Europa-Informationen - Evangelische Kirche in Deutschland
Europa-Informationen - Evangelische Kirche in Deutschland
Europa-Informationen - Evangelische Kirche in Deutschland
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<strong>Evangelische</strong> <strong>Kirche</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong><br />
Der Bevollmächtigte des Rates<br />
Dienststelle Brüssel<br />
<strong>Europa</strong>-<strong>Informationen</strong><br />
In dieser Ausgabe:<br />
Leitartikel Gute Ideen s<strong>in</strong>d gefragt - <strong>Europa</strong>politische Akzente <strong>in</strong> den Parteiprogrammen<br />
zur Bundestagswahl<br />
3<br />
Zukunft der EU Die Regionalpolitik 2014-2020: Weniger Geld, mehr Effizienz 8<br />
Asyl & Migration Tagung der EU-Innenm<strong>in</strong>ister über die Aufnahme syrischer Flüchtl<strong>in</strong>ge 15<br />
Europäisches Grenzüberwachungssystem noch vor Ende des Jahres e<strong>in</strong>satzbereit<br />
17<br />
Demokratie &<br />
Menschenrechte<br />
EU-Außenm<strong>in</strong>ister e<strong>in</strong>igen sich auf Leitl<strong>in</strong>ien zur Religionsfreiheit - Zustimmung<br />
von Margot Käßmann<br />
21<br />
Umwelt & Energie Grüner wird‘s nicht - Verständigung auf GAP-Reform 24<br />
Jugend & Bildung Weitere „Gipfel“ gegen Jugendarbeitslosigkeit 26<br />
Kurze Meldungen 32<br />
Herausgeber:<br />
August 2013 | 143<br />
EKD-Büro Brüssel<br />
Rue Joseph II 166<br />
B-1000 Brüssel<br />
Leitung:<br />
OKR‘<strong>in</strong> Katr<strong>in</strong> Hatz<strong>in</strong>ger<br />
Kontakt:<br />
Tel. 0032 - (0)2 - 230 16 39<br />
Fax 0032 - (0)2 - 280 01 08<br />
ekd.bruessel@ekd.eu<br />
Redaktion:<br />
katr<strong>in</strong>.hatz<strong>in</strong>ger@ekd.eu<br />
ISSN: 2034-7847
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Leitartikel<br />
Gute Ideen s<strong>in</strong>d gefragt - <strong>Europa</strong>politische<br />
Akzente <strong>in</strong> den Parteiprogrammen<br />
zur Bundestagswahl<br />
(OKR‘<strong>in</strong> Katr<strong>in</strong> Hatz<strong>in</strong>ger)<br />
In den vergangenen Jahren hat <strong>Deutschland</strong>s politische<br />
Bedeutung zugenommen.<br />
Der britische Rundfunksender BBC hat Ende Mai<br />
vermeldet, <strong>Deutschland</strong> sei das beliebteste Land<br />
der Welt. In der jährlichen Umfrage des BBC World<br />
Service bewerten 59 Prozent der mehr als 26.000<br />
Befragten <strong>in</strong> 25 Ländern den E<strong>in</strong>fluss <strong>Deutschland</strong>s<br />
<strong>in</strong> der Welt als „vor allem positiv”.<br />
Vielleicht sollte uns dieser Vertrauensvorschuss<br />
und diese Sympathiebekundung Ansporn se<strong>in</strong>, den<br />
anderen Nationen <strong>in</strong> <strong>Europa</strong> weniger schulmeisterlich<br />
als vielmehr empathisch gegenüber zu treten.<br />
Das Image des überheblichen Besserwissers<br />
steht uns Deutschen nicht gut zu Gesicht, zumal<br />
<strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> bislang von der europäischen Krise<br />
nur wenig zu spüren ist. Angesichts der harten<br />
E<strong>in</strong>schnitte <strong>in</strong> vielen Ländern des Südens und der<br />
bedrückend hohen Jugendarbeitslosigkeit s<strong>in</strong>d deshalb<br />
Gesten des Respekts und der Anerkennung<br />
des Geleisteten nicht zu unterschätzen. Aber auch<br />
Ideen dazu, wie es nach Abschluss der Sparmaßnahmen<br />
<strong>in</strong> den Krisenländern wieder wirtschaftlich<br />
bergauf gehen kann.<br />
Geme<strong>in</strong>sam mit den europäischen Partnern hat die<br />
Bundesrepublik viele wichtige Impulse zur Überw<strong>in</strong>dung<br />
der F<strong>in</strong>anz-, Wirtschafts- und Staatsschuldenkrise<br />
<strong>in</strong> der EU gesetzt und zu notwendigen<br />
Strukturreformen beigetragen. Dennoch haben<br />
die Deutschen mit der Führungsrolle, die ihnen von<br />
vielen zugedacht wird, ihre Schwierigkeiten. Unter<br />
der Überschrift „Germany and Europe – The reluctant<br />
hegemon“ beschrieb das Wirtschaftsmagaz<strong>in</strong><br />
„The Economist“ im Juni das Unbehagen der Deutschen,<br />
sich <strong>in</strong> Zeiten der Krise als europäische Führungsnation<br />
zu positionieren. Drei Gründe machte<br />
das Magaz<strong>in</strong> für die deutsche Zurückhaltung aus:<br />
1. historisch begründete Ängste vor e<strong>in</strong>em deutschen<br />
Führungsanspruch, 2. die unterschwellige<br />
Annahme, dass die Südländer lediglich so produktiv<br />
wie die Deutschen se<strong>in</strong> müssten, um die Krise zu<br />
überw<strong>in</strong>den und 3. taktische Erwägungen: man will<br />
sich nicht zu sehr exponieren, um die anderen nicht<br />
aus der Verantwortung zu entlassen.<br />
Umso <strong>in</strong>teressanter, wie sich die Parteien des Deutschen<br />
Bundestages vor den Bundestagswahlen am<br />
22. September 2013 mit der <strong>Deutschland</strong> zugedachten<br />
Führungsrolle ause<strong>in</strong>andersetzen und welche<br />
Akzente sie im H<strong>in</strong>blick auf die weitere Ausgestaltung<br />
der europäischen Integration setzen möchten.<br />
E<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>er Überblick:<br />
1. CDU/CSU<br />
Die Union positioniert sich <strong>in</strong> ihrem Programm<br />
„Geme<strong>in</strong>sam erfolgreich für <strong>Deutschland</strong>“ als <strong>Europa</strong>partei<br />
und beantwortet die Frage nach <strong>Deutschland</strong>s<br />
Rolle <strong>in</strong> der Krise mit dem H<strong>in</strong>weis auf die<br />
deutsche Verantwortung: „Als größter Volkswirtschaft<br />
und Wachstumsmotor <strong>in</strong> <strong>Europa</strong> kommt<br />
unserem Land <strong>in</strong> dieser Situation e<strong>in</strong>e besondere<br />
Verantwortung zu. Wir stehen zu dieser Verantwortung,<br />
weil wir wissen, dass <strong>Deutschland</strong> auf Dauer<br />
nur stark und erfolgreich se<strong>in</strong> kann, wenn es auch<br />
<strong>Europa</strong> gut geht,“ heißt es. Gleichzeitig wird die<br />
Bedeutung des deutsch-französischen Motors für<br />
die Vertiefung der europäischen Integration betont<br />
und die Partnerschaft mit Polen besonders hervorgehoben.<br />
CDU und CSU unterstreichen zudem die<br />
Kooperation der Staaten im Rahmen des Weimarer<br />
Dreiecks aus Polen, Frankreich und <strong>Deutschland</strong><br />
Deutlich spricht sich die CDU/CSU für weitere Reformschritte<br />
aus, fordert aber auch Eigenverantwortung.<br />
„Wir bekennen uns zur Solidarität mit<br />
unseren europäischen Nachbarn. Allerd<strong>in</strong>gs: Wer<br />
Hilfe braucht, muss mit eigenen Leistungen dazu<br />
beitragen, die Probleme zu lösen.“<br />
Als Weg aus der Krise fordern die Schwesterparteien<br />
e<strong>in</strong>e stärkere wirtschaftspolitische Abstimmung<br />
darüber, wie die Wettbewerbsfähigkeit <strong>Europa</strong>s<br />
verbessert werden könnte. „Wir wollen dazu e<strong>in</strong>en<br />
Pakt für Wettbewerbsfähigkeit beschließen, <strong>in</strong><br />
dem die Nationalstaaten sich mit der Europäischen<br />
Kommission auf konkrete Maßnahmen verständigen“.<br />
„Wer gegen die vere<strong>in</strong>barten Grenzwerte des Stabilitäts-<br />
und Wachstumspaktes verstößt, muss mit<br />
Sanktionen rechnen. Dazu wollen wir die Möglichkeiten<br />
zur Überwachung und Überprüfung der nationalen<br />
Haushalte durch die Europäische Kommission<br />
stärken. Zudem setzen wir uns dafür e<strong>in</strong>,<br />
<strong>in</strong>nerhalb der Eurozone e<strong>in</strong> Umschuldungsverfahren<br />
für Staaten zu entwickeln, die ihre Schulden<br />
nicht mehr tragen können.“ Der Vergeme<strong>in</strong>schaftung<br />
von Schulden und Eurobonds wird e<strong>in</strong>e klare<br />
Absage erteilt.<br />
H<strong>in</strong>sichtlich der Debatte um e<strong>in</strong>e Bankenunion,<br />
die unter anderem e<strong>in</strong>e für alle Euro-Staaten e<strong>in</strong>heitliche<br />
europäische Bankenaufsicht mit entsprechenden<br />
Durchgriffsrechten vorsieht, gibt es e<strong>in</strong><br />
Bekenntnis zu e<strong>in</strong>er europäischen Bankenaufsicht<br />
bei der Europäischen Zentralbank für die großen<br />
systemrelevanten Banken sowie für e<strong>in</strong> Verfahren<br />
für die Abwicklung überschuldeter Banken. E<strong>in</strong>e<br />
europaweite E<strong>in</strong>lagensicherung wird allerd<strong>in</strong>gs abgelehnt.<br />
Außerdem soll die Unabhängigkeit der Europäischen<br />
Zentralbank verteidigt werden.<br />
EKD-<strong>Europa</strong>-<strong>Informationen</strong> Nr. 143 3
Was zukünftige Vertragsreformen und <strong>in</strong>stitutionelle<br />
Veränderungen <strong>in</strong> <strong>Europa</strong> angeht, bleibt das<br />
Programm auffällig vage. E<strong>in</strong>e Konzession der CDU<br />
an ihre Schwesterpartei? Es heißt lediglich: „Wir<br />
wollen ke<strong>in</strong> zentralistisch organisiertes und regiertes<br />
<strong>Europa</strong>. CDU und CSU wollen e<strong>in</strong> <strong>Europa</strong>, das<br />
den Bürgern dient. E<strong>in</strong> <strong>Europa</strong> <strong>in</strong> Vielfalt sichert<br />
Lebensqualität <strong>in</strong> den Regionen und respektiert unterschiedliche<br />
Lebensarten.“<br />
2. FDP<br />
Der liberale Koalitionspartner betont <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em<br />
„Bürgerprogramm 2013“ die Bedeutung der EU<br />
über die Wirtschafts- und Währungsfragen h<strong>in</strong>aus.<br />
So heißt es z. B.: „<strong>Europa</strong> ist mehr als der Euro. <strong>Europa</strong><br />
ist gegründet auf geme<strong>in</strong>samen Werten und<br />
Überzeugungen. Und diese Geme<strong>in</strong>samkeit zu wahren<br />
und zu stärken ist heute ebenso unsere Aufgabe<br />
und Verantwortung wie die Stabilität unserer Währung.“<br />
Auch hier gibt es e<strong>in</strong> klares Bekenntnis zu Unabhängigkeit<br />
der Europäischen Zentralbank und zur<br />
E<strong>in</strong>haltung der Stabilitätsregeln. „Geldwertstabilität<br />
ist deutsche Staatsraison. Die Stabilitätskultur<br />
ist unsere Mitgift für <strong>Europa</strong>“, wird etwas pathetisch<br />
formuliert. Ebenso wie die CDU/CSU erteilt<br />
die FDP e<strong>in</strong>er Haftungsunion e<strong>in</strong>e deutliche Absage.<br />
„E<strong>in</strong>e gesamtschuldnerische Haftung für Staatsanleihen<br />
der Mitgliedstaaten, wie über Eurobonds<br />
oder e<strong>in</strong>en Altschuldentilgungsfonds, lehnen wir Liberalen<br />
aus politischen, rechtlichen und wirtschaftlichen<br />
Gründen ab. Stattdessen s<strong>in</strong>d weitere Strukturreformen<br />
angezeigt, damit <strong>Europa</strong> aus eigener<br />
Kraft aus se<strong>in</strong>en Schulden herauswachsen kann.“<br />
Für die Zukunft der EU bedeutet das aus liberalem<br />
Selbstverständnis: „<strong>Europa</strong> hat nur e<strong>in</strong>e Zukunft<br />
als Verantwortungsgeme<strong>in</strong>schaft, <strong>in</strong> der jeder für<br />
se<strong>in</strong> Handeln haftet. Darum setzen wir uns für e<strong>in</strong>e<br />
europäische Insolvenzordnung für Staaten e<strong>in</strong>, um<br />
die bestehenden Stabilisierungs<strong>in</strong>strumente zu ergänzen.“<br />
Im H<strong>in</strong>blick auf die Bankenunion fordert<br />
die FDP nicht unbed<strong>in</strong>gt mehr, sondern e<strong>in</strong>e bessere<br />
Aufsicht. E<strong>in</strong>e europäische Bankenaufsicht müsse<br />
höchsten Standards entsprechen. „E<strong>in</strong>en Zugriff<br />
auf nationale E<strong>in</strong>lagensicherungsfonds oder den<br />
nationalen Restrukturierungsfonds lehnen wir ab.“<br />
H<strong>in</strong>sichtlich der Fortentwicklung der Europäischen<br />
Union gibt es klare Vorstellungen zu e<strong>in</strong>er weiteren<br />
Integration: „(…) deshalb wollen wir den Weg<br />
der Vertiefung verantwortungsvoll weitergehen<br />
– h<strong>in</strong> zu e<strong>in</strong>er politischen Union mit festen föderalen<br />
Grundsätzen, demokratischen Strukturen und<br />
e<strong>in</strong>er klaren subsidiären Ordnung.“ Sehr deutlich<br />
wird dies durch die Darlegung e<strong>in</strong>es europäischen<br />
Bundesstaats: „Am Ende dieser Entwicklung sollte<br />
e<strong>in</strong> durch e<strong>in</strong>e europaweite Volksabstimmung legitimierter<br />
europäischer Bundesstaat stehen.“ Und<br />
weiter: „Wir setzen uns deshalb dafür e<strong>in</strong>, das Europäische<br />
Parlament zu e<strong>in</strong>em Vollparlament mit<br />
