möglichst gutes<br />
Betriebsklima hergestellt werden, wozu<br />
auch noch eine sachliche Untergliederung<br />
in der Zuordnungnach Aufgabenbereichen<br />
angestrebtwurde.<br />
Verlegerische<br />
Aspekte<br />
Am Anfang derinhaltlichen Überlegungen<br />
steht das Selbstverständnis<br />
derVerleger zu ihrem Betrieb und speziell<br />
zur Zeitung. Dazu mag man sich,<br />
weit zurückgreifend, nocheinmal das<br />
ursprünglicheEinzugsgebiet des Oberamts<br />
Herrenberg, 1938 im Landkreis<br />
Böblingenaufgegangen, in Erinnerung<br />
bringen, weil sich immer noch im Leseverhaltendie<br />
magische einstige<br />
Oberamtsgrenze spiegelt. Mansollte<br />
es kaum glauben, dass diese sich so<br />
zäh in denKöpfen festgesetzt hat! Der<br />
Leserkreisinsolch vergleichbar engem<br />
Raum ist aber auch nach Lesefähigkeit<br />
und Informationsbedürfnis zu kalkulieren.<br />
Das bestimmt dieschon frühzeitig<br />
vorgenommene Mantelverbindung,<br />
seit 1974 bis heute mitden<br />
„Stuttgarter Nachrichten“, zugunsten<br />
einer starken Lokalredaktion. <br />
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Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite54<br />
Im vergleichsweise kleinen Einzugsgebiet<br />
istder lokale Teil einer Zeitung<br />
jedenfalls ein gesellschaftlicher<br />
Faktor,erkann je nach Interessen ein<br />
Stück „Heimat“ vermitteln, kann wirtschaftliche<br />
Notwendigkeit etwa für<br />
Gewerbetreibende wie überhaupt<br />
durch den Annoncenmarktgewinnen.<br />
Aus verlegerischer Sicht resultiert daraus<br />
natürlich eine Leistungsbezogenheit,<br />
die denGesichtspunkt derQualität<br />
auf der Macherseite ebenso beeinflusst,<br />
wie umgekehrt dieAkzeptanz<br />
im Kundenkreis gesucht und nach<br />
Möglichkeit quantitativwie qualitativ<br />
verbessert werden muss.<br />
Aus der Lektüre des „<strong>Gäubote</strong>“ und<br />
aus Gesprächen mit den Verlegern ergibt<br />
sich für diese eine Position, welche<br />
sich an Geschäftsführung und Druckerei<br />
orientiert, hinsichtlich der Zeitung<br />
aberauf inhaltlich publizistisches<br />
Engagementverzichtet. Ich zitiere den<br />
Senior-Verleger: „gegenüber derZeitung<br />
neutral“,ferner mitDistanz zur<br />
Stadtverwaltung. Also:„parteilos, fair<br />
und neutral“ als verlegerischeTugend,<br />
dazu Gleichklang auf Verlegerseite, da<br />
nach bekanntemSprichwort „zuviele<br />
Köche den Brei verderben“. Der Blick<br />
in dieZukunft ist natürlichnicht ohne<br />
Sorge, da diesesich mit dem Sieg der<br />
digitalenTechniknichtebenleicht<br />
voraussagenlässt. Denn allgemein begann<br />
mit der rasanten Entwicklung eine<br />
Periode, dernicht wenige kleinere<br />
Zeitungen zum Opfer fielen. Vondaher<br />
ist es notwendig, dass dieDruckerei<br />
auch alsBereichdes Akzidenzdrucks<br />
für Prospekte usw.ihren Wert<br />
behält. Um es korrekt zu sagen, aus<br />
verlegerischer Sicht ist derAspekt der<br />
Rentabilität selbstverständlich ein<br />
Hauptgesichtspunkt. Daskommt wiederum<br />
auch dem Nutzer zugute, wenn<br />
er nicht nur irgendein Produkt, sondern<br />
ein qualitativ angemessen aufbereitetes<br />
und ausgestaltetes Produkt<br />
beziehen will.<br />
Die Macher<br />
undihr Objekt<br />
Die Seele einer Zeitung ist dieRedaktionals<br />
Zentrum derInformationsverarbeitung,ergänzt<br />
um freie Mitarbeiter<br />
oder gelegentlichexterne Spezialisten.<br />
Bis zur150-Jahr-Feier zählte<br />
die alte Redaktion fünf bis sechs Mitglieder.<br />
Heute sind es neun Mitglieder,<br />
eineReihe von freien Mitarbeitern und<br />
drei ständige Fotografen.<br />
Redakteure wie sonstige Mitarbeiter<br />
praktizieren eine Arbeitsteilung teils<br />
nachsachlichen Gebieten, teils auch<br />
hinsichtlich der räumlichen Zuständigkeit<br />
für Kernstadt, Teilorte und den<br />
übrigenGemeinden. Die Kompetenzverteilung<br />
ist freilich keine ausschließliche,<br />
sondern so geartet, dass Vertretungen<br />
gewährleistetsind. Dazu kommen<br />
thematische Bereiche. Neben der<br />
Nachrichtenbeschaffung, diegezielt<br />
durch Recherche vorgenommen, aber<br />
auch gelegentlich an die Redaktion<br />
herangetragenwird, ist die tägliche<br />
Redaktionskonferenz unter Leitung<br />
des Chefredakteurs nach Ort und Zeit<br />
der Mittelpunkt derGestaltung: Das<br />
reguläre Schema umfasst Besprechung<br />
der Tagesausgabe, inhaltliche<br />
und formale Besprechung der nächsten<br />
Ausgabe, Arbeitsverteilung, Bewertung<br />
und Bebilderung. In diesem<br />
Zusammenhang werden auch die<br />
Presseorgane aus der Nachbarschaft<br />
gesichtet.<br />
Ein Wort zurBewertung des „<strong>Gäubote</strong>“<br />
soll unsere Aussagen zu den<br />
letzten25Jahren beschließen: Rein<br />
formal gesehen hat er in dieser Zeit eine<br />
Gestaltgewonnen, die mit dem<br />
nicht nur gelegentlich etwas verwirrenden<br />
Bild der 50er bis 70erJahre<br />
nicht mehr viel gemein hat. Mankann<br />
sogar sagen: In dergrafischen Gestaltung<br />
ist die Abstimmungzwischen<br />
Mantel und Lokalteil bestensgelungen,<br />
insofern dieZweiteiligkeit schon<br />
seitlängerem so gut wiegar nicht<br />
mehr ins Gewicht fällt. Auch der Anzeigen-und<br />
Werbeteil lässt im Vergleich<br />
zu anderenBeispielen ästhetischenGestaltungswillen<br />
erkennen,<br />
teils hinsichtlich thematischer<br />
Schwerpunktsetzungen bishin zu festen<br />
Erscheinungsterminen, teils in der<br />
Einzelbearbeitung und mit Beratung<br />
zu den Inseraten. Über dietechnischenArbeitsvorgänge<br />
in diesen Bereichen<br />
konnte ich mich ausführlich<br />
unterrichtenlassen.<br />
Der inhaltliche Aufbau erfolgt in allerRegel<br />
nach einem festen Schema,<br />
daseserlaubt, thematisch ohne Hindernisse<br />
zuzugreifen. Die wichtigsten<br />
Inhaltesind: Politik, Kultur,Wirtschaft,<br />
chronologischnach Terminen Wiederkehrendes,<br />
ungewöhnlicheEreignisse,<br />
Gerichtsberichterstattung, festeRubrikenwie<br />
thematische Serien, Leserbriefe<br />
und manch anderes mehr.Das<br />
kurz-, mittel- und langfristigeGeschehen<br />
in Stadtund Einzugsgebiet wird<br />
im Allgemeinenmit wohlwollender<br />
Korrektheit, gelegentlich mit investigativemAnspruchund,<br />
falls nötig,<br />
auch über denTag oder die Woche<br />
hinaus aufbereitet. Kommentare finden<br />
sich im Sinne von Leitartikeln,<br />
wennesder Stoff verlangt. Man kann<br />
sichselbst ein Urteil bilden, wenn man<br />
von derzuweilen gegebenen Möglichkeit<br />
Gebrauch macht, zu einund demselben<br />
Thema Tageszeitung und<br />
Selbstdarstellungmiteinander zu vergleichen.Seltener,aber<br />
schätzenswert<br />
sind Interviews, die es manchmal wegen<br />
ihres besonderen zeithistorischen<br />
Quellenwerts genauer zu studieren<br />
lohnt. Hervorragend aufgebaut sind<br />
auch die „Tipps &Termine“, die in der<br />
Kürze und formalen Präsentation
Seite 55<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
hervorstechen und die Prägnanz<br />
der traditionellen Funktion als Amtsblatt,<br />
die1993 durch Verselbständigung<br />
desselben gleichsam als partielle<br />
GegengründunginAbgang kam, nicht<br />
ganz vermissenlassen. Vomausführlichen<br />
Sportteilwill ich hingegen<br />
schweigen, da er mir mitoder ohne<br />
Zeitung eher fremd<br />
ist. Verwiesen<br />
sei allerdings<br />
noch auf Sonderbereiche,<br />
die positiv zu<br />
bewerten sind,<br />
so dieintegrierten<br />
Sonderblätter,<br />
die seit<br />
1990 den selbständigen<br />
Gemeindendes<br />
Einzugsgebiets gewidmet<br />
sind,ferner<br />
thematische<br />
SpezialserienzuAktivitäten<br />
wiedie<br />
„Heim(at)werker“<br />
oder dievorzüglichen„Geschichten<br />
aus der Geschichte“,<br />
dazu andere aus besonderen<br />
Anlässen wie etwa<br />
Jubiläen. Dazu kommen Ereignisse<br />
oder Betreuung von Begebenheiten,<br />
die der„<strong>Gäubote</strong>“ teils initiiert hatte<br />
oderschon aus etwas älterer Tradition<br />
federführend begleitet. Endlichgibt es<br />
auch den „Kinder-<strong>Gäubote</strong>“, welcher,<br />
fortgesetzt durch eine spezielle Kolumne<br />
für Jugendliche, eine nicht ganz<br />
selbstverständliche schulische Berichterstattung<br />
begleitet.<br />
Vondiesem und<br />
jenemLeseverhalten<br />
Eine Hauptfrage zu jedem Presseorgan<br />
istnatürlich die Beurteilung des<br />
Inhaltsund der diesbezüglichen Präsentation<br />
von Nachrichten.Die im<br />
Laufe der Zeit entstandene enge Beziehung<br />
zwischen Chefredaktion und<br />
Rathaus dürfteesnicht zuletzt gewesensein,<br />
die in einer Leserbefragung<br />
1983<br />
zu dem deutlichen<br />
Urteil<br />
„konservativ undnicht<br />
wirklich unabhängig“geführthat.<br />
DieEinstufung als obrigkeitsorientiertes<br />
Mitteilungsblatt verlormit<br />
dem Wechsel in der Chefredaktion<br />
1988 ihren Grund, insofern die<br />
„Duzgeschichte“ zwischen denbeiderseitigen<br />
Chefs keine Auswirkung mehr<br />
zeitigte. Mag sein,dass dasnicht jedemingleicher<br />
Weise gefiel und gefällt.<br />
Es stehtaber der Zeitung gut an,<br />
wennsie eine möglichst neutrale,<br />
gleichwohl inhaltsvolle Berichterstattung<br />
pflegt. Andererseits gibt es natürlich<br />
immerwieder Versuche, eigene<br />
Meinungenund Sichtweisen als die<br />
objektive Wahrheit in die Öffentlichkeit<br />
zu bringen, als Vehikel hierfür etwa<br />
Telefon oder den Leserbrief nutzend.Wiederum<br />
andere,und dazu bekenne<br />
ich auch mich, nehmen in eigener<br />
Sachekeinen Einfluss und ärgern<br />
die Berichterstatter damit, dass siezu<br />
ihren Veranstaltungen und Vorträgen<br />
kein Manuskript benötigen –was in<br />
der TatMühsal bereiten kann, aber es<br />
gibtnatürlich auch Reporter,die sich<br />
schwierigen Themen gewachsen zeigen.<br />
Wasdas Ansehen einer Zeitung in<br />
der Öffentlichkeit, hier verstanden als<br />
tatsächlicher und potenzieller Leserkreis,<br />
angeht,sofühlt mansich allgemein<br />
nicht selten an dasWorterinnert:Der<br />
Prophet gilt nichts in seinem<br />
Vaterland. Am Niederrhein zumBeispiel<br />
gehört es zumguten Ton, die<br />
„Rheinische Post“ als „Rheinische<br />
Pest“zubetiteln, in Trier warder „Trierische<br />
Volksfreund“ selbstverständlich<br />
ein„Volksfeind“, von deroffenbar<br />
überregional gebräuchlichen Benennung<br />
gerneder Amtsblättchen oder<br />
kirchlicher Nachrichten als „Käsblatt“<br />
ganz zu schweigen. So geht es auch<br />
mitdem „<strong>Gäubote</strong>“: Immer wieder<br />
stelle ich fest, dassman despektierlich<br />
über ihnredet, indem man aber über<br />
ihn redet, habe ich den Eindruck,dass<br />
in solchem Verbalverhalten sichjene<br />
Form vongeheimer Liebe ausdrückt,<br />
die derMenschanscheinend nur<br />
durch sachliche und persönliche Zurücknahme<br />
hinter sich selbst angemessen<br />
zum Ausdruck zu bringen versteht.<br />
Demgegenüber steht allerdings eine<br />
erst 2010 gemachte Leserumfrage,<br />
Was1990 mit der ersten<br />
„GärtringerZeitung“ beginnt,<br />
wird bis heutefür alle<br />
Gäugemeinden fortgesetzt<br />
welche in klarem Gegenteil zu derjenigen<br />
von 1983 ein mehrheitlich deutlich<br />
positiveres Ergebnis zeitigte. Was<br />
hat es also mitGerede und Geraune<br />
auf sich? Man wird Verlegern und Redakteurenjawohl<br />
nicht ernsthaft abverlangen<br />
wollen, dass dieZeitung am<br />
Anspruch derElite gemessen werden<br />
müsste.Die Zielgruppe ist gewiss die<br />
sogenannte„breitere Leserschaft“.<br />
Undsowirdman es dochals realistisch<br />
in Rechnung stellen müssen, dass<br />
vor und hinter derZeitung kluge Köpfe<br />
stecken können, oder auch nicht.<br />
Und wenn es heißt: „Es steht heute<br />
nichts in der Zeitung“, so bleibtzuerst<br />
zu fragen:„Ist denn gestern überhaupt<br />
Berichtenswertesgeschehen?“ Wer<br />
ernsthaft Kritik üben will, der freilich<br />
mussinjedem Fall lesen, denn ein Gegenargument<br />
mussaus dem Kritisiertenheraus<br />
mitgrößerer Kraft deneigenenStandpunkt<br />
begründen. Aber<br />
das ist schon eine eher wissenschaftliche<br />
Fähigkeit. <br />
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Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite56<br />
Sorgenvoll bis<br />
optimistisch –der Blick<br />
in dieZukunft<br />
Am Ende unserer Ausführungen<br />
sollen einpaar Hinweise auf das Verhältnisvon<br />
Gegenwart und Zukunft der<br />
Zeitungstehen. In die Zukunft blicken<br />
zu können, istein alter Menschheitstraum,<br />
den wirnatürlich nicht ernsthaft<br />
propagierenwollen. Tatsache ist,dass<br />
Zukunftsunsicherheit stetszuBesorgnis<br />
führt, und ebenso richtig ist es,<br />
dass von Verleger- und Macherseite<br />
der Zeitung dasMögliche getan wird,<br />
um solche Besorgnisse zu zerstreuen.<br />
Man kann sie freilich auch nicht leichtfertig<br />
verdrängen, istdoch etwa konkret<br />
nicht zu übersehen,dass manvon<br />
einerEntwicklung unvermutet überrollt<br />
werden kann, obwohl man besten<br />
Willens war, zukunftsgerecht die betrieblichen<br />
Möglichkeiten zu schaffen<br />
undbereitzustellen. Es schmerzt, wie<br />
ich denke, dass im Grunde für seinerzeit<br />
neuestefunktionale Bedingungen<br />
erstellteRäumlichkeiten schon nach<br />
kurzer Zeit ein Dasein ohne ihren vollen<br />
Bestimmungszweck,gleichsam als<br />
partielle„Industrieruinen“, fristen.<br />
Derallgemeine Lesermag solche<br />
Entwicklungenwahrscheinlich nicht<br />
einmal bemerken. Man muss kein Prophet<br />
sein, um voraussagen zu dürfen,<br />
dass dertechnische und insbesondere<br />
digitale Fortschritt im Hardware- und<br />
Softwarebereichschnell und schneller<br />
fortschreitenwird. Überlegungen und<br />
Kalkül müssen dazu führen, die Besorgnisse<br />
nicht zu verdrängen, sondern<br />
vielmehr zumAnlass zu nehmen,<br />
frühzeitig über Wege und Möglichkeit<br />
der Zeitung<br />
in der Zukunftnachzudenken.<br />
Diesgilt<br />
auch, und das<br />
seinachdrücklich<br />
gesagt,für die<br />
Leser. Auch in<br />
Zukunftwird es<br />
eine –freilich<br />
wahrscheinlich<br />
abnehmende –<br />
Leserschaft<br />
geben, wasals<br />
immernoch positives<br />
Element<br />
nichtvoreilig aus<br />
Zukunftserwägungen<br />
ausgeschaltet<br />
werden sollte. WerimTagesablauf sich<br />
mit demgeschriebenen Wort abgibt,<br />
darinblättern, daran schreiben, sich<br />
daran bilden will und kann, der tut<br />
mehr für sein Denkvermögen alsderjenige,<br />
dersich allein dem Diktat der<br />
digitalen Informationssysteme anvertraut.<br />
Tief hintersinnig hatdiesen Konflikt<br />
der Kabarettist Christoph Sonntag<br />
ausgedrückt mit der Frage eines Kindes<br />
an den Vater: „Papa, wie seid ihr<br />
früher ohne Computer eigentlich ins<br />
Internet gekommen?“<br />
❋ ❋ ❋<br />
Am Schluss gilt mein besonderer<br />
Dankfür etliche Interviews, Betriebsführungen,<br />
Erklärungen und Beratungen<br />
Frau Heidi und Herrn Rainer<br />
Schöllkopf sowie HerrnElmar Schöllkopf<br />
alsInhabern und Geschäftsführern<br />
des Verlags und Verlegern des<br />
„<strong>Gäubote</strong>“. Nichtweniger bedanke ich<br />
mich beim Chefredakteur Herrn HaraldMarquardt,<br />
dem Initiator,Begleiter<br />
und Beratermeiner zeitungshistorischenAktivitäten,<br />
und besonders für<br />
seineGeduld, mit der er die<br />
Tatsache ertragen hat, dass<br />
Historikernicht nur in langen<br />
Zeiträumen denken,<br />
sondernauchinder Produktionihrer<br />
Werke den<br />
Umgang mit derZeit gelegentlich<br />
anders bewerten<br />
alssonstige Sterbliche.<br />
MitDank bleiben<br />
mir auchinbester Erinnerung<br />
alle Redakteure<br />
und Mitarbeiter,weil<br />
siemir gegebenenfalls<br />
mitAuskünften und<br />
anderenHilfen beigestandensind.<br />
Jahre<br />
1978<br />
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Seite 57<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
Wasmorgen im<br />
Lokalteil steht: In<br />
der Redaktionsrundewird<br />
darüber<br />
diskutiertund<br />
entschieden<br />
GB-Foto:Bäuerle<br />
Die „<strong>Gäubote</strong>“-Redaktion<br />
Eine Plattform bieten<br />
undFlagge zeigen<br />
J<br />
eden Tageine Zeitungfürs Gäu –<br />
hinter diesem Anspruchdes „<strong>Gäubote</strong>“,<br />
dersoaktuell ist wieehund je,<br />
steckt eine engagierte Mannschaft, die<br />
sich ihrenLesern mehr als verpflichtet<br />
sieht. Für die„<strong>Gäubote</strong>“-Redaktion Tag<br />
für Tageine neue Herausforderung.<br />
Denn hier werden dieWeichen gestellt<br />
für die Zeitung,die am kommenden<br />
Morgen in den Briefkästen der<br />
Abonnenten steckt oder am Kioskauf<br />
Leser wartet.<br />
Klischees gibtesviele –vom rasenden<br />
Reporter,vom Redakteur,der sich<br />
im Bett noch einmal umdrehen darf,<br />
wennandere schon auf dem Wegzur<br />
Arbeit sind, vonJournalisten, die<br />
abends gernenoch feiern gehen: Die<br />
Wirklichkeit freilich sieht anders aus.<br />
Die Arbeit in einer Redaktion läuft<br />
hochprofessionell –und sie beginnt<br />
beim „<strong>Gäubote</strong>“imNormalfall morgens<br />
um 8Uhr.Oder sogar früher,<br />
wenn es ein Ereignis erfordert. Nicht<br />
selten klingelt auch mitten in der<br />
Nacht das Telefon beim diensthaben-<br />
den Redakteur,weil ein schlimmer Unfallpassiert<br />
ist oder ein Haus brennt …<br />
Bis zumRedaktionsschluss –inder Regel<br />
um 20.30Uhr und je nach Nachrichtenlageauch<br />
sehr viel später –ist<br />
die Redaktion im Verlagsgebäude in<br />
Herrenberg immer besetzt und damit<br />
in ständiger Bereitschaft.<br />
Die Anliegen, die die Leute<br />
umtreiben, wollenwir aufnehmen<br />
Harald Marquardt, Leiter der Redaktion<br />
Dazwischen wird, wie die Redakteure<br />
selbst sagen, „Zeitung gemacht“.<br />
Konkret bedeutet dasfür dieneun<br />
Mitglieder derLokalredaktion undSekretärin<br />
UteAcker,dem Leser am<br />
kommenden Tag–aberauch ganz aktuell<br />
im Internet auf der„<strong>Gäubote</strong>“-<br />
Homepage www.gaeubote.de –das<br />
Leben, den Alltag undaktuelle Ereignisseaus<br />
der gesamten Region um<br />
Herrenberg näherzubringen und zu<br />
bewerten. Gemeinderatssitzungen,<br />
Pressekonferenzen, sportlicheund kulturelleEvents,<br />
Interviews, aber auch<br />
Unfälleund menschliche Schicksale<br />
sowie wirtschaftliche und politische<br />
Entwicklungen –all das zu verarbeiten,<br />
ist die Aufgabeder Redaktion, die dabei<br />
vonzahlreichen freien Mitarbeitern<br />
unterstütztwird. Denn dieVielzahl<br />
derTermine lässt sich nur mit einer<br />
großen und qualifizierten Mannschaft<br />
schultern.Und vor Ort zu sein,<br />
sich persönlich ein Bild von etwas zu<br />
machen, dasist für den„<strong>Gäubote</strong>“<br />
mehr als selbstverständlich. Egal ob<br />
am frühen Morgen oder am späten<br />
Abend, auchanSonn- und Feiertagen.<br />
Hinzu kommeneigene Recherchen<br />
und Reportagen, diedas Leben im Verbreitungsgebietder<br />
nunmehr seit 175<br />
Jahren erscheinenden Zeitung abbilden–also<br />
in Herrenberg<br />
und seinen<br />
Stadtteilen, im gesamten<br />
Oberen Gäu<br />
mit Gäufelden, Bondorf,Jettingen<br />
und<br />
Mötzingen sowie in<br />
Nufringen, Gärtringen,Deckenpfronn<br />
und Hildrizhausen<br />
sowie in Ammerbuch im Kreis Tübingen<br />
und Wildberg im Landkreis Calw.<br />
Nichtzuvergessen der Landkreis Böblingen,der<br />
darüber hinaus viel Lesenswertes<br />
zu bieten hat.<br />
Der „<strong>Gäubote</strong>“ greift in seiner täglichen<br />
Berichterstattung nicht nur<br />
wichtige Themen auf, ein großes Anliegen<br />
ist ihm, denunterschiedlichen<br />
Zielgruppen im Blatt eine Heimat zu<br />
geben: Vereine ebenso wie Parteien,<br />
kirchliche und sozialeGruppen, Initiativen<br />
oder Interessenvertretungen aller<br />
Art. „Wir wollen eine Plattform für<br />
jedensein“, sagt Redaktionsleiter Harald<br />
Marquardt, derseit 1985 für den<br />
„<strong>Gäubote</strong>“ arbeitet. So ist es nicht verwunderlich,dass<br />
der„<strong>Gäubote</strong>“ einen<br />
direktenDraht zu den Menschen<br />
pflegt –„die Türen stehen bei uns offen.“Und<br />
dasauch im übertragenen<br />
Sinn.Denn perTelefon, E-Mail oder<br />
über sozialeNetzwerke istdie Redaktion<br />
immer erreichbar –und für jeden<br />
Kontakt, jedes Gespräch und jede Anregung<br />
dankbar. „Die Anliegen, die die<br />
Leute umtreiben, wollen wir aufnehmen“,<br />
sagt derRedaktionschef,„wir<br />
wollen nichtnur eine Zeitung für die<br />
Offiziellen sein.“ Das schlägt sich auch<br />
in Serien und Aktionen nieder,wie<br />
dem„Heim(at)werker“, der ehrenamtlich<br />
Tätige ebensoins Blickfeldrückt<br />
wie der„Sportler des Monats“. Der<br />
„Energiesparer des Monats“ wiederum<br />
stellt Menschen vor,die ihren eigenen<br />
Beitragzum Klimaschutz leisten.<br />
Über die Themen, die am nächsten<br />
Taginder Zeitung stehen, entscheidet<br />
am frühen Nachmittag dieRedaktionskonferenz<br />
–konkret geht es dabei um<br />
denLokalteil, Sport und Kultur inklusive,<br />
sowie um ständig wiederkehrende<br />
Rubriken und Titel, wie„Gig“, gestaltet<br />
von der„<strong>Gäubote</strong>“-Jugendredaktion,<br />
oder die Gemeindezeitungen, dieelf<br />
MalimJahr Unterhaltsames und Hintergründiges<br />
aus denGemeinden rund<br />
um Herrenberg bieten. <br />
1892 Der<br />
„<strong>Gäubote</strong>“<br />
beziehteinmal<br />
mehr ein neuesQuartier,jetzt<br />
in derStuttgarter Straße.<br />
1894 Erstmals zeichnet am 10.Juli Theodor Samuel<br />
Braun, einzigerSohn desVerlegers Johann Georg Braun,<br />
als verantwortlicher Redakteur.Vom 20. September an<br />
empfängt der„<strong>Gäubote</strong>“ Nachrichten über das „telegraphische<br />
Bureau“, samstags wird der Zeitung das„Herrenberger<br />
Unterhaltungsblatt“ beigelegt. Theodor Samuel<br />
Braun stirbt jedoch schon 1898.<br />
1898 Gustav Fischer wird Geschäftsführer<br />
vonVerlag und Druckerei. Am<br />
25.Februar 1899 heiratet er Pauline<br />
Braun, dieSchwester von Theodor Samuel<br />
Braun, undwird Teilhaber.<br />
1901 Das Unternehmenwird<br />
umbenannt und<br />
trägtden Namen des<br />
neuen Eigentümers:<br />
„Gustav Fischer,vormals<br />
Braun’sche Druckerei“.
Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite58<br />
Die tägliche Zeitungslektüre –und darauf ein Gedicht<br />
Panorama mit<br />
Begeisterung<br />
E<br />
in ganz besonders treuer „<strong>Gäubote</strong>“-Leser ist Karlheinz<br />
Fleischer aus Jettingen. Der60-Jährige greift seit<br />
über 30 Jahren jeden Tagzuseiner Heimatzeitung. Zum<br />
60. Geburtstag seines Freundes „Franz“ –für dender<br />
„<strong>Gäubote</strong>“ ebenfalls seit Jahrzehnten zurtäglichen Lektüre<br />
gehört –hat Karlheinz Fleischer einGedicht verfasst. Es<br />
ist schon fast zu einer Liebeserklärung füreinen treuen<br />
Begleiter geworden. Und hierdie Verse im Wortlaut, die<br />
Karlheinz Fleischer mitdem Titel „Alltag eines ‚<strong>Gäubote</strong>“-<br />
Lesers überschrieben hat.<br />
„<strong>Gäubote</strong>“-Leser Karlheinz Fleischer aus Jettingen freutsich jeden Morgen auf dieneue Ausgabe<br />
seiner Tageszeitung<br />
Foto:Holom<br />
Alltag eines „<strong>Gäubote</strong>“-Lesers<br />
In Affstätt wohnt Franz T.,soalt wie unser Land,<br />
er gucktschon morgens über seinen Tellerrand.<br />
Beim Frühstück, Brille auf,„<strong>Gäubote</strong>“ lesen,<br />
neugierig schaut er,bin ichirgendwo dabei gewesen?<br />
Er denkt: „Isch wer gstorba, den ikenn?“<br />
Antwort: „Gottsei Dank, koa Bekannter drenn!“<br />
Wie gewohnt, liestman dieZeitung von hinten,<br />
da kann er „Feschtles-Anzeigen“ finden.<br />
LokalesgibtesinkleinenLettern,<br />
dann nach vorne arbeiten,blättern, blättern.<br />
Montagsganz hinten, Tischlein deck dich,<br />
Hunger,inden BMW rein, Auto streck dich.<br />
Hat er alsbald was im Magen,<br />
nimmt er im „Schatten“den „<strong>Gäubote</strong>“ –braucht nicht fragen.<br />
Auf derWirtschaftsseite vom Schatta en<br />
Affstättnix drenn,<br />
am Stammtischwird über „Lokalsport“diskutiert„gschwend“.<br />
Auf „gut Schwäbisch“ ist sein Highlight des Blattes,<br />
interessantfindet er,mit „Schmackes“!<br />
Dann machtereinen Seitensprung,<br />
liest Panorama mit Begeisterung.<br />
Auch zwischen denZeilen liest Franz,<br />
er sagt sich, wennschon, dann ganz.<br />
Vorn TV,langweiliges Programm,<br />
liest er IBM-Börse,Seite 3, Politik zumSchluss, dann schläfterein.<br />
Er träumt von Kommentaren, Anekdoten,<br />
Marathonläufern, allesim„<strong>Gäubote</strong>n“.<br />
Wacht er auf, gibt’s einen frischen Gaibota,<br />
jeden Tagaufs Neue,was isch botta?<br />
KARLHEINZ FLEISCHER<br />
Den überregionalen Teil bezieht<br />
der „<strong>Gäubote</strong>“ vonseiner Partnerzeitung,den<br />
„Stuttgarter Nachrichten“.<br />
Festgelegt wird in dieser Runde, welche<br />
Artikel auf derersten Lokalseite<br />
stehen,welche Themen noch vertieft<br />
undrecherchiert werden müssen.<br />
Doch nichtselten kommt es vor,dass<br />
die Zeitung am nächsten Tagdann<br />
doch ganz anders aussieht –weil aktuelle<br />
Ereignisse eine völlig neue Planung<br />
erfordern, oft auch noch zurspäten<br />
Stunde …<br />
Wert legt der „<strong>Gäubote</strong>“ auf eine<br />
sorgfältige und optisch ansprechende<br />
Gestaltung der Zeitung.Ein großes Anliegen<br />
ist es ihm, in Kommentaren Haltung<br />
zu zeigen und damit zur Meinungsbildung<br />
beizutragen. DieLeserbriefe,die<br />
zu ganzunterschiedlichen<br />
Themen –lokal und überregional –in<br />
der Redaktion eingehen, zeugen davon,<br />
dass dieLeser ihre eigene Sicht<br />
der Dinge haben undgerne davon Gebrauch<br />
machen, sie in der Zeitung zu<br />
artikulieren. Keine Frage: Auch dieRedaktion<br />
ist dabei nicht vonKritik ausgenommen,sowie<br />
Kritisch informieren<br />
und offen fürKritik<br />
sich das gehört.<br />
So unabhängig<br />
und mit Distanz der<br />
„<strong>Gäubote</strong>“anProbleme<br />
und Fragestellungen herangeht,<br />
„wenn es darauf ankommt, engagieren<br />
wir uns fürs Gäu und zeigen Flagge“,<br />
betont Harald Marquardt, derdabei<br />
auf seine Kollegen Konrad Buck, Dietmar<br />
Denner,Simone Denu, Esther Elbers,<br />
Jochen Stumpf und Holger<br />
Weyhmüller sowie diebeiden „Sportler“<br />
Robert Stadthagen undAndreas<br />
Gauß setzen kann. Das warimKampf<br />
gegen dieSondermüllverbrennungsanlage<br />
in den1990er Jahren der Fall,<br />
aber auch bei so aktuellenThemen<br />
wie derZukunft des Herrenberger<br />
Krankenhauses oder dermöglichen<br />
Eingliederungdes Landkreises in einen<br />
Regionalkreis.<br />
Umgekehrt dürfen<br />
und sollen sich die<br />
Leser aktiv beteiligen:<br />
Verlosungen<br />
über den„heißen Draht“ für Veranstaltungen<br />
aller Art, Tippspiele im Internet<br />
zurBundesliga, aber auch zurFußball-WM<br />
und -EM, oder unsere Sommer-Aktion<br />
„Familientour“, beider<br />
sich zwischenzeitlich weit über 10 000<br />
Teilnehmer am Telefon und im Internet<br />
aufinteressante Freitickets für Freizeitparks<br />
und andere Attraktionen<br />
freuen dürfen.Aktionen wie„Klickden<br />
Clip“, Fotogalerien mit Leserschnappschüssen,Umfragen<br />
und AbstimmungenimInternet<br />
erfreuen sich ebenfalls<br />
großer Beliebtheit. Undnicht zu vergessen<br />
dieVeranstaltungen zur Sportlerwahlmit<br />
prominenten Gästen oder<br />
der „<strong>Gäubote</strong>“-Cup mitdem VfL Herrenberg<br />
–sie alle machen klar,dass der<br />
„<strong>Gäubote</strong>“ im Gäu fest verwurzelt ist.<br />
Ganz besonders deutlich wird das bei<br />
der„<strong>Gäubote</strong>“-Weihnachtsaktion von<br />
„Miteinander –Füreinander“,bei der<br />
mittlerweile gut eine MillionEuro für<br />
soziale Projekte gespendetwurden.<br />
Ein umfassendes Serviceangebot wie<br />
die täglichen „Tipps und Termine“, der<br />
wöchentliche Kulturkalender,die Kinoübersicht<br />
am Freitag oder die Vorschau<br />
„Sport am Wochenende“ runden<br />
das Angebotab. ■<br />
DIETMAR DENNER
Seite 59<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
Anzeigen-Service<br />
DerKunde steht<br />
im Mittelpunkt<br />
A<br />
nzeigen sind ein unverzichtbarer<br />
Teil einer Tageszeitung –auch im<br />
„<strong>Gäubote</strong>“. Schon in derersten Ausgabe<br />
des „Intelligenzblatts für den Oberamtsbezirk<br />
Herrenberg“ am 7. Juli<br />
1838 finden sich zwei Annoncen: ein<br />
Kredit-und ein Stellenangebot. In all<br />
den 175Jahren, in denen die HerrenbergerZeitung<br />
nun erscheint, ist sie<br />
fürUnternehmen, Händler,Geschäfte,<br />
Vereine, aber auch fürPrivatleute eine<br />
wichtige Werbeplattform. „Anzeigen<br />
in Tageszeitungen genießen eine sehr,<br />
sehrgroße Glaubwürdigkeit“, sagt<br />
Christina Samel. Seit 1995 leitet<br />
siedie Anzeigenabteilung des<br />
„<strong>Gäubote</strong>“. „Unsere Anzeigen<br />
habeneinen lokalen Bezug. Sie<br />
erreichengenau das Zielpublikum.Davon<br />
profitieren<br />
sowohl diejenigen,<br />
diewerben, aber auch unsere Leser,für<br />
dieAnzeigen eine wichtige Informationsquelle<br />
sind.“<br />
Christina Samel, die seit 25 Jahren<br />
im Tageszeitungsgeschäft ist und zuvor<br />
in Werbeagenturen Unternehmen<br />
betreut hat, kann auf einenreichen Erfahrungsschatz<br />
zurückgreifen. Sie und<br />
ihr Team stehen allen Kunden, die im<br />
„<strong>Gäubote</strong>“ inserieren wollen, unter-<br />
stützend zurSeite: „Wir beraten unsere<br />
Kunden, wie sieihre Angebote am<br />
besten bewerben können, wir machen<br />
Gestaltungsvorschläge,wir erarbeiten<br />
Mediapläne,wir erfragen spezielle Bedürfnisse,<br />
suchen den richtigenVeröffentlichungstermin<br />
und finden ganz<br />
maßgeschneiderteLösungen“, sagt<br />
Christina Samel. Kurzum: „Wir gehen<br />
auf unsereKunden ein, ihre Wünsche,<br />
ihre Bedürfnisse stehen bei uns im<br />
Mittelpunkt.“Dabei spielt es keine<br />
Rolle, ob die Werbung im Printprodukt,<br />
also wie seit 175 Jahren in<br />
der gedrucktenAusgabe des<br />
„<strong>Gäubote</strong>“ platziert werden soll<br />
oder online auf der Homepage<br />
www.gaeubote.de –oder in<br />
beiden Medien. Durch die<br />
Kooperation mitPartnerzeitungenkönnen<br />
Anzeigenauch<br />
weit über die<br />
Grenzen des originären<br />
Christina Samel:<br />
Maßgeschneiderte<br />
Lösungen für den<br />
Kunden<br />
Ob Gestaltung oder Platzierung –Kundenberaterin Christiane Kirr weiß, worauf<br />
es bei der Anzeigenwerbung ankommt<br />
GB-Fotos:Bäuerle<br />
„<strong>Gäubote</strong>“-Verbreitungsgebiets hinaus<br />
veröffentlicht werden.<br />
Freundliche, individuelle und kompetenteBeratung<br />
–das bieten Christina<br />
Samelund ihr Team im Verlagshaus<br />
in der HorberStraße 42 in Herrenberg<br />
für alle Branchen.Auch werFamilienanzeigen<br />
aufgebenoder beispielsweise<br />
im Kleinanzeigenmarkt etwasverkaufen<br />
möchte,kann auf das professionelle<br />
Know-how der Anzeigenfachleutesetzen.<br />
Natürlich werden Anzeigenund<br />
Anfragen auch am Telefon<br />
oderper E-Mail beantwortet und entgegengenommen,<br />
am wichtigsten, vor<br />
allem bei komplexeren Inhalten, bleibt<br />
fürChristina Samelaberdas persönliche<br />
Gespräch.Sie und ihre Mitarbeiterinnen<br />
Tatjana Bauer,<br />
ChristianeKirr und<br />
Elke Renkewitz stehen<br />
dafür montags<br />
bis freitags von 8bis<br />
17 Uhrzur Verfügung.<br />
In derGeschäftsstelle<br />
im Einkaufszentrum<br />
Bronntor beratenzudem<br />
Brigitte Schneider undMonikaWörner<br />
Kunden und Interessenten:unter<br />
der Woche von 9.30 bis18<br />
Uhr und samstags von9.30 bis 13 Uhr.<br />
Dochder „<strong>Gäubote</strong>“ betreut seine<br />
Kunden auch vorOrt und zu Terminen,<br />
die ganz individuell vereinbart werden.Die<br />
Werbeberater Roland Ege,<br />
BarbaraMaurer und Heinz Rolfs halten<br />
im Außendienst engen Kontakt mit<br />
Handel undGewerbe –sowohl in der<br />
Stadt Herrenberg als auchimgesamtenUmland.<br />
Großen Wert legt Christina<br />
Samel auf einegute Zusammenarbeit<br />
mit Handels- und Gewerbevereinen,<br />
für diesie einwichtiger Ansprechpartner<br />
ist.<br />
Großer Akzeptanz in der Leserschaft<br />
erfreuen sich im ÜbrigenSonderveröffentlichungenzubestimmten<br />
Anlässen<br />
wie Jubiläen<br />
und<br />
Bauvorhabenoder<br />
zu Verbraucherthemen.<br />
„Auch hier helfen wirKunden<br />
und Interessentengerne weiter.“<br />
Ebenso beimThema Werbebeilagen.<br />
Nichtzuletzt präsentiert sich der<br />
„<strong>Gäubote</strong>“ auch bei regionalen Messen,Ausstellungen<br />
und Leistungsschauen.<br />
Und dort, so ChristinaSamel,<br />
„kommen wirinKontakt mit den Menschen<br />
und haben interessante Begegnungen<br />
und Gespräche“. ■<br />
DIETMAR DENNER<br />
Anzeigen in Tageszeitungen<br />
genießen eine sehr große<br />
Glaubwürdigkeit<br />
Christina Samel, Anzeigenleiterin<br />
Schuhmode im Wandel der Zeit<br />
März<br />
1952<br />
Tübinger Straße 10<br />
Frühjahr 2013<br />
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in Best-Auswahl<br />
–<strong>Gäubote</strong>-Kunde seit 1906 –
Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite60<br />
Die „<strong>Gäubote</strong>“-Technik<br />
Wo die Seiten zur<br />
Zeitung werden<br />
O<br />
bAnzeigenabteilung, Redaktion<br />
oderVertrieb:Die „<strong>Gäubote</strong>“-<br />
Technik unterstützt dieanderen Abteilungen<br />
im Haus. Dievon den Kunden<br />
georderten Anzeigen,die von denRedakteuren<br />
geschriebenen Texte oder<br />
die vonden Fotografen angefertigten<br />
Bilder finden erst mit Hilfe der technischen<br />
Abteilung den Wegins „Blatt“,<br />
wie dieZeitung im Fachjargon auch<br />
genanntwird. Unddie Produkte der<br />
anderen Abteilungen werden dort bisweilen<br />
veredelt.Beispiel: Die Technik<br />
kann Fotos freistellen, wenn sie sich<br />
dafür eignen. Dasbedeutet, das Foto<br />
wird aus dem ursprünglichen Spaltenraster<br />
herausgehoben, um demBild<br />
eine größere Wirkungzuverleihen<br />
und das Erscheinungsbildder Zeitung<br />
aufzulockern.<br />
„Wir unterstützen die Anzeigenabteilungbei<br />
der Gestaltung und Produktion,unterstützen<br />
die Redaktion<br />
beigestalterischen und technischen<br />
Fragen vom Bildbis zum PC, für den<br />
Vertrieb gestalten wir Anzeigen fürdie<br />
Austräger-Suche oder dieAbo-Prämien“,<br />
fasst Technik-Chef Eberhard<br />
Ortzeif dievielfältigen Aufgaben zusammen.<br />
Zwölf Personenarbeiten im<br />
Technik-Team mit, überwiegend als<br />
Mediengestalter, darunter drei Auszubildende.Zur<br />
technischen Abteilung<br />
gehört auch dasKorrektorat, in dem<br />
zwei Personen tätig sind. Die Korrektoren<br />
tilgen nicht nur orthografische Unzulänglichkeiten,<br />
sondern versuchen<br />
auch inhaltliche Ungereimtheiten zu<br />
klären.<br />
Die Art undWeise, wie Anzeigen,<br />
Texte und Fotos in eine gedruckteZei-<br />
In der Technik<br />
bekommt der<br />
„<strong>Gäubote</strong>“<br />
gestalterischden<br />
letzten Schliff<br />
GB-Foto:Bäuerle<br />
tung gelangen, war einem stetigen<br />
Wandel unterworfen. BisEnde der<br />
1970er Jahre wurde der „<strong>Gäubote</strong>“<br />
mit Hilfe des Bleisatzes hergestellt.<br />
Der Setzer erfasste die vonder Redaktiongeschriebenen<br />
oder von externer<br />
Seiteeingesandten Texte an der Setzmaschine,<br />
Gleiches galtfür dieAnzeigen.AmEingang<br />
zurTechnik-Abteilung<br />
zeugteine „Großkegel-Setzmaschine“<br />
(sieheFoto auf Seite 37) aus<br />
dem Jahr 1966 noch heute von diesen<br />
vergangenen Zeiten.<br />
Dem Bleisatz folgte<br />
das Fotosatz-Zeitalter.„Das<br />
war eine gewaltigeStrukturänderung.<br />
Blei warja<br />
schwer und arbeitsintensiv“,führt<br />
Eberhard<br />
Ortzeifaus.<br />
Beim Fotosatz –ab1978 in Betrieb –<br />
wurden kopierfähige Schriftsätze auf<br />
Filmmaterial hergestellt. DieRedakteureund<br />
freien Mitarbeiter tippten<br />
ihre Texte zunächst auf einer Schreibmaschine.<br />
Die Erfasserinnen haben<br />
dieseTexte dann in eine Fotosatz-Anlage<br />
übertragen.Den erfassten Text<br />
druckteman auf einer sogenannten<br />
„Fahne“ aus –eine Textspalte, die auf<br />
Fotopapierbelichtet ist. In Absprache<br />
mit den Kollegen ausder Redaktion<br />
gestalteteder „Metteur“ dieSeiten<br />
mit Texten und Bildern mit Hilfe eines<br />
Skalpells. Der „Metteur“ klebte die Beiträge<br />
auf eine ZeitungsseiteinOriginalgröße.Redakteur<br />
und Metteur<br />
musstendabei entscheiden, auf wie<br />
viele Spaltender „Fahnen-Text“ umbrochen<br />
werden sollte und über wie<br />
viele Spalten sich die Fotos erstrecken<br />
sollten. Die fertig geklebte Seite kam<br />
in die Repro und wurde auf einem seitengroßen<br />
Negativ-Filmbelichtet. Der<br />
retouchierte Film gelangte schließlich<br />
in die „Katakomben“ des„<strong>Gäubote</strong>“:<br />
Die digitale Technik bringt<br />
einen Qualitätssprung<br />
Eberhard Ortzeif,Leiter der Zeitungstechnik<br />
in die Rotation. Dort wurde bis zum<br />
Jahr 2005 nachts dieHerrenberger<br />
Zeitung gedruckt –einschließlich des<br />
überregionalen Teils, dender „<strong>Gäubote</strong>“<br />
vonden „Stuttgarter Nachrichten“<br />
bezieht. Die Seiten aus Stuttgart werden<br />
inzwischenals pdf- oder eps-Datei<br />
übermittelt. Zu Bleisatz-Zeiten kamen<br />
die Seiten noch nachts perTaxi nach<br />
Herrenberg.<br />
Mitdem sogenannten Ganzseitenumbruch<br />
unddem digitalen Redaktionssystem<br />
arbeiten Technik und Redaktion<br />
seit 1996. Drei Jahre später<br />
führte auch dieAnzeigenabteilung das<br />
digitale Verfahren ein. Ganzseitenumbruchbedeutet:<br />
Die mitTexten, Fotos<br />
undAnzeigen versehenen Seiten werdenamPCzusammengefügt.<br />
Der fertigen<br />
Seitegeht in der Regel ein Layout<br />
voraus. Dieses Layout legt fest, welche<br />
Beiträge auf welcher Seite platziert<br />
werden sollen. Die fertige Seitewird<br />
digital an das Druckzentrum in Sindelfingen<br />
übertragen. „Durch dieUmstellung<br />
derProduktion von Blei zu Papier,<br />
danach Film und Digital, wurde auch<br />
eineSteigerung in puncto Druckqualität<br />
und Farbigkeit erreicht“, betont<br />
Eberhard Ortzeif.<br />
Der Wandel der Technik schlägt sich<br />
auch im Berufsbild der„<strong>Gäubote</strong>“-<br />
Techniker nieder.Aus dem früheren<br />
Schriftsetzer, dermit Blei arbeitete, ist<br />
der Mediengestalter am PC mit Textund<br />
Bildverarbeitungsprogrammen<br />
geworden. Die Produktion ist weit<br />
schneller als früher noch –und damit<br />
ist dieReaktionszeit kleiner geworden.<br />
„Der nächtliche Drucktermin aber<br />
steht mit1Uhr fest,daher ist gute Planung<br />
wichtig“,meint Eberhard Ortzeif.<br />
Der Mediengestalter und Druckformenhersteller-Meisterarbeitet<br />
bereits<br />
über 30 Jahre beim „<strong>Gäubote</strong>“und leitet<br />
dietechnische Abteilung seit dem<br />
Jahr 1990. ■ KONRAD BUCK<br />
1963<br />
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Seite 61<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
Im Sindelfinger<br />
Z-Druck läuftder<br />
„<strong>Gäubote</strong>“ druckfrisch<br />
von derRolle:Der<br />
Technische<br />
Leiter Peter Röhm<br />
(Mitte) unddie<br />
beiden Drucker<br />
Ernst Dengler<br />
(rechts)und<br />
Andreas Vombohr<br />
GB-Foto: Bäuerle<br />
Hochgeschwindigkeit im Druckzentrum<br />
35 Kilometer Papier pro Nacht<br />
L<br />
änge: 18 Meter.Breite: 6,5 Meter.<br />
Höhe 13 Meter.Gewicht: satte 300<br />
Tonnen. Das sind die Maße und das<br />
Gewicht, mitder die KBA Colora aufwartet.<br />
Auf dieser Rotations-Druckmaschine<br />
desHerstellers Koenig und Bauer<br />
wird der„<strong>Gäubote</strong>“ Nacht für Nacht<br />
gedruckt. Gefüttert wirddas beeindruckende<br />
Druckwerkmit seinen Stahlwalzen,Zahnrädern,<br />
Kabeln und all<br />
denanderen Innereien Ausgabe für<br />
Ausgabemit großen Papierrollen, die<br />
im Schnitt zusammen rund drei Tonnen<br />
aufdie Waage bringen. Würde<br />
man sieausrollen, ergäbe daseine vier<br />
Zeitungsseiten breite Bahn vonrund<br />
35 Kilometern Länge,wie PeterRöhm<br />
weiß, derTechnische Leiter der Firma<br />
Z-Druckinder Böblinger Straße in Sindelfingen,<br />
wo der „<strong>Gäubote</strong>“ gedruckt<br />
wird. Der Firmenname steht für Zentrale<br />
ZeitungsdruckgesellschaftmbH<br />
&CoKG–gleichberechtigte Gesellschafter<br />
sind neben dem „<strong>Gäubote</strong>“<br />
die ZeitungshäuserinSindelfingen<br />
und Mühlacker.Eine „<strong>Gäubote</strong>“-<br />
Ausgabemit maximal 32 Seiten druckt<br />
die KBAColora in einem Rutsch, und<br />
das natürlich von vorne bis hinten far-<br />
big. Oder in „4 C“, wieesinder Fachspracheheißt.<br />
Die Abkürzung steht im<br />
Englischen für„4Colors“, auf deutsch<br />
übersetzt: vier Farben. Gemeint sind<br />
damit Blau(„Cyan“), Purpur („Magenta“),Gelb<br />
(„Yellow“) und Schwarz<br />
(„Key“)–dieBestandteile des sogenanntenCMYK-Farbmodells<br />
–, aus denen<br />
durch subtraktive Farbmischung<br />
jede erdenklicheFarbe<br />
gedruckt werden<br />
kann. Isteine<br />
„<strong>Gäubote</strong>“-Ausgabe<br />
umfangreicher als32<br />
Seiten, muss der<br />
Druckaufgeteilt werden.<br />
Die technische Entwicklung im<br />
Druckbereich bleibt nichtstehen. Im<br />
Laufe seiner bislang175-jährigen Geschichte<br />
erlebteauch der„<strong>Gäubote</strong>“<br />
dies immerwieder und beteiligte sich<br />
selbstverständlich an diesen Verbesserungen<br />
–ganz im Sinne seiner Leser.<br />
Die Vorgängerin der KBAColora beispielsweise,<br />
die im „<strong>Gäubote</strong>“-<br />
Verlagshaus in der Horber Straße 42 in<br />
Herrenberg von1996 bis zum Jahr<br />
2005 ihren Dienst tat, konnte ebenfalls<br />
schon eine 32-seitige Ausgabeauf<br />
Zu 100 Prozent<br />
recyceltesPapier<br />
einmal drucken, allerdings nicht<br />
durchgängig farbig –die Farbigkeit war<br />
damals nochauf acht Zeitungsseiten<br />
proAusgabe beschränkt, der Rest der<br />
Zeitung blieb schwarz und weiß. Die<br />
Rotationsmaschine davor wiederum –<br />
eine 32-Seiten-Hochdruck-Anlage, die<br />
Anfang des Jahres 1972 aus Bielefeld<br />
kam –konnte ausschließlich mit<br />
schwarzer Farbe umgehen.<br />
Ganz zu<br />
schweigenvon deren<br />
Vorgänger-Maschinen.<br />
Seit dem 1. Juli 2005<br />
wirdder „<strong>Gäubote</strong>“ beiZ-Druck in Sindelfingen<br />
auf Papier gebannt. In zwei<br />
Schichten arbeiten jeweils drei Mitarbeiter<br />
an der Rotationund stellen die<br />
Maschine so ein, dass qualitativ ein<br />
möglichst optimales Druckergebnis<br />
am Endesteht. Das geschieht in heutiger<br />
Zeit vor allemvom Leitstand der<br />
umfangreich automatisierten Anlage<br />
aus,die theoretisch biszurund 32 000<br />
Zeitungs-Exemplare proStunde ausspuckt.Wohlgemerkt:<br />
nicht Seiten,<br />
sondern Exemplare!Der hohe Automatisierungsgradder<br />
KBA Colora trage<br />
unter anderem auch dazu bei, wie<br />
Peter Röhm erläutert, dass wenig Makulaturherauskomme<br />
–das Fachwort<br />
fürPapierausschuss. Zudem könne der<br />
Herstellungsprozess so umweltschonender<br />
erfolgen.<br />
Der Umwelt wird noch an anderen<br />
Stellendes Produktionsprozesses hohe<br />
Bedeutung beigemessen, beispielsweise<br />
beider Auswahl des Zeitungspapiers:<br />
„Das istzu100 Prozent recyceltes<br />
Papier,das kommt direkt aus dem<br />
Kreislauf“,betont Röhm. Wieauch die<br />
Druckplatten, mittels derer dieFarben<br />
in Hochgeschwindigkeit auf die richtigen<br />
Stellendes Papiers aufgebracht<br />
werden.<br />
Nachdem die „<strong>Gäubote</strong>“-Exemplare<br />
druckfrisch üblicherweise gegen 1.30<br />
Uhr morgens aus derRotationsmaschine<br />
