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clubmed<br />
#113<br />
Dr. med. Franjo Grotenhermen<br />
Mitarbeiter des nova Institutes in Hürth bei Köln und Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin (ACM).<br />
Cannabis bei HIV und Aids<br />
Cannabis wird seit langem von HIV-<br />
Infizierten zur Steigerung des Appetits<br />
und zur Reduzierung von Schmerzen<br />
verwendet. In einer 2004 veröffentlichten<br />
Studie aus Kanada berichteten 43 Prozent aller Personen<br />
mit HIV, Cannabis zu konsumieren, und 67 Prozent dieser Patienten<br />
gaben an, die Droge aus medizinischen Gründen zu verwenden.<br />
Zu den Gründen für die medizinische Verwendung<br />
zählten Appetitsteigerung (70 Prozent), Förderung von Schlaf<br />
und Entspannung (37 Prozent), Hemmung von Übelkeit und<br />
Erbrechen (33 Prozent), Linderung von Schmerzen (20 Prozent)<br />
sowie Bekämpfung von Angst und Depressionen (20 Prozent).<br />
Eine in den USA durchgeführte Umfrage aus dem gleichen Jahr<br />
ergab etwas andere Antworten. Nur 23 Prozent der befragten<br />
HIV-Positiven gaben einen Cannabiskonsum an, was zu einem<br />
großen Teil auf einer günstigeren rechtlichen Lage hinsichtlich<br />
des Cannabiskonsums in Kanada im Vergleich zu vielen Staaten<br />
der USA beruhen dürfte. In dieser Studie war der häufigste<br />
Grund für einen Cannabiskonsum die Linderung von Depressionen<br />
und Angst (57 Prozent), gefolgt von Appetitsteigerung<br />
(53 Prozent) und Schmerzlinderung (28 Prozent).<br />
Eine britische Studie aus dem Jahr 2005 mit 143 HIV-Infizierten<br />
untersuchte, wie stark sich bestimmte Symptome unter<br />
dem Einfluss von Cannabis veränderten. Die Teilnehmer<br />
wurden gebeten, in einem Fragebogen quantitative Angaben<br />
mit den Auswahlmöglichkeiten „viel besser“, „ein wenig besser“,<br />
„keine Veränderung“, „ein wenig schlechter“ und „viel<br />
schlechter“ zu machen. Die Ergebnisse zeigten, dass die Hälfte<br />
der Patienten oder mehr eine signifikante Verbesserung einer<br />
Vielzahl von Symptomen erlebte, darunter Übelkeit, Angst,<br />
Nervenschmerzen, Depressionen, Kribbeln, Taubheitsgefühl,<br />
Gewichtsverlust, Kopfschmerzen, Zittern, Verstopfung und<br />
Schwächegefühl. Andere Studien legen eine ähnliche Wirkung<br />
von Cannabis auf HIV-assoziierte Symptome nahe.<br />
In zwei jüngeren Plazebo-kontrollierten Studien zeigten<br />
Wissenschaftler des staatlichen Psychiatrieinstituts von New<br />
York, dass gerauchter Cannabis und orales THC den Appetit<br />
bei erfahrenen Cannabiskonsumenten steigerte. In die<br />
erste Studie aus dem Jahr 2005 wurden neun HIV-positive<br />
Personen aufgenommen. Sie erhielten zu acht Zeitpunkten<br />
Kapseln mit verschiedenen THC-Dosen zusammen mit einer<br />
Plazebo-Cannabiszigarette oder Plazebo-Kapseln zusammen<br />
mit THC-haltigen Cannabiszigaretten. Sowohl orales THC als<br />
auch gerauchter Cannabis führten zu einer substanziellen und<br />
vergleichbaren Zunahme der Nahrungsaufnahme. Bemerkenswerterweise<br />
wurde eine vermehrte Kalorienaufnahme nur in<br />
der Gruppe mit einem stark reduzierten Gewicht, jedoch nicht<br />
in einer Kontrollgruppe von HIV-Patienten ohne Zeichen einer<br />
Abmagerung festgestellt. In der zweiten Studie dieser Arbeitsgruppe<br />
aus dem Jahr 2007 erhielten die HIV-positiven Teilnehmer<br />
Dronabinol und Cannabis über mehrere Tage. Beide<br />
Substanzen vergrößerten dosisabhängig die tägliche Kalorienaufnahme<br />
und das Körpergewicht.<br />
Ein weiterer Grund für die Verwendung von Cannabis durch<br />
HIV-Positive sind die Nebenwirkungen, die mit der Verwendung<br />
von Medikamenten gegen den HI-Virus, die so genannte<br />
HAART-Therapie (hoch aktive anti-retrovirale Therapie), verbunden<br />
sind. Die HAART-Therapie ist nicht selten mit Übelkeit<br />
und Erbrechen assoziiert, die insbesondere durch Proteasehemmer<br />
ausgelöst werden können. In einer Studie der<br />
Universität Stanford in Kalifornien wurde nachgewiesen, dass<br />
252 HIV-positive Patienten, die sich einer HAART unterzogen,<br />
die bei ihnen Übelkeit verursachte, mit einer deutlich größeren<br />
Wahrscheinlichkeit die Therapie fortsetzten, wenn sie Cannabis<br />
rauchten.<br />
Bestimmte HIV-Medikamente sind mit einem erhöhten Risiko<br />