gleichberechtigtem Initiativrecht <strong>in</strong> der Gesetzgebung<br />
zu entwickeln.“ Dabei nimmt das Programm<br />
auch auf den Abschlussbericht der von <strong>Deutschland</strong><br />
angestoßenen Zukunftsgruppe von elf Außenm<strong>in</strong>istern<br />
Bezug und listet konkrete Anregungen für<br />
e<strong>in</strong>e weitere Vertiefung auf. Während sich im CDU/<br />
CSU-Programm ke<strong>in</strong>e Ausführungen zum Subsidiaritätsgrundsatz<br />
f<strong>in</strong>den, betonen die Liberalen:<br />
„Das <strong>Europa</strong> der Bürger zeichnet sich durch feste<br />
und klare Kompetenzen und das Pr<strong>in</strong>zip Verhältnismäßigkeit<br />
aus.“<br />
3. SPD<br />
Die größte Oppositionspartei stellt <strong>in</strong> ihrem Wahlprogramm<br />
„Das Wir entscheidet“ fest: „<strong>Deutschland</strong><br />
ist e<strong>in</strong> starkes Land.“ In Bezug auf <strong>Deutschland</strong>s<br />
Rolle <strong>in</strong> <strong>Europa</strong> stellt die SPD jedoch den Geme<strong>in</strong>schaftsgedanken<br />
<strong>in</strong> den Vordergrund: „Wir alle gehören<br />
zusammen. Wir alle s<strong>in</strong>d <strong>Deutschland</strong>. Und<br />
wir alle gehören zu <strong>Europa</strong>, dem e<strong>in</strong>zigen Kont<strong>in</strong>ent,<br />
der die <strong>in</strong>dividuelle Freiheit jedes E<strong>in</strong>zelnen<br />
mit der Verantwortung und Solidarität aller Menschen<br />
füre<strong>in</strong>ander verb<strong>in</strong>det.“<br />
Auch die SPD spricht sich für solide Staatsf<strong>in</strong>anzen<br />
aus, verfolgt aber gleichzeitig das Ziel, die soziale<br />
Marktwirtschaft neu zu begründen und e<strong>in</strong> soziales<br />
<strong>Europa</strong> zu schaffen, mit klaren Regeln für die<br />
Märkte und e<strong>in</strong>er F<strong>in</strong>anztransaktionssteuer. <strong>Europa</strong><br />
müsse Vorreiter e<strong>in</strong>er neuen Marktordnung werden,<br />
„mit der wir die F<strong>in</strong>anzmärkte bändigen“.<br />
Fest steht für die Sozialdemokraten, dass e<strong>in</strong>e Währungsunion<br />
auch e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Wirtschaftspolitik<br />
mit ausgeglichenen Leistungsbilanzen brauche.<br />
„Die geme<strong>in</strong>same Verpflichtung zu soliden F<strong>in</strong>anzen<br />
muss deshalb durch e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames Verständnis<br />
und konkrete geme<strong>in</strong>same Zielvorgaben<br />
für e<strong>in</strong>e europäische Wachstumsstrategie ergänzt<br />
werden, die wirtschaftliche Innovation mit sozialer<br />
Gerechtigkeit und ökologischer Erneuerung zusammenbr<strong>in</strong>gt.“<br />
E<strong>in</strong> europäischer Investitions- und<br />
Aufbaufonds soll zu nachhaltigem und tragfähigem<br />
Wachstum beitragen. E<strong>in</strong> europäischer Schuldentilgungsfonds<br />
mit e<strong>in</strong>em verb<strong>in</strong>dlichen Schuldenabbau-<br />
und Reformplan soll die Handlungsfähigkeit<br />
der Mitgliedstaaten erhöhen.<br />
Die SPD will sich außerdem für e<strong>in</strong>e stärkere politische<br />
Harmonisierung von Arbeits-, Wirtschafts-,<br />
F<strong>in</strong>anz-, Steuer- und Investitionspolitik e<strong>in</strong>setzen.<br />
Auch sie ist für „e<strong>in</strong>e schlagkräftige Bankenaufsicht<br />
für große, grenzüberschreitend tätige Institute“.<br />
Längerfristig setzt sich die SPD für e<strong>in</strong>e eigenständige<br />
europäische Aufsichtsbehörde e<strong>in</strong>. Allerd<strong>in</strong>gs<br />
soll die „Aufsicht über kle<strong>in</strong>e und mittlere Banken<br />
auf nationaler Ebene verbleiben und nur <strong>in</strong> Krisenfällen<br />
auf die EZB übertragen werden“.<br />
Die SPD will perspektivisch e<strong>in</strong> „besseres <strong>Europa</strong>“.<br />
4<br />
EKD-<strong>Europa</strong>-<strong>Informationen</strong> Nr. 143
Zu den <strong>in</strong>stitutionellen Reformen hat sie auch konkrete<br />
Ideen. Transnationale Demokratie werde aber<br />
nur funktionieren, wenn das Gewaltenteilungsmodell<br />
auch auf die europäische Ebene übertragen<br />
werde. Deshalb müsse die „Europäische Kommission<br />
zu e<strong>in</strong>er Regierung ausgebaut werden, die vom<br />
<strong>Europa</strong>parlament gewählt und kontrolliert wird<br />
und ggf. abgesetzt werden kann. In e<strong>in</strong>er zweiten<br />
Kammer, <strong>in</strong> der die Regierungen der Mitgliedstaaten<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em geme<strong>in</strong>samen Rat sitzen, werden dann<br />
die nationalen Interessen vertreten.“<br />
Die EU brauche zudem e<strong>in</strong>e parlamentarisch kontrollierte<br />
Wirtschaftsregierung und e<strong>in</strong>e Weiterentwicklung<br />
der Währungsunion zu e<strong>in</strong>er Wirtschaftsund<br />
Sozialunion unter Stärkung der sozialen<br />
Marktwirtschaft. E<strong>in</strong>e Vere<strong>in</strong>heitlichung der nationalen<br />
Sozialsysteme wird nicht angestrebt. Ziel<br />
soll e<strong>in</strong> sozialer Stabilitätspakt se<strong>in</strong>, unter E<strong>in</strong>beziehung<br />
„existenzsichernder M<strong>in</strong>destlöhne <strong>in</strong> allen<br />
EU-Mitgliedstaaten, gemessen am jeweiligen nationalen<br />
Durchschnittse<strong>in</strong>kommen“.<br />
Die Sorgen der Bürger vor zu viel E<strong>in</strong>mischung aus<br />
Brüssel müssten ernst genommen werden: „Subsidiarität<br />
heißt, dass Politik da gemacht wird, wo<br />
sie am besten aufgehoben ist.“ Doch die SPD geht<br />
noch weiter. Es müsse überprüft werden, ob sich<br />
die Kompetenzverteilung zwischen nationaler und<br />
europäischer Ebene bewährt habe oder ob Korrekturen<br />
nötig seien. „Bei diesem Prozess kann es auch<br />
zu Rückübertragungen <strong>in</strong> die Mitgliedstaaten kommen,<br />
wenn sich e<strong>in</strong>e europäische Zuständigkeit als<br />
nicht s<strong>in</strong>nvoll erwiesen hat.“<br />
4. Die Grünen<br />
Die Grünen bekennen sich unmissverständlich zu<br />
<strong>Europa</strong>: „<strong>Europa</strong> ist unsere Zukunft.“ In Zeiten der<br />
Globalisierung ließen sich die Probleme nicht mehr<br />
im Alle<strong>in</strong>gang lösen. „Dies geht nur geme<strong>in</strong>sam –<br />
mit der EU und mit starken demokratischen europäischen<br />
Institutionen.“<br />
<strong>Deutschland</strong> profitiere von e<strong>in</strong>er wirtschaftlich starken<br />
EU. Deshalb sei es im ureigensten Interesse,<br />
anderen Staaten zu helfen. Das Land würde jedoch<br />
se<strong>in</strong>er Rolle als größter und wirtschaftlicher stärkster<br />
Mitgliedstaat nicht gerecht: „Wir GRÜNE werben<br />
stattdessen für e<strong>in</strong> europäisches <strong>Deutschland</strong><br />
<strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er Wirtschafts- und Solidarunion.“<br />
Da es sich bei der aktuellen Krise nicht e<strong>in</strong>fach um<br />
e<strong>in</strong>e Staatsschuldenkrise handele, sei dauerhaft<br />
e<strong>in</strong>e neue Perspektive nötig: „Wir brauchen e<strong>in</strong>e Erneuerung<br />
der europäischen Wirtschaft im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>es<br />
europäischen Green New Deal. Nachhaltigkeit<br />
muss zur Basis europäischer Wettbewerbsfähigkeit<br />
werden.“<br />
Daneben fordern die Grünen e<strong>in</strong>en Europäischen<br />
Schuldentilgungspakt, der auf dem vom Sachverständigenrat<br />
der Bundesregierung vorgeschlagenen<br />
Schuldentilgungsfonds basieren soll. Die de<br />
facto bereits bestehende Haftungsunion will die<br />
Öko-Partei durch e<strong>in</strong>e europäische Solidarunion<br />
mit verb<strong>in</strong>dlichen Regeln ersetzen: „Wir wollen den<br />
ESM <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Europäischen Währungsfonds (EWF)<br />
umbauen und so zu e<strong>in</strong>em wirklichen Krisenreaktions<strong>in</strong>strument<br />
machen.“ Der ESM/EWF solle der<br />
demokratischen Kontrolle durch das Europäische<br />
Parlament unterliegen.<br />
E<strong>in</strong>deutig spricht sich die Partei für Eurobonds aus.<br />
Künftig müsse zudem „bei der Bewältigung von<br />
staatlichen Schuldenkrisen der Privatsektor sehr<br />
viel umfassender als bisher an den Krisenkosten<br />
beteiligt werden“. Die Grünen treten ferner für e<strong>in</strong><br />
faires und unabhängiges, geordnetes und stabilisierendes<br />
Staaten<strong>in</strong>solvenzverfahren e<strong>in</strong>. Schließlich<br />
soll das Amt e<strong>in</strong>es durch das Europäische Parlament<br />
gewählten EU-Kommissars für Wirtschaft<br />
und Währung „den notwendigen Zuwachs an Entscheidungskompetenz<br />
auf europäischer Ebene“ zum<br />
Ausdruck br<strong>in</strong>gen.<br />
Auch die Grünen s<strong>in</strong>d für e<strong>in</strong>e Bankenunion und<br />
e<strong>in</strong>e unabhängige Bankenaufsicht. Die Wirtschaftsund<br />
Währungsunion müsse aber um e<strong>in</strong>e politische<br />
Union erweitert werden, damit nicht nur die<br />
F<strong>in</strong>anzmärkte die Politik diktierten. E<strong>in</strong>e soziale<br />
Fortschrittsklausel im EU-Primärrecht solle e<strong>in</strong>e<br />
stärkere Balance gegenüber den Grundfreiheiten<br />
des Marktes herstellen: „Zu e<strong>in</strong>em sozialen <strong>Europa</strong><br />
gehören für uns außerdem geme<strong>in</strong>same soziale<br />
M<strong>in</strong>deststandards, wie e<strong>in</strong> M<strong>in</strong>destlohn und e<strong>in</strong>e<br />
Grundsicherung, die sich jeweils am nationalen BIP<br />
orientieren, sowie das Recht auf e<strong>in</strong>e gute Gesundheitsversorgung.“<br />
Weiterh<strong>in</strong> gelte es das bestehende Demokratiedefizit<br />
abzubauen. Der Geme<strong>in</strong>schaftsmethode sei<br />
grundsätzlich Vorrang vor <strong>in</strong>tergouvernementalem<br />
Handeln e<strong>in</strong>zuräumen. Die <strong>in</strong>stitutionelle Weiterentwicklung<br />
der EU solle durch e<strong>in</strong>en öffentlichen<br />
Europäischen Konvent zur Zukunft der EU erfolgen.<br />
Schließlich müssten die (Mitsprache-)Rechte<br />
des Europäischen Parlaments gestärkt werden,<br />
<strong>in</strong>dem es z.B. das Initiativrecht erhalte sowie das<br />
Recht, den EU-Kommissionspräsidenten zu wählen.<br />
Auch die Grünen halten das Subsidiaritätspr<strong>in</strong>zip<br />
hoch und s<strong>in</strong>d wie die SPD grundsätzlich dafür,<br />
Kompetenzen zurückzuübertragen, wenn es s<strong>in</strong>nvoll<br />
ersche<strong>in</strong>t.<br />
5. DIE LINKE<br />
Die LINKE tritt <strong>in</strong> ihrem Programm „100% sozial“<br />
„für e<strong>in</strong> soziales, demokratisches und solidarisches<br />
<strong>Europa</strong> e<strong>in</strong>, das dem Klammergriff der F<strong>in</strong>anzmärkte<br />
entzogen wird“. Es sei e<strong>in</strong>e Lüge, dass „wir“ gut<br />
durch die Krise gekommen seien. Die Gesellschaft<br />
treibe immer weiter ause<strong>in</strong>ander.<br />
EKD-<strong>Europa</strong>-<strong>Informationen</strong> Nr. 143 5
Deshalb steht sie „für e<strong>in</strong> friedliches, weltoffenes<br />
und solidarisches <strong>Europa</strong>, <strong>in</strong> dem geme<strong>in</strong>sam Sozialstandards<br />
ausgehandelt und die Reichen über<br />
Vermögensabgaben an der F<strong>in</strong>anzierung beteiligt<br />
werden.“ F<strong>in</strong>anzmärkte und Banken müssten wirksam<br />
kontrolliert und <strong>in</strong> den Dienst der Gesellschaft<br />
gestellt werden. Die Partei fordert „e<strong>in</strong>e F<strong>in</strong>anztransaktionsteuer<br />
und e<strong>in</strong>e europaweite e<strong>in</strong>malige<br />
Abgabe für Vermögen über e<strong>in</strong>er Million Euro“.<br />
Für die Zukunft strebt die Partei an, „e<strong>in</strong>e langfristig<br />
tragfähige Perspektive für die europäische E<strong>in</strong>igung<br />
zu schaffen.“ Dazu müsste die „Talfahrt der<br />
Löhne gestoppt“ und Reiche müssten mehr besteuert<br />
werden. So ist die Partei für die E<strong>in</strong>führung von<br />
sozialen und steuerlichen M<strong>in</strong>deststandards.<br />
Die LINKE ist nicht für e<strong>in</strong> Ende des Euro, wehrt<br />
sich aber „gegen die Pläne aller anderen im Bundestag<br />
vertretenen Parteien, die EU-Kommission zu<br />
e<strong>in</strong>em sanktionsbewehrten Kontroll<strong>in</strong>strument der<br />
Haushaltspolitik der Mitgliedstaaten zu machen.“<br />
Der Euro habe aber nur dann e<strong>in</strong>e Zukunft, wenn<br />
„die Kürzungsdiktate beendet und <strong>in</strong> Zukunft die<br />