gekommen sind, gelangen sie<br />
über ein automatisches Transportsystemzu–je<br />
nach Schicht–vier bis zehn<br />
Mitarbeiterinnen, die gegebenenfalls<br />
Beilagen in die Zeitungenstecken und<br />
das fertige Produkt in handliche Gebinde<br />
packen.Anschließend geht’s per<br />
Lieferwagenzuden Austrägern vor<br />
Ort. ■ HOLGERWEYHMÜLLER<br />
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Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite62<br />
„<strong>Gäubote</strong>“-Austrägerin Susanne Buchmüller ist schon ab 2.30 Uhr unterwegs<br />
Kein<br />
Verkehrslärm<br />
störtdie<br />
nächtliche Stille<br />
Gute Ortskenntnisse sind<br />
entscheidend:Zustellerin Susanne<br />
Buchmüller GB-Foto:Bäuerle<br />
S<br />
usanne Buchmüller verlässt das<br />
Haus,wenn sichandere nachts<br />
noch mal dieDecke bis ans Kinn ziehen:Für<br />
die48-jährige „<strong>Gäubote</strong>“-<br />
Austrägerin beginnt der Arbeitstag gegen<br />
2.30Uhr und endet werktags spätestens<br />
um 6Uhr.„Wenn meine Familie<br />
morgens aufsteht, bin ich wieder zu<br />
Hause.“ Dasgefällt ihranihrem Beruf,<br />
den sie seit 1999 ausübt,besonders<br />
gut.<br />
Sukzessive nahm diedreifache Mutterimmer<br />
mehr Bezirke in Herrenberg<br />
hinzu. „Inzwischen habe ich vier feste<br />
Bereiche.“ DenVogelsang, das Schießtäle<br />
und zwei Bezirke in derSchwarzwaldsiedlung.<br />
In Letzterer begann sie<br />
ihre Tätigkeit als Austrägerin. „In dem<br />
Wohngebiet bin ich groß geworden,<br />
da kannte ich mich aus.“ Gelegentlich<br />
übernimmt die dreifache Mutter noch<br />
Vertretungen –obinder Lämmleshalde,<br />
im Wengertweg oder in der Wilhelmstraße.<br />
„Mittlerweile kenn ich<br />
mich in ganz Herrenberg aus.“ Über<br />
200 Zeitungen stellt sie täglich zu.<br />
Susanne Buchmüller schläft allenfalls<br />
im Urlaub aus. Denn: Selbst sonn-<br />
Das ist ein Arbeitsplatz mit<br />
Bewegung und ohne PC<br />
Susanne Buchmüller<br />
tags steckt sie Zeitungen in dieBriefkästen.Gelegentlich<br />
unterstützt sie<br />
am Wochenende ihre älteste, 25-jährige<br />
Tochter.Dann geht’s schneller.Den<br />
nächtlichen Schlaf holt Buchmüller im<br />
Anschlussanihre Tour nach –mit Vorschlafen<br />
am Abend hat siekeine guten<br />
Erfahrungengemacht. Das klappt<br />
nicht. „Durchmachen“ ging früher einmal<br />
–heute, sagt sie, sei das nicht<br />
mehrmöglich. Insofern sind Veranstaltungen<br />
wiedas Sommernachtskino<br />
auf demSchlossberg, die fast enden,<br />
wennihre Arbeit beginnt, für dieHerrenbergerin<br />
tabu.<br />
Die gelernte Großhandelskauffrau<br />
organisiert alle ihre „Beugle“ direkt<br />
beim „<strong>Gäubote</strong>“-Verlagshaus in der<br />
Horber Straße 42, lädt sie in ihr Auto<br />
und fährt nacheinander ihre zugeteilten<br />
Gebiete an. Das Auto dient ihr dabei<br />
als Zeitungs-„Lager“. Sie stationiert<br />
das Fahrzeug strategisch günstigin<br />
den Wohngebieten, fährt bisweilen<br />
aucheinen Teil der Strecke. Dann<br />
nämlich, wenn es ordentlich bergauf<br />
geht.<br />
In der Schwarzwaldsiedlung beispielsweise<br />
zieht sie ihr „Wägelchen“<br />
nicht den Hang hinauf.<br />
Am meisten<br />
schätztSusanne<br />
Buchmüller den Vogelsang.<br />
Er gehört zu<br />
ihrenLieblingsgebieten.<br />
„Da geht es<br />
schnell“, erläutert sie.<br />
Haussteht an Haus. „Man muss nicht<br />
kilometerweitvon einem Briefkasten<br />
zumanderen laufen.“ Und: Hier liege<br />
alles„auf einer Ebene“.<br />
IhreTouren hat die „<strong>Gäubote</strong>“-<br />
Zustellerin, die in einem Bahnwärterhäuschen<br />
am Herrenberger Ortsausgang<br />
wohnt, ganz zeitökonomisch angelegt.Neue<br />
Gebiete läuft sieimmer<br />
erst bei Tageslicht ab: Sie sucht nach<br />
demschnellsten Weg–und der ist am<br />
Tagleichter auszumachen. Sie will außerdem<br />
vermeiden, womöglich Streckendoppelt<br />
zu laufen. Bei Helligkeit<br />
findet SusanneBuchmüller dann auch<br />
einfacher die „kleinen Sträßle“, dieihr<br />
als Abkürzung dienen können. Nach<br />
dem Orientierungsgang schreibt sie<br />
dann ihre „Laufliste“.<br />
Die Arbeit ist einbisschen wie Sport<br />
für die48-Jährige. „Man wird fit.“<br />
Buchmüller: „Dasist einArbeitsplatz<br />
mit Bewegung und ohne PC.“ Und ihr<br />
Berufhärtet ab. Schließlich ist siebei<br />
jedem Wetter unterwegs. Am liebsten<br />
sind derHerrenbergerin laue Sommernächte,<br />
einklarer Sternenhimmel<br />
und Vollmond. Je nach Bezirk begegneten<br />
ihr unterwegs auchschon mal<br />
Fuchs und Reh.<br />
Besonders schätzt Susanne Buchmüller<br />
die nächtliche und frühmorgendliche<br />
Stille. Um in dieser „vollkommenen<br />
Ruhe“ nicht gestört zu<br />
werden, nimmt sienicht einmal ein<br />
Handy mit. „Postlerin könnte ich nicht<br />
sein“, erklärtSusanne Buchmüller,<br />
„der viele Verkehr am Tagwürde mich<br />
stören.“ ■ SIMONE DENU<br />
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Seite 63<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
Der Leser-Service<br />
Schnell und<br />
zuverlässig bis<br />
zumBriefkasten<br />
D<br />
afür, dass denvielen Tausend<br />
„<strong>Gäubote</strong>“-Lesern Tagfür Tagzuverlässigund<br />
so früh wiemöglichdie<br />
Zeitungins Haus flattert, sorgen über<br />
120 Austräger im gesamten Verbreitungsgebiet.<br />
Jeder von ihnen muss<br />
rechtzeitig –das heißt: in aller Herrgottsfrühe<br />
–die bestellte Zahl von Zeitungs-Exemplaren<br />
erhalten. Und jeder<br />
muss wissen,welcher Haushaltden<br />
„<strong>Gäubote</strong>“abonniert hat oder wer gerade<br />
im Urlaub ist. Dahinter steckt natürlicheine<br />
nicht zu unterschätzende<br />
logistische Anstrengung, deren reibungslosen<br />
Ablauf die Leserservice-<br />
Abteilung des „<strong>Gäubote</strong>“ managt –<br />
diese Fäden laufen bei Renate Brösamle<br />
und Abteilungsleiter Bertold Wark<br />
zusammen.<br />
Um Mitternacht starten zunächst<br />
die Fahrer in Herrenberg, um die<br />
12 600 druckfrischen Tageszeitungen<br />
beim Z-DruckinSindelfingen abzuholen.Meist<br />
schon gegen 1.30 Uhr können<br />
dieLieferfahrzeuge mitden ersten<br />
fertigen Zeitungspaketen beladen<br />
werden. Immer 40 Exemplarestecken<br />
in einem dieserverzurrten Packen. Ist<br />
diejeweilige Ausgabe jedoch besonders<br />
umfangreich oder sind viele Beilagen<br />
dabei, wird auf 30 Zeitungen pro<br />
Paket reduziert. Die Fahrer steuern mit<br />
ihrerFracht aus denneuesten Schlagzeilen,Bildern,<br />
Tipps und Terminen sodann<br />
dieverschiedenen Abladestellen<br />
im „<strong>Gäubote</strong>“-Verbreitungsgebiet an.<br />
Eine dieser über60Stellen ist das Ver-<br />
Renate Brösamle<br />
und Bertold Wark<br />
ziehen die Fäden,<br />
damit die Leser<br />
ihre Zeitung<br />
rechtzeitig<br />
bekommen<br />
lagsgebäude in derHorber Straße 42<br />
in Herrenberg. Bis zu 15 Austrägermachen<br />
sich in den frühen Morgenstunden<br />
hierher auf denWeg,umdie neueste<br />
Ausgabe direkt an der Rampe abzuholen<br />
und auszutragen. Ab zwei Uhr<br />
kanndie Verteilung beginnen, spätestens<br />
um sechsUhr sollte derLeser<br />
„seinen“ aktuellen „<strong>Gäubote</strong>“aus dem<br />
Die Austräger erfahren früh<br />
morgens, was in ihrem Bezirk läuft<br />
Vertriebsleiter Bertold Wark<br />
Briefkasten ziehen können. Die Austräger<br />
–derzeit 77 Frauen und 47 Männer<br />
–werden mittels beiliegender Packzettel<br />
über aktuelleÄnderungen informiert.<br />
„Die Austräger erfahren morgens,<br />
was in ihrem Bezirk läuft“,erläutert<br />
Bertold Wark, derseit 1976 beim<br />
„<strong>Gäubote</strong>“ beschäftigt ist. Welcher<br />
Kunde ist im Urlaub und hat fürdiesen<br />
Zeitraum abbestellt? Wo wohnt ein<br />
neuerAbonnent? Soll der„<strong>Gäubote</strong>“<br />
die Abonnenten in denUrlaub nach<br />
Mallorca, München oder auf die Maledivenbegleiten,<br />
übernimmt der<br />
Z-Druckden Versand direkt –ohne<br />
dass dieZeitung einen Umweg über<br />
Herrenberg machen muss.Innerhalb<br />
von Deutschlanderreicht der„<strong>Gäubote</strong>“<br />
dieLeser sogar tagesaktuell, innerhalbEuropas<br />
am nächsten Tag.<br />
Schwierigkeiten, weiß<br />
BertoldWark, gibt es<br />
mit der Pünktlichkeit<br />
jedoch in Italien–da<br />
gilt erfahrungsgemäß<br />
die Ausnahme von der<br />
Regel. Es gibt Kunden,<br />
berichtet der Abteilungsleiter,<br />
diewünschen den Versand<br />
ihrer Heimatzeitung nicht nur an den<br />
Urlaubsort, sondernauch dieparallele<br />
Lieferungnach Hause. „Das ist aber<br />
sehr selten“, so Bertold Wark.Die<br />
meistenAbonnenten allerdings veranlassen<br />
währendihrer Reise eine Bezugsunterbrechung.<br />
Natürlichverreisen auch dieAusträger.Der<br />
Aufgabenbereich vonRenate<br />
Brösamle undBertold Wark umfasst<br />
GB-Foto:Bäuerle<br />
insofern auchdiesenAspekt: Die beiden<br />
müssen möglichst rasch nach einer<br />
Vertretung Ausschau halten, sobald<br />
sich einAusträger in den Urlaub<br />
verabschiedetoder aber einmal wegen<br />
Krankheit überraschend ausfällt –<br />
die „<strong>Gäubote</strong>“-Abonnenten wollen<br />
deshalbschließlich auf ihre Zeitung<br />
nicht verzichten. Das Duo bemühtsich<br />
natürlichimmer auch um neue Leser,<br />
beispielsweise über dieAktion „Leser<br />
werben Leser“,die mit attraktiven Prämien<br />
verbunden ist.<br />
Und sie betreuen „ihre“Austräger<br />
sowohl in Personalangelegenheiten<br />
als auch in sämtlichen Dingen des<br />
Lohn- und Sozialversicherungswesens.<br />
Ebenso läuft derMonatsabschluss inklusive<br />
Trägerlohn-Abrechnung über<br />
das Leserservice-Team. Eine Menge Arbeit<br />
also.Einmal im Jahr aber steht ein<br />
gemeinsamer Ausflugauf dem Programm<br />
–zum besseren Kennenlernen.<br />
Und wenn jemand als „<strong>Gäubote</strong>“-<br />
Austräger sein Jubiläum feiert, überbringt<br />
Abteilungsleiter Bertold Wark<br />
persönlich eine kleine Überraschung.<br />
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Seite 65<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
www.gaeubote.de<br />
Diedigitale<br />
Heimat<br />
im Netz<br />
O<br />
nline ist der „<strong>Gäubote</strong>“ schon<br />
seit 1999. Seitdem ist www.<br />
gaeubote.de–das digitale Zuhause für<br />
Herrenberg und das Gäu. Aktuelle Artikelaus<br />
den Gemeinden, Reportagen,<br />
Hintergrundberichte,Terminankündigungen<br />
und vieles mehr bekommen<br />
dieLeser der Print-Ausgabe tagtäglich<br />
an ihren Frühstückstisch geliefert. Auf<br />
dieseAktualität und Informationsfülle<br />
setztauch die„<strong>Gäubote</strong>“-Homepage.<br />
Hinzu kommen viele zusätzliche Inhalte,die<br />
das Internet ermöglicht.Videos.<br />
Bildergalerien.Themenseiten. Specials<br />
zu Wahlen oder Großereignissen.<br />
Lokale Nachrichten mit hoher Aktualität<br />
prägen den Auftritt. Deshalbveröffentlichtder<br />
„<strong>Gäubote</strong>“ im Laufe des<br />
Tages zahlreiche Topnews, die von<br />
wichtigen Ereignissen berichten. Unter<br />
„Aktuell“ erscheinen zudem täglich<br />
neue Artikelaus den Ressorts Lokales,<br />
Lokale Kultur und Lokalsport. Wichtige<br />
Topthemen, wie etwa dieBerichterstattung<br />
zumneuen Freibad in Herrenberg<br />
oder Stuttgart 21, werden gebündeltdargeboten.<br />
Auch Kinder und<br />
Jugendliche werden mitder Kinderzeitung<br />
undGIG hier fündig, Sportfans<br />
gelangen zumLive-Ticker zu interessanten<br />
Sportevents.<br />
Gut gebündelt präsentieren sich die<br />
Themen auf derInternetseite. Ob Herrenberg,<br />
Bondorfoder Tailfingen –für<br />
jede Teilgemeinde ist unter „Mein<br />
Gäu“ eine eigene Unterseite eingerichtet.Mit<br />
ortsspezifischen Artikeln geht<br />
diese Seite auf aktuelle Themen ein.<br />
Hinzukommt ein umfangreicher Service-Teil,der<br />
anstehende Termine im<br />
Ort auflistet und auch dieMöglichkeit<br />
gibt, selbst Veranstaltungen dem<br />
„<strong>Gäubote</strong>“ zu melden. Partys,<br />
Konzerte, Gottesdiensteoder<br />
auch<br />
dieJubilare sind<br />
hier tagesaktuell zu<br />
finden.Weitere Rubriken<br />
aus den umfangreichen<br />
Tipps und<br />
den Terminen des „<strong>Gäubote</strong>“ sind nur<br />
wenige Klicks entfernt. Berichte aus<br />
Gemeinderat oder Ortschaftsräten,<br />
Historisches,Service-Links zu Vereinen<br />
undOrganisationen sowie amüsante<br />
Videos zu denNecknamen der Orte<br />
runden das Angebotunter „Mein Gäu“<br />
ab.<br />
Serien sind einbeliebter Lesestoff<br />
des„<strong>Gäubote</strong>“ –obauf Papieroder<br />
der Homepage.Deshalb sind in diesem<br />
Menüpunkt Dauerbrenner und<br />
Klassiker wieder Energiesparer und<br />
Der Einstieg ins Web: 1999 geht der „<strong>Gäubote</strong>“ erstmals „online“<br />
Lokal, regional, international: Auf der „<strong>Gäubote</strong>“-Website sind immer tagesaktuelle Informationen zu finden<br />
Bis zu 120 000 User<br />
im Monat auf<br />
www.gaeubote.de<br />
der Sportler des Monats, ferner<br />
Heim(at)werker und Geschichten aus<br />
der Geschichte ebenso am Start wie<br />
Serien mitaktuellem Bezug –sei es das<br />
Kuppinger Ortsjubiläum oder der Geburtstag<br />
desNaturparks Schönbuch.<br />
Unter dem Menüpunkt<br />
„Service“vereint<br />
sind die nützlichen<br />
Informationen.<br />
Veranstaltungen<br />
aus<br />
demganzen<br />
Gäu, Telefonnummern<br />
und Adressen für den Notfall,<br />
Wetteraussichten und Hinweise<br />
auf Staus und Züge finden sich hier.<br />
Siemöchten mit auf eine Leserreise<br />
gehen? Hier können Sie auch Anzeigen<br />
aufgeben, dieAnzeigenpreisliste,<br />
Angebote ausdem Donnerstagsmarkt,<br />
Gewerbekontakte und vieles mehr<br />
einsehen.<br />
Intensiv genutzt wird daselektronische<br />
Archiv des„<strong>Gäubote</strong>“. Nach Ablauf<br />
von30Tagensind übrigens alle<br />
Artikel auf der Homepage frei zugänglich.<br />
Früherbringt Sie als Abonnent<br />
der Print-Ausgabe eine elektronische<br />
Registrierung zu den gewünschten Artikeln.<br />
Oder Sie lesenden „<strong>Gäubote</strong>“<br />
einfachkomplett online. Als komfortables<br />
E-Paper. An jedem Ort derWelt<br />
ist Ihre Heimatzeitung dann verfügbar<br />
–wie zu Hause. Auch dieZustellung<br />
der Tageszeitung währenddes Urlaubs<br />
kann ganz leicht über ein Online-Formular<br />
verabredet werden. Das gilt natürlich<br />
auch für Nachsende-Aufträge.<br />
All das gehtimService-Bereich mit<br />
wenigenKlicks.<br />
DieBeteiligung derLeser wird auf<br />
der„<strong>Gäubote</strong>“-Homepage großgeschrieben.<br />
Deshalb ist der Menüpunkt<br />
„Mitmachen“auch einer der beliebtestenbei<br />
denUsern. Hiersind die<br />
Tippspiele undVerlosungen mit attraktivenPreisen<br />
zu finden. Ein Leserbrief<br />
istschnell eingeschickt, genauso<br />
wie derSchnappschuss, überden sich<br />
auch dieanderen Leser freuen dürfen.<br />
Und den Sie selbst überdie Website<br />
hochladenkönnen. Umfragen und Abstimmungen<br />
gehören ebenso zum<br />
Mitmach-Programm.<br />
DasInternet lädt zu multimedialen<br />
Inhalten förmlich ein. Deshalbhat der<br />
„<strong>Gäubote</strong>“ den Menüpunkt „Audio /<br />
Video“ auf seiner Homepage eingerichtet,<br />
wo nicht nurVideos von Ereignissen<br />
ausdem Lokalen, der lokalen<br />
Kultur oder dem Lokalsport zu sehen<br />
sind.Die „<strong>Gäubote</strong>“-Fotografen begleiten<br />
viele Veranstaltungen mit ihren<br />
Bilder-Galerien. Undwosie nicht sind,<br />
zücken oftdie Leser ihre Kameras und<br />
schicken ihreFotos ein. Auch in die<br />
bunte Welt des Kinos und des Fernsehens<br />
gibt es hier unterhaltsame Einblicke.<br />
Lokale Informationen sind die Stärke<br />
des „<strong>Gäubote</strong>“. Wasnicht heißen<br />
soll, dassfür eine Heimatzeitung die<br />
Welt an den Grenzen des „Gäus“ ende.<br />
Minutenaktuelle Meldungen der Deutschen<br />
Presse-Agentur erscheinen in<br />
dem Menüpunkt „Welt“ zu denBereichen<br />
Politik, Wirtschaft, Sport, Boulevard<br />
und vielem mehr.Obendrein informieren<br />
zu Großereignissen wie<br />
Olympischen Spielen, Bundestagswahlen<br />
oder Fußball-Weltmeisterschaften<br />
umfassende Specials die Leser.<br />
Nacheiner kompletten Neugestaltung<br />
des„<strong>Gäubote</strong>“-Internetauftritts<br />
vor drei Jahrenwerden dieInhalte<br />
seitdem kontinuierlich erweitert und<br />
die Präsentation stetigverbessert. Das<br />
honorieren die User.Seit 2009 haben<br />
sichdie Zugriffszahlen mehr als vervierfacht.<br />
Bis zu 120 000 Besucher und<br />
bis zu 650 000 Seitenaufrufe in ereignisreichen<br />
Monatensprechen eine klare<br />
Sprache: www.gaeubote.de ist für<br />
viele Leser zu einem unverzichtbaren<br />
Informationsangebotgeworden! ■<br />
JOCHEN STUMPF
Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite66<br />
Die Fotografen prägen die Optik im Blatt<br />
Erst dieinnere Haltung<br />
macht dasgute Bild<br />
Gabriel Holom<br />
S<br />
ie sind das Auge der Redaktion, sie<br />
gebender Zeitung mit ihren Fotos<br />
das unverwechselbare Gesicht. Ereignisse,<br />
Veranstaltungen, Themen, Bilder<br />
des Tages, Porträts, Ehrungen, Künstler,Sportler,Politiker<br />
oder ganz einfach<br />
Menschen, die hier zu Hause sind<br />
–schon seit vielen Jahren sind Gerhard<br />
Bäuerle, Gabriel Holom und Wolfgang<br />
Schmidt mit der Kamera fürden „<strong>Gäubote</strong>“<br />
unterwegs.<br />
Der dienstälteste im Fotografen-Trio<br />
ist zweifelsohne Gerhard Bäuerle. Seit<br />
über 30 Jahren prägen seineFotos den<br />
Lokalteil. „Meine ersten Bilder habe<br />
ich während des Studiums veröffentlicht“,erzählt<br />
er,„ich glaube, eines der<br />
ersten Fotos waren Strommasten zwischen<br />
Gärtringen und Deckenpfronn,<br />
aufgenommenmit einer Kamera der<br />
MarkeMiranda.“ Natürlich fotografiert<br />
GerhardBäuerle wie seine beiden Kol-<br />
legenlängst digital, aber an dieZeit,<br />
alsBilder noch schwarz-weiß und<br />
mühsam aufPapier in Bädern entwickelt<br />
und fixiert wurden, kann er sich<br />
noch bestenserinnern. Washeute<br />
elektronisch bearbeitet und dann fix<br />
durchdie Leitung geschickt wird,<br />
erforderte damals immereine Dienstfahrt.<br />
Worauf es Gerhard Bäuerle bei der<br />
Fotografie ankommt? Fürden kommunikativenGärtringer,dem<br />
Landschaft<br />
undNatur vielbedeuten, ist es „immer<br />
wichtig, so fern es dieZeit erlaubt,<br />
einen besonderen Standpunkt zu suchen<br />
unddie gewöhnlichen Dinge aus<br />
einerungewöhnlichen Perspektive zu<br />
fotografieren“.Der Standpunkt ist die<br />
Grundlage für ein gutes Foto. Undwer<br />
schon Gelegenheit hatte, Gerhard<br />
Bäuerlebei derStandortsuche zu beobachten,der<br />
weiß, Mühen <br />
Oktober<br />
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175 Jahre GÄUBOTE –Wir gratulieren ganz herzlich!<br />
März1995
Seite 67<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
werdendanichtgescheut. Weder<br />
Umwege noch Klettereinsätze. Auf<br />
den Standpunkt kommt es Bäuerle<br />
aber in zweifacher Hinsicht an: „Das<br />
Foto sollte immer auch einen emotionalenCharakter<br />
haben.“ Die innere<br />
Haltungmuss sich möglichst im Bild<br />
ausdrücken. Dabeiist es ein schmaler<br />
Grad, subjektiv zu sein, ohne parteilich<br />
zu werden.Das Credo von Gerhard<br />
Bäuerle aber heißt: „Ich glaube nicht<br />
daran,dassesdie Aufgabe von guten<br />
Bildern ist, nur ein Dokument zu sein<br />
und dieRealität abzubilden. Es gibt für<br />
mich kein objektives Bild,daschon die<br />
Auswahl desStandpunkts eine subjektive<br />
Angelegenheitist. Gerade heutzutage<br />
in derÜberflutungder Welt mit<br />
Bildernist Emotionalität gefragt. Gern<br />
greife ich Gegensätzlichkeiten und<br />
Spannungen auf,damit der Kopf des<br />
Betrachtersgefordert ist, so dass sich<br />
die Pointefür ihn erschließt.“ Handwerkliches<br />
Können istfür den57-Jährigen<br />
dabei selbstverständlich, dieGesetze<br />
derBildgestaltung beherrscht<br />
der studierte Sozialpädagoge, der in<br />
Herrenberg zur Schule ging, wie nur<br />
wenige.<br />
Kaum weniger Dienstjahre, aber eine<br />
ganzandere Biografie bringt Gabriel<br />
Holominseine Arbeit als<br />
„<strong>Gäubote</strong>“-Fotograf ein. Er stammt aus<br />
Siebenbürgen und hat in Hermannstadt,<br />
heute Sibiu, zunächst eine technische<br />
Laufbahn eingeschlagen,wechseltedann<br />
in die Industrie und war<br />
von1977 als „Quereinsteiger“ Technik-Lehrer<br />
am deutschsprachigen Brukenthal-Gymnasium.<br />
Aber seine Leidenschaftgehörte<br />
schon immer der<br />
Fotografie.„Das warmein wichtigstes<br />
Hobby, das ich durch einen berufsbegleitenden<br />
Kurs in Kunstfotografie an<br />
der Hermannstädter Kunstschule vertieft<br />
habe.“ Später unterrichtete er<br />
Fotografie im Rahmen einer Arbeitsgemeinschaft<br />
an seiner Schule, veröffentlichte<br />
ersteFotos in den deutschen<br />
Zeitungen in Rumänienund beteiligte<br />
sich mit freien Arbeiten an internationalen<br />
Fotosalons. Dann kam der<br />
Schnitt. 1984. Die Übersiedelung nach<br />
Deutschland. „Ich landeteinHerrenberg,<br />
wo es glücklicherweise den’<strong>Gäubote</strong>’<br />
gab.“Mit einer Foto-Mappe unterdem<br />
Arm marschierte er in die Redaktion<br />
in der Horber Straße und fand<br />
im damaligenChefredakteur Hellmut<br />
M. Weidhaas einen Förderer.Nur zu<br />
gut kann sich Gabriel<br />
Holom nochan<br />
seine erste Auftragslisteaneinem<br />
Wochenende erinnern.<br />
Blümlesmarkt,<br />
Hocketse, Jungtierschau<br />
und so weiter<br />
undsofort. Der heute<br />
59-Jährige: „Ich<br />
ließmir daserklären<br />
und sprang ins kalte<br />
Wasser –imNachhinein<br />
betrachtetwar<br />
dasdie besteMethode,<br />
so lernte ichals<br />
’Zugereister’ am<br />
schnellsten Land und<br />
Leute kennen.“ Die Gerhard Bäuerle<br />
Mentalitätund den<br />
Dialekt. SeineFotos hatten was,<br />
schnellwurde Gabriel Holom fester<br />
Mitarbeiter,wechselte sogar für sieben<br />
Jahre als Fotojournalist in die Redaktionund<br />
ist nun seit vielen Jahren<br />
im Dreier-Teamder festen freien Fotografen<br />
eine absolute Größe. Kreativ,<br />
zuverlässig und ausgestattet mit einem<br />
präzisen Blick für dasWesentliche.<br />
„Die Themen und Aufgaben wurdenimLaufe<br />
derZeitimmer komplexer,<br />
ich wuchs mit ihnen, lernte viel<br />
dazu undgewann nach und nachden<br />
Überblick über dieZusammenhänge<br />
in den Kommunen<br />
und im Landkreis.“<br />
DerFotografen-Beruf<br />
ist sicher vieles, auf<br />
keinen Fall aber langweilig.„Auch<br />
wenn<br />
sich im Lokaljournalismus<br />
manches wiederholt,<br />
bleibt dieArbeitspannend.<br />
Es<br />
kommt darauf an,<br />
immerwieder eine<br />
neuePerspektive zu<br />
finden. Das gilt für<br />
Wolfgang die Themen, das gilt<br />
Schmidt für dieAkteure.“<br />
Am liebsten mag GabrielHolom<br />
den direkten<br />
Kontakt zu denLesern. Oftgibt<br />
es da Lob füreinen besonders gelungenen<br />
Schnappschuss. Sei es beimTermin<br />
auf dem Fußballplatz oder beim<br />
Vereinsfest. Und wenn der Fotograf,<br />
der in Nebringen längst heimisch geworden<br />
ist, malnicht für den„<strong>Gäubote</strong>“<br />
unterwegs ist, greift er dennoch<br />
zur Kamera: Seine Aktfotografien, die<br />
schon in mehrerenAusstellungen gezeigt<br />
wurden, sind wahre Kunstwerke.<br />
Termindruck, rund um die UhrinBereitschaft,jeden<br />
Tag, jedes Wochenende<br />
–esist auch ein knallharter Job, Fotograf<br />
bei einer Tageszeitung zu sein.<br />
Und mitden wachsenden Anforderungen<br />
und zunehmenden Seitenumfängen<br />
stelltesich der Redaktion schon<br />
vor rund 25 Jahren die Frage: Istdieses<br />
Pensum vonzwei Bildreportern zu<br />
stemmen? Die Antwort hatte einen<br />
Namen: Wolfgang Schmidt. Seitdem<br />
gehört der gebürtige Herrenberger,<br />
der in Entringen lebt, zum Fotografen-<br />
Team des „<strong>Gäubote</strong>“. Wolfgang<br />
Schmidtpendelte lange zwischen zwei<br />
Berufswelten,der Fotografie und der<br />
Sozialpädagogik. Die Arbeit im Jugendhaus<br />
in Hechingen macht dem<br />
57-Jährigenbis heute Freude, die<br />
Hauptrolle in seinem Berufsleben<br />
spielt aber seit vielen Jahren die Fotografie.Wenn<br />
Wolfgang Schmidt durch<br />
den Sucher seiner Kamera schaut, vergissteralles<br />
andere um sich. Immer<br />
sucht er das Charakteristische, vorallem<br />
in Gesichtern. Es sind diekurzen<br />
Momente, dievielegar nicht erkennen,<br />
diehervorzulocken und festzuhalten<br />
aber die Kunst ist, dieWolfgang<br />
Schmidtsoaußergewöhnlich beherrscht.<br />
Dabei sieht aucherdie Entwicklung<br />
der Digital-Fotografie mit all<br />
ihren technischen Raffinessen durchaus<br />
kritisch. „In einer Zeit, in der eine<br />
wahre Bilderflut das einzelne Foto zu<br />
entwerten droht, ist es schwer geworden,<br />
das Unverwechselbare festzuhalten<br />
–und alsFotograf zu arbeiten.“<br />
Wolfgang Schmidt, der seit Anfang der<br />
80er Jahre mit der Kamera unterwegs<br />
ist, hat aberkeine andere Wahl. Die<br />
Fotografieist für ihn wieeine Sucht:<br />
„Ich kann nicht anders, ich muss immer<br />
wieder raus auf die Straßen dieser<br />
Welt, um mich mit denMenschen und<br />
deren Lebenswelten fotografisch auseinanderzusetzen.“<br />
Getrieben von einem<br />
Hunger nach<br />
Bildern, arbeitet er<br />
nunseit nahezu 30<br />
Jahren im Bildjournalismus,wie<br />
seine Kollegen<br />
nicht allein für<br />
den„<strong>Gäubote</strong>“. Afrika,<br />
bunt, chaotisch,<br />
armund bedrückend,<br />
gehört auch<br />
zu seinenLeidenschaften.<br />
In seinen<br />
Bildernkommt es<br />
ihm darauf an, stets<br />
formaleÄsthetik und<br />
inhaltliche Aussage<br />
zu verbinden.„Mir<br />
genügtesnicht, wenn<br />
ein Bild nur schön ist<br />
oder nuretwas erzählt.<br />
Eingutes Bild muss beides liefern.“<br />
Und dass ihmdiese Symbiose oft<br />
gelingt, davon zeugen ungezählte Fotos<br />
von ihm.Gerade auch im „<strong>Gäubote</strong>“.<br />
Die drei Fotografen –sie sind das<br />
Augeder Redaktion und mitunter<br />
auch Sensor fürwichtige Themen. Ihre<br />
Bilder drückenoft aus, wasArtikel<br />
nichtmehr leisten können. Und viele<br />
Leserinnen und Leser des„<strong>Gäubote</strong>“<br />
finden sich in ihren Fotos wieder.Es<br />
sind besondere Bilder,jeden Tag–<br />
gesehen im „<strong>Gäubote</strong>“. ■<br />
HARALD MARQUARDT<br />
1903<br />
Am 28. Mai<br />
stirbt Johann<br />
Georg Braun<br />
nach schwerer<br />
Krankheit.<br />
1904<br />
Der„<strong>Gäubote</strong>“<br />
erscheint viermal<br />
proWoche.<br />
1905 In der Horber<br />
Straße 9inHerrenberg beziehen<br />
Verlag und Druckerei<br />
einen Neubau. DieRedaktion<br />
bekommt ein Telefon. Erstmals<br />
rückt die Stiftskirche in<br />
den Kopf des Blattes.<br />
1909 Nach einer neuerlichen Formatvergrößerung<br />
heißt dasBlatt nun „Gäu- und Ammertalbote“.<br />
Gustav Fischer führt neue Rubriken ein, berichtet wird<br />
über den Bezirk, über Württemberg,das Reich und<br />
die Welt, wobei die nichtlokalen Informationen wie<br />
bisher schon anderen Zeitungenentnommen werden.<br />
1918 Im Hochsommer<br />
erscheinen zwei „Kriegsnummern,<br />
gewidmet den<br />
Ausmarschierten des Bezirks“.<br />
Der Reinertrag kommt den<br />
Invaliden ausdem Gäu<br />
zugute.
Jahre<br />
Das 48er<br />
Mehr als nur Fotos:<br />
Wenn Momente<br />
auf Emotionen treffen<br />
Weihnachtssingen<br />
auf dem Marktplatz<br />
Festival? Das ist das 48er<br />
rund um das Herrenberger<br />
Jugendhaus: Kracher-Bands<br />
auf der Bühne und eine geniale<br />
Stimmung davor<br />
GB-Foto: Schmidt<br />
Viel Wir-Gefühl und ein bisschen<br />
Gänsehaut – seit mehr<br />
als einem halben Jahrhundert<br />
stimmen sich die Herrenberger<br />
gemeinsam auf<br />
das Weihnachtsfest ein.<br />
GB-Foto: Bäuerle<br />
Pferdemarkt<br />
Schön, aber manchmal auch widerspenstig:<br />
Die Stutenprämierung auf der Herrenberger<br />
Festwiese macht den Faschingsdienstag<br />
zum Feiertag, wenn auch in der Innenstadt<br />
die Narren das Kommando übernommen<br />
haben.<br />
GB-Foto: Bäuerle<br />
Handwerkermarkt<br />
Die Sommerfarben<br />
Konzerte, Theater, Comedy<br />
– bis zu 6000 Besucher genießen<br />
das Kulturevent auf<br />
dem Marktplatz, bei dem<br />
natürlich auch die „Herrenberger<br />
Bühne“ (Foto) gastiert.<br />
GB-Foto: Holom<br />
Der Altstadtlauf<br />
100 Kilometer, da brauchen<br />
alle Kondition: Die Läufer<br />
kämpfen um Sekunden, die<br />
Zuschauer dürfen bis Mitternacht<br />
bummeln gehen<br />
GB-Foto: Holom<br />
Zuschauen, wie früher geschafft<br />
wurde und in der<br />
Herrenberger Altstadt einkaufen<br />
am Sonntag – am<br />
besten bei Sonnenschein<br />
GB-Foto: Bäuerle<br />
Das<br />
Stadtfest<br />
Wo gearbeitet wird, muss auch gefeiert werden! Und<br />
weil in dieser Region viel „g’schafft“ wird, sind<br />
auch die Feste vom entsprechenden Kaliber. Das<br />
gilt für das Stadtfest in Herrenberg (Foto), aber<br />
selbstredend auch für die vielen ausgelassenen<br />
Festivitäten in den Gemeinden GB-Foto: Holom<br />
Der „<strong>Gäubote</strong>“-Cup<br />
Das besondere Fußballturnier<br />
bringt zum Jahreswechsel<br />
Spaß und Stimmung in<br />
dieHalle–beidenKickern<br />
und den Zuschauern.<br />
GB-Foto: Schmidt<br />
Herbstschau<br />
Herrenberg<br />
Mehr als 120 Aussteller<br />
beim „Treffpunkt Vielfalt“:<br />
Verbraucher-Informationen,<br />
Energietag, Krankenhaustag<br />
und jede Menge kurzweilige<br />
Unterhaltung<br />
GB-Foto: Bäuerle<br />
Fasnet im Gäu<br />
Kaum eine Gemeinde mehr ohne Narrenzunft und<br />
Umzug: Was in Altingen (Foto) einst begann, hat<br />
sich über das ganze Gäu verbreitet, ob Deckenpfronn,<br />
Gärtringen, Nebringen, Nufringen, Bondorf,<br />
Jettingen, Hildrizhausen oder Herrenberg …<br />
GB-Foto: Holom
Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite70<br />
„<strong>Gäubote</strong>“-Geschäftsstelle im Bronntor<br />
Umfassender Service<br />
in derStadt<br />
B<br />
rigitte Schneider erinnert sich<br />
noch allzugut. „Als ich morgens<br />
die Türaufschloss, da stand dort schon<br />
eine riesige Warteschlange.“ In derTat<br />
war an diesem Tagder Andrang vor<br />
der „<strong>Gäubote</strong>“-Geschäftsstelle im HerrenbergerEinkaufszentrum<br />
Bronntor<br />
ganz besonders groß –denn es begannder<br />
Kartenvorverkauf fürein<br />
ganz außergewöhnliches<br />
Theaterevent in<br />
der Stadt, für„Hannes<br />
und der Bürgermeister“<br />
alias Albin<br />
Braig und Karlheinz Hartmann. Innerhalb<br />
kurzer Zeit waren alle Tickets verkauft.<br />
Seit jenem 6. Dezember 1977, seit<br />
es das Bronntor gibt, besteht dort eine<br />
Außenstelle des „<strong>Gäubote</strong>“, derHerrenberger<br />
Zeitung. Das Serviceangebotist<br />
auchinder Innenstadtumfassend.Hier<br />
wird nicht nur die aktuelle<br />
Zeitungverkauft, vielmehr können<br />
Kunden auch dieZeitung abonnieren,<br />
Die Eintrittskarte für<br />
Spaß und Unterhaltung<br />
Anzeigen aufgeben, Druckaufträge bestellen,<br />
Leserreisen buchen und eben<br />
Eintrittskarten für alle Arten von Veranstaltungen<br />
im Vorverkauf erwerben.<br />
Unddas nicht nur für Herrenberg und<br />
Umgebung,zum Beispiel für das Landestheater<br />
Tübingen, sondern auch<br />
auf internationaler Ebene, für einige<br />
Kulturevents in England ebenso wie<br />
für ein Rock-Open-<br />
Air in Ungarn oder<br />
die Opernfestspiele<br />
im italienischen Verona.<br />
Stark nachgefragt<br />
sind auchdie Musicals, vor allem<br />
in Stuttgart, oder dieKonzerte großer<br />
Bands wie AC/DC. Brigitte Schneider:<br />
„Da waren dieTickets in zehn Minuten<br />
alle weg.“ Sportveranstaltungen wie<br />
Formel 1, Handball- oder Bundesligaspiele<br />
können im Bronntor ebenfalls<br />
gebucht werden.<br />
Brigitte Schneiderist Ansprechpartnerin<br />
in der „<strong>Gäubote</strong>“-Geschäftsstelle<br />
seit März 1978,seit gut 20 Jahren ist<br />
Die Ansprechpartnerin im Bronntor: Brigitte Schneider<br />
Monika Wörner dabei. Regelmäßig unterstützt<br />
werden siezudem vomAnzeigen-Team<br />
aus dem Verlagshaus in<br />
der Horber Straße mitTatjana Bauer,<br />
Christiane Kirr undElke Renkewitz.<br />
Umfassend in der„<strong>Gäubote</strong>“-<br />
Geschäftsstelle istdas Angebot an Büchern:<br />
Kinder-und Jugendbücher,<br />
Sachbücher,Belletristik, Bücher mit<br />
lokalemoder regionalem Bezug, über<br />
Land und Leute. Auch die RestaurantundFreizeit-Gutscheinbücher,Herrenberg-Taschen,Herrenberg-Puzzles<br />
GB-Foto:Bäuerle<br />
oder Herrenberg-Gummibärchen finden<br />
sich im breiten Sortimentdes<br />
„<strong>Gäubote</strong>“ im Bronntor.<br />
Freundliche und kompetente Beratungder<br />
Kunden, das steht, wieüberhauptbeim<br />
„<strong>Gäubote</strong>“, auch in der<br />
„<strong>Gäubote</strong>“-Geschäftsstelle im Bronntor<br />
an oberster Stelle.<br />
■ Geöffnet hat die Geschäftsstelle<br />
montagsbis freitags von 9.30 bis<br />
18 Uhr, samstags von 9.30 bis13Uhr.<br />
DIETMAR DENNER
Seite 71<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
Akzidenzen: Erst dieGestaltung, dann der Druck<br />
Plakate, Flyer,Prospekte<br />
und Broschüren<br />
A<br />
kzidenz –beim ersten Mal mag<br />
dieses Wort nicht so einfach über<br />
die Lippen gehen. Doch dieBedeutung<br />
immerhin,die dahinter steckt, ist<br />
einfacher als das Aussprechen: Flyer<br />
und Plakate fürVeranstaltungen, Briefbögenund<br />
Visitenkarten für Firmen,<br />
Prospekte, Gebrauchsanleitungen, Urkunden,<br />
Broschüren. Alle diese verschiedenen<br />
Druckprodukte stehen neben<br />
dertäglichen Zeitungslektüre für<br />
die schier unendliche Fülle an Gedrucktem.<br />
Sei es zur Information oder<br />
zurUnterhaltung. Gestalterische Grenzen<br />
sind da kaum vorhanden. Die Erfahrung,<br />
diedie Theodor Körner KG –<br />
Zeitungshaus und Druckerei vonAnbeginn<br />
–inder Akzidenz-Herstellung<br />
hat,speist sich aus einer jahrzehntelangen<br />
Aktivität in diesem Bereich der<br />
„schwarzen Kunst“. „Alle Drucksachen<br />
sprechen zwei unsererwichtigsten<br />
Sinnean: sehen und fühlen.“ So umschreibt<br />
Wolfgang Braun, Leiter des<br />
Druckereibüros im Verlagshaus, den<br />
täglichen Umgang mit Farbe und Papier.<br />
DieDruckereiist vollstufig, das<br />
heißt, hier wird nicht nur der eigentliche<br />
Druck erledigt, sondern hier werden<br />
auchalle Vorarbeiten und die Gestaltung<br />
übernommen. Zudem gibt es<br />
im Vorfeld eine kompetente und ausführlicheBeratung.<br />
Schließlich gilt es,<br />
aus einem immensen Angebot beispielsweise<br />
bei den verschiedensten<br />
Papiersorten –die übrigens in aller Regel<br />
aus nachhaltig bewirtschafteter<br />
Forstwirtschaft stammen –die richtige<br />
und passende Wahl zu treffen. Welche<br />
Farbe, Stärke,Zusammensetzung oder<br />
Struktur etwasoll das Papier haben?<br />
Oder wiesoll das Produkt grafisch gestaltet<br />
sein? Welche Farben sollen<br />
zum Einsatz kommen? Undnatürlich<br />
spielt auchdas Budget eine große Rolle.<br />
Welcher Kostenrahmen soll eingehalten<br />
werden und welche Vorgaben<br />
im sogenanntenCorporate Design<br />
sindzum Beispiel zu beachten?<br />
Für die Beantwortung dieser und<br />
weiterer Fragen stehtWolfgang Braun,<br />
der neben seiner Ausbildung zumIndustriemeister<br />
Drucknoch bei der Industrie-<br />
und Handelskammer(IHK)<br />
die Weiterbildung zum Technischen<br />
Betriebswirt absolviert hat, mit seiner<br />
ganzen Fachkompetenz zurVerfügung.<br />
Darüber hinaus gibt es natürlich<br />
weitere Mitarbeiter in den Bereichen<br />
Druckvorstufeund Druck, die ihrWissenund<br />
ihr Können einfließen lassen,<br />
um dasbeste Ergebnis fürden Kunden<br />
zu erzielen.Insgesamt sind neun Mitarbeiter<br />
in der Druckerei beschäftigt,<br />
Höchste<br />
Qualitätsstandards<br />
gelten in der<br />
Druckerei<br />
Körner<br />
GB-Foto:Bäuerle<br />
darunterauch ein Auszubildender<br />
zum Medientechnologen Druck.<br />
DieWichtigkeit derKunden fasst<br />
Wolfgang Braun wie folgt zusammen:<br />
„Die Mehrzahl unserer Kunden kommt<br />
ausdem regionalen Umfeld und fußt<br />
auf einer langjährigen und vertrauensvollen<br />
Zusammenarbeit. Darunter<br />
sind sowohl namhafte Industrieunternehmen,Banken<br />
und Versicherungen<br />
alsauch freie Grafiker und Werbeagenturen.<br />
Nicht zu vergessendie<br />
Vielzahl an Privatkunden,die uns persönlichaufsuchen<br />
und von uns individuell<br />
beratenwerden.“<br />
Um Druckaufträge<br />
aller Artkümmern<br />
sich Annette<br />
Bäumer undWolfgang<br />
Braun im<br />
Druckereibüro des<br />
„<strong>Gäubote</strong>“-<br />
Verlagshauses in<br />
Herrenberg<br />
GB-Foto: Bäuerle<br />
Mit demvielfältigen Maschinenpark<br />
der Druckerei Körner lässt sichein<br />
breitesSpektrum an Druckprodukten<br />
realisieren. Gedruckt wirdauf Maschinen<br />
derHeidelberger DruckmaschinenAGund<br />
der Firma Koenig &Bauer<br />
AG (KBA). Dabei können Formate bis<br />
zu DIN A2bedruckt werden. Für die<br />
Bereiche der Druckveredelung wie nuten,<br />
stanzen, nummerieren und prägen<br />
stehenweitere Maschinen zur<br />
Verfügung. In deranschließenden<br />
Weiterverarbeitung gibt es eine mächtige<br />
Schneidemaschine, mitder bis zu<br />
15 Zentimeterhohe Papierstapel beschnitten<br />
werden können, eine Falzmaschine<br />
undein Sammelhefter,mit<br />
dem einzelne Papierbögen zu Heften<br />
undBroschüren geklammert werden.<br />
Darüberhinaus verfügt dieDruckweiterverarbeitung<br />
über eine Vielzahl<br />
an Gerätenzum Beispiel zumBohren<br />
oderÖsen oder auch, um einzelne Bögen<br />
in derrichtigen Reihenfolge zusammenzuführen.<br />
Erweitertwirddas<br />
Leistungsspektrum nochdurch eine<br />
große Anzahl an Spezialistenfür Arbeiten,<br />
dienicht im eigenen Haus gemachtwerden<br />
können, zum Beispiel<br />
Lackier- und Kaschierarbeiten sowie<br />
Klebe- undSpiralbindungen. ■<br />
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Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite72<br />
Alte Partner –<br />
zusammen<br />
jung geblieben!<br />
Für die über 100-jährige<br />
Zusammenarbeit bedanken<br />
wir uns und gratulieren<br />
dem Verlag Th. Körner.
Seite 73<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
Der Blick vom<br />
Grafenberg bei<br />
Kayh –schöner<br />
gehtesfür den<br />
Volkskundler<br />
Dr.Gustav Schöck<br />
(unten) nimmer<br />
im Oberen Gäu<br />
GB-Fotos: Schmidt<br />
Das Obere Gäu<br />
Fruchtbares Land, wenig bewaldet<br />
D<br />
er Nameist Programm:Der<br />
„<strong>Gäubote</strong>“ ist die Zeitung für das<br />
„Gäu“. Fürdas „Obere Gäu“. „Ein freies,<br />
offenes, fruchtbares Land“ –sodefiniertDr.<br />
Gustav Schöck die Gäulandschaft<br />
und er greift dafür auf das vielzitierte<br />
Fischer’sche Wörterbuch zurück.<br />
Der „<strong>Gäubote</strong>“ hat sich mit dem gebürtigen<br />
Nebringer,bis zumJahr 2006<br />
Leiter der Landesstelle für Volkskunde<br />
in Stuttgart, überdie Besonderheiten<br />
des „Oberen Gäus“ und die Eigenheiten<br />
der„Gäu“-Bewohner unterhalten.<br />
VONSABINEHAARER<br />
Das Gäuist zuerst einmal eine Landschaftsbezeichnung,sagt<br />
Dr.Schöck.<br />
Damit gemeint seifreies und wenig<br />
bewaldetes Land, dasvorwiegend agrarischgenutzt<br />
wird. Neben Heckenund<br />
Schlehen-, Stroh-, Zaber- und<br />
Stäblegäutrifft das natürlichauchauf<br />
das „Obere Gäu“ mit Herrenberg als<br />
Mittelpunktzu, das unter demNamen<br />
„Korngäu“seit dem frühen Mittelalter<br />
für gutelandwirtschaftliche Verhältnisse<br />
bekannt ist. Nach derBegrenzung<br />
des Oberen Gäus gefragt, nennt<br />
Dr.Gustav Schöck denSchönbuch mit<br />
seinen ObstbaumwiesenamTrauf.Jettingen<br />
alsTüröffner zum Schwarzwald,<br />
Deckenpfronn an der Schwelle zum<br />
Heckengäu und Eutingen im Gäu.<br />
Die Ackerlandschaft ist hier prägend.Früher<br />
noch mehr als heute,<br />
doch: „DieStruktur besteht noch und<br />
ist typisch“,sagt der72-Jährige, der<br />
1941inNebringen geboren wurde.<br />
Vorallem Dinkel wurde in der Vergangenheitauf<br />
den Feldern angebaut, Hafer<br />
und Gerste, oft mit Wicken und<br />
„Kleie“(Klee) gemischt. Dazu Kartoffeln,Linsen,<br />
Spitzkraut und die als „Angerscha“<br />
bekannten Futterrüben.<br />
„Weizen kam Ende des 19.Jahrhunderts<br />
auf“, so derVolkskundler.Ähnlich<br />
verhältessich mit demObstbau.<br />
„Mostwurde erst im Jahr 1776 als Getränk<br />
zugelassen.“ Die Leute sollten<br />
Wein trinken, denn dieser unterlag<br />
dem großenZehnt und füllte die herzogliche<br />
Steuerkasse.<br />
Nicht nur die weltlichen Bestimmungen<br />
spieleneine entscheidende<br />
Rolle beieinem historischen Streifzug<br />
durch dasGäu, vielmehr „braucht es<br />
den Pietismusals Stichwort“, betont<br />
der Volkskundler.Zwar waren „auch in<br />
der Hochphase nur rund zehn Prozent<br />
derBewohner richtig streng pietistisch“.<br />
Dochdiese zehn Prozent hätten<br />
Maßstäbe gesetzt, an denen sich die<br />
anderenGäubewohner orientierten.<br />
Auch deshalb sei das Gäu in folkloristischem<br />
Sinne eine eherbrauchtumsarme<br />
Gegend gewesen. Schöck:„Es wurde<br />
mehr geschafftund weniger gefeiert.“<br />
Die Gäubewohner werden als fleißig,<br />
sparsam und gewissenhaft beschrieben.<br />
„Allerdings ist dies nicht<br />
nur dem Pietismus geschuldet“, weiß<br />
Es wurde mehr geschafft<br />
und weniger gefeiert<br />
Dr.Gustav Schöck<br />
Dr.Gustav Schöck. Im Jahr 1642 wurde<br />
der württembergische Kirchenkonvent<br />
eingeführt. Das Sittengerichtbefandalle<br />
vier Wochen über kleine Verfehlungenund<br />
war „eine gewisse Art<br />
Sozial- und Schulaufsichtsbehörde“. Es<br />
achtetedarauf,dass es getrennte<br />
Schlittenbahnen fürJungs und Mädchen<br />
gab,aber auch, dass dieKinder<br />
pünktlich und sauber angezogen in<br />
die Schule kamen und fleißig lernten.<br />
Bildung wurde als wichtiges Gutangesehen.<br />
Nach seinem Lieblingsplatz im<br />
„Gäu“gefragt, zögert Dr.Gustav<br />
Schöck nichtlange: Der Grafenberg<br />
hat es demgebürtigen Nebringer besonders<br />
angetan. Und das auseinem<br />
ganz besonderen Grund: „Das ist ein<br />
richtig frecher Platz. Vondort aussieht<br />
manalles. Man hat einen wunderbarenBlick<br />
überdas Gäu und natürlich<br />
auch übers Ammertal in Richtung<br />
Tübingen.“Gerade das „Freche“<br />
gefalleihm „ausnehmend<br />
gut“.Denn daserinnere ihn doch<br />
sehr an seinen Heimatort. „Die Nebringer<br />
sind die Spältlesgucker.Die<br />
wollen auch allessehen“, lacht der<br />
Volkskundler.Dass er sichalso fürdiesen<br />
„nasenweisen“Ort am Übergang<br />
von Schönbuchund Gäu so besonders<br />
begeistern kann,sei ihm wohl mit in<br />
die Wiege gelegt worden. ■<br />
1919 Zum 1. Januar übernimmt Theodor<br />
Körner,Landtagsabgeordneter und Buchdruckerei-BesitzerinStuttgart,<br />
den „<strong>Gäubote</strong>“.<br />
Die nun täglich erscheinende Zeitung macht der<br />
spätere Reichstagsabgeordnete auch zu einem Organ des „Bauern- und<br />
Weingärtnerbundes“, dessen Bundesvorsitzender er wird. Die Schriftleitung<br />
verantwortet Körners jüngste Tochter Helene.<br />
1922 Am 7. Juli, kurz<br />
vor der Hochzeit mit<br />
Helene Körner,wird Karl<br />
Merzzum neuen Schriftleiter<br />
bestellt.<br />
1927<br />
Erstmals<br />
veröffentlicht<br />
der „<strong>Gäubote</strong>“<br />
Fotografien.<br />
1930 Energisch warnt<br />
Theodor Körner vor dem<br />
Nationalsozialismusinder<br />
ebenfallsihm gehörenden<br />
Schwäbischen Tageszeitung.
Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite74<br />
Februar1904
Seite 75<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
Voneiner<br />
Generation an<br />
die nächste<br />
E<br />
Jubiläumsaktion: 175Jahre auf dem Sofa<br />
in weiter Weglag hinter Hedwig<br />
Bahner,ehe sie in Herrenberg eine<br />
neue Heimat fand: DieJahre nach dem<br />
Krieg verbrachte sienach derVertreibungaus<br />
dem Sudetenland zunächst<br />
im FlüchtlingslagerinMalmsheim. Danach<br />
fandsie eine Anstellung im Haushalt<br />
eines Försters, dem sieimmer<br />
folgte,wenn er die Stelle wechselte:<br />
VonMalmsheim ging’s in denSchurwald,von<br />
dort nach Winnenden und<br />
schließlich 1952 in die Gäustadt. Ihr<br />
Arbeitgeber –„Herr Stähle“, wiesich<br />
die 84-Jährige auch heute noch gut erinnert<br />
–blieb in Herrenberg Förster bis<br />
zu seiner Pensionierung Anfang der<br />
70er Jahre. Ihren Mann heiratete sie<br />
dreiJahre nach demUmzug nach Herrenberg.<br />
Und wieder drei Jahre später<br />
zogdas junge Paar ins Haus der<br />
Schwiegerelterninder Schwarzwaldsiedlung<br />
ein. „Der Schwiegervater las<br />
immer den ’<strong>Gäubote</strong>’“–so kam Hedwig<br />
Bahner alsozuihrem Leib- und<br />
Magen-Blatt, dassie sich seither jeden<br />
Morgen aus alter und lieber GewohnheitzuGemüte<br />
führt. Allerdings fällt<br />
ihr das Lesenwegen eines Augenleidens<br />
schwerer als früher.Ein Umstand,<br />
mit dem dieagile und wache Frau<br />
ganzund gar nicht einverstanden ist:<br />
„Das ärgert mich furchtbar! Früher habe<br />
ich viel mehr gelesen.“ Heute legt<br />
sie denüberregionalen Politik- und<br />
Sportteil meistens gleichweg, denn<br />
„das interessiert mich nicht“.Was für<br />
gewöhnlich übrig bleibt, ist der Lokal-<br />
teil mit derBerichterstattung überdas<br />
ihrzur Heimatstadt gewordene Herrenbergund<br />
das Gäu.<br />
DieFamilientradition des<br />
„<strong>Gäubote</strong>“-Lesens hat Hedwig Bahner<br />
an ihreTochter Susanne Buchmüller<br />
weitergegeben. „Morgensteile ich die<br />
Zeitungmit meinem Sohn Florian,<br />
überfliege aber die Zeitung meist und<br />
lese die Artikel nuran. Es sei denn, es<br />
interessiert mich etwas ganz besonders.<br />
Fürmich ist derLokalteil der<br />
wichtigste.“ Nach der Lektüre legt sie<br />
sich wieder hin. Denn die47-Jährige<br />
hat nach derVerabschiedung Florians<br />
300-Euro-Gutschein<br />
für „Familie auf dem Sofa“<br />
Zählen Sie doch einmal zusammen:<br />
Schaffen Sie es, liebe„<strong>Gäubote</strong>“-<br />
Leserin, lieber „<strong>Gäubote</strong>“-Leser,auf<br />
175 Jahre zu kommen, wenn Sie das<br />
aktuelle Alter mehrerer Personen<br />
aus verschiedenenGenerationen Ihrer<br />
Familieaddieren? Oder kennen<br />
Sie eine Familie, auf die daszutreffen<br />
könnte? Dann melden Sie sichin<br />
der Redaktion des „<strong>Gäubote</strong>“: Die<br />
Zeitungfür Herrenberg und das Gäu<br />
feiert in diesem Jahr ihr 175-jähriges<br />
Bestehen und beabsichtigt,inunregelmäßigen<br />
Abständen Familien, die<br />
Da kommen leicht 175 Jahre zusammen –der „<strong>Gäubote</strong>“<br />
wird von allen Generationen der Familie geschätzt<br />
(von links): Susanne Buchmüller,Florian Buchmüller,Hedwig Bahner<br />
undJohannes Bahner<br />
GB-Foto:Bäuerle<br />
in die Schule schon einige Stunden Arbeit<br />
hinter sich: Sie trägt seit Ende der<br />
80er Jahre den„<strong>Gäubote</strong>“ aus. „Morgens<br />
steheich spätestensum2.30 Uhr<br />
auf.Um6Uhr müssen alle Zeitungen<br />
verteilt sein.“Ihr Gebiet umfasst einen<br />
Teil vom Vogelsang und die Schwarzwaldsiedlung,das<br />
Wohngebiet also, in<br />
dem ihre Mutter wohnt und in dem<br />
sie selbst aufwuchs.<br />
So kommt’s, dass die84-Jährige für<br />
ihreNachbarn im Laufe derJahre immer<br />
wieder mal alsmenschlicher<br />
auf dieselbe Zahl kommen, in Wort<br />
und Bild vorzustellen.<br />
Ein Anruf unter (0 70 32) 95 25-208<br />
oder eine E-Mail an dieAdresse<br />
redaktion@gaeubote.de reichenaus<br />
–die Redaktion freut sich darauf!<br />
Und natürlich gibt es auch etwas zu<br />
gewinnen:Unter allen „Familien auf<br />
dem Sofa“, dieden Wegindie Zeitung<br />
finden,verlosen wiramEnde<br />
des Jubiläumsjahres einen Familien-<br />
Essensgutschein im Wert von<br />
300 Euro, einzulösen beider „Linde“<br />
in Affstätt.<br />
-wey-<br />
Kummerkasten herhalten musste,<br />
wenn bei denen versehentlichder<br />
„<strong>Gäubote</strong>“ nicht im Postkastensteckte.„Ich<br />
sagte dann immer,wenn ich<br />
gefragt wurde, waslos ist: Woher soll<br />
ichdas denn wissen?“ Das war’s dann.<br />
Vonder ersten wanderte dieTradition<br />
des „<strong>Gäubote</strong>“-Lesens aufdie zweite<br />
Generation–und von dort schließlich<br />
auf die dritte: Susanne Buchmüllers<br />
Sohn Florian greift, sobald er am<br />
Frühstückstisch mit seiner Mutter<br />
sitzt, zur Zeitung für Herrenberg und<br />
das Gäu.Der 16-Jährige, ein großer<br />
Fan desVfB Stuttgart, hat auch dieAngewohnheit<br />
vonMama und Oma<br />
übernommen: DieZeitung wird von<br />
hinten nach vorne durchgeblättert.<br />
Währendfür die beiden Frauen dasLokale<br />
Vorrang hat, greift der 16-Jährige<br />
vor allem zum Sport- und zum Panoramateil.<br />
„Aus der Zeitung“, weiß Florian<br />
Buchmüller,„erfährt man mehr Details<br />
als anderswoher.Außerdem entscheidet<br />
man selber,inwelchem Tempo<br />
man liest.“Seine Oma ergänzt: „Der<br />
großeVorteil der Zeitung ist, dass man<br />
erfährt, wasumeinen herum passiert.“<br />
„Man fragtsich zum Beispiel, warum<br />
an dem und dem Tagdie Feuerwehr<br />
gefahren ist –und erfährt es dann aus<br />
der Zeitung“, nennt Susanne Buchmüller<br />
einen weiteren Vorteil. ■<br />
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Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite76
Seite 77<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
Herrenberg undseine Stadtteile<br />
Mit Flair undeiner<br />
gutenInfrastruktur<br />
D<br />
ie Große Kreisstadt Herrenberg<br />
mitihren über30000 Einwohnernliegt<br />
im Gäu, derLandschaft zwischen<br />
dem Schwarzwaldund der LandeshauptstadtStuttgart.<br />
Die Stadt ist<br />
dank derguten Infrastruktur schnell zu<br />
erreichen. Durch dieideale Verkehrsanbindunganden<br />
Ballungsraum<br />
Stuttgartsowie denangrenzenden<br />
Naturpark Schönbuch bietet dieStadt<br />
mit ihrensieben Stadtteilen Affstätt,<br />
Gültstein,Haslach, Kayh, Kuppingen,<br />
Mönchbergund Oberjesingen für ihre<br />
Bürger eine hohe Wohn- und Lebensqualität.<br />
VONTHOMAS SPRISSLER<br />
Herrenbergverfügt über eine florierende<br />
mittelständische Wirtschaft mit<br />
Handel,Produktion und Dienstleistungen.<br />
Wohnen, Arbeiten, Einkaufen und<br />
Erholenliegen in Herrenberg nahe beieinander.Familien<br />
mit Kindern sind<br />
hier gut aufgehoben: Herrenberg hat<br />
25 Kindertageseinrichtungen,neun<br />
Grundschulen (zwei in der Kernstadt<br />
und je eine in den sieben Stadtteilen),<br />
zwei Realschulen, zwei Gymnasien, eine<br />
Werkrealschule, eine Hauptschule,<br />
eine Förderschule und eine Berufsschule<br />
mit Gymnasialzweig. Neben<br />
diesen Bildungseinrichtungen gibtes<br />
in Herrenberg zahlreiche soziale und<br />
sportlicheEinrichtungen. Zugunsten<br />
einer besseren Vereinbarkeit vonFamilie<br />
und Beruf wird die Kinderbetreuung<br />
seit Jahren mit hohem finanziellemEinsatz<br />
weiter ausgebaut. Über<br />
270 Vereine sorgen für ein breites Angebot<br />
an Freizeitgestaltung und für ein<br />
wachsendes Miteinander.<br />
Die Besucher derInnenstadt erwartet<br />
eineIdylle aus Fachwerkhäusern,<br />
Gassen,Staffeln, Brunnenund Mauern.<br />
Im Zentrumder Altstadt zeigt sichder<br />
mittelalterliche Marktplatz mitdem<br />
Brunnen–einer derschönsten Plätze<br />
Württembergs.Wenn man mitdem<br />
Auto durch Herrenberg fährt, dann<br />
entgeht einem dieser mittelalterliche<br />
Kern, denn der Marktplatz ist nur zu<br />
Fuß erreichbar.Inder Innenstadt laden<br />
zahlreiche Restaurants und Cafés<br />
zum Verweilen und Einkehren ein. Eine<br />
Spezialität ist dabei dieschwäbische<br />
Küche.<br />
Das Wahrzeichen von Herrenberg<br />
ist dieStiftskirche, die am Fußdes Herrenberger<br />
Schlossbergesmarkant über<br />
derStadt thront. Im Volksmund wird<br />
diese Kirche „Gluckevom Gäu“ genannt:<br />
Wie eine Henne sitzt sie breit<br />
und behäbigüber derStadt, deren<br />
Häuserkreis gewissermaßendas Nest<br />
bildet. Im Turm der Kirche befindet<br />
sichseit 1990 dasHerrenberger Glockenmuseum<br />
mit dem umfangreichstenKirchengeläut<br />
Deutschlands. Seit<br />
Juni letzten Jahres sind zusätzlich die<br />
Klänge eines Carillon über derStadt zu<br />
hören.<br />
Der „<strong>Gäubote</strong>“ ist für mich ...<br />
... ein wichtiges Medium, das zuverlässige<br />
Informationenbietet undauch<br />
kontroverseDiskussionen anstößt und<br />
transportiertund die Herrenberger<br />
Tageszeitung ,der ich weiterhin viele<br />
interessierte Leser wünsche<br />
Thomas Sprißler<br />
Thomas Sprißler an seinem Lieblingsplatz–auf dem Schlossberg.<br />
GB-Foto:Schmidt<br />
Eine Besonderheit von Herrenberg<br />
ist dieNähe zur Natur.Direkt oberhalb<br />
der Altstadt, die vonder markanten<br />
Stiftskirche gekrönt wird, beginnt der<br />
Naturpark Schönbuch mitviel Grün<br />
und einer großen Auswahl an Wanderund<br />
Radwegen: eine nahe gelegene<br />
Landschaft, diezur Naherholung und<br />
zu Freizeitaktivitäteneinlädt.<br />
Das Bekenntnis zu bürgerschaftlichem<br />
Engagement und die Ausrichtung<br />
als Mitmachstadt ist eine Besonderheit<br />
von Herrenberg. Hier wird Bürgerbeteiligung<br />
großgeschrieben. Zahlreiche<br />
städtische Projekte werden mit<br />
Bürgerbeteiligung umgesetzt. In der<br />
„MitmachstadtHerrenberg“ sind die<br />
Bürgerinnen und Bürger eingeladen,<br />
sicheinzubringen und mitzumachen –<br />
Bürgerbeteiligung wird nicht nur ermöglicht,sie<br />
ist ausdrücklich erwünscht.<br />
Deshalb<br />
fördert die Stadtverwaltungdas<br />
bürgerschaftlicheEngagement<br />
in Herrenberg<br />
auf vielfältige Weise:<br />
Zur Koordination<br />
dieser Aktivitäten<br />
und zur Begleitung<br />
ehrenamtlich Tätiger<br />
wurdeeine Stelle geschaffen:Die<br />
Bürger<br />
können ausdem<br />
„Bürgertopf“Mittel<br />
für eigene Projekte,<br />
diedas Lebeninder<br />
Stadt bereichern, erhalten;beim<br />
jährlichen Ehrungsabend<br />
erfolgt die Anerkennung dieses Engagements.<br />
Dadurchist eine neue Verantwortungspartnerschaft<br />
zwischen<br />
Bürgerschaft,Gemeinderat und Stadtverwaltung<br />
–genannt „Bügerkommune“<br />
–entstanden. Jede und jeder ist<br />
mitseiner Kompetenz, seinen Fähigkeiten<br />
und Fertigkeiten gefragt. Alle<br />
haben dieMöglichkeit, sich in Arbeitsgruppen,<br />
„Runden Tischen“,Zukunftswerkstätten,<br />
Bürgercafés oder Workshops<br />
zu städtischen Themen einzubringen.<br />
Die Bürgerschaft ist nicht nur<br />
zur Mitwirkung und Mitgestaltung,<br />
sondernzur Übernahme von Verantwortungeingeladen.<br />
Herrenberg ist derzeit im Wandel:<br />
Verschiedene Brachflächen in der<br />
Kernstadt bieten Potenzial und warten<br />
auf eine Entwicklung. DerStadtentwicklungsprozess<br />
mitdem Namen<br />
„Herrenberg 2020“ bildeteunter großer<br />
Bürgerbeteiligung in denJahren<br />
2009/2010 denAuftakt für diese Veränderung.<br />
Es folgte der städtebauliche<br />
Ideenwettbewerb „Westliche Innenstadt<br />
Herrenberg“.Derzeit wird eine<br />
Verkehrslösung zur Entlastung der Innenstadt<br />
erarbeitet. Gleichzeitig strebenStadt<br />
und Gemeinderat eine neue<br />
Nutzungfür das ehemalige Gelände<br />
desBauhofsamAltstadtrand an. Zur<br />
Stärkung Herrenbergsals Einkaufsstadt<br />
ist auf diesem Areal schwerpunktmäßig<br />
an dieAnsiedelung von<br />
Handel und Dienstleistung gedacht.<br />
Das größte laufende Investitionsprojekt<br />
in Herrenberg istder Bau eines<br />
neuen Freibads mit biologischer Wasseraufbereitung.<br />
Im Jahr2013 wird die<br />
Planung vorangetrieben. Der Spatenstich<br />
ist für Anfang 2014 geplant. Die<br />
ersten Badegäste können voraussichtlich<br />
im Sommer 2015 insneue kühle<br />
Nass im Längenholz springen.<br />
■ UnserAutor Thomas Sprißler ist<br />
Oberbürgermeister von Herrenberg.<br />
1933 Theodor<br />
Körner,der immer ein<br />
politischerMensch war,<br />
stirbt am 29. April im 70. Lebensjahrund<br />
findet auf dem Friedhof in Herrenberg<br />
seine letzte Ruhe.Inder Verlags- und Schriftleitung<br />
folgen ihm Helene und Karl Merz.<br />
1938 Der Politik der „Gleischaltung“,<br />
die vom Nazi-Regime betriebenwird,<br />
kannsich auch der „<strong>Gäubote</strong>“ nicht<br />
entziehen. Der Auflösung des Kreises<br />
Herrenberg hat dieTageszeitung –im<br />
hundertsten Jahr ihres Bestehens –nur<br />
noch wenig entgegenzusetzen.<br />
1941 AufAnordnung<br />
der Reichspressekammer<br />
stellt der<br />
„<strong>Gäubote</strong>“ zum 1.September<br />
sein Erscheinen<br />
ein undgehtinder<br />
„NS-Kreiszeitung“ auf.<br />
1945 Eingroßer Teil der<br />
Belegschaft ist dem Krieg zum<br />
Opfer gefallen. In den letzten<br />
Kriegstagen beschädigt eine<br />
Fliegerbombe dasVerlagshaus<br />
in der Horber Straße 9schwer.
Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite78<br />
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Jahre
Seite 79<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
Eine lange Geschichte –Gültstein<br />
Gültstein<br />
Gültstein ist mitder ersten urkundlichen<br />
ErwähnungimJahr 769 dieälteste<br />
Ortschaft im Landkreis Böblingen.<br />
Erste Ansiedlungen gab es bereitsvor<br />
über 4000 Jahren. Namensgeber für<br />
eineder alemannischen Ursiedlungen<br />
war ein Gisilo. Aus seinem Dorf „Gisilostetten“<br />
wurde im hohen Mittelalter<br />
wegen derersten Ortsadelsburg „Gültstein“.<br />
Die Peterskirche wurde als<br />
Wehrkirche gegen 1200 erbaut. Nach<br />
einem Großbrand im Jahr 1786 wurden<br />
Schule und Rathauswieder aufgebaut.Die<br />
Eingemeindung nach Herrenbergerfolgte<br />
im Juli 1975. Seit 41<br />
Jahren besteht eine Städtepartnerschaft<br />
mit Amplepuis in Frankreich.<br />
Oberjesingen<br />
Oberjesingen ist der höchstgelegenste<br />
Stadtteil von Herrenberg und<br />
hat durch seine Höhenlage und die<br />
reizvolleUmgebung zwischen<br />
Schwarzwald und Schönbucheine hohe<br />
Wohnqualität. Rund 2900 Einwohner<br />
leben hier, viele pendeln täglich zu<br />
ihren Arbeitsstellen in Herrenberg,<br />
Böblingen, Sindelfingenoder Stuttgart.Über<br />
zehn Vereine erfüllen den<br />
Ort mitintensivem gesellschaftlichem<br />
und sportlichem Leben. Im Jahr 2014<br />
kann Oberjesingen sein 700-jähriges<br />
Jubiläum feiern –die Vorbereitungen<br />
zu denFeierlichkeiten sind in vollem<br />
Gang.<br />
Ganz oben –Oberjesingen<br />
Herrenberg undseine Stadtteile<br />
Vielfältig und<br />
selbstbewusst<br />
Kuppingen<br />
Kuppingen wurde 961 erstmals erwähnt.<br />
Seit Dezember 1971 gehört<br />
Kuppingen zu Herrenberg. Dermit<br />
über 4000 Einwohnern größte Stadtteil(nach<br />
derKernstadt) hat sich von<br />
einerlandwirtschaftlichstrukturierten<br />
Gemeinde zu einer Wohngemeinde<br />
miteiner ausgewachsenen Infrastruktur<br />
weiterentwickelt. Die Ortsmitte<br />
hat im Zugeeiner umfassenden Ortskernsanierungein<br />
neues Gesicht bekommen.Seit<br />
2010 ist dieOrtsdurchfahrtdurchdie<br />
Nordumfahrung entlastet.Mehr<br />
als 15 Vereine und Organisationen<br />
sowiedie Kirchengemeinden<br />
sorgenfür ein engagiertes bürgerschaftliches<br />
und gesellschaftliches<br />
Miteinander.Das „1050-jährige Jubiläum“<br />
im Jahre 2011 bescherte Kuppingen<br />
ein einmaliges Festjahr.<br />
Der größte Stadtteil –Kuppingen<br />
Haslach<br />
Kayh<br />
Haslachwurde 775 erstmals urkundlich<br />
erwähntund war lange Zeit<br />
mit der kleinste, bäuerlich geprägte<br />
OrtimOberen Gäu. 1971 schloss sich<br />
HaslachimZuge derGemeindereform<br />
an Herrenbergan. Heute leben hier<br />
rund 1800 Einwohner.Der Stadtteil ist<br />
bei jungen Familien besonders beliebt.<br />
An derGrundschule werden rund 100<br />
Schülerunterrichtet, im Kinderhaus<br />
65 Kinder betreut. Haslach verfügt neben<br />
dernotwendigen Infrastruktur<br />
über ein regesVereins -und Gemeindeleben<br />
und ist alsHandballhochburg<br />
weit über die Landesgrenzen hinaus<br />
bekannt.<br />
Bei jungen Familien beliebt –Haslach<br />
Kayh liegt am Schönbuchhang und<br />
istum1190 entstanden. Aus der landwirtschaftlich<br />
strukturierten Gemeinde<br />
ist im Laufe derZeit eine Wohngemeinde<br />
mitderzeit rund 1500 Einwohnernentstanden.<br />
Weiterhin werden<br />
zahlreiche Baumgrundstückebewirtschaftet,denn<br />
derSchönbuchhang<br />
istein bekanntes Kirschen- und<br />
Zwetschgenanbaugebiet und gehört<br />
zum schwäbischen Streuobstparadies.<br />
Seit 1971 gehört Kayh zu Herrenberg.<br />
In Kayh sind dieerforderlichen Infrastruktureinrichtungenvorhanden,<br />
kulturelle<br />
und sportliche Vereine gestaltendas<br />
dörfliche Leben.<br />
Stadtteil schon seit 1965 –Affstätt<br />
Affstätt<br />
Seit dem Jahre 1965 ist Affstätt ein<br />
Stadtteil von Herrenberg. Affstätt wurde<br />
im Jahre 1287 erstmals erwähnt.<br />
Die Einwohnerzahl von Affstätt hat<br />
sich seit 1965 mehr als verdoppelt.<br />
Heute zählt Affstätt etwa 1660 Einwohner.Durch<br />
dasneue Baugebiet<br />
„An der Raingasse“mit rund 100 neuen<br />
Wohneinheiten wird dieEinwohnerzahl<br />
in den nächsten Jahren weiter<br />
zunehmen.Vereine und Gruppierungen<br />
wieGesangverein, Posaunenchor,<br />
Kirchenchor,Freiwillige Feuerwehr<br />
oderSportverein prägen daskulturelle<br />
Leben von Affstätt.<br />
Klein, aber fein –Mönchberg<br />
Mönchberg<br />
Mönchberg,mit seinen derzeit 1050<br />
Einwohnern derkleinste Stadtteil, liegt<br />
südöstlichvon Herrenberg zwischen Ammertal<br />
und dem Schönbuch. Mönchberg<br />
ist im frühen 12. Jahrhundert entstanden.<br />
Seit Dezember 1971ist Mönchberg<br />
Stadtteilvon Herrenberg. Aus einem<br />
landwirtschaftlich geprägten Dorf hat<br />
sichMönchberg zu einer Wohngemeinde<br />
entwickelt und verfügt über entsprechende<br />
Einrichtungen. Viele Obstbaumgrundstücke<br />
werden weiterhin bewirtschaftet<br />
und führen zu köstlichenStreuobstbau-Erzeugnissen.Verschiedene<br />
Vereine,<br />
die Feuerwehr und die Kirchengemeinde<br />
sorgen für ein reges Miteinander.<br />
Paradiesisches Streuobst –Kayh
Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite80<br />
Sportlerwahl-Moderator MoritzWerz trifft Waldemar Hartmann (links), Rosi<br />
Mittermaier und Christian Neureuther (rechts) oderdie Handball-Legende Heiner<br />
Brand(unten)<br />
GB-Fotos:Bäuerle<br />
Die „<strong>Gäubote</strong>“-Sportlerwahl<br />
Top-Leistungen und<br />
prominente Gäste<br />
D<br />
as Geheimnis der harmonischen<br />
Ehe zwischen Skisport-Legende<br />
Rosi Mittermaier und ihrem Mann<br />
ChristianNeureuther? Wieist derehemalige<br />
Handball-Nationaltrainer Heiner<br />
Brand zu seinem markanten<br />
Schnauzbartgekommen? Werum<br />
Himmels willen ist Czaba Czablusa,<br />
und warum taucht der Name immer<br />
wieder in Live-Kommentarendes prominenten<br />
Sportkommentators WaldemarHartmann<br />
auf?Das sind unter anderemdie<br />
launigen Fragen, die am<br />
Rande der Sportlerwahl vonunseren<br />
prominenten Gästenbeantwortet<br />
werden.<br />
Seit 1987 kürt der „<strong>Gäubote</strong>“ alle<br />
zwei Jahre dieGäu-Sportler.Inden An-<br />
fängen im Rahmen eines Balls in der<br />
Herrenberger Stadthalle. Seit 1999 im<br />
Foyer derKreissparkasse. Seitdem<br />
überreicht immerein prominenterGast<br />
aus dem Sport die begehrten<br />
Auszeichnungen. Der Erste<br />
in einer inzwischenüberaus illustrenReihe<br />
war 1999 Ralf Rangnick,damals<br />
Trainer desFußball-<br />
Bundesligisten VfBStuttgart. Es<br />
folgtender Leichtathletik-Olympiasieger<br />
Dieter Baumann, Handball-Bundestrainer<br />
Heiner Brand,<br />
Fifa-SchiedsrichterKnut Kircher,<br />
Weltklasse-Handballer Markus<br />
Baur, TV-Moderator Waldemar<br />
Hartmann und im November<br />
2011 das Traumpaar auf Skiern:<br />
Rosi Mittermaier<br />
und Christian Neureuther.<br />
Bei allerProminenz: Im Mittelpunkt<br />
derfeierlichen Auszeichnungen stehen<br />
nach wievor die voneiner Jury für<br />
die Wahl nominierten Athleten. Alle<br />
zwei Jahrewerden jeweils fünf Sportlerund<br />
Sportlerinnen sowie Mannschaften<br />
ausgewählt, dieden Lesern<br />
und Internetnutzern des„<strong>Gäubote</strong>“<br />
zurAbstimmung präsentiert werden.<br />
Dabei zeigt sich immer wieder aufeindrucksvolle<br />
Weise, wie vielfältig die<br />
Sportszene im Gäuund wie erfolgreichihre<br />
Athleten auf nationaler und<br />
internationaler Ebene sind.<br />
Die „<strong>Gäubote</strong>“-Sportgespräche sind<br />
längst zu einer Institution geworden.<br />
Nicht nur im Rahmen der Sportlerwahl<br />
standeninteressante Gesprächspartner<br />
auf dem Podium demehemaligen<br />
„<strong>Gäubote</strong>“-Sportredakteur Moritz<br />
Werz in den vergangenen Jahren<br />
Rede und Antwort. Erstmals zur WeltmeisterschaftinDeutschland<br />
2006 widmete sich<br />
eine weitereVeranstaltung<br />
speziell dem Thema<br />
Fußball. Stargastwar Bayern-Legende<br />
und Weltmeister<br />
PaulBreitner.Es<br />
folgten Europameister<br />
Hansi Müller, Weltenbummler<br />
Winfried Schäfer,<br />
KimKuligzur Frauen-<br />
WM 2011 in Deutschland<br />
und der beinharteVerteidiger<br />
und Europameister<br />
KarlheinzFörster. ■<br />
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Seite 81<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
Ein Stück Europa<br />
wird in Jettingen<br />
gelebt:Hans<br />
MichaelBurkhardt<br />
GB-Foto:Schmidt<br />
Jettingen<br />
Das Dach über demGäu –<br />
oder die Vorteile der Sandwich-Lage<br />
A<br />
ls der „<strong>Gäubote</strong>“ mit derBitte an<br />
michherangetreten ist, zum 175.<br />
Bestehen derZeitung ein Gemeindeporträt<br />
zu schreiben, habe ich gerne<br />
zugesagt undgratuliere dem „<strong>Gäubote</strong>“<br />
zu diesem schönen Jubiläum sehr<br />
herzlich. Wie vor175 Jahren schon ist<br />
der„<strong>Gäubote</strong>“ bisheute die meistgelesene<br />
Zeitung in unserer Gemeinde<br />
und auchimRathaus. Davon zeugen<br />
dieAusgaben des„<strong>Gäubote</strong>“ bisins<br />
Jahr 1844 zurück, die beiuns im Archiv<br />
lagern.<br />
VONHANS MICHAEL BURKHARDT<br />
Wassoll ein Gemeindeporträt über<br />
Jettingen ausdrücken? Ich denke eines<br />
ganz sicher:nämlichunsere Jettinger<br />
Einmaligkeit undUnverwechselbarkeit,die<br />
sich durch unsere Geschichte<br />
und Entwicklung, aber auchaus unserer<br />
einmaligenLage ergibt. Einmalig in<br />
Jettingen ist die Höhenlage mit wunderbaren<br />
Aussichten in den Schwarzwald,auf<br />
die Schwäbische Alb und<br />
nach Herrenberg sowie in denweiteren<br />
Landkreis Böblingen. Besonders<br />
schön ist deshalbauch eine Wanderung<br />
oder Fahrradfahrt auf dem 24 Kilometer<br />
langen Panoramarundweg,<br />
von wo man alldiese Ausblicke genießen<br />
kann.<br />
In Jettingen liegt der höchste Punkt<br />
im Landkreis Böblingen –626 Meter<br />
über demMeer auf demKühlenberg<br />
im Nord-Westen unserer Gemarkung.<br />
Dort kann man vom altenWasserturm,der<br />
immer am ersten Sonntag<br />
im Monat als Aussichtsturmgeöffnet<br />
ist,bis zum Feldberg und zur Hornisgrinde<br />
schauen.<br />
Dieser Höhenlagehat die Gemeinde<br />
auch die beiden Windkraftanlagen<br />
und den Wasserturm derGäuwasserversorgungzuverdanken,<br />
diezwar<br />
nicht auf Jettinger Gemarkung, aber<br />
direkt an der Gemarkungsgrenzevon<br />
Emmingen nach Jettingen liegen und<br />
zu so etwaswie einem Wahrzeichen<br />
der Gemeindegeworden sind.<br />
Auch klimatisch bringt dieHochlage<br />
von Jettingen ihre Besonderheiten mit<br />
sich. Kühlenberg und Eisbergtragen es<br />
im Namen, dass hier bei uns ofteinmal<br />
einkühler Wind weht, was vorallem<br />
im Sommer angenehm ist. Ein weiterer<br />
positiver Effekt unserer Hochlage<br />
ist, dass wirdurch diehäufigen Inversionswetterlagen<br />
im Spätherbst und<br />
Winter viele Sonnenstunden haben.<br />
Dass es sich hier gut lebenlässt, haben<br />
auchschon unsere Vorfahren früh<br />
erkannt. Jettingen wurde schon vor<br />
über2000 Jahren besiedelt. Dies<br />
brachten Ausgrabungen desLandesdenkmalamtesimJahr1955<br />
ans Tageslicht.<br />
Die Kelten hinterließen uns<br />
die keltische Viereckschanze im „Lehleshau“,<br />
einem Waldteil beim Sportplatz<br />
Oberjettingen. Um 260nach<br />
Christus kamen dieAlemannen in unsere<br />
Heimat.Fast alle „-ingen“-Dörfer<br />
unserer Heimat sind alemannische<br />
Dorfgründungen, dieihren Namen<br />
nach demOberhaupt derSippe erhielten,<br />
in unseremFall könnte es ein Uoto<br />
gewesensein. Er gab auch demDorf<br />
den Namen Uotingen, dasheißt „hier<br />
wohnen die Leute des Uoto“. Oberjettingen<br />
undUnterjettingenwaren einst<br />
eine Siedlung. DasUrdorf stand wohl<br />
im „Stöckach“,also genau zwischen<br />
Ober- und Unterjettingen, wo sich<br />
heute eineFreizeitanlage befindet.<br />
Mit der Herrschaft der Franken wurde<br />
gleichzeitig dieChristianisierung<br />
durchgeführt. Die ersteKirche war dem<br />
Heiligen Martin geweiht. Oberjettingen<br />
hat eine solche Kirche. <br />
1948 DerVerleger Karl Merz, der im April 1947<br />
ausfranzösischer Gefangenschaft zurückgekehrt<br />
war, reicht bei derMilitärregierung einen Vorschlag<br />
zur Gründung einer Tageszeitung ein, der zunächst abgelehnt<br />
wird. Genehmigt wird lediglich die Herausgabe eines Anzeigenblattes,das<br />
zugleich als amtliches Mitteilungsorgan für denAltkreis Herrenberg fungiert.<br />
Titel: Heimatrundschau.<br />
1949 Die„Generallizenz“<br />
–das Gesetz über<br />
die Freiheit der Presse –tritt<br />
am 1. April in Kraft. Damit<br />
wird die Neuauflage des<br />
„<strong>Gäubote</strong>“nun doch wiedermöglich.<br />
1949 Ab 11.Juni kommt der „<strong>Gäubote</strong>“<br />
alsTageszeitung viermalinder Wocheheraus.<br />
Vier Seiten unter der Woche und samstags<br />
achtSeiten umfasst das„Mittagsblatt“ –es<br />
wird nachmittags zugestellt. 3000 Exemplare<br />
proAusgabe werden gedruckt. Vom1.Oktober<br />
an erscheint die Zeitungtäglich.
Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite82<br />
Wenig später wurden neugebaute<br />
Kirchendem Heiligen Michael geweiht,<br />
so wiedie Dorfkirche in Unterjettingen.<br />
Im Mittelalter trennten sich dann<br />
dieEntwicklungslinien von Ober- und<br />
Unterjettingen. Unterjettingen war<br />
von1398 bis1603 badisch –zugehörig<br />
zumBadener Besitzkomplex Altensteig–und<br />
kam danach zumHerzogtum<br />
Württemberg, Oberjettingen zum<br />
OberamtWildberg. Ab 1807 unterstanden<br />
beide Gemeinden demOberamt<br />
Herrenberg.<br />
Seitherbesteht die verwaltungstechnische<br />
Zuordnung zu Herrenberg<br />
und später demLandkreis Böblingen.<br />
Dieszeigt eine weitere Besonderheit<br />
von Jettingen, diesich aus seiner Lage<br />
zwischen Nagold und Herrenbergbzw.<br />
zwischen Schwarzwald und der Region<br />
Stuttgart ergibt.Wir sprechen heute<br />
von einer Sandwich-Lage, diezur Lebensqualität<br />
in Jettingenbeiträgt. Für<br />
unsere Bürgerinnen und Bürger hat<br />
das den Vorteil, dass siezwischen den<br />
Angeboten der beiden Städte Nagold<br />
undHerrenberg auswählen können.<br />
Dass Jettingen in den letztenJahrzehnten<br />
von vielen Menschen alsihre<br />
neueHeimat gewählt wurde, liegt sicherlich<br />
auch an dieser Lagegunst.<br />
Ländlich leben, und gleichzeitig die<br />
gut bezahlten und attraktiven Arbeitsplätze<br />
von Sindelfingen/Böblingen,<br />
aber auch denSchwarzwald als beliebtes<br />
Naherholungsgebiet direkt vor der<br />
Haustür.Soist es nicht verwunderlich,<br />
dass Jettingen in den letztenfünf Jahrzehntenseine<br />
Einwohnerzahl fast verdoppelthat.<br />
Heute leben rund 7500<br />
Menschen in Jettingen.<br />
Viele unterscheidennoch zwischen<br />
Unter- und Oberjettingen. Doch heute<br />
ist uns Jettingen wichtiger.Am22.<br />
September 1971beschlossen die Gemeinderäte<br />
der ehemaligen selbstständigen<br />
Gemeinden Oberjettingen<br />
undUnterjettingen mit Sindlingen<br />
einstimmig die Vereinbarung überden<br />
Der „<strong>Gäubote</strong>“ ist für mich ...<br />
... die Zeitung im Gäu!<br />
Hans Michael Burkhardt<br />
Zusammenschluss derbeiden Gemeinden<br />
Oberjettingenund Unterjettingen<br />
zurneuen Gesamtgemeinde<br />
Jettingen.<br />
Doch Jettingenist mehr als Unterund<br />
Oberjettingen. In Sindlingen, unseremcirca<br />
100 Einwohner starken<br />
Ortsteil,befindet sich sogar ein<br />
Schloss. Dort verbrachte Franziska von<br />
Hohenheim, die Ehefrau von Herzog<br />
Carl Eugen, einenTeil ihrer Witwenzeit<br />
am Endedes 18.Jahrhunderts. Auf<br />
demkleinen Friedhof in Sindlingen ist<br />
der Gründer derpietistischen<br />
Hahn’schen Gemeinschaft begraben,<br />
der im Witwengut Sindlingen bei Franziska<br />
vonHohenheim Schutz vorVerfolgungfand.<br />
Der Pietismus hat unsere<br />
Gemeinde geprägt. Und auch heute<br />
noch gibt es neben derevangelischen<br />
Landeskirche in Ober-und Unterjettingen<br />
einige weitere christliche Gemeinschaften.Nach<br />
demZweiten<br />
Weltkrieg fanden viele Vertriebene in<br />
Jettingen eine neue Heimat, damit<br />
wuchs auch dieZahl der katholischen<br />
Gläubigen.<br />
Ober-und Unterjettingen waren<br />
ursprünglich, wieauch die<br />
anderen Gemeinden im Gäu,<br />
reine Bauerndörfer. Heute ist<br />
Jettingen eine attraktive<br />
Wohngemeinde. Aber auch<br />
dieLandwirtschaftist in Jettingen<br />
noch vertreten. Kaum<br />
eine andere Gemeinde im<br />
LandkreisBöblingen hat noch so viele<br />
Haupterwerbsbetriebe wieJettingen,<br />
heuteimmerhin noch 14 an derZahl.<br />
Danebenweist Jettingen rund 1200<br />
Arbeitsplätzeimproduzierenden Gewerbe<br />
und im Dienstleistungsbereich<br />
aus. Einige Unternehmen haben sich<br />
auf der ehemaligen Eisbergkaserne im<br />
interkommunalenGewerbepark Nagold-Gäu<br />
angesiedelt. Auch dieEinkaufssituation<br />
in unserer Gemeinde ist<br />
besondersgut. Es gibt wohl nur ganz<br />
wenige Gemeindenunserer Größe, die<br />
es auf so vieleQuadratmeter Einkaufsfläche<br />
bringen wie wirinJettingen.<br />
Ausgeprägt ist in Jettingen auchdas<br />
Engagement für dieeuropäischen<br />
Partnerschaften.Mit Senones in Frankreichund<br />
Vernio in Italien hat Jettingenzwei<br />
Partnergemeinden sowie darüber<br />
hinaus noch drei weitere Gemeinden,<br />
mit denen freundschaftliche<br />
Verbindungen gepflegt werden.<br />
ZumAbschluss noch einen Blickin<br />
die Zukunft. Der demografische Wandel<br />
wird auch unsere Gemeinde spürbar<br />
verändern. Die Gemeinde ist mit<br />
den 50 Pflegeplätzen im Franziskavon-Hohenheim-Stiftund<br />
60 seniorengerechten<br />
undbetreutenWohnungen<br />
dafür gerüstet. AuchOrtskernsanierungenwerden<br />
uns weiter beschäftigen,<br />
zumal in Oberjettingennach<br />
dem Bauder Nordumfahrung. Bildung<br />
und Betreuung werden in den nächstenJahren<br />
ebenfalls ein Schwerpunkt<br />
der kommunalen Aufgaben sein, da<br />
wir nach wievor für Familien attraktiv<br />
bleibenmöchten. Auchdem Thema<br />
Energie wird sich die Gemeinde in Zukunftnochverstärktwidmen.<br />
Wir blicken zuversichtlich in die<br />
Zukunftund freuen uns, wenn uns<br />
dabeider „<strong>Gäubote</strong>“ mit seiner<br />
Berichterstattung weiterhin begleitet.<br />
■ Unser Autor Hans Michael<br />
Burkhardt ist Bürgermeistervon<br />
Jettingen.<br />
Wir gratulieren herzlich<br />
und bedanken uns für<br />
die gute Zusammenarbeit!<br />
näher dran...
Seite 83<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
Der Naturpark Schönbuch<br />
EinRefugium<br />
für Tiere, Pflanzen<br />
und Menschen<br />
N<br />
icht nurinHerrenberg, auch um<br />
Herrenberg herum ist es wunderschön.<br />
Bestes Beispiel dafür ist der<br />
Schönbuch. Direkt hinter derAltstadt<br />
und der Stiftskirchebeginnt dasWaldgebiet,das<br />
nicht nur für dieTier- und<br />
Pflanzenwelt einganz besonderes<br />
Kleinod ist. Auch der Mensch kommt<br />
hier voll auf seine Kosten: Der Naturpark<br />
Schönbuch ist Erholungs- und<br />
Freizeitraum gleichermaßen.<br />
VONSABINEHAARER<br />
Die Fresseiche<br />
ist einesvon<br />
unzähligen<br />
Naturdenkmalen,<br />
dieden Schönbuch<br />
so wunderbar<br />
prägen<br />
GB-Foto:Barth<br />
Klein aber oho! Mit einer Gesamtfläche<br />
von 15 600 Hektar ist der Naturpark<br />
Schönbuchzwar derkleinste der<br />
insgesamt sieben Naturparks in Baden-Württemberg,<br />
er ist jedoch zugleich<br />
auchder älteste Naturpark im<br />
Land. Ende der 1960er Jahre wurde<br />
laut darüber nachgedacht, inmitten<br />
der Waldfläche einen Großflughafen<br />
zu bauen. Die Projektgegnerkamen<br />
demzuvor: Am 27. März 1972 wurde<br />
der Naturpark Schönbuch gegründet,<br />
im vergangenen Jahrfeierte man den<br />
Eintritt ins Schwabenalter.<br />
Doch der Schönbuch kann nicht nur<br />
mit seinem Alter punkten: Er liegt –<br />
eingerahmtvon Böblingen, dem Aichtal,von<br />
Reutlingen/Tübingen und dem<br />
HerrenbergerGäu –genau in der Mitte<br />
Baden-Württembergs. Und er istder<br />
Naturparkmit dem größten Waldanteil.<br />
Nur13Prozent der Flächen werden<br />
landwirtschaftlichgenutzt. Der<br />
Anteil der Flächen, die mit Wasser,<br />
Straßenoder Siedlungsarealen bedeckt<br />
sind, nimmt gerade einmal ein<br />
Prozent ein. Damit hat derNaturpark<br />
Schönbucheinen Waldanteil von 86<br />
Prozent.<br />
Er ist ein einzigartigerLebensraum<br />
für eine vielfältige Tier- und Pflanzenwelt,erist<br />
Sauerstoffproduzent, Luftfilter<br />
und Energiespender,natürlich<br />
aber auch Jagdgebiet, Rohstofflieferant,<br />
Arbeitsplatz und Wirtschaftsobjekt.ImGegensatz<br />
zu früheren Zeiten<br />
wirdheute auf eine nachhaltige Forstwirtschaft<br />
gesetzt, man hat aus den<br />
Fehlernder Vergangenheit gelernt. Die<br />
exzessiveNutzung –durchdie Köhlerei<br />
und den Abbau von Sandsteinen,<br />
durch dieViehbeweidung und durch<br />
den Abbau von Bau-und Brennholz –<br />
beeinträchtigten den Schönbuch in<br />
den vergangenen Jahrhunderten immer<br />
wieder.Und nicht nur das: Noch<br />
heute sind die verheerenden Schäden<br />
zu sehen, diedie Orkane Vivian, Wiebke<br />
(beide 1990) und Lothar (Weihnachten1999)<br />
im Schönbuch hinterlassen<br />
haben.<br />
Die Forstwirtschaft hat reagiert und<br />
nachhaltige Konsequenzen gezogen.<br />
Mit dem„Eisenbachhain“ im östlichen<br />
Teil des Schönbuchs, der „Silbersandgrube“<br />
auf AltdorferGemarkung und<br />
dem „Steinriegelhang“ bei Bebenhausen<br />
wurden drei Bannwälder eingerichtet.<br />
Anstatt auf reine Nadelholzbestände<br />
setzt mannun wieder auf<br />
Mischbestände.<br />
Darüberhinaus ist derNaturpark<br />
Schönbuchein vielbesuchter FreizeitundErholungsraum.<br />
Jährlich sind hier<br />
mehrals vier Millionen Besucher unterwegs.<br />
Zu Fuß oder per Fahrrad könnensie<br />
das rund 560Kilometer lange<br />
Wegenetz erkunden, unterwegs laden<br />
zahlreiche Grillplätzeund Feuerstellen,<br />
Spielplätze und Schutzhütten zum<br />
Verweilen ein. Alle, die denSchönbuchnichtauf<br />
eigeneFausterkunden<br />
wollen, können dem ausgeschilderten<br />
Wegenetz folgen und so thematisch<br />
aufeinanderabgestimmte Routen erkunden.Neben<br />
sechs Waldlehrpfaden<br />
sind im Naturpark sieben Schaugehege<br />
mitverschiedenenTierarten angelegt.<br />
Gerne wirdder Schönbuch als „grüne<br />
Insel in der Region Stuttgart“ beschrieben,<br />
doch werschon einmal im<br />
Frühjahr oderimHerbst im Baumfeld<br />
zwischen Herrenberg und Breitenholz<br />
unterwegswar,der weiß, dass diese<br />
Beschreibung ein wenig zu kurz gegriffen<br />
ist. Während der Blüte- und der<br />
Erntezeitgleicht dersüdwestliche<br />
Schönbuchrandeinem farbigen Mosaik.Die<br />
Streuobstwiesendort bilden<br />
nicht nur eineganz besondere Kulturlandschaft,<br />
sondern zählen ebenfalls<br />
zu deneinzigartigen Besonderheiten<br />
des Schönbuchs. ■<br />
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Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite84<br />
Medienpolitik: Interview mit Staatsminister Bernd Neumann<br />
„Lokalzeitungen sind<br />
Garanten der Vielfalt“<br />
Kultur und Medien –das<br />
sind dieFelder,umdie sich<br />
Staatsminister Bernd Neumann<br />
in der Bundesregierung<br />
kümmert. „Die Zeitungsvielfalt<br />
ist vonhoher<br />
Bedeutung“,betont er im<br />
„<strong>Gäubote</strong>“-Interview. Wie<br />
kaum ein anderes Medium<br />
stehendie Zeitungen für<br />
Orientierung.Und das werde<br />
so bleiben.<br />
VONHARALD MARQUARDT<br />
„<strong>Gäubote</strong>“: Herr Neumann, welche<br />
Rolle spielt die Zeitungslektüre in<br />
Ihrem Tagesablauf?<br />
Bernd Neumann: „Für mich sind Zei-<br />
tungen und Zeitschriften als verlässlicheInformationsquellen<br />
unverzichtbar–durch<br />
siewerdeich täglich tiefgründig<br />
und differenziert über politischeund<br />
gesellschaftliche Debatten<br />
auf dem Laufenden gehalten. Diemorgendliche<br />
Zeitungslektüre ist daher<br />
einfesterBestandteilmeines Tagesablaufs.<br />
Schon beim Frühstück und auf<br />
dem Wegins Büro informiere ich mich<br />
so über die aktuellen Entwicklungen in<br />
Gesellschaft und Politik und natürlich<br />
in der Kultur.Man muss sich nicht<br />
selbst –wie im Internet –die Informationen<br />
suchen, sondern erhält zu allen<br />
wichtigenThemen einqualifiziertes<br />
Gesamtangebot. Hier sehe ichauch<br />
die große Chance derZeitungen für<br />
die Zukunft.“<br />
Sie habeninden vergangenen Jahren<br />
immer wieder füreine Vielfalt der<br />
Zeitungen plädiert. Welchen Wert<br />
sehen Sie in der Lokalzeitung?<br />
„Lokalzeitungen sind Garanten der<br />
Vielfalt unserer viel bewunderten Presselandschaft.Der<br />
Zuspruch zeigt, dass<br />
es fürdie Menschen gerade im Zeitalterdes<br />
Internets beiweitem nicht nur<br />
auf die ’große Welt’ ankommt. Lokale<br />
Verankerung, Sicherheit, Überschaubarkeit<br />
und vor allem der Kontakt zum<br />
ganzrealen Leben sind wichtiger denn<br />
je. Lokalzeitungen sind sozusagen ein<br />
Anker in der Informationsflut desdigitalen<br />
Zeitalters. Für dieLeserinnen<br />
und Leser ist ihre Zeitung ein Stück<br />
Heimat und ein Teil ihrer Identität. Sie<br />
gehört zumInventar ihrer Region. Jenseits<br />
großerpolitischer Themen prägen<br />
gerade regionalePolitik, Vereinsleben,<br />
Sport und kulturelle Veranstaltungen<br />
vorOrt das Bewusstsein für<br />
Heimat und Herkunft. In einer zunehmendglobalisierten<br />
Welt können lokaleZeitungen<br />
daher wie kaum ein anderes<br />
Medium Orientierung erleichtern.“<br />
Die moderne Welt ist digital,<br />
sind dieZeitungen von gestern?<br />
„Zeitungen sind ein ganz wichtiger<br />
Teil unserer Medienlandschaft und<br />
werden es auch in Zukunft bleiben.<br />
Zwei Drittelder Bürger in Deutschland<br />
lesentäglich eine gedruckte <br />
Zur Person<br />
In der Politik ist Bernd Neumann (71)<br />
schonlange. Seit 2005 gehört er dem<br />
Kabinett vonAngela Merkel als Staatsminister<br />
und Beauftragter derBundesregierung<br />
fürKultur und Medien an.<br />
Von1991 bis 1998 war Neumann Parlamentarischer<br />
Staatssekretär im Forschungs-<br />
undBildungsministerium<br />
desBundes. Deraus Bremen stammende<br />
Neumann amtierte von 1979<br />
bis 2008 als CDU-Landesvorsitzender<br />
in seiner Heimatstadt. Seit 1987 ist<br />
Bernd Neumann, der bis zu seinem<br />
Wechsel in diePolitik als Realschullehrer<br />
unterrichtet hat, Mitglied des<br />
DeutschenBundestags.<br />
GB-Foto: Bundesregierung/Kugler
Seite 85<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
Zeitung. Ich halte nichts davon,<br />
denPrintbereich gegen diedigitalen<br />
Medien auszuspielen.Printmedien<br />
sind auch im Zeitalter desInternets<br />
unverzichtbar. Zeitungen und Magazine<br />
sind grundlegende Leitmedien, die<br />
Auswahlund Orientierung anbieten.<br />
Diese Funktion kann das Internet<br />
durch noch so aktuelleBeiträge kaum<br />
ersetzen.Die Zeitungen befinden sich<br />
heute mitten in einem Modernisierungsprozess.Modernisierung<br />
kann<br />
zum Beispiel bedeuten, neue Geschäfts-<br />
und Finanzierungsmodelle zu<br />
entwickeln, die Printmedien und Internet<br />
miteinander verknüpfen. Viele Zeitungen<br />
gestaltendies bereits aktiv.Die<br />
Verlage können sich so auf dem für die<br />
Zukunft wichtigen Geschäftsfeld ’online’eine<br />
weitere Säule ihrer Existenz<br />
auf- oder ausbauen.“<br />
Die Lesekompetenzvieler junger<br />
Menschen hat ganz erheblich<br />
abgenommen,was lässt sich dagegen<br />
unternehmen? Wenn Sieeine Prognose<br />
wagen müssten: IstIhnen bange<br />
um das gedruckte Wort?<br />
„Wenn dieMediennutzung von Kindern<br />
und Jugendlichen zunehmend<br />
ins Internet abwandert, ist es wichtig,<br />
sie auchimSchulunterricht für Zeitungenund<br />
Zeitschriften zu begeistern.<br />
DieMedienkompetenzder jungen Generation<br />
fördert der Bund durch Modellprojekte.<br />
Um ihnen die Printmedi-<br />
Die Zeitungsverlage<br />
in Deutschland stehen unter einem erheblichen<br />
Wettbewerbsdruck. Ein<br />
Grund dafür ist, dass die öffentlichrechtlichen<br />
Medien umfangreiche Internet-Auftritte<br />
kostenlos anbieten<br />
und sichaußerdem über Gebühren und<br />
Werbung finanzieren. Ist das fair?<br />
„In unserer Medienlandschaft brauchenwir<br />
auch einenstarken öffentlich-rechtlichen<br />
Rundfunk mitangemessenen<br />
Entwicklungsmöglichkeiten<br />
en näherzubringen, hat mein Haus in der digitalen Welt. Diese dürfen allerdings<br />
nicht zulasten eines ausgewo-<br />
beispielsweise die’Nationale Initiative<br />
Printmedien’ insLeben gerufen. Die genenVerhältnisses zwischen privaten<br />
Initiative veranstaltet jedes Jahr einen und öffentlich-rechtlichen Medien gehen.Private<br />
Medienanbieter wie Verla-<br />
Schülerwettbewerbinganz Deutschland,bei<br />
demsich Jugendliche mit ge brauchen Spielraum fürpublizistisch<br />
und wirtschaftlicherfolgreiche<br />
dem Thema Printmedien auseinandersetzen.Mit<br />
der Initiative wollen wirin Marktentwicklungen.Haben sie diesen<br />
Schulen und Bildungseinrichtungen Spielraumnicht, wird das gedeihliche<br />
die Lesebereitschaftweiter verbessern.<br />
Einweiteres Beispiel für das Enfentlich-rechtlichen<br />
Medienangebo-<br />
Nebeneinander von privaten und öfgagement<br />
desBundes ist das Projekt ten infrage gestellt. Die öffentlich-<br />
der Stiftung Lesen<br />
’Zeitschriftenindie<br />
Schulen’,für das ich<br />
Zeitungen sind ein<br />
die Schirmherrschaft<br />
übernommenhabe. ganz wichtiger Teil unserer<br />
SeitBeginn im Jahr<br />
2003 habenüber Medienlandschaftund werden<br />
zwei Millionen Schülerinnen<br />
undSchüler<br />
es auch in Zukunft bleiben<br />
von demProjekt profitiert.“<br />
Bernd Neumann<br />
rechtlichen Sender müssen dies bei<br />
derGestaltung ihrer Angebote im Internet<br />
angemessenberücksichtigen.<br />
Der Auftrag der Sender ist es vor allem,<br />
Fernseh- und Radiobeiträgezu<br />
produzieren und nicht, zusätzlich sendungsunabhängige<br />
Texteins Internet<br />
zu stellen. Natürlich wollen wirdie öffentlich-rechtlichen<br />
Anstalten nicht<br />
von derNutzung des Internets ausschließen,<br />
aberihre Aktivitäten müssen<br />
im Rahmen ihres Programmauftragesstattfinden.“<br />
Welche Strategie verfolgt die<br />
Bundesregierung, um dieZeitungsvielfalt<br />
zu erhalten?<br />
„DieZeitungsvielfalt ist vonhoher<br />
Bedeutung. Daher sorgt derBund für<br />
günstige Rahmenbedingungen zum<br />
Beispiel im steuerlichen Bereich. Hier<br />
bin ich froh,dass es gelungen ist, den<br />
ermäßigten Mehrwertsteuersatz von<br />
sieben Prozent fürden Printbereich<br />
beizubehalten. Der zweite Punkt, den<br />
wir zugunsten der Verlage verändert<br />
haben, ist dasPressefusionsrecht. Wir<br />
habenimbegrenzten Umfang die<br />
Möglichkeitenvon Fusionen erleichtert.<br />
Diesist notwendig, um den Zeitungen<br />
durch Zusammenschlüsse eine<br />
bessere wirtschaftliche Basis zu ermöglichen.<br />
Auch diegesetzliche Absicherungdes<br />
Presse-Grosso ist ein großer<br />
Erfolg fürden Erhalt derpublizistischen<br />
Vielfalt in der deutschen Presselandschaft.Das<br />
Grosso sorgt dafür,<br />
dassdie rund 120000 Presseverkaufsstellen<br />
in ganz Deutschland –egal ob<br />
in den Großstädten oder dünn besiedelten<br />
Landstrichen –täglich zuverlässig<br />
mit Zeitungen und Zeitschriften<br />
versorgt werden. Ich hoffe, dass dieses<br />
vom Bundestag mit Mehrheit beschlossene<br />
Gesetz nichtweiter von<br />
der Opposition über den Bundesrat<br />
blockiertwird!“ ■<br />
175 JahreZeitung in Leonberg gratuliert 175 Jahre<strong>Gäubote</strong> in Herrenberg.<br />
In dieserZeitspanne kein Ereignis zu verpassen, istinden Zeiten des stetigen<br />
Wandels eine große Herausforderung.<br />
Die Leonberger Kreiszeitung danktihrem Werbepartner<br />
und freut sich auf eine weiterhin erfolgreiche Zusammenarbeit.
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Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite86<br />
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Seite 87<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
Gäufelden<br />
Drei Gemeinden<br />
in gutem Einklang<br />
D<br />
ünn besiedelt waren Nebringen,<br />
Öschelbronn und Tailfingen bei<br />
Gründung des Theodor-Körner-Verlagesund<br />
zu Beginn der Bürgerbewegung<br />
vor175 Jahren. Das per Regierungsdekret<br />
gerade erstvereinigte Unter-<br />
und Oberöschelbronnwar mitseinen<br />
800Einwohnern doppelt so groß<br />
wie Nebringen, und genau dazwischen<br />
bewegtesich die Einwohnerzahl von<br />
Tailfingen.<br />
VONJOHANNES BUCHTER<br />
In den historisch waldarmenGäugemeindendominierten<br />
derAckerbau<br />
auf fruchtbaren Böden und die allmählich<br />
eingeführte Stallhaltung desViehs<br />
immermehr.<br />
Die folgenden Episoden prägten die<br />
Dörfer:Rechte einzelner Familien gab<br />
es seitdem Mittelalter im 70 Hektar<br />
großen Tailfinger „silva communis“, einemGenossenschaftswald,<br />
dessen<br />
jährlicher Ertrag als „Haupt“ auf die Familien<br />
verteilt war. Höfe, die nach<br />
1550gebaut wurden, ersuchten im<br />
18. Jahrhundert gleiche Rechte am<br />
Wald vom Herzog, wurden aber nicht<br />
nur abgewiesen, sondernesdrohten<br />
sogarsaftige Geldstrafenbei<br />
Weiterbelästigung<br />
durch Eingaben.<br />
DerVersuch,<br />
durch Gewalt zum<br />
Recht zu kommen, Johannes Buchter<br />
führte dazu, dass die<br />
Regierung eine Kompanie Soldaten<br />
vier Wochen lang auf Kosten der Tailfinger<br />
vorOrt insZwangsquartier legte.<br />
Im Jahr 1848 ging dasWaldeigentumandie<br />
Gemeinde über.Die Höfe<br />
bekamenzwar grundbuchgesicherte<br />
Nutzungsrechte am Wald übertragen,<br />
aberdiese waren nun endlich teilbar.<br />
Im Jahr 1938 wurde auf Anordnung<br />
desnationalsozialistischen Reichsministersfür<br />
Luftfahrt derWald gerodet,<br />
um einen Flugplatz zu bauen. Auf die<br />
in der KZ-Gedenkstätte aufbereitete<br />
dunkle Zeit,inder Zwangsarbeiter,<br />
Kriegsgefangeneund jüdische KZ-<br />
Häftlinge ins dortige Lager gepfercht<br />
wurden, soll hier –trotz der Tragik –<br />
nicht weiter eingegangen werden.<br />
Nichtzuletzt der Wandel der Rechte<br />
an diesem Wald und vor allem die<br />
jahrzehntelange Planung der Bodenseeautobahn<br />
führten dazu,dass die<br />
1951 angeordnete Flurbereinigung<br />
erstnach über 40 Jahren abgeschlossen<br />
werden konnte.<br />
Im kommunistischangehauchten<br />
Öschelbronn profitierte die „Rote Revolution“<br />
(nach Dr.Fritz Heimberger)<br />
insofern vom pietistischenErlösungsbestreben,<br />
als es um dasgemeinsame<br />
soziale Anliegen ging, etwas gegen die<br />
Armut zu tun. In derZeit der Weimarer<br />
Republik führte dieBewaffnung<br />
von Bürgerwehren zu Auseinandersetzungen<br />
zwischen reichen Bauern und<br />
Armen, Arbeitern undTagelöhnern. Es<br />
kamzubewaffneten Übergriffen, Verurteilungen<br />
und zu einer Demonstration<br />
von400 kommunistischen Arbeitern<br />
beider Beisetzung des in derHaft<br />
verstorbenen Kommunistenführers.<br />
Bei Reichstagswahlen im Jahr 1925 erhieltendie<br />
Kommunisten unter Thälmann<br />
in Öschelbronn 105der 491<br />
Der „<strong>Gäubote</strong>“ ist für mich ...<br />
... eine gestaltende Kraft im Gäu<br />
Für Johannes Buchter,der sich hier vorder Zehntscheuer in Tailfingen präsentiert,<br />
ist der Zusammenhalt der drei Gemeinden ein wichtiges Anliegen.<br />
GB-Foto: Schmidt<br />
Stimmen. Die widerständischen<br />
Öschelbronner waren zumZeitpunkt<br />
der Machtergreifung Hitlers bereits<br />
desKampfes müde.<br />
Nebringenerblühte wirtschaftlich<br />
durch zwei Einflüsse. Der ab 1832 führendeKopf<br />
derHahn’schen Gemeinschaft,Anton<br />
Egeler aus Nebringen,<br />
fand im Gäu viele Glaubensanhänger<br />
und bildete mitdiesen eine funktionierende<br />
sozialeGemeinschaft. Dieses<br />
gewachsene sozialeVerständnis erleichterte<br />
in der Nachkriegszeit die<br />
Ansiedlung der aufgenommenen<br />
Flüchtlinge und Kriegsvertriebenen.<br />
Der 1879 vollendete Bau derGäubahnänderte<br />
Sitten und Gebräuche:<br />
Zunächst lebten viele italienische<br />
Gastarbeiter im Gäu,später lockte die<br />
fertiggestellte Bahnals neues Transportmittel<br />
viele Zuzügler in dieZentren<br />
derindustriellen Produktion.<br />
Seit demfreiwilligen Zusammenschlussder<br />
drei Gäudörfer zur Gemeinde<br />
Gäufelden (1971) wuchs die<br />
Einwohnerzahl um 5000 Menschen.<br />
Die Integration derNeubürger warein<br />
gesellschaftlich zentrales Anliegen.<br />
Volksfeste und viele Vereinsfördermaßnahmen<br />
halfen, Alteingesessene<br />
und„Reigschmeckte“ zusammenzuführen.<br />
Die heutigen Aufgaben derGemeindepolitikdrehen<br />
sich um die Pflege<br />
und Weiterentwicklung der Infrastruktur<br />
für frühe und gute Bildungsangebote,<br />
Beibehaltung attraktiver Busund<br />
Gäubahnverbindungen, bessere<br />
Radwegeführungen und barrierearme<br />
Gehwegesowie superschnellen Datentransport<br />
für Gewerbeund Haushalte.<br />
Mitder Entwicklung eines zentralen<br />
Einzelhandelsstandorts „für die<br />
da oben“, wie es einMitglied des HerrenbergerGemeinderates<br />
im „<strong>Gäubote</strong>“<br />
kommentierte, und der Verbesserung<br />
der Angebote fürseniorengerechtes<br />
Wohnen sind wirbemüht, bestehende<br />
strukturelle Defizite zu mindern.<br />
Gäufelden ist in erster Linie eine<br />
Wohngemeinde und tut gutdaran,<br />
das Vereinsleben mitihren Bürgern<br />
und zu derenWohl nach Kräften zu<br />
unterstützen.<br />
■ Unser Autor Johannes Buchter<br />
ist Bürgermeister von Gäufelden.<br />
1949 Der „<strong>Gäubote</strong>“ wird Mitglied in der ZentralredaktionSüddeutscher<br />
Heimatzeitungen (ZSH) in Zuffenhausen,<br />
einer Genossenschaft, diefür 38 Heimatzeitungen überregionaleNachrichten<br />
aufarbeitet undandie beteiligten Verlage übermittelt.<br />
HellmutM.Weidhaas übernimmt die lokale Redaktion des „<strong>Gäubote</strong>“ und meistert<br />
zusammen mit demVerleger-Ehepaar Helene und Karl Merz die harte Aufbauarbeit der<br />
Nachkriegszeit. Bis 1988 verantwortet „hmw“den Lokalteil des „<strong>Gäubote</strong>“.<br />
1954 Der Theodor Körner<br />
Verlag erwirbt die erste –<br />
gebrauchte –Rotationsdruckmaschine.Ineinem<br />
Druckgang<br />
können ab jetzt acht Seiten<br />
hergestellt werden.<br />
1958<br />
Das<br />
Unternehmen<br />
wird zur<br />
Kommanditgesellschaft.<br />
1962 DieAuflage des<br />
„<strong>Gäubote</strong>“erreicht 4900 Exemplare.<br />
In der technischenProduktion<br />
der Zeitung wirdder<br />
„Maschinen-Bleisatz“ eingeführt.<br />
Der seit Beginn gepflegte<br />
Handsatz ist damit Geschichte.
Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite88<br />
Auto und Mensch –<br />
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2009 /2010/2011<br />
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Sie zu einem Spaziergang durch<br />
Bondorfein und bitte um Verständnis,<br />
dass ein gewisserStolz auf die Gemeinde<br />
und die vielen Angebote nicht<br />
verborgenwerden kann. Doch diesen<br />
Stolz sagt man uns Bondorfern ja gelegentlich<br />
nach, und das ist fürein<br />
Gemeinwesennicht dasSchlechteste.<br />
VONBERND DÜRR<br />
Lassen Sie uns am Bondorfer Bahnhof<br />
mitdem Spazierweg beginnen. Diebereits<br />
seit 1879 bestehende Gäubahn<br />
istheute sehr wichtig für dieGemeinde.<br />
Wenn ich Menschen frage, die<br />
nach Bondorf ziehen, dann ist es oft<br />
die Verkehrsgunst mit Bahnhof und direktem<br />
Anschluss an die A81, die mit<br />
ein Grund zur Auswahl des Wohnortes<br />
ist.<br />
Nur einen Steinwurf entfernt vom<br />
Bahnhofliegt das große Gartencenter.<br />
Ein Beispiel für die vielfältigen und guten<br />
Einkaufsmöglichkeiteninunserer<br />
Gemeinde, dieweit über den täglichen<br />
Bedarf hinausgehen. BeiUmfragen<br />
wird dasEinkaufsangebot in Bondorfstets<br />
als wichtigster Standortfaktor<br />
fürdie Gemeinde benannt.<br />
Weiter geht der Spaziergang über<br />
Lebensmittelladen und Apotheke in<br />
dieOrtsmitte zum Rathaus. Der Blick<br />
schweift über eineninden vergangenen<br />
Jahrzehnten mit insgesamt vier<br />
Ortskernsanierungenumgestalteten<br />
Ortskern. Einkaufen, Wohnen und Arbeiten<br />
–ein Konzept, das in der Ortsmittegelungen<br />
ist. Mutig wurde an<br />
verschiedenenStellen neu gebaut und<br />
saniert –immer wieder investiert, um<br />
den stetenWandel zu gestalten.<br />
Oft höre ich von Gästen oderBekannten,<br />
dass Sieuns um unseren<br />
Ortskern beneiden.Hier gilt derbesondereDank<br />
dem Gemeinderat, der<br />
auch trotz mancher Widerstände stets<br />
die Zukunftsfähigkeitder Ortsmitte<br />
bei seinen Entscheidungen berücksichtigt<br />
hat. BesondereWeitsicht hattenauchdie<br />
Planermit dem Standort<br />
fürKindergarten, Schule, Gäuhalle und<br />
Sportgelände innerhalb desOrtes bewiesen.<br />
Dann,nur wenige Schritte<br />
vom Rathaus entfernt,sind wir schon<br />
an einemder vier Bondorfer Kindergärten<br />
mitihren insgesamt neun<br />
Gruppen. DieKinderbetreuung hat in<br />
Bondorf einen besonderen Stellenwert,<br />
weshalbmit denBetreuungsmöglichkeitenvon<br />
Gemeinde, Familienzentrum,<br />
„Bärengruppe“ und<br />
Tageseltern eineinzigartiges Angebot<br />
für dieEltern geschaffen wurde. Bondorf<br />
ist eine derwenigen Gemeinden<br />
im Landkreis, dieden ab August gültigenRechtsanspruch<br />
auf einen Krippenplatz<br />
schon seit Jahren erfüllt.<br />
Der „<strong>Gäubote</strong>“ ist für mich ...<br />
... das Informationsmedium für das Gäu<br />
schlechthinund für mich persönlich<br />
eine unverzichtbare Lektüre zum<br />
Frühstück<br />
Bernd Dürr<br />
Direkt neben demKindergarten<br />
liegtdie Grund- und Werkrealschule.<br />
Modern ausgestattet, mit optimalen<br />
Räumlichkeiten bietet dieSchule sehr<br />
gute Voraussetzungen für dieBondorfer<br />
Schüler. Besonders erfreulich:<br />
Eine immer größer werdende Zahl<br />
Eltern beteiligt sich direkt an der Weiterentwicklung<br />
unserer Schule und<br />
denaußerschulischen Angeboten.<br />
Gäuhalle, Rasenplatz, zwei neue<br />
Beachvolleyballfelder,ein Kunstrasenspielfeld,<br />
frisch saniert der Gummiplatz<br />
–alles direkt neben der Schule<br />
gelegen, laden zumBewegen und<br />
Spielenein.<br />
Tolle Vereine und engagierte Ehrenamtliche<br />
sind es, die gemeinsammit<br />
Einer derLieblingsplätze<br />
in Bondorfvon<br />
Bernd<br />
Dürr: Die Zehntscheuer<br />
in der<br />
Ortsmitte<br />
GB-Foto: Schmidt<br />
den Kirchen das öffentliche, sportliche<br />
und kulturelle Leben unserer Gemeinde<br />
bereichern. Die Angebotspalette ist<br />
groß undreicht bis hin zu außergewöhnlichen<br />
Sportarten wie Golf oder<br />
Polo. Die 27-Loch-Golfanlage Domäne<br />
Niederreutin istherrlich gelegen und<br />
lädtauch Fußgänger zum Verweilen<br />
ein. Eine wunderschöne Restaurant-<br />
Terrasse mit Blick über das Gäu könnte<br />
an einem Sommertagdas Ziel eines<br />
Wochenendspaziergangs sein, ebenso<br />
wie die„Hofschuir“ im Wurmfeld oder<br />
die Gastronomie im<br />
Ort.<br />
Doch heute gehen wir<br />
vomSportgelände weiter,amJugendhaus<br />
vorbei<br />
zumGewerbegebiet<br />
„Zehntscheuer“<br />
und können dort die<br />
Vielfaltdes Bondorfer<br />
Gewerbes sehen.<br />
Zahlreiche Handwerksbetriebe<br />
sind bereits<br />
seit vielen Jahren ansässig, ebenso wie<br />
Ladengeschäfte oder Dienstleister.<br />
Weiter geht’s durchein Neubaugebiet<br />
–Bondorf ist in den90er Jahren<br />
um rund 2000 Einwohner gewachsen<br />
–hinaus über dieÄcker und Felder<br />
zum Gewerbegebiet Römerfeld.Direkt<br />
an derAutobahn gelegen, haben sich<br />
dort vor allem Logistiker angesiedelt,<br />
dieauch einen Großteil derArbeitsplätze<br />
in Bondorfgeschaffen haben.<br />
Dochtrotz desWandels hin zu einem<br />
Wohn- und Arbeitsstandort hat sich<br />
die Gemeindeihre landwirtschaftliche<br />
Herkunft stetsbewahrt. Noch immer<br />
gibtesetliche Vollerwerbslandwirte,<br />
die sich teilweiseihre eigene Nische<br />
gesuchthaben: Spargel, Erdbeeren,<br />
Äpfel, Kartoffeln, Gemüse, Kürbisse<br />
oder Weihnachtsbäume sind neben<br />
derklassischen Landwirtschaft in Bondorf<br />
zu finden.Die vielfältigen Direktvermarkter<br />
schaffenBindung und Vertrauen,<br />
so dass auchdas ausgeprägte<br />
landwirtschaftlicheAngebot gerne<br />
von denKunden genutzt wird.<br />
Zurück im Ort, geht es zu einem Besuchins<br />
Seniorenzentrum „Am Rosengarten“.<br />
EinZuhause für über 90 Menschen,<br />
im Ortszentrum gelegen, innen<br />
mit warmen Farbengestaltet und mit<br />
einem schönen Garten im Außenbereich.<br />
Gerne haben wirdie zumTeil<br />
schon sehr betagten Menschen mitten<br />
in unsererGemeinde und freuen uns,<br />
wenn sienoch am Gemeindeleben<br />
teilhaben können.<br />
ZumAbschluss unseres Spaziergangs<br />
gehen wir dann vorbei an der<br />
schönenRemigiuskirche mit ihrem<br />
spätromanischenKirchturm, derzum<br />
Teil noch aus dem frühen 13. Jahrhundertstammt,<br />
zum Vereins- und KulturzentrumZehntscheuer.Für<br />
mich einer<br />
der wichtigsten Plätze in unserer Gemeinde.<br />
Mitunserer Zehntscheuer<br />
und dem wunderschönen Kornsaal haben<br />
wirmitten im Ortdie unschätzbare<br />
Möglichkeit, schöne Feste zu feiern,<br />
tollekulturelle Veranstaltungen zu erleben<br />
oder Vereinsveranstaltungen in<br />
angenehmerAtmosphäre auszurichten.<br />
Denn letztlichtragen das Miteinander,<br />
die Geselligkeit, Feste und soziale<br />
Kontakte in besonderem Maße<br />
zumWohlfühlen bei.<br />
Ich denke, Sie können verstehen,<br />
weshalbviele Menschen und auch ich<br />
sehrgerne in dieser wunderbaren<br />
Gemeinde leben.<br />
■ UnserAutor Bernd Dürr<br />
istBürgermeister von Bondorf.<br />
1964 Die Zentralredaktion Süddeutscher<br />
Heimatzeitungen als Lieferant der überregionalen<br />
Nachrichten wird aufgelöst. Der„<strong>Gäubote</strong>“ tritt der<br />
Redaktionsgemeinschaft derNeuen Württembergischen<br />
Zeitung(NWZ) in Göppingen bei. Das Angebot über die Lokalberichterstattung<br />
hinaus kann damit ganz erheblich ausgebaut werden: Fünf Mantelseiten gibt es<br />
täglich–Politik, Wirtschaft, Kultur,Sport undLandesnachrichten.<br />
1966 Einneuer Kopf,ein<br />
neues Zeitungsformat: Der<br />
„<strong>Gäubote</strong>“ wechselt zum<br />
1. Aprilvom kleinen „Berliner<br />
Format“ in das größere<br />
„Rheinische Format“, das er bis<br />
heutehat.<br />
1969 In der<br />
Horber Straße 42<br />
in Herrenberg wird<br />
derGrundstein für<br />
das neue Verlagsgebäudegelegt.
Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite90<br />
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Herzlichen Glückwunsch unserem „<strong>Gäubote</strong>“<br />
Die letzte Nummer: Der „<strong>Gäubote</strong>“ wird zum 1. September 1941 eingestellt
Seite 91<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
Mötzingen<br />
„Wir kümmern uns“ –<br />
dasist Programm<br />
H<br />
erzlich willkommen in Mötzingen!<br />
Mötzingenliegt landschaftlich<br />
reizvoll im Oberen Gäu. In kurzer<br />
Entfernung zum herrlichen Nagoldund<br />
Neckartal und nur wenige Kilometer<br />
zumschönen Schwarzwald. Durch<br />
attraktive Verkehrsanbindungen ist<br />
unsere Gemeinde durchdie Ortsumfahrung<br />
L1361 schnell an dieAutobahn<br />
A81angebunden. Über Busanbindungen<br />
wird der Zugang zum<br />
Regionalexpresssowie zurS-Bahn<br />
ermöglicht.<br />
VONMARCEL HAGENLOCHER<br />
Familienfreundlichkeitwird in Mötzingen<br />
großgeschrieben –dies zeigt<br />
auch derjunge Altersdurchschnitt in<br />
unserer Gemeinde. Alle Generationen<br />
können sichbei uns wohlfühlen. Egal<br />
ob Jung oder Alt, jeder istinMötzingen<br />
willkommen.Für dieKleinsten unserer<br />
Gemeinde stehen vielfältige, attraktive<br />
Betreuungsangebote sowohl<br />
innerhalb unsererKindertageseinrichtungen<br />
als auchander Grundschule<br />
zur Verfügung. Je nach Betreuungsmodell<br />
und Wunsch können die Betreuungsangebote<br />
mit oder ohne Mittagessengebucht<br />
werden.<br />
EinreichhaltigesVereinsleben mit<br />
großem bürgerschaftlichem Engagement<br />
prägt dieGemeinde und zeichnet<br />
Mötzingen aus –als eine lebensund<br />
liebenswerte Gemeinde für Jung<br />
und Alt. Auch fürunsere Senioren wird<br />
ein abwechslungsreiches und attraktivesAngebot<br />
an Ausflügen und vielen<br />
weiteren Aktivitäten geboten.<br />
Mötzingenist eine aufstrebende<br />
Gemeinde miteiner aktiven Bürgerschaft.„Wir<br />
kümmern uns …“ ist daher<br />
Motto und Auftrag der Gemeinde zugleich<br />
undwird in vielen Bereichen in<br />
die Tatumgesetzt. In zahlreichen Vereinen,<br />
Projekten, Institutionen und Organisationen<br />
bringen sich unsere Mitbürger<br />
ein und leisten so einen ganz<br />
Der „<strong>Gäubote</strong>“ ist für mich …<br />
... meine allmorgendliche<br />
Informationsquelle,<br />
um zu lesen, wasimGäu geschieht<br />
Marcel Hagenlocher<br />
Marcel Hagenlocher weiß um den Wert des Freizeitgeländes<br />
GB-Foto:Schmidt<br />
wesentlichen Beitrag zum Gemeinwesen.<br />
Ein leuchtendes Beispielhierfür ist<br />
die hervorragende Arbeit in der Gemeindebücherei.<br />
Ein Team ehrenamtlichTätiger<br />
leistet innerhalb unserer<br />
Gemeindebücherei, im Ambiente der<br />
Räumedes Mötzinger Schlosses aus<br />
dem16. Jahrhundert, einen enorm<br />
wichtigen Einsatz gerade fürdie Kinder<br />
und derenFamilien.<br />
Aber auch zahlreiche Angeboteder<br />
Betreuung, Hausaufgabenhilfe,<br />
Deutschkurse für ausländische Mitbürgerinnen,<br />
Babysitterservice, Seniorenangebote<br />
und vieleBereiche mehr füllen<br />
das Gemeindemotto„Wir kümmern<br />
uns…“ hervorragend mit Leben.<br />
Im Baugebiet „Röte“ stehen noch<br />
wenige Wohnbauplätze zurVerfügung.<br />
Im Rahmen derOrtskernsanierung<br />
schafftdie Gemeinde derzeit<br />
Wohnbauflächen im Bestand, in dem<br />
alte Bausubstanzenabgetragen werden<br />
und mitneuem Wohnraum für<br />
junge Familien und Senioren versehen<br />
werden können.<br />
Mötzingenzeichnet sich neben seinem<br />
großartigen bürgerschaftlichen<br />
Engagement durch eine hervorragende<br />
Infrastrukturaus. Eine moderne<br />
Grundschule und moderne Kindertageseinrichtungen,attraktive<br />
Kinderbetreuungsangebote,gute<br />
Einkaufsmöglichkeiten,Gastronomie<br />
und ein vielseitiges<br />
undreges Vereinsleben gehörendazu.<br />
Das Sport- und Freizeitgelände bietet<br />
Spiel- und Sportmöglichkeiten für<br />
Jung und Alt und konnte dank der tatkräftigen<br />
Hilfe zahlreicher Mitbürger<br />
und ortsansässiger Firmen realisiert<br />
werden. Es bietet neben einem Abenteuerspielplatzmit<br />
Grillhütte einen<br />
Bolzplatz, Beachvolleyballfelder, Basketballfläche,<br />
Spielund<br />
Matschbereich für<br />
Kinder,Schachfeld,<br />
Tischtennisplatteund<br />
Bocciabahn.<br />
Die größten Arbeitgeber<br />
am Ortsind die Firmen<br />
Rolf Benz und<br />
Walter Knoll, beide in<br />
derBranche hochwertiger<br />
Möbel angesiedelt.Aber<br />
auchzahlreiche kleine und<br />
mittelständische Handwerks- und<br />
Dienstleistungsbetriebe sind in Mötzingen<br />
beheimatet undbieten<br />
einenguten Mix.<br />
DasMötzinger Gewerbe ist sehr aktivund<br />
konnte bereits durch zahlreiche<br />
Aktivitäten auf sichaufmerksam<br />
machen. Eine ausgeprägte Gewerbeinfrastruktur<br />
mitreichhaltigen Einkaufsmöglichkeitensteht<br />
zur Verfügung. Alle<br />
Dinge des täglichen Bedarfskönnen<br />
so in fußläufiger Entfernung erledigt<br />
werden.Die gut ausgebaute DSL-AnbindunginMötzingenwird<br />
auch<br />
durchdie Mötzinger Gewerbetreibenden<br />
und Dienstleistergerne genutzt.<br />
Unter großer Beteiligung und Mitwirkung<br />
der Bürgerschaft wurde ein<br />
„Masterplan Mötzingen“ im Sinne eines<br />
Zukunftsbildes der Gemeinde erstellt.Dieser<br />
enthält sechs Handlungsfelder,die<br />
mit kurz-, mittel- und langfristigen<br />
Zielenversehen wurden. Zu<br />
deren Umsetzung haben dieBeteiligten<br />
zahlreiche Ideen erarbeitet. Aus<br />
dem Masterplan abgeleitete Maßnahmen<br />
werden sukzessive durchGemeinderat,<br />
Verwaltung und Bürgerschaft<br />
umgesetzt.<br />
Im Jahr 2013 wird die Stelle eines<br />
Gemeindejugendreferenten geschaffen<br />
und damit eine wichtige Maßnahme<br />
Realität. Kinder und Jugendliche<br />
sind unsere Zukunft –deshalb ist uns<br />
ein gut ausgebautes Bildungs- und Betreuungsangebotvon<br />
besonderer Bedeutung.<br />
Dieses kontinuierlich weiter<br />
zu verbessern, ist unser Ziel –auch<br />
durch dasneue Gemeindejugendreferat.<br />
Der Masterplan dient als zukunftsweisendesInstrument<br />
zurweiteren<br />
Entwicklung der Gemeinde. Alle Mitbürgerinnen<br />
und Mitbürger sind herzlich<br />
eingeladen, sich an dieser Entwicklung<br />
zu beteiligen. Ich lade auch<br />
Sie herzlich ein,unsere Gemeinde und<br />
unser Gemeindeleben selbst kennenzulernen<br />
–nutzen Sie die Angebote in<br />
Mötzingen. Unsere Gewerbetreibenden,<br />
Dienstleister, Vereine und Institutionen<br />
freuensich auf Ihr Kommen.<br />
■ Unser Autor Marcel Hagenlocher<br />
istBürgermeister von Mötzingen.<br />
1970 Stabwechsel<br />
in der Verlagsleitung:<br />
Rainer Schöllkopf,verheiratetmit<br />
Heidi Merz, der Tochter<br />
vonHelene und Karl Merz, übernimmt die<br />
Geschäftsführung desTheodor Körner Verlags,die<br />
Rainer Schöllkopf bis heute innehat.<br />
1971 Die<br />
Belegschaft trauert<br />
um KarlMerz.<br />
Der Verleger und<br />
Herausgeber des<br />
„<strong>Gäubote</strong>“ stirbt<br />
am 26.Februar.<br />
1972 Der Verlagsneubau in der Horber Straße<br />
42 in Herrenberg wird im Februar bezogen. Gleichzeitig<br />
gehteine neue Rotationsdruckmaschine in<br />
Betrieb. Im Hochdruck-Verfahren können in einem<br />
Produktionsschritt nun 32 Seiten hergestellt<br />
werden. Erste Schmuckfarben sind möglich.
Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite92<br />
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Seite 93<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
Natur pur und ein<br />
bisschen Romantik:<br />
Peter Maisch<br />
(links) und Werner<br />
Feil vomAngelsportverein<br />
bei der<br />
Ammerquelle in<br />
Herrenberg<br />
GB-Foto:Holom<br />
Die Ammer<br />
Naturidyll und<br />
Sorgenkind in einem<br />
K<br />
lares Wasser,ein leichter Wellenschlag.<br />
Der Wind bringt dieBlätter<br />
derBaumgruppe zum Rascheln.<br />
Unten, an einem dicken Ast, schwingt<br />
eine rote Schaukel sacht hin und her.<br />
DieseIdylle lässt sich in der Herrenberger<br />
Leiblesgrube erleben. Hier tritt<br />
das Wasser zutage, dasnach 22,5 Kilometern<br />
bei Lustnauinden Neckar<br />
fließt.Hier liegen diefünf Quelltöpfe<br />
derAmmer.<br />
VONSABINEHAARER<br />
DerName Ammer,erstammt aus<br />
dem Keltischen. „Amra“ bedeutet<br />
Feuchte, Wasser,Dampf,Dunst. Unweigerlich<br />
verbindet man damit etwas<br />
Erfrischendes, Natürliches. Der Name<br />
unddas heutige Bild derAmmer als<br />
landschaftlich reizvolles Tal, als natürlicheRuhezone<br />
für Vögel, Fische, Reptilien,Amphibien<br />
–und natürlich die<br />
Menschen –das passt. Doch es ist<br />
noch garnicht so lange her,daumwehte<br />
dieAmmer ein zwar natürlicher,aber<br />
keineswegs erfrischender<br />
„Dampf“und „Dunst“. „Die Ammer<br />
war klinisch tot“,erinnert sich Werner<br />
Feil.„Es gab dort nicht einmal mehr<br />
die weißen Würmer,die man sonst in<br />
der Kloake findet.“ Das war Anfang der<br />
1970er Jahre. Als derLandkreis Böblingen<br />
im Jahr 1974 bei einer Wasserschaudie<br />
Ammer untersuchte, wurde<br />
sieindie GewässergüteklasseIVeingestuft.<br />
Klasse IV steht für„übermäßig<br />
verschmutzt“.„Die Ammer warzudieser<br />
Zeit ein sowohl biologisch wie<br />
auchchemisch restlos totes, total verschlammtes<br />
Gewässer“, so steht es in<br />
der Chronik des HerrenbergerAngelsportvereins.<br />
DerGrund dafür: Die Ammer war<br />
damals der„reine Vorfluter,das heißt<br />
der Auslaufeiner Kläranlage, deren<br />
Klärungmehr als nur mangelhaft funktionierte“.<br />
Im Jahr 1976 wurde die<br />
Kläranlage abgeschaltet.ImJuli des<br />
gleichen Jahres wurde der Angelsportverein<br />
gegründet und zugleich Pächter<br />
der Ammer. Mitdem Land Baden-<br />
Württemberg schloss man einen entsprechenden<br />
Vertrag und zugleich mit<br />
der Stadt Herrenberg. Denn bis Gültstein<br />
besitzt dasLand die Fischrechte<br />
fürdie Ammer,von Gültstein bis zur<br />
Tübinger Kreisgrenze beiAltingen sind<br />
sieinstädtischem Besitz.<br />
„Meter für Meterhaben wir den Boden<br />
mitStangen aufgewühlt“, erinnert<br />
sich Werner Feil zurück. Bei derVereinsgründung<br />
wurdeder Haslacher<br />
zumersten Vorsitzenden desAngelsportvereins<br />
gewählt.Teilweisewirbelte<br />
manden „Dreck“ mehrfachauf.„Die<br />
in Tübingen unten waren nicht gerade<br />
erfreut“, schmunzelt er.Doch die<br />
Fleißarbeithat sich gelohnt, bereits<br />
nach einem Jahr konnten die ersten<br />
Forellen eingesetztwerden. Damit<br />
Die Ammer war klinisch tot.<br />
Es gab dort nicht einmal mehr die<br />
weißen Würmer,die man sonst in<br />
der Kloakefindet<br />
Werner Feil<br />
knüpfte man wenigstens zu einem<br />
kleinenTeilandie Artenvielfalt der<br />
Vergangenheit an. „Inden 1940er Jahren<br />
waren sogar Süßwassermuscheln<br />
in derAmmer“, weiß Peter Maisch,<br />
Vorsitzender derHerrenberger Angler.<br />
Heute gibtesinder Ammer„Kleinfischartenwie<br />
in jedem natürlichen<br />
Gewässer“.Die Bachforelle gilt als Leitfisch,<br />
doch auch Stichlinge und Elritzen<br />
sind hier zu finden. Allerdings ist<br />
dieAmmer trotzdem alles andere als<br />
„ein Angelfluss“, sondern aufgrund der<br />
Belastung mitpolychlorierten Biphenylen<br />
(PBC) seit Jahren das „Sorgenkind“des<br />
Vereins. Wo und wie das<br />
Umweltgift in dieAmmer gelangte, ist<br />
bisheute nicht geklärt. Klar ist nur,<br />
dassman auf übermäßigen Fischgenuss<br />
aus der Ammer wahrscheinlich<br />
auf Dauer verzichten muss.<br />
Trotz dieses Mankos schwärmen die<br />
beiden Ammer-Kenner vom„hervorragenden<br />
und tollen Wasser“ derAmmer.Dieses<br />
stammt aus fünf Quelltöpfen,die<br />
sichinder Leiblesgrube befinden.<br />
Hier,amHerrenberger Becken,<br />
läuft das Wasser aus demgesamten<br />
Oberen Gäu, teilweise sogar aus dem<br />
Randgebietdes Schwarzwaldes<br />
zusammen und<br />
tritt an die Oberfläche.<br />
Nach rund 260Metern<br />
kommtder Aischbach<br />
vonlinks dazu, „unterwegs<br />
gibt es vielegroße<br />
Quellen“,wissen Werner<br />
Feil und Peter Maisch. Sie<br />
sorgen dafür,dass das<br />
Wasser konstant und mit<br />
einem gewissen Druck in<br />
Richtung Tübingen fließt. Da die Ammer<br />
in ihremVerlauf zudem einGefälle<br />
von fast hundert Metern hat, fanden<br />
sichnoch in den 1930er Jahren etwa<br />
ein Dutzend Mühlen auf derStrecke<br />
von Gültsteinbis nach Tübingen. Heute<br />
tragen nurnoch dieMühleninGültsteinund<br />
Reusten dazu bei, dass das<br />
Ammertal seinem Namen als „Tal der<br />
Mühlen“noch gerecht wird. ■
Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite94<br />
Maßgeschneidert: Der „Mantel“ des „<strong>Gäubote</strong>“ kommt vonden „Stuttgarter Nachrichten“<br />
Ein starker Partner<br />
an sieben Tagen<br />
175<br />
Jahre „<strong>Gäubote</strong>“. Das ist<br />
auchfür die Redaktion der<br />
„Stuttgarter Nachrichten“ einGrund<br />
zumFeiern. Schließlich ragt dieses Jubiläum<br />
selbst aus der so vielfältigen<br />
und traditionsreichen Presselandschaft<br />
Baden-Württembergs weit heraus.Außerdem<br />
haben die „Stuttgarter<br />
Nachrichten“ einengewissen Anteil an<br />
der langen Erfolgsgeschichte desHerrenberger<br />
Medienhauses. Es ist nicht<br />
zuletztdas enge Zusammenspiel beider<br />
Zeitungen, dasihre Zukunftsfähigkeitgarantiert.<br />
VONDR. CHRISTOPH REISINGER<br />
Seit 1974 stellen die „Stuttgarter<br />
Nachrichten“ (StN) ausihrem publizistischen<br />
Angebot, aus Text- und Bildmaterial,den<br />
überregionalen Teil des<br />
„<strong>Gäubote</strong>“ zusammen, densogenannten<br />
Zeitungsmantel.Damals löste sich<br />
die Vollredaktion derNWZ Göppingen<br />
auf, der„<strong>Gäubote</strong>“ fand in den „Stuttgarter<br />
Nachrichten“ einen neuen Mantellieferanten.<br />
Das Erfolgsrezept dieser Zusammenarbeit<br />
sieht so aus: Exklusive Nachrichten<br />
regional und überregional, Reportagen,<br />
Analysen,Kommentare –die<br />
Redaktion der„Stuttgarter Nachrichten“<br />
erarbeitet die ganze Fülle der<br />
Themen undjournalistischen Darstellungsformen<br />
nicht nur für daseigene<br />
Blatt. Auf denüberregionalen Seiten<br />
Hier entsteht der<br />
überregionaleTeil<br />
des „<strong>Gäubote</strong>“ –<br />
im Newsroom der<br />
„Stuttgarter<br />
Nachrichten“<br />
GB-Fotos:StN<br />
Dr.Christoph<br />
Reisinger<br />
vieler weiterer Zeitungen<br />
in Baden-Württemberg<br />
und weit darüberhinaus<br />
findet sich dasProdukt der<br />
Redaktion in verdichteter<br />
Form.<br />
So verfügtder „<strong>Gäubote</strong>“<br />
über einen überregionalen Teil<br />
voller Artikel, Fotos und Grafiken,<br />
die andere Medien nicht<br />
bieten. Dieser Mantel ist maßgeschneidert,<br />
konsequentaus der<br />
Region für dieRegion entwickelt. Auf<br />
diese Weise schließt er nahtlos an das<br />
unverwechselbareProfil an, das sich<br />
die Redaktion des „<strong>Gäubote</strong>“ durch ihren<br />
hochwertigen, komplett selbst erstellten<br />
Lokalteil erarbeitet.<br />
Für diemit den„StuttgarterNachrichten“<br />
besonders<br />
eng verbundenen<br />
Mantelpartner–wie<br />
eben den „<strong>Gäubote</strong>“–wäre<br />
es<br />
zu aufwendig,<br />
miteiner Vollredaktion<br />
die Berichterstattung<br />
überdie überregionalen<br />
Ereignisse<br />
aus Politik,<br />
Wirtschaft, Sport<br />
und Kultur auf<br />
Top-Niveau zu gewährleisten. Genau<br />
diese Berichterstattung übernimmt<br />
die StN-Redaktion. So bietet der „<strong>Gäubote</strong>“<br />
einGesamtprodukt vonanerkannt<br />
hoher<br />
Qualität.Die „Stuttgarter Nachrichten“<br />
erzielen durchden Verbund mit<br />
ihren Mantelkunden eineGesamtauflage<br />
vongut 480 000 Zeitungen. Mit<br />
täglich fast 1,5 Millionen Leserinnen<br />
und Lesern in Baden-Württemberg,<br />
Bayern und Thüringen gehörensie zu<br />
den größten publizistischen Einheiten<br />
Deutschlands.Insgesamt 14 Zeitungstitel<br />
aus der unmittelbarenund mittelbaren<br />
Umgebung von Stuttgart werden<br />
miteinem vollständigen Mantel<br />
versorgt.<br />
Die Leser können sich auf sorgfältig<br />
recherchierteund bearbeitete Texte,<br />
Bilder und Grafiken verlassen. Herausragende,<br />
vielfach preisgewürdigte Autoren,<br />
solide und sehr schnell arbeitende<br />
Redakteure, Grafiker,Techniker<br />
und Korrektoren sowie eingroßes Korrespondentennetz<br />
und Nachrichtenagenturen<br />
bilden dafür die Grundlagen.<br />
Wenn die meisten Redakteure der<br />
„Stuttgarter Nachrichten“ schon langsam<br />
ans Nachhausegehen denken und<br />
ihre Zeitung bereits<br />
in derersten Ausgabe gedruckt<br />
wird, fängt im Ressort Partnerzeitungen<br />
die heiße Phase erstsorichtig an:<br />
Dort nehmen dieRedakteure noch am<br />
Abend die „Stuttgarter Nachrichten“<br />
komplett auseinander und produzieren<br />
darausstriktanden Bedürfnissen<br />
der Kunden orientierte Produkte. Die<br />
täglich bei den „Stuttgarter Nachrichten“<br />
erscheinenden30bis 40 Seiten<br />
werden gesichtet, neugeordnet, teils<br />
anders gestaltet und dann gewaltig<br />
eingedampft. Diezwölf bis18Seiten<br />
des so entstehenden Mantels umfassen<br />
wiederum die wichtigsten Inhalte<br />
–wenn auch in komprimierter Form.<br />
Oft haben Leser und Redaktionen<br />
außerhalb vonStuttgart einen anderen<br />
Blickwinkel auf die Themen. Er<br />
wird beider Auswahl desStoffes genausoberücksichtigt<br />
wie die Pflicht<br />
der Partnerzeitungen,wichtige Ereignisse<br />
ihres Verbreitungsgebietes selbst<br />
groß aufzubereiten. Oft führtdas dazu,<br />
dass in Stuttgart drei bis vier Versioneneiner<br />
Zeitungsseite erarbeitet<br />
werden. Mit einer zweiten oder auch<br />
dritten Lieferung bisspät in die Nacht<br />
hinein stellen die„Stuttgarter Nachrichten“<br />
sicher,dass dieMantelseiten<br />
der Partner stets auf aktuellem Stand<br />
sind.<br />
Eine besondereStärke derPartnerschaft<br />
zwischen dem „<strong>Gäubote</strong>“ und<br />
den „Stuttgarter Nachrichten“ liegt im<br />
permanenten Ideenaustausch zwischen<br />
beiden Redaktionen. Diese Stärke<br />
macht der„<strong>Gäubote</strong>“ für seine Leser<br />
dieganze Woche nutzbar: Auch<br />
„Sonntag Aktuell“, die siebte Ausgabe,<br />
wird von derRedaktion der „Stuttgarter<br />
Nachrichten“ produziert. Mit einer<br />
Gesamtauflage vonrund 640 000Exemplaren<br />
gehört „Sonntag Aktuell“ zu<br />
den größten Zeitungen in Deutschland.<br />
■ Dr.Christoph Reisinger ist Chefredakteur<br />
der „Stuttgarter Nachrichten“<br />
und in dieser Funktion auchverantwortlich<br />
für die überregionalenSeiten<br />
des „<strong>Gäubote</strong>“ –die siebte Ausgabe<br />
„Sonntag Aktuell“ eingeschlossen.
Seite 95<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
Deckenpfronn<br />
Ein kleines Dorf<br />
mit Herz<br />
D<br />
eckenpfronn, der knapp 3200<br />
Einwohner zählende Ort, liegt<br />
verkehrsgünstig und doch inmitten einer<br />
noch freien Landschaft auf einer<br />
Meereshöhe von 572Metern, gemessenamRathaus.<br />
DieAutobahn ist nur<br />
wenige Kilometer entfernt, eine ortsdurchfahrtsfreieStraße<br />
verbindet mit<br />
der „großen weiten Welt“, und doch<br />
isteine ganz eigene Handschrift in dieservon<br />
Wäldern umgebenen „Grenzgemeinde“<br />
bewahrt worden.<br />
VONDANIEL GÖTT<br />
Der „<strong>Gäubote</strong>“ ist für mich ...<br />
Deckenpfronn gehört zumOberen<br />
Gäu –der offene Blickhinunter zur nahen<br />
Stadt Herrenberg und auf die Berge<br />
der Schwäbischen Albmachen dies<br />
deutlich. Am Westrand des Ortes beginnt<br />
der zusammenhängendenördlicheSchwarzwald.<br />
Diefruchtbaren Lössböden gehen<br />
über in dieHecken- und Heidelandschaft.Geologisch<br />
isthier dieGrenze<br />
zwischen Muschelkalk und dem Buntsandstein,Wasserläufenehmen<br />
in Deckenpfronnverschiedene<br />
Richtungen,<br />
und auch Grenzen des Sprachdialektes<br />
sind hier zu spüren.<br />
Dashat auch schon immer zu politischen<br />
Grenzen geführt –früher waren<br />
es dieLänder Württemberg-Baden<br />
und Württemberg-Hohenzollern,heute<br />
sind es die Grenzen derRegierungsbezirkeStuttgart<br />
und Karlsruhe und<br />
die Kreisgrenzezwischen Böblingen<br />
undCalw.<br />
Wo Grenzen sind, ist die eigene<br />
Kraftgefragt. Deckenpfronn ist darum<br />
selbstständiggeblieben und behauptet<br />
sich als kleinste<br />
der26Gemeinden<br />
desLandkreises<br />
Böblingen. Der<br />
Aufbruch in eine<br />
zukunftsweisende<br />
Bewahrungdes selbstständigen Ortes<br />
verstärkt sich, Deckenpfronn istgesuchterWohnort<br />
fürden Ballungsraum<br />
Böblingen/Sindelfingen, seit<br />
1980 gibt es an derB296 ein zusammenhängendes<br />
Gewerbegebietmit<br />
heuterund 40 mittelständischen Betrieben.<br />
Der Ortskern hat in einer über<br />
zehnjährigen Sanierung eine neue<br />
Struktur fürDienstleistung und Wohnen<br />
erhalten. Dochdabei ist die historische<br />
Bindung nichtverloren gegangen.<br />
DieZehntscheuer als Teil desvom<br />
Kriegsbombardement 1945 verschonten<br />
Ensembles ist seit 1987 einBürgerhaus<br />
miteiner anspruchsvollen Kulturreihe.<br />
Dort ist auch dassehr beachtete<br />
Dorfmuseum eingerichtet.Schräg gegenüberwurde<br />
in derehemaligen<br />
Pfarrscheuer im Jahr 2009 ein Museum<br />
mit dem Titel „Heiß-Kalt“ eröffnet,<br />
das in den Sommermonaten ebenfalls<br />
viele Interessierte anlockt.<br />
In einemsechs Hektar großen<br />
Sportzentrum ist seit1980 eine Gemeindehalle<br />
mit600 Sitzplätzen der<br />
Mittelpunkt, um densich drei Fußballplätze,<br />
vier Tennisplätze, derFestplatz<br />
und dasneue Narrenheim gruppieren.<br />
Die über 20 Vereine desOrtes prägen<br />
zusammen mit den Kirchen und<br />
der Gemeinde das gesellschaftliche Leben<br />
im Ort, der fürseinen bürgerschaftlichen<br />
Zusammenhalt bekannt<br />
ist.<br />
Unsere Kinder finden in derzweizügigen<br />
Gottlob-Ernst-Grundschule einen<br />
hervorragenden Start ins Leben,<br />
zuvor werden sie in zwei Kindergärten,<br />
und ab September 2013 in derzurzeit<br />
im Bau befindlichen Kinderkrippesowie<br />
in einer Kinderspielgruppe, der<br />
... ein unersetzliches Informationsmedium. Denn nirgends<br />
sonst finde ich so viele Berichtezulokalen Geschehnissen<br />
rund um Herrenberg<br />
Ein beschaulicher Ort: Deckenpfronns Bürgermeister Daniel Gött aufdem Kirchturm GB-Foto:Schmidt<br />
Daniel Gött<br />
„Regenbogengruppe“, für den „Ernst<br />
des Lebens“ vorbereitet. Auch einen<br />
Waldorfkindergarten gibt es seit kurzem<br />
im Tennental.<br />
DieSenioren haben im Seniorenzentrum„Am<br />
Steinhaus“ ihre eigene<br />
Heimat –23Seniorenwohnungen, eine<br />
Seniorentagesstätte und Begegnungsangebotestehen<br />
in großer Vielfalt<br />
bereit. Besonders wichtig ist auch<br />
das seit 2008 im Betrieb befindliche<br />
Pflegeheim „Nikolaus-Stift“ mit30<br />
Pflegeplätzen direkt in der Ortsmitte,<br />
das mit großem ehrenamtlichem Engagement<br />
aus der Bürgerschaft begleitetwird.<br />
Seit 1991 wird abseits der Ortslage<br />
aufzwei ehemaligen landwirtschaftlichenHofstellen<br />
die Behinderteneinrichtung<br />
„DorfgemeinschaftTennental“nach<br />
anthroposophischem Leitbild<br />
geführt. Über 100betreuungsbedürftige<br />
Menschen aus demganzen<br />
Land lebenund arbeiten dort in Partnerschaftmit<br />
ebenso vielen Betreuern<br />
in einer Gemeinschaft. Viele Impulse<br />
gehen von diesem kleinen Dorf inzwischen<br />
aus und werden in denOrt hineingetragen.<br />
Im Tennental erhalten Sie<br />
viele Produkte für dentäglichen Bedarf<br />
in Demeter-Qualität.<br />
Besuchen Sie unser Dorf und den<br />
von Fachwerkhäusern gesäumten<br />
Marktplatzund genießen Sie dabei die<br />
ganz eigene Atmosphäre. Leider ist im<br />
Februar 2013 das Gasthaus „Hirsch“,<br />
eines derprägenden Gebäude in der<br />
Ortsmitte, bei einemBrand zerstört<br />
worden.Eine der Hauptaufgaben für<br />
die Zukunft wird deshalb sein, durch<br />
eine Neugestaltung diese so entstandene<br />
Lücke wieder zu schließen.<br />
„Kulturell undgastlich“ lautet der<br />
Untertitel unseresGemeindelogos,<br />
underdarf wörtlich genommenwerden.<br />
Kommen Sie gerne nach Deckenpfronn,<br />
wir freuen uns auf Sie!<br />
■ Unser Autor Daniel Gött<br />
istBürgermeister von Deckenpfronn.
Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite96<br />
Interview mit den „<strong>Gäubote</strong>“-Verlegern<br />
„Wir leben mit den<br />
Menschen, Tür an Tür“<br />
Modern, sich seiner Tradition bewusst und doch immer auch<br />
im Wandel. Das Jahr 2013 ist fürden „<strong>Gäubote</strong>“ ein ganz besonderes:Die<br />
Zeitung im Gäu feiert ihren 175. Geburtstag. Im<br />
„<strong>Gäubote</strong>“-Interview schauen die beiden Verleger Rainer und<br />
Elmar Schöllkopf nach vorne.„Eine Zeitung zu machen, bedeutet<br />
immer auch, an der Gestaltung der Zukunft mitzuwirken“,<br />
ist dasCredo im Herrenberger Verlagshaus. Wasalso liegt näher,als<br />
gerade auch junge Menschen mit einem Zeitungsprojekt<br />
in den Mittelpunkt desJubiläumsjahres zu rücken.<br />
VONHARALD MARQUARDT<br />
Der „<strong>Gäubote</strong>“ wurde am 7. Juli 1838<br />
als Intelligenzblattfür das Oberamt<br />
Herrenberg gegründet und feiert in<br />
diesem Jahr sein 175-jähriges Bestehen.Welche<br />
Aufgabe hat eine moderne<br />
Tageszeitung heute?<br />
Rainer Schöllkopf: „Sie informiert zuverlässig,<br />
dasist die Basis für alles.<br />
Aber es genügtschon lange nicht<br />
mehr,nur Nachrichten zu transportieren.<br />
DieTageszeitungerklärt den Hintergrund,<br />
siezeigt unterschiedliche<br />
Standpunkte auf und sie hat einen<br />
Standpunkt. Sie wirkt so aktiv an der<br />
Meinungsbildung mit und erleichtert<br />
die Teilhabe am politischen Prozess,<br />
das beginnt mit derMöglichkeit einen<br />
Leserbriefzuschreiben …“<br />
ElmarSchöllkopf: „… und mehr noch<br />
bringt die Zeitung Menschen zusammen,sie<br />
hat eine Vermittlerrolle zwischen<br />
der Bürgerschaftund denen, die<br />
letztlich entscheiden.Das funktioniert<br />
nur,wenn sich die Zeitung derWünsche<br />
derMenschen annimmt, auch ihrer<br />
Probleme. Gerade eine Lokalzeitungwie<br />
der ’<strong>Gäubote</strong>’ sammelt, ordnet<br />
und bewertet Informationen aus<br />
dem direkten Lebensumfeld seiner Leserschaft.Kein<br />
Medium sonst leistet<br />
das in dieser Weise. Wir leben mit den<br />
Menschen in unseremVerbreitungsgebiet,<br />
Tür an Tür.<br />
Sie betonen die Verankerung im lokalen<br />
Raum und in der Region. Welche<br />
Rolle nimmt der„<strong>Gäubote</strong>“ dabei ein?<br />
Unser Ziel ist, die Tageszeitung<br />
und das Internet-Angebot so zu<br />
verbinden, dass für alle Nutzer ein<br />
echter Mehrwert entsteht<br />
Elmar Schöllkopf<br />
Rainer Schöllkopf: „Eine Zeitung, die<br />
sich wie der „<strong>Gäubote</strong>“ vor allem um<br />
die lokalenEreignisse und Entwicklungen<br />
kümmert, trägt ungeheuer viel<br />
zum Bewusstsein der Menschen für ihre<br />
Stadt oder ihre Gemeinde bei. Sie<br />
beschreibt immerwiederaufsNeue<br />
die gemeinsame Kultur in der ganzen<br />
Vielfalt und bezieht sich dabei auf die<br />
gemeinsamen Wurzeln. Damit werden<br />
auch Identität undIdentifikation gestiftet.<br />
Im Grunde ist dieZeitung ein<br />
Stück Heimat. Vordem Hintergrund<br />
derGlobalisierung und einer extrem<br />
hohen Mobilität in allenLebensbereichen<br />
ist dieser Beitrag gar nicht hoch<br />
genug einzuschätzen.“<br />
Zwei Generationen, eine Zeitung:Die „<strong>Gäubote</strong>“-Verleger Elmar Schöllkopf und<br />
Rainer Schöllkopf (rechts)<br />
GB-Foto:Schmidt<br />
Das Bedürfnis nach lokaler Information<br />
ist unbestritten, dennoch kommt es daraufan,<br />
den Leserinnen und Lesern eine<br />
breite Informationspalette aus allen<br />
Lebensbereichen zu bieten. Ist der<br />
„<strong>Gäubote</strong>“hier gut aufgestellt?<br />
Elmar Schöllkopf: „Garkeine Frage,<br />
das sind wir. Es würde trotz derBedeutungdes<br />
Lokalen aber viel zu kurz greifen,sich<br />
darauf zu<br />
beschränken. Der<br />
’<strong>Gäubote</strong>’steht auf<br />
vielerleiEbenen im<br />
Verbund mitstarken<br />
Partnern.Das gilt zunächst<br />
für dieüberregionalen<br />
Seiten.Mit<br />
den’Stuttgarter<br />
Nachrichten’,die für<br />
uns und andere Tageszeitungen<br />
im Mittleren Neckarraum<br />
diese ’Mantel’-Seiten produzieren,<br />
haben wirseit Jahrzehnten einAngebot<br />
von herausragender Qualität.<br />
Aufein großflächiges Netzwerk könnennatürlich<br />
auch unsere Anzeigenkunden<br />
zurückgreifen, das beginntmit<br />
dem Kleinanzeigenmarkt. Jedes Inserat,<br />
das beiuns aufgegeben wird, kann<br />
aber bei Bedarf im kompletten Anzeigenverbund<br />
Stuttgart oder Teilen davon<br />
erscheinen. Mit„Sonntag Aktuell“<br />
versorgen wir unsere Leserschaft am<br />
Wochenende mit tagesaktuellem,<br />
abervor allem auch unterhaltendem<br />
Stoff.Und für den täglichen Blick ins<br />
Fernsehprogrammlegenwir einmal<br />
pro Woche die „rtv“ bei. Richtig stolz<br />
sind wir auf den ’Kinder-<strong>Gäubote</strong>’, der<br />
seit sechsJahren auf eine schon fast<br />
begeisterte Resonanz stößt –übrigens<br />
nicht nur beiunseren jüngsten Lesern.<br />
Wir waren in Herrenberg bundesweit<br />
der erste Verlag im Verband Deutscher<br />
Lokalzeitungen,der dieses Projekt zu<br />
seiner Sache gemachthat. Mitgroßem<br />
Erfolg, wiewir heute wissen.“<br />
Viele Menschen, insbesondere<br />
Jugendliche, informieren sich<br />
heute über das Internet.<br />
Wie sehen Sie diese Entwicklung?<br />
Elmar Schöllkopf: „Das isteine Herausforderung,aber<br />
ganz sicher auch<br />
eineChance. Zeitungen waren schon<br />
immerdem Wandel unterworfen. Der<br />
’<strong>Gäubote</strong>‘ hat vor 175 Jahren als ‚Intelligenzblatt<br />
für denOberamtsbezirk<br />
Herrenberg’ begonnen. Wenn Sie danebenden<br />
’<strong>Gäubote</strong>’ vonheute legen,<br />
wird deutlich,wie sehr sich die Bedürfnisse<br />
der Leser und die Aufgaben des<br />
Mediumsverändert haben. Der ’<strong>Gäubote</strong>’<br />
ist 1999erstmals mit seiner <br />
1974 Die Vollredaktion der NWZGöppingen löst sich<br />
auf,der „<strong>Gäubote</strong>“ wird Partner der „Stuttgarter Nachrichten“und<br />
Mitglied der „Stuttgarter Anzeigengemeinschaft“.<br />
In diesem Verbundauf der Basis des „Stuttgarter Modells“ bekommen<br />
14 Tageszeitungen in Baden-Württemberg mit den „STN“ einen starken Mantelpartner,<br />
der bisheute alle überregionalen Seiten für den„<strong>Gäubote</strong>“ produziert. Vonnun an wird<br />
der Tageszeitung wöchentlich die Programm-Illustrierte iwz, heute rtv,beigelegt.<br />
1977 Kartenvorverkauf,<br />
Anzeigenannahme,Treuebücher<br />
undder Leserservice rund um die<br />
Zeitung: Der„<strong>Gäubote</strong>“ eröffnet<br />
die Geschäftsstelle im neuen<br />
Einkaufszentrum Bronntor in der<br />
Herrenberger Innenstadt.<br />
1978 In Zusammenarbeit<br />
mit dem „<strong>Gäubote</strong>“ veranstaltet<br />
der Motorsportclub Herrenberg<br />
die ersten Autotage,die seitdem<br />
ununterbrochen im zweijährigen<br />
Rhythmus stattfinden.
