Ausgabe 5/2013 PDF (~ 10MB) im neuen Fenster öffnen - Bauverein ...
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(schlechte Gebäudedämmung), zum Teil aber auch wegen<br />
mangelnder Energieeffizienz von älteren Heizungsanlagen.<br />
❱ Der Verkehrssektor ist besonders stark von fossilen Energieträgern<br />
abhängig. Da eine umfassende Einführung von Elektroautos<br />
nicht sehr bald zu erwarten ist, bleiben vorerst nur<br />
eine erhöhte Energieeffizienz der Fahrzeuge und veränderte<br />
Benutzungsgewohnheiten (z. B. mehr öffentlicher Verkehr statt<br />
Individualverkehr und Zurückdrängen des Flugverkehrs).<br />
Die Stromversorgung ist ein hoch politisches Gebiet, in dem<br />
massive wirtschaftliche Interessen eine Rolle spielen. Entsprechend<br />
viel Propaganda beeinflusst die öffentliche Diskussion.<br />
Es gibt aber auch gut gemeinte und dennoch sachlich ganz<br />
unfundierte Meinungen, die oft in die Irre führen:<br />
Machen erneuerbare Energien den Strom unbezahlbar?<br />
Richtig ist, dass die Tarife für Kleinverbraucher in Deutschland<br />
deutlich steigen. Und zwar durch die steigende Umlage für die<br />
Förderung erneuerbarer Energien. Jedoch ergibt sich ein ganz<br />
anderes Bild, wenn man berücksichtigt, dass die Belastung der<br />
kleinen Verbraucher viel geringer sein könnte, wenn die industriellen<br />
Großverbraucher nicht von der EEG-Umlage befreit<br />
wären. Sie profitieren (anders als die Kleinverbraucher) sogar<br />
erheblich von dem Effekt, dass die zunehmende Einspeisung<br />
von Strom aus Sonne und Wind die Börsenstrompreise reduziert.<br />
Ist Kernenergie unbedingt nötig, weil das Erdöl ausgeht?<br />
Es ist zwar richtig, dass das Erdöl in den nächsten Jahrzehnten<br />
sehr knapp werden wird, aber dieser Mangel lässt sich kaum<br />
mit Kernenergie bekämpfen. In Deutschland wird seit Jahrzehnten<br />
fast kein Erdöl für die Stromerzeugung eingesetzt,<br />
aber massenhaft als Heizöl und <strong>im</strong> Verkehr verbrannt. Hieran<br />
würde selbst ein großes Angebot billigen Atomstroms (wenn<br />
Kernenergie in Wirklichkeit überhaupt billig wäre) praktisch<br />
nichts ändern.<br />
Be<strong>im</strong> Neubau von Kernkraftwerken sieht es völlig anders aus.<br />
Die Investitionskosten (und damit auch die Kapitalkosten) sind<br />
sehr hoch, und trotz jahrzehntelanger Erfahrung mit dem Bau<br />
solcher Kraftwerke steigen sie sogar <strong>im</strong>mer weiter an – zum guten<br />
Teil, weil man die Anforderungen an die Reaktorsicherheit<br />
aus guten Gründen <strong>im</strong>mer weiter erhöht hat. Wie viel uns die<br />
Kernenergie am Ende kosten wird, ist noch <strong>im</strong>mer nicht klar.<br />
Hierfür spielt eine Rolle, welche Schäden noch durch zukünftige<br />
und bisherige Atomunfälle verursacht werden, was der Abriss<br />
der Kernkraftwerke<br />
kosten wird<br />
und vor allem, wie<br />
die Langzeit-Endlagerung<br />
realisiert<br />
werden kann.<br />
Nichts ist teurer,<br />
als Probleme, für die es<br />
noch keine Lösung gibt.<br />
Bei den erneuerbaren Energien sinken die Kosten rapide, während<br />
sie bei der Kernenergie steigen. Es ist absehbar, dass etliche<br />
erneuerbare Energien schon relativ bald kostengünstiger<br />
als Kernenergie sein werden.<br />
Wir haben doch gar kein ernsthaftes Energieproblem!<br />
In Mitteleuropa sind wir bisher tatsächlich weitgehend verschont<br />
geblieben von echten Bedrohungen <strong>im</strong> Bereich Energieversorgung.<br />
Von daher könnte man tatsächlich den Eindruck<br />
bekommen, ein wirklich ernstes Problem gäbe es <strong>im</strong> Energiebereich<br />
nicht. Allerdings übersieht man dabei die Luftverschmutzung.<br />
Sie ist zwar insgesamt geringer geworden, jedoch sterben<br />
in Europa (nicht nur in China!) auch heute viele tausend<br />
Menschen jedes Jahr vorzeitig an den Folgen von Feinstaub,<br />
Stickoxiden und andere Schadstoffen.<br />
Wir wissen heute, dass dies mit hoher Wahrscheinlichkeit einen<br />
beängstigend schnellen Kl<strong>im</strong>awandel hervorruft, der – wenn<br />
es so weiter geht – innerhalb grob geschätzt eines einzigen<br />
Jahrhunderts in eine globale Kl<strong>im</strong>akatastrophe münden dürfte.<br />
Somit wird klar, dass das Problem der Erdölverknappung ganz<br />
andere Lösungen braucht: insbesondere mehr Energieeffizienz<br />
in der Anwendung, teilweise auch Substitution (etwa durch<br />
Biokraftstoffe der zweiten oder dritten Generation) und auch<br />
Verzicht (Suffizienz). Flugreisen zum Spottpreis wird es jedenfalls<br />
bald nicht mehr geben, mit oder ohne Atomstrom, und<br />
mangels Potenzial auch nicht mit Biokraftstoffen.<br />
Massive Engpässe sind zuerst bei der Versorgung mit Erdöl<br />
zu befürchten. Dies nicht etwa erst dann, wenn uns “das Öl<br />
ausgeht”, sondern vielmehr bereits, wenn das globale Fördermax<strong>im</strong>um<br />
erreicht wird. Dieser Zeitpunkt ist ungefähr jetzt! Es<br />
ist zu befürchten, dass dies nicht nur zu dramatischen Preisentwicklungen,<br />
sondern auch global zu gewaltigen Konflikten<br />
bis hin zu Kriegen führen wird.<br />
Ist Kernenergie wirklich billig?<br />
Hieran ist nur eines unzweifelhaft richtig: Bestehende Kernkraftwerke<br />
weiter zu betreiben, ist fast <strong>im</strong>mer billiger, als die<br />
elektrische Energie auf irgendeine andere Weise zu erzeugen.<br />
Die hohen Baukosten spielen dann nämlich keine Rolle mehr.<br />
Dies schafft gewaltige wirtschaftliche und politische Abhängigkeiten,<br />
die unseren Wohlstand bedrohen. Je früher wir uns<br />
ernsthaft auf eine Zeit ohne fossile Energieträger einrichten,<br />
desto leichter wird die Übergangszeit werden! ❰<br />
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