Wirtschafts-, Fiskal,- Steuer-, Sozial- und Arbeitsmarktpolitiken<br />
der Euro-Mitgliedsländer enger so<br />
abgestimmt werden, dass der heute vorherrschende<br />
Wettbewerb durch Steuer-, Sozial- und Lohndump<strong>in</strong>g<br />
unterbunden wird“.<br />
Mittels e<strong>in</strong>er „Europäischen Ausgleichsunion<br />
„müssten die Euro-Staaten auf das Ziel ausgeglichener<br />
Handelsströme verpflichtet werden, „bei<br />
dem nicht primär Länder mit hohen Lohnzuwächsen<br />
bestraft, sondern Länder mit zu niedrigen<br />
Lohnzuwächsen und abgesenkten Sozialstandards<br />
(Stichwort Agenda 2010 und Rente erst ab 67) wie<br />
<strong>in</strong>sbesondere <strong>Deutschland</strong> zu höheren Lohn- und<br />
Sozialstandards aufgefordert werden“.<br />
Die Übertragung der Bankenaufsicht auf die Europäische<br />
Zentralbank (EZB) lehnt die LINKE ab, da<br />
es dieser an „unmittelbarer demokratischer Legitimation“<br />
fehle.<br />
Als Weg aus der Krise, zur Ankurbelung der Wirtschaft<br />
und zur Schaffung von Arbeitsplätzen fordert<br />
die LINKE e<strong>in</strong> ökologisch-soziales Investitionsprogramm<br />
und e<strong>in</strong>e Fortschrittsklausel <strong>in</strong> den<br />
EU-Verträgen. „Soziale Grundrechte und die Tarifautonomie<br />
müssen Vorrang vor den B<strong>in</strong>nenmarktfreiheiten<br />
haben.“ Sie kritisiert alle Bemühungen<br />
um e<strong>in</strong>e „echte Wirtschafts- und Währungsunion“,<br />
diese würde nur den Sozialabbau befördern.<br />
Da sie den Vertrag von Lissabon abgelehnt hat,<br />
fordert sie e<strong>in</strong>e grundlegende Veränderung der vertraglichen<br />
Grundlagen der EU, um die Voraussetzungen<br />
für e<strong>in</strong>e demokratische, soziale, ökologische<br />
und friedliche Europäische Union zu schaffen.<br />
l<strong>in</strong>ke Partei das Europäische Parlament stärken<br />
und Elemente der partizipatorischen Demokratie<br />
fördern: „In der EU müssen verb<strong>in</strong>dliche Volksbegehren<br />
und Volksentscheide möglich werden, mit<br />
denen auch die EU-Verträge geändert werden können.“<br />
Die Bereitschaft, um e<strong>in</strong>er geme<strong>in</strong>samen Zukunft<br />
willen Reformen des Geme<strong>in</strong>schaftsprojektes EU<br />
e<strong>in</strong>zuleiten, bedarf geme<strong>in</strong>samer Grundorientierungen,<br />
die nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em breiten gesellschaftlichen Diskurs<br />
erneuert und gestärkt werden können. Dementsprechend<br />
steht die EKD an der Seite der Politik,<br />
wenn es darum geht, den europäischen Geist wach<br />
zu halten und <strong>Europa</strong> zu kommunizieren. Denn für<br />
uns als evangelische Christen ist das europäische<br />
Motto „In Vielfalt gee<strong>in</strong>t“ e<strong>in</strong> Leitspruch, <strong>in</strong> dem wir<br />
uns wiederf<strong>in</strong>den. Leidvoll haben wir selbst erfahren<br />
müssen, dass die konfessionelle Spaltung lähmt<br />
und zermürbt. Deshalb steht das Leitbild der versöhnten<br />
Verschiedenheit seit 1973 als Leitbild über<br />
der sog. Leuenberger <strong>Kirche</strong>ngeme<strong>in</strong>schaft. Dar<strong>in</strong><br />
haben sich zahlreiche lutherische, reformierte und<br />
methodistischen <strong>Kirche</strong>n <strong>in</strong> <strong>Europa</strong> gegenseitig zu<br />
Kanzel- und Abendmahlsgeme<strong>in</strong>schaft verpflichtet.<br />
Dieses Jahr feiern wir das 40. Jubiläum der Leuenberger<br />
Konkordie. Dieser historische Schritt wurde<br />
möglich, weil man sich auf das Geme<strong>in</strong>same und<br />
nicht auf das Trennende besonnen hat. Als <strong>Kirche</strong>n<br />
kennen wir die Spannungen und Konflikte, die mit<br />
Vielfalt e<strong>in</strong>hergehen, aus eigener Erfahrung. Zugleich<br />
leben wir aber aus der Gewissheit, dass E<strong>in</strong>heit<br />
<strong>in</strong> Vielfalt gel<strong>in</strong>gen kann. Der europäische Integrationsprozess<br />
war immer von Höhen und Tiefen<br />
geprägt, aktuell bef<strong>in</strong>det sich die Union <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
Spannungsfeld zwischen Solidarität, Subsidiarität<br />
und Identität. Vertrauen <strong>in</strong> die Zukunft ist nötig,<br />
Zuversicht und Hoffnung <strong>in</strong> das <strong>Europa</strong> von morgen.<br />
Vielleicht s<strong>in</strong>d es gerade diese gelebten Erfahrungen<br />
von E<strong>in</strong>heit <strong>in</strong> Vielfalt, die auch die Politik<br />
<strong>in</strong>spirieren können.<br />
Das Programm von CDU/CSU f<strong>in</strong>den Sie unter:<br />
www.cdu.de.<br />
Das Programm der FDP hier:<br />
www.fdp.de<br />
Das Programm der SPD ist hier zu f<strong>in</strong>den:<br />
www.spd.de<br />
Das Programm der Grünen:<br />
www.gruene.de<br />
Das Programm der LINKEN f<strong>in</strong>det sich hier:<br />
www.die-l<strong>in</strong>ke.de<br />
Im H<strong>in</strong>blick auf <strong>in</strong>stitutionnelle Reformen will die<br />
6 EKD-<strong>Europa</strong>-<strong>Informationen</strong> Nr. 143
Zukunft der EU<br />
Die litauische EU-Ratspräsidentschaft:<br />
für e<strong>in</strong> „glaubwürdiges, wachsendes<br />
und offenes <strong>Europa</strong>“<br />
(Joachim Clauß, Praktikant)<br />
Seit dem 1. Juli 2013 hat Litauen zum ersten Mal<br />
die sechsmonatige EU-Ratspräsidentschaft <strong>in</strong>ne.<br />
Litauen ist damit nicht nur der erste der drei baltischen<br />
Staaten, sondern auch der erste Mitgliedstaat,<br />
der die Ratspräsidentschaft der EU mit nun<br />
28 Mitgliedstaaten führt. Die Hauptziele Litauens<br />
s<strong>in</strong>d während der nächsten sechs Monate e<strong>in</strong><br />
„glaubwürdiges, wachsendes und offenes <strong>Europa</strong>“<br />
zu schaffen. Damit setzt das Land die Prioritäten<br />
des Trios Irland-Litauen-Griechenland fort.<br />
Um e<strong>in</strong> „glaubwürdiges <strong>Europa</strong>“ zu schaffen, zielt<br />
Litauen vor allem auf die Glaubwürdigkeit <strong>in</strong> f<strong>in</strong>anzieller<br />
H<strong>in</strong>sicht ab. Durch f<strong>in</strong>anzielle Stabilität soll<br />
das Vertrauen <strong>in</strong> die Wirtschaft und die Zukunft der<br />
EU wieder hergestellt werden. Um dies auch praktisch<br />
umzusetzen, sollen die bereits beschlossenen<br />
Reformen im Bankensektor weiter vorangetrieben,<br />
die Bankenunion weiterentwickelt und Schwachstellen<br />
der Wirtschafts- und Währungsunion angegangen<br />
werden.<br />
Litauen möchte die EU h<strong>in</strong> zu e<strong>in</strong>em „offenen <strong>Europa</strong>“<br />
führen. Dabei stehen vor allem die östlichen<br />
Anra<strong>in</strong>erstaaten sowie die Mitglieder der Östlichen<br />
Partnerschaft im Fokus. Die Östliche Partnerschaft<br />
ist e<strong>in</strong> Teil der Europäischen Nachbarschaftspolitik,<br />
um die Staaten Ukra<strong>in</strong>e, Weißrussland, Georgien,<br />
Armenien, Aserbaidschan und Moldawien<br />
an die EU heranzuführen. Litauen kann dabei auf<br />
se<strong>in</strong>e geographischen und historischen Potenziale<br />
sowie se<strong>in</strong>e Beziehungen zu diesen Staaten zurückgreifen.<br />
Dazu s<strong>in</strong>d für die Zeit der litauischen<br />
Präsidentschaft verschiedene Veranstaltungen <strong>in</strong><br />
Vilnius geplant, wie das Gipfeltreffen der Östlichen<br />
Partnerschaft und das Forum der EU-Strategie für<br />
den Ostseeraum. E<strong>in</strong>e wichtige Rolle wird auch das<br />
Thema Sicherheit an den EU-Außengrenzen spielen.<br />
Dies soll durch die Verstärkung des Kampfes<br />
gegen den Schmuggel und der Zusammenarbeit im<br />
Zollbereich mit den Anra<strong>in</strong>erstaaten realisiert werden.<br />
Neben den drei Hauptzielen wird Litauen versuchen,<br />
den Mehrjährigen F<strong>in</strong>anzrahmen der EU von<br />
2014-2020 zum Abschluss zu br<strong>in</strong>gen. Außerdem<br />
soll das Europäische Jahr der Bürger<strong>in</strong>nen und<br />
Bürger 2013 genutzt werden, um auf die <strong>Europa</strong>wahlen<br />
2014 aufmerksam zu machen und diese vorzubereiten.<br />
Das Programm zur Litauischen EU-Ratspräsidentschaft<br />
f<strong>in</strong>den Sie unter:<br />
www.eu2013.lt/de/<br />
Litauen möchte an e<strong>in</strong>em „wachsenden <strong>Europa</strong>“<br />
arbeiten und setzt dabei auf Wachstum im Bereich<br />
des B<strong>in</strong>nenmarktes. Dies soll durch die Annahme<br />
der B<strong>in</strong>nenmarktakte I, durch Fortschritte bei der<br />
B<strong>in</strong>nenmarktakte II und der Verbesserung der B<strong>in</strong>nenmarktverwaltung<br />
erreicht werden. Die B<strong>in</strong>nenmarktakte<br />
I be<strong>in</strong>haltet zwölf Schlüsselmaßnahmen<br />
zur Förderung des Wachstums und des Vertrauens<br />
<strong>in</strong> den B<strong>in</strong>nenmarkt. Darauf folgt die B<strong>in</strong>nenmarktakte<br />
II mit weiteren zwölf Maßnahmen, um<br />
e<strong>in</strong>en tieferen und besser <strong>in</strong>tegrierten B<strong>in</strong>nenmarkt<br />
zu schaffen. Mit Blick auf die <strong>Europa</strong>-2020-Strategie<br />
möchte die litauische Ratspräsidentschaft die Mängel<br />
des derzeitigen Wachstumsmodells beheben, um<br />
zu e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>telligenten, nachhaltigen und <strong>in</strong>tegrativen<br />
Wachstum zu gelangen. E<strong>in</strong>e große Rolle wird<br />
das Thema Energiesicherheit spielen. Dazu soll bis<br />
2014 der Energieb<strong>in</strong>nenmarkt geschaffen und bis<br />
2015 sichergestellt werden, dass ke<strong>in</strong> Mitgliedstaat<br />
vom europäischen Energienetz ausgeschlossen ist.<br />
EKD-<strong>Europa</strong>-<strong>Informationen</strong> Nr. 143<br />
7
Die Regionalpolitik 2014-2020: Weniger<br />
Geld, mehr Effizienz<br />
(Christoph Schnabel, Referent)<br />
Der Regionalausschuss des Europäischen Parlaments<br />
hat am 11. Juli 2013 den Kompromiss zur<br />
Reform der EU-Kohäsionspolitik für 2014-2020 bestätigt.<br />
Nach mühsamen Verhandlungen zwischen<br />
dem Europäischen Parlament und den Mitgliedstaaten<br />
konnte die irische Ratspräsidentschaft e<strong>in</strong>e<br />
E<strong>in</strong>igung erzielen. Die grundlegende Weiterentwicklung<br />
der Regionalpolitik bezieht sich dabei auf<br />
drei Punkte.<br />
Erstens wurden geme<strong>in</strong>same Vorschriften für alle<br />
fünf europäischen Struktur- und Investitionsfonds,<br />
den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung<br />
(EFRE), den Europäischen Sozialfonds (ESF),<br />
den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds<br />
für die Entwicklung des ländlichen<br />
Raums (ELER) und den Europäischen Meeres- und<br />
Fischereifonds geschaffen. Somit soll <strong>in</strong> den nächsten<br />
sechs Jahren e<strong>in</strong>e bessere Abstimmung zwischen<br />
den Förder<strong>in</strong>strumenten erfolgen und der<br />
Wirkungsgrad der Förderung steigen. Der zweite<br />
wesentliche Punkt ist die Konzentration der Förderthemen<br />
auf die vier Schlüsselbereiche der <strong>Europa</strong>-2020-Strategie:<br />
Zwischen 50 und 80 Prozent der<br />
EFRE-Mittel sollen ausschließlich für Maßnahmen<br />
zur Förderung von Forschung und Entwicklung,<br />
der digitalen Agenda, der Wettbewerbsfähigkeit<br />
von kle<strong>in</strong>en und mittleren Unternehmen und des<br />
Übergangs zu e<strong>in</strong>er Wirtschaft mit ger<strong>in</strong>gem CO2-<br />
Ausstoß verwendet werden. Drittens soll auch die<br />
Wirkung der Förderung besser erfasst werden. Die<br />
Mitgliedstaaten und Regionen müssen ihre jeweiligen<br />
Investitionsziele präzise def<strong>in</strong>ieren, Fortschritte<br />
anhand von e<strong>in</strong>zelnen Indikatoren messen und<br />
die Ergebnisse der Kommission <strong>in</strong> regelmäßigen<br />
Berichten mitteilen.<br />
lichen Kürzungen rechnen. So stehen <strong>Deutschland</strong><br />
von 2014 bis 2020 im Bereich der Strukturpolitik<br />
nur noch 17 Mrd. Euro aus dem Europäischen<br />
Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) und dem<br />
Europäischen Sozialfonds zur Verfügung.<br />
Zuständig für die Verteilung der Mittel aus dem<br />
EFRE s<strong>in</strong>d die Bundesländer, die dazu „Operationelle<br />
Programme“ erstellen. Die <strong>Europa</strong>-Abgeordnete<br />
Kerst<strong>in</strong> Westphal (SPD), verwies nach der<br />
E<strong>in</strong>igung darauf, dass „viele Menschen gar nicht<br />