Seite 97<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
eigenen Website online gegangen,<br />
inzwischen istwww.gaeubote.de mit<br />
regelmäßig über 120 000Besuchern<br />
im Monat zu einer derbeliebtesten<br />
Seiten in diesem Raum geworden. Wir<br />
bieten im Internet neben tagesaktuellen<br />
Informationen –lokal und überregional<br />
–viele Zusatzangebote, die<br />
nicht allein vonJüngeren genutzt werden.<br />
E-Paper gehört heute einfach dazu,<br />
und mit unserer Website erreichen<br />
wirauch viele Menschen, diesich immer<br />
noch fürdas Geschehen hier<br />
interessieren, obwohl siegar nicht<br />
mehr hier leben. Studium, Beruf,Reisen,<br />
es gibt da vieleGründe –und mit<br />
derWebsite kann sich jeder an jedem<br />
Ortzur jeder Zeit noch ein paar Heimatgefühle<br />
ins Wohnzimmer holen.<br />
Das istdoch toll!“<br />
Sie machen sich also keine Sorgen<br />
darüber,dass junge Menschen einmal<br />
keine Zeitung mehr lesen?<br />
Elmar Schöllkopf: „Sorgenist das falsche<br />
Wort. DerWandel derMedienlandschaft<br />
verlangt,dass wiruns ständigGedanken<br />
machen. Aber zunächst<br />
sinddie Reichweiten der gedruckten<br />
Zeitungen noch immer beeindruckend.<br />
Neuesten Studien zufolge lesen<br />
47 Millionen Menschen in Deutschland<br />
täglich eine gedruckte Tageszeitung.<br />
Danebensteigen die Online-<br />
Reichweiten ständig, rund 40 Prozent<br />
der Deutschen informieren sich mittlerweile<br />
über dieWeb-Angebote der<br />
Zeitungen. Diese Online-Zahlen werden<br />
weiter steigen, gerade auch weil<br />
sichdas Nutzerverhalten verändert,<br />
nicht nur das junger Leute. Der Boom<br />
beiden mobilen Endgeräten zeigt das<br />
jaganz deutlich, das Smartphone und<br />
der Tablet-PC haben längst alle Bevölkerungsschichten<br />
erreicht. Auf diese<br />
Kommunikationsbedürfnisse dieadäquatenAntworten<br />
zu geben,das ist<br />
die tägliche Herausforderung, derwir<br />
uns aber gerne stellen. Undwenn wir<br />
hier erfolgreich arbeiten, werden wir<br />
auch diejunge Generation erreichen.<br />
Im Übrigen sind wirfest überzeugt,<br />
dass sich die Zeitung auch langfristig<br />
weiter behauptet. Siehat einfach große<br />
Vorteile: Sie dient in hohem Maß<br />
derOrientierung, jenseits vonschnellen<br />
Bildern und Info-Häppchen. Weil<br />
sie weniger flüchtig ist, sielädt ein<br />
zum Nachdenken und zur Auseinandersetzung.<br />
Auch wirklich etwas in der<br />
Hand zu halten,ist ein besonderes Gefühl.<br />
Unser Ziel ist, die Tageszeitung<br />
und das Internet-Angebotsozuverbinden,dass<br />
füralle Nutzergruppen<br />
einechter Mehrwert entsteht.“<br />
Viele Pädagogen in denSchulen<br />
beobachten, dass Kinder und<br />
Jugendliche im Umgangmit derSprache<br />
ganz erhebliche Defizite haben.<br />
Welche Konsequenzen hat das fürein<br />
Zeitungshaus?<br />
Elmar Schöllkopf: „Der Medienkonsum<br />
vieler Kinder und Jugendlicher<br />
gibtschon Anlass, die Entwicklungen<br />
in denvergangenen Jahren kritischzu<br />
hinterfragen. Es geht da nichtnur um<br />
dieFrage, ob junge Menschen Zeitung<br />
lesen. Es geht vielmehr darum, ob Kinder<br />
überhaupt noch ausreichend lesen.Sprachbildung,<br />
Lesekompetenz<br />
und Kommunikationsfähigkeit hängen<br />
engmiteinander zusammen, das sind<br />
dochzentrale Schlüsseleigenschaften<br />
fürs ganze Leben. Gerade dieZeitung<br />
kann hier vieles bewirken, dashaben<br />
viele Pädagogen in den Schulen längst<br />
erkannt. Wirsehendas ganz deutlich<br />
auch am „Kinder-<strong>Gäubote</strong>“,der in etlichenGrundschulen<br />
als<br />
Lernmittel genutztwird.<br />
Sogar Kindergärten lassen<br />
sich Exemplare schicken.<br />
Das bedeutet:<br />
Richtigeingesetzt, kann<br />
die Tageszeitung bei der<br />
Bildung von Kindern<br />
und Jugendlichen sehr<br />
viel bewirken.“<br />
Zum 175-jährigen Jubiläum greift<br />
der „<strong>Gäubote</strong>“gerade diesen<br />
Bildungsgedanken auf.<br />
In welcher Weise?<br />
Rainer Schöllkopf: „Geradeweil wir<br />
gegenüberjungen Menschen eine<br />
grundsätzliche Verantwortung sehen<br />
und der Leseförderung eine immense<br />
Bedeutungbeimessen, wollen wir diesen<br />
Aspekt auch mitdem Jubiläum des<br />
‚<strong>Gäubote</strong>’ in den Mittelpunkt rücken.<br />
Wir schenken in diesem Jahr allen<br />
Schulen, diedaran teilnehmen möchten,<br />
ein medienpädagogisch hochkompetent<br />
begleitetes Zeitungsprojekt<br />
mit dem Titel ’Der <strong>Gäubote</strong> macht<br />
Schule’. Rund30Klassen nehmen daran<br />
teil –mit sehr großem Engagement.<br />
Grundschüler,Realschüler,Gymnasiasten,Berufsschüler.Neben<br />
der Leseförderung<br />
kommt es uns beidiesem<br />
Schulprojekt vorallem darauf an, nach<br />
Im Grunde istdie Zeitung ein<br />
Stück Heimat. Damit werden Identität<br />
und Identifikation gestiftet<br />
Rainer Schöllkopf<br />
Das Stammhaus des „<strong>Gäubote</strong>“ in der Horber Straße 42 in Herrenberg<br />
vorne, in dieZukunft zu schauen, und<br />
das zusammen mit jungen Menschen.<br />
Wasdie Schüler und Lehrer beidiesem<br />
Projektgemeinsam erarbeiten, zeigen<br />
wir im gesamtenJubiläumsjahr vor<br />
und berichtendarüber. Woche für<br />
Woche. Die Resonanz nach den ersten<br />
Monatenbestärkt uns darin, dass wir<br />
mitdiesem Projekt richtig liegen.“<br />
Wiewird sichder „<strong>Gäubote</strong>“<br />
in der Zukunft entwickeln?<br />
ElmarSchöllkopf: „Zunächstwerden<br />
sich die Menschen, die den „<strong>Gäubote</strong>“<br />
täglich machen, auch täglich fragen,<br />
ob sie mitihrer Arbeit und dem Angebot<br />
denBedürfnissen und Anforderungender<br />
Leserschaft entsprechen. Ich<br />
glaube, es kommt entscheidend daraufan,<br />
die richtigenInhalte zu bieten<br />
und beide Medien –Print und Online –<br />
nochweit stärker als bisher miteinander<br />
zu vernetzen. Dasgilt fürdie nachrichtlichen<br />
Inhalte, das gilt aber auch<br />
fürdie werblichen Botschaften. Kein<br />
anderesPaket kann unseren Werbekunden<br />
in diesem regionalen Markt eine<br />
so qualifizierte Plattform mitsohoher<br />
Nutzer-Frequenz bieten. Wir wollen<br />
auch in der Zukunft optisch frisch<br />
und lebendig daherkommen, wirbleiben<br />
inhaltlich solide und möchten<br />
dennochauch den Zeitgeisttransportieren.<br />
Ob wirdie Leserinnen und Leser<br />
dann elektronisch oder perAusträger<br />
erreichen,das ist dann zweitrangig.“<br />
Waswünschen Sie sich<br />
für die Zukunft?<br />
Rainer Schöllkopf: „Dasist leicht gesagt:<br />
Wir wünschen uns, dass die Menschen<br />
in dieser Region weiterimEinklangmit<br />
ihrer Tageszeitung stehen,<br />
und hoffen dabei, dass wir alle im ’<strong>Gäubote</strong>’-Verlag<br />
es schaffen, uns dieWertschätzungunserer<br />
Leserinnen und Leser<br />
immer wieder neu zu erarbeiten. So<br />
wie wirdas in den vergangenen Jahrzehnten<br />
gehalten haben.“ ■<br />
1978 Das Bleizeitalter in der technischen Produktion<br />
des „<strong>Gäubote</strong>“ geht zu Ende.Die Manuskripte werden<br />
per Fotosatz erfasst, die Artikel auf Fotopapier belichtet<br />
undzusammen mit denRepros von Anzeigen und Fotos<br />
auf Bögen montiert. Auf der Basis eines Negativfilms der<br />
fertigen Seiten entstehen die Druckplatten.<br />
1979 Erstmals erscheint<br />
Sonntag Aktuell. 19 Zeitungenin<br />
Baden-Württemberg gehören zu<br />
den Mitbegründern der „Siebten<br />
AusgabeIhrer Tageszeitung“ –<br />
darunter auch der „<strong>Gäubote</strong>“.<br />
1982 „Schwarz auf weiß“<br />
stehen die Nachrichten schon<br />
immerinder Zeitung. Zu Weihnachten<br />
1982 druckt der<br />
„<strong>Gäubote</strong>“ zum ersten Mal<br />
ein vierfarbiges Schmuckbild ab.
Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite98<br />
40 Jahre Meisterbetrieb 1978<br />
April<br />
Herrenberg Benzstr. 28Tel. 07032/9288-0<br />
Sechs Generationen -eine Leidenschaft<br />
Bäcker Baier | Bronngasse &Ziegelfeld | Herrenberg<br />
www.baecker-baier.de<br />
Die erste Nummer: Der „<strong>Gäubote</strong>“ erscheint am 11. Juni 1949 erstmals wieder
Seite 99<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
Da schauen auch Erwachsene gerne rein: Die „<strong>Gäubote</strong>“-Kinderzeitung<br />
Die Welt einfach<br />
besser verstehen<br />
F<br />
ür junge Leser hält der„<strong>Gäubote</strong>“<br />
seitdem Jahr 2006 ein maßgeschneidertes<br />
Angebotbereit: dieKinderzeitung,<br />
diebei denMädchen und<br />
Jungen auf große Resonanz stößt.Und<br />
dasvon Anfang an. Dabei warder<br />
„<strong>Gäubote</strong>“ vor sieben Jahren bundesweitdie<br />
erste Tageszeitung, dieauf das<br />
in Zusammenarbeit mit derAgentur<br />
von Jürgen Fastbinder in Hatten-Sandkrug<br />
(Landkreis Oldenburg) produzierte<br />
Journal setzte. Inzwischensind<br />
neunweitere Tageszeitungen auf den<br />
Zug aufgesprungen, dieZentralredaktionbefindet<br />
sich mittlerweile bei der<br />
Medienfabrik in Gütersloh –und die<br />
Druckauflage liegtbei 427 000 Exemplaren<br />
monatlich. Eine Erfolgsgeschichte,fast<br />
wieaus dem Bilderbuch.<br />
Die Kinderzeitung –die durchdie<br />
täglichen„Kindernachrichten“ im<br />
überregionalen Teil des „<strong>Gäubote</strong>“ ergänzt<br />
wird –möchte Mädchen und<br />
Jungen im Alter von sechs biszwölf<br />
Jahren an das Leseneiner Tageszeitung<br />
heranführen. DasMagazin im handlichen<br />
Tabloid-Format, das dem„<strong>Gäubote</strong>“<br />
immeramersten Samstag im<br />
Monat beiliegt, setzt auf ein weitgefächertes<br />
Themen-Spektrum ausden<br />
Bereichen Politik, Wirtschaft, Natur,<br />
Umwelt undSport. Die Themen werdendabei<br />
kindgerecht und spielerisch<br />
aufbereitet. Optische Elemente und<br />
Foto-Geschichtenlockern das Magazin<br />
auf. Dasgefällt nicht nur dem Leser-<br />
Nachwuchs, auch viele Erwachsene<br />
schauen gerne in das monatlich erscheinende<br />
Heft.<br />
Auch das alltägliche Lebensumfeld<br />
nimmteinen wichtigen Platz ein–so<br />
finden dieKinder regelmäßig Beiträge<br />
überschulische Themen, aktuelle<br />
Trends und natürlich den Freizeitbereich.<br />
Durch diese Mischung ist sichergestellt,dass<br />
für jedes Kind unterGarantie<br />
etwas Interessantes dabei ist:<br />
Beispielsweise Artikelüber die Atommüll-Problematik<br />
oder den Klimaschutz,Interviews<br />
mit Formel-1-Star<br />
Sebastian Vettel oder der ehemaligen<br />
„Monrose“-<br />
Sängerin Mandy,<br />
Beiträge über die<br />
Fußball-EM und<br />
Olympia, Tipps für<br />
sommerliche<br />
Spiele im Freibad,<br />
Verkleidungsvarianten<br />
fürHalloween,<br />
Artikel über<br />
das Klettern und<br />
Schwimmen oder<br />
Reportagen über<br />
Haie und Wölfe–<br />
um nur eine kleine<br />
Auswahlan<br />
Themen zu<br />
nennen. Darüber<br />
hinaus gibt’s Tipps<br />
zu Büchern, CDs<br />
undSpielen sowie<br />
Berichte über<br />
Produkte, die bei<br />
den Mädchen und<br />
Kindern derzeit<br />
angesagt sind.<br />
DieKinderzeitung<br />
besteht aus<br />
zwölf bis13<br />
„Mantel“-Seiten<br />
der Agentur,zu<br />
denen neben<br />
bunten Geschichten<br />
auchinformative<br />
Panorama-Doppelseiten in der<br />
Journal-Mitte gehören. Drei bisvier<br />
Seiten mit lokalemStoff gestaltet die<br />
„<strong>Gäubote</strong>“-Redaktion selbst, um den<br />
Kindern unter anderem einen Überblick<br />
über interessante VeranstaltungeninHerrenberg<br />
und Umgebung zu<br />
bieten.<br />
Beliebt sind bei den jungen Lesern<br />
auch besondere„<strong>Gäubote</strong>“-Aktionen,<br />
bei denen sie selbst aktiv und kreativ<br />
werden können. So durften sich Schüler<br />
bereits alsReporter versuchen und<br />
in Begleitung eines „<strong>Gäubote</strong>“-<br />
Redakteurs den Erlebnispark Tripsdrill<br />
besuchen. Vonihrem Ausflug verfassten<br />
dieNachwuchs-Journalisten dann<br />
Fabian Lutz (oben),<br />
Cora Bräuning (Mitte)<br />
und Finn Hoffmann (unten)<br />
lesendie Kinderzeitung nicht nur<br />
immer aufmerksam,<br />
sie haben alle auch schon beim<br />
monatlichenPreisrätsel gewonnen<br />
GB-Fotos: Holom (2),Bäuerle (1)<br />
eigene Beiträge fürdie Kinderzeitung<br />
und lieferten gleichzeitig auchdie Fotos<br />
dazu. Eine tolle Erfahrung für die<br />
Kinder, die „Kinderzeitungs“-<br />
Redaktion und natürlichauch fürdie<br />
jungen Leser!<br />
Darüberhinaus haben Gewinnspiele<br />
in Kooperation mitHerrenberger<br />
Buchhandlungen und Spielwarengeschäften<br />
ebenfalls einen festen Platz.<br />
Die Gewinner desHauptgewinns werden<br />
dann jeweils miteinem Foto in<br />
der Kinderzeitung vorgestellt.<br />
DieKinderzeitung macht die Welt<br />
für Sechs- bisZwölfjährige besser verständlich,<br />
weckt ihre Lust am Lesen<br />
unddas Interesse am Weltgeschehen.<br />
Dass das Konzept derKinderzeitung<br />
ins Schwarze trifft, zeigt die große<br />
Menge an Leserpost,die Monat für<br />
Monat die „<strong>Gäubote</strong>“-Redaktion erreicht.<br />
Liebevoll illustrierte Briefe und<br />
Karten inklusive. Und auch bei den<br />
Grund- und Hauptschulen in Herrenberg<br />
undden umliegenden Gemeinden,<br />
die der„<strong>Gäubote</strong>“ regelmäßig<br />
mit Frei-Exemplaren beliefert, hat die<br />
Kinderzeitung einen hohen Stellenwert.<br />
Denn viele Lehrer nutzen das<br />
Journal gernefür ihrenUnterricht –<br />
ebenweil die Kinderzeitung eine Fülle<br />
an regionalen,nationalen und internationalen<br />
Themen im Gepäck hat. ■<br />
ESTHER ELBERS<br />
1987 Der „<strong>Gäubote</strong>“ initiiert die<br />
erste Wahl der Gäusportler des<br />
Jahres.Auf dem Treppchen stehen die<br />
Marathon-Läuferin Christine Weiß, der<br />
Porsche-Cup-Gewinner Roland Asch und dieBezirksliga-Meistermannschaftdes<br />
VfL Herrenberg. Die „<strong>Gäubote</strong>“-Sportlerwahl mit<br />
prominentenGästen findet seitdem alle zwei Jahre statt.<br />
1987 Große Anerkennung fürdie Rotationsdrucker:<br />
Im weltweitenWettbewerb des Druckplattenherstellers<br />
NAPinLas Vegas wird eine<br />
vierfarbige Schmuckseite im „<strong>Gäubote</strong>“ mit dem<br />
ersten Preis ausgezeichnet.Polymere Kunststoffdruckplatten<br />
lösen die bisher eingesetzten Bleidruckplatten<br />
ab.<br />
1988 Der „<strong>Gäubote</strong>“ wird 150Jahre<br />
alt. Hellmut M. Weidhaas,Chefredakteur<br />
des „<strong>Gäubote</strong>“ seit1949, tritt in den<br />
Ruhestandund wird mitdem Bundesverdienstkreuz<br />
ausgezeichnet.Die Redaktion<br />
leitet seitdemHarald Marquardt.
Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite100<br />
Nufringen<br />
Beliebte Treffpunkte für Jung undAlt<br />
D<br />
ie Gemeinde Nufringen ist in einer<br />
beneidenswerten Situation:<br />
Sie ist schuldenfrei und verfügt über<br />
ausreichende finanzielle Rücklagen.<br />
Dasverschafft Handlungsspielräume.<br />
Doch Nufringens eigentlichen Charme<br />
und Reizmachen die Menschen, die<br />
Lage unddie gute Infrastruktur aus.<br />
VONULRIKE BINNINGER<br />
Nufringen hat eine funktionierende<br />
Infrastruktur mit einer hervorragenden<br />
Anbindung an die S-Bahn sowie<br />
die Autobahn A81. Gut erschlossene<br />
Gewerbeflächen, ein lebendiges Vereinsleben,<br />
eine gute Anbindung an<br />
überregionaleZuglinien oder Straßen<br />
–Nufringen ist eine Gemeinde mit viel<br />
Lebensqualität.<br />
Davon zeugen diemehr als2000<br />
Arbeitsplätze im Ort, davon zeugt aber<br />
auch dieLage der Gemeinde: Südlich<br />
von Nufringen beginnt der Naturpark<br />
Schönbuch, ein einzigartiges Naherholungsgebiet<br />
mit vielen Grillstellen,<br />
Wanderpfaden und Freizeiteinrichtungen.<br />
Nufringens Einwohnerzahl ist in den<br />
vergangenen Jahren stetig,aber moderat<br />
gewachsen und liegt jetzt bei<br />
rund 5400 Einwohnern, Tendenz weitersteigend<br />
–vom demografischen<br />
Wandel ist hier derzeit wenig zu spüren.<br />
Mit demVerkaufdes letzten Grundstücks<br />
im Baugebiet „Rötelesberg lll“<br />
im Jahr 2003 wurde die Aufsiedlung<br />
der Gemeinde zunächst abgeschlossen.<br />
Seitherwird erfolgreich auf die Innenentwicklung<br />
gesetzt. Ein neues<br />
Baugebiet wurde ganz bewusst nicht<br />
geplant, denn es gibt genügendBaulückenimZentrum<br />
der Gemeinde, die<br />
zunächst geschlossen werden sollen,<br />
ganz im Zeichen derinnerörtlichen<br />
Entwicklung. Auchauf diesem Weg<br />
kann die Gemeinde der Nachfrage von<br />
jungen Familien, aber auch derälteren<br />
Bürgerinnen und Bürger nachkommen,die<br />
ganz unterschiedliche Wohnwünschehaben.<br />
Die beiden Gewerbegebiete „Gründen“<br />
und „Buchen“ befindensichineiner<br />
1-a-Lage mit einer hervorragenden<br />
Verkehrsanbindung. Diedort ansässigen<br />
Firmen bilden einen guten Mix aus<br />
Der „<strong>Gäubote</strong>“ ist für mich …<br />
... tägliche Pflichtlektüre<br />
Ulrike Binninger<br />
Handwerk, Dienstleistung und produzierendem<br />
Gewerbe. Nufringen verfügtnoch<br />
überausreichend Gewerbeflächen.<br />
Die zahlreichen Anfragen von<br />
Interessenten und erfolgreiche Neuansiedlungen<br />
in den letzten Jahren zeigen,<br />
dass Nufringen ein attraktiver<br />
Wirtschaftsstandort ist.<br />
Aber auch dievielen Dienstleistungs-<br />
und Einzelhandelsbetriebe in<br />
der Ortsmitte bieten eine große Produktpalette,<br />
verbunden mitQualität<br />
undService.<br />
Das Nufringer Vereinsleben ist sehr<br />
vielfältig. 26 Vereine und Organisationendecken<br />
mit ihren Angeboten viele<br />
unterschiedliche Interessen ab,egal,<br />
ob es sich um Sport,<br />
Kultur oder um das<br />
sozialeEngagement<br />
handelt. Dieses lebendige<br />
Vereinslebenist<br />
ein Zeichen<br />
dafür,dass sich die<br />
NufringerBewohner<br />
mit ihrer Gemeinde identifizieren und<br />
hier wohlfühlen. So ist denn auch der<br />
Veranstaltungskalender Nufringens<br />
prall gefüllt: An Fasching ist die Wiesengrundhalle<br />
bestens besucht, der<br />
Musikvereinlädt im Frühjahr zu seinem<br />
großen Konzert. Die anspruchsvollen<br />
Vernissagen des Kulturkreises, <br />
Nach 175 Jahren Arbeit darf<br />
man auch mal relaxen ...<br />
Die Adresse für Polstermöbel<br />
zum Wohlfühlen auf 5000 m²!<br />
Polstergruppen<br />
Schlafsofas<br />
Ruhesessel<br />
Couchtische<br />
... und das Schwäbische Tagblatt lesen.<br />
Herzlichen Glückwunsch zum Jubiläum!<br />
tagblatt.de<br />
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Montag –Freitag 9.30 –19.00 Uhr, Samstag 9.30 –16.00 Uhr
Seite 101<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
die im Rathaus stattfinden, sind<br />
etabliert,und diemusikalischen Darbietungen<br />
des Handharmonikaclubs<br />
sorgen bei jedem Auftritt für viel Applaus.<br />
DasSommerfest der Gartenfreunde,<br />
dastraditionelle Maibaumstellenund<br />
der Weihnachtsmarkt in<br />
der Ortsmitte sind beliebte Treffpunkte<br />
fürJung und Alt.<br />
Nufringen verfügt über drei moderne<br />
Kindertageseinrichtungen mit<br />
einem sehr umfangreichen Betreuungsangebot.Die<br />
gesetzlichvorgegebeneBetreuungsquote<br />
von 34 Prozent<br />
hat Nufringen im Jahr 2012<br />
bereits vorzeitig und mit über 40 Prozentübererfüllt.<br />
Die Grundschule mit<br />
Schülerbüchereiingroßzügigen<br />
Räumlichkeiten wird durch das umfangreicheKernzeitangebotder<br />
Gemeinde ergänzt.<br />
Direkt neben derSchule liegen die<br />
Wiesengrund- und die Schwabenlandhalle,<br />
zwei Mehrzweckhallen –beide<br />
aufdem neuesten Stand. EinAltenpflegeheim<br />
und seniorenbetreute Wohnungen<br />
in der Ortsmitte sindweitere<br />
wichtige Einrichtungen und fest in der<br />
Gemeinde verankert. Die Volkshochschule<br />
und das Generationenreferat<br />
bieten ein abwechslungsreichesAngebot<br />
für alle Altersgruppenund solche,<br />
die nicht in Vereinen organisiert sind.<br />
Am Rande des Naturparks Schönbuchliegen<br />
dieSportanlagen des Tennisclubs,<br />
der Gäusportschützenund<br />
Unter den Menschen,mittenim<br />
Dorf: Die NufringerBürgermeisterin<br />
Ulrike Binninger<br />
am Marktplatz<br />
GB-Foto: Schmidt<br />
des Sportvereins sowie die Freizeithütte.<br />
Bolz- und Kinderspielplätze im Ort<br />
runden diesesAngebot an besten Trainings-,Spiel-<br />
und Freizeitmöglichkeitenab.<br />
In Sachen Umweltschutz ist Nufringen<br />
vorbildlich. DieGemeinde bezieht<br />
zu 100 Prozent Ökostrom, die neue<br />
Straßenbeleuchtung iststromsparend<br />
und auf öffentlichenDächern wurden<br />
zwei Bürger-Fotovoltaikanlageninstalliert.<br />
Der 2010/2011 neugebaute Kindergarten<br />
Steigstraße erreicht nahezu<br />
Passivhausstandard,das Rathaus wurde<br />
im Jahr 2008 vom Keller bis zum<br />
Dach energetisch gedämmt und soll<br />
nun auch nochklimaneutral werden.<br />
Nufringen ruht sich aber nicht auf<br />
seinen Erfolgen aus, sondern wappnet<br />
sich für dieZukunft. In der „ZukunftsoffensiveNufringen<br />
2025“ (ZON<br />
2025) engagieren sich zahlreiche Bürgerinnen<br />
und Bürger für die Gemeindeentwicklung.<br />
Konkrete Empfehlungen<br />
werden nach und nach umgesetzt.<br />
Dasgrößte Projekt für diekommenden<br />
Jahre wird die Sanierung derOrtsmittemit<br />
der Neugestaltung des<br />
Marktplatzes sein. Und ich bin mir sicher,dass<br />
sich auch dann wieder viele<br />
Bürgerinnen und Bürger mit Ideen<br />
und Vorschlägen einbringen.<br />
Diehohe Lebensqualität trägt entscheidend<br />
dazubei, dass dieBürgerinnen<br />
und Bürger in Nufringen sicher,<br />
gutversorgt und zufrieden leben können.Nufringen<br />
ist eine moderne Gemeinde<br />
mit einem hohen Wohn- und<br />
Freizeitwert.<br />
■ Unsere AutorinUlrike Binninger<br />
ist Bürgermeisterin von Nufringen.<br />
Unser Servicepaket: mindestens 21 Monate TÜV/AU<br />
aktueller Kundendienst vor Auslieferung, 1Jahr Garantie<br />
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Ihr zuverlässiger Partner für geprüfte<br />
und gepflegte Gebrauchtwagen<br />
Das Krankenhaus Herrenberg<br />
gratuliert herzlich!<br />
Der GÄUBOTE – Die Herrenberger Zeitung – leistet seit 175 Jahren<br />
einen wichtigen Beitrag zum öffentlichen und privaten Leben,<br />
seit 117 Jahren Seite an Seite mit dem Herrenberger Krankenhaus.<br />
Wir nehmen uns ein Beispiel an der erfolgreichen Geschichte des<br />
GÄUBOTEN. Auch wir setzen alles daran, die Bürger in Herrenberg<br />
und Umgebung menschlich und kompetent zu versorgen.<br />
Wir gratulieren dem <strong>Gäubote</strong> Herrenberg<br />
zu 175Jahren aktueller Berichterstattung<br />
und wünschen für die Zukunft alles Gute<br />
–geprüft –gepflegt –zuverlässig –<br />
Erster Bericht über das Krankenhaus Herrenberg im <strong>Gäubote</strong>n vom 1. April 1896
Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite102<br />
rtv –die Fernseh-Illustrierte des „<strong>Gäubote</strong>“<br />
Auf allen Kanälen<br />
immer gut im Bild<br />
Ö<br />
ffentlich-rechtlichesTV, Privatfernsehen,<br />
Spartenkanäle oder Digitalfernsehen<br />
–rtv,das TV-Magazin<br />
des „<strong>Gäubote</strong>“, gibt Woche für Woche<br />
einenserviceorientierten und unterhaltsamen<br />
Überblick, was in den kommenden<br />
Tagen so alles über dieMattscheibe<br />
flimmert.Immer freitags liegt<br />
das TV-Magazin dem „<strong>Gäubote</strong>“ bei.<br />
VON MATTHIAS ROTH<br />
Im Herbst 2004 fanden die Leserinnen<br />
und Leser des„<strong>Gäubote</strong>“ zumersten<br />
Maldie Fernsehbeilage rtv in ihrer<br />
Tageszeitung.<br />
Seit über neun<br />
Jahren erhöht<br />
rtvden Nutzwertder<br />
traditionsreichen<br />
Zeitungfür<br />
Herrenberg<br />
und das Gäu.<br />
Matthias Roth<br />
Eine langjährige,vertrauensvollePartner-<br />
schaft,von der beide Seiten profitieren<br />
–vor allem aber die Leserinnen<br />
und Leser.<br />
175. Geburtstag –welches Medium<br />
kannschon einsolches Jubiläum begehen?<br />
rtv gratuliert dem„<strong>Gäubote</strong>“<br />
sehr herzlich zu diesem wunderbaren<br />
Geburtstagund wünscht noch viele,<br />
vieleweitere erfolgreiche Jahre!<br />
rtv kannzwar nicht auf 175 Jahre zurückblicken,<br />
hataber doch 2011 einen<br />
besonderen Geburtstag gefeiert:Wir<br />
wurden 50 Jahre alt. Im<br />
Rahmen einergroßen<br />
Galabegingen wir das<br />
halbe Hundert und verliehen<br />
dabei erstmals<br />
den„wertvoll-Preis“ an<br />
herausragendePersönlichkeiten<br />
desMediums<br />
Fernsehen. Ausgezeichnet<br />
wurden Armin Mueller-<br />
Stahl, Hannes Jaenicke,Anna<br />
MariaMühe, PeterKloeppel.<br />
Der Preis der rtv-Leserinnenund<br />
Leser ging an<br />
Wolfgang Stumph. Der<br />
freute sich ganz besonders<br />
überdie Auszeichnung,<br />
weiler, wie er sagte, jene Preiseam<br />
höchsten schätzt, die keine Jury vergibt,sondern<br />
dieZuschauer, oder,wie<br />
in diesem Fall, dieLeser,die ihnzuihrem<br />
Favoriten gewählt hatten.<br />
Der beliebte Wolfgang Stumph<br />
sprach damit etwas aus, das auch sehr<br />
gutzurtv passt: Im Zentrum all unsererBemühungen<br />
stehen<br />
die Leser.Unser<br />
Anspruch ist es, umfassend<br />
und kompetent<br />
überdas Fernsehprogramm<br />
zu informieren.<br />
Und zu<br />
beweisen, dass man Matthias Roth<br />
keinenahezu telefonbuchdicke<br />
Zeitschriftbraucht, um<br />
gut im Bilde zu sein darüber,was das<br />
TV zu bieten hat. Der Schlüssel dafür,<br />
dass wirdas auch in kompaktem Umfang<br />
schaffen, sind hoch kompetente<br />
undmotivierte Mitarbeiter,die sich<br />
mit Film und Fernsehenallerbestens<br />
auskennen.<br />
Nursokönnenwir<br />
Orientierung<br />
geben.<br />
Wir wissen, wasläuft. Wir sprechenmit<br />
denMachern und den Stars:<br />
Nur der direkte Kontakt gewährleistet<br />
einenauthentischen Eindruck. Wir sehen<br />
die Sendungen vorab, bevor wir<br />
eine Empfehlung aussprechen –oder<br />
Wir sehen die Sendungen vorab,<br />
bevor wir eine Empfehlung aussprechen–<br />
oder auch davon abraten<br />
auch davon abraten. Völlige Unabhängigkeitist<br />
eine Voraussetzung fürseriösen<br />
Journalismus.Auch aus diesen<br />
Gründenpassen der „<strong>Gäubote</strong>“ und<br />
rtvsogut zusammen.<br />
Rezepte und Gesundheitsthemen<br />
ergänzen die Themenpalette derrtv,<br />
die sich ansonsten ganz aufs Fernsehen<br />
konzentriert. Über Politik und Lokalesinformiert<br />
dagegen niemand<br />
besser alsdie Qualitäts-Tageszeitung.<br />
Wir freuen uns darüber, dass das<br />
Konzept derFernsehbeilage rtv ankommt.<br />
200 Tageszeitungen in ganz<br />
Deutschland legen, Wochefür Woche,<br />
rtv als Servicefür ihre Leser bei. Mit einer<br />
Auflage von knapp neun Millionen<br />
Exemplaren und rund elf Millionen Lesern<br />
wöchentlich ist rtvDeutschlands<br />
größtes TV-Magazin. Darauf sind wir<br />
ein bisschen stolz. Undwissen dabei<br />
sehr gut, dass wirdas nie schaffen würden<br />
ohne zwei ganz starke Partner: einerseits<br />
Sie –unsere Leserinnen und<br />
Leser–und andererseits dieTageszeitungen.Qualitäts-Tageszeitungen<br />
wie<br />
der „<strong>Gäubote</strong>“. Danke und alles Gute<br />
für dieZukunft!<br />
■ Unser Autor Matthias Roth<br />
ist Chefredakteur von rtv,der<br />
wöchentlichenFernseh-Illustrierten<br />
des „<strong>Gäubote</strong>“.<br />
175 Jahre am Puls der Zeit –mit aktuellen Informationen<br />
aus aller Welt –wir gratulieren dem „<strong>Gäubote</strong>“ herzlich!<br />
1983
Seite 103<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
Gärtringen<br />
EineGemeinde<br />
in derbesten Lage<br />
I<br />
nGärtringen lässt es sich gut leben!<br />
Dies höre ichimmer wieder,wenn<br />
von derLebensqualität unserer Gemeinde<br />
die Rede ist. Gärtringen hat<br />
mitseinen 12 000 Einwohnern inzwischeneine<br />
Größe erreicht, bei der bereits<br />
sehr vieles am Ort vorhanden ist,<br />
um sich in derGemeinde wohlfühlen<br />
zu können.<br />
VON MICHAEL WEINSTEIN<br />
Der „<strong>Gäubote</strong>“ ist für mich ...<br />
... schlichtwegüberlebensnotwendig!<br />
Als Bürgermeister bin ichauf<br />
breitgefächerte Informationen ausder<br />
ganzen Bandbreite desgesellschaftlichen<br />
Lebens angewiesen, vonder großen<br />
Politik biszum lokalen Vereinsleben.<br />
DieseBandbreite bietet mir der<br />
„<strong>Gäubote</strong>“mit absoluter Zuverlässigkeit.<br />
Unddies schon am frühen Morgen, bevor<br />
ich dasHaus verlasse. Ich möchte den<br />
„<strong>Gäubote</strong>“ nicht missen!<br />
Michael Weinstein<br />
Eine überdurchschnittlicheAusstattungmit<br />
öffentlichen Einrichtungen,<br />
eine optimale Verbindung zur großen<br />
weiten Welt mit eigenem S-Bahn- und<br />
eigenem Autobahn-Anschluss, einreiches<br />
Vereins- und Kulturleben, eine<br />
herausragendeBildungs- und Erziehungslandschaft<br />
mit Kindertageseinrichtungen<br />
und Schulen, die sich sehen<br />
lassen können, und gute EinkaufsmöglichkeitenamOrt<br />
bieten den Bürgerinnen<br />
und Bürgern sowie denBesuchern<br />
der Gemeinde ein breites Angebot.<br />
Außerdem spricht die Lage am Rande<br />
desSchwarzwaldes, am Rande des<br />
Schönbuchs und trotzdem mittendrin<br />
in der Region Stuttgart fürsich. Kurze<br />
Wege zum Arbeitsplatz, zur Naherholung,zuKultur<br />
und Sport sind Prädikate,die<br />
Gärtringen auszeichnen.<br />
Gärtringen warschon immer<br />
ein beliebter Wohnstandort,<br />
die ideale Verkehrsanbindung<br />
und die<br />
zentrale Lage in einem der<br />
wirtschaftsstärksten Landkreise<br />
in Deutschland mit<br />
zahlreichen Weltfirmen mit<br />
entsprechendem Arbeitsplatzangebot<br />
habenhierzu<br />
beigetragen. Hinzu kommt,<br />
dass Gärtringenselbst noch<br />
Entwicklungspotenziale hat,<br />
insbesondere auchimgewerblichen<br />
Bereichmit dem<br />
im Regionalplan ausgewiesenen<br />
Gewerbeschwerpunkt<br />
Riedbrunnen. Zahlreiche<br />
Gewerbebetriebe, vommittelständischen<br />
Handwerksbetrieb<br />
bishin zum großen<br />
Logistikzentrum, bieten<br />
auch hier vorOrt einsteigendes<br />
Arbeitsplatzangebot.<br />
In Gärtringen habe ichgleich zwei<br />
Lieblingsorte, an denen ich mich besonders<br />
wohl fühle, nämlich den historischenMarktplatz<br />
und den Park der<br />
Villa Schwalbenhof. Wenn ich persönlich<br />
in Gärtringen Gäste empfange,<br />
dannmuss ichsie immer auch an diese<br />
beiden Orte führen.<br />
Derhistorische Marktplatz in deraltenGärtringer<br />
Ortsmitte ist einwichtiger<br />
Treffpunkt in meiner Gemeinde.<br />
Frisches und Gesundes vonden örtlichen<br />
Händlern kann manhier jeden<br />
Samstagvormittagauf dem Wochenmarkt<br />
erwerben. Aber auch der jährliche<br />
Weihnachtsmarkt, die Backhaushocketse,die<br />
Zwiebelkuchenhocketse,<br />
das Musikfestdes Musikvereines und<br />
das Bürgerfest sind feste Einrichtungen<br />
auf dem Marktplatz, die füreine<br />
guteKommunikation sorgen und so<br />
das Gemeindelebenbereichern.<br />
Eine Oase derRuhe,mitten im Ort<br />
und nur wenige Schritte von der Ortsdurchfahrt<br />
entfernt,ist der malerische<br />
Kieferpark mit der traumhaftenVilla<br />
Schwalbenhof.Einst dasWohnhaus<br />
des Gärtringer Fabrikanten Erich Kiefer,birgt<br />
dasGebäude inzwischen das<br />
Bürger- und Kulturzentrum derGemeinde.Die<br />
„Kultur in derVilla“ ist<br />
seit 1982 Markenzeichen für kontinuierliche,<br />
unterhaltsameund hochwertige<br />
Kulturarbeit in unserer Gemeinde,<br />
undder Park bietet ein herrliches Ambiente<br />
für zahlreiche Open-Air-Veranstaltungen<br />
wie diejährliche Jazz-Matinee,Sommerkonzerte<br />
des Musikvereins,<br />
das beliebte Lichterfest oder Gottesdienste<br />
im Freien.<br />
Das ländliche Pendant zu Gärtringen<br />
Gärtringen wächst –und beherbergt doch eine Oase der Ruhe:Bürgermeister<br />
MichaelWeinstein im Park der Villa Schwalbenhof<br />
GB-Foto:Schmidt<br />
ist derOrtsteil Rohrau. Der kleine Ort<br />
am Schönbuchrandhat ebenfalls eine<br />
Menge Lebensqualitätzubieten. Er ist<br />
Ausgangspunkt zu schönen<br />
Wanderungen im Schönbuch,<br />
bietet viel Natur und mit der<br />
Sandmühleund der historischen<br />
Schmiede ein Stück Heimatgeschichte,<br />
wieesnirgendwo<br />
anders zu finden ist. Mein<br />
absoluterLieblingsort ist hier<br />
der WegamSchönbuchrand<br />
mit dem wunderschönen Blick<br />
über denOrtsteil und die Landschaft<br />
hinweg.Der Blick<br />
schweift von hierüber das NaturschutzgebietKrebsbachaue,<br />
ein Stück Natur pur mit zahlreichen<br />
extensiv genutzten<br />
Feuchtwiesen. Hier in der Talaue<br />
ist es in einem vorbildlichen<br />
Naturschutzprojekt in<br />
den letzten Monatengelungen,<br />
den in früheren Zeiten beheimatetenKiebitz<br />
wieder anzusiedeln.<br />
Sehr gerne halte ich mich in<br />
Rohrau auch im Bereich des<br />
kleinen, aber feinen Museumsensembles<br />
mit Sandmühle und Schmiede auf.<br />
Beide können während der Sommermonate<br />
besichtigt werden, und am<br />
Pfingstmontag, dem Deutschen Mühlentag,gibt<br />
es eine gemütliche Hocketse<br />
mitLive-Vorführungen und mit<br />
Rahmenprogramm. Hier kann man auf<br />
anschauliche undunnachahmliche<br />
Weise das beschwerliche Leben der<br />
früheren Generationen nachempfinden<br />
und Einblickeerhalten in dasseltene<br />
Handwerk der Sandbauern und<br />
Schmiede des19. und beginnenden<br />
20. Jahrhunderts.<br />
Waszeichnet Gärtringen sonst noch<br />
aus? Stolzbin ich darauf,dass in beiden<br />
Ortsteilen dasehrenamtliche Engagement<br />
in den Vereinen besonders<br />
ausgeprägt ist. VonAwie Aquarienverein<br />
bis Twie Turn- und Sportverein<br />
sind nahezu 60 Vereine und Organisationen<br />
sowie dieKirchengemeinden<br />
vorhanden. Je nach Wunsch können<br />
sportliche, kulturelle, musikalische,gesellschaftliche,<br />
kameradschaftliche, religiöseoder<br />
naturnahe, menschenrettende,<br />
soziale und viele andere AktivitätenimEhrenamt<br />
ausgeübt werden.<br />
Fürjeden, dersicheinbringen möchte,<br />
findet sich bestimmt das Richtige.<br />
■ Unser Autor Michael Weinstein<br />
ist Bürgermeister von Gärtringen.
Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite104<br />
Im Interview: Unternehmer wie Wilfried Ensinger prägen das wirtschaftliche Leben in der Region<br />
„Die Begeisterung,<br />
zu neuenUfern aufzubrechen“<br />
Er hat aus einem Ein-Mann-<br />
Betriebeine global agierende<br />
Firma geformt:Wilfried<br />
Ensinger (77), ehemaliger<br />
Geschäftsführer desgleichnamigen<br />
Nufringer Kunststoffverarbeiters,<br />
hat eine<br />
immense Aufbauarbeit geleistet.<br />
„Eine große Verantwortung<br />
und einbesonderes<br />
Ethos ergeben sich aus<br />
dem Eigentum an Produktionsmitteln“,<br />
sagt Ensinger,<br />
ehemaliger Präsidentder<br />
IHK-Bezirkskammer Böblingen,<br />
im „<strong>Gäubote</strong>“- Gespräch.Erbewertet<br />
auch<br />
die historischeund aktuelle<br />
Lage der Wirtschaft im<br />
Raum Herrenberg.<br />
VONKONRAD BUCK<br />
„<strong>Gäubote</strong>“: Herr Ensinger,Sie haben<br />
sich 1966 als Ein-Mann-Betrieb selbständig<br />
gemacht. Wodurch war damals<br />
die Wirtschaft im Raum Herrenberg geprägt?<br />
Wilfried Ensinger:„Die Region war<br />
landwirtschaftlich und handwerklich<br />
geprägt. Herrenbergund die umliegenden<br />
Gemeinden hattenkeine Industrie.<br />
Wir waren der erste Betrieb,<br />
der in Nufringen industriell angesie-<br />
delt wurde. Danach kameszum Wandel<br />
mitAutomobilindustrie,Maschinenbau<br />
und Informationstechnologie “.<br />
Wie hat sich die Wirtschaft hier gewandelt,<br />
hat die Region einegute Entwicklung<br />
durchlaufen?<br />
„Unverkennbar ja. Es gabzahlreiche<br />
infrastrukturelle Maßnahmen, beispielsweise<br />
1975 die Elektrifizierung<br />
der Gäubahn, 1979 die Fertigstellung<br />
der A81, später kam die S-Bahn, die der<br />
ganzen Region einen großenEntwicklungsschub<br />
gegeben hat. Alle Gemeinden<br />
haben Gewerbeflächen ausgewiesenund<br />
auch Baugebiete, so dass sich<br />
Fachkräfte ausdem Stuttgarter Ballungsraum<br />
ansiedeln konnten. Die<br />
Infrastrukturund die Politik haben<br />
segensreich gewirkt. Großindustrie,<br />
mittelständischeUnternehmen,<br />
Forschung und Lehre sind<br />
eng miteinander vernetzt.“<br />
Wie hat sich die Wirtschaftsförderungausgewirkt?<br />
„Ich habe keine Förderung<br />
empfangenund halte auch<br />
nicht vielvon Subventionen<br />
–sie sind Gift.“<br />
Wassind dieStärken und Schwächen<br />
der Wirtschaft in diesem Raum?<br />
„Die Hochschul- undForschungslandschaftist<br />
in Deutschlandeinzigartig,<br />
hinzu kommt die äußerst hohe<br />
Dichte an Technikern und Ingenieuren.<br />
DiebesondereLeistungsfähigkeit der<br />
Exportregion Stuttgart kann aber auch<br />
als Schwäche interpretiert werden,<br />
denn vom Einbruch derWeltwirtschaft<br />
warendie hieransässigen Unternehmen<br />
besonders betroffen. Zu denStärken<br />
dieses Wirtschaftsraumes gehört<br />
ohne Zweifel die geografische Lage mit<br />
einer guten örtlichen und überregionalen<br />
Anbindung. Ein großer Vorteil ist<br />
auch die Nähe zum Flughafen. Im Vergleich<br />
zu anderen Regionen sehe ich<br />
bei derVerkehrsinfrastruktur aber noch<br />
starken Verbesserungsbedarf.“<br />
Warum kritisieren Sie die VerkehrsinfrastrukturimKreis<br />
Böblingen?<br />
„Sie hängt hinterher und ist nicht<br />
mehr aktuell, wassich nicht nur bei<br />
Just-in-time-Lieferungen nachteilig auswirkt.<br />
Ich will nicht dem unkontrolliertenWachstum<br />
das Wort reden, aber<br />
denEngpass auf der A81imBereich<br />
Böblingen/Sindelfingen sollte man<br />
Wir waren dererste Betrieb,<br />
der in Nufringen industriell<br />
angesiedelt wurde<br />
dringend beseitigen. Wirmüssen alles<br />
tun,damit wir unser jetziges Niveau<br />
halten können. Das Projekt Stuttgart 21<br />
wird sich positivauswirken, weil es Verkehr<br />
vom Auto zur Bahn verschiebt.“<br />
Welche Rahmenbedingungen könnten<br />
oder solltenfür die Unternehmen in<br />
dieser Region verbessert werden?<br />
„Man sollte im südlichen Bereich<br />
Richtung Bodensee mehr Gewerbeflächen<br />
zur Verfügung stellen, denn der<br />
Ballungsraum Stuttgartstößt an seine<br />
Grenzen. Es bereitet mir gewisse Sorgen,<br />
dass es schwieriger geworden ist,<br />
unternehmerischtätig zu sein. Eine Reihe<br />
vonVorschriften, Hindernissen und<br />
Widerständen hatesfrüher nicht gegeben.<br />
Wir hatten damals einen Drei-<br />
Schicht-Betrieb in einemWohngebiet<br />
in Ehningen, da haben sich die Nachbarn<br />
gefreut, wenn Lastwagengekommensind<br />
und das Geschäft gut lief.Die<br />
Nachbarn warendamals offener und<br />
toleranter.“<br />
Haben Sieimmer genügend Fachkräfte<br />
gefunden?<br />
„Gerade am Anfang waresunheimlich<br />
schwer,genügend Mitarbeiter mit<br />
einer kunststoffspezifischen Ausbildung<br />
zu finden. Der Mangel an Fachkräften<br />
war auch einwichtiger Grund dafür, das<br />
erste Zweigwerk nicht in dieser Region<br />
zu gründen, sondern in der Oberpfalz.<br />
Dass wir2009 in der Krise niemanden<br />
entlassen haben, istheute ein erheblicher<br />
Pluspunkt füruns als Arbeitgeber.“<br />
Sie haben vor 28 Jahren ein Werk in<br />
Cham an dertschechischen Grenze gebaut.<br />
Warum gerade dort? Diese Region<br />
ist ganz anders strukturiert als der<br />
hiesige Ballungsraum.<br />
„In den 1970er Jahren haben wir hier<br />
in Nufringenlange aufGenehmigungen<br />
wartenmüssenund sind auf Widerstandgestoßen.<br />
Bevor unsdie Zeit davonlief,<br />
sind wirnach Cham gegangen.<br />
DerKreis war damals ländlich geprägt<br />
undhatte eine Arbeitslosenquotevon<br />
über 35 Prozent. Sehr viele Arbeitnehmer<br />
pendelten ins 180 Kilometer entfernte<br />
München und kamen nur übers<br />
Wochenende nach Hause. Doch dann<br />
haben das Landratsamt und die Stadt<br />
Cham fürdie Ansiedlungvon Industrieunternehmen<br />
Vorbildliches geleistet.<br />
DerLandrat von Cham wollte damals,<br />
dass Baugesuche innerhalbvon 14 Tagen<br />
bearbeitet werden. Die haben alle<br />
an einem Strang gezogen, unabhängig<br />
von ihrer politischen Richtung.“ <br />
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Seite 105<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
Waszeichnet die schwäbische und<br />
deutsche MentalitätimVergleich zu<br />
anderen Ländern aus, was ist eher hinderlich<br />
an ihr?<br />
„Neugier,Bescheidenheit, Beharrlichkeit<br />
und die Eigenschaft, dicke Bretter<br />
zu bohren: Das findet man hier.Diese<br />
Attribute, gepaartmit solider Ausbildung,<br />
sind in dieser Kombination woandersnicht<br />
anzutreffen. Nachteilig<br />
sindmanchmal die fehlende Offenheit<br />
und das Eigenbrötlerische.“<br />
Wilfried Ensinger: „Anlagen<br />
zu bauen, die allesamt<br />
Neuentwicklungen waren –<br />
das waren harte Jahre“<br />
GB-Foto: Holom<br />
Aus kleinen Anfängen ist Ensinger<br />
zu einer Firma geworden,<br />
die weltweit 27 Niederlassungen mit<br />
2100 Mitarbeitern betreibt.<br />
Waswar Ihr Erfolgsrezept?<br />
„Anlagen zu bauen, die allesamt Neuentwicklungenwaren<br />
–das waren harte<br />
Jahre. Wirhaben als kleine Klitsche mit<br />
BASF und anderen großen Firmen zusammengearbeitet.<br />
Dentechnischen<br />
Vorsprung gegenüber dem Wettbewerb<br />
konnten wir stets nutzen, um neu<br />
zu investieren und weiterzuwachsen.<br />
Mir war stets die Begeisterung eigen, zu<br />
neuen Ufernaufzubrechenund neue<br />
Herausforderungenanzunehmen.<br />
Fachliche und sozialeKompetenz sowie<br />
dieFreude im Umgang mit Mitarbeiternwaren<br />
mirimmer wichtig. Die<br />
größte Cruxvieler Unternehmer ist,<br />
dass siegroße Probleme bei der Nachfolgelösung<br />
haben und dass sie nicht<br />
loslassen können.“<br />
Waserwarten Sie von<br />
einem Unternehmer<br />
heute und in der Zukunft?<br />
„Eine große Verantwortung<br />
undein besonderes Ethos ergebensich<br />
ausdem Eigentum<br />
an Produktionsmitteln. Die wesentlichen<br />
Tugenden sind derWille zur<br />
Selbstbehauptung,die Durchsetzungsfähigkeit<br />
auf dem Markt, Fantasie,<br />
Selbstdisziplin, Tapferkeit unddie Freude,<br />
neue Ziele zu erreichen.Beim Gewinnstreben<br />
sollte man nicht nur an<br />
die Gesetze gebunden sein, sondern<br />
auch an die nicht-formalisiertenRegeln<br />
eines fairen Wettbewerbs.“<br />
Sie waren Geschäftsführer einer expansivenFirma<br />
und haben vier Kinder.Wie<br />
konnten Sie Berufund Familie in Einklang<br />
bringen?<br />
Es ist schwieriger geworden,<br />
unternehmerisch tätig zu sein<br />
„Ohne meine Frau, die alles mitgetragenhat,<br />
wäre dasnicht möglich gewesen.<br />
Die Kinderwarenfür uns nie etwas<br />
Belastendes, sondern etwas Bereicherndes.Wir<br />
hatten auch keine singulärenHobbys,<br />
sondern haben jede freie<br />
Minute gemeinsam genutzt. Es war<br />
auch sehr viel Verzicht dabei. Der Drei-<br />
Schicht-Betrieb hat uns auch übers Wochenende<br />
beschäftigt.“<br />
Würden Sie –falls Sie es könnten –<br />
dieselbe berufliche Belastung<br />
nochmals auf sich nehmen?<br />
„Ich habe keine Defizite. Dieganze<br />
Familieliebt die Musik und das Wandern.<br />
Ich habe als Unternehmer viele<br />
Leute kennengelernt, auch international,<br />
daraus sind Freundschaften entstanden.<br />
All das erfüllt mein Leben.“<br />
Welche Erkenntnisse ziehen Sie<br />
aus dertäglichen Zeitungslektüre?<br />
„Ich gewinne Informationen für mein<br />
politisches, wirtschaftliches und<br />
kulturelles Umfeld.Ich lese gerne<br />
kontroverse Beiträge zu interessanten<br />
Themen, dienicht immer zum Mainstream<br />
gehörenmüssen. Auch regional<br />
will ich informiert sein, weil ich auch<br />
einen Beitrag in meiner Gemeinde<br />
leistenmöchte.“ ■<br />
Zur Person<br />
Der 77-jährige Wilfried Ensinger<br />
hat die gleichnamige Nufringer Firma<br />
gegründet. Ausdem früheren<br />
Ein-Mann-Betrieb isteine Firma geworden,<br />
die weltweit 27 Standorte<br />
unterhält.1997 übergab Wilfried<br />
Ensinger die Geschäftsführungan<br />
seinen Sohn Klaus. Derzeit amtiert<br />
der Senior-Chef noch als Vorsitzender<br />
desBeirats in der Firma. Von<br />
1972 bis 1995 wohnte Wilfried Ensinger<br />
in Mönchberg und lernte damals<br />
auch den späteren Bundespräsidenten<br />
Horst Köhler kennen, dem<br />
er weiterhinfreundschaftlich verbunden<br />
ist. Ensinger hat vier Kinder<br />
und neun Enkel und wohnt in Rottenburg.<br />
-buc-<br />
Juni<br />
1976<br />
Herzlichen<br />
Glückwunsch<br />
zum Jubiläum<br />
Steinbildhauerei<br />
Thomas Dittus
Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite106<br />
Herrenberg<br />
Herzlichen Glückwunsch zum 175-jährigen Jubiläum,<br />
alles Gute und viel Erfolg für die Zukunft<br />
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Seite 107<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
Ammerbuch<br />
Der weite Blick vom Pfaffenberg:<br />
FürFriedrich von Ow-Wachendorf<br />
die schönste Aussicht<br />
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Landschaftliche Reize und vielfältige Angebote<br />
Z<br />
wischen demNaturpark Schönbuch<br />
unddem Ammertal liegt in<br />
einerabwechslungsreichen Landschaft,umrahmt<br />
von Wiesen, Feldern<br />
undWaldflächen, die Gemeinde Ammerbuchmit<br />
ihren sechs Gemeindeteilen.<br />
DieGemeinde mit zwischenzeitlich<br />
circa 11 500 Einwohnern wurde<br />
am 1. Dezember 1971 durch den<br />
Zusammenschluss derzuvor selbstständigen<br />
Gemeinden Altingen, Breitenholz,<br />
Entringen, Pfäffingen, Poltringen<br />
und Reustengegründet. Sitz der<br />
Hauptverwaltungist Entringen; in allen<br />
sechs Gemeindeteilen können die<br />
Bürgerinnen und Bürger ihre Anliegen<br />
direkt in den Bürgerbüros erledigen.<br />
FRIEDRICH v. OW-WACHENDORF<br />
JederGemeindeteil kann auf eine<br />
langeGeschichte zurückblicken. Funde<br />
ausder Jungsteinzeit, derHallstattzeit<br />
undumfangreiche Funde aus der<br />
Alemannenzeitbelegen dies.<br />
Ammerbuch bietet landschaftliche<br />
Reize mit vielfältigen Angeboten sowie<br />
natürlichem Charme undist idealer<br />
Ausgangspunktfür viele Freizeitaktivitäten:<br />
EinBesuch im Naturpark<br />
Schönbuchsamt Wildgehege, die<br />
Wander- und Radwege, einBesuch unserer<br />
Gastronomiebetriebe oder der<br />
Aufstieg zurRuine der Burg Müneck<br />
am Schönbuchrandmit herrlichen<br />
Blickenweit hinaus ins Land und die<br />
Wein- und Straßenfeste in denGemeindeteilen<br />
reizen zumBesuch.<br />
Anlaufstation für viele erholungssuchende<br />
Badegäste aus nah und fern<br />
ist in den Sommermonatendas herrlich<br />
zwischen gepflegten Streuobstwiesen<br />
gelegene idyllische Freibad im<br />
Landschaftsschutzgebiet, dassich bei<br />
Familien mit Kindern besonderer Beliebtheit<br />
erfreut. SeitSommer 2012<br />
tragen einvon ehrenamtlichen Helfern<br />
gestaltetes Boulefeld sowie der<br />
neueKioskbereich zurbesonderen Attraktivitätdes<br />
Freibades bei, das als eines<br />
derältesten Bäder im Landkreis im<br />
Jahr 2011 sein 80-jährigesBestehen<br />
feiern konnte.<br />
Wichtigerals Wachstum ist für uns<br />
in Ammerbucheine sich ständig an<br />
den Bedarf anpassende Infrastruktur<br />
auf gutem Niveau, die Erhaltung der<br />
kulturellen und natürlichen<br />
Grundlagen sowie<br />
die Entwicklung einer<br />
Wohn- und Lebensqualität,mit<br />
dersich die Bürgerinnen<br />
und Bürger an<br />
ihremWohnort wohlfühlen.<br />
Die Gemeinde soll damitfür<br />
ihre Bürger als Heimat<br />
wertgeschätzt und für<br />
Neubürger schnellzur Heimat<br />
werden.<br />
Aufgrund der Lage an<br />
der Bundesautobahn A81<br />
sowie zwischen den zentralenOrten<br />
Tübingen/Reutlingen –<br />
Herrenberg/Böblingen/Sindelfingen ist<br />
Ammerbuch als Gewerbestandort besonders<br />
attraktiv.Unsere Gewerbetreibenden,<br />
Handwerker,Dienstleistungsunternehmen<br />
und Versorgungsbetriebe<br />
bieten in vielen mittelständischen<br />
und kleinen Betrieben attraktive Arbeitsplätze.<br />
Mitder Erweiterung des<br />
Gewerbegebietes „Hagen“ in Altingen<br />
wirdder Standort weiter gestärkt.<br />
Daherbetreibt Ammerbuch in jedem<br />
Gemeindeteil Kindergärten mit<br />
flexiblen Angeboten, dielaufend an<br />
die Bedürfnisse angepasst werden und<br />
zusammen mit denAngeboten freier<br />
Träger und der Tagesmütter eine breite<br />
Angebotspalette an Betreuungsplätzen<br />
für Kinder zwischen null und<br />
sechs Jahren bieten.AbHerbst 2013<br />
werden in derKinderkrippe „Ammerland“<br />
in Pfäffingen 40 zusätzliche Betreuungsplätze<br />
mit Ganztagsangeboten<br />
fürKinder unter drei Jahren zur<br />
Verfügung stehen.<br />
Spielplätze in den Gemeindeteilen,<br />
Jugendclubs für dieGrößeren und ein<br />
engagierter Jugendgemeinderat, der<br />
sich um die Belange derJugendlichen<br />
und jungen Erwachsenen kümmert,<br />
Der „<strong>Gäubote</strong>“ ist fürmich ...<br />
... als Bürgermeister derGemeinde<br />
Ammerbuch eine Pflichtlektüre,<br />
die mirüber Ammerbuch undunsere<br />
Nachbarn im Gäuumfassende<br />
Informationenbietet<br />
Friedrich von Ow-Wachendorf<br />
komplettieren das Angebot für Kinder<br />
undJugendliche.<br />
Nach dem Motto „kurze Beine –kurze<br />
Wege“ werden derzeit in den Gemeindeteilen<br />
Entringen eine zweizügige<br />
und in Altingen, Pfäffingen und Poltringen<br />
je eine einzügigeGrundschule<br />
geführt. Knapp 90 Prozent derSchülerinnen<br />
undSchüler der weiterführendenSchulen<br />
besuchen diegut eingeführtenRealschulen<br />
und Gymnasien<br />
der umliegenden Städte Tübingen,<br />
Rottenburgund Herrenberg. Und ganz<br />
aktuell: In Altingen wird ab dem Schuljahr<br />
2013/14 –beginnend in der Primarstufe<br />
mit der 1. Klasse und in der<br />
Sekundarstufe mit der5.Klasse –eine<br />
Gemeinschaftsschule eingerichtet. Damiterhalten<br />
die Ammerbucher Schülerinnen<br />
und Schüler die Möglichkeit,<br />
auch in Ammerbucheinen mittleren<br />
Bildungsabschluss zu erreichen.Die<br />
Planungund die Durchführung der<br />
Baumaßnahmebedeutet für die Gemeinde<br />
Ammerbuch und alle seitens<br />
derSchule Beteiligten in den kommenden<br />
Jahren sowohlinfinanzieller<br />
alsauch organisatorischer Hinsicht ein<br />
herausragendes Projekt.<br />
Es gibtderzeit über 80 Vereine und<br />
Gruppen in Ammerbuch, da lässt sich<br />
für (fast) jedes Interesse etwas finden:<br />
In den Bereichen Brauchtum, Kinder<br />
und Jugend,Kirchliches und Soziales,<br />
Musik und Gesang,Natur und Kultur,<br />
Senioren und Sportsind diemeisten<br />
unsererVereine aktiv dabei. Auch hier<br />
gilt:vielfältiges Ammerbuch!<br />
Mit der Ammertalbahn mit direkter<br />
Anbindunganden Verkehrsverbund<br />
Stuttgart und die Regionalbahnen in<br />
Tübingen sowiemit Busverkehr im<br />
Ammertal sinddie Gemeindeteile<br />
schnell und hervorragend erreichbar.<br />
Dies nutzen sowohl Berufspendler als<br />
auch Erholungssuchende und Radfahrer,die<br />
ihren Rückweg mitdem Zug<br />
einplanen können. Haben wirIhr Interesse<br />
an unsererwunderschönen Gemeinde<br />
geweckt? Dann besuchen Sie<br />
uns vor Ort oder im Internet unter<br />
www.ammerbuch.de.<br />
Abschließend gratuliertdie Gemeinde<br />
Ammerbuchdem „<strong>Gäubote</strong>“ zum<br />
175. Jubiläum und freut sich auf eine<br />
weiteregute Zusammenarbeit zum<br />
Wohl der Region um Herrenberg.<br />
■ UnserAutor Friedrich von<br />
Ow-Wachendorfist Bürgermeister<br />
von Ammerbuch.
Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite108<br />
Marie Schlecht ist eine geborene Rümelin<br />
und stammte aus Herrenberg -sie war von<br />
1891anbis zu Ihrem Tode Verlegerinund<br />
Herausgeberin des„Böblinger Bote“.
Seite 109<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
Wildberg<br />
Die inneren<br />
Werte werden<br />
immer wichtiger<br />
Z<br />
ur Stadt Wildberg im Landkreis<br />
Calw gehörenneben der KernstadtWildberg<br />
und den westlich gelegenen<br />
Stadtteilen Effringen und<br />
Schönbronn dieöstlich gelegenen<br />
StadtteileGültlingen und Sulz am Eck.<br />
Der demografische Wandel unserer<br />
Gesellschaft führt einerseitszueinem<br />
Rückgang beiden Einwohnerzahlen,<br />
andererseits aberzudifferenzierten<br />
Überlegungen, wohin die bauliche<br />
Entwicklung geht. Dies hat Einfluss auf<br />
die Flächennutzungsplanung, welche<br />
derzeit–begleitet von Fachbüros –<br />
den Gemeinderat derStadt Wildberg<br />
beschäftigt. Die politischen Vorgaben,<br />
wonach Innenentwicklung vor Außenentwicklung<br />
„angesagt ist“, setzt die<br />
Stadt Wildberg konsequent um.<br />
VONEBERHARD FIEDLER<br />
Wiesen, Wälder,<br />
Wächtersberg:<br />
Eberhard Fiedler<br />
an seinem<br />
Lieblingsort<br />
GB-Foto: Schmidt<br />
Eine Art Vorreiter spielt hier der<br />
Stadtteil Sulz am Eck. Bauplätze der<br />
Stadt Wildberg in Baugebieten gibt es<br />
keine mehr.Man hat sich deshalb intensiv<br />
damit beschäftigt, wiedie Ortschaft<br />
attraktivgehalten und insbesondereweiterhin<br />
Bauplätze angeboten<br />
werden können. Hilfreich dazu war<br />
die Aufnahme in das Landessanierungsprogramm.<br />
Fürzwei Bereiche,<br />
und zwar in der Nähe der Sulzer Kirche<br />
und im historischen Teil „Im Kloster“,<br />
werden Bebauungspläne erstellt, die<br />
eine ortsgerechte bauliche Neuentwicklung<br />
zulassen. Dazu hat und wird<br />
die Stadt Wildberg eng mitden betroffenen<br />
Grundstückseigentümern<br />
und Bürgernzusammenarbeiten. Mit<br />
der Verwirklichung eines Schuppengebiets<br />
mit 44 Einheiten bieten sich weitere<br />
Möglichkeiten, frei werdende ältereGebäude<br />
und landwirtschaftliche<br />
Gebäudeteile nachund nach umzunutzen.<br />
Übrigens, im Zuge desSanierungsverfahrens<br />
wird dieMehrzweckhalleSulz<br />
am Eckenergetisch saniert.<br />
Außerdem konnte in der Ortsmitte<br />
Grunderwerb getätigt werden, der<br />
erstmals in der Geschichte dieser Ortschaft<br />
die Einrichtung eines zentral gelegenenKinderspiel-<br />
und Bolzplatzes<br />
ermöglicht.<br />
Auch derStadtteil Gültlingen hat es<br />
verdient, um nicht zu sagen nötig, in<br />
ein Sanierungsverfahren aufgenommenzuwerden.<br />
Daran wird manin<br />
der Zukunft arbeiten. Anders als in<br />
Sulz am Eck besteht allerdings hier<br />
Der „<strong>Gäubote</strong>“ ist für mich ...<br />
... unverzichtbar<br />
Eberhard Fiedler<br />
noch die Möglichkeit, Bauplätze anzubieten.Das<br />
Baugebiet „Röte II“ist bauleitplanerisch<br />
quasi abgeschlossen.<br />
Die Stadt wird –ähnlich wie im StadtteilEffringen<br />
–dieses Baugebiet durch<br />
einen externen Erschließungsträger<br />
vorfinanzieren und bebauen lassen.<br />
Die zu bebauende Fläche gehört noch<br />
zu den Möglichkeiten nach dembisher<br />
geltendenFlächennutzungsplan. Danach<br />
ist mit Bauplätzen „auf der grünen<br />
Wiese“ Schluss. Aber auch in diesem<br />
Stadtteil ist dieinnerörtliche Entwicklung<br />
ein vorrangiges Ziel.<br />
Der Vollständigkeit halber muss an<br />
dieser Stelle erwähnt werden, dass der<br />
Stadtteil Wildberg ebenfalls noch ein<br />
Bauplatzpotenzial im Gebiet „Lindhalde<br />
II“ hat.<br />
Im StadtteilEffringenhat die Innenentwicklungebenfalls<br />
sehr erfolgreich<br />
begonnen. Mit demGebiet „Unterer<br />
Bergsteig“, dasdurch einen externen<br />
Erschließungsträgervorfinanziert und<br />
abgewickelt wird, konnteninnerhalb<br />
kurzer Zeit rund 20 Bauplätze an junge<br />
Familien verkauft werden. Acht<br />
Bauplätze stehen noch zur Verfügung.<br />
Eine weitere Entwicklungsmöglichkeit<br />
in einem sogenannten zweiten Bauabschnitt<br />
istgegeben. Innerhalb<br />
dieses Gebiets konnte<br />
auchdie Stiftung Altenheime<br />
Backnang und Wildberg<br />
ein Pflegeheim erstellen. In<br />
unmittelbarer Nachbarschaft<br />
erstellt ein privater<br />
Bauträger altengerechte<br />
Wohnungen.<br />
Im Stadtteil Schönbronn, in dem<br />
ebenfalls einSanierungsverfahren<br />
läuft, wurde mit derinnerörtlichen Gestaltung<br />
begonnen. Grunderwerb wurde<br />
getätigt, Gebäude abgebrochen<br />
und damit die Möglichkeit geschaffen,<br />
auch direkt innerhalb dieser kleinsten<br />
Ortschaft der Stadt Wildberg bebaubareFläche<br />
neu zu schaffen. Gleichzeitigwurde<br />
die Ortsdurchfahrt (Landesstraße<br />
349) undderen Umgebung<br />
ausgebaut und gestaltet.<br />
Dieseintensive zukunftsorientierte<br />
Innenentwicklung, zusammen mit<br />
dem durchgängigen Angebot an Bildung<br />
und Betreuung –das heißt vom<br />
Betreuungs- und Kindergartenplatz<br />
über dieGrundschulen, das Bildungszentrum<br />
mit Haupt- und Realschule –<br />
oder auch einbedarfsgerecht orientierter<br />
öffentlicher Personennahverkehr<br />
innerhalb derStadt, das Angebot<br />
derrund 80 Vereine und Organisationen<br />
und weiter über die städtische<br />
Musikschule und den Jugendtreff<br />
(offene Jugendarbeit)bis hin zum<br />
Stadtseniorenratmachen unsere Stadt<br />
insgesamtfür alle Generationen lebens-und<br />
liebenswert.<br />
DieStadt nimmt im gesamten<br />
Stadtgebietdie Herausforderungen<br />
der Zukunft und damit auch den Wettbewerb<br />
mitden Städtenund Gemeinden<br />
in derNachbarschaft an und bietet<br />
im Nahbereich des Großraums<br />
Stuttgartechte Alternativen.<br />
Der „<strong>Gäubote</strong>“ wird vor alleminunserenöstlich<br />
gelegenen Stadtteilen<br />
Sulz am Eck und Gültlingen gelesen.<br />
Zum 175sten Jubiläum des „<strong>Gäubote</strong>“<br />
möchtenwir uns in die Schar derGratulanten<br />
einreihen. Der „<strong>Gäubote</strong>“ ist<br />
für mich unverzichtbar, weil in der<br />
heutigen schnelllebigen und immer<br />
mehr durch elektronische Medien beeinflussten<br />
Zeitgerade die journalistischeVielfalt<br />
und Unterschiedlichkeit<br />
besonders bedeutend ist.<br />
■ UnserAutor Eberhard Fiedler<br />
ist OrtsvorsteherinSulz und<br />
StadtkämmererinWildberg.<br />
1989 Das Verlagshaus an der Horber<br />
Straße wirdumein zweites Gebäude auf dem<br />
angrenzenden Gelände der ehemaligen Goldleistenfabrik<br />
erweitert. Damit verbunden ist mehr Platz<br />
für Mitarbeiter und Produktion. Werbebeilagen können der Zeitung erstmals<br />
mit einer Einsteckmaschine beigefügt werden und müssen nicht<br />
mehr „von Hand“ beigelegt werden.<br />
1990 Die „Gärtringer Zeitung“ macht am<br />
1. Dezember den Anfang, die Zeitungen für die<br />
anderen Gäugemeinden folgen. Herrenberg steht<br />
unverändert im Zentrum der Berichterstattung,<br />
unterdem Dach des„<strong>Gäubote</strong>“ bekommen die<br />
Gemeindenaber einen neuen Stellenwert –und<br />
dasist bis heute so.<br />
1991 Eine Ära<br />
gehtzuEnde:<br />
Helene Merz,<br />
geb. Körner und<br />
Seniorchefin des<br />
„<strong>Gäubote</strong>“, stirbt<br />
am 12. Januar.
Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite110<br />
Wirgratulieren dem <strong>Gäubote</strong><br />
zu 175Jahren Lokaljournalismus<br />
im Auftrag der Bürgerinnenund Bürger<br />
für dieRegion Herrenberg und dasGäu.<br />
...die meistgelesene Tageszeitung im LandkreisBöblingen-seit 1825-
Seite 111<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
Der Dienstälteste: Erwin Wirag arbeitet schon seit 1964 beim „<strong>Gäubote</strong>“<br />
Als „Stift“auch<br />
Zeitungsjunge<br />
undVesperdienst<br />
E<br />
swar an einem Sonntagvormittag,<br />
als Erwin Wirag den damaligen<br />
„<strong>Gäubote</strong>“-VerlegerKarl Merz besuchte,den<br />
Schwiegervater des heutigen<br />
Verlegers Rainer Schöllkopf.Das Ziel<br />
des sonntäglichen Termins: Erwin Wirag,<br />
einJunge im zarten Alter von 14<br />
Jahren, bewarb sich beim „<strong>Gäubote</strong>“<br />
für eine Lehre als Schriftsetzer. Seinen<br />
Bemühungen war Erfolg beschieden:<br />
Am 1. April 1964 durfte der gebürtige<br />
Herrenberger seineLehre beginnen –<br />
in derHorberStraße 9, dem damaligen<br />
Firmensitz des„<strong>Gäubote</strong>“. Heute –<br />
kurz vordem Ende seines Arbeitslebens<br />
–arbeitet der mittlerweile 63-<br />
jährige Erwin Wirag immer noch beim<br />
„<strong>Gäubote</strong>“. Im jetzigen Verlagsgebäude<br />
in der Horber Straße 42 ist er<br />
dereinzige Mitarbeiter,der seinerzeit<br />
auch schon in der Horber Straße 9<br />
tätig war.<br />
Auch sonst hatErwin Wirag in seinemArbeitsleben<br />
viele<br />
Veränderungen erlebt.ZuBeginn<br />
seines<br />
beruflichen Werdegangswar<br />
die Zeitungsproduktion<br />
vom<br />
„Bleisatz“ geprägt.<br />
„Größere Überschriften<br />
hat man damals<br />
noch vonHand gesetzt,<br />
derTextder Artikel istander<br />
Bleisetzmaschine erfasst worden“, sagt<br />
Erwin Wirag.Ererinnert sich gerne an<br />
dieAnfänge seines Berufslebens. Weniger<br />
gerne denkt er an die Pflichten<br />
zurück, die denAuszubildenden seinerzeitauferlegt<br />
waren: Morgens<br />
mussten die „Stifte“ jedem Kollegen<br />
eine Zeitung bringen, und auch fürs<br />
Vesper waren dieLehrlinge zuständig<br />
–sie mussten es bei derbenachbarten<br />
Metzgerei Schmid und im Lebensmittelgeschäft<br />
Fromm holen.Erwin Wirag<br />
kaufte damals das Vesper auch fürden<br />
Schriftsetzergesellen Karl Link, der immer<br />
Milch und frisches Obst haben<br />
wollte. Im Sommer 1964 stand Wirag<br />
mit Kollegen in der Setzerei zusammen<br />
und verfolgte im Radio, wie<br />
„<strong>Gäubote</strong>“-Kollege Karl Link beiden<br />
Olympischen Spielen in Tokio die<br />
Goldmedaille im Bahnrad-Vierer gewann.<br />
Die Arbeitszeitvon Erwin Wirag erstreckte<br />
sichvon 7bis 16.15 Uhr –spätestens<br />
zu diesem Zeitpunkt, oft auch<br />
deutlich früher,war damals schon die<br />
Zeitung für dendarauffolgenden Tag<br />
fertig produziert. Manche Leser mussten<br />
trotzdem etwas länger auf die Informationen<br />
warten: Zu den Aufgaben<br />
der Auszubildenden gehörte es auch,<br />
morgens diegedrucktenZeitungen zu<br />
den Linienbussen zu bringen, die den<br />
„<strong>Gäubote</strong>“ in die weiter entfernten<br />
Ortschaften des Verbreitungsgebietes<br />
beförderten –beispielsweise nach<br />
Setzer warein Handwerk, bei<br />
dem man optisch und grafisch<br />
gestalten konnte<br />
Erwin Wirag<br />
Das ganze Berufsleben beim „<strong>Gäubote</strong>“ verbracht: Erwin Wirag kenntdas<br />
Zeitungsgeschäft ausdem „Effeff“<br />
GB-Foto:Holom<br />
Wildberg. Dort bekamen die Leser ihre<br />
Heimatzeitungalso erst im Laufe des<br />
Vormittags zugestellt. Auch beim Thema<br />
Fotos warman damals vonder<br />
heutigen Geschwindigkeit weit entfernt.<br />
„Die Fotos musste man in eine<br />
Klischee-Anstaltnach Sindelfingen<br />
einschicken, nachzwei bisdrei Tagen<br />
kam vondort ein druckfähiges Bild zurück“,<br />
erinnert sichErwin Wirag.<br />
Nach drei Jahren schloss er seine<br />
Ausbildung zum Schriftsetzer erfolgreichab.<br />
Wirag arbeitete hernach zunächst<br />
in der Akzidenzabteilung, später<br />
im Anzeigenbereich. „Ich wargerne<br />
als Setzer tätig –das war einHandwerk,bei<br />
dem man optisch und grafischgestalten<br />
konnte“, sagt Erwin Wirag.<br />
Dernächste größere technische<br />
Wandel wardie Umstellung vom Bleiaufden<br />
Fotosatz –eine Veränderung,<br />
die er als angenehm empfand, denn<br />
dieZeitungsseiten wogen nun deutlichweniger<br />
als früher.ZuBleisatz-Zeiten<br />
seien die Zeitungsseiten noch<br />
„richtig schwer“ gewesen, entsinnt<br />
sich Wirag, der seit 1979 in Nebringen<br />
wohnt.<br />
Seit 1998 arbeitet ErwinWirag nun<br />
als Korrektor beim „<strong>Gäubote</strong>“. Redaktionelle<br />
Texte fallen dabei ebenso in<br />
sein Zuständigkeitsgebiet wie Anzeigen<br />
oder Akzidenz-Druckaufträge.<br />
Sein Arbeitsfeld wandelte sich also<br />
vom handwerklich-gestaltenden zum<br />
lesenden Part,den „Duden“ und die<br />
hausinternen Rechtschreibregeln immer<br />
griffbereitinSichtweite. „Mir hat<br />
es schon gefehlt, dass ich körperlich<br />
nicht mehr so viel gearbeitet habe,<br />
aber es gefällt mir nach wievor“, versichertErwin<br />
Wirag. Als Korrektor versuchter,<br />
Fehler jeglicher Art zu minimieren.<br />
Über Arbeitsmangel im Korrektorat<br />
kann er sich nicht beklagen,<br />
denn Fehler findet er immerwieder.<br />
„FrüherimBleisatz gab es nicht so viele<br />
Fehler –denn da hat derSetzer die<br />
gesetzten Texte genau durchgelesen,<br />
weil es viel aufwendiger war, Fehler zu<br />
korrigieren.“ Heutzutage sind falsch<br />
geschriebene Worte schneller ausgemerzt:<br />
Ein Griffindie Tastatur desPC–<br />
und schon istein vomKorrektor beanstandeter<br />
Lapsus beseitigt. Angenehmer<br />
Nebeneffektder Korrektur-Arbeit:<br />
Wasinder Zeitung steht,weiß Erwin<br />
Wirag schon mindestens einen Tag<br />
vorher.<br />
Ob als Schriftsetzer oder alsKorrektor:<br />
Immer ist er im Dienste desLesers<br />
oder Kunden unterwegs –und das<br />
bald einhalbes Jahrhundert lang beim<br />
gleichen Arbeitgeber.„Ichwar nie arbeitslos,<br />
habe einen sicheren Arbeitsplatzgehabt<br />
und einrecht gutes Arbeitsklima<br />
–ich bin nie ungern zurArbeitgegangen“,<br />
rekapituliert Erwin<br />
Wirag, derauch 25 Jahre lang als Betriebsratsvorsitzender<br />
tätig war.Im<br />
nächsten April könnte er sein 50-jähriges<br />
Arbeitsjubiläum begehen. „Wahrscheinlich<br />
mache ich die 50 voll“,<br />
blickt er nach vorne. Einen Ausgleich<br />
zum Arbeitsleben findet der Nebringer<br />
beim Radeln:Der passionierte Fahrradfahrerlegt<br />
im Jahr zwischen 1500<br />
und 2000 Kilometer zurück. Am liebstentourt<br />
er durchsAmmertal und<br />
Goldersbachtal. Außerdem spielt<br />
Erwin Wirag gerne Gitarre. Mitzwei<br />
Kumpels widmet er sich der Straßenmusik<br />
–vorzugsweise in Tübingen. ■<br />
KONRAD BUCK<br />
1991 Die<br />
„<strong>Gäubote</strong>“-Redaktion<br />
wird mit dem Lokaljournalistenpreis<br />
der Konrad-Adenauer-<br />
Stiftung ausgezeichnet. Gewürdigt werden „Das besondere<br />
Bild“ und dieals besonders lesernah gelobte<br />
Serie „Könner klotzen–Schreiber schwitzen“.<br />
1992 „LokalzeitungimUnterricht“ heißt das Pilotprojekt,<br />
das der „<strong>Gäubote</strong>“ in Kooperation mitdem Institutzur<br />
Objektivierung von Lern- und Prüfungsverfahren(IZOP)<br />
in Aachen initiiert. Erstmals beteiligen sich<br />
an einem Projekt zur Leseförderung auchGrundschulen.<br />
Die Berichterstattung über das schulische Leben bekommt<br />
damit im „<strong>Gäubote</strong>“ einen neuen Stellenwert.<br />
1993 Der Theodor Körner Verlag übernimmt dieHerstellung<br />
des Amtsblatts der Stadt Herrenberg, das ab dem 4.März<br />
herausgegebenwird, und druckt das Mitteilungsblatt bis zum<br />
31. Dezember 2002. Einzug in denAkzidenzbereich des Verlags<br />
hält damit „Page one“ –erstmals ein WYSIWYG-Satzproduktionssystem,das<br />
aufdem Prinzip basiert „What YouSee Is What<br />
YouGet“ („Was du siehst, ist [das,] wasdubekommst“).
Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite112<br />
Kirchliches Leben<br />
Ehrenamtliches Engagement ist<br />
das Rückgrat des Gemeindelebens<br />
F<br />
ür kirchliches Leben im Gäu ist sie<br />
geradezu das Wahrzeichen: Die<br />
„GluckeimGäu“. Liebevoll und beziehungsreich<br />
so genannt, liegt die Herrenberger<br />
Stiftskirche am Schönbuchrand,<br />
etwas gedrungenwirkend mit<br />
ihrer1749 ersatzweise aufgesetzten<br />
barocken Zwiebelhaube. Wie eine<br />
Glucke ihre Küken nimmt sieHerrenbergund<br />
dasGäu unter ihre Fittiche.<br />
Gebaut ist sieals eine der schönsten<br />
spätgotischenHallenkirchen mit viel<br />
Raumfür die Menschen, die sie besuchen.<br />
VONKLAUS HOMANN<br />
Zur Person<br />
Werden Kirchenraum betritt, gewinnt<br />
wegen der1982wiederhergestellten,mittelalterlich-gelbfarbenen<br />
Ausmalung den Eindruck, als ginge die<br />
Sonne auf.Eine lichtdurchflutete Geborgenheit<br />
lässt auch das Chorfenster<br />
mitdem aufden Betrachter zukommenden<br />
segnendenChristus empfinden.<br />
Und wer denKirchenraum wieder<br />
verlässt, hat mit der Rosette im<br />
Turm das himmlische Jerusalem vor<br />
Augen, mit dem Gott den Menschen<br />
entgegenkommtals Zukunftallen<br />
Unser Autor Klaus Homann (67) kennt<br />
den evangelischen Kirchenbezirk Herrenberg<br />
wienur wenige. Von1985 bis<br />
1991 war er Pfarrer in Öschelbronn.<br />
Im Jahr2000 wurde er zum Dekan in<br />
Herrenberg berufen –ein Amt, das er<br />
bis 2011 ausgeübt hat. Klaus Homann<br />
lebt zusammen mitseiner Frau heute<br />
am Bodensee. Auch im Ruhestand<br />
widmet sichKlaus Homann seiner Aufgabe<br />
als Vorsitzender desVereinsund<br />
des Verwaltungsrates Mariaberg –einesZentrums<br />
zur ganzheitlichen Förderung<br />
vonMenschen mit geistiger<br />
Behinderung.<br />
-mar-<br />
menschlichen Lebens. Dazuhin ist die<br />
Stiftskirche eine Kirche in Bewegung.<br />
Jahrzehntelang hatsie sich jährlich etwa<br />
einen Millimeter auf Herrenberg zu<br />
bewegt,dasie auf einem instabilen<br />
Untergrund ausGips-Keupererbaut<br />
ist. In den Jahren dergroßen Sanierung<br />
von1971 bis 1982 wurde sie<br />
durch dengenialen Statiker Prof.Dr.<br />
Fritz Wenzel mit einer Spannstahlkonstruktion<br />
stabilisiert. Mit so einer<br />
Kirche in Bewegung auf die Menschen<br />
zu und mit all ihrer Symbolik kann<br />
man nicht besser auch das Wesen<br />
kirchlichen Lebens im Gäubeschreiben,<br />
wo es auch darumgeht, als Kirche<br />
auf die heutigen Menschen zu zugehen.<br />
Dieshat schoneine längere Tradition.<br />
Denn bereits Ende des 17.Jahrhunderts<br />
entstanden Gemeinschaften, die<br />
den Glauben ganz unmittelbar im täglichen<br />
Lebenumsetzten und sich in einer<br />
notvollen Zeit mit ihrer Krisenstimmung<br />
desHeils in Jesus Christus<br />
vergewissern wollten. So wurdeim<br />
Gäu dieHahn’sche Gemeinschaft von<br />
dem Bauernsohn Philipp Matthäus<br />
Hahn gegründet. Sein Grab
Seite 113<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
Mächtig, stolz und dominant –<br />
die Stiftskirche im Abendlicht<br />
GB-Foto:Bäuerle<br />
befindet sich in Sindlingen, wohin<br />
er sichzuletzt zurückgezogen hatte,<br />
einemRittergut seinerGönnerin Franziska<br />
vonHohenheim. DasGemeinschaftsleben<br />
prägtbis heute das Gäu<br />
durchdie Liebenzeller Gemeinschaft,<br />
dieSüddeutsche Vereinigung, den<br />
Brüderbund und die Hahn’sche Gemeinschaft<br />
mit. Auch dadurch haben<br />
die Kirchengemeinden nach wievor<br />
eine gute biblischeFundierung. Die<br />
Seelsorgehat ihren hohen Stellenwert<br />
behalten. Taufe, Konfirmation, Trauung,<br />
Jubiläum und Beerdigung haben<br />
ihrenfesten Platz als kirchliche Begleitungbei<br />
Wendepunkten des Lebens.<br />
Auch dasdiakonische Wirken gehört<br />
selbstverständlich zum Gemeindeleben<br />
dazu. So sind dieGäugemeinden<br />
an der Diakonie-Sozialstation Oberes<br />
Gäubeteiligt und als Mitglieder des<br />
Kirchenbezirks Träger der Diakoniestation<br />
Herrenberg und Umgebung und<br />
des Diakonieladens. Auch dieEvangelische<br />
Diakonieschwesternschaft in Herrenberg,<br />
dieindiesemJahr ihr 100-<br />
jähriges Bestehen feiert, hat sich der<br />
Kranken- und Altenpflege verschrieben.<br />
Zahlreiche Partnerschaften bestehen<br />
in andere Länder mit vielfacher<br />
Unterstützung. Beratungsdiakonie für<br />
verschiedenste Notsituationen zusammenmit<br />
den Nachbarkirchenbezirken<br />
Böblingenund Leonberg stärken das<br />
diakonische Profil des Kirchenbezirks<br />
Herrenberg.<br />
Die Kindertagesstättenarbeit im<br />
Gäuwird voneiner gemeinsam mit<br />
den Kommunen finanzierten Fachberatung<br />
des Kirchenbezirks auch in religionspädagogischen<br />
Fragen begleitet.<br />
Vielerlei Gottesdienstangebote und<br />
Andachten,mit denen auf die Menschenverschiedenen<br />
Alters zugegangen<br />
wird, bereichern das geistliche Leben.<br />
Neben densonntäglichen Hauptgottesdiensten<br />
und Abendmahlsfeiern<br />
sind es Zweitgottesdienste mitetwas<br />
andererLiturgie, Familiengottesdienste,<br />
Gesangsgottesdienste, Kantatengottesdienste,<br />
Jugendgottesdienste,<br />
Kindergottesdienste, liturgische<br />
Abendgebete, (Kinder-)Bibelwochen<br />
oder (Kinder-)Bibeltage, mit denen<br />
Menschen eingeladenwerden, sich<br />
von Gott ansprechen zu lassen. Auch<br />
In vielfältiger Weise auf die<br />
Menschen zugehen, sie begleitenund<br />
unterstützen, ihnen Orientierung geben,<br />
sich als Kirche fortentwickeln und auch<br />
bestärkenindem, was sich als tragend<br />
erwiesen hat, das macht Gemeindeleben<br />
in heutiger Zeit aus<br />
Klaus Homann<br />
Frauenfrühstück und Männervesper<br />
haben dieses Ziel. Das besondere missionarischeProjekt<br />
„neu anfangen“,<br />
mit dem Menschen zu Gesprächskreisen<br />
über Glauben und Leben eingeladen<br />
werden, wurde 2005 im Kirchenbezirk<br />
sehr erfolgreich durchgeführt<br />
und hat bis heute seine Spuren hinterlassen.<br />
Natürlich wird auch dieMissionsarbeit<br />
in anderen Ländern vielfältig<br />
gefördert.<br />
Nicht zuletzt liegt von jeher der<br />
evangelischen Kirche die Kirchenmusik<br />
sehr am Herzen. In zahlreichen Posaunen-,<br />
Kirchen- und anderen, auch<br />
Jugend- und Kinderchörenwird das<br />
Lob Gottes verkündigt. Aufführungen<br />
von Motetten, Oratorien und Instrumentalmusikwerden<br />
nach wievor<br />
hoch geschätzt. Einen besonderen Akzent<br />
setzt noch einmal das am 24. Juli<br />
2012 eingeweihte Carillon mit 50 tonreingestimmten<br />
Glockeninder<br />
Glockenstube und der Zwiebelder<br />
Stiftskirche.Esvervollkommnet das<br />
läutbare Herrenberger Glockenmuseum<br />
mitüber 40 Glocken aus denverschiedensten<br />
Jahrhundertenund Gegenden,verbunden<br />
mit dem Zimbelgeläut,<br />
das aus Glocken besteht, die jeweils<br />
voneinem zur Einrichtungszeit<br />
deutschsprachigen Glockengießer gegossen<br />
wurden.Sie alle rufen zu Gott.<br />
Natürlich gilt auch derJugendarbeit<br />
in den Gemeinden und im Kirchenbezirkmit<br />
Jugendgruppen, Erlebnistagen,<br />
Freizeiten undSchulungen ein<br />
besonderes Augenmerk.Schon dieReformation<br />
hatte sich der Bildung verschrieben.<br />
Darumbetont<br />
auch der Kirchenbezirk<br />
die Bildungsarbeit<br />
mitder<br />
Trägerschaft des Hausesder<br />
Begegnung,<br />
das über 40 Jahre besteht.Inihm<br />
haben<br />
zugleich auch sozialdiakonische<br />
Aktivitäten<br />
ihren Raum. Nebendem<br />
noch traditionellgeprägten<br />
Kern der EinwohnerschaftimGäu<br />
prägen<br />
Neuzugezogene mit<br />
auch veränderten Erwartungen an Kirche<br />
und Kirchengemeinde das Gemeindeleben<br />
mit. Sie unterstützen<br />
auch Offenheitfür neue Wege und<br />
notwendige Veränderungen. Eine dieser<br />
Veränderungen ist leider die Reduzierungder<br />
Pfarrstellen, da dieKirchenmitgliedschaft<br />
wegender Bevölkerungsentwicklung<br />
abnimmtund damit<br />
auchdie Finanzkraft derKirche.<br />
Alle kirchlichen Aktivitäten wären<br />
aber ohne ein bemerkenswertes Engagement<br />
ehrenamtlich mitarbeitender<br />
Gemeindegliedernicht möglich. Sie<br />
sind dasRückgrat allen so vielfältigen<br />
Gemeindelebens.Nach dem Zweiten<br />
Weltkrieg wuchs dieZahl der katholischen<br />
Bürger,die aus denehemaligen<br />
deutschenOstgebieten vertrieben<br />
wurden oder geflüchtet waren oder<br />
aus denost- oder südosteuropäischen<br />
Ländernkamen, rasch an. Im Gäu als<br />
altwürttembergischem Kernland, das<br />
seitder Reformation 1534 evangelisch<br />
war, entwickelte sich daraufhinein regesökumenisches<br />
Leben, dasauch die<br />
Methodisten, dieseit dem letzten<br />
Dritteldes 19. Jahrhunderts im Gäu<br />
lebten,mit einbezieht.<br />
Dies zeigtsich neben vielem andereninder<br />
seelsorgerlich-diakonischen<br />
Zusammenarbeit bei derökumenischen<br />
Trägerschaft des Hospizdienstes<br />
in der Region Herrenberg, derBegegnungsstätte<br />
„Kleine Börse“ und dem<br />
gemeinsamgetragenen Weltgebetstag.Invielfältiger<br />
Weise auf die Menschen<br />
zugehen, sie begleiten und unterstützen,<br />
ihnen Orientierung geben,<br />
sich als Kirche fortentwickeln und<br />
auch bestärkenindem, wassich als<br />
tragend erwiesen hat, das macht Gemeindeleben<br />
in heutiger Zeitaus.<br />
„Sola fides sufficit –Allein der Glaube<br />
genügt“, dieser Wahlspruch des<br />
ehemaligen Herrenberger Stiftsherren<br />
und glühenden Verfechters derReformation<br />
Johannes Neuffer um 1495<br />
–1581), dessen Epitaph in der Herrenberger<br />
Stiftskirche hängt, möge auch<br />
weiterhin für das Gäu und die Kirchen<br />
überhaupt gelten. ■<br />
1994<br />
Im Januar<br />
zeichnet der<br />
„<strong>Gäubote</strong>“ erstmals<br />
den „Sportler des Monats“ aus, eine<br />
Mitmach-Aktion fürdie Leser,<br />
die bis heute andauert.<br />
1996 Im Verlagsgebäude in der<br />
Horber Straße 42 in Herrenberggeht eine<br />
neue Rotationsdruckmaschine in Betrieb.<br />
32 Seiten –acht Seiten davon vollfarbig<br />
und weitere Zusatzfarben –werden damit<br />
in einemArbeitsgang möglich.<br />
1997 Daserste<br />
digitale Redaktionssystem,das<br />
einen elektronischen<br />
Seitenumbruch<br />
erlaubt, wirdimVerlagshauseingeführt.<br />
1999 Repros und Fotosatz in<br />
derProduktion des„<strong>Gäubote</strong>“<br />
sind Geschichte.Die Zeitung wird<br />
komplett digital hergestellt. Anzeigen,<br />
Artikel, Fotos –alle Inhalte<br />
und Seiten entstehen am Bildschirm<br />
im „Ganzseitenumbruch“.
Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite114<br />
Die Stiftskirche hat viele Förderer –und einen Verein, der ihr zurSeite steht<br />
„Es warschon ein<br />
erhebendes Gefühl“<br />
Er kennt die Stiftskirche wie<br />
wenige, er hat eine emotionale<br />
Verbindung zu ihr,die<br />
stärker nicht sein könnte.<br />
Im „<strong>Gäubote</strong>“-Interview<br />
wünschtsich Gernot Heer,<br />
Vorsitzender des Fördervereins<br />
der Stiftskirche Herrenberg,das<br />
„solidarische Zusammenstehen<br />
aller Beteiligten“,<br />
um dasmächtige<br />
Bauwerk zu erhalten.<br />
Anm. d. Red.) mich einmal durch die<br />
gewaltige Baustelle führte, konnte ich<br />
mir kaumvorstellen, wie dasKircheninnere<br />
je wieder hergestellt werden<br />
könnte.Umsogrößer war dieÜberraschung<br />
über den hellen Kirchenraum<br />
ohneSeitenemporen und mit derÖffnung<br />
derArkade zur Turmempore<br />
nach derSanierung. Daswar nunnicht<br />
mehr die Kirche aus früheren Kindergottesdienstzeiten<br />
und meiner Konfirmation,sondern<br />
ein einladendes Gotteshausmit<br />
viel Licht, Weite und einer<br />
herrlichen Rosette in der Westwand<br />
des Turmes.“<br />
VON HARALD MARQUARDT<br />
Der Stiftskirchen-Förderverein ist 1974<br />
gegründet worden,welche Aufgabe<br />
hatteerdamals?<br />
Gernot Heer: „Der ’Verein zur Erhaltung<br />
derStiftskirche Herrenberg e.V.’<br />
wurde gegründet, als dieevangelische<br />
KirchengemeindeHerrenberg vor einerfast<br />
unlösbarenAufgabe stand: Die<br />
Standfestigkeitder Herrenberger<br />
Stiftskirche wardurch dieJahrhunderte<br />
andauernden Bergbewegungen in<br />
Gefahr geraten. Nureine grundlegende<br />
Sanierung konnte helfen. In dieser<br />
Situation entwickelte sich eine landesweiteund<br />
konfessionsübergreifende<br />
Solidarität mitder Kirche am Berg. Das<br />
Wahrzeichendes Gäus fand Unterstützung<br />
beider Landeskirche, der Landesregierung,<br />
demLandkreis und der bürgerlichenGemeinde.<br />
Derneu gegründeteVerein<br />
wollte mit seinen Mitgliedern<br />
einen maßgeblichen Beitrag zur<br />
Lösung dieser Aufgabe leisten. Das Ergebnis<br />
kannsich sehen lassen.“<br />
Washaben Sie empfunden, als die Kirche<br />
1982 wiedereröffnet wurde?<br />
„Es warschon einerhebendes Gefühl,<br />
die sanierte Stiftskirche wieder<br />
betreten zu können. AlsTraugott<br />
Schmolz(der ehemalige Stadtarchivar,<br />
Welche Bedeutung hat die Kirche für<br />
die Stadt und dieRegion?<br />
„Die Stiftskirche Herrenberg ist eine<br />
Landmarke, beherrscht die Stadt Herrenberg<br />
und die umgebendeGäulandschaft<br />
mitihrem unverwechselbaren<br />
Westwerk samt barocker Turmhaube,<br />
die liebevoll einfach ’Zwiebel’ genannt<br />
wird. Die Stadt und das städtische Gewerbe<br />
werben mit ihrem Erscheinungsbild,und<br />
nach jeder längeren<br />
Reise stellt sichbei vielen einHeimatgefühl<br />
ein, sobald die Stiftskirche wiederzusehenist.Jeder<br />
Besucherspürt,<br />
wenn er die Treppen zum Kirchhof erklommen<br />
hat, dass dieErbauer des<br />
Gotteshauses einen ganz besonderen<br />
Platz fürihre Kirche gewählt haben.“<br />
Siemachen oft selbst Führungen in der<br />
Kirche, wasfasziniert die Besucher am<br />
meisten?<br />
„DieKirche fasziniert die Besucher<br />
durch ihre dominierende Erscheinung<br />
vonaußen wie voninnen. Das Chorgestühl<br />
vonMeister Heinrich Schickhardt<br />
mit Schnitzwerken aus der<br />
Werkstatt des Christoph von Urach<br />
und die herrliche Steinkanzel des<br />
Meisters Hanselmann oder der gotische<br />
Taufstein beeindrucken jeden Betrachter.Nicht<br />
vergessen werden dürfen<br />
die Tafelbilder und Epitaphe aus<br />
der nachreformatorischen Zeit und<br />
die frühgotischenSteinbildwerke am<br />
Haupteingang. Mir selbst und offenbar<br />
auch vielen Besuchern fällt es bei der<br />
Fülle des Angebots schwer,einen<br />
Punkt besonders herauszuheben.<br />
Obendreingibt es ja noch denweiten<br />
und eindrucksvollen Blickvom Turmumgang<br />
auf das mittelalterliche Stadtbild<br />
Herrenbergs und hinaus ins<br />
fruchtbare Gäu. Werwill da eine Reihenfolge<br />
aufstellen?“<br />
Der Erhalt derKirche ist auch nach der<br />
großen Sanierung eine dauerhafte Aufgabe.<br />
Welche Rolle spielt dabei die<br />
Bauhütte?<br />
„Der Verein entwickelte nach der<br />
Gründung eine rege Aktivität. Ohne<br />
die ehrenamtliche, tatkräftige, praktischeund<br />
nicht zu vergessen finanzielle<br />
Unterstützungder Männer und Frauen<br />
der ’Bauhütte derStiftskirche Herrenberg’<br />
unterFritz Hanßmann hätten die<br />
Aufgaben nicht bewältigt werden können.Sicht-<br />
und hörbare Beispiele für<br />
diesen Einsatz sind zumBeispiel der<br />
Ausbau des Glockenmuseums, derEinbau<br />
des Carillons oder auch dieMitwirkungbeim<br />
Ersatz des Kupferdaches<br />
der’Turmzwiebel’ sowie beider Wiederherstellung<br />
der Sonnenuhren. <br />
Zur Person<br />
Herrenberg kennt Gernot Heer wie<br />
nur wenige. Hier wurde er 1940 geboren,<br />
hier ist er aufgewachsen.Und<br />
natürlichist er in der Stiftskirche<br />
konfirmiertworden. Nachdem<br />
Besuch des Schickhardt-Progymnasiums<br />
absolvierte er einetechnische<br />
und kaufmännischeLehre in Stuttgart,<br />
hat berufsbegleitend BWL-<br />
Abendstudium an derWürttembergischen<br />
Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie<br />
in Stuttgart absolviert<br />
und war dann über 40 Jahre bei<br />
der Mahle GmbH in Stuttgart leitender<br />
Mitarbeiter und Geschäftsführer<br />
der Mahle Immobilien- und Wohnungsbaugesellschaft.Imkommunalen<br />
Leben engagierteersich über<br />
25 JahreimGemeinderat in Herrenberg,<br />
besonders eingesetzt hat er<br />
sich dabei für die Städtepartnerschaften<br />
mit Frankreichund Italien.<br />
Gernot Heer ist seit 2006 Vorsitzender<br />
des Vereins zurErhaltung der<br />
Stiftskirche Herrenberg. -mar-<br />
1999<br />
www-gaeubote.de/DieWebsite<br />
des „<strong>Gäubote</strong>“ geht erstmals<br />
online.<br />
2000 Die Akzidenz-Druckerei der<br />
Theodor Körner KG in der Horber Straße<br />
42 wird mitder Offset-Druckmaschine<br />
„Karat“ ausgerüstet. Damitsind<br />
vollfarbigeDrucksachen und Plakate bis<br />
zu einem Format von 50 mal 70 Zentimetermöglich.<br />
2000 Der „<strong>Gäubote</strong>“ als anerkannter Werbeträger<br />
bekommt mit der Herrenberger Woche eine noch breitere<br />
Basis. Die„HeWo“ ist seit dem 1. August dem Wochenblatt<br />
Böblingen in einer Auflage von rund 22 000 Exemplaren<br />
beigefügt. „<strong>Gäubote</strong>“ und„HeWo“ erlauben damit<br />
nahezu eine komplette Haushaltsabdeckung in der<br />
Region.<br />
2000 Am 5. Mai<br />
zeichnet der„<strong>Gäubote</strong>“<br />
erstmals den„Energiesparer<br />
desMonats“ aus,<br />
eine Mitmach-Aktion für<br />
die Leser,die bis heute<br />
andauert.
Seite 115<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
Auch viele größere und kleinere<br />
Unterhaltungs- und Reparaturarbeiten,<br />
die an so einemaltehrwürdigen<br />
Gebäudenun mal anfallen, werden<br />
von derBauhütte fachmännisch erledigt.“<br />
Als geradezu genial erwiesen hat sich<br />
dieIdee des ehemaligen Herrenberger<br />
Dekans Dieter Eisenhardt, in der Kirche<br />
ein Glockenmuseumeinzurichten.<br />
Welchen Stellenwert hat das Museum<br />
heute erreicht?<br />
„Das Glockenmuseum istdas einzige<br />
seiner Art, in dem dieGlocken<br />
nicht nur als Museumsstücke angeschautwerden<br />
können. Es ist eine<br />
überauslebendige Einrichtung, in der<br />
die Originalglocken aus acht Jahrhunderten<br />
ihrenDienst tun und nach einer<br />
festgelegten Läuteordnung zu<br />
Gebet und Gottesdienst rufen. Dies<br />
und die allmonatlichen Glockenkonzerte<br />
beeindrucken Besucher aus nah<br />
und fern und machen dasGlockenmuseum<br />
zu einem der Hauptanziehungspunkte<br />
Herrenbergs. Organisation,Ausbau<br />
und Unterhaltung der<br />
Einrichtungfordern vonden Mitgliedernund<br />
dem Vorstand des Vereins<br />
aberauch einen entsprechend hohen<br />
Einsatz.“<br />
Mit dem Carillon hat der Förderverein<br />
ein weiteresProjekt umgesetzt, das allerdings<br />
von Schwierigkeiten begleitet<br />
war.Sind Siejetzt mit dem Klang und<br />
der Resonanz –auch im übertragenen<br />
Sinne –zufrieden?<br />
„Nicht nur Fachleute und Carilloneure<br />
bescheinigen unserem Carillon<br />
einen exzellenten Klang. Sie loben die<br />
ausgezeichnete Stimmung des Instrumentes<br />
und die leichtgängigeTraktur,<br />
diedem Spieler ein konzentriertes<br />
Musizieren erlaubt. Auch dieautomatischabgespielten<br />
Melodien vor den<br />
liturgischen Läutezeiten der Glocken<br />
haben inzwischen ihren angestammten<br />
Platz im Tageslauf.Dazu nutzen<br />
die Glockenkonzertmeister das Carillon,<br />
um mit Melodien und Musikstücken<br />
diemonatlichen Glockenkonzerte<br />
zu bereichern. Vonallen Seiten<br />
erreicht denVerein begeisterte Zustimmung.Allerdings<br />
wird dasCarillonspiel<br />
alseher zu leise empfunden.<br />
Dies istnatürlich auch dadurch bedingt,<br />
dass die Glockensehr hoch<br />
In dieser Situation entwickelte<br />
sich eine landesweiteund<br />
konfessionsübergreifende Solidarität<br />
mitder Kirche am Berg<br />
Gernot Heer über die fundamentale Sanierung<br />
hängen und der allgemeine Geräuschpegel<br />
im Stadtgebietausgeprägt<br />
ist.“<br />
Natürlich stehen die Gottesdienste im<br />
Mittelpunkt, aber gefüllt wird dieKircheauch<br />
mitMusik und gelegentlichen<br />
Ausstellungen. Wie bewerten Sie<br />
diese Angebote?<br />
„Dass dieStiftskirche nicht nur als<br />
Gotteshaus fürdie evangelische Kirchengemeinde<br />
dient, sondern auch<br />
sonst mit Leben erfüllt wird, ist eine<br />
sehr willkommeneErgänzung. Die<br />
Konzerte der Herrenberger Kirchenmusik<br />
und andererMusikschaffender<br />
sindweit überHerrenberg hinaus<br />
wohl bekanntund sehr gut besucht.<br />
DieAkustik im historischen Gebäude<br />
ist insbesondere für Chormusik hervorragend.<br />
Auch dieregelmäßigen<br />
Ausstellungen mit Werken bildender<br />
Kunst unterschiedlichster Art auf der<br />
Turmempore haben mitder sinnvollen<br />
Einbindungins religiöse Kirchenlebenihren<br />
festen Platz.“<br />
Waswürden Sie sich fürdie Zukunft<br />
wünschen –für die Kirche und für den<br />
Verein?<br />
„Die Stiftskirche Herrenberg war<br />
besonders während der verschiedenen<br />
Bauphasen direkt und indirekt<br />
Grundlage für Arbeit, Lohn und Brot<br />
vieler Herrenberger.<br />
Siewar auchAnlass für<br />
manche Sorgen mit ihrer<br />
Lage auf dem ’wanderndenBerg’.<br />
Die Sanierung<br />
im letzten<br />
Jahrhundert hat viel<br />
gebracht,aber dieErhaltungunsres<br />
geliebtenschönen<br />
Kirchengebäudes<br />
wird auch<br />
unsere Kinder undKindeskinder<br />
weiterbeschäftigen müssen.Ich<br />
wünsche mir,dass ein solidarisches<br />
Zusammenstehen aller Beteiligten,<br />
der evangelischen Kirchengemeinde,<br />
derWürttembergischen Landeskirche,der<br />
bürgerlichen Gemeinde<br />
Herrenberg,des LandkreisesBöblingen<br />
unddes Vereins zur Erhaltung<br />
der Stiftskirche ebendiese Erhaltung<br />
sichert. Die Stiftskirche,somächtig<br />
undtrutzig sie auch am Schlossberghangwirkt,<br />
braucht dringend ständige<br />
Unterstützungund Betreuung.<br />
Deshalb erhoffe ich mirauch zukünftigviele<br />
Helfer,Unterstützer und<br />
möglichstviele Menschen, die als<br />
Mitglieder unseren Verein in die Lage<br />
versetzen, dieseArbeit weiterzuführen.“<br />
■<br />
Die Stiftskirche<br />
■ 1293<br />
ErsteWeihe der Stiftskirche<br />
■ 1472<br />
Taufstein, ältestes Kunstwerk<br />
in derKirche<br />
■ 1483 bis 1493<br />
Einwölbung derDecke zur<br />
gotischenHallenkirche<br />
■ 1504<br />
Kanzel vonMeister Hanselmann<br />
■ 1517<br />
Chorgestühl mit Schnitzwerken<br />
ausder Werkstatt des Christoph<br />
von Urach und des Schreiners<br />
Heinrich Schickhardt des<br />
Älteren<br />
■ 1519 bis 1521/22<br />
Hochaltarvon Jerg Ratgeb<br />
■ 1749<br />
Diebeiden gotischen<br />
Turmspitzen werden durch<br />
die barocke Zwiebelhaube ersetzt<br />
Ein Millimeter im Jahr<br />
S<br />
Die Stiftskirche Herrenberg<br />
ie ist das WahrzeichenHerrenbergs,<br />
oftwird sie im Volksmund<br />
liebevollauch „die Glucke vom Gäu“<br />
genannt: die Stiftskirche. Unwillkürlich<br />
ziehtsie stets die Blicke aufsich,<br />
zu dominant istihre Lage am Trauf<br />
des Schönbuchs. Das mächtige Gotteshaus<br />
wurde1293 geweiht und erhielt<br />
1483 bis 1493 die Einwölbung<br />
zu einer der ersten spätgotischen<br />
Hallenkirchen in Württemberg. Als<br />
Marienkirche ist sieder Mutter Jesu<br />
geweiht. 1749 wurden diebeiden gotischen<br />
Türme, wie siewunderbar im<br />
Merian-Stich von 1635 dokumentiert<br />
sind,abgebrochenund durch diebarocke<br />
Zwiebelhaube ersetzt. Aber die<br />
Stiftskirche leidet auch –anihrem<br />
Gewicht. DerGipskeuper,der Untergrund<br />
auf dem dieKirche steht, ist<br />
nicht tragfähig genug. Deshalb<br />
rutscht das Gebäude aus hellem<br />
Schilfsandsteinimmer mehr auf die<br />
Altstadt zu –etwa einen Millimeter<br />
im Jahr.Diese Instabilität und dadurch<br />
verursachte Schäden machten<br />
zwischen 1971 und 1982 umfangreiche<br />
Renovierungsarbeiten notwendig.Mit<br />
derSanierung wurde die Kirche<br />
in sich stabilisiert, so dass sie<br />
heuteals Ganzes besteht –und doch<br />
langsamden Hang hinabgleitet. Im<br />
Kircheninnenraumkonnte bei der Renovierung<br />
durch dasHerausnehmen<br />
der Emporen aus dem19. Jahrhundert<br />
der Zustandder spätgotischen<br />
Hallenkirche weitgehendwiederhergestellt<br />
werden.<br />
Bedeutende Kunstwerke in der Kirche<br />
sindder Taufstein, die von Meister<br />
Hanselmann geschaffene Steinkanzel<br />
und das Chorgestühl von<br />
Heinrich Schickhardt, demGroßvater<br />
des Baumeisters Heinrich Schickhardt,<br />
mit Schnitzereienaus der<br />
Werkstatt des Christoph von Urach.<br />
Der imposante Hochaltar von Jerg<br />
Ratgeb stehtheute in derStaatsgalerie<br />
in Stuttgart.Zusehen ist in der<br />
Kirche auchdie wiederhergestellte<br />
älteste Rosetteimdeutschen Südwesten.<br />
Zu einem überregionalen Anziehungspunkt<br />
ist das Glockenmuseum<br />
geworden, initiiert vom ehemaligen<br />
Herrenberger DekanDieter Eisenhardt.<br />
■ -mar-<br />
■ 1859 bis 1891<br />
ErsteSanierung<br />
■ 1890<br />
Verkauf des Ratgeb-Altars an die<br />
heutigeStaatsgalerie Stuttgart<br />
■ 1971 bis 1982<br />
Zweite umfassende statische<br />
Sanierung mit der Farbgestaltung<br />
im Innenraum von1493<br />
■ 1992<br />
Anfängedes Glockenmuseums<br />
■ 2012<br />
Einweihung des Carillons für<br />
das Glockenmuseum -stu-
Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite116<br />
Der Herrenberger Altar des Jerg Ratgeb<br />
Tiefer theologischer<br />
Sinn<br />
Heute wird dasOriginal<br />
des Ratgeb-Altars in der<br />
Stuttgarter Staatsgalerie<br />
gezeigt GB-Repro<br />
K<br />
ennen Sie eigentlich den Herrenberger<br />
Altar? Nein? Nun ja, in<br />
Herrenberg sucht man dasehemalige<br />
Prachtstück derStiftskirche vergebens.<br />
Dort gibt es heute nurnoch ein kleines<br />
Klappmodell desAltars, vorne rechts<br />
im südlichen Seitenschiff.Daneben ein<br />
Schwarz-Weiß-Foto von 1929: damals,<br />
anlässlich der700-Jahr-Feier der Stadt,<br />
durfte der Altar für kurze Zeit auf seinenalten<br />
Platz zurückkehren.<br />
VONDR. MICHAELA BAUTZ<br />
Doch warum isternichtmehr da?<br />
Als um 1890 dieStiftskirche im neugotischen<br />
Stil renoviert wurde, entsprach<br />
derAltar nicht dem Zeitgeschmack.<br />
Der federführende Architekt Christian<br />
Friedrichvon Leins und der zuständige<br />
Prälat Dr.Georg Heinrich von Merz kritisierten<br />
dieBilder und den Künstler<br />
Jerg Ratgeb derart, dass derStiftungsrat<br />
den Verkauf an die königliche Gemäldesammlung<br />
in Stuttgart beschloss.<br />
Der Erlös betrug 5000,- Mark.<br />
Konzipiert war derAltar als Teil der<br />
wohldurchdachtenAusstattung des<br />
Chores derStiftskirche, derden frommen<br />
und gebildeten „Brüdern vom gemeinsamenLeben“<br />
als Andachtsraum<br />
diente.Ein älterer,heute nicht mehr<br />
erhaltener Schreinwurde 1519 mit<br />
neuen Bildtafeln ausgestattet. Es war<br />
der Hauptaltar der Stiftskirche, geweiht<br />
derKirchenpatronin Maria. Als<br />
Künstler beauftragte man Meister Jerg<br />
Ratgeb, der sich durchArbeiten in<br />
Heilbronn, Schwaigern und Frankfurt<br />
einen guten Ruf erworben hatte. Ratgeb<br />
ist vielen bekannt durch sein tragischesEnde<br />
im Bauernkrieg. Als Mitglied<br />
einer von denaufständischen<br />
Bauern erzwungenen Delegation der<br />
Stadt Stuttgart geriet er zwischen die<br />
Fronten, wurde desVerrats angeklagt<br />
und 1525 in Pforzheim gevierteilt.<br />
Der Altar wardurch dennicht mehr<br />
vorhandenen Lettnerden Blicken der<br />
Gemeinde entzogen,seine Botschaften<br />
richteten sich nur an die Chorherren.Dargestellt<br />
sind derApostelabschied<br />
sowieSzenen aus der Passion<br />
undaus dem Marienleben. Die Rahmender<br />
Bilder zieren bedeutungsvolle<br />
biblischeTexte, während viele Details<br />
der Bilder einen theologisch-symbolischenSinnhaben.<br />
So steht z. B. eine<br />
Fliege, die in denMund des Judas<br />
fliegt, für denSatan, derbeim Letzten<br />
Abendmahl in ihnfährt (Joh. 13,27).<br />
VonJerg Ratgebs Meisterschaft zeugen<br />
die farbenfrohen, expressiven, fein<br />
ausgearbeitetenDarstellungen, zeittypischfür<br />
den Übergang vom Mittelalter<br />
zurNeuzeit. Es lohnt sich auf jeden<br />
Fall,den Herrenberger Altar im Original<br />
zu besichtigen. Er steht heute in<br />
derStaatsgalerie Stuttgart.<br />
■ Unsere AutorinDr. Michaela Bautz<br />
ist Vorstandsmitglied im Verein zur Erhaltung<br />
der Stiftskirche Herrenberg.<br />
Danebenarbeitet die Kunsthistorikerin<br />
freiberuflich im Kulturbereich –als<br />
VHS-Dozentin,Stadtführerin oder bei<br />
Forschungsprojektenoder historischenAusstellungen.<br />
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und Zuverlässigkeit im Holzbau:<br />
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Seite 117<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
Hildrizhausen<br />
Das grüne Dach der Kirche<br />
ist einStück Heimat<br />
V<br />
erbinden möchte ich das Gemeindeporträt<br />
über Hildrizhausen<br />
gleich zu Beginn miteinem herzlichen<br />
Glückwunschzudiesem außergewöhnlichen<br />
Jubiläum des„<strong>Gäubote</strong>“:<br />
eine Tageszeitung seit 1838 mit Inhaltzufüllen,<br />
zu produzieren und zu<br />
vertreiben, ist wahrlich nicht selbstverständlich,sodass<br />
darauf alle während<br />
dieser langen Zeit Beteiligten zu<br />
Recht sehr stolzsein dürfen.<br />
VONMATTHIAS SCHÖCK<br />
DieLeserschaft des „<strong>Gäubote</strong>“ erstreckt<br />
sich insbesondere aus historischen<br />
Gründen bis nachHildrizhausen<br />
auf die Schönbuchlichtung. Unsere<br />
Gemeinde gehörtezum Oberamt Herrenbergund<br />
zählt bis heute zum Kirchenbezirk<br />
Herrenberg. Entsprechende<br />
Verbindungen zur Großen Kreisstadt<br />
auf der anderen Seite desSchönbuchs<br />
werden daher bis heute gepflegt.<br />
Ichmöchte Sie, liebeLeserinnen<br />
und Leser,auf einen Spaziergang<br />
durch unseren liebens- und lebenswerten<br />
Ort mitnehmen, dergewerblichganz<br />
überwiegend vonHandwerksbetrieben<br />
und Familienunternehmen<br />
geprägt ist. Mit knapp 3600<br />
Einwohnerinnen undEinwohnern sind<br />
wir daszweitkleinste Gemeinwesen im<br />
Landkreis Böblingen.<br />
Unsere gemeinsame Tour beginnen<br />
wirander Nikomedeskirche, die in der<br />
zweiten Hälfte des11. Jahrhunderts<br />
im romanischen Stil als dreischiffige<br />
Pfeilerbasilika miteingezogenem<br />
Querschiff errichtet wurde und somit<br />
eineder ältesten Kirchen Süddeutschlands<br />
ist. Wahrscheinlich geht es vielen<br />
„Hausemern“ nach einer längeren<br />
Abwesenheit so, dass sich bei der <br />
Matthias Schöck schaut sich Hildrizhausen gerne vom Schönbuchrand ausan–<br />
die Nikomedeskirche sticht dabei sofortins Auge<br />
GB-Foto:Schmidt<br />
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Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite118<br />
Ansicht des grünen Kirchturmdaches<br />
unseres Wahrzeichens –gleich<br />
aus welcherRichtung manauf Hildrizhausen<br />
zufährt –Heimatgefühle einstellenund<br />
man sich spätestens dann<br />
auchwieder richtig auf zu Hause freut.<br />
Um die Nikomedeskirche herum befindet<br />
sich der Alte Friedhof,der seit<br />
seiner Umgestaltung vorfünf Jahren<br />
die Funktion einer öffentlichen Grünfläche<br />
mitten im Orthat, wo man den<br />
täglichen Trubel für einige Zeit hinter<br />
sich lassen kann.<br />
Direkt gegenüberliegt derDorfplatz,<br />
dermehrmals im Jahr für FestivitätenverschiedensterArt<br />
genutzt<br />
wird.Nicht zuletzt daran lässt sich unser<br />
überdurchschnittlich reges Vereins-<br />
und Kirchenleben ablesen. Dieses<br />
trägt im Übrigen auch einen Großteil<br />
dazu bei, dass es in Hildrizhausen<br />
einaußerordentlich gutes und harmonischesMiteinander<br />
innerhalb der<br />
Dorfgemeinschaft gibt.<br />
Auf dem Dorfplatz steht das Alte<br />
Rathaus, dessen Räumlichkeiten eine<br />
ganzbesondere Atmosphäre für Eheschließungen,<br />
fürdas monatliche<br />
Dorfcafé oder auch fürkulturelle Veranstaltungen<br />
bietet.<br />
Wenn wir bei unserem Spaziergang<br />
nunmehrdie Ehninger Straße überqueren,<br />
stehen wir vordem Alten<br />
Forsthaus, das nebenseinen Vereinsräumen<br />
auchden Bürgersaal beherbergt,<br />
der regelmäßig für private Feierlichkeiten<br />
genutzt wird.<br />
Am Ende der EhningerStraße entstehtaktuell<br />
mit dem Gustav-Fischer-<br />
Stift eine Pflegeeinrichtung, dieinwenigen<br />
Monaten mit ihren stationären<br />
Dauerpflegeplätzen, Tages- und Kurzzeitpflegeplätzensowie<br />
betreuten<br />
Wohnungen unsere Infrastruktur erheblichaufwerten<br />
wird. Das dortige<br />
Raumprogramm beinhaltet zudem die<br />
Büros der Nachbarschaftshilfe sowie<br />
der Diakonie- und Sozialstation, eine<br />
Der „<strong>Gäubote</strong>“ ist für mich ...<br />
... die morgendliche Frühstückslektüre,<br />
mit der ichmich über das Neueste im Gäu,<br />
im Landkreis Böblingen unddarüber hinaus<br />
informiere<br />
Matthias Schöck<br />
Cafeteria und einen Mehrzweckraum.<br />
Verständlicherweise ist daher schon<br />
heute eine gewisse Vorfreude auf die<br />
Inbetriebnahme des Gustav-Fischer-<br />
Stifts zu spüren. Vondort aus geht es<br />
jetzt in den Teil Hildrizhausens, der<br />
südlich der Herrenberger Straße liegt.<br />
Neben den drei kommunalen Kindergärten<br />
und dem Rathaus findet<br />
man dort auch dasvor fast 80 Jahren<br />
gebautebeheizte Freibad in der<br />
Würmstraße,das für eine Gemeinde<br />
unserer Größenordnung sicherlich eine<br />
Besonderheit darstellt.ImDurchschnitt<br />
genießen jährlich rund 35 000<br />
Badegäste dendortigen Familienbadcharaktermit<br />
einem 50-Meter-Becken<br />
samtSprungturm sowie einem Kinderplanschbeckenund<br />
einer großen Liegewiese.<br />
Gespeist wird das Freibad vonunserer<br />
Eigenwasserversorgung mit ihren<br />
vier Brunnenund zwei Hochbehältern,<br />
aufdie unsere<br />
Bevölkerung –<br />
trotz des relativ<br />
hohenHärtegrades–zu<br />
Recht<br />
sehr stolz ist.<br />
Auch diese komplette<br />
Unabhängigkeitvon<br />
anderenVersorgern<br />
ist eher außergewöhnlich<br />
undinsofern<br />
erwähnenswert.<br />
Südlichder bebauten Ortslage<br />
schließen sichunsere Schönbuchschule<br />
–eine zweizügige Grundschule –sowie<br />
dieSchönbuchhalle in ihrer Funktion<br />
als Turn- und Festhalle samt Freisportanlagean.<br />
Diese wurden in den<br />
vergangenenJahren durch denSchönbuchsaal<br />
und das dortigeFreizeitgelände<br />
samt „Dirt-Bike-Bahn“ ergänzt.<br />
So langsam gehtunser Spaziergang<br />
in eineWanderung über, und wir erreichenden<br />
Außenbereichunserer<br />
Gemarkung. Prägend ist dabei sicherlich<br />
deruns im Süden, Westen und<br />
Norden umgebende Wald mitdem<br />
Naturpark Schönbuch. Ebenso ins Auge<br />
fällteinem der Streuobstwiesenbestand,<br />
insbesondere im Bereichzwischen<br />
der Ehninger und der Herrenberger<br />
Straße.Nicht vergessen werden<br />
darfauch dieüber 400 Jahre alte Obere<br />
Linde als eines von vielen Naturdenkmälern<br />
auf unserer Gemarkung.<br />
Erkundet werden kann dieses Naherholungsgebiet,<br />
dassich direkt vor<br />
unseren Haustüren befindet, von mehreren<br />
Wanderparkplätzen aus. Einer<br />
davon liegt auchimBereich „Kohltor“<br />
und dortwiederum ist schon seit weit<br />
über 50 Jahren der Stammsitz der<br />
Waldhaus gGmbH, einer sozialpädagogischen<br />
Einrichtung der Jugendhilfe,<br />
die im ganzenLandkreis Böblingen<br />
unddarüber hinaus tätig ist.<br />
Wenn man sich in dieser Ecke aufhält,trifft<br />
man zudem auch regelmäßig<br />
dieSchönbuchstrolche, dieden<br />
voneinem Vereingetragenen gleichnamigen<br />
Waldkindergarten besuchen.<br />
Unweit von hier –auf halber Strecke<br />
zurück in denOrt, von unserer schön<br />
gelegenenFriedhofsanlage aus –hat<br />
mandann einen wunderbaren Blick<br />
aufHildrizhausen mit derNikomedeskirche<br />
im Zentrum. Damit schließt<br />
sich der Kreis.<br />
■ Unser Autor Matthias Schöck ist<br />
Bürgermeistervon Hildrizhausen.
