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Volltext [pdf] - Hannah-Arendt-Institut Dresden

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wurden. Auf diese Weise bliebe die Differenz zwischen den aufgegliederten<br />

Straftatengruppen und der Gesamtzahl der Straftaten minimal. 34<br />

Knapp gesagt hätte dies bedeutet, daß man die Verstöße gegen politische<br />

Paragraphen des Strafrechts der DDR zwar in die Gesamtzahl der<br />

Gesetzesverstöße aufnahm, sie in der Statistik jedoch nicht gesondert<br />

auswies. Um die Zahl der politischen Vergehen zu kaschieren, fielen<br />

geringfügige Diebstähle ohne Täterermittlung in der Gesamtstatistik<br />

unter den Tisch. Diese waren in etwa gleicher Höhe aufgetreten, so daß<br />

die Zahl der »übrigen Straftaten« gering blieb, nach den Angaben der<br />

Abteilung für Staats- und Rechtsfragen für 1976 beispielsweise bei 1 084.<br />

Auf diese Weise hätte sich für 1976 eine Gesamtzahl der Straftaten von<br />

109 928 statt der tatsächlich festgestellten 124 678 Verstöße ergeben.<br />

Dieser Weg wurde letztlich nicht beschritten, das Statistische Jahrbuch<br />

von 1978 nennt für 1976 eine Gesamtzahl von 124 678 Straftaten. Die<br />

von der Abteilung für Staats- und Rechtsfragen vorgeschlagene Variante<br />

wurde verworfen, offenbar da sie einen – ebenfalls politisch unerwünschten<br />

– hohen Anteil von Eigentumsdelikten ausgewiesen hätte. 35 Zur Verschleierung<br />

der Zahl politischer Straftaten griff man auf das bereits vor<br />

1970 praktizierte Verfahren zurück: »Einige Straftatengruppen, wie<br />

›Staatsverbrechen‹, werden wie bisher nicht genannt.« 36<br />

In einem Schreiben an Honecker vom 13. Juni 1977 unterbreitete Sorgenicht<br />

schließlich den Vorschlag, die Veröffentlichung der Kriminalitätsstatistik<br />

in den Statistischen Jahrbüchern mit dem Jahr 1978 wieder aufzunehmen<br />

und dabei die Publikation der Werte für die Jahre von 1971<br />

bis 1977 nachzuholen. Die Veröffentlichung im Statistischen Jahrbuch<br />

sei bis 1970 »die einzigste der Öffentlichkeit zugängliche statistische Darstellung<br />

der Kriminalitätsentwicklung in der DDR« gewesen. Da auf der<br />

UNO-Konferenz bis dahin nicht bekannte Zahlen für die Zeit nach 1970<br />

mitgeteilt worden waren, könne die Publikation in den statistischen Jahrbüchern<br />

getrost wiederaufgenommen werden. Die Entscheidung zur<br />

erneuten Veröffentlichung der Kriminalitätsstatistik traf Honecker im<br />

Sommer 1977. Am 21. Februar 1978 konnte Sorgenicht schließlich an<br />

Honecker melden, daß auf der Grundlage einer vom SED-Chef selbst<br />

34 Ebd.<br />

35 Dazu ist anzumerken, daß gerade die Eigentumskriminalität nach marxistischer<br />

Lehre Folge der ausbeuterischen Klassenbeziehungen des Kapitalismus war.<br />

Mit der Verwirklichung des Sozialismus hätte sie allmählich verschwinden müssen<br />

und nicht zunehmen, wie dies tatsächlich der Fall war.<br />

36 Schreiben Sorgenichts an Honecker vom 4.8.1977 (SAPMO-BArch, DY 30,<br />

vorl. SED 42599).<br />

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