Volltext [pdf] - Hannah-Arendt-Institut Dresden
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MfS bestätigt, die seit 1985 eine sprunghaft wachsende Zahl geglückter<br />
Fluchtversuche registrierte (Tabelle 6).<br />
Gelungene Fluchtversuche,<br />
davon »Verbleiber«<br />
Tabelle 6: Fluchtfälle 1985–1987 56<br />
1985 1986 1987<br />
627<br />
314<br />
1 539<br />
1 299<br />
3 565<br />
3 235<br />
Verhinderte Fluchtversuche 1 509 2 173 3 006<br />
Fluchtfälle insgesamt 2 136 3 712 6 571<br />
Diese Tendenz verstärkte sich 1988 sogar noch: In diesem Jahr registrierte<br />
die ZKG insgesamt 10 767 Fluchtversuche, von denen 6 543<br />
erfolgreich waren. 5 898 Personen, also weit mehr als die Hälfte aller<br />
Fluchtfälle, zählte zu den »Verbleibern«, nutzte also eine Privat- oder<br />
Dienstreise in den Westen, um nicht mehr in die DDR zurückzukehren.<br />
Wie aber wirkten sich die gelungenen Republikfluchten in der Endphase<br />
der DDR auf die Gesamtzahl politischer Häftlinge aus? Zur Beantwortung<br />
dieser Frage soll hier, entsprechend der Umstellung der Berechnungsgrundlage<br />
durch das Justizministerium der DDR (Tabelle 3), auf<br />
die Angaben des Generalstaatsanwalts zurückgegriffen werden, der für<br />
den Zeitraum von 1985 bis 1987 Statistiken über die Zahl der ermittelten<br />
Täter erstellen ließ (Tabelle 7). 57<br />
56 Anatomie der Staatssicherheit. MfS-Handbuch. Eisenfeld: Zentrale Koordinierungsgruppe<br />
S. 49.<br />
Mit »Verbleibern« sind Bürger der DDR gemeint, die von einer Reise in das<br />
westliche Ausland nicht in die DDR zurückkehrten.<br />
57 Bei den Kriminalitätsstatistiken des Justizministeriums findet sich lediglich eine<br />
Zeitreihe der »Straftaten der ermittelten Täter«. Diese bezieht sich also auf die<br />
Anzahl der Gesetzesverstöße und nicht auf die Zahl der Personen. Daher muß<br />
hier die Statistik des Generalstaatsanwalts herangezogen werden, der jedoch<br />
nur für die Jahre von 1985 bis 1987 Angaben macht. Dies führt bei der Berechnung<br />
der Zahl politischer Häftlinge zu einer Lücke in den Jahren 1983 und<br />
1984. Da der Stand politischer Häftlinge in den späten achtziger Jahren im Verhältnis<br />
zum Beginn der Dekade sehr stabil blieb, wird man auch für die fehlenden<br />
zwei Jahre keine signifikanten Abweichungen unterstellen dürfen. Das MfS<br />
gibt für die Jahre des rapiden Anwachsens der Fluchtwelle seit 1987 die Fälle<br />
von »ungesetzlichem Grenzübertritt« höher an als der GStA: Die Differenzen<br />
zwischen Tabelle 6 und Tabelle 7 sind vermutlich durch die unterschiedlichen<br />
Begrifflichkeiten und mit den präziseren Informationen des Staatssicherheitsdienstes<br />
über Fälle von »ungesetzlicher Nichtrückkehr« zu erklären.<br />
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