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Volltext [pdf] - Hannah-Arendt-Institut Dresden

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auf Grund derer sie in Untersuchungshaft genommen worden waren, aufgeschlüsselt.<br />

Diese Berichte der HA IX zeigen jedoch – dem ersten<br />

Anschein nach – im Vergleich zu den Statistiken der Generalstaatsanwaltschaft<br />

ein abweichendes Bild der Gesamtzahl politischer Häftlinge<br />

(Tabelle 9).<br />

Zur Gruppe der sogenannten »Staatsverbrechen« ist zunächst anzumerken,<br />

daß es sich hierbei fast ausschließlich um Ermittlungsverfahren<br />

wegen des Verdachts des Verstoßes gegen einen der Paragraphen des<br />

zweiten Kapitels StGB handelte. Wegen »Verbrechen gegen die Menschlichkeit«,<br />

die zum ersten Kapitel StGB gehörten, führte das MfS 1979<br />

beispielsweise gerade einmal zwei Ermittlungsverfahren, 1978 war es sogar<br />

nur eines. Der überwiegende Teil der Ermittlungsverfahren wurde<br />

wegen Verstößen gegen Paragraph 106 (»staatsfeindliche Hetze«), gegen<br />

Artikel 105 (»staatsfeindlicher Menschenhandel«, also Fluchthilfe) und<br />

gegen Paragraph 100 (»staatsfeindliche Verbindung« bzw. später »landesverräterische<br />

Agententätigkeit«) eröffnet; Artikel 100 wurde überwiegend<br />

auf Personen angewendet, die Informationen über die Situation in<br />

der DDR, vor allem aber zu ihrem Ausreisebegehren in den Westen übermittelt<br />

hatten. 1971 wurden nach diesen drei Paragraphen beispielsweise<br />

gegen 285 Personen Untersuchungen geführt; das entspricht gut<br />

zwei Dritteln aller Ermittlungsverfahren wegen »Staatsverbrechen« in<br />

diesem Jahr.<br />

Die Zahl der Ermittlungsverfahren wegen »Staatsverbrechen« im letzten<br />

Jahrfünft der DDR relativiert zugleich die im vorangegangenen<br />

65 Berechnung der jährlichen Durchschnittswerte nach Jahrfünften durch den Verfasser.<br />

Die HA IX führte in diesen Statistiken tatsächlich Personen auf, gegen<br />

die wegen des Verstoßes gegen bestimmte Paragraphen ermittelt wurde und<br />

nicht Ermittlungsverfahren, die auch gegen mehrere Täter eingeleitet werden<br />

konnten; Doppelzählungen sind also auszuschließen. Analysen über die Wirksamkeit<br />

der politisch-operativen Arbeit der Linie IX (BStU, MfS HA IX, Nrn.<br />

2801, 2856-2858, 2802-2806, 3710, 568, 2808, 3711, 420, 422, 540).<br />

»Sonst. Straftaten gegen die staatl. Ordnung«: Hier sind die Paragraphen 212<br />

(»Widerstand gegen staatliche Maßnahmen«), 214 (»Beeinträchtigung staatlicher<br />

oder gesellschaftlicher Tätigkeit«), 215 (»Rowdytum«) und 219 (»Ungesetzliche<br />

Verbindungsaufnahme«) zusammengefaßt. Artikel 214 taucht erstmals<br />

1979 gesondert in der Statistik auf; er ist bis einschließlich 1979 in die<br />

Gruppe »sonstige Straftaten gegen die staatliche Ordnung« einberechnet.<br />

Kriminelle Delikte: Diese Deliktgruppe wird auch in den internen Papieren der<br />

HA IX noch 1971 so bezeichnet; interessanterweise unterschied das MfS also<br />

bei den Sprachregelungen in den eigenen Dokumenten durchaus zwischen kriminellen<br />

und politischen Delikten. Seit 1972 taucht die Bezeichnung allerdings<br />

nicht mehr auf.<br />

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