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news<br />
Gestrecktes Gras gefährdet seit fast fünf Jahren über vier<br />
Millionen Bürger/innen. Die Politik ignoriert das Problem<br />
trotz zahlreicher Hinweise. Aufgrund dessen werden<br />
Menschen, die mit Vergiftungserscheinungen einen Arzt aufsuchen,<br />
weder ernst genommen noch kompetent behandelt. Was<br />
sich vergangenes Jahr in einer Mittelhessischen Klinik ereignet<br />
hat wurde von der betroffenen Leserin dokumentiert<br />
und hat uns erst einmal die Sprache verschlagen:<br />
Von Sunflower 88<br />
Mitte Oktober 2009 erwarb ich von einem Kommilitonen<br />
Marihuana für den Eigenbedarf. Schnell stellte<br />
ich fest, dass mit diesem Gras etwas nicht stimmte.<br />
Hier eine Liste mit spezifischen Merkmalen des verunreinigten<br />
Marihuanas und meinen körperlichen, wie geistigen Nebenwirkungen:<br />
Eigenschaften des verunreinigten Marihuanas:<br />
• Scheinbar gute Qualität (Aussehen und Geruch)<br />
• Funken beim Abbrennen (Brennprozess zu schnell)<br />
• Rauch lässt vom Geruch her auf chemischen Zusatz schließen<br />
• Weißer hartnäckiger Schmierfilm an der Innenseite der<br />
(Glas)- Pfeife<br />
Pechschwarze, klebrige Asche anstatt grau und bröselig<br />
Nebenwirkungen:<br />
• Verwirrtheitszustände (Blackouts)<br />
• Magen-Darmbeschwerden; insbesondere Durchfall (ca. 3-4<br />
Tage)<br />
• Auffällige Schwellungen im Gesicht (wurde mehrmals angesprochen)<br />
• Extrem starke Schweißausbrüche (vor allem nachts)<br />
• Insgesamt ohne Übertreibung zwei Wochen angeschlagen<br />
gewesen<br />
Ich rief meine Hausärztin an, die aussagte, dass es sinnvoll<br />
sei, das Streckmittel zu ermitteln und zu benennen, um eine<br />
gezielte Behandlung vornehmen zu können. Also fischte ich<br />
aus meinem Mülleimer 2-3 Jointstummel, die noch genügend<br />
Gras enthielten, um eine Untersuchung vornehmen zu lassen.<br />
Ich setzte mich mit dem Chefredakteur des Berliner Hanf Journals<br />
in Verbindung, der mir riet, diese vergifteten Reste an eine<br />
bestimmte Apotheke zu schicken.<br />
Warnmeldung<br />
Wer wirklich wissen will, was drinne ist, rennt gegen<br />
Wände, Ärzte und längst überholte Vorurteile an<br />
Da sich meine Symptome verschlimmerten, fuhr ich in ein<br />
Krankenhaus, um mich gründlich untersuchen zu lassen.<br />
Dort wurde ich umgehend von dem behandelten Arzt in eine<br />
„Kifferschublade“ gesteckt, subtil beleidigt und verbal diskriminiert.<br />
Die Behandlung ließ sehr zu wünschen übrig, da mir<br />
dieser Arzt noch nicht mal in den Hals schaute, noch das Röntgen<br />
meiner Lunge vorschlug. Nach diesem Besuch im Krankenhaus<br />
war mir deutlich geworden, wie verpönt der Konsum<br />
von Marihuana in Deutschland zu sein scheint und dass ich<br />
dementsprechend zu einer Randgruppe gehöre.<br />
Nach drei Wochen hatte man in der Apotheke (k)ein Ergebnis<br />
feststellen können. Man sagte, es sei nichts zu finden. Daraufhin<br />
sagte ich aus, dass ich mir bezüglich einer chemischen<br />
Verunreinigung 100%ig sicher sei und dass ich mich so nicht<br />
abspeisen ließe. Des Weiteren wurde mir dort gesagt, dass die<br />
Kapazitäten dieser Apotheke nicht ausreichten, um eine umfassendere<br />
chemische Untersuchung vornehmen zu können. Ich<br />
bat die Apotheke um eine Rücksendung der Substanz, um diese<br />
dann von einem Giftinstitut untersuchen lassen zu können.<br />
Nun wurde mir von der Apotheke mitgeteilt, dass dies nicht<br />
möglich sei, da man auf diesem Wege gegen das Betäubungsmittelgesetz<br />
verstieße und somit die „Sache“ betreffend am<br />
#113<br />
Ende sei. Darüber war ich sehr verärgert und kündigte an, mich<br />
bezüglich dieser „Sache“ an weitere Institutionen zu wenden<br />
und ließ mir die Nummer des Krankenhauses geben, dem die<br />
Apotheke unterstellt ist. Am nächsten Tag kontaktierte mich die<br />
Apotheke schon morgens, um mir mitzuteilen, dass die Polizei<br />
bzw. das LKA NRW die vergiftete Substanz ausnahmsweise<br />
unter Einhaltung der Schweigepflicht untersuchen wolle.<br />
Wochen später meldete sich die Apotheke wieder bei<br />
mir und sagte aus, dass man in der Tat einen extrem gesundheitsgefährdeten<br />
chemischen Stoff gefunden habe<br />
