Helfen ist Programm - Christliche Ostmission
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CHRIST & SEELSORGE 27<br />
Foto: Medienpark/Pfander<br />
„Was hab ich nur falsch gemacht?”<br />
Trotzdem häufen sich Erziehungsprobleme. „Was hab ich<br />
nur falsch gemacht?“, fragt mich eine Mutter ganz verzweifelt.<br />
„Mein 13-Jähriger schwänzt die Schule, kifft, wurde<br />
neulich beim Klauen im Supermarkt erwischt. Dabei hab<br />
ich doch alles für ihn getan.“ Ja, <strong>ist</strong> es vielleicht gerade das?<br />
Für die Schule müssen die Kinder lernen wie verrückt,<br />
denn alle sollen Abitur machen – aber zu Hause werden<br />
manche weitgehend von Verantwortung verschont. Sie<br />
werden zur Sprachtherapie geschleppt, zur feinmotorischen<br />
Förderung, später dann zur Nachhilfe oder zum therapeutischen<br />
Reiten. Vielleicht würde es die soziale Kompetenz<br />
mancher Jugendlicher mehr fördern, wenn sie auch<br />
einmal Unkraut im Garten jäten müssten, Wäsche bügeln<br />
oder Fenster putzen. Klar, so einfach <strong>ist</strong> die Lösung nicht<br />
immer. Manchmal entwickeln Kinder auch Symptome –<br />
eine Phobie, eine Essstörung –, um die kriselnde Ehe der<br />
Eltern zusammenzuhalten. Sie stellen sich als Sorgenlieferant<br />
zur Verfügung, damit die Eltern ein Thema haben, das<br />
sie verbindet. Als Seelsorgerin kann ich solche Familien<br />
begleiten, mit ihnen und für sie beten. Aber da müssen<br />
dann auch Therapeuten ran.<br />
Bedanken Sie sich eine Etage höher!<br />
Begleitung und Gebet sind auch gefragt am Krankenbett.<br />
Ich besuche eine Schwerkranke. „Woher wussten Sie, dass<br />
meine Mutter im Sterben liegt?“, fragt die Tochter, die mich<br />
einlässt. Wusste ich nicht, ich hatte nur so ein Gefühl: Da<br />
solltest du hingehen. Die alte Dame <strong>ist</strong> wach und klar orientiert.<br />
Wir reden über das Sterben und die Hoffnung auf<br />
ewiges Leben. Am Schluss bete ich mit ihr den Psalm 23<br />
und das Vaterunser. „So offen hat sie noch nie über ihren<br />
Tod gesprochen“, sagt die Tochter. Am Abend stirbt die<br />
Mutter. Die Verwandten sind berührt: „Danke, dass Sie da<br />
waren, das hat ihr geholfen, loszulassen und zu gehen.“<br />
Ich antworte: „Bedanken Sie sich eine Etage höher. Ich glaube,<br />
Gott hat mich geschickt.“<br />
Vom Bedürfnis nach Beichte<br />
Wenn Menschen sich neu auf den chr<strong>ist</strong>lichen Glauben einlassen,<br />
dann brechen häufig Dinge auf, die sie schon längst<br />
für bewältigt hielten. „In der Disco lernten meine Freundin<br />
und ich Fußballer kennen“, erzählt eine Frau. „Das waren<br />
echt coole Typen. Wir hatten Affären mit ihnen. Damals<br />
fand ich das klasse – tolle Partys, eine super Zeit. Mein<br />
Freund war verheiratet. Ich kannte seine Frau nicht und<br />
dachte: Das <strong>ist</strong> sein Problem, er <strong>ist</strong> ja schließlich verheiratet,<br />
nicht ich.“ Das Bedürfnis nach Beichte kam bei ihr erst<br />
11 Jahre später, als sie anfing, sich mit dem Glauben zu beschäftigen,<br />
und Chr<strong>ist</strong>in wurde.<br />
„Alles ging Schlag auf Schlag“<br />
Eine andere Frau bekannte: „Vor 10 Jahren habe ich unser<br />
erstes Kind abgetrieben. Es war schwerstbehindert, das<br />
wurde in der 20. Woche festgestellt. Die Ärzte sagten, es<br />
würde tot geboren werden. Und wenn ich die Schwangerschaft<br />
austragen würde, sei mein Leben gefährdet.“ „Das<br />
<strong>ist</strong> doch eine medizinische Indikation“, erwidere ich. „Da<br />
gibt es ja von moralischer Seite keine Bedenken.“ – „Trotzdem<br />
werde ich nicht damit fertig“, sagt sie, „dass es meine<br />
eigene Entscheidung war, die zum Tod des Kindes führte.<br />
Das ging auch viel zu schnell damals. Ich denke oft: Hätte<br />
ich nicht einfach den Dingen ihren Lauf lassen sollen?“<br />
„Viel zu schnell“, das höre ich häufig von Menschen, die<br />
unter den Folgen einer Abtreibung leiden. „Als die Diagnose<br />
Trisomie 21 (Downsyndrom) feststand, ging alles<br />
Schlag auf Schlag, wir kamen gar nicht zur Besinnung“,<br />
berichtet ein Familienvater. „Wenn ich heute ein Kind mit<br />
dieser Behinderung sehe, muss ich immer an unser totes<br />
Baby denken.“ Hilfreich <strong>ist</strong> oft, wenn diese Kinder einen<br />
Platz bekommen. Ein Grab, zu dem man gehen kann, oder<br />
ein Symbol in der Wohnung: ein Engel, ein Bild, ein Bibelvers.<br />
Wenn man die Trauer zulassen kann und den<br />
Schmerz über das ungeborene Kind und irgendwann seinen<br />
Frieden damit schließt.<br />
Wie das Heilige Abendmahl und Rituale helfen<br />
Wie gut, dass es in der Kirche auch Rituale gibt, in denen<br />
Menschen Schuld und Sorgen vor Gott bringen können: vor<br />
jedem Abendmahl im Beichtgebet und einem Moment der<br />
Stille. Und dann Gottes Vergebung schmecken und sehen:<br />
„Chr<strong>ist</strong>i Leib, für dich gegeben. Chr<strong>ist</strong>i Blut, für dich vergossen.“<br />
Oder: Am Ende unserer Glaubenskurse können<br />
Teilnehmer einen Brief an Gott schreiben. Diese Briefe werden<br />
vor dem Abschlussgottesdienst auf den Altar gelegt.<br />
Im Gottesdienst kann man einen neuen Anfang mit Gott<br />
machen und sich segnen lassen. Hinterher werden die Briefe<br />
draußen verbrannt. Eine Frau schrieb mir danach: „Wie<br />
befreiend zu wissen, dass meine Schuld und auch meine<br />
Sorgen mit dem Rauch zu Gott aufgestiegen sind.“ P<br />
Bei der Trauerbewältigung helfen Symbole. Engel werden häufig<br />
verwendet, wenn man mit einer Abtreibung nicht fertig wird.<br />
ideaSpektrum 35.2013