für die Entwicklung einer peripheren Neuropathie assoziiert,<br />
die manchmal irreversibel ist, also nach dem Absetzen der<br />
Medikamente bestehen bleibt. Als Neuropathie wird eine Nervenschädigung<br />
bezeichnet. Sie geht mit unangenehmen Empfindungen,<br />
wie beispielsweise Kribbeln und Brennen, sowie einer<br />
vermehrten Schmerzempfindlichkeit einher. Verschiedene<br />
Studien haben eine nützliche Wirkung von Cannabinoiden auf<br />
neuropathische Schmerzen bei HIV-positiven Patienten nachgewiesen.<br />
So untersuchten Wissenschaftler der Universität von<br />
Kalifornien in San Francisco in einer 2007 veröffentlichten Studie<br />
die Wirkung von gerauchtem Cannabis. Die 50 Teilnehmer<br />
erhielten fünf Tage lang entweder dreimal täglich eine Cannabiszigarette<br />
oder identische Plazebozigaretten (ohne THC). Gerauchter<br />
Cannabis reduzierte im Vergleich mit dem Plazebo signifikant<br />
die Schmerzen und der Anteil der Patienten, die eine<br />
klinisch relevante Schmerzlinderung (eine Linderung um mehr<br />
als 30 Prozent) erlebten, war in der Cannabisgruppe erheblich<br />
größer als in der Plazebogruppe.<br />
Insgesamt gibt es heute fundierte Hinweise auf einen vielfältigen<br />
Nutzen von Cannabis für HIV-Positive.<br />
Doktor-Hanfs Patienten Ecke 8<br />
Cannabistherapie bleibt kostenintensiv<br />
Wir hoffen, ihr hattet einen guten Start ins neue Jahr und<br />
wir alle können mit Zuversicht nun dort unsere Arbeit<br />
weiterführen, wo sie im letzten Jahr endete.<br />
Mittlerweile ist es ungefähr 30 Patienten gelungen, eine Erlaubnis<br />
zur ärztlich begleiteten Selbsttherapie mit Cannabis zu medizinischen<br />
Zwecken zu erlangen.<br />
Das ist erfreulich, aber dennoch immer noch zu wenig. Die<br />
Dunkelziffer der tatsächlichen Patienten, die sich mit Cannabis<br />
selbst und nicht begleitend und somit in einer hier in<br />
Deutschland noch strafbaren Form therapieren, ist immer noch<br />
zu hoch. Bei einer so geringen Anzahl der derzeitig geführten<br />
Erlaubnisinhaber begründet das Bundesinstitut für Arznei und<br />
Medizinprodukte die weitere Versorgung mit Cannabis aus<br />
den Niederlanden und die weitere Versorgung durch diese<br />
Möglichkeit so, dass sie sagen, der Bedarf unserer Erlaubnisinhaber<br />
sei derzeit noch so gering, dass die medizinische Versorgung<br />
durch Cannabis der Firma Bedrocan gesichert sei. Das<br />
große Problem, das dadurch entsteht, sind die hohen Kosten,<br />
die es unseren hier in Deutschland ansässigen Patienten kaum<br />
erlaubt, die tatsächliche Menge der verordneten Dosis hier aus<br />
der Apotheke zu beziehen.<br />
Mehrfach sind aus diesem Grunde heraus Anträge so wie<br />
auch Anfragen an das BfArM gestellt worden, die eine Lösung<br />
des Problems finden sollen. Wir und auch viele andere Aktivisten<br />
arbeiten mit Hochdruck daran, eine umsetzbare Lösung<br />
zu finden, die uns die Hoffnung lässt daran zu glauben, dass<br />
es entweder in den nächsten Monaten eine Kostenübernahme<br />
durch die Krankenkassen gibt, oder zu mindestens ein finanzierbares<br />
Konzept, das eine adäquate gesicherte und bezahlbare<br />
Therapie für unsere Patienten hier in Deutschland zum<br />
Ziel hat. Der erste Schritt zu dieser Umsetzung ist nach wie<br />
vor die Anzahl der Masse an Erlaubnisinhabern nach § 3 BtMG<br />
Abs.2. Erst durch die Nachfrage und Masse an Patienten, die<br />
ebenso drohen an der finanzierbaren Umsetzung der Therapie<br />
zu scheitern, ist es möglich, eine Änderung zugunsten dieser<br />
zu erlangen.<br />
Wie ihr seht, entsteht bereits seit Monaten in den Vereinigten<br />
Staaten ein großer Umbruch, dort ist der vereinfachte Zugang<br />
für Patienten bereits in vollem Gange und auch die israelische<br />
Regierung ermöglicht es ihren Patienten weitgehend kostenfrei<br />
von Cannabis zu profitieren.<br />
Auch hier in Deutschland wird nunmehr von der derzeitigen<br />
Bundesregierung, insbesondere vom Bundesgesundheitsministerium,<br />
das Thema berücksichtigt.<br />
So heißt es im Dezember 2009, „die rein medizinische Anwendung<br />
von Cannabis wird im Interesse der Kranken geprüft“.<br />
In diesem Sinne,<br />
Wege entstehen, indem man sie geht.<br />
euer Doktor Hanf,<br />
www.doktor-hanf.de<br />
Wir wissen‘s einfach besser...<br />
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