Helfen ist Programm - Christliche Ostmission
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PORTRÄT<br />
Urlaub vom<br />
verstrahlten Alltag<br />
TSCHERNOBYL Über 7 Millionen Menschen sind bis heute von der<br />
Atomreaktorkatastrophe im ukrainischen Tschernobyl 1986 gesundheitlich<br />
schwer betroffen. Wie gut, dass Chr<strong>ist</strong>en helfen.<br />
Weil weite Gebiete vor allem<br />
im benachbarten Weißrussland<br />
verstrahlt wurden, sind<br />
auch Kinder, die nach dem Super-<br />
GAU geboren wurden, anfälliger für<br />
Krankheiten. Zahlreiche Initiativen<br />
kümmern sich darum, dass diese<br />
„Tschernobylkinder“ wenigstens in<br />
den Sommerferien wieder zu Kräften<br />
kommen. Eine hat die ehemalige Lehrerin<br />
Gisela Aha (74) vor über 20 Jahren<br />
ins Leben gerufen.<br />
1991 hören Gisela und ihr Ehemann<br />
Hans-Jürgen erstmals von den „Tschernobylkindern“.<br />
Dafür sorgt der CVJM<br />
in Wilhelmshaven. Er unterhält ein Ferienlager<br />
in der Rhön, in dem sich die<br />
Kinder aus dem ehemaligen Ostblock<br />
drei Wochen lang erholen können.<br />
Nun engagiert sich auch das Ehepaar.<br />
Gisela Aha lernt Russisch<br />
Gisela Aha lernt Russisch, um sich mit<br />
den Kindern verständigen zu können.<br />
Im Jahr 2000 zieht sie mit ihrem Mann<br />
sogar in die Rhön um. Dort bleibt sie<br />
auch wohnen, als ihr Mann ein Jahr<br />
später stirbt und der Wilhelmshavener<br />
CVJM aus Kostengründen die Hilfe für<br />
die Kinder einstellt. Gisela Aha macht<br />
weiter – weil die Arbeit weiterhin notwendig<br />
<strong>ist</strong>. Während andere im Ruhestand<br />
ruhen, sucht sie Spender und<br />
In der Mitte: Gisela Aha mit Kindern aus der<br />
Tschernobyl-Region zusammen mit Helfern<br />
im Juli in der bayerischen Hohen Rhön.<br />
bringt auch eigenes Geld mit ein: „Zu<br />
Spitzenzeiten kamen 20 Kinder – mit<br />
dem Flugzeug. In diesem Jahr sind es<br />
noch acht, die zudem eine 26-stündige<br />
Zugfahrt auf sich nehmen mussten.<br />
Für mehr <strong>ist</strong> leider kein Geld da gewesen.“<br />
Seit langem werden die Kinder in<br />
den Gästehäusern Hohe Rhön in Bischofsheim<br />
betreut. Dieses evangelikale<br />
Werk kommt für Unterbringung und<br />
Verpflegung auf. Reisekosten, Visa-Gebühren<br />
und die Kosten für Versicherungen<br />
begleichen Spender. Aha hofft,<br />
dass sie zunehmen, damit noch mehr<br />
Kindern geholfen werden kann.<br />
Um das <strong>Programm</strong> für die 9- bis<br />
13-Jährigen kümmert sie sich selbst.<br />
Man singt, spielt, bastelt, macht Ausflüge.<br />
Wichtig <strong>ist</strong> ihr, dass die Kinder<br />
viel vom chr<strong>ist</strong>lichen Glauben hören.<br />
Deshalb nehmen die jungen Weißrussen<br />
u. a. auch am Kindergottesdienst<br />
der evangelischen Kirchengemeinde<br />
in Bischofsheim teil. Die Kinder – die<br />
in der Schule am Deutschunterricht<br />
teilnehmen – kommen alle aus der<br />
Ortschaft Bogdanov – 100 Kilometer<br />
westlich von der Hauptstadt Minsk.<br />
Denn dorthin hat Gisela Aha gute<br />
Kontakte. In Absprache mit den Lehrern<br />
vor Ort und den Ordensschwestern<br />
eines katholischen Kinderheims<br />
sucht sie diejenigen aus, die einen „Urlaub<br />
vom verstrahlten Alltag“ am<br />
dringendsten nötig haben.<br />
Ausgesetzt im Nirgendwo<br />
Die teilweise dramatischen Schicksale<br />
der Kinder verschlagen ihr bis heute<br />
die Sprache: „Grauenvoll!“. Nur ein<br />
Beispiel: Da nimmt ein Jugendamt ein<br />
Mädchen aus einer Familie, weil die<br />
Eltern als Alkoholiker mit der Erziehung<br />
überfordert sind. Doch auch<br />
eine Verwandte, die zum Vormund<br />
bestellt wird, versagt. Sie fährt Hunderte<br />
von Kilometern mit dem Kind<br />
weg und setzt es einfach mitten im<br />
Nirgendwo aus. Die Ordensschwestern<br />
vom Kinderheim in Bogdanov<br />
finden die Kleine schließlich weinend<br />
am Straßenrand sitzen und nehmen<br />
sie bei sich auf. Solchen Kindern durch<br />
eine Reise nach Deutschland wieder<br />
Hoffnung zu geben, mache ihr Leben<br />
reich und sinnvoll, so Gisela Aha<br />
(09772 8101). Klaus Rösler P<br />
Foto: privat<br />
DAS WORT DER WOCHE<br />
» In der Kirche herrscht eine Wischi-Waschi-Mentalität. Wir sind von einem Extrem ins<br />
andere gekommen. Unseren Großvätern wurde ein strenger, strafender Gott gepredigt (…).<br />
Heute <strong>ist</strong> Gott ‚Everybody's Darling‘ (jedermanns Liebling). Es wird vermittelt, dass alles<br />
okay <strong>ist</strong>, was der Mensch macht. So ein weichgespültes Gottesbild <strong>ist</strong> unattraktiv. «<br />
Der Autor des Buches „Gott <strong>ist</strong> nicht nett“, der katholische Ordenspater Heiner Wilmer (SCJ), im Interview mit der „Nordwest-Zeitung“<br />
35.2013