und dass die Polizei eine Warnmeldung an die Presse<br />
herausgeben wolle, um die Bevölkerung zu schützen. Es<br />
handele sich hierbei um ein neues Streckmittel, welches<br />
bereits stellenweise in NRW aufgetaucht sei und dass zur stationären<br />
Krankenhausbehandlung vereinzelter Konsumenten<br />
geführt habe. Zudem sagte man, dass es noch nicht möglich sei,<br />
den giftigen Stoff konkret in der Öffentlichkeit zu benennen,<br />
da die Untersuchung erst von der übergeordneten Behörde<br />
abgesegnet werden müsse. Meine Besorgnis war groß und ich<br />
fragte, ob man schon was über eventuelle Folgeschäden wisse.<br />
Daraufhin erklärte man, dass die Betroffen sich wieder schnell<br />
erholt hätten und dass der Konsum dieses giftigen Stoffes laut<br />
LKA NRW keine Folgeschäden habe.<br />
Nun stellen sich mir zwei Fragen:<br />
• Ist das LKA NRW medizinisch so kompetent, diese Frage zu<br />
beantworten?<br />
• Steht die Aussage „keine Folgeschäden“ nicht im Widerspruch<br />
zu den Aussagen „extrem giftiger Stoff“ und „Warnmeldung“?<br />
Diese wichtigen Informationen das verunreinigte Marihuana<br />
betreffend wurden mir von der zuständigen Apotheke Mitte<br />
Dezember vermittelt und ich weiß bis heute nicht, was ich damals<br />
konkret geraucht habe. Eine Warnmeldung an die Bevölkerung<br />
wurde bis jetzt auch nicht herausgegeben.<br />
>>> Fortsetzung von Seite 1<br />
„Umdenk- statt...“<br />
Hanfverbands zwischen den Zeilen herauslesen kann. Einzig<br />
und allein aus München kam eine durchweg ablehnende Stellungnahme<br />
des dortigen Polizeipräsidenten Prof. Dr. Schmidbauer:<br />
„[...]So sind wir gegen jegliche Legalisierungsbestrebungen<br />
bei Cannabisprodukten. Beim Konsum im jugendlichen Alter<br />
oder bei einem intensiven Dauerkonsum drohen […] insbesondere<br />
Schädigungen des Gehirns[...].“<br />
Bayern 2010: Es gibt noch sehr viel zu tun.<br />
In Tschechien, Belgien, Österreich, den Niederlanden, Spanien,<br />
Portugal und in Kürze sogar in der Schweiz existieren Gesetze,<br />
die Hanfkonsumenten im Alltag wirklich entkriminalisieren<br />
und die auch für die Polizei anwendbar sind, damit sie<br />
sich um Wichtiges kümmern darf. Was unter rot/grün nur noch<br />
eine Frage der Zeit schien, ist unter schwarz/rot in so weite Ferne<br />
gerückt, dass entsprechende Modelle unter schwarz/gelb<br />
gar nicht mehr öffentlich diskutiert werden.<br />
Bei anderen Drogen ist ein Umdenken gar eine Frage auf Leben<br />
oder Tod: Tschechien betreibt in der Praxis schon seit geraumer<br />
Zeit eine liberale Drogenpolitik, das Gesetz zur Konsumenten-Entkriminalisierung<br />
Anfang des Jahres war lediglich<br />
eine Manifestation des Status Quo.<br />
2007 gab es in Tschechien 40 Drogentote bei 10 Millionen Einwohnern,<br />
beim Nachbarn Bayern gab es im gleichen Zeitraum<br />
231 Opfer bei 12,5 Millionen Einwohnern, Tendenz weiter steigend.<br />
Eine Langzeitstudie aus Zürich beweist den direkten Zusammenhang:<br />
Je größer die polizeiliche Repression desto mehr<br />
Drogentote. Erstmals untersuchte die Psychiatrische Universitätsklinik<br />
Zürich für den Zeitraum von 1975 bis 2007 den<br />
Zusammenhang zwischen Repression, Methadon- und Heroinbehandlungen<br />
und der Zahl der Drogentoten in der Schweiz.<br />
Übereinstimmend mit Forschungsergebnissen aus anderen<br />
europäischen Ländern konnten sie zeigen, dass die kontrollierte<br />
Abgabe die Zahl der Drogentoten auf ein Viertel zu senken<br />
vermochte.<br />
Die meisten CDU regierten Länder und Kommunen ziehen<br />
zur Zeit alle Register, um die Heroinabgabe für Schwerstabgabe<br />
hinauszuzögern, die eigentlich längst Gesetz ist. Wenigstens<br />
die FDP sollte den Mut haben, die wahren Hintergründe<br />
der fortschreitenden Kriminalisierung von Konsumenten zu<br />
hinterfragen und endlich eine bundeseinheitliche Regelung<br />
durchsetzen, die ihren liberalen Grundsätzen näher kommt als<br />
die fortwährende Kriminalisierung von Drogenkonsumenten.<br />
(siehe Seite zwei: Feuer auf Mechthild Dyckmans).<br />
Den gesamten Schriftwechsel des DHV mit den Polizeipräsidenten gibt es unter:<br />
www.hanfverband.de<br />
Die Studienergebnisse sind unter http://www.mediadesk.uzh.ch abrufbar