wissen, dass der EFRE e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>zigartiges Instrument<br />
für moderne Investitionen ist, um etwa vor Ort den<br />
Ausbau von Breitbandnetzen, die Verbesserung des<br />
Hochwasserschutzes, den Neubau von Unis oder die<br />
Sanierung von Innenstädten zu fördern. Jetzt liegt<br />
es <strong>in</strong> der Verantwortung der Länder, diese Gelder<br />
s<strong>in</strong>nvoll e<strong>in</strong>zusetzen.“ Elisabeth Schroedter, <strong>Europa</strong>parlamentarier<strong>in</strong><br />
der Grünen sah bei den Ergebnissen<br />
e<strong>in</strong>en besonderen Erfolg für die soziale Ausrichtung<br />
der Strukturpolitik: „Für die Bekämpfung<br />
der Armut und der Jugendarbeitslosigkeit konnten<br />
wir Erfolge verbuchen. Wir haben zum ersten Mal<br />
überhaupt e<strong>in</strong>en M<strong>in</strong>destanteil für den ESF von<br />
23,1 Prozent <strong>in</strong>nerhalb der Kohäsionspolitik auf<br />
EU-Ebene festgelegt.“ Der für Regionalpolitik zuständige<br />
Kommissar Johannes Hahn zeigt sich optimistisch<br />
h<strong>in</strong>sichtlich der Wirkung der kommenden<br />
Regionalförderung: „Durch diese Reformen modernisieren<br />
wir die Politik, damit wir spürbare Ergebnisse<br />
und bessere Leistungen erzielen können.“<br />
Eng mit der Regional- und Strukturpolitik verknüpft<br />
waren die Verhandlungen zum mehrjährigen<br />
Haushalt der Europäischen Union. Am 3. Juli<br />
2013 stimmte das Parlament dem Kompromissvorschlag<br />
zu, welcher e<strong>in</strong>e Summe von 960 Mrd. Euro<br />
für den Zeitraum 2014 bis 2020 vorsieht. „Das ist<br />
e<strong>in</strong>e gute Abmachung für <strong>Europa</strong>, für <strong>Europa</strong>s Bürger<br />
und für die europäische Wirtschaft“, sagte EU-<br />
Kommissionspräsident Barroso. In diesem siebenjährigen<br />
Haushaltsrahmen s<strong>in</strong>d sechs Mrd. Euro<br />
für den Kampf gegen Jugendarbeitslosigkeit reserviert.<br />
Für den Europäischen Sozialfonds werden<br />
71,5 Mrd. Euro bereit gestellt, womit hauptsächlich<br />
Investitionen <strong>in</strong> die soziale Infrastruktur <strong>in</strong> <strong>Europa</strong><br />
f<strong>in</strong>anziert werden sollen. In der Förderperiode<br />
2007-2013 konnte die Bundesrepublik auf europäische<br />
Kohäsions- und Strukturförderung von <strong>in</strong>sgesamt<br />
26,3 Mrd. Euro zurückgreifen. In der neuen<br />
Förderperiode müssen die Bundesländer mit erheb-<br />
8<br />
EKD-<strong>Europa</strong>-<strong>Informationen</strong> Nr. 143
Lettland - E<strong>in</strong> neues Mitglied für den<br />
Euro<br />
Lettland tritt zum 1. Januar 2014 als das 18. Land<br />
der Euro-Zone bei.<br />
Die EU-Wirtschafts- und F<strong>in</strong>anzm<strong>in</strong>ister gaben am<br />
28. Juni 2013 <strong>in</strong> Brüssel grünes Licht für die Aufnahme<br />
des baltischen Staates <strong>in</strong> die Währungsunion.<br />
Das Nachbarland Estland war der Währungsunion<br />
bereits 2011 beigetreten. Lettlands M<strong>in</strong>isterpräsident<br />
Valdis Dombrovskis sprach von e<strong>in</strong>em guten<br />
Tag für Lettland und <strong>Europa</strong>. Anfang Juni hatte<br />
die EU-Kommission bereits die Empfehlung für die<br />
Aufnahme des rund zwei Millionen E<strong>in</strong>wohner zählenden<br />
Ostseestaats gegeben. Die endgültige Entscheidung<br />
lag bei den F<strong>in</strong>anzm<strong>in</strong>istern. E<strong>in</strong> positives<br />
Votum war jedoch erwartet worden. Lettland<br />
hatte <strong>in</strong> den ersten Jahren der Wirtschafts- und F<strong>in</strong>anzkrise<br />
noch mit schweren f<strong>in</strong>anziellen und wirtschaftlichen<br />
Problemen zu kämpfen, leitete dann<br />
aber umfassende Reformen und e<strong>in</strong> tiefgreifendes<br />
Sparprogramm e<strong>in</strong>. EU-Parlamentspräsident Mart<strong>in</strong><br />
Schulz bezeichnete Lettland als e<strong>in</strong> Vorbild an<br />
Mut für andere Krisenländer <strong>in</strong> der Euro-Zone. „Ich<br />
beglückwünsche Lettland zu den erfolgreichen Bemühungen,<br />
die Kriterien für die E<strong>in</strong>führung des<br />
Euro <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Zeit zu erfüllen, <strong>in</strong> der die Regierung<br />
des Landes die Wirtschaftskrise bewältigen musste,<br />
die die Bevölkerung so schwer getroffen hat. Lettland<br />
kann <strong>in</strong> vielerlei H<strong>in</strong>sicht als ermutigendes<br />
Vorbild für Länder des Euro-Raums gesehen werden,<br />
die sich <strong>in</strong> Schwierigkeiten bef<strong>in</strong>den“, so Schulz<br />
nach der Bekanntgabe der Beitrittsentscheidung.<br />
Dabei steht die Wirtschafts- und Währungsunion<br />
vor grundlegenden Herausforderungen. Im „Konzept<br />
für e<strong>in</strong>e vertiefte und echte Wirtschafts- und<br />
Währungsunion“ der Europäischen Kommission<br />
vom 28. November 2012 wurde die Reformdebatte<br />
e<strong>in</strong>geleitet. In dem Konzept s<strong>in</strong>d Schritte beschrieben,<br />
die für e<strong>in</strong>e stabile Architektur der F<strong>in</strong>anz-,<br />
Fiskal- und Währungspolitik notwendig s<strong>in</strong>d. Vor<br />
allem e<strong>in</strong>e bessere Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten<br />
wird hierbei gefordert. Trotz der Reformnotwendigkeit<br />
ist der Euro nach wie vor begehrt <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>.<br />
Als nächster Beitrittskandidat gilt Lettlands<br />
Nachbarstaat Litauen, der 2015 beitreten möchte.<br />
(Christoph Schnabel)<br />
Die Mitteilung der Kommission f<strong>in</strong>den Sie unter:<br />
http://ec.europa.eu/<br />
Europäische Religionsführer debattieren<br />
Stärkung des Zusammenhalts<br />
<strong>in</strong> <strong>Europa</strong><br />
Zum neunten Mal lud Kommissionspräsident José<br />
Manuel Barroso am 30. Mai 2013 führende Vertreter<br />
der monotheistischen Religionen nach Brüssel<br />
e<strong>in</strong>, um geme<strong>in</strong>sam mit dem Präsidenten des Europäischen<br />
Rates, Herman Van Rompuy, und dem<br />
Vize-Präsidenten des Europäischen Parlaments,<br />
Laszlo Surjan, über die Zukunft <strong>Europa</strong>s im Europäischen<br />
Jahr der Bürger<strong>in</strong>nen und Bürger zu diskutieren.<br />
Unter den rund 20 hochrangigen Vertretern nahm<br />
für die EKD der Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider<br />
an den Gesprächen teil.<br />
Der Kommissionspräsident ermutigte die Religionsgeme<strong>in</strong>schaften,<br />
sich aktiv an der laufenden öffentlichen<br />
Debatte im Rahmen des Europäischen Jahres<br />
der Bürger<strong>in</strong>nen und Bürger 2013 sowie an der<br />
jüngst gestarteten Initiative „E<strong>in</strong> neues Bild <strong>Europa</strong>s“<br />
zu beteiligen. „Wir müssen die Bürger wieder<br />
<strong>in</strong> den Mittelpunkt unseres geme<strong>in</strong>samen Projekts<br />
der europäischen Integration rücken, <strong>in</strong>dem wir erörtern,<br />
warum es s<strong>in</strong>nvoll ist, als Union geme<strong>in</strong>sam<br />
zu handeln. Ich b<strong>in</strong> der festen Überzeugung, dass<br />
die aktive Mitwirkung der Religionsgeme<strong>in</strong>schaften<br />
bei diesem Unterfangen von entscheidender Bedeutung<br />
ist“, sagte er.<br />
Van Rompuy stellte die Frage nach der europäischen<br />
Identität, also danach, was uns e<strong>in</strong>zeln und<br />
geme<strong>in</strong>sam als europäische Bürger<strong>in</strong>nen und Bürger<br />
ausmache. Es sei essentiell, dass politische und<br />
religiöse Instanzen geme<strong>in</strong>sam darüber nachdenken.<br />
„Denn geme<strong>in</strong>sam tragen wir – jeder <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er<br />
Funktion und im Rahmen se<strong>in</strong>er Verantwortung<br />
– zur Gestaltung des europäischen Projektes bei,<br />
durch e<strong>in</strong>e stetige Debatte, die manchmal gegensätzlich,<br />
aber immer fruchtbar ist – fruchtbar, gerade<br />
weil sie manchmal gegensätzlich ist,“ so der<br />
Präsident des Europäischen Rates.<br />
Der Vorsitzende des Rates der EKD unterstrich <strong>in</strong><br />
se<strong>in</strong>em Beitrag, dass es gerade <strong>in</strong> schwierigen wirtschaftlichen<br />
Zeiten wichtig sei, den Menschen den<br />
Wert und die Werte des vere<strong>in</strong>ten <strong>Europa</strong>s deutlich<br />
zu machen. Doch nur wenn wirtschaftliche Freiheit<br />
und soziale Verantwortung <strong>in</strong> <strong>Europa</strong> im Gleichgewicht<br />
gehalten würden, würden die Bürger<strong>in</strong>nen<br />
und Bürger weiter h<strong>in</strong>ter dem europäischen Projekt<br />
stehen.“ Dabei zeigte sich Schneider <strong>in</strong>sbesondere<br />
angesichts der hohen Jugendarbeitslosigkeit <strong>in</strong> der<br />
EU besorgt.<br />
Schon der Reformator Mart<strong>in</strong> Luther habe erkannt:<br />
„Wie der Vogel zum Fliegen, so ist der Mensch zur<br />
Arbeit geboren.“ „Deshalb verlieren Menschen ohne<br />
s<strong>in</strong>nvolle Arbeit ihr Selbstwertgefühl und werden<br />
EKD-<strong>Europa</strong>-<strong>Informationen</strong> Nr. 143<br />
9
<strong>in</strong> ihrer Würde beschädigt. Und damit wird auch<br />
ihre Fähigkeit bee<strong>in</strong>trächtigt, e<strong>in</strong> Geme<strong>in</strong>wesen<br />
demokratisch zu gestalten“, so der Ratsvorsitzende.<br />
Schneider betonte: „Die Zukunftsfähigkeit e<strong>in</strong>er<br />
Gesellschaft ergibt sich gerade daraus, welche Perspektiven<br />
ihre Jugend hat. Es darf nicht se<strong>in</strong>, dass<br />
e<strong>in</strong>e ganze Generation als ‚verloren‘ gilt. Für die Jugendlichen<br />
braucht es kurzfristig wirksame Hilfe,<br />
aber auch langfristig wirksame Strukturreformen.“<br />
Deshalb begrüßte er die Idee e<strong>in</strong>er „Jobgarantie“<br />
der Europäischen Kommission.<br />
Die <strong>Kirche</strong>n seien ferner bereit, sich <strong>in</strong> diesem Dialog<br />
der Kulturen und Religionen zum Wohle <strong>Europa</strong>s<br />
zu engagieren: „Wir wollen e<strong>in</strong>er der ‚Marktplätze‘<br />
se<strong>in</strong>, auf denen Begegnung und Austausch<br />
möglich ist und e<strong>in</strong>e neue Vision des geme<strong>in</strong>samen<br />
Projekts <strong>Europa</strong> gelebt wird.“ Er verwies auf das<br />
im Herbst letzten Jahres veröffentlichte Wort des<br />
Rates der EKD „Für e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Zukunft <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>em gee<strong>in</strong>ten <strong>Europa</strong>“ zur Stärkung des europäischen<br />
Zusammenhalts und stellte <strong>in</strong> Aussicht,<br />
dass die EKD <strong>in</strong> Kooperation mit der Deutschen<br />
Bischofskonferenz und geme<strong>in</strong>sam mit den europäischen<br />
ökumenischen Partnern <strong>in</strong> Brüssel im Frühjahr<br />
nächsten Jahres e<strong>in</strong>e große Diskussion der <strong>Kirche</strong>n<br />
über <strong>Europa</strong> abhalten werde.<br />
Auf der anschließenden Pressekonferenz betonte<br />
der Kommissionspräsident, dass die Versammlung<br />
der Vertreter von Judentum, Christentum<br />
und Islam mit den Präsidenten der EU-Institutionen<br />
ke<strong>in</strong>e Selbstverständlichkeit sei und mehr als<br />
e<strong>in</strong>e „photo opportunity“ darstelle. In vielen Teilen<br />
der Welt würden Menschen ihres Glaubens wegen<br />
verfolgt. Bei allen Problemen, denen sich die EU<br />
aktuell gegenüber sehe, sei das Treffen der Religionsführer<br />
doch e<strong>in</strong> lebendiger Ausdruck des guten<br />
Mite<strong>in</strong>anders <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>.<br />
Näheres zu dem Treffen f<strong>in</strong>den Sie unter:<br />
http://ec.europa.eu/bepa/<br />
(Katr<strong>in</strong> Hatz<strong>in</strong>ger)<br />
Die EKD-Pressemitteilung ist hier nachzulesen:<br />
www.ekd.de/presse/<br />
<strong>Deutschland</strong> auf dem Prüfstand:<br />
Reformempfehlungen der EU-<br />
Kommission zu Wirtschafts- und<br />
Sozialpolitik<br />
Am 29. Mai 2013 hat die Europäische Kommission<br />
ihre länderspezifischen Empfehlungen für 2013<br />
vorgelegt. E<strong>in</strong>mal pro Jahr überprüft die Europäische<br />
Kommission die wirtschaftliche und soziale<br />
Lage jedes EU-Mitgliedstaats und präsentiert spezifische<br />
Reformempfehlungen für jedes Land. Die<br />
regelmäßige Analyse der Kommission hat vor dem<br />
H<strong>in</strong>tergrund zunehmender wechselseitiger Abhängigkeit<br />
der europäischen Volkswirtschaften und der<br />
