Volltext [pdf] - Hannah-Arendt-Institut Dresden
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1. Einleitung<br />
Die Amtszeit Erich Honeckers als Generalsekretär des ZK der SED, also<br />
die Phase von Ulbrichts Sturz 1971 bis zu Honeckers Ablösung 1989,<br />
wird häufig als eine Zeit der Normalisierung wahrgenommen. Das Bemühen<br />
um internationale Anerkennung hatte mit dem Grundlagenvertrag,<br />
der Aufnahme in die UNO 1973 und der Unterzeichnung der KSZE-<br />
Schlußakte von Helsinki 1975 zumindest teilweise Erfolg. Im Inneren<br />
verbanden sich mit dieser Entwicklung zunächst Hoffnungen auf größere<br />
Freiräume.<br />
Nichtsdestoweniger gab es auch in dieser Zeit Menschen, die aus politischen<br />
Gründen verurteilt und inhaftiert wurden. Gerade politisch motivierte<br />
Inhaftierungen waren es aber, die der vollen internationalen Anerkennung<br />
der DDR im Weg standen. Aus diesem Grund mußte es dem<br />
SED-Regime darum gehen, die tatsächliche Zahl politischer Häftlinge<br />
möglichst zu verschleiern, wenn sich die Tatsache ihrer Existenz schon<br />
nicht verheimlichen ließ. Genaue Angaben über die Zahl politischer<br />
Gefangener der DDR können mit zur Vorstellung vom Ausmaß politischer<br />
Repression in den siebziger und achtziger Jahren beitragen. Wieviele<br />
politische Häftlinge es in der Amtszeit Honeckers gegeben haben<br />
könnte, versucht dieser Beitrag auf der Basis bisher nur teilweise ausgewerteter<br />
archivalischer Quellen zu ermitteln. 1 Darüber hinaus wird die<br />
Auswertung interner statistischer Angaben des SED-Staats zur Zahl politischer<br />
Häftlinge aber auch Auskunft über einige wesentliche innen- und<br />
machtpolitische Prozesse in der DDR und innerhalb der Spitze des<br />
Regimes geben.<br />
In diesem Beitrag soll es nur um die Ermittlung der Zahl der aus politischen<br />
Gründen von Gerichten der DDR zu Haftstrafen Verurteilten<br />
gehen und nicht um eine Beschreibung oder gar Bewertung der Motive<br />
oder Handlungen der Betroffenen. Er versteht sich eher als Vorschlag zur<br />
1 Diese Arbeit ist im Rahmen des vom Bundesministerium des Inneren geförderten<br />
Forschungsprojekts »Politische Verfolgung in der DDR in der Amtszeit<br />
Honeckers« entstanden, das am <strong>Hannah</strong>-<strong>Arendt</strong>-<strong>Institut</strong> von Klaus-Dieter Müller<br />
geleitet wird.<br />
Als Quellen für die vorliegende Untersuchung wurden genutzt: Akten der Generalstaatsanwaltschaft<br />
der DDR, die sich im Bundesarchiv in Berlin (BArch)<br />
befinden, die Bestände des Politbüros des ZK der SED und der Abteilung für<br />
Staats- und Rechtsfragen beim ZK der SED in der Stiftung Archiv der Parteien<br />
und Massenorganisationen der DDR im Bundesarchiv (SAPMO-BArch) sowie<br />
Dokumente der Hauptabteilung IX des MfS (HA IX) im Archiv des Bundesbeauftragten<br />
für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR<br />
(BStU).<br />
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