Seite 119<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
Das Herrenberger Krankenhaus<br />
Die „Klinik im Gäu“ verbucht steigende<br />
Patientenzahlen<br />
V<br />
ieles zählt zur Infrastruktur einer<br />
Region –Schulen, Freizeiteinrichtungen,Angebote<br />
vonDienstleistern<br />
oder Einzelhandel.Wie selbstverständlichbenutzen<br />
wirStraßen, Busse oder<br />
Bahnen.Für die Menschen im Gäu von<br />
herausragender Bedeutung aber ist<br />
das Krankenhaus in Herrenberg als<br />
zentrale Anlaufstelle bei allenGesundheitsfragen.<br />
VONJUTTAKRAUSE<br />
Sie schätzen die Nähe und die überschaubaren,<br />
familiären Strukturen.<br />
Dank der langen und sehr engen<br />
Kooperation mit der Diakonieschwesternschaft<br />
Herrenberg-Korntal, diedie<br />
Atmosphäre im Hospital entscheidend<br />
mitgeprägt hat, ist dasHaus darüber<br />
hinaus für seine besondere, fürsorgliche,<br />
vomchristlichen Glauben geprägte<br />
Pflege bekannt.<br />
„Jeder Patient kann mit jederErkrankung<br />
hierherkommen–rund um die<br />
Uhr,ansieben Tagen in der Woche!“,<br />
Hohe Qualität, familiärer Charakter –dafür steht Michael Jugenheimer,der Ärztliche<br />
Direktor des Herrenberger Krankenhauses<br />
GB-Foto:Bäuerle<br />
erklärt Dr.Michael Jugenheimer,Chefarzt<br />
derChirurgie und seit 17 Jahren<br />
Ärztlicher Direktor des Hauses. „Hier<br />
erhält er in jedem Fall die notwendige<br />
Erstversorgung und die richtige weiterführende<br />
Behandlung. Gegebenenfalls<br />
leiten wirden Patienten dorthin<br />
weiter,woerdie für ihn optimale Versorgungbekommt.“<br />
Füralles, was in denBereich der<br />
Grund- undRegelversorgung fällt, ist<br />
das Hausbestens gerüstet. Weitere<br />
Versorgungsschwerpunkte tragen zu<br />
dem für ein Haus dieser Größe beachtlichen<br />
medizinischenSpektrum bei.<br />
DieKlinik fürInnere Medizin hatneben<br />
denbeiden bewährten Bereichen<br />
Gastroenterologieund Kardiologie einen<br />
geriatrischen Schwerpunkt aufgebaut.<br />
Im Herbst wird diePalliativmedizin<br />
–seitJahren ein wichtiger Bereich<br />
in Herrenberg –eine eigene Station<br />
bekommen.Die Chirurgische Klinik<br />
deckt die Bereiche Allgemein-, Viszeral-<br />
undGefäßchirurgie –mit neuem<br />
Schwerpunkt Proktologie (Erkrankungen<br />
desEnddarms) –Unfallchirurgie<br />
sowie Endoprothetik ab. DieKlinik für<br />
Geburtshilfe und Gynäkologie ist spezialisiert<br />
auf minimal-invasive Eingriffe<br />
und Beckenbodenchirurgie.<br />
Besonderer Beliebtheit erfreut<br />
sich die Geburtshilfe, diesich unter<br />
anderem durch dieEinführung des<br />
Hebammenkreißsaals2009 und die<br />
Zertifizierung als babyfreundliches<br />
Krankenhaus 2012 auszeichnet. „Herrenberg<br />
ist dabei, sich wieder Richtung<br />
1000 Geburten im Jahr zu entwickeln“,<br />
freut sich der Ärztliche Direktor.Abgerundet<br />
wird dasmedizinische<br />
Spektrum durch dieKlinik für Anästhesie<br />
und Intensivmedizin, diemit allen<br />
anderenKliniken zusammenarbeitet,<br />
unddie Praxis des niedergelassenen<br />
Radiologen Dr.Ulrich Schott, die<br />
in der Herrenberger Klinik herausragenderadiologische<br />
Diagnostik<br />
betreibt.<br />
Damit die Patienten<br />
sich in<br />
ihrer „Klinik im<br />
Gäu“ möglichst<br />
wohlfühlen und um das medizinisch<br />
gutausgestattete Haus auch baulich<br />
fürdie Zukunft zu rüsten, werden gegenwärtig<br />
umfangreiche Sanierungsmaßnahmen<br />
durchgeführt, für diein<br />
den letzten Jahren bereits rund sechs<br />
Millionen Euro investiert wurden. „Das<br />
ganzeHaus wird sukzessive saniert –<br />
vom Keller bis in dendritten Stock!“,<br />
freut sich Dr.Jugenheimer.Etwa40<br />
Prozent des 30 Jahre alten Gebäudes<br />
sind bereits erneuert, derzeit ist die<br />
Sanierung des gesamten Ambulanzund<br />
Funktionstrakts im Erdgeschoss in<br />
vollem Gange. Als nächste Maßnahme<br />
ist dieAusweitung der OP-Saalkapazitäten<br />
und der Neubau der Intensivstation<br />
geplant.<br />
Dass die Gäubewohner „ihre“ Klinik<br />
schätzen,schlägt sich auch in Zahlen<br />
nieder.„Seit Jahren nehmen dieLeistungszahlen<br />
des KrankenhausesHerrenberg<br />
eine sehr positive Entwicklung“,<br />
betont MichaelJugenheimer.<br />
„Seit 2008 können wirjedes<br />
Jahr eine Steigerungder Patientenzahlenzwischenvier<br />
undsieben Prozent verbuchen.“<br />
Um die 30 000 Patienten<br />
werden hier jährlich<br />
stationär und ambulant behandelt.<br />
Die Zahl derstationären<br />
Fälle in dem150-Betten-Haus<br />
stieg kontinuierlichvon<br />
7219 in 2007 auf<br />
8610 im vergangenen<br />
Jahr. ■<br />
Das Krankenhaus<br />
in Herrenberg wird<br />
sukzessive modernisiert<br />
GB-Foto:gb
Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite120<br />
Mobilität<br />
Auf Asphalt und aufder Schiene gut vernetzt<br />
A<br />
ns Eisenbahnnetz angeschlossen<br />
zu sein,das bedeutete: eine Verbindungindie<br />
weite Welt zu haben,<br />
von derEntwicklung in Wirtschaft und<br />
Tourismus zu profitieren und Verdienstmöglichkeitenauch<br />
in Landstrichenzuschaffen,<br />
die von der geografischen<br />
Lageweniger begünstigt waren.<br />
Dieser Prozesssetzte im 19. Jahrhundert<br />
ein, Verkehrsinfrastruktur auf<br />
Straße undSchiene entwickelt sich<br />
weiter: Autobahn, Bundesstraßen,<br />
S-Bahn, Gäubahn, Ammertalbahn.<br />
Herrenbergund das Gäu sind ganz gut<br />
an die überörtlichenVerkehrswege<br />
angeschlossen. Das war nicht immer<br />
so. Die Ammertalbahn ist in den 1960-<br />
er- und 1970er-Jahren sogar nur<br />
knapp derStilllegung entgangen.<br />
Ob zur Arbeit oder<br />
an den Bodensee:<br />
DieA81 –Hauptschlagader<br />
im<br />
Verkehrssystem<br />
GB-Foto: Bäuerle<br />
VONKONRAD BUCK<br />
In den 1860er-Jahren rangen Dr.Otto<br />
Elben und der damalige württembergische<br />
AußenministerFreiherr von<br />
Varnbüler um die Frage, wie eine<br />
Bahnlinie vonStuttgart in den Raum<br />
Böblingenverlaufen sollte. Während<br />
Varnbüler für eine Route von Zuffenhausen<br />
über Leonberg nach Calw plädierte,setzte<br />
sich Elben füreine Gäubahn<br />
vonStuttgart über Böblingen<br />
und Herrenbergnach Freudenstadt<br />
ein –samt Verbindungsästen nachTübingen<br />
und Calw/Nagold. Verwirklicht<br />
wurde ein größerer Teil desElben-Vorschlags:<br />
Gebaut wurden die Gäubahn<br />
von Stuttgart nach Freudenstadtund<br />
die Ammertalbahn von Herrenberg<br />
nach Tübingen.<br />
„UnsereStadt war gestern Abendin<br />
freudiger Erregung“, hieß es am 21.<br />
August 1879 im „<strong>Gäubote</strong>“, als der<br />
erste Probezug auf der Gäubahnin<br />
Sicht war.Und unbeschreiblich war<br />
der Jubel, als am 31. August 1879der<br />
„Festzug“ vonStuttgart<br />
durchdas Gäu dampfte.<br />
DerDampfzug von<br />
Stuttgart nach Herrenberg<br />
war über 80 Minuten<br />
unterwegs, von<br />
Stuttgartnach Freudenstadt<br />
sogar fast vier<br />
Stunden –was aber fürdamalige Verhältnissetrotzdem<br />
eingroßer FortschrittimVergleich<br />
zum Pferdefuhr-<br />
Mehr Fahrspuren, weniger<br />
Stau:Bei Gärtringen wird<br />
dieA81 ausgebaut<br />
GB-Foto: gb<br />
Unsere Stadt war gestern Abend<br />
in freudiger Erregung ...<br />
Der „<strong>Gäubote</strong>“ über den ersten Zug auf der Gäubahn<br />
werk oder zum Fußmarsch war. Der<br />
Schwarzwald war zuvor auf beschwerlichen<br />
Wegen nur in Ein- oder Zweitagesreisenzuerreichen.<br />
Einen großen Aufschwung erfuhr<br />
der Nahverkehr auf derGäubahn über<br />
100 Jahrespäter durch dieS-Bahn, die<br />
1992 bis Herrenberg verlängert worden<br />
ist. Während im Regionalverkehr<br />
erheblicheFahrgastzuwächse zu verzeichnen<br />
waren, kränkelt derzeit der<br />
Fernverkehr zwischen Stuttgart und<br />
Zürich:Vormals mitICE- oder Cisalpino-Zügen<br />
bedient, verkehrenmomentan<br />
Intercity-Züge der Schweizer Bundesbahnen,<br />
dieaber teilweise nur<br />
schwach ausgelastet sind.Ab2017 soll<br />
die Zahlder Intercity-Verbindungen<br />
zwischen Stuttgart undZürichverdoppelt<br />
werden.Vorgesehen ist, dass die<br />
Hälfte dieser Züge auch in Herrenberg,<br />
Nebringen und Bondorf hält. <br />
2002<br />
Elmar<br />
Schöllkopf,<br />
Sohnvon Heidi und<br />
Rainer Schöllkopf,tritt in die Geschäftsleitungein<br />
und erhält Prokura.<br />
2003 Anzeigen veröffentlicht<br />
der „<strong>Gäubote</strong>“ jeden Tag. Mit<br />
dem Jahresbeginn startet der<br />
„Donnerstagsmarkt“, die beliebten<br />
Anzeigen-Sonderseiten für<br />
Werbekunden.<br />
2005 Der Theodor Körner Verlag<br />
folgt dem Trend der Zeit: Vom<br />
1. Juli an erscheint der „<strong>Gäubote</strong>“<br />
vollinFarbe und wird im Z-Druck<br />
in Sindelfingen,dem gemeinsamenDruckzentrum<br />
von drei<br />
Zeitungsverlagen, produziert.<br />
2005 Lokale Stellenanzeigen<br />
bekommen eine neue Qualität. Sie<br />
erscheinen in Kombination immer<br />
samstags und mittwochs.Ein<br />
erfolgreichesKonzept, das 2007<br />
auf dieImmobilien-Rubrik ausgedehntwird.
Seite 121<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
Eine wechselvolle Geschichte hat<br />
auch dieAmmertalbahn hinter sich.<br />
Die Teilstrecke vonHerrenberg nach<br />
Pfäffingen wurde am 12. August 1909<br />
freigegeben, ein knappesJahr später<br />
fuhren die Zügebis Tübingen. Die<br />
Ortsteile derheutigen Gemeinde Ammerbuchgehörten<br />
zumfrüheren<br />
OberamtHerrenberg und waren damals<br />
ganz auf Herrenberg als den natürlichen<br />
Mittelpunkt des Gäus ausgerichtet.<br />
Sie erhielten mit der Ammertalbahnauch<br />
einen Anschluss in Richtung<br />
Böblingen/Stuttgart. In Herrenberg<br />
angekommen, wurde derDampfzug<br />
mit Wasser aufgefüllt an dem Wasserturm,<br />
derspäter der neuen Unterführungander<br />
Nagolder Straße weichen<br />
musste. Außerdem gab es an dieser<br />
Stelle eine „Drehscheibe“, um die<br />
Dampflokomotive wieder an die Spitze<br />
des Zuges rangieren zu können.<br />
DieAmmertalbahn wurde damals<br />
liebevoll als „Tübingerle“ tituliert, wie<br />
sich Heidi Schöllkopf,geborene Merz,<br />
erinnert,die Senior-Verlegerin des<br />
„<strong>Gäubote</strong>“. In ihrem<br />
letzten Schuljahr<br />
1944/45 pendelte<br />
Heidi Schöllkopf<br />
(Jahrgang<br />
1928) regelmäßig<br />
nach Tübingen,<br />
weil sie dort die<br />
Abschlussklasse<br />
besuchte.„Wenn<br />
man ausdem Zug<br />
rausgeschaut hat,<br />
hatman manchmal<br />
viel Ruß abbekommen.Das<br />
war<br />
ein ganz gemütlichesFahren“,<br />
entsinntsie<br />
sich. Die<br />
Fenster erstreckten<br />
sich damals<br />
über die gesamte<br />
Höhe desWagens.<br />
Nicht alle Züge<br />
fuhren damals<br />
planmäßig. Dies war denWirrnissen<br />
des zu Ende gehenden Zweiten Weltkriegs<br />
geschuldet: Wenn Jagdbomber<br />
am Himmelgesichtet wurden, stand<br />
der Zugstill. Die Fahrgäste mussten ihrenWeg<br />
zu Fuß zurücklegen und<br />
schütztensich –sobald Gefahr im Verzugwar<br />
–insogenannten „Deckungslöchern“<br />
vormöglichen Angriffen aus<br />
derLuft. Ein Verwandter von Heidi<br />
Schöllkopfs Vater ist beieinem Angriff<br />
im Zug schwer verletzt worden. Bei einem<br />
Bombenangriff auf Herrenberg<br />
wurde auchdas damalige „<strong>Gäubote</strong>“-<br />
Verlagsgebäude in derHorber Straße<br />
9schwer beschädigt. Getroffen<br />
werden sollten aber wohl diebenachbarten<br />
Eisenbahn-Anlagen, besonders<br />
Drehscheibe und Wasserturm.<br />
AngenehmereErinnerungen hegt<br />
Heidi Schöllkopf an den Hardtwald,<br />
den dieAmmertalbahn zwischen Entringen<br />
und Altingen durchquert. DiesesWaldstück<br />
seiein „botanisches<br />
Kleinod“, schwärmt die Herrenbergerin.Manchmal<br />
stieg sie aus dem Zug<br />
aus,genoss dieses „ganz arg schöne<br />
Herrenberg<br />
bekommt die<br />
S-Bahn und wird<br />
damit weit besser<br />
an den Ballungsraum<br />
Stuttgart<br />
angebunden<br />
GB-Foto:Bäuerle<br />
Erst demontiert, dann wiederbelebt: die Ammertalbahn<br />
Stückle Erde“, pflückte Blumen und<br />
fuhr dann mit dem nächsten Zug weiter.<br />
In der zweitenHälfte des 20.Jahrhunderts<br />
schlitterte die Ammertalbahnaber<br />
in eine existenzielle Krise,<br />
die Zeit derAutomobilisierung wirkte<br />
sichnachteilig auf den Bahnverkehr<br />
aus.„Man konnte sich nicht vorstellen,<br />
dass jemals wieder ein Zug auf dieser<br />
Streckefahren würde“, blickt Heidi<br />
Schöllkopf zurück. Die damalige Bundesbahn<br />
ließ die Gleise zwischen Herrenbergund<br />
Gültstein demontieren,<br />
vieleJahre lang verkehrten nur noch<br />
Schülerzüge zwischen Tübingen und<br />
Entringen. Die Renaissancebegann, als<br />
derLandkreis Tübingen Mitte der<br />
90er-Jahre dieStrecke zumsymbolischenPreis<br />
voneiner Mark erwarb.<br />
„Und sie fährt doch“, betitelte der<br />
„<strong>Gäubote</strong>“ seine Sonderpublikation,<br />
bevor sichder erste Ammertalbahn-<br />
Zug am 31. Juli 1999 aufden Weg<br />
machte. Seither pendeln die roten<br />
Triebwagen zwischen Herrenberg und<br />
Tübingen an Werktagen vom frühen<br />
Morgen bis zum<br />
spätenAbend im<br />
Halbstunden-Takt,<br />
pro Tagvon fast<br />
8000 Fahrgästen<br />
frequentiert.<br />
Auch beim Straßenverkehr<br />
istdie<br />
Infrastrukturimmerwieder<br />
entscheidendverbessert<br />
undden neuen<br />
Anforderungen<br />
angepasst worden,auch<br />
den<br />
Bedürfnissen der<br />
großen Wirtschaftsunternehmen<br />
und Berufspendler.<br />
Davon<br />
zeugen eineVielzahl<br />
von Ortsum-<br />
GB-Foto:Schmidt<br />
fahrungen–und<br />
vor allem die Autobahn mit dem 626<br />
Meter langen Schönbuchtunnel. Ursprünglichwar<br />
geplant, die A81von<br />
Leonberg aus vorbei an Renningen<br />
und Magstadt bis Gärtringen weiterzubauen.<br />
Nach langjährigen Kontroversen<br />
gab man diesen Plan aber auf.<br />
Stattdessen führt derUmweg über die<br />
A8zum Kreuz Stuttgart. Ab dem<br />
Kreuz Stuttgart verläuft die1978 fertiggestellte<br />
Fortsetzung derStadtautobahn<br />
A831 als A81über Sindelfingen/Böblingenzum<br />
Bodensee. Bei<br />
Gärtringen erinnert eine Autobahnabfahrt<br />
nach links (in Fahrtrichtung<br />
Stuttgart) an das einst geplante Vorhaben,<br />
ein Autobahnkreuz zu errichten.<br />
Vondiesem Autobahnkreuz sollten<br />
nach Nordosten dieA831 nachStuttgart,<br />
nachSüden die A81zum Bodensee,<br />
nach Norden dieA81 nach Leonberg<br />
undnach Südwesten eine Autobahn<br />
oder Schnellstraße nach Nagold<br />
verzweigen.Der Schwenk nach Leonberg<br />
undNagold wurde aber nie gebaut.<br />
Zuletzt wurde der Abschnitt zwischen<br />
Gärtringen und Böblingen-Hulb<br />
aufdrei Spurenerweitert. Das nächste<br />
anstehende Projekt: Zwischen Hulb<br />
undSindelfingen-Ost soll die Autobahn<br />
ausgebaut und mit einem 850 Meter<br />
langen Lärmschutz-Deckelversehen<br />
werden. ■<br />
YOUNGTIMER (Greiß GmbH 118Jahre)<br />
gratuliert OLDTIMER (<strong>Gäubote</strong> 175Jahre)<br />
Im Jahre 1895 gründete der bis dahin in<br />
verschiedenen Stellungen als Kaufmann<br />
tätig gewesene Julius Greiß in seinem<br />
elterlichen Hause in der Bronngasse<br />
sein Kolonial-, Material- und Farbwarengeschäft.<br />
Im Laufe der Jahre erwarb<br />
derselbe weitere Hausanteile und vergrößerte<br />
das Geschäft durch Umbauten<br />
und Neueinrichtungen. Mit der Vergrößerung<br />
der Räumlichkeiten wurde auch<br />
der Geschäftsbetrieb erweitert und neben<br />
den bisher geführten Artikeln die<br />
Foto Greiß<br />
Bronngasse 3–7<br />
71083 Herrenberg<br />
Tel. (0 70 32) 79 45 24<br />
Drogenhandlung und später noch eine<br />
Abteilung für fotografische Apparate<br />
und Bedarfsartikel eingerichtet. ImJahre<br />
1925 wurden Maschinen zur Herstellung<br />
von Öl- und Lackfarben sowie chemischpharmazeutischen<br />
Präparaten in Betrieb<br />
genommen.Durch den Toddes Gründers<br />
ging das Geschäft imJahre 1926 in den<br />
Besitz der Witwe über, die dasselbe mit<br />
den Söhnen Eduard und Julius betrieb.<br />
Heute wird das Geschäft inder 4. Generation<br />
weitergeführt.<br />
Greiß GmbH<br />
Bronngasse 3–7<br />
71083 Herrenberg<br />
Tel. (0 70 32) 26500
Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite122<br />
Wilhelm Dengler im Interview: Die Landwirtschaft prägt die Landschaft<br />
„Wie bei jeder Veränderung<br />
wird es Gewinner undVerlierer geben“<br />
Bauern prägen seit Jahrhundertendie<br />
Kulturlandschaft<br />
im Oberen Gäu. Auch in Zukunft<br />
wird das so sein, obschonder<br />
Flächenverbrauch<br />
deutliche Spuren<br />
hinterlässt, sagt Wilhelm<br />
Dengler. Der „<strong>Gäubote</strong>“<br />
sprach mit demSindlinger,<br />
der sich in vielfältiger Weise<br />
fürdie Belange einer regionalen<br />
Landwirtschaft engagiert.<br />
VONDIETMAR DENNER<br />
Vor175 Jahren, als der „<strong>Gäubote</strong>“<br />
daserste Malerschien, wardas<br />
Obere Gäueine von der Landwirtschaft<br />
geprägte Region. Trifft das heute<br />
immer noch zu?<br />
WilhelmDengler: „Schauen Sie sich<br />
einfachum: Zwischen denStraßen,<br />
zwischen den Siedlungen und selbst<br />
neben Gewerbebetrieben findet Landwirtschaft<br />
statt. Dasist Fakt. Nur sieht<br />
sie anders aus als früher.Esgibt heute<br />
vieleunterschiedliche Varianten –vom<br />
Grünland biszuden Sondernutzungsflächenwie<br />
für Gemüse, Erdbeeren<br />
und sogar Spargel. Nicht zu vergessen<br />
auch derIntensivobstbau neben den<br />
Streuobstwiesen am Schönbuchrand.<br />
Dasalles prägt unsere Kulturlandschaft.“<br />
Die Landwirtschaft warund ist<br />
noch immereinem Strukturwandel<br />
unterzogen.Worin liegt dieser<br />
Strukturwandel begründet?<br />
„Strukturwandel gab es schon immer.Hauptantrieb<br />
ist dertechnische<br />
Fortschritt. Heutegibt es einfach andere<br />
Möglichkeiten, um zu produzieren,<br />
als in der Vergangenheit. Früher<br />
musste sehr vielmit Handarbeit gemachtwerden.<br />
Zwischenzeitlich gibt<br />
es zumBeispiel ganz andere Anbauverfahren,die<br />
zu einem erheblichen<br />
Rationalisierungsschubgeführt haben.<br />
Ein Beispiel: Für einen Hektar Zuckerrüben<br />
fielen früher 500 bis 600 Arbeitsstundenan,<br />
heute sind es noch<br />
20.Der Strukturwandel liegt aber auch<br />
darin begründet,dass sich in unserem<br />
Raum für vieleMenschen, die in der<br />
Landwirtschaft tätig waren, Erwerbsalternativen<br />
erschlossen haben. Das<br />
führte dazu, dass Betriebe aufgegeben<br />
wurden und andere Betriebe dadurch<br />
wachsenkonnten. Es gibt Regionen in<br />
Baden-Württemberg, wo diese Erwerbsalternativen<br />
nicht so stark vorhanden<br />
waren.“<br />
Vorallem in den<br />
1960er und 1970er<br />
Jahren, aber auch<br />
heute noch, waren<br />
die Siedlungsentwicklung<br />
undder Flächenverbrauch<br />
enorm.<br />
Welche Auswirkungen<br />
hattedas auf die<br />
Landwirtschaft?<br />
„DieSiedlungsentwicklung<br />
setzte<br />
schon weit früher<br />
ein, undauchheute<br />
noch istsie enorm.<br />
Nehmen wir die<br />
Zwei<br />
Generationen,<br />
Vater und Sohn:<br />
Wilhelm Dengler<br />
(links) und<br />
Daniel Dengler<br />
GB-Foto: Holom<br />
Ortsumfahrungen von Gültstein, Herrenberg<br />
und Oberjettingen –sie bedingteneinen<br />
massiven Flächenverbrauch.Oder<br />
nehmen wir das Gewerbegebiet<br />
an der B28a beiBondorf,die<br />
70 Hektar aufdem Eisberg –überall<br />
werden dieWeichen für Flächenentzug<br />
gestellt. Wobei ich klar die Meinung<br />
vertrete,dass wir, wenn wirunserenWohlstand<br />
halten wollen, eine<br />
gute Verkehrs- und Gewerbeinfrastruktur<br />
brauchen. Womit ich mich<br />
aber schwer tue, und mit mir viele andereLandwirte,<br />
ist die Tatsache, dass<br />
beispielsweise vonden für die HerrenbergerNordumfahrung<br />
in Anspruch<br />
genommenen 30 Hektar lediglich<br />
zehn fürdie eigentliche Trasse benötigtwurden<br />
und der Rest für ökologische<br />
Ausgleichsflächenund für die<br />
Modellierung von Böschungen oder<br />
Ähnlichem. Diese Flächen fehlen den<br />
landwirtschaftlichen Betrieben.Das ist<br />
schwer zu tolerieren undzuakzeptieren.“<br />
Wenn wir dieVeränderungenkonkret<br />
an Ihnenund Ihrem Betrieb festmachen,<br />
wiesah Ihre Tätigkeit als Landwirt<br />
früher aus –und wieheute?<br />
„Der Betrieb früher bewirtschaftete<br />
30 Prozent derFläche, die wirheute<br />
zur Verfügung haben. Mein Großvater<br />
beschäftigte noch Taglöhner,überhauptbenötigte<br />
man viel Personal. Ende<br />
der 1950er Jahre gehörte das Pferdegespann<br />
nochzum Alltag, heute benötigenwir<br />
einen modernen und teurenFuhrpark.Als<br />
Landwirt bist du heute<br />
vorallem derjenige, der dietechnischen<br />
Hilfsmittel am Laufenzuhalten<br />
hat, zudemhat der Aufwand im Büro<br />
füralleBetriebe massivzugenommen.<br />
Hinzukommt ständiger Weiterbildungs-<br />
und Schulungsbedarf.Was unseren<br />
Betrieb angeht, ist zu sagen, dass<br />
mein Großvatervon Affstätt kommend<br />
über Herrenberg 1959 die Restdomäne<br />
in Sindlingen erworben hat.<br />
Er führte einentypischen Mischbetrieb<br />
mit Ackerbau, Milchvieh, Schweinen<br />
undHühnern. 1979 gaben wirdie Rinderhaltung<br />
auf und spezialisierten uns<br />
auf die Schweinehaltung mit Zuchtsauenund<br />
Mastschweinen. Heute haben<br />
wirinzwei Mastställen nur noch<br />
Mastschweine.Wir lassen sie im Gärtringer<br />
Schlachthof schlachten und<br />
bringen die Schweinehälften <br />
Zur Person<br />
Wilhelm Dengler (56) sieht sich als<br />
Landwirt mit Leib und Seele, wenngleich<br />
er,wie er sagt, „als Seiteneinsteiger“<br />
in diesen Berufkam. Fremd<br />
war er ihm jedoch nicht, als der studierte<br />
Wirtschaftswissenschaftler vor<br />
gut 15 Jahren vomBöblinger Einzelhandelsunternehmen<br />
Kriegbaum in<br />
die elterliche Landwirtschaft wechselte,<br />
dieervon Kind an kannte. Mit seinem<br />
Sohn Daniel Dengler ist bereits<br />
dienächste Generation in dieLeitung<br />
des Betriebs integriert. Aucherist<br />
Wirtschaftswissenschaftler,studiert<br />
aber neben seiner beruflichen Tätigkeit<br />
an der UniTübingen noch Geschichte.<br />
Wilhelm Dengler ist auch<br />
Vorstandsvorsitzender derGärtringer<br />
Schlachthof-Genossenschaft. -did-
Seite 123<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
direkt zu den Metzgereibetrieben.<br />
DasFutter bauen wirselbst an. Unser<br />
Betriebzeigt exemplarisch dieSpezialisierung.“<br />
Verändert haben sich auch die Verdienstmöglichkeiten<br />
–wokann ein<br />
Landwirt aus eigener Kraft noch Erlöse<br />
erzielen und in welchen Bereichen ist<br />
er auf Subventionen angewiesen?<br />
„Er kann in allen Bereichen Erlöse erzielen.<br />
Die Frage ist nur,obsie kostendeckendfür<br />
denBetrieb sind. Alles,<br />
was produziert wird, erfolgt nach geltenden<br />
Auflagen: Umwelt- und Sozialvorgaben,Tierschutzbestimmungen,<br />
Verordnungen im Pflanzenschutz –all<br />
diese Dinge haben die Kosten nach<br />
oben getrieben. Hinzukommt dieGlobalisierung<br />
der Märkte und die Tatsache,<br />
dass in anderen Ländern–Frankreich,<br />
Dänemark, Italien –das Lebensmittelpreisniveau<br />
höher liegt als bei<br />
uns,der Verbraucher eine höhere<br />
Wertschätzung Lebensmitteln gegenüber<br />
zeigt und mehr Geld dafür ausgibt.<br />
Wasdas Thema Subventionenangeht:Sie<br />
dienen letztlich dem Endverbraucher.Jedes<br />
Produkt würde sich<br />
verteuern, gäbe es solche Subventionen<br />
nicht.Denn dann müsste jedes<br />
Unternehmen aus wirtschaftlichen<br />
Gründenden tatsächlichen Preis dafür<br />
verlangen,weil eine wirtschaftliche<br />
Querfinanzierungnicht mehr möglich<br />
wäre.“<br />
Zahlen wir Verbraucher zu wenig für<br />
landwirtschaftlicheProdukte und<br />
Dienstleistungen? Oder greiftder<br />
HandelzuhoheMargenab?<br />
„Im Handel herrscht ein gnadenloser<br />
Wettbewerb. Umgekehrt geben<br />
wirheute zwölf Prozent unseres Einkommens<br />
fürLebensmittel aus, nach<br />
dem Zweiten Weltkrieg waren es noch<br />
40 bis 45 Prozent.Jedem soll es selbst<br />
überlassen bleiben, wofür er sein Geld<br />
gibt.Aber ich sage oft<br />
auch: DasAuto vor<br />
der Haustür sieht jeder,das<br />
Essen auf<br />
dem Tisch nicht. Gehen<br />
Sie mal zumDiscounter:<br />
Bestimmte<br />
Fleischsonderangebote<br />
sind dort billi-<br />
Wilhelm Dengler<br />
gerals Hunde- oder Katzenfutter aus<br />
derDose. Der Verbraucher entscheidet<br />
letztendlich durch sein Konsumverhalten,<br />
wohindie Reise geht, wo<br />
und unter welchen Rahmenbedingungendie<br />
landwirtschaftliche Produktion<br />
erfolgt. Werglaubt, langfristig zu<br />
RamschpreisenPremiumprodukte zu<br />
erhalten, derirrt gewaltig. Daswird<br />
auf Dauer nicht gehen.“<br />
Kann man angesichts derglobalisierten<br />
Agrarpolitik und eines ebenso globalisierten<br />
Agrarhandelsüberhaupt noch<br />
regionale Landwirtschaft betreiben?<br />
„Gerade deswegen!Denn bei ihr ist<br />
Transparenz darstellbar im Gegensatz<br />
zur großen industriell anmutenden<br />
Landwirtschaft. Der Verbraucher kann<br />
hier denDirektbezugzum Erzeuger<br />
nachvollziehen,esgibt kurze Transportwege<br />
und eineregionale Vermarktung.<br />
Wenn Produkte vor Ort hergestellt<br />
werden,dann brauche ich auch<br />
wenigerstaatliche Kontrollen, denn<br />
die Kontrolle kommt dann von der Gesellschaft<br />
und durchdas eigene Im-<br />
Rampenlicht-Stehen vor Ort.“<br />
Für viele Menschen, die in der<br />
Landwirtschaft tätigwaren, haben sich<br />
Erwerbsalternativen erschlossen<br />
Welche Perspektive hat die<br />
Landwirtschaft im Oberen Gäu?<br />
„Man muss nur offenseinfür Neues,<br />
dann hatsie eine Zukunft. Der Wandel<br />
in derWirtschaft, dieinglobale Märkte<br />
eingebunden ist, wird weitergehen.<br />
Wie bei jederVeränderung wird es Gewinner<br />
und Verlierer geben. Die Zahl<br />
der Betriebe wird sich vermutlich<br />
noch einmal reduzieren. Man muss<br />
auch aufgeschlossen sein gegenüber<br />
neuen Betriebsformen wie Maschinenoder<br />
Erzeugergemeinschaften, so wie<br />
wir dasbeispielsweise beim Rübenanbau<br />
oder bei derSchlachtvieherzeugung<br />
haben.“<br />
Gibt es spezielle Sparten oder Marktlücken?Gehört<br />
derökologischen<br />
Landwirtschaft dieZukunft?<br />
„Ökologische Landwirtschaft ist eine<br />
vonvielen Formen der Landwirtschaft.<br />
Wenn der Verbraucher danach fragt,<br />
wird sie eine Zukunft haben. Man<br />
mussdazu aber auch sagen, dass die<br />
ökologische Landwirtschaft deutlich<br />
geringere Erträgeerzielt. Würde die<br />
Landwirtschaft weltweit auf Öko umstellen,<br />
gäbe es ganzschnell einMengendesaster.<br />
Ich spreche mich ganz<br />
klar für eine Vielfalt in derLandwirtschaft<br />
aus.“<br />
Fehlt der Landwirtschaft<br />
die politische Lobby?<br />
„Das Problem ist eher,dass sich der<br />
gesellschaftliche Mainstream gegen<br />
unsrichtet, auchdie Medien –als Beispiel<br />
nenne ich hiernur die Berichte<br />
überLebensmittelskandale oder Verstöße<br />
im Tierschutz. Da wird zu heftig<br />
undunwissend pauschalisiert. Früher<br />
hatten dieMenschen einen direkten<br />
Bezugzur Landwirtschaft, heute wissen<br />
große Gesellschaftsteile garnicht<br />
mehr, wasdort läuft.“<br />
Machtesnoch Spaß,Landwirtzusein?<br />
„Ganz klar: Ja! Es gibt keinen Beruf,<br />
denman persönlich so wahrnehmen<br />
kann wiediesen. Ich lebe bewusst mit<br />
dem, wasich täglich mache, und sehe,<br />
wasunmittelbar daraus wird. Das ist<br />
doch wunderbar.“ ■
Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite124<br />
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VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
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Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite126<br />
Seit dem12. Jahrhundert: Eine Mühle und ihre lange Geschichte<br />
Das älteste „Geschäft“ im Gäu<br />
steht in Gültstein<br />
S<br />
eit mehr als 1000 Jahren nutzen<br />
MühlenimAmmertal dieKraft des<br />
kleinenFlusses dazu, Getreide zu Mehl<br />
zu mahlen. Auch dieGültsteiner Mühle<br />
gehört dazu. Im 12. Jahrhundert<br />
wurdesie erstmals schriftlicherwähnt.<br />
VON JUTTA KRAUSE<br />
Ihre bewegte Geschichte –und ein<br />
StückFamiliengeschichte –hat das<br />
Müller-Ehepaar Renate und Werner<br />
Unsöld 1999 in einem Buchfestgehalten.<br />
Der Anlass warihr eigenes, beachtlichesJubiläum:<br />
Bereits seit 1797<br />
wird die Mühle von derFamilie Unsöld<br />
betrieben. Werner Unsöld stellt die<br />
sechste, sein Sohn Joachim, derebenfalls<br />
Müllermeister ist, diesiebte Generation<br />
in der Familie.<br />
Seit 1958 ist Werner Unsöld schon<br />
Müller.„Ich wäre lieber Landwirt geworden,aber<br />
heute ist es bestimmt<br />
besser so“,blickt er zurück. In den fast<br />
60 Jahren,die Werner Unsöld als Müller<br />
tätig ist, hat sich der Beruf sehr verändert<br />
und die Mühle hat sich den<br />
Auch für die<br />
Gültsteiner Mühle<br />
gilt: Wachsen<br />
oder weichen, die<br />
Betreiberfamilie<br />
hat sich für ein<br />
abgewogenes<br />
Wachstum<br />
entschieden<br />
GB-Foto:Holom<br />
modernen Zeiten angepasst. „Die Arbeit<br />
ist heute ganz anders. Körperlich<br />
istesdeutlich einfacher geworden.<br />
Dafürmuss sich derMüller<br />
mitTechnik und Elektronik<br />
auskennen“, berichtet<br />
Unsöld.<br />
Früher brachten<br />
die Bauern ihr Getreide<br />
zurMühle,wo<br />
es für Lohn gemahlen<br />
wurde, und holten es auch wieder<br />
ab. Eine Weile war es auchüblich, dass<br />
der Müller das Mehl auslieferte. „Die<br />
Kleinbetriebe, die ihr Getreide selber<br />
verbraucht haben, sind<br />
alleweg“, erzähltWernerUnsöld.<br />
„Früher<br />
hatten wirLeute mit<br />
kleinen Äckern, die<br />
brachten ihren Weizen<br />
im Kofferraum hierher,<br />
ließen ihnmahlen und<br />
nahmen dasMehl wieder mit.“<br />
Laden gab es damals dagegen keinen.„Das<br />
hat erst vor etwa 40 Jahren<br />
angefangen“,erinnert sich Werner Unsöld.<br />
„Erst hatten wir nur Mehl, dann<br />
kamen nach und nach dieMüslis und<br />
Saaten dazu.“ Inzwischen bietet der<br />
Mühleladen einerstaunliches Repertoire<br />
an Körnern, Mehl und Getreide,<br />
Müslimischungen, Nüssen und Saaten,<br />
Die Kleinbetriebe, dieihr Getreide<br />
selber verbraucht haben, sind alle weg<br />
Werner Unsöld über den Strukturwandel<br />
Trockenfrüchten, Nudeln und Gewürzen.<br />
Heute ist derLadenein wichtiges<br />
Standbein. Neben neuen, ernährungsbewusstenKunden<br />
gibt es viele Leute,<br />
die ihr Mehl schon seit Generationen<br />
von derGültsteiner Mühle beziehen.<br />
AlsWerner Unsöld<br />
vor55Jahrenbegann,<br />
gab es im Böblinger<br />
Raum um die<br />
40 Mühlen.Anfang<br />
der70er Jahre waren<br />
es nur noch 15. Dass<br />
dieGültsteiner Mühle<br />
vom großen Mühlensterben<br />
verschont<br />
blieb, liegtdaran,<br />
dassschon Werner<br />
Unsölds Vater Wilhelmauf<br />
Modernisierungund<br />
Erweiterung<br />
des Kundenstammssetzte<br />
–ein<br />
Weg, den derSohn<br />
weiter beschritt.<br />
Auch dieEntwicklung<br />
zur Handelsmühle,<br />
die auf eigenesRisiko<br />
Tradition istdas eine,der wirtschaftliche<br />
Erfolg dasandere:Das Müller-<br />
Ehepaar Renate und Werner Unsöld<br />
hatdie richtige Mischung gefunden<br />
GB-Foto:Bäuerle<br />
Getreide kauftund an Mälzereien und<br />
Industrie weiterverkauft, trug zurgesichertenZukunft<br />
derMühle bei.<br />
Nochimmer verarbeitet die GültsteinerMühle<br />
das Getreide aus der Region.<br />
Auf rund 3000 Hektar Ackerland<br />
wachsenimGäu und Ammertal Weizen,Gerste<br />
und Raps sowie fast in Vergessenheit<br />
geratene Sorten wie Dinkel,Emmer<br />
und Kamut, die in der<br />
Mühle weiterverarbeitet und in verschiedenen<br />
Mahlgraden unter anderemimMühleladen<br />
verkauft werden.<br />
„Die altenSorten kann man sich heute<br />
wieder leisten“, resümiert Unsöld.<br />
„Früher wollte diekeiner anbauen,<br />
weil der Ertrag viel niedriger ist als bei<br />
Weizen.“ Das Getreide kommt von<br />
Vertragspartnern. Ein Anbauberater<br />
sorgtdafür,dass derErtrag stimmt.<br />
„Das habenwir massiv betrieben, dass<br />
hier guteSorten angebaut werden“,<br />
erzählt Unsöld nichtohne Stolz. Nebender<br />
Regionalität setzen er und seine<br />
Vertragspartner auf kontrolliert integrierte<br />
Produktion–eine Anbaumethode,<br />
bei der Pflanzenschutzmittel<br />
nur dann eingesetzt werden, wenn sie<br />
auch tatsächlich nötig sind. Derzeit<br />
beschäftigtdie Mühle vier Vollzeitundzwei<br />
Teilzeitkräfte –für die Zukunftfühlen<br />
sich die Unsölds gut gerüstet.<br />
■ JUTTA KRAUSE<br />
2006 Im Oktober erscheint die<br />
erste Ausgabedes „Kinder-<strong>Gäubote</strong>“<br />
–als monatliche Beilage für Sechs- bis<br />
Zwölfjährige.Damit ist der Theodor Körner<br />
Verlag in Herrenberg bundesweit daserste Zeitungshaus,das sich<br />
an dem Gemeinschaftsprojekt desVerbandes Deutscher Lokalzeitungen(VDL)<br />
beteiligt.<br />
2006 Jede Woche einen „Heimatwerker“ –<br />
und dasohne Unterbrechung. Seit März 2006<br />
porträtiert der „<strong>Gäubote</strong>“ Menschen, die sich in<br />
besonderer Weise ehrenamtlich engagieren.<br />
In Zusammenarbeit mit demLandkreis Böblingen<br />
wird ab 2012 der mit 1000 Euro dotierte<br />
„<strong>Gäubote</strong>“-Ehrenamtspreis vergeben.<br />
2009 Der Lokalteil des „<strong>Gäubote</strong>“ bekommt im<br />
März ein neues Layout, im November machen die<br />
überarbeiteten Mantel-Seiten die Rundum-Erneuerung<br />
komplett. Die Typografie wird leichter,die Schriften<br />
sind besser lesbar,farbige Ortsnamen erleichtern die<br />
Orientierung und dieTerminseiten am Samstag<br />
erscheinen als Service-Paket.