geme<strong>in</strong>samen Währung an Bedeutung gewonnen.<br />
Auch sollen durch die Bewertung der Kommission<br />
Probleme früher als bisher offen gelegt und nötige<br />
Anpassungen rechtzeitig aufgegriffen werden.<br />
Im H<strong>in</strong>blick auf die Situation <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> konstatiert<br />
die Kommission die Reformen im Gesundheitswesen<br />
kritisch. Die bisherigen Reformanstrengungen<br />
im Gesundheitssektor und die diesjährige<br />
Pflegereform sche<strong>in</strong>en aus Sicht der Kommission<br />
nicht ausreichend, um die erwarteten künftigen<br />
Kostensteigerungen zu dämpfen.<br />
Auch <strong>in</strong> anderen Bereichen zieht die Kommission<br />
e<strong>in</strong>e nüchterne Bilanz für die Bundesrepublik. In<br />
der Arbeitsmarktpolitik stellt die Kommission fest,<br />
dass die politischen Maßnahmen zur Verr<strong>in</strong>gerung<br />
der hohen Steuer- und Abgabenlast für Ger<strong>in</strong>gverdiener<br />
und zur Verbesserung der Integration von<br />
Langzeitarbeitslosen <strong>in</strong> den Arbeitsmarkt bislang<br />
begrenzt waren. <strong>Deutschland</strong> sollte mehr tun, um<br />
die auf Niedriglöhne erhobenen Steuern und Sozialabgaben<br />
zu verr<strong>in</strong>gern. Dabei wären weitere Anstrengungen<br />
notwendig, um die Umwandlung von<br />
atypischen und ger<strong>in</strong>gfügigen Beschäftigungsverhältnissen,<br />
wie z. B. M<strong>in</strong>ijobs, <strong>in</strong> nachhaltigere Beschäftigungsformen<br />
zu verbessern und damit e<strong>in</strong>e<br />
Segmentierung des Arbeitsmarkts zu vermeiden.<br />
Darüber h<strong>in</strong>aus sah die Kommission die Anstrengungen<br />
der Bundesregierung als ungenügend an,<br />
um die Armutsbekämpfungsziele zu erreichen. Besonders<br />
die wachsende Gefahr von Altersarmut sah<br />
die Kommission durch e<strong>in</strong>e latente Erwerbsarmut<br />
nicht ausreichend berücksichtigt.<br />
Die arbeitsmarktpolitischen Instrumente der Bundesregierung<br />
wurden gleichfalls kritisch bewertet<br />
und <strong>in</strong>sbesondere wurde e<strong>in</strong> besserer Zugang<br />
von Frauen zum Arbeitsmarkt als Reformziel proklamiert.<br />
Die Kommission verwies darauf, dass<br />
<strong>Deutschland</strong> ke<strong>in</strong>e Maßnahmen ergriffen habe, um<br />
die Fehlanreize für Zweitverdiener abzuschaffen,<br />
und dass die Fortschritte beim Ausbau der Verfügbarkeit<br />
von Ganztagsk<strong>in</strong>dertagesstätten und -schulen<br />
noch begrenzt seien.<br />
Neben den kritischen Punkten wurde die Lage der<br />
10 EKD-<strong>Europa</strong>-<strong>Informationen</strong> Nr. 143
öffentlichen F<strong>in</strong>anzen <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> als sehr positiv<br />
angesehen und auch der leichte Haushaltsüberschuss<br />
vom Jahr 2012 wurde als e<strong>in</strong> wichtiges<br />
Zeichen für die gute Umsetzung von strukturellen<br />
Anpassungen der letzten Jahre gewertet. Die <strong>in</strong> der<br />
Verfassung festgeschriebene Regel des ausgeglichenen<br />
Haushalts („Schuldenbremse“) hat dabei für<br />
die Kommission Vorbildcharakter für <strong>Europa</strong> und<br />
wird als zukunftsweisendes Konzept auch für andere<br />
europäische Mitgliedstaaten aufgeführt. Aus<br />
Sicht der Kommission wurden auch die richtigen<br />
Konsequenzen aus der F<strong>in</strong>anzmarktkrise gezogen<br />
und e<strong>in</strong> geeigneter Regelungsrahmen für den F<strong>in</strong>anzsektor<br />
aufgebaut.<br />
Wie die Bundesregierung die Vorschläge der Kommission<br />
umsetzen wird und welche Reformempfehlungen<br />
aufgenommen werden, wird 2014 erneut von<br />
der Kommission analysiert.<br />
(Christoph Schnabel)<br />
Die Empfehlung zum nationalen Reformprogramm<br />
<strong>Deutschland</strong>s 2013 f<strong>in</strong>den Sie hier:<br />
http://ec.europa.eu/europe2020/<br />
http://ec.europa.eu/europe2020/<br />
Die <strong>in</strong>neren Grenzen <strong>Europa</strong>s – Die<br />
Debatte um die europäische Personenfreizügigkeit<br />
Im April 2013 forderten die Innenm<strong>in</strong>ister aus<br />
<strong>Deutschland</strong>, Großbritannien, den Niederlanden<br />
und Österreich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Brief an die irische Ratspräsidentschaft,<br />
Sozialleistungsbetrug <strong>in</strong> der Europäischen<br />
Union effektiver zu bekämpfen. Es seien<br />
Ausweisungen und Wiedere<strong>in</strong>reiseverbote gegen<br />
EU-Bürger zu verhängen, die sich „betrügerischen<br />
Zugang zu den Sozialsystemen e<strong>in</strong>es anderen Mitgliedstaates<br />
verschaffen“. Die M<strong>in</strong>ister sprachen<br />
sich deshalb für e<strong>in</strong>e „geme<strong>in</strong>same Interpretation“<br />
der EU-Freizügigkeitsrichtl<strong>in</strong>ie (Richtl<strong>in</strong>ie 2004/38/<br />
EG) aus, um systematischem Missbrauch entgegenwirken<br />
zu können. Missbrauchstatbestände und<br />
mögliche Sanktionen sollten von der Kommission<br />
ausgearbeitet werden. Dabei wurde besonders E<strong>in</strong>wanderern<br />
aus Rumänien und Bulgarien e<strong>in</strong> Missbrauch<br />
von Sozialleistungen vorgeworfen. Auslöser<br />
für den Brief war u. a. die Diskussion <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong><br />
über Armutse<strong>in</strong>wanderung, <strong>in</strong>sbesondere der<br />
Roma (siehe EKD-<strong>Europa</strong>-<strong>Informationen</strong> Nr. 142).<br />
In ihrem Antwortschreiben an die Innenm<strong>in</strong>ister<br />
forderten Justizkommissar<strong>in</strong> Viviane Red<strong>in</strong>g, Arbeitskommissar<br />
László Andor und Innenkommissar<strong>in</strong><br />
Cecilia Malmström die Mitgliedstaaten auf,<br />
„statistische Beweise“ für das von ihnen beklagte<br />
Problem vorzulegen. Bisher sei es nur <strong>in</strong> „allgeme<strong>in</strong>en<br />
Wendungen“ beschrieben worden. Die Kommission<br />
hatte schon <strong>in</strong> ersten mündlichen Reaktionen<br />
Zweifel daran erkennen lassen, dass es Armutse<strong>in</strong>wanderung<br />
überhaupt <strong>in</strong> signifikantem Ausmaß<br />
<strong>in</strong> der Europäischen Union gebe. Die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit<br />
für Rumänien und Bulgarien<br />
gilt <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> erst ab dem 1. Januar 2014. Die<br />
Kommission verwies außerdem auf geltendes EU-<br />
Recht, das die Möglichkeit zulasse, Personen, bei<br />
denen der Tatbestand e<strong>in</strong>es Betrugs erwiesen ist,<br />
zu „sanktionieren“. Nur müsse dies aufgrund e<strong>in</strong>er<br />
Entscheidung im E<strong>in</strong>zelfall geschehen und dürfe<br />
nicht pauschal ganze Personengruppen treffen.<br />
Das Anliegen der vier Innenm<strong>in</strong>ister wurde auch<br />
bei dem Treffen der EU-Innenm<strong>in</strong>ister <strong>in</strong> Luxemburg<br />
am 6. und 7. Juni 2013 diskutiert. Dabei wurde<br />
die Kommission von den EU-Innenm<strong>in</strong>istern<br />
aufgefordert, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Bericht zu klären, ob und<br />
unter welchen Bed<strong>in</strong>gungen Armutsmigranten ausgewiesen<br />
und mit e<strong>in</strong>er temporären Wiedere<strong>in</strong>reisesperre<br />
belegt werden dürfen. Dazu soll dem Rat für<br />
Justiz und Inneres im Oktober 2013 e<strong>in</strong> Zwischenbericht<br />
und im Dezember 2013 e<strong>in</strong> Abschlussbericht<br />
vorgelegt werden. Tatsächlich stellen die hohen Integrationskosten<br />
für Roma-Familien für Wohnung,<br />
Bildung und Gesundheitsvorsorge e<strong>in</strong> Problem dar,<br />
das die betroffenen Kommunen vor große Herausforderungen<br />
stellt, wie im Januar 2013 von dem<br />
Deutschen Städtetag öffentlich beklagt worden war.<br />
EKD-<strong>Europa</strong>-<strong>Informationen</strong> Nr. 143<br />
11
E<strong>in</strong>e Bund-Länder-Arbeitsgruppe wurde e<strong>in</strong>gerichtet,<br />
um Rumänien und Bulgarien bei der Aktivierung<br />
von Mitteln des Europäischen Sozialfonds zu<br />
unterstützen und Integration vor Ort zu fördern.<br />
Die im Jahr 2011 verabschiedete Roma-Strategie<br />
(EU-Rahmen für nationale Strategien zur Integration<br />
der Roma bis 2020) zeigt zudem, dass die Europäische<br />
Kommission die Thematik längst erkannt<br />
hat und Impulse setzt, um Diskrim<strong>in</strong>ierung und<br />
Ausgrenzung abzuwehren und Perspektiven vor<br />
Ort zu schaffen. Oftmals mangelt es <strong>in</strong> der Praxis<br />
am Umsetzungswillen der Mitgliedsstaaten und die<br />
Strategie ist wenig bekannt.<br />
Die Spannungen um die Personenfreizügigkeit <strong>in</strong><br />
der Europäischen Union zeigen sich auch am Beispiel<br />
der aktuellen Änderung der Schengen-Gesetzgebung,<br />
die allerd<strong>in</strong>gs nicht mit der Debatte um<br />
die Roma im Zusammenhang steht, jedoch <strong>in</strong> der<br />
öffentlichen Diskussion häufig vermischt wird.<br />
Am 12. Juni 2013 stimmte das Europäische Parlament<br />
e<strong>in</strong>er Verordnung zur Änderung des Schengener<br />
Grenzkodex (EG Nr. 562/2006) zu. Der Schengener<br />
Grenzkodex („Schengen Border Code“, SBC)<br />
regelt die Personenkontrollen an den Außengrenzen<br />
sowie den europäischen B<strong>in</strong>nengrenzen und ist<br />
die zentrale Grundlage für die Freizügigkeit <strong>in</strong> der<br />
Europäischen Union.<br />
die Probleme Griechenlands bei der Sicherung se<strong>in</strong>er<br />
Grenze zur Türkei.<br />
Kritik an den Änderungen übten e<strong>in</strong>ige Mitglieder<br />
des Europäischen Parlaments (u.a. Nadja Hirsch,<br />
FDP und Ska Keller, Grüne). Die Stärkung der<br />
Kompetenzen der Mitgliedstaaten könnte zu e<strong>in</strong>er<br />
Renationalisierung von Grenzkontrollen führen<br />
und die maßgeblichen Errungenschaften der Europäischen<br />
Union <strong>in</strong> der Personenfreizügigkeit gefährden.<br />
„Offene Grenzen“ s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> grundlegender<br />
Wert der Europäischen Union, wie auch im Wort<br />
der EKD zur Stärkung des europäischen Zusammenhalts<br />
im Oktober 2012 dargelegt wurde. Die<br />
Evaluation der Umsetzungspraxis ist folglich genau<br />
zu verfolgen.<br />
(Christoph Schnabel)<br />
Den Standpunkt des Europäischen Parlaments zum<br />
Schengener Grenzkodex f<strong>in</strong>den Sie unter:<br />
www.europarl.europa.eu<br />
Der Schengener Grenzkodex ermöglicht unter anderem<br />
die Wiedere<strong>in</strong>führung vorübergehender Kontrollen<br />
an den B<strong>in</strong>nengrenzen, sofern es sich um<br />
Ausnahmefälle handelt, bei denen e<strong>in</strong>e ernsthafte<br />
Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der <strong>in</strong>neren<br />
Sicherheit besteht. Im Jahr 2012 wurden diese<br />
temporären Kontrollen z.B. anlässlich der Fußball-<br />
<strong>Europa</strong>meisterschaft an den jeweiligen Landesgrenzen<br />
durchgeführt. Mit den aktuellen Änderungen<br />
des Schengener Grenzkodex werden die<br />
Möglichkeiten für die Wiedere<strong>in</strong>führung von Grenzkontrollen<br />
ausgeweitet und Mitgliedsländern wird<br />
die Kompetenz e<strong>in</strong>geräumt, bei außergewöhnlichen<br />
Umständen an den <strong>in</strong>nereuropäischen Grenzen<br />
temporär Kontrollen durchzuführen. Zu den außergewöhnlichen<br />
Umständen gehört <strong>in</strong>sbesondere „das<br />
Überschreiten der Außengrenzen durch e<strong>in</strong>e große<br />
Anzahl von Drittstaatsangehörigen“. So dürfen die<br />
Mitgliedstaaten künftig an den <strong>in</strong>nereuropäischen<br />
Grenzen Kontrollen durchführen, wenn sie z.B. die<br />
Ankunft von zahlreichen Flüchtl<strong>in</strong>gen befürchten.<br />
Um e<strong>in</strong>en möglichen Missbrauch dieser Kompetenzen<br />
zu verh<strong>in</strong>dern, wurde e<strong>in</strong> Evaluationsmechanismus<br />
für die Überprüfung der Umsetzungspraxis<br />
als begleitendes Instrument e<strong>in</strong>geführt. Die Gesetzesverordnung<br />
wird voraussichtlich im Herbst 2013<br />
vom Rat der Europäischen Union förmlich angenommen<br />
werden.<br />
Auslöser für die Änderungen des Schengener Grenzkodex<br />
waren der Arabische Frühl<strong>in</strong>g 2011, als e<strong>in</strong>e<br />
Vielzahl von Flüchtl<strong>in</strong>gen aus Nordafrika nach Italien<br />
und <strong>in</strong> andere EU-Länder weiter reiste, sowie<br />
12 EKD-<strong>Europa</strong>-<strong>Informationen</strong> Nr. 143
Vertrauen <strong>in</strong> Amerika – Auftakt der<br />
Verhandlungen über das transatlantische<br />
Freihandelsabkommen<br />
(Mart<strong>in</strong> Kasperek, Assistent)<br />
Zwischen dem 8. und 12. Juli 2013 fand <strong>in</strong> Wash<strong>in</strong>gton<br />
die erste Verhandlungsrunde für das geplante<br />
Freihandelsabkommen zwischen der EU und den<br />
USA (TTIP = „Transatlantic Trade and Investment<br />
Partnership“) statt. Diese ersten Gespräche dienten<br />
dazu, die jeweiligen Positionen <strong>in</strong> der großen<br />
Anzahl der zu verhandelnden Themen auszuloten.<br />
In diesem Jahr sollen noch zwei weitere Verhandlungsrunden<br />
stattf<strong>in</strong>den, mit e<strong>in</strong>em Abschluss der<br />
Gespräche und dem Inkrafttreten des Abkommens<br />
ist jedoch erst <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Jahren zu rechnen.<br />
Die Gespräche wurden davon überschattet, dass<br />
Anfang Juni umfangreiche Überwachungsmaßnahmen<br />
der amerikanischen Geheimdienste bekannt<br />
geworden waren, von denen auch EU-E<strong>in</strong>richtungen<br />
betroffen se<strong>in</strong> sollen. In der Folge stellten<br />
EU-Justizkommissar<strong>in</strong> Viviane Red<strong>in</strong>g und <strong>Europa</strong>abgeordnete<br />
verschiedener Fraktionen TTIP <strong>in</strong><br />
Frage. Das EU-Parlament beauftragte den Innenausschuss<br />
mit der Aufklärung der Überwachungsmaßnahmen,<br />
sprach sich aber nicht dafür aus, die<br />
Verhandlungen über TTIP auszusetzen, wie von<br />
den Fraktionen der Grünen und der Sozialdemokraten<br />
gefordert worden war.<br />
Der allgeme<strong>in</strong>e Nutzen e<strong>in</strong>es zukünftigen Freihandelsabkommens<br />
wird h<strong>in</strong>gegen weniger <strong>in</strong> Frage<br />
gestellt: Indem Zölle abgebaut oder Regelungen wie<br />
z.B. Hygiene- und Güterstandards angeglichen werden,<br />
soll für die Wirtschaft der EU e<strong>in</strong> jährliches<br />
Profit von 119 Mrd. Euro und für die der USA e<strong>in</strong><br />
jährliches Profit von 95 Mrd. Euro entstehen, wie<br />
e<strong>in</strong>e von der EU-Kommission <strong>in</strong> Auftrag gegebene<br />
Studie des Londoner „Centre for Economic Policy<br />
Research“ besagt. E<strong>in</strong>e Studie des ifo-Instituts im<br />
Auftrag der Bertelsmann Stiftung prophezeit außerdem,<br />
dass durch TTIP das Pro-Kopf-E<strong>in</strong>kommen<br />
<strong>in</strong> der EU um fünf Prozent steige und viele hunderttausende<br />
Arbeitsplätze entstünden (<strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong><br />
rund 100.000). Mit TTIP erhofft man sich die Lösung<br />
ganz praktischer Probleme: Durch e<strong>in</strong>e Liberalisierung<br />
des Dienstleistungssektors könnte e<strong>in</strong>e<br />
europäische Flugl<strong>in</strong>ie auch Inlandsflüge <strong>in</strong> den USA<br />
anbieten, so dass e<strong>in</strong>e Masch<strong>in</strong>e, die von <strong>Europa</strong><br />
nach Los Angeles fliegt und e<strong>in</strong>en Zwischenstopp <strong>in</strong><br />
New York macht, dort zusätzliche Passagiere aufnehmen<br />
könnte und nicht leer weiterfliegen müsste.<br />
Vor Beg<strong>in</strong>n der Verhandlungen sorgten jedoch e<strong>in</strong>zelne<br />
Themenbereiche für Streit und Proteste seitens<br />
der Europäer:<br />
Im Bereich Lebensmittelsicherheit und Hygiene<br />
gibt es <strong>in</strong> den USA e<strong>in</strong> anderes Verständnis von<br />
Kontrolle und Nachhaltigkeit und es wird befürchtet,<br />
dass die europäischen Verbraucherstandards<br />
dem Abkommen zum Opfer fallen könnten. Jenseits<br />
des Atlantiks s<strong>in</strong>d gentechnisch veränderter Mais,<br />
mit Chlor des<strong>in</strong>fizierte Hühnchen und geklonte<br />
oder mit Hormonen gefütterte R<strong>in</strong>der und Schwe<strong>in</strong>e<br />
durchaus üblich. Die EU verspricht ihren Bürgern<br />
jedoch, dass über die strengen Vorschriften für Gesundheit,<br />
Tier- und Umweltschutz nicht verhandelt<br />
werde.<br />
Ebenfalls Befürchtungen bestehen im Bereich Datenschutz:<br />
Mit der neuen Grundverordnung (siehe<br />
EKD-<strong>Europa</strong>-<strong>Informationen</strong> Nr. 141) möchte die<br />
Kommission hohe Datenschutz-Standards <strong>in</strong> der<br />
ganzen EU durchsetzen. Doch genau diese könnten<br />
<strong>in</strong> den TTIP-Verhandlungen als „Handelsh<strong>in</strong>dernisse“<br />
gesehen werden. Bei Netzaktivisten besteht<br />
die Sorge, dass über TTIP durch die H<strong>in</strong>tertür e<strong>in</strong><br />
neues „ACTA“ („Anti-Counterfeit<strong>in</strong>g Trade Agreement“)<br />
geschaffen wird – jenes Anti-Piraterie-Abkommen,<br />
das nach <strong>in</strong>ternationalen Protesten und<br />
e<strong>in</strong>em ablehnenden Votum des EU-Parlaments im<br />
Juli 2012 gescheitert war.<br />
M<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong> großes Streitthema ist allerd<strong>in</strong>gs<br />
aus dem Mandat entfernt worden, das die Mitgliedsstaaten<br />
am 14. Juni der EU-Kommission für<br />
die Verhandlungen übertragen haben: So wird mit<br />
den Amerikanern nicht über den audiovisuellen Medien-<br />
und Kulturbereich e<strong>in</strong>schließlich Musik und<br />
Onl<strong>in</strong>e-Auswertungen verhandelt. Hier bestand vor<br />
allem die Angst, dass die Übermacht Hollywoods<br />
der europäischen Film<strong>in</strong>dustrie stark schaden<br />
könnte. Die Ausnahme <strong>in</strong> diesem Bereich ist vor<br />
allem der französischen Regierung mit ihrem Engagement<br />
für das Pr<strong>in</strong>zip der „exception culturelle“<br />
zu verdanken. Auch die EKD als Kulturträger<strong>in</strong> mit<br />
ihrem starken E<strong>in</strong>satz <strong>in</strong> Kultur und Medien hatte<br />
sich geme<strong>in</strong>sam mit zahlreichen deutschen Kultur-<br />
und Medienschaffenden sowie dem öffentlichrechtlichen<br />
Rundfunk dafür ausgesprochen, dass<br />
e<strong>in</strong>e Ausnahmeklausel <strong>in</strong> das Verhandlungsmandat<br />
aufgenommen wird.<br />
Die Kampagne „UNFAIRhandelbar“, an der sich 22<br />
globalisierungskritische und Umweltschutzschutzorganisationen<br />
wie „Attac“, „BUND“ oder „NABU“<br />
beteiligen, lehnt unter anderem aufgrund der genannten<br />
Problematiken das Freihandelsabkommen<br />
ab. Auch wird den Verhandlungsparteien mangelnde<br />
Transparenz vorgeworfen. Die EU-Kommission<br />
antwortet hierauf, dass die Verhandlungen mit den<br />
USA e<strong>in</strong>er gewissen Vertraulichkeit bedürfen. Doch<br />
es ist richtig: Gerade weil TTIP Auswirkungen auf<br />
e<strong>in</strong>e Vielzahl von Lebensbereichen hat, ist es wichtig,<br />
die breite Öffentlichkeit regelmäßig über die<br />
Fortschritte der Verhandlungen zu <strong>in</strong>formieren.<br />
Mehr <strong>Informationen</strong> zum TTIP f<strong>in</strong>den Sie auf den<br />
Seiten der EU-Kommission unter:<br />
http://ec.europa.eu/trade/policy/<strong>in</strong>-focus/ttip/<br />
EKD-<strong>Europa</strong>-<strong>Informationen</strong> Nr. 143<br />
13
Studie „Der neue kranke Mann <strong>Europa</strong>s:<br />
Die Europäische Union“:<br />
E<strong>in</strong>e Studie befragt Unionsbürger <strong>in</strong><br />
acht Staaten<br />
(Stefan Bernd, Praktikant)<br />
Am 14. Mai 2013 stellte das Pew Research Center<br />
die Ergebnisse e<strong>in</strong>er jährlichen Umfrage vor. Befragt<br />
wurden Bürger <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>, Großbritannien,<br />
Frankreich, Italien, Spanien, Griechenland,<br />
Polen und Tschechien.<br />
E<strong>in</strong>es der Ergebnisse der Studie war, dass die öffentliche<br />
Me<strong>in</strong>ung zu zentralen politischen Fragen<br />
<strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> und Frankreich sich seit 2007 stark<br />
ause<strong>in</strong>ander bewegt hat. Während <strong>Deutschland</strong> generell<br />
positiv <strong>in</strong> die Zukunft blickte (positive E<strong>in</strong>schätzung<br />
der wirtschaftlichen Situation und des<br />
Nutzens der EU für die Wirtschaft und generelle<br />
Unterstützung für die EU), sahen die Franzosen<br />
dies anders (schlechte E<strong>in</strong>schätzung der wirtschaftlichen<br />
Situation und des Nutzens der EU für die<br />
Wirtschaft, kritischere E<strong>in</strong>stellung gegenüber der<br />
EU). Mehr und mehr sieht die französische Bevölkerung<br />
ihre Situation weniger wie die Deutschen,<br />
sondern eher wie die Griechen oder die Spanier.<br />
Im Folgenden werden die Ergebnisse der Studie genauer<br />
dargestellt. Die absoluten Angaben beziehen<br />
sich auf das Jahr 2013, die Veränderungen s<strong>in</strong>d auf<br />
den Zeitraum 2012 bis 2013 zu sehen.<br />
In allen befragten Ländern nahm die Anzahl der<br />
Menschen ab, die glauben, dass die europäische Integration<br />
ihre Wirtschaft stärkt. Besonders stark<br />
war die Abnahme <strong>in</strong> Frankreich (m<strong>in</strong>us 14 Prozentpunkte),<br />
nur noch 22 Prozent der Menschen glauben<br />
hier an die positive Wirkung der europäischen<br />
E<strong>in</strong>igung auf die Wirtschaft. In <strong>Deutschland</strong> war<br />
die Abnahme weniger stark (m<strong>in</strong>us 5 Prozentpunkte),<br />
jedoch glauben hier noch mehr als die Hälfte (54<br />
Prozent) an die positiven wirtschaftlichen Wirkungen.<br />
In allen Ländern sank die generelle Zustimmung<br />
zur EU, mit Ausnahme von Tschechien (hier e<strong>in</strong>e<br />
Zunahme um 4 Prozentpunkte auf 38 Prozent). Besonders<br />
stark war die Abnahme <strong>in</strong> Frankreich und<br />
Spanien: m<strong>in</strong>us 19 bzw. m<strong>in</strong>us 14 Prozentpunkte <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>em Jahr, so dass hier noch 41 Prozent bzw. 46<br />
Prozent der Bürger h<strong>in</strong>ter der EU stehen. Vorreiter<br />
ist Polen (68 Prozent Zustimmung zur EU), gefolgt<br />
von <strong>Deutschland</strong> mit 60 Prozent und Italien mit 58<br />
Prozent.<br />
Die wirtschaftliche Lage wird <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> von<br />
drei Vierteln der Befragten für gut gehalten. In den<br />
übrigen befragten Ländern sagen dies nur zwischen<br />
27 Prozent (Polen) und 1 Prozent (Griechenland).<br />
In den 5 befragten Eurostaaten sprach sich e<strong>in</strong>e<br />
starke Mehrheit dafür aus, den Euro zu behalten<br />
(Zustimmung je nach Land zwischen 63 Prozent<br />
und 69 Prozent).<br />
Interessant war die Frage, ob die Briten für e<strong>in</strong>en<br />
Austritt aus der EU stimmen würden: 46 Prozent<br />
würden zum Zeitpunkt der Befragung austreten,<br />
aber ebenso viele würden für e<strong>in</strong>en Verbleib <strong>in</strong> der<br />
EU stimmen. Jüngere Befragte stimmten eher für<br />
e<strong>in</strong>en Verbleib <strong>in</strong> der EU, die älteren Befragten bevorzugten<br />
den Austritt.<br />
Die relativ hohe Zustimmung zum Verbleib <strong>in</strong> der<br />
EU ist überraschend, da <strong>in</strong> der gleichen Studie nur<br />
43 Prozent der Briten e<strong>in</strong>e positive E<strong>in</strong>stellung zur<br />
EU ausdrückten und nur 26 Prozent glaubten, dass<br />
die EU-Mitgliedschaft der britischen Wirtschaft<br />
nutze.<br />
Mit Blick auf <strong>Deutschland</strong> ist <strong>in</strong>teressant, dass hier<br />
52 Prozent e<strong>in</strong>e f<strong>in</strong>anzielle Unterstützung ärmerer<br />
Mitgliedstaaten unterstützen würden und 45 Prozent<br />
dies ablehnen. Dieser Zustimmungswert ist<br />
um e<strong>in</strong>iges höher als <strong>in</strong> Frankreich (Ja: 40 Prozent,<br />
Ne<strong>in</strong>: 60 Prozent) oder Großbritannien (Ja: 37 Prozent,<br />
Ne<strong>in</strong>: 57 Prozent).<br />
Abschließend fragte die Studie auch nach den nationalen<br />
Stereotypen. Dabei schnitten die Deutschen<br />
im Bereich „Zuverlässigkeit“ gut ab: 7 der 8 Staaten<br />
halten <strong>Deutschland</strong> für die zuverlässigste Nation.<br />
E<strong>in</strong>zig Griechenland sah dies anders: Hier sah man<br />
sich selbst als am zuverlässigsten.<br />
Gleichzeitig hält man die Deutschen für relativ arrogant<br />
(5 von 8 Staaten), wobei die Franzosen <strong>in</strong><br />
dieser Bewertung auf dem 2. Platz stehen. Hier ist<br />
<strong>in</strong>teressant, dass sowohl die Deutschen als auch die<br />
Franzosen selbst die Franzosen als die arroganteste<br />
Nation bezeichnen.<br />
E<strong>in</strong>ig s<strong>in</strong>d sich alle Staaten jedoch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em: Die<br />
„mitfühlendste“ Nationalität ist jeweils die eigene.<br />
Die Autoren der Studie sehen aufgrund dieser Ergebnisse<br />
im Wesentlichen zwei Herausforderungen<br />
für die EU:<br />
• Die wirtschaftliche Lage verr<strong>in</strong>gert das Vertrauen<br />
der Bürger <strong>in</strong> die EU, <strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong><br />
den südlichen Ländern.<br />
• Dass sich die öffentlichen Me<strong>in</strong>ungen <strong>in</strong> den<br />
Mitgliedsstaaten ause<strong>in</strong>ander bewegen, macht<br />
es für die Politik schwieriger, geme<strong>in</strong>same Lösungen<br />
zu f<strong>in</strong>den.<br />
Die gesamte Studie f<strong>in</strong>den Sie unter:<br />
www.pewglobal.org<br />
14 EKD-<strong>Europa</strong>-<strong>Informationen</strong> Nr. 143
Asyl und Migration<br />
Tagung der EU-Innenm<strong>in</strong>ister über<br />
die Aufnahme syrischer Flüchtl<strong>in</strong>ge<br />
Am 7. Juli 2013 tagten die EU-Innenm<strong>in</strong>ister <strong>in</strong><br />
Luxemburg. Dabei schlug Innenm<strong>in</strong>ister Friedrich<br />
vor, mehr Aufnahmeplätze für Flüchtl<strong>in</strong>ge aus Syrien<br />
zu schaffen. <strong>Deutschland</strong> hat sich bereit erklärt,<br />
5.000 syrische Flüchtl<strong>in</strong>ge aufzunehmen. Für die<br />
Aufnahme sollen humanitäre Kriterien Anwendung<br />
f<strong>in</strong>den, so sollen schutzbedürftige K<strong>in</strong>der mit ihren<br />
Eltern, Flüchtl<strong>in</strong>ge mit mediz<strong>in</strong>ischem Bedarf,<br />
Frauen <strong>in</strong> prekären Situationen und bedrohte Angehörige<br />
religiöser M<strong>in</strong>derheiten Aufnahme f<strong>in</strong>den.<br />
In diesem Zusammenhang sollen aber auch Bezüge<br />
nach <strong>Deutschland</strong>, wie familiäre B<strong>in</strong>dungen, und<br />
die Fähigkeit, nach Konfliktende e<strong>in</strong>en besonderen<br />
Beitrag zum Wiederaufbau des Landes zu leisten,<br />
Berücksichtigung f<strong>in</strong>den. Die Flüchtl<strong>in</strong>ge erhalten<br />
e<strong>in</strong>e auf zwei Jahre befristete Aufenthaltsgenehmigung,<br />
die verlängert werden kann. Sie dürfen arbeiten<br />
und haben das Recht auf Sozialleistungen <strong>in</strong><br />
<strong>Deutschland</strong>. Die ersten Flüchtl<strong>in</strong>ge s<strong>in</strong>d bereits <strong>in</strong><br />
<strong>Deutschland</strong> e<strong>in</strong>getroffen, die Mehrheit wird aber<br />
erst im August erwartet.<br />
Die Vertretung des UNHCR <strong>in</strong> Brüssel hat unterdessen<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Papier mit dem Titel „Respond<strong>in</strong>g<br />
to protection needs of displaced Syrians <strong>in</strong> Europe“<br />
vom Juni 2013 die Initiative <strong>Deutschland</strong>s, e<strong>in</strong> Pilotprojekt<br />
zur humanitären Aufnahme von Syrern<br />
e<strong>in</strong>zurichten („humanitarian admissions pilot“),<br />
ausdrücklich begrüßt. Die Initiative sei e<strong>in</strong> wichtiger<br />
Beitrag zum Schutz syrischer Flüchtl<strong>in</strong>ge. Der<br />
UNHCR rief andere Staaten auf, dem deutschen<br />
Vorbild zu folgen und syrische Flüchtl<strong>in</strong>ge mit dr<strong>in</strong>genden<br />
Bedürfnissen im Wege humanitärer Aufnahme<br />
zu akzeptieren.<br />
Der Innenm<strong>in</strong>isterrat er<strong>in</strong>nerte an die Verpflichtung<br />
der EU, die humanitäre Hilfe für alle betroffenen<br />
Bevölkerungsgruppen <strong>in</strong> Syrien und den Nachbarländern<br />
auszubauen. Die M<strong>in</strong>ister begrüßten die<br />
Fortschritte h<strong>in</strong>sichtlich der Errichtung e<strong>in</strong>es „Regionalen<br />
Schutzprogrammes“ (RPP) für Syrien und<br />
forderten die Kommission auf, sich dieser Arbeit<br />
anzuschließen. Durch das RPP sollen die Nachbarstaaten<br />
Syriens unterstützt werden.<br />
Weiterh<strong>in</strong> wurde auch über die Gefahr der Rückkehr<br />
von Syrienkämpfern nach <strong>Europa</strong> diskutiert.<br />
Nach Schätzungen kämpfen 500 bis 600 Männer<br />
aus <strong>Europa</strong> im syrischen Bürgerkrieg.<br />
Das Papier des UNHCR f<strong>in</strong>den Sie hier:<br />
www.unhcr.org<br />
(Joachim Clauß)<br />
Neben <strong>Deutschland</strong> haben auch Polen, die Niederlande,<br />
Österreich und Schweden die Bereitschaft<br />
signalisiert, Flüchtl<strong>in</strong>ge aufzunehmen. Die Niederlande<br />
und Schweden werden jedoch lediglich<br />
Resettlement-Plätze im Rahmen der bestehenden<br />
Quoten zur Verfügung stellen. Die österreichische<br />
Innenm<strong>in</strong>ister<strong>in</strong> Mikl-Leitner sprach sich zudem<br />
gegen e<strong>in</strong>e zusätzliche Aufnahme von Flüchtl<strong>in</strong>gen<br />
neben den Asylbewerbern aus und erklärte, dass es<br />
<strong>in</strong> Österreich ke<strong>in</strong>e Resettlement-Maßnahmen geben<br />
werde. Seitens der deutschen Bundesregierung<br />
wäre e<strong>in</strong>e europäische Initiative unter Beteiligung<br />
der Kommission wünschenswert. Die Kommission<br />
verweise jedoch darauf, dass es ke<strong>in</strong>en entsprechenden<br />
Appell des UN-Flüchtl<strong>in</strong>gshilfswerkes (UNH-<br />
CR) gebe. Die EU-Innenkommissar<strong>in</strong> Cecilia Malmström<br />
stehe <strong>in</strong> ständigen Kontakt mit dem UNHCR,<br />
um zu sehen, ob e<strong>in</strong>e europäische oder e<strong>in</strong>e globale<br />
Resettlement-Strategie für die Aufnahme von<br />
Syrien-Flüchtl<strong>in</strong>gen notwendig sei. Das Hilfswerk<br />
stehe der Aufnahme syrischer Flüchtl<strong>in</strong>ge <strong>in</strong> <strong>Europa</strong><br />
grundsätzlich positiv gegenüber, es sei jedoch<br />
schwierig angesichts der gewaltigen Flüchtl<strong>in</strong>gsströme<br />
s<strong>in</strong>nvolle und realisierbare Zahlen vorzuschlagen.<br />
Der Schwerpunkt der Arbeit des UNHCR,<br />
liege bei der humanitären Hilfe vor Ort.<br />
EKD-<strong>Europa</strong>-<strong>Informationen</strong> Nr. 143<br />
15
Tropfen auf dem heißen Ste<strong>in</strong> – Das syrische<br />
Flüchtl<strong>in</strong>gselend steht im Mittelpunkt<br />
der ACTR<br />
Vom 1. bis 3. Juli 2013 veranstaltete der Hohe<br />
Flüchtl<strong>in</strong>gskommissar der Vere<strong>in</strong>en Nationen (UN-<br />
HCR) unter dem Vorsitz von Kanada wie <strong>in</strong> jedem<br />
Jahr seit 1995 die „Annual Tripartite Consultations<br />
on Resettlement“ <strong>in</strong> Genf. Das Treffen von<br />
UNHCR-, Regierungs- und NGO-Vertretern diente<br />
dem Informationsaustausch und der Beratung<br />
über die Flüchtl<strong>in</strong>gslage weltweit, soll e<strong>in</strong>e engere<br />
Zusammenarbeit der Akteure bewirken und nicht<br />
zuletzt mehr Neuansiedlungsplätze für Flüchtl<strong>in</strong>ge<br />
schaffen. Außerdem bieten die Konsultationen e<strong>in</strong>e<br />
hilfreiche Plattform für den Erfahrungsaustausch<br />
über die Aufnahme von Flüchtl<strong>in</strong>gen im Wege der<br />
Neuansiedlung. In diesem Jahr stand die syrische<br />
Flüchtl<strong>in</strong>gskrise im Mittelpunkt der Gespräche.<br />
Mittlerweile hat die Zahl der syrischen Flüchtl<strong>in</strong>ge<br />
<strong>in</strong> den angrenzenden Nachbarstaaten (Libanon,<br />
Jordanien, Türkei, Irak und Ägypten) die Zahl von<br />
1,8 Millionen überschritten. Dazu kommen noch<br />
mehrere Millionen <strong>in</strong>tern Vertriebener. Bislang hat<br />
der UNHCR aufgrund der unklaren Lage <strong>in</strong> Syrien<br />
und der Hoffnung vieler Geflohener, möglichst bald<br />
<strong>in</strong> ihre Heimat zurückkehren zu können, davon<br />
abgesehen, die Staatengeme<strong>in</strong>schaft zu e<strong>in</strong>er groß<br />
angelegten Resettlement-Aktion aufzurufen. Die<br />
Situation wird auch durch die schiere Anzahl an<br />
Schutzsuchenden und H<strong>in</strong>dernisse bei der Registrierung<br />
erschwert. Der Schwerpunkt der Arbeit, so der<br />
UNHCR, liege bei der humanitären Hilfe vor Ort.<br />
Dazu gab es e<strong>in</strong>drückliche Schilderungen der Lage<br />
von UNCHR-Vertretern aus Amman, dem MENA-<br />
Büro (Mittlerer Osten und Nordafrika) und aus Damaskus.<br />
Aufgrund der vielen logistischen Probleme<br />
seien <strong>in</strong>novative Lösungen gefragt, um Anhörungen<br />
durchzuführen. Videokonferenzen würden sich <strong>in</strong><br />
dieser Situation zunehmend bewähren.<br />
Allerd<strong>in</strong>gs gebe es 2.000 „mediz<strong>in</strong>ische Fälle“, die<br />
dr<strong>in</strong>gend e<strong>in</strong>er Versorgung im Ausland bedürften.<br />
Diese Betroffenen sollten im Wege e<strong>in</strong>es sog.<br />
„Emergency Resettlement“ Aufnahme im Ausland<br />
f<strong>in</strong>den können, so der Hohe Flüchtl<strong>in</strong>gskommissar,<br />
António Guterres, <strong>in</strong> Genf. Angesichts der Komplexität<br />
der Krise müssten darüber h<strong>in</strong>aus „<strong>in</strong>novative<br />
Wege“ beschritten werden, um Schutz zu bieten. Mit<br />
besonderem Interesse wurde daher das humanitäre<br />
Aufnahmeprogramm für syrische Flüchtl<strong>in</strong>ge registriert,<br />
das <strong>Deutschland</strong> im Frühjahr angekündigt<br />
hatte. Auf diesem Wege soll 5.000 Flüchtl<strong>in</strong>gen <strong>in</strong><br />
<strong>Deutschland</strong> vorübergehend Schutz gewährt und<br />
e<strong>in</strong> humanitäres Zeichen gesetzt werden.<br />
Auf der Sitzung der europäischen Innenm<strong>in</strong>ister<br />
am 7. Juni 2013 hatte <strong>Deutschland</strong> erneut darum<br />
geworben, dass sich andere EU-Staaten der Aufnahmeaktion<br />
anschließen. Doch das Echo blieb verhalten.<br />
Lediglich aus Schweden und den Niederlanden<br />
gab es vorsichtige Signale (siehe vorangehender<br />
Artikel).<br />
In Genf wurden die deutschen Pläne zwar aufmerksam<br />
gehört, die Reaktionen der anderen Staaten,<br />
gerade der EU-Mitgliedsländer, blieben aber weiterh<strong>in</strong><br />
verhalten. Auch wenn der UNHCR die Aufnahmeaktion<br />
als „resettlement light“ begrüßte und<br />
darum warb, das auch andere Staaten humanitäre<br />
Aufnahmeprogramme auflegen.<br />
Darüber h<strong>in</strong>aus wurden die Resettlement-Ziele des<br />
UNHCR für 2014 vorgestellt. Insgesamt müsse<br />
rund 94.000 Flüchtl<strong>in</strong>gen (Syrer nicht e<strong>in</strong>gerechnet)<br />
e<strong>in</strong>e neue Perspektive <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Drittstaat geboten<br />
werden. Die Afghanen stellen weltweit die größte<br />
Flüchtl<strong>in</strong>gsgruppe dar. Somalische Flüchtl<strong>in</strong>ge<br />
würden besonders diskrim<strong>in</strong>iert. Neuangesiedelte<br />
Flüchtl<strong>in</strong>ge aus dem Kongo (jetzt <strong>in</strong> den USA), Liberia<br />
(jetzt <strong>in</strong> Australien) und Pakistan (jetzt <strong>in</strong> Kanada)<br />
berichteten den Delegierten über ihr Schicksal<br />
und diskutierten geme<strong>in</strong>sam mit dem Plenum<br />
über Wege der Arbeitsmarkt<strong>in</strong>tegration und e<strong>in</strong>er<br />
stärkeren E<strong>in</strong>beziehung der Medien. In diesem<br />
Kontext stellte sich das SHARE-Netzwerk („Cities<br />
that Care, Cities that SHARE – A European Resettlement<br />
Network Engag<strong>in</strong>g Cities and Regions“) vor,<br />
das durch ICMC („International Catholic Migration<br />
Commission“) geme<strong>in</strong>sam mit dem UNHCR, der<br />
Stadt Sheffield, EUROCITIES, der Horton Hous<strong>in</strong>g<br />
Association (UK), der NGO ACCEM, France Terre<br />
d’Asile, Pro Asyl <strong>Deutschland</strong> und anderen organisiert<br />
wird.<br />
Es war sichtbar, dass die klassischen Resettlement-Länder<br />
USA; Kanada und Australien <strong>in</strong> Genf<br />
den Ton angaben, während die Europäer auffällig<br />
schweigsam waren. Erst seit 2012 gibt es auf freiwilliger<br />
Basis e<strong>in</strong> europäisches Resettlement-Programm.<br />
Im Herbst müssen dessen Prioritäten ausgehandelt<br />
werden.<br />
(Katr<strong>in</strong> Hatz<strong>in</strong>ger)<br />
Weitere <strong>Informationen</strong> zu den Konsultationen f<strong>in</strong>den<br />
Sie unter:<br />
www.resettlement.eu<br />
16 EKD-<strong>Europa</strong>-<strong>Informationen</strong> Nr. 143
Europäisches Grenzüberwachungssystem<br />
noch vor Ende des Jahres e<strong>in</strong>satzbereit<br />
Am 19. Juni 2013 hat der Ausschuss für bürgerliche<br />
Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) des Europäischen<br />
Parlaments (EP) über das Europäische<br />
Grenzkontrollsystem (EUROSUR) abgestimmt. So<br />
kann das neue System nach der formalen Annahme<br />
durch das EP und den Rat für Justiz und Inneres<br />
voraussichtlich noch vor Ende des Jahres <strong>in</strong> Betrieb<br />
genommen werden.<br />
„EUROSUR wird die EU-Behörden mit besseren<br />
Instrumenten ausstatten, um schwere Verbrechen<br />
wie Drogen- und Menschenhandel zu bekämpfen,<br />
und wird auch dazu beitragen, die Rettung von<br />
Migranten zu verbessern, die mit kle<strong>in</strong>en Booten<br />
versuchen, europäische Küsten zu erreichen“, kommentierte<br />
EU-Innenkommissar<strong>in</strong> Cecilia Malmström<br />
die E<strong>in</strong>igung. Dazu werden Satellitentechnik<br />
und Überwachungsdrohnen e<strong>in</strong>gesetzt. Auf rund<br />
338,7 Millionen Euro schätzt die EU-Kommission<br />
die Kosten für das neue Überwachungssystem.<br />
E<strong>in</strong>e von den Grünen herausgegebene Studie rechnet<br />
mit m<strong>in</strong>destens doppelt so hohen Kosten (siehe<br />
EKD-<strong>Europa</strong>-<strong>Informationen</strong> Nr. 141). Das Parlament<br />
konnte sich mit se<strong>in</strong>er Forderung, e<strong>in</strong>e Pflicht<br />
zur Seenotrettung <strong>in</strong> der Verordnung zu verankern,<br />
die auch von kirchlichen Organisationen und Menschenrechtsorganisationen<br />
erhoben worden war,<br />
nicht durchsetzen. Anfang Juni hatte der Rat den<br />
bereits gefundenen Kompromiss mit dem EP abgelehnt<br />
– Frankreich, Italien, Spanien und Griechenland<br />
hatten dagegen gestimmt –, u.a. weil den Mitgliedsstaaten<br />
die Regelung zur Seenotrettung von<br />
schiffbrüchigen Flüchtl<strong>in</strong>gen zu weit gegangen war.<br />
Die Grünen-<strong>Europa</strong>abgeordnete Ska Keller zeigte<br />
sich angesichts der Ablehnung schockiert: „Es ist<br />
bestürzend, wie sehr sich e<strong>in</strong>ige Mitgliedsstaaten<br />
um ihre humanitäre Verantwortung drücken. Jedes<br />
Jahr ertr<strong>in</strong>ken Hunderte von Flüchtl<strong>in</strong>gen im<br />
Mittelmeer. Und die Mitgliedsstaaten s<strong>in</strong>d offenbar<br />
nicht gewillt, daran etwas zu ändern.“<br />
strikten Garantien würden auch <strong>in</strong> der Zusammenarbeit<br />
mit Drittstaaten gelten.<br />
Trotz dieser besänftigenden Worte deuten alle Anzeichen<br />
daraufh<strong>in</strong>, dass das neue kostspielige System<br />
zu e<strong>in</strong>er weiteren Abschottung <strong>Europa</strong>s vor<br />
Schutzsuchenden beitragen und der Zugang zu Asyl<br />
<strong>in</strong> der EU weiter erschwert werden wird. Denn die<br />
unklare Zuständigkeitsstruktur bleibt bestehen, die<br />
immer wieder dazu führt, dass Menschen <strong>in</strong> Not gar<br />
nicht oder nicht rechtzeitig geholfen werden kann.<br />
(Katr<strong>in</strong> Hatz<strong>in</strong>ger)<br />
H<strong>in</strong>tergründe zu der Verordnung f<strong>in</strong>den Sie unter:<br />
http://europa.eu/rapid/<br />
Die EU-Innenkommissar<strong>in</strong> h<strong>in</strong>gegen zeigte sich<br />
zuversichtlich, dass EUROSUR den Informationsaustausch<br />
und die Zusammenarbeit der Behörden<br />
<strong>in</strong>nerhalb und zwischen den Mitgliedstaaten bei der<br />
Grenzüberwachung durch die E<strong>in</strong>richtung nationaler<br />
Koord<strong>in</strong>ierungszentren wesentlich verbessern<br />
werde. So steige die Chancen, grenzüberschreitende<br />
Verbrechen zu verh<strong>in</strong>dern, kle<strong>in</strong>e Schiffe zu entdecken<br />
und Tragödien zu verh<strong>in</strong>dern, „die wir leider<br />
besonders im Mittelmeer so oft beobachten“.<br />
Der E<strong>in</strong>satz von EUROSUR werde unter der Voraussetzung<br />
des vollen Respekts von Grundrechten<br />
und dem Pr<strong>in</strong>zip der Nicht-Zurückweisung erfolgen.<br />
Se<strong>in</strong>e Umsetzung werde zudem die europäischen<br />
Vorgaben zum Datenschutz voll respektieren. Diese<br />
EKD-<strong>Europa</strong>-<strong>Informationen</strong> Nr. 143<br />
17
Die Auswirkungen der Dubl<strong>in</strong>-Verordnung<br />
auf den Schutz der Asylbewerber<br />
Am 4. Juni 2013 stellte der Jesuiten-Flüchtl<strong>in</strong>gsdienst<br />
(JRS) <strong>in</strong> Brüssel e<strong>in</strong>e Studie über die Auswirkungen<br />
der Dubl<strong>in</strong>-II-Verordnung auf den Schutz<br />
der Asylbewerber vor. Diese Verordnung legt den<br />
Grundsatz fest, dass derjenige Mitgliedstaat für<br />
die Prüfung e<strong>in</strong>es Asylantrags zuständig ist, der<br />
die E<strong>in</strong>reise zugelassen bzw. nicht verh<strong>in</strong>dert hat.<br />
Der JRS untersuchte die Auswirkungen der Verordnung<br />
aus der Sicht von Asylbewerbern. Dazu<br />
wurden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Zeitraum von e<strong>in</strong>e<strong>in</strong>halb Jahren<br />
257 Asylbewerber <strong>in</strong> Belgien, Frankreich, <strong>Deutschland</strong>,<br />
Ungarn, Italien, Malta, Polen, Rumänien und<br />
Schweden befragt.<br />
E<strong>in</strong> Schlüsselfaktor zur Wahrung der Grundrechte<br />
ist das Recht auf Information für Asylbewerber.<br />
Dennoch habe e<strong>in</strong> Drittel der Befragten nichts über<br />
das Dubl<strong>in</strong>-Verfahren gewusst und nur 9 Prozent<br />
habe es vollständig verstanden. Dabei hätten mehr<br />
<strong>Informationen</strong> positive Auswirkung auf die Fälle<br />
gehabt, z. B. h<strong>in</strong>sichtlich der Möglichkeit, Transfers<br />
<strong>in</strong> andere Mitgliedsstaaten anzufechten.<br />
Durch die großen Unterschiede <strong>in</strong> den Praktiken<br />
der Mitgliedstaaten br<strong>in</strong>ge das Dubl<strong>in</strong>-System zudem<br />
nur e<strong>in</strong>en ger<strong>in</strong>gen Mehrwert für das Geme<strong>in</strong>same<br />
Europäische Asylsystem. Da das Verfahren<br />
nicht genug Schutz biete, versuchten Asylbewerber<br />
es zu umgehen, was zu Zweit- und Drittbewegungen<br />
<strong>in</strong>nerhalb der EU führe. Dies gehe e<strong>in</strong>her mit<br />
persönlichen Risiken, wie der Verfolgung durch die<br />
Behörden, Inhaftierung, Transfer zu anderen Mitgliedstaaten<br />
und die Trennung von der Familie.<br />
Dass so viele diese Risiken auf sich nehmen müssten,<br />
um sich selbst zu schützen, ist der größte Vorwurf<br />
gegen das Dubl<strong>in</strong>-System.<br />
Hoffnung weckte bei der Vorstellung des Berichts<br />
die schwedische ALDE-<strong>Europa</strong>abgeordnete Cecilia<br />
Wikström. Es würden, sagte sie, im Zuge der Neufassung<br />
der Dubl<strong>in</strong>-Verordnung, die am 12. Juni<br />
2013 vom Europäischen Parlament angenommen<br />
wurde, Verbesserungen e<strong>in</strong>treten. Jedoch müsse<br />
die Umsetzung <strong>in</strong> den Mitgliedstaaten besser überwacht<br />
werden.<br />
Den vollständigen Bericht f<strong>in</strong>den sie hier:<br />
www.jrseurope.org<br />
(Joachim Clauß)<br />
Der Zugang zu Anwälten sei sehr wichtig, jedoch<br />
hätten 41 Prozent der Befragten diese Unterstützung<br />
nicht erhalten. Anwälte spielen ebenfalls<br />
e<strong>in</strong>e entscheidende Rolle dabei, die E<strong>in</strong>haltung der<br />
Grundrechte sicherzustellen und Asylbewerber zu<br />
<strong>in</strong>formieren. Leider waren die verfügbaren Anwälte<br />
oft nicht auf Asylfragen spezialisiert.<br />
Die Aufnahmebed<strong>in</strong>gungen, wie die Bereitstellung<br />
der Grundversorgung und angemessenen Wohnraums,<br />
s<strong>in</strong>d ebenfalls entscheidende Elemente e<strong>in</strong>es<br />
funktionierenden Asylsystems. Diejenigen unter<br />
den Befragten, die sich über die bereitgestellte<br />
Grundversorgung negativ äußerten, neigen laut der<br />
Studie eher dazu, das Dubl<strong>in</strong>-Verfahren zu umgehen<br />
und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en anderen Mitgliedstaat weiter zu<br />
flüchten.<br />
E<strong>in</strong>e meist unbegründete Maßnahme ist die Inhaftierung<br />
von Asylbewerbern. 40 Prozent der Befragten<br />
waren <strong>in</strong>haftiert. Die Inhaftierung erschwert<br />
den Zugang zu <strong>Informationen</strong> und zu Anwälten jedoch<br />
besonders.<br />
E<strong>in</strong> weiteres Maß für die Achtung der Würde von<br />
Asylsuchenden ist die persönliche Entscheidungsfreiheit,<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong> bestimmtes EU-Land zu reisen, wo<br />
sie sich geschützt fühlen und <strong>in</strong> welches sie bereits<br />
e<strong>in</strong>e Verb<strong>in</strong>dung haben. Jedoch schränke die Dubl<strong>in</strong>-Verordnung<br />
durch die Prüfung der Asylanträge<br />
im zuerst betretenen EU-Staat, diese Entscheidungsfreiheit<br />
enorm e<strong>in</strong>.<br />
18 EKD-<strong>Europa</strong>-<strong>Informationen</strong> Nr. 143
Demokratie & Menschenrechte<br />
Die Lage der Menschenrechte <strong>in</strong> der<br />
Welt – Der Jahresbericht 2013 von Amnesty<br />
International<br />
Am 23. Mai 2013 stellte die Menschenrechtsorganisation<br />
Amnesty International ihren diesjährigen<br />
Jahresbericht zur weltweiten Lage der Menschenrechte<br />
vor.<br />
Salil Shetty, Generalsekretär von Amnesty International,<br />
kritisiert <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Vorwort den falschen Gebrauch<br />
staatlicher Souveränität. Machthaber und<br />
Regierungen setzen diese mit der Kontrolle über <strong>in</strong>nere<br />
Angelegenheiten ohne jegliche E<strong>in</strong>flussnahme<br />
von außen gleich. Dabei müsse <strong>in</strong> die Souveränität<br />
auch die globale Solidarität und globale Verantwortlichkeit<br />
mite<strong>in</strong>bezogen werden. Ferner beanstandet<br />
er die Untätigkeit der Politik, wie im Fall Syriens.<br />
Trotz steigender Todeszahlen und bekannter Menschenrechtsverletzungen<br />
wurden durch den UN-Sicherheitsrat<br />
ke<strong>in</strong>e Maßnahmen ergriffen. Auch sei<br />
es <strong>in</strong>akzeptabel, wenn weder e<strong>in</strong>zelne Staaten noch<br />
die <strong>in</strong>ternationale Geme<strong>in</strong>schaft konsequente Maßnahmen<br />
zum Schutz der Zivilbevölkerung ergreifen<br />
würden, es sei denn, es br<strong>in</strong>ge ihnen e<strong>in</strong>en Nutzen.<br />
Mit H<strong>in</strong>blick auf die Lage der Flüchtl<strong>in</strong>ge übte<br />
Amnesty International heftige Kritik an der Europäischen<br />
Union. Die EU sei angesichts ihrer restriktiven<br />
Flüchtl<strong>in</strong>gspolitik e<strong>in</strong> unwürdiger Empfänger<br />
des Friedensnobelpreises. Die europäischen<br />
Staaten hätten ihre Abschottungspolitik gegenüber<br />
Flüchtl<strong>in</strong>gen weiter vorangetrieben, Grenzkontrollen<br />
verschärft und Verträge mit nordafrikanischen<br />
Staaten zur Regelung der Abschiebung von<br />
Flüchtl<strong>in</strong>gen geschlossen. Auch gebe es weiterh<strong>in</strong><br />
Schwierigkeiten, <strong>in</strong> Griechenland e<strong>in</strong>en Asylantrag<br />
zu stellen, und es bestehe die Gefahr der Inhaftierung<br />
Asylsuchender unter unmenschlichen Bed<strong>in</strong>gungen.<br />
Die Abschottung der Grenzen stehe auch <strong>in</strong><br />
starkem Kontrast zum freien und grenzüberschreitenden<br />
Kapitalfluss. Laut Amnesty International<br />
waren 2012 weltweit 43 Millionen Menschen auf<br />
der Flucht vor bewaffneten Konflikten oder Verfolgung.<br />
Den Bericht f<strong>in</strong>den Sie unter:<br />
www.amnesty.org<br />
(Joachim Clauß)<br />
Doch Amnesty International weckt auch Hoffnung.<br />
Durch die vielfältigen Kommunikationsformen<br />
heutzutage können Aktivisten sicherstellen, dass<br />
Menschenrechtsverstöße nicht länger unbemerkt<br />
blieben. Auch werde es für Regierungen und Unternehmen<br />
schwieriger, sich h<strong>in</strong>ter den Grenzen der<br />
„Souveränität“ zu verstecken.<br />
Amnesty International hat <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Bericht Verstöße<br />
<strong>in</strong> 159 Ländern untersucht und dokumentiert:<br />
• 2012 wurde <strong>in</strong> 112 Staaten gefoltert.<br />
• Seit dem Beg<strong>in</strong>n der Kämpfe <strong>in</strong> Syrien s<strong>in</strong>d<br />
über 60.000 Menschen getötet worden.<br />
• In 80 Staaten wurde das Recht auf e<strong>in</strong> faires<br />
Gerichtsverfahren systematisch verletzt.<br />
• Anfang 2012 waