Dezember 2013 - die schelle
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Die Schelle<br />
Eine Urkunde wird 300 Jahre alt<br />
Friedrich Wilhelm I., König in Preußen (reg. 1713-1740), bestätigt der Stadt Neuenrade am 25. Oktober<br />
1713 letztmalig ihre alten Stadtrechte<br />
von<br />
Dr. Rolf Dieter Kohl<br />
und seit 1609 <strong>die</strong> Kurfürsten von<br />
Brandenburg und Könige in Preußen<br />
haben das von Graf Engelbert<br />
erteilte Stadtprivilegium immer<br />
wieder bestätigt! Zum letzten Mal<br />
geschah <strong>die</strong>s durch König Friedrich<br />
Wilhelm I. (reg.1713-1740),<br />
den „Soldatenkönig“ und Vater<br />
Friedrichs des Großen. Am 25.<br />
Oktober 1713, nur wenige Monate<br />
nach seiner Thronbesteigung,<br />
erneuerte der Monarch den spätmittelalterlichen<br />
Stadtrechtsbrief<br />
und versprach den Neuenrader<br />
Bürgern und Eingesessenen „alle<br />
ihre Privilegia, Freyheiten, Rechte<br />
und Gnaden, welche Ihnen unsere<br />
löbliche Vorfahren, Graffen und<br />
Hertzoge zu Cleve undt Graffen<br />
zu der Marck verliehen und gegeben“<br />
haben, auch in Zukunft<br />
achten und schützen zu wollen.<br />
In der Folgezeit jedoch zeigte es<br />
sich, dass <strong>die</strong> Privilegienbestätigung<br />
des Preußenkönigs nur noch<br />
formellen Charakter besaß. Schon<br />
bald bereitete Friedrich Wilhelm<br />
der Eigenständigkeit der märkischen<br />
Städte und somit auch der<br />
kommunalen Selbstverwaltung<br />
Neuenrades ein Ende. Das Verbot<br />
der alljährlichen Ratswahlen schon<br />
im Jahre 1713, <strong>die</strong> Einrichtung der<br />
staatlichen Akzise im Jahre 1716<br />
und der Erlass des sog. „Rathäuslichen<br />
Regiments“ im Jahre 1729<br />
setzten <strong>die</strong> überkommenen Gewohnheiten<br />
der Stadt in Bezug auf<br />
Recht, Verfassung und Verwaltung<br />
außer Kraft.<br />
Geblieben ist eine prächtige, vier<br />
Blätter umfassende Pergamenturkunde<br />
(33 x 25 cm) mit dem<br />
durch eine Holzkapsel geschützten<br />
großen Majestätssiegel des<br />
Königs und der eigenhändigen Unterschrift<br />
des Monarchen. Die in<br />
Berlin ausgestellte Urkunde trägt<br />
– wie bereits erwähnt – als Datum<br />
den 25. Oktober 1713 und ist somit<br />
vor wenigen Tagen 300 Jahre<br />
alt geworden. Ungeachtet seines<br />
Alters präsentiert sich das Stück<br />
noch immer in makelloser Erhaltung<br />
und stellt ein beeindruckendes<br />
kalligraphisches Zeugnis des<br />
frühen 18. Jahrhunderts dar.<br />
Archive und Literatur:<br />
Stadtarchiv Neuenrade, Urkunden<br />
Nr.1 und 26; Rolf Dieter Kohl (Bearb.):<br />
Spuren der Vergangenheit.<br />
Archivalien, Bücher und Erinnerungsstücke<br />
aus fünf Jahrhunderten<br />
zur Geschichte und Landeskunde<br />
der Stadt Neuenrade. Eine<br />
Ausstellung aus Anlass der 300.<br />
Wiederkehr des großen Brandes<br />
der Stadt am 25. Juni 1687, Neuenrade<br />
1987 (Ausstellungskatalog);<br />
Dieter Stievermann: Neuenrade.<br />
Die Geschichte einer sauerländischen<br />
Stadt von den Anfängen bis<br />
zur Gegenwart, Neuenrade 1990.<br />
Friedrich Wilhelm I., König in Preußen (reg. 1713 - 1740), Portät von<br />
Johann Harper, um 1720. Öl auf Leinwand 75x 63 cm. Preußen-Museum<br />
Nordrhein-Westfalen Minden / Wesel.<br />
12<br />
Am 25. Juli 1355, am Tag des heiligen<br />
Apostels Jakobus, verlieh Graf<br />
Engelbert III. von der Mark (reg.<br />
1347-1391) der von ihm in eindeutiger<br />
Frontstellung zur benachbarten<br />
Grafschaft Arnsberg errichteten<br />
Grenz- und Festungsstadt<br />
Neuenrade umfangreiche Stadtrechte.<br />
Dieses Stadtrechtsprivilegium,<br />
eine großformatige, mit<br />
dem Reitersiegel Graf Engelberts<br />
versehene Pergamenturkunde<br />
– kostbarer Schatz des Neuenrader<br />
Stadtarchivs – erweist sich<br />
bei näherer Betrachtung als ein<br />
einzigartiges Dokument der bürgerlichen<br />
Freiheit. So heißt es<br />
in Artikel 2: Alle, <strong>die</strong> in der Stadt<br />
wohnen und Bürger sind, sollen<br />
frei sein von aller Herrschaft. Das<br />
heißt, persönliche Bindungen an<br />
frühere Leib- oder Grundherren<br />
erloschen mit dem Bürgerrecht;<br />
Abgaben und Verpflichtungen aus<br />
einer ehemaligen Leibeigenschaft<br />
oder Zugehörigkeit zu einem Hofesverband<br />
bestanden nicht mehr!<br />
Festgeschrieben werden auch das<br />
freie bürgerliche Erbrecht, der<br />
Stadtfrieden, <strong>die</strong> Gerichtspraxis,<br />
das Marktrecht und schließlich<br />
das Verfahren der Bürgeraufnahme,<br />
das den Zuzug neuer Bürger<br />
regelte! Den Rechten der Bürger<br />
standen natürlich auch Pflichten<br />
gegenüber: Wer <strong>die</strong> bürgerlichen<br />
Satzungen brach, musste mit<br />
empfindlichen Strafen rechnen!<br />
Bürgermeister und Rat verkörperten<br />
Ordnung, Recht und Gesetz!<br />
Graf Engelberts Nachfolger, zunächst<br />
<strong>die</strong> Grafen von der Mark,<br />
sodann <strong>die</strong> Herzöge von Kleve<br />
Friedrich Wilhelm I., König in Preußen, bestätigt der Stadt Neuenrade am 25.<br />
Oktober 1713 ihre alten Stadtrechte. Stadtarchiv Neuenrade, Urkunden, Nr. 26.