Seite 127<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
Im Interview: Olympiasieger Karl Link über dieFaszination des Sports –damals wie heute<br />
„Ich habe keinen Ton<br />
herausgebracht“<br />
Der heute 71-jährige Karl<br />
Link ist als Olympiasieger<br />
im Bahnrad-Vierer 1964 in<br />
Tokio wohl der mit Abstand<br />
prominentesteSportler der<br />
Gäustadt. Im „<strong>Gäubote</strong>“-<br />
Interview schaut er zurück<br />
auf dieEntwicklung der<br />
lokalen Sportszene und gibt<br />
Anstöße für die Zukunft.<br />
VONANDREAS GAUSS<br />
Herr Link,Sie sind im Jahr 1942 geboren<br />
–können Siesich nochanJuli 1954<br />
erinnern?Wie haben es Sie als Elfjähriger<br />
erlebt, wie Deutschland in der<br />
SchweizFußball-Weltmeister wurde?<br />
Karl Link:„Da war ichauf dem<br />
Schlossberg. Derdortige Kioskbetreiber,der<br />
Vorläufervom heutigen<br />
Schlosskeller,hatte einen Fernsehapparataufgestellt.<br />
Es waren unglaublich<br />
vieleLeute auf dem Schlossberg, so<br />
um die 500 Personendürften es gewesensein.<br />
Sie alle haben in einen solchen<br />
kleinen Fernseher gestarrt. Ich<br />
war davon rund 20 Meter entfernt,<br />
standauf einem Tisch und hielt mich<br />
an den Ästen eines Baumesfest.“<br />
Wie alleJungs in Ihrem Alterhaben Sie<br />
auch Fußball gespielt,wie sind Siemit<br />
dem Trainer zurechtgekommen, Ihrem<br />
elf Jahre älterenBruder Fritz?<br />
„Der hat mich nichtaufgestellt. Wir<br />
sind damals mit dem Fahrrad zu den<br />
Jugendspielen nachGültstein und<br />
Mönchberg gefahren.Als vermutlich<br />
einer der Kleinsten bin ich immer mitgefahren,<br />
aber gespielt habe ich nie–<br />
dann habe ich aufgehört.“<br />
Waswar denn die zweite<br />
Sport-Leidenschaft?<br />
„Wir hattenhier in Herrenberg mit<br />
EugenHagenlocher einen relativerfolgreichen<br />
Motorrad-Rennfahrer, sein<br />
Bruder Helmut wargenauso alt wie<br />
ich. Im umgebauten Opel Kapitän von<br />
Eugen, einem Vorkriegsmodell, hat er<br />
uns im Kofferraum neben seiner<br />
350 ccm Nortonzuden Rennen auf<br />
der Solitude ins Fahrerlager reingeschmuggelt.<br />
Motorrad-Rennfahrer zu<br />
werden, war damals mein Traum. Das<br />
Thema waraber abrupt beendet, als er<br />
im Jahr 1957 oder 1958 auf der Heimreise<br />
von einem Rennen in Salzburg<br />
auf der Autobahn eingeschlafen ist,<br />
untereinen Lastwagen geriet und tödlich<br />
verunglückte.“<br />
Stimmt es, dass Sie derspätere<br />
Formel-III-RennfahrerHelmut Broß<br />
zum Radrennengebracht hat?<br />
„Helmutwar Radrennfahrer wie sein<br />
Vater FritzBroß, dervor dem Krieg als<br />
ÖschelbronnerFahrer erfolgreich war.<br />
Ich hatteEnde der 50er Jahre schon<br />
meine Lehre als Schriftsetzerbeim<br />
’<strong>Gäubote</strong>’angefangen. Um 6Uhr war<br />
Arbeitsbeginnund um 15 Uhr hatte<br />
man schon Feierabend. Danach habe<br />
ich öfters meinen MeisterimFreibad<br />
angetroffen. 1957 ist es dann ernster<br />
geworden, und in Gärtringen habe ich<br />
einStraßenrennen hinter Karl Stähle<br />
auf Platz zwei beendet. Damals hatte<br />
ich nur ein zusammengeschustertes<br />
Rennrad, dasich für62Mark erstand.“<br />
Warum haben Radrennen und vor allemdie<br />
Bahnrennen in Öschelbronn<br />
auf das Publikumsoeine große Anziehung<br />
gehabt –damals kamen biszu<br />
2000 Zuschauer?<br />
„Ganz einfach, es gab damals keinen<br />
Fernseher,und da die Radsportleraus<br />
dem ganzen süddeutschen Raum kamen,<br />
haben dieRennen eine gewisse<br />
Anziehungskraft ausgeübt. Ich kann<br />
mich an den Münchener Manfred Karg<br />
erinnern, er und andere hatteneine<br />
Strahlkraftweit über die Region Stuttgart<br />
hinaus. Es waren auch gesellschaftlicheEreignisse:<br />
Nach dem Rennen<br />
gab es Tanzveranstaltungen in<br />
den Gaststätten der jeweiligen Orte,<br />
das waren immergroße Feste.“<br />
Wie würdenSie das Interesse am Sport<br />
in den50er Jahren beschreiben, war<br />
das schon gesellschaftlichals wichtig<br />
verankert?<br />
Es war der beste Job,<br />
weil der Sport im Fokus stand<br />
Karl Link<br />
„Es wardie Zeit des Wirtschaftswunders,<br />
da haben die Leute nicht viel für<br />
den Sportübriggehabt. Viele gingen<br />
zum Daimler,haben nur noch als Nebenerwerbslandwirt<br />
weitergemacht.<br />
Vorund nach derSchicht haben sie<br />
ihre Felder bestellt. Fürmeine sportlichen<br />
Erfolge hat sich damals niemand<br />
interessiert.Erst als icherfolgreicher<br />
wurde, sindbei den Rennen schon mal<br />
Zur Person<br />
Öschelbronner oder Herrenberger<br />
aufgetaucht, in denersten Jahren war<br />
ich da schon ein Lokalmatador.“<br />
Wiehat es Ihre Familie gesehen?<br />
„Bei meiner Mutter Linawar es immer<br />
dasselbe. ’Wie kannst du nur Rad<br />
fahren’, hatsie immer gesagt.Jemehr<br />
sie sich dagegen<br />
ausgesprochen hat,<br />
um so mehr habe ich<br />
draufgehalten.“<br />
1959 habenSie den ersten<br />
BDR-Lehrgang in Schweinfurt mitgemachtund<br />
wurden 1962 zusammen<br />
mit Pit Glemser Deutscher Meister im<br />
Zweier-Mannschaftsfahren.<br />
„Das war eine weitere Weichenstellung.<br />
Wirhatten uns vor demRennen<br />
vorgenommen: Entweder gehen wir in<br />
die Schweiz zumArbeiten und Geldverdienen–ich<br />
als Schriftsetzerund er<br />
als Mechaniker –oder wir werden<br />
Geboren 1942 in Herrenberg, begann<br />
Karl Link seine Karriere als Bahnradfahrer<br />
Ende der50erJahre. Mitdem Gewinn<br />
der Deutschen Meisterschaft im<br />
Zweier-Mannschaftsfahren mit Pit<br />
Glemser (Ludwigsburg)entschloss er<br />
sich zu einer Karriere alsAmateurfahrer.Inder<br />
Besetzung Karl Link, Karl-<br />
HeinzHenrichs, Ernst Streng und Lothar<br />
Claesges gewann derBahnvierer<br />
in der Mannschaftsverfolgung bei den<br />
Olympischen Sommerspielen 1964<br />
Gold in Tokio. DerSchriftsetzer,der<br />
seine Ausbildungbeim „<strong>Gäubote</strong>“ absolvierte,<br />
erhielt 1965 ein Stipendium<br />
für ein Studiumander Sporthochschule<br />
Köln. Beiden Olympischen<br />
Spielen 1968 in Mexiko-Stadt holte er<br />
mit dem Bahnvierer dieSilbermedaille.Zunächst<br />
BDR-Jugendtrainerwurde<br />
er Co-Trainer von Gustav Kilian, dessen<br />
Nachfolge er nach denSpielen von<br />
München 1972 antrat. Im Jahr 1987<br />
wurdeKarl Link Leiter des damals neu<br />
gegründeten Olympiastützpunktes<br />
Stuttgart. Im Juli 2007 gab er dasAmt<br />
nach seiner Pensionierung ab. Karl<br />
Link wohnt in Affstätt.<br />
-asg-<br />
Meister und machen als Radfahrer<br />
weiter.“<br />
Mit demGewinn der Goldmedaille<br />
im Olympia-Vierer in Tokio waren<br />
Sieauf einmal derberühmteste Sohn<br />
der Stadt. Danach war der Empfang<br />
in der Stadthalle für Sie das Härteste.<br />
Warum?<br />
„Weilich darauf überhaupt nicht<br />
vorbereitet war. Ich wusste zwar,dass<br />
es da einen Empfang gab. Aber es war<br />
Ende Oktoberund unter der Woche.<br />
Ichhabe mir nicht vorstellen können,<br />
dass da über 1000 Besucher in der<br />
Stadthalle sein würden, viele ohne<br />
Sitzplatz, an der Empore sind siein<br />
Reihe gestanden. Der Adlerwirt hat<br />
mich damals mit der Kutsche am Hasenplatz<br />
abgeholt.Eswar schon dunkel,<br />
doch in derStuttgarter Straße war<br />
schon jede Menge los, standen die<br />
Leute Spalier.Inder Stadthalle war ich<br />
regelrecht erschlagen von den
Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite128<br />
vielen Besuchern. Ich habe keinen<br />
Tonherausgebracht.“<br />
Die60er Jahre verliefen für Sie als<br />
Hochleistungssportler vermutlich wie<br />
im Flug,was haben Sie im Grunde von<br />
Herrenberg noch mitbekommen?<br />
„Recht wenig, zu Beginn bin ich nur<br />
in den Sommerferien –während des<br />
Studiumsab1965 –nachHerrenberg<br />
gekommen.“<br />
Über Ihre Bundestrainerkarriereab<br />
1969 und Ihre Arbeit im deutschen<br />
Spitzenradsport haben Sienie viel<br />
Worte verloren –warum eigentlich?<br />
„Ich warNachwuchstrainer und habe<br />
versucht, vieles zu entwickeln. Als<br />
Bahnradtrainer und Nachfolger von<br />
Gustav Kilian gab es einenGenerationenumbruch.<br />
Es dauert aber Jahre, bis<br />
man im Vierer wieder einen Stamm<br />
beieinanderhat. Wenn man vier Neue<br />
bringenmuss, geht das nicht so einfach.Und:<br />
Wenn du nicht den Top-Erfolg<br />
hast,sind dieFunktionäre die Ersten,die<br />
weggucken und die dich auch<br />
nicht unterstützen.Das Geschäft war<br />
vielfach frustrierend.“<br />
TagPause dazwischen veranstaltet –<br />
da kannmir doch keiner erzählen, dass<br />
siedamals so gut austrainiert waren,<br />
dass sie dassobewältigen konnten.<br />
Das Thema ist ganzlangsam gewachsen<br />
und in den Steilflug übergegangen<br />
durch dieEpo-Geschichte, die hat<br />
sämtlicheKetten gesprengt, die vorher<br />
noch bestanden haben. Erst die<br />
Trainingskontrollen und vor allem die<br />
Blutbildanalysen bringen etwas Licht<br />
ins Dunkel.“<br />
Wasgibt es denn fürAlternativen?<br />
„Du musst sie beim Training erwischen.<br />
Vonden Kontroll-Institutionen<br />
istkeine innovativ geworden. Das ist<br />
erst besser geworden, als die WADA<br />
gegründet wurde und es weltweit losging.<br />
Beispielsweise wurde die Frauen-<br />
leisten. Aber heutzutage spielt es keine<br />
Rolle mehr, ob man vonNebringen<br />
nachÖschelbronn oder von Jettingen<br />
nach Bondorf fährt. Solche Grenzen in<br />
denKöpfensollten ein wenigabgebaut<br />
werden.“<br />
Zumalauch die Schulen mittlerweile<br />
den Sport entdeckt haben, oder?<br />
„Bewegung ist fürdie Schüler ganz<br />
wichtig. Schon die vorherige Landesregierung<br />
hat die Initiative ’Bewegter<br />
Pausenhof’angestoßen. Man weiß, dass<br />
die Kinder hernach viel konzentrationsfähigersind.<br />
Aber der einzelne Sportverein<br />
klassischer Prägung ist miteinem<br />
Angebot in der oder parallel zur<br />
Schule überfordert. Woher soll er die<br />
Leute nehmen, diemittags zwischen 13<br />
und15Uhr,wenn dieSchüler Sport<br />
Die Leichtathletik, früher eine<br />
Grundlagensportart, hat an Bedeutung<br />
verloren, vonden Laufveranstaltungen<br />
einmal abgesehen. Um junge Sportler<br />
aber so flexibel wie möglich<br />
auszubilden, wäredaeine Kindersportschulevereinsübergreifend<br />
nichtsinnvoll?<br />
„Die KiSS, dieKindersportschulen,<br />
habensich allgemein schnell entwickelt.<br />
Das istgenau der Punkt, der Ansatz,umeine<br />
Arbeitsgemeinschaft darauszumachen.<br />
In denkleinen Ortschaften<br />
wäre das mit Sicherheit eine<br />
ganzsinnvolle Geschichte. Man glaubt<br />
ja gar nicht,welchen Tourismus dieEltern<br />
betreiben, wenn es um solche<br />
Einrichtungengeht, da werden vielfach<br />
Strecken vonzehn bis15Kilometern<br />
in Kauf genommen.“<br />
Sie haben von der Gründung 1987<br />
lange Zeit denOlympiastützpunkt in<br />
Stuttgart geleitet. Sie sagteneinmal:<br />
Es warder beste Job, den Siejegehabt<br />
haben ...<br />
„... es war derbeste Job, weil der<br />
SportimFokus stand. Die Vereins- und<br />
Der deutsche Bahnvierer,<br />
der1964 Olympia-Gold holte<br />
(von links): Lothar Claesges,<br />
Ernst Streng, Karl Link und<br />
Karl-HeinzHenrichs<br />
GB-Foto: gb<br />
Verbandsquerelen, die es ständig gab,<br />
habendie Rahmenbedingungen nicht<br />
beeinflusst. Du hast dich über gewisse<br />
Dinge hinwegsetzen können. Ich<br />
konnte den Olympiastützpunkt so formen,<br />
wieich es mir vorgestellt habe.“<br />
DerSpitzensport in Deutschland ist –<br />
auch nachder Wiedervereinigung 1990<br />
–aus den Schlagzeilen nicht mehr herausgekommen.<br />
Das ThemaDoping betrifft<br />
vor allemdie Einzelsportarten und<br />
da insbesondere denRadsport.<br />
„Warum bloß die Einzelsportarten?<br />
Dasist doch die große Lüge. Meiner<br />
Meinung nach muss auch dermächtige<br />
Fußballmal vor dereigenen Tür<br />
kehren.Allerdings, es handelt sich in<br />
der Regel um Einzeltäter,die sich aus<br />
dubiosen Quellenbedienen. DasThema<br />
Doping ist eineEntwicklung, diees<br />
in vielen Sportartenvon Anfang an<br />
gab. Der Radsport hat sich doch zuerst<br />
kommerziellentwickelt. Doping hat<br />
vonAnfang an eine Rolle gespielt: Die<br />
Tour de France wurde in zwölf Etappen<br />
mit400-Kilometer-Fahrten und einem<br />
fußball-Nationalmannschaft von<br />
Nordkorea fast zu 100 Prozent positiv<br />
getestet. Das hat keinen Menschen interessiert.<br />
Daran sieht man, wiedie<br />
Machtverhältnisse im Sport sind, da ist<br />
dann auf einmal derDeckel drauf.“<br />
Zurück ins Gäu: Wären Sie froh, wenn<br />
das Sportangebot nicht nur in den Vereinen,<br />
sondern auch von kommerziellen<br />
und kommunalenEinrichtungen,<br />
wie zum Beispiel derVolkshochschule,<br />
weiter forciert werden würde?<br />
„Das istein zweischneidiges<br />
Schwert. Auf der einen Seite muss ich<br />
mein Angeboterweitern, um dieLeute<br />
anzusprechen.Ich bedauere aber,dass<br />
auf deranderen Seite das Thema<br />
Nachwuchsförderung auf der Strecke<br />
bleibt.Fitnessstudio schön und gut –<br />
aber diese kommerziellen Einrichtungen<br />
sindfür dieSportentwicklung verloren.<br />
Beiden Vereinen geht das nur,<br />
wenn es professionellgemacht wird.<br />
Doch dereinzelne kleine Verein auf<br />
demDorf mit300 oder 400Mitgliedern<br />
kann sich keinen Hauptamtlichen<br />
treiben können, als Übungsleiter fungieren<br />
sollen?Das geht bei denVereinen<br />
nur,wenn siesich zusammenschließen,<br />
wenn sie Kooperationen eingehen.<br />
Erst dann können sieauch Einfluss<br />
geltendmachen in solchen Themen.“<br />
Die Rolle derFrauen im Mannschaftsund<br />
Wettbewerbssport war lange eher<br />
untergeordneterNatur.Ist es wichtig,<br />
dass eine Stadt wie Herrenberg eine<br />
Handball- Drittligamannschaft hat?<br />
„Zweifellos. Dasmuss man viel, viel<br />
stärker fördern. Viele Funktionäre hat<br />
das Frauenthema nicht interessiert.<br />
Dasist eine Entwicklung, dievöllig verschlafen<br />
wurde. Denn dieMädels haben<br />
es verdient, dass sie sich in der<br />
Gymnastik, im Turnen, beim Spielsport<br />
leistungsmäßig entwickeln können.<br />
Solche Initiativen wiedie SG H2Ku finde<br />
ich wirklich gut. Aber wenn du<br />
obenmitspielen willst, bist du gleich<br />
angewiesen auf Leutevon außen, mit<br />
dem eigenen regionalen Potenzial<br />
schafft man es nicht.“<br />
Wenn Sie nicht Radfahrer<br />
geworden wären, welchen Sport<br />
hätten Siedann mit großer<br />
Wahrscheinlichkeit ausgeübt?<br />
„Sicher etwas im Ausdauerbereich –<br />
wahrscheinlich im Wintersport. Mein<br />
Sonderfach warSkilauf.Das warfür<br />
mich immerein guter Ausgleich, wenn<br />
man sichbei derAbfahrt konzentrierenmusste<br />
und alles andere von einem<br />
abgefallen ist. Auch Bogenschießen<br />
hätte mir gefallen. Das ist zwar<br />
keine Ausdauer-Sportart, dafür muss<br />
man abereine sehr hohe Konzentrationsleistung<br />
aufbringen.“<br />
Welche Erkenntnisse ziehen<br />
Sie aus dertäglichen<br />
Zeitungslektüre?<br />
„Wenn ich ehrlich bin, ich lese manchen<br />
Hintergrundbericht, ich lese die<br />
politische Seite, ich lese auch dieWirtschaft<br />
–aber dietäglichen Familienmeldungendes<br />
VfB Stuttgart interessieren<br />
mich nicht mehr,dahab ich andere<br />
Sorgen.“ ■
Seite 129<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
Die Kunst und daskulturelle Leben<br />
Moments of<br />
„des Goischtige en<br />
Herreberg“<br />
Ein streitbarer Vordenker:<br />
Prof. Dr.Helge Bathelt<br />
GB-Foto: Holom<br />
F<br />
raglosist Herrenberg eingeistiges<br />
Durchzugsgebiet. DerIntellekt<br />
kommtvon außen, verweilt hier kurz<br />
und verflüchtigt sichirgendwohin. Die<br />
Ursache fürdiesesPhänomenist Misstrauen,<br />
demeine ideologische Grundlage<br />
eignet. Intellekt, der sich –obgewolltoder<br />
nicht gewollt –darstellt,<br />
wird als Überhebung begriffen. Der<br />
Überhebliche tritt aus demMaßstab<br />
desbescheiden Gleichen. So etwas<br />
kann nicht geduldet werden, und<br />
wenn es öffentlich wird,–wodurch<br />
auch immer und am schlimmsten<br />
durcheigene Überhebung –, dann<br />
muss es weggedrückt werden oder es<br />
exportiert sich rechtzeitigselbst.<br />
VONHELGE BATHELT<br />
Herrenberg hatte viel, auf dem es<br />
hätteaufbauen können. In allererster<br />
Linie natürlichJerg Ratgeb, immerhin<br />
eine derbedeutendsten KünstlerpersönlichkeitenamBeginn<br />
des 16.Jahrhunderts.Sein<br />
Altar trägt denNamen<br />
der Stadt, und endlichwird der große<br />
Maler und Bauernkriegsrevolutionär<br />
miteinem Skulpturenpfad<br />
nachhaltig<br />
Beeindruckende<br />
Begegnung<br />
erinnert!<br />
Die Schickhardts<br />
haben es immerhin<br />
zum Gymnasiumsnamensgebergebracht.<br />
EinRechenmaschinennachbau<br />
steht im Fruchtkasten<br />
so vor sich hinund der „Kulturkreis“<br />
hatimmerhin eine Faksimileausgabe<br />
der „Reyß in Italien“ zustande gebracht.<br />
TheodorSchüz hat mit seinem „Mittagsgebetinder<br />
Ernte“ dielokale Szenerieinwunderbarer<br />
Weise festgehalten,<br />
undhätte denn Herrenberg im<br />
Fruchtkasten endlich ein Museum, so<br />
könnten hier durchaus Arbeiten dieses<br />
Künstlersaus Tübinger Beständen ausgeliehen<br />
werden: von einer angemessenen<br />
Darstellungder eigenen Sammlungen<br />
einmal ganz abgesehen. Augenblicklich<br />
wird immerhin eine seit<br />
50 Jahren geführte Diskussion –nach<br />
Gründung einer Bürgergruppe, die<br />
sich mitdiesem Thema beschäftigen<br />
soll –neu (sic!) belebt.<br />
Jenseits derHistorie beziehen sich<br />
persönliche Begegnungen erst einmal<br />
auf Menschen, dieHerrenberg nur<br />
kurz berührten, aber Wirkung erzielten.<br />
Gerd Gaiserhat hierinder Nachkriegszeit<br />
gezeichnet und aquarelliert<br />
und der Stadt wundervoll persönliche<br />
Arbeiten hinterlassen,die immerhin in<br />
der Ära Schroth angekauft wurden.<br />
Was60er- und 70er-Jahre-Kritizismus<br />
Gerd Gaiser immer auch angelastet<br />
hat: Er vertrat etwas aus einer Zeit, die<br />
Unvertretbares gezeugt hatte und bot<br />
dabei dochalle Chance nicht etwaeinerAkzeptanz,<br />
sondern etwas vonjener<br />
Wirklichkeitzuerfahren, dieGaiser<br />
in seinen Büchern beschrieb. Immerhinfand<br />
Herrenberg –wenn auch unter<br />
Pseudonym –durch Gaiser Eingang<br />
in die Literatur.Die persönliche Begegnung<br />
mit ihm war<br />
beeindruckend. Früher<br />
hätte man einen<br />
wie ihn als einen „feinen<br />
Menschen“ bezeichnet.<br />
Reinhold Weegmann war einer der<br />
hiervorübergehend Gestrandeten.<br />
Seine Radierungen von fraglos wenigstens<br />
nationalem Rang hängen im Sekundären<br />
desNotariats und warten<br />
auf ihre Wiederentdeckung. In diese<br />
Generation gehört auch derbeeindruckende<br />
Hellmut M. Weidhaas, vormals<br />
Chefredakteur des„<strong>Gäubote</strong>“ und<br />
(ungeprüften)Gerüchten nachhier<br />
mehroder minder nach einem Flugzeugabsturz<br />
gelandet. Jagdfliegerimage:<br />
so weit es so etwasnachkrieglich<br />
überhaupt noch gab. Ein kluger Kopf<br />
und überlegener Beobachter und ein<br />
ordentlicher Aquarellist.<br />
Zu den kulturell Wichtigen sind unbedingtzwei<br />
Archivare zu zählen, derenBedeutung<br />
ortstypisch immerhinterihrer<br />
Leistung zurückblieb, nämlich<br />
Traugott Schmolz und Dr.Roman Janssen.<br />
Beiden fehlte die Fähigkeit und<br />
auch dasInteresse, sich unter allem<br />
mittelstädtisch Mediokren durchzusetzen<br />
und etwas von ihrer nachforschenden<br />
Gründlichkeitdem Allgemeinen<br />
zu vermitteln.<br />
Natürlich ist er immerzunennen,<br />
wenn es um Kultur in derund um die<br />
Gäumetropole geht: Karl Kühnle. Niemand<br />
hat sich mehr vom alten Herrenberg<br />
bestimmen lassen als eben er.<br />
Kühnle hatte eine Familie zu ernähren,<br />
und wiekonservativ er auch immer in<br />
seinen eigenen Voraussetzungen war:<br />
Im Feld traditionalistischer Malerei hatte<br />
er weit mehr anzubieten als das, was<br />
ihm seine Umgebung abzunehmen bereit<br />
war. Kühnlehat seine Bestimmung<br />
zum Pfarrer nie wirklich überwinden<br />
können.Wie sollte er auch in seiner<br />
immensen Liebenswürdigkeit, aus seiner<br />
tiefen Religiosität heraus, <br />
Zur Person<br />
Prof.Dr. Helge Bathelt prägt daskulturelle<br />
Leben in Herrenberg –und mitunter<br />
auch darüber hinaus –seit Jahrzehnten.<br />
1975 hat er die Leitung der<br />
Volkshochschule in Herrenberg übernommen<br />
–und aus ihr eine anerkannte,invielen<br />
Bereichen sogar vorbildliche<br />
Einrichtung gemacht. Geboren<br />
wurdeBathelt 1948 in Sindelfingen,<br />
studiert hat er Politikwissenschaft, Geschichteund<br />
Germanistik und Kunstgeschichte.<br />
Neben seiner Tätigkeit an<br />
der VHS-Spitze hat sich Bathelt umfangreiche<br />
Verdienste als Ausstellungsmacher,Juror<br />
und Laudator erworben.<br />
Lang ist seineListe an Vorträgen<br />
und wissenschaftlichen Veröffentlichungen.<br />
Schon 1994 hat Bathelt im<br />
Rahmen seiner Lehrtätigkeit den Professoren-Titel<br />
verliehenbekommen.<br />
HelgeBathelt engagierte sich außerdem<br />
überlange Zeit in Künstlerverbänden<br />
und fungierte als Projektleiter<br />
der Skulpturenschau auf dem Venusberg,<br />
dieüberregionale Beachtung<br />
fand.<br />
-mar-<br />
2010 In einer repräsentativen<br />
Befragung bewerten<br />
fast 700 Leser den neu gestalteten„<strong>Gäubote</strong>“<br />
–und vergeben dabei<br />
sehrgute Noten. 66 Prozent der Befragten sind „sehr<br />
zufrieden“, weitere33Prozent vergeben das Urteil „ich<br />
binzufrieden“.<br />
2010 Die Website<br />
des „<strong>Gäubote</strong>“ wird im<br />
November komplett neu<br />
konzipiert und um<br />
zahlreicheAngebote<br />
erweitert.<br />
2011 Mit dem Jahreswechsel<br />
erscheint „Sonntag Aktuell“ in<br />
neuer Aufmachung –neues<br />
Format, neues Layout, neue<br />
Rubriken undinder Regel immer<br />
mit32Seiten.<br />
2011 Mitder neuen<br />
Wochenend-Beilage<br />
„Solo“ erweitert der<br />
„<strong>Gäubote</strong>“ ab September<br />
das redaktionelleAngebot.Und<br />
täglich gibt es<br />
die Seite „Wissenswert“.
Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite130<br />
Das<br />
Gesamtkunstwerk<br />
von Lutz<br />
Ackermann<br />
in Nebringen<br />
entfaltet<br />
Strahlkraftweit<br />
über das Gäu<br />
hinaus<br />
GB-Foto:Bäuerle<br />
aber warum hat er nicht den<br />
Sprung hinaus gewagt?Erhat ihn<br />
nichtgewagt, weil es nach demKrieg<br />
für seine Kunstauffassung nichts mehr<br />
zu wagen gab und ein Neues die Regentschaft<br />
übernommen hatte.<br />
AllesNeuebraucht Selbstbewusstsein<br />
in seinem selbstverständlichen<br />
Auftragder Überwindung des Gestrigen.<br />
Hiersind wirbei Eipper,Györfi<br />
und Weik gelandet. Eipper repräsentierte<br />
lokales Urgestein. Die Mutter<br />
schrieb Gedichte, der Bruder,leider<br />
ohne bildnerische Begabung, spielte<br />
Lokaltheater und der Eipper,Uli profilierte<br />
sich gegen alles und jeden.<br />
Streitbar:das passte! Uli warein großartiger<br />
Landschafter in der Nachfolge<br />
der Stuttgarter Akademie seiner Zeit<br />
und damit vor allem Henningers. Diether<br />
Weik kam aus eben diesem Umfeld<br />
und blieb so wunderbar eigenbrötlerisch<br />
und dem gängig-modernistischen<br />
Zeitgeist so fremd, dass er<br />
sich als Lehrer wirtschaftlich absichern<br />
musste.Eben dies galt auch für Georg<br />
Györfi. SeineWeltdistanz erhellt alleine<br />
schon ausdem Versuch, in Herrenberg<br />
auf Dauereine Kunstgalerie unterhalten<br />
zu wollen.<br />
Episodeblieb auch der Kontakt Herrenbergs<br />
zu HAP Grieshaber.Zwar<br />
konnte ein Blatt zugunsten derRenovierung<br />
der Stiftskirche aufgelegt und<br />
verkauft werden, aber den engen Kontakt<br />
zu einem wie ihm, dereinen Ratgeb-Preis<br />
stiftete, hat über dieSpende<br />
hinaus so gutwie niemand versucht.<br />
SeinEntwurf für einen neuen Herrenberger<br />
Altarwurde vernachlässigt: ein<br />
Schicksal, dasauch derEntwurf von<br />
Andras Markos teilte, der immerhin in<br />
Adelmanns „Heiligen Blättern“ veröffentlicht<br />
wurde, aber diewaren ja<br />
auch katholisch.<br />
Nun ist es nicht ganz so, dass die<br />
Gäumetropole nicht auch eine dauerhafte<br />
Ansiedlung von kulturellem
Seite 131<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
Legendär: Das„Mittagsgebet<br />
beider Ernte“ aus 1861<br />
vonTheodor Schüz<br />
Grips zuließe. Gerade derRatgebpfad<br />
wird deutlich machen, dass auch<br />
vor Ort gearbeitetwurdeund wird.<br />
HellmutEhrathist hier sogargestorben,<br />
und seine aufsteigende Figur –<br />
Nummer eins auf dem Pfad als eine<br />
noble Lions -Stiftung –entflieht der<br />
Enge eines Kubus und steigt in die<br />
Freiheit auf.Lutz Ackermann hat die<br />
Altarform aufgenommen und die Bildfelder<br />
so gestaltet, dass sie spiegeln.<br />
Die Herrenberger werden dadurch –<br />
wenn auchamunteren Rand und ein<br />
bisschen verzerrt –zum Teil des Heilsgeschehens.<br />
Linde Wallner schließlich<br />
setzt an dieStadtmauer ein Lichtzeichen.<br />
Vorübergehende Nachhaltigkeit verbinde<br />
ich mitden Dekanen, vondenen<br />
KlausHomann füreine Öffnung der<br />
Stiftskirche auch für zeitgenössische<br />
Kunst stand. Zweimal „Kirche und<br />
Stadt“ warengroßartige Projekte!<br />
Durchreisende bestimmen dennoch<br />
auch dieGegenwart der Stadt. Da gibt<br />
es doch tatsächlich am lokalen Schickhardt<br />
Gymnasium eine Kunsterzieherin,die<br />
als Künstlerin international<br />
Aufsehen erregt. Danielle Zimmermann<br />
wird ihren Wegmachen, und<br />
auch auf diesem Wegwird Herrenberg<br />
nur eine Fußnote bleiben.<br />
In der jüngsten Vergangenheit kamen<br />
viele Impulse aus einer personell<br />
außergewöhnlichhochwertig besetztenKultur.Musikschulleiter<br />
Wolfgang<br />
Teubner warinseinem Leben vor Herrenberg<br />
Orchestermanagerunter SergiuCelibidache.<br />
Er zog exzellente Musikerhierher:<br />
sowohl als Lehrer wie<br />
auch in Konzerten. Seine Nachfolgerin<br />
DorisFroese leitete zuvor eine 400-<br />
Mitarbeiter-MusikschuleimRuhrgebiet,<br />
gehört(e) demDeutschen Musikrat<br />
an und kam nachHerrenberg nur,<br />
weil sie ihrem Mann in den Süden gefolgt<br />
war.Sie widmete sich der Orchesterarbeit,<br />
stelltedie Einrichtung<br />
wegweisend aufund sorgte bei den<br />
Herrenberger Sommerfarbendafür,<br />
dass Hilliard und die<br />
King Singershier auftraten.<br />
Interessante Persönlichkeitenwie<br />
der<br />
KomponistDöring<br />
und der französische<br />
Pianist Pierre Rouéche<br />
wirkten hier.<br />
Hocheinzuschätzen<br />
auch diekirchenmusikalische<br />
Arbeit der<br />
Feiges,denen nicht<br />
nurder Orgelsommer,sondern<br />
auch<br />
fantastische Aufführungen<br />
mit dereigenen<br />
Kantorei zu verdanken<br />
sind. Zur<br />
Schäferin –ein interessanter<br />
Wechsel –<br />
ist diegleichnamige<br />
langjährige Leiterin<br />
der Bibliothek mutiert.<br />
Auch von ihr kamen<br />
wichtige kulturelle<br />
Impulse.<br />
Ein breites Feld der<br />
Weiterbildung und<br />
der Kultur hat über<br />
Jahrzehnte hinweg<br />
die Volkshochschule Karl Kühnle<br />
beackert. Vonden Sommerfarben<br />
überden Ferienspaß bis hin zur Stadtgaleriespannt<br />
sich einweiter Bogen<br />
kultureller Lebendigkeit.Besonders<br />
GB-Foto: M. Kühnle<br />
produktiv dabei dieentente cordial<br />
mit der Herrenberger Bühne vonder<br />
ÄraRuth Walter bis zurÄra Angelika,<br />
Peterund Sabine Bethge. Washier geleistetwird<br />
–auch und gerade in der<br />
Jugendarbeit –hätte längst eine Bürgermedailleverdient.<br />
Gegenwärtig kann man sich leider<br />
des Eindrucks nicht erwehren, dass bei<br />
Nachbesetzungen vor allemder Rotstift<br />
regiert. Es scheint im technischen<br />
Bereich leichterzusein, übertariflich<br />
zu bezahlen alsimkulturellen Sektor<br />
undBildungsbereich. Das einmal außergewöhnliche<br />
Niveau wird absinken.<br />
Istdas vielleicht nach einer gewissenkulturellen<br />
Blüte gar eine lokaltypische<br />
Tendenz? Es gabdas Herrenberg<br />
am See. Es gab das Herrenberg<br />
mit seiner Burg.Esgab dasHerrenberg<br />
mit seiner Stadtmauer,mit Türmen<br />
und Toren. Es gab dasHerrenberg mit<br />
dem Herrenberger Altar.Wenn zum<br />
Beispiel in der unmittelbaren Nachbarschaft<br />
ein Privatmann ein wunderbares<br />
Museum bauen konnte, wann<br />
wird dann Herrenberg beginnen, seiner<br />
reichen kulturellen Geschichte<br />
aucheine reiche kulturelle Gegenwart<br />
zu geben. Immerhin: Private Vorreiter<br />
gibt es auch hier,wie die Gründung<br />
des „Mauerwerk“imMärz MMXIII gezeigt<br />
hat.Eswird Zeit, dass aus dem<br />
Vielen der Geschichte etwas Gegenwärtiges<br />
gemacht wird,das dieser<br />
Substanz entspricht. ■<br />
2012 AufWachstumskurs:<br />
Im Juli<br />
besuchen erstmals<br />
mehr als 100 000User in einem<br />
Monatdie „<strong>Gäubote</strong>“-Website undrufen dabei<br />
biszu650 000Seiten auf.<br />
2012 Mit neuen Werbeformen<br />
neueKundengewinnen:<br />
Banner-Werbung im Internet oder<br />
vonSeptember an der Memostick-Aufkleber<br />
zum Abziehen auf<br />
der Titelseite.<br />
2013 Der „<strong>Gäubote</strong>“<br />
feiert am 7. Juli Geburtstag:<br />
gegründetals<br />
„Intelligenzblattfür den<br />
Oberamtsbezirk Herrenberg“<br />
vor 175 Jahren.
Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite132<br />
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Seite 133<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
Die Stadtkapelle Herrenberg –ein Musikverein mitgroßer Tradition<br />
Schon fast ein<br />
Klassiker: DerAuftrittder<br />
Stadtkapelle<br />
beiden Sommerfarben<br />
GB-Fotos: gb<br />
Ein Choral schallt<br />
über das Gäu<br />
S<br />
onntags in Herrenberg. VomTurm<br />
der Stiftskirche schallt einChoral.<br />
In drei Richtungen wird dervierstimmige<br />
Satz geblasen.Bei Wind und<br />
Wetter sind die Turmbläser zurStelle.<br />
Und das –der vereinsinternen Überlieferung<br />
zufolge –seit hunderten von<br />
Jahren.Vermutlich seit dem Jahr 1457<br />
wird in Herrenberg (Blas)Musik gespielt<br />
-– die Stadtkapelle ist damit der<br />
älteste Verein in derStadt und dürfte<br />
auch zu denältestenMusikvereinenin<br />
Deutschland zählen.<br />
VONSABINEHAARER<br />
„... anno 1457. DerChardinal Julianushat<br />
denPfeiffern, Trompetern,<br />
Lautenschlägern und Spielleuthen eine<br />
besondere Brüderschaft zu halten<br />
Verwilligt [...]: auf dießes bestätigte<br />
Graf Ulrich Ihnen auch, ihre Freyheiten<br />
in seinem Lande“.<br />
Dieser Eintragvon Vogt Gottlieb<br />
FriedrichHeß in derHerrenberger<br />
Chronik gab Anlass, das Gründungsjahrdes<br />
Musikvereins Stadtkapelle auf<br />
1457 zu datieren. Dieser historische<br />
Bezug wird heute jedochmit guten<br />
Gründenbezweifelt, weil diese Urkunde<br />
nachErkenntnissen vonDr. Roman<br />
Janssen, ehemaliger Stadtachivar,<br />
nichtHerrenberg betraf.Noch<br />
heute indessen<br />
wird die Tradition<br />
desTurmblasens<br />
hochgehalten.<br />
Jeden Sonntag besteigendie Turmbläser<br />
um Zinkenist Günther Haar den<br />
Turm der Stiftskirche und blasen von<br />
der Glucke herunter einenChoral über<br />
dasStädtle und das Gäu.<br />
Längst keine reine<br />
Männersache mehr<br />
Ein Foto ausdem<br />
Jahr 1960: Die<br />
Stadtkapelle spielt<br />
auf dem Place Simoné<br />
in derPartnerstadt<br />
Tarare<br />
Doch beiallemFesthalten an den alten<br />
Wurzeln, im Laufe derJahre hat<br />
sich einiges geändert. Seit dem Jahr<br />
1963 dürfen bei derStadtkapelle Frauen<br />
mitspielen. Renate Meixner wardie<br />
erste Musikerin in Herrenberg, davor<br />
war Blasmusikmachen reine Männersache.<br />
Seit Jahrzehnten gilt dasaktive<br />
Orchesterals Aushängeschild desVereins,<br />
mehrals 70 aktive Musiker folgen<br />
seitinzwischen 13 Jahren dem Dirigenten<br />
Matthias Beno.Dazu kommen<br />
mehr als 150 Kinder in dermusikalischenAusbildung.<br />
Um diese schon<br />
möglichst früh an die Musik und das<br />
Musizieren mit denverschiedenen Instrumentenheranführen<br />
zu können,<br />
war dieStadtkapelle Ende der 1960er<br />
Jahretreibende Kraft bei derGründungder<br />
Herrenberger Musikschule.<br />
Paul Schmidt und HeinzSchroth, im<br />
Jahr 1968 Vereinsvorstand und Bürgermeister,<br />
arbeitetenhier eng zusammen.<br />
Nur einJahr<br />
später,1969, wurde<br />
wieder „Neues“geschaffen:Die<br />
„HerrenbergerSchloßberggeister“<br />
wurden gegründet. Der<br />
Stadtkapelle war seinerzeit eine Einladung<br />
zum Partnerschaftstreffen in Tarare<br />
ins Haus geflattert. Da das aktive<br />
Orchestereine zu große Reisegruppe<br />
darstellte, reiste maninkleiner Besetzungnach<br />
Frankreich. Bisheute sind<br />
die Schloßberggeister aktiv, dabei unterhältman<br />
nicht nur die Gäste in Herrenbergund<br />
den Partnerstädten, sondern<br />
war auch schon in Rumänienund<br />
der Ukraine.<br />
Weit über Herrenberg hinaus einen<br />
Namenmachte sich<br />
die Stadtkapelle auch<br />
alsVeranstalter der<br />
„Musiktage“. Was<br />
einst als vereinseigenes<br />
Sommerfest Anfang<br />
der 1960er Jahre begann, firmierte<br />
ab 1967 unter neuem Namenund<br />
entwickelte sichbald zum Musikevent<br />
der besonderen Klasse. Der Umzug am<br />
Sonntagnachmittag wurde zum Massenspektakel.Sowohl<br />
was dieZuschauerals<br />
auch was dieFestzugteilnehmer<br />
anbelangt, knackteman so<br />
manchen Rekord. Allein 150 Pferde<br />
galt es zu versorgen, fürmehr als 700<br />
zweibeinige Übernachtungsgäste<br />
musstenUnterkünfte organisiert werden<br />
–eine logistische Meisterleistung.<br />
Zum Jubiläum im Jahr 2007 fanden die<br />
„Musiktage“ zum letzten Mal statt.<br />
Den „Musiktagen“ hat dieStadtkapelleeine<br />
weitere Besonderheit zu<br />
verdanken: Die Freundschaft mitdem<br />
MusikvereinBergmannsblasorchester<br />
Pate in Sachsen bei<br />
der Vereinsgründung<br />
Kurbad Schlema. Der Verein ging aus<br />
dem Vereinigten Blasorchester der IG<br />
Wismut Aue hervor –und als solches<br />
hatten dieHerrenberger die Musiker<br />
aus Sachsen auchkennengelernt. Zum<br />
Erstkontaktkam es im Sommer 1989<br />
in der Kreissporthalle.Dortwarendie<br />
DDR-Bürger untergebracht, dienoch<br />
vor Öffnung der Mauer<br />
über Ungarn in<br />
den Westen geflohen<br />
waren. Der„<strong>Gäubote</strong>“berichtete<br />
darüber<br />
und interviewte<br />
dazu unteranderem einen „Flüchtling“,<br />
der von seinen Hobbys Musik<br />
und Volkstanz erzählte. Georg<br />
Schwenk, ab dem Jahr 1989 Vorsitzender<br />
der Stadtkapelle,machte sich kurzerhand<br />
auf den Wegins Schulzentrum<br />
Längenholz und nahm Kontaktauf.„Zwei<br />
Wochen später saßen<br />
wir zu viert im Blauen Engel in Schlema“,<br />
erinnert sich Georg Schwenk an<br />
dieerste Fahrt ins Erzgebirge zurück.<br />
Im Herbst 1990 spielte dieKapelleaus<br />
Sachsen erstmals bei den„Musiktagen“,<br />
dieVerantwortlichen der Stadtkapellestanden<br />
beider VereinsgründungPate,<br />
und bis heute verbindet<br />
das Bergmannsblasorchesterund der<br />
älteste Musikverein Deutschlands eine<br />
engeFreundschaft. ■
Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite134<br />
Ziele, Wünsche, Perspektiven: Eine Leser-Umfrage zur Entwicklung des Gäus<br />
Vorallem fürJunge<br />
fehlen Angebote<br />
Wasgefällt in und an Herrenbergund<br />
der Umgebung?Was<br />
fehlt? Wo liegen<br />
Verbesserungs- und Entwicklungsmöglichkeiten<br />
für<br />
die Zukunft? Der „<strong>Gäubote</strong>“<br />
hatPassanten am Herrenberger<br />
Bronntor befragt–<br />
und zum Teil überraschende<br />
Antworten erhalten. Gemein<br />
ist fast allen Aussagen,<br />
dass für Jugendlichemehr<br />
getan werdenmüsse.<br />
VONHOLGER WEYHMÜLLER<br />
UND GERHARD BÄUERLE (FOTOS)<br />
BarbaraSchuur,72Jahre, Herrenberg,<br />
Rentnerin: „Im Grunde genommen bin<br />
ich mitdem, wasHerrenberg und die<br />
Umgebung bieten, rundherum zufrieden:<br />
Wasman unmittelbar benötigt,<br />
gibt es hier. Das ist für mich wichtig,<br />
da ichkein Auto habe –ich mache alles<br />
zu Fuß oder<br />
mit dem Fahrrad.<br />
Es gibt beispielsweise<br />
ausreichend<br />
Ein-<br />
Barbara<br />
Schuur<br />
kaufsmöglichkeiten oder Ärzte. Und<br />
zum Schwimmen kann ich ins<br />
Schwimmbad vor Ort. Wenn dann<br />
doch einmal größereDistanzen zu<br />
überbrücken sind, habe ich Freunde,<br />
die michbei Bedarf in ihrem Auto mitnehmen.<br />
Ichhätte in Herrenberg allerdings<br />
gerne einrichtiges Kino, auch<br />
wennesmit dem Kommunalen Kino<br />
und dem Sommernachtskino auf dem<br />
Schlossberg bereits entsprechende<br />
Möglichkeitengibt. Außerdemist meiner<br />
Meinung nach vorallem an Wochenenden<br />
und insbesondere an<br />
Sonntagendoch etwas wenig Leben.“<br />
Ann-Marie<br />
Attenberger<br />
Ann-MarieAttenberger,20Jahre, Nufringen,<br />
Bufdi: „Ich magdas Ländliche<br />
an Herrenberg und seiner Umgebung.<br />
Man ist schnell in derNatur und begegnet<br />
beim Spazierengehen kaum jemandem<br />
–das<br />
finde ich sehr<br />
schön. Ich habe<br />
mirinden letztenWochenwegenmeines<br />
Bundesfreiwilligendienstes<br />
ziemlich viele<br />
Städte angesehen –Herrenberg und<br />
das Gäu sind für mich nach wievor jedoch<br />
richtig schön. Es ist halt meine<br />
Heimat!Nach meinem Bundesfreiwilligendienst,<br />
den ich in Berlin ableiste,<br />
werdeich sicher wieder zurückkommen.<br />
Verbesserungswürdig finde ich<br />
hier allerdings dieVerkehrswege –da<br />
bin ich als Radfahrer oftüberfordert.<br />
Ohnehin: Weniger Verkehr wäre mir<br />
wesentlich lieber.Die Bahnverbindungen<br />
immerhin haben sich verbessert –<br />
diesind mittlerweile top! Mir fehlt<br />
zwar einKino, aber Clubs oder so würden<br />
meiner Meinung nach zu Herrenberg<br />
nichtpassen. Zumal es genug<br />
Kneipen gibt. Dieses Ruhige macht<br />
schließlich auch das Flair Herrenbergs<br />
aus. Allesist schwäbisch, heimelig, ruhig.<br />
Dasmuss so sein, finde ich. Bei<br />
denEinkaufsmöglichkeiten habe ich<br />
ebenfallskeine Verbesserungswünsche.<br />
Ich kaufe eh fast alles im Internet<br />
ein.“<br />
Ingeborg Gellert, 54 Jahre, Gültstein,<br />
Angestellte: „Ich kaufe gerne hier ein<br />
und mache dasauch ganz bewusst.<br />
Denn ichwill dieEinzelhändler vorOrt<br />
unterstützen. Außerdem sehe ich keine<br />
Notwendigkeit, auswärtseinzukaufen.Schließlich<br />
gibteshier eigentlich<br />
alles.<br />
Meistens reicht<br />
mirsogar das<br />
Angebot auf<br />
Ingeborg<br />
Gellert<br />
dem HerrenbergerWochenmarkt. Allerdings<br />
gibt es fürunternehmungslustige<br />
Jugendliche im Alter zwischen<br />
14 und 18 Jahren zu wenig. Außer<br />
dem Jugendhaus ist so gut wienichts<br />
da.Wir haben zwei Töchter –wenn die<br />
ins Kino oder in dieDisco wollen, müssen<br />
sienach Böblingen, Tübingen, Nagold<br />
oder sogar nach Stuttgart fahren.<br />
Auch dieVerkehrswege-Infrastruktur,<br />
vor allem für Kinder, ärgert mich etwas.<br />
Als Beispiel will ichdie Verbindung<br />
von Kayh, Mönchberg oder Gültsteinnach<br />
Herrenberg nennen–das<br />
sind nur geteerte Feldwege. Und auch<br />
auf dem Reinhold-Schick-Platzist einfachzuviel<br />
Verkehr.“<br />
BartoPolat, 17 Jahre, Herrenberg,<br />
Schüler: „DieStadt muss sich ändern.<br />
Vorallem, wasEinkaufsmöglichkeiten<br />
bei Mode fürjüngere Leute anbelangt.<br />
Aber auch bei denFreizeitmöglichkeiten<br />
muss sich<br />
was tun: Wenn<br />
du in meinem<br />
Alter etwas unternehmen<br />
möchtest, musst<br />
Barto<br />
Polat<br />
du nach Böblingen, Tübingen oder<br />
Stuttgartfahren. Immerhin: In Herrenberg<br />
und der Umgebung gibtesviele<br />
Sportvereine.Ich bin beispielsweise<br />
im Kampfsportverein.Richtig gut finden<br />
ich, dass ein Fast-Food-Restaurant<br />
in Gültstein eröffnet hat. Insgesamt<br />
muss ich trotz der mangelnden Einkaufs-<br />
und Freizeitmöglichkeitenfür<br />
jungeLeute allerdings eines sagen:<br />
Mankann’s hier gutaushalten. Herrenberg<br />
ist kein Kaff.“<br />
PatrikHauser,21Jahre, Bondorf,Angestellter:<br />
„Ich bin in Bondorf aufgewachsenund<br />
bezeichne mich selbst<br />
eher als einenDorfmenschen –auch<br />
wenn Natur nicht unbedingt so mein<br />
Dingist. Aber hier gibt’s nicht so viel<br />
Verkehr wieinder Großstadt, wasmir<br />
sehr gut gefällt. Und nicht so viele<br />
Menschen.Esist einfach ruhiger.Meinetwegen<br />
kann eigentlich fast alles so<br />
bleiben, wieesderzeit ist–zumal jetzt<br />
auch noch ein Fast-Food-Betreiber<br />
nach Gültstein gekommen ist. Es gibt<br />
vielleicht nur ein bisschen wenig Angebote<br />
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Seite 135<br />
VomIntelligenzblatt zur Zeitung<br />
Alter.Wenn ich beispielsweise Klamotten<br />
einkaufen möchte,dann muss<br />
ich nach Sindelfingen oder nach Stuttgart.Und<br />
wenn’s<br />
mich in dieDisco<br />
zieht, dann<br />
fahreich<br />
zwangsläufig<br />
nach Böblingen,<br />
Patrik<br />
Hauser<br />
Tübingen oder Stuttgart. Aber es passt<br />
eigentlich alles hier im Großen und<br />
Ganzen.“<br />
Ewald Kaiser,74Jahre, Herrenberg,<br />
Rentner: „Mit gefällt’shier sehr gut.<br />
Mankann in der Gegend im Wesentlichensehr<br />
gut Rad fahren, auch wenn<br />
man beiden Radwegen einiges verbessernkönnte.<br />
Die S-Bahn und die<br />
Ammertalbahn sind hervorragend,<br />
ebenso die Autobahn –Herrenberg ist<br />
verkehrstechnisch sehr gut ans überörtliche<br />
Netz angeschlossen. Nurder<br />
Reinhold-Schick-Platz istmeiner Ansicht<br />
nachproblematisch. Es gibt in<br />
Herrenberg und dem Umland insgesamt<br />
so vieleMöglichkeiten! Wasgibt<br />
es dennbeispielsweise Schöneres, als<br />
den Schönbuch direkt vor derHaustür<br />
zu haben? Darum beneiden uns andere!<br />
Darüber hinaus kann man hier alles<br />
kaufen,was man braucht. Manmüsste<br />
allerdingsdie Menschen stärker animieren,die<br />
kleinen Geschäfte vor Ort<br />
zu unterstützen und zu erhalten.Die<br />
Leutefahren zum Einkaufen zu oft<br />
weg, obwohl hier allesvorhanden ist:<br />
Fachgeschäfte, große Geschäfte …Nur,<br />
damit die Menschenzum Einkaufen<br />
nichtwegfahren, sozusagen alsLockmittel<br />
die Filiale einergroßen Marke<br />
herzuholen, das würde ich für falsch<br />
halten.Andererseits wiederum finde<br />
ich es positiv,dass einFast-Food-Konzern<br />
bei derAutobahn eine Filiale aufgemacht<br />
hat. Eine Disco wäre für die<br />
jungen Leute<br />
auch gut. Alles in<br />
allemist Herrenberg<br />
eine heimelige<br />
Stadt. Die<br />
Verbundenheit<br />
Ewald<br />
Kaiser<br />
ist groß –imGegensatz zumanonymen<br />
Leben in einer Großstadt. Es ist<br />
doch schön, wenn man wo hinkommt,<br />
undman erkennt sofort jemanden.“<br />
BeateHolz, 49 Jahre, Herrenberg, Unternehmerin:<br />
„Den Schönbuchvor der<br />
Tür,eine gute Anbindung ans Umland,<br />
gute Einzelhandelsgeschäfte, kulturell<br />
sehr vieleMöglichkeiten wie etwa die<br />
Festivals ’Sommerfarben’ oder ’Jazzin<br />
Herrenberg’ –die Möglichkeiten hier<br />
sind sehr groß. Ich würde mir allerdings<br />
wünschen, dass sich Herrenberg<br />
mehr zu sich<br />
selbst bekennt.<br />
Oftsind sehr kritische<br />
Stimmen<br />
zu vernehmen.<br />
Vieles wäre aber<br />
einfacher,wenn<br />
Beate<br />
Holz<br />
jeder seine Bedürfnisse vorOrt decken<br />
würde. Wasmir besonders gefällt, ist<br />
die Nähe zueinander –esgibt hier keine<br />
Anonymität wie beispielsweise in<br />
einer Großstadt. Wasmir allerdings<br />
fehlt, sind Angebote für Jugendliche –<br />
etwa Treffpunkte oder Einkaufsmöglichkeiten.<br />
Letzteres ist vor allem beim<br />
Thema Mode schwierig. Ein großer Name<br />
ausder Modebranche würde vielleicht<br />
ganz gut tun. Ich denke, dass das<br />
fürHerrenberg mehr Chance alsNachteil<br />
wäre.Eswäre zudem schön, wenn<br />
weniger Verkehr über den Schick-Platz<br />
rollen würde. Weniger Verkehr hieße<br />
aber auch, dass die Autofahrer an Herrenbergvorbeifahren<br />
würden. Das wäre<br />
die Kehrseite derMedaille –das<br />
muss jedem, derweniger Autos auf<br />
demSchick-Platz fordert, klar sein.<br />
Mein Fazit jedenfalls lautet:Ich bin in<br />
Herrenberg rundum zufrieden. Hier<br />
fühleich mich wohl –hier möchte ich<br />
altwerden.“<br />
Patrick Bahlinger,21Jahre, Herrenberg,<br />
Student: „Es könnte mehr Clubs für<br />
jungeLeute zum Weggehen geben.<br />
Außerdem fehlt es an Einkaufsmöglichkeitenfür<br />
Jüngere, vor allem im Bereich<br />
Mode. Und an einem Kino. Wenn<br />
man einkaufen oder insKino möchte,<br />
muss manmeistens<br />
halt doch<br />
nach Sindelfingen<br />
oder Böblingenoder<br />
gleich<br />
nach Stuttgart<br />
Patrick<br />
Bahlinger<br />
fahren. Es istmir insgesamt zu wenig<br />
Leben in der Stadt. Defizite sehe ich<br />
auch bei den Radwegen. Ichbin aber<br />
relativzufrieden und könnte mir vorstellen,<br />
nach demStudium in Villingen-Schwenningen<br />
wieder nachHerrenberg<br />
zurückzukehren. Mankann’s<br />
hier gut aushalten. Vorallem die Altstadt<br />
mit dem Marktplatz finde ich<br />
sehrschön.“ ■
Jahre<br />
Samstag, 6. Juli 2013<br />
Seite136<br />
Das Besondere<br />
für die<br />
Schüler<br />
Jahre<br />
Recherchieren und Texte<br />
schreibenfür den „<strong>Gäubote</strong>“?<br />
Da warendie Schüler der Klasse<br />
10a des Herrenberger Andreae-<br />
Gymnasiums sofort zu begeistern.Die<br />
Startbedingungen waren<br />
nicht schlecht, zumal fastdie<br />
Hälfte derKlasse in der Jahrbuch-AGauch<br />
schon ein bisschen<br />
Erfahrung mitbrachte.<br />
VONSANDRA WAHRHEIT<br />
Schnell waren einige interessanteThemen<br />
rund um Herrenbergfür<br />
dasJubiläumsjahr des<br />
„<strong>Gäubote</strong>“ gefunden –obSport,<br />
Kultur,Geschichte. Und natürlichsollte<br />
unser AGHunter die<br />
Lupe genommen<br />
werden.Die Schüler<br />
teiltensich nach Interesseden<br />
einzelnen<br />
Bereichen zu. Gestartetsind<br />
wir noch gemeinsamindie<br />
Stadtbibliothek,<br />
um Informationen<br />
einzuholen oder in<br />
Bücher einzutauchen, doch bald<br />
bildeten sichjenach Thema kleine<br />
Gruppen. Dieeinen gingen<br />
ins Stadtarchiv,die anderenzu<br />
Walter Knoll, wieder andere holten<br />
den Oberbürgermeister Thomas<br />
Sprißler an die Schule oder<br />
besuchtendas Fechttraining.<br />
„Das hatSpaß gemacht,denn<br />
wir konnten maleigenständig<br />
was in Erfahrung bringen“,soeine<br />
sehr verbreitete Meinung.<br />
Auch das„Köfferchentheater“<br />
sorgte für Begeisterung bei drei<br />
Mädchender Klasse. „Wir waren<br />
in einer Vorstellung, in der ein<br />
Kindergarten zu Gast war“, erzähltJacqueline<br />
Rufleth, und<br />
„Christine Kümmel hat sich danach<br />
noch vielZeit füruns genommen<br />
und hat uns alles gezeigt.“<br />
Auch dieGruppe „AGH“schaffte<br />
es,alledrei Schulleiter des<br />
AGHaneinen Tischzubekommen,<br />
und erfuhr so aus erster<br />
Hand,wie die Schule entstand<br />
undsich entwickelte. Und nach<br />
Gesprächenund Recherchen<br />
entstanden dann die Texteim<br />
PC-Raum. Daslief meistens ohne<br />
Probleme, nur die historische<br />
Gruppe um das ehemalige<br />
SchlossHerrenberg konnte sich<br />
in Aufbau und Stil des Textes<br />
nicht einigen. So entstanden<br />
danneben zwei verschiedene<br />
Versionen.<br />
Trotz kleinerer<br />
terminlicher<br />
Schwierigkeitenodermöglichem<br />
Unterrichtsausfallfür<br />
einzelne Gruppenbrachte<br />
dieses Projekt einen<br />
enormenGewinn für vieleSchüler.<br />
„Hier konnten wirmal etwas<br />
über denTellerrand hinausschauen“,<br />
meinte ein Schüler.<br />
Oder:„Das warmal wasganz anderes,<br />
wasman normalerweise<br />
so nichtmacht –und dann steht<br />
noch dereigene Bericht in der<br />
Zeitung.“Das istschon etwas<br />
Besonderes für einen Schüler,da<br />
waren sich fast alle einig. „Und<br />
so einProjekt gibt es so nicht bei<br />
jederZeitung“, resümierte ein<br />
weiterer Schüler derKlasse 10a.<br />
So ein Projekt<br />
gibt es so nicht bei<br />
jeder Zeitung<br />
■ Unsere Autroin Sandra Wahrheit<br />
ist Lehrerin am Andreae-<br />
Gymnasium Herrenberg.<br />
Alle Artikelaus dem Projekt<br />
„Der <strong>Gäubote</strong> machtSchule“<br />
gibt es im Webunter<br />
www.gaeubote.de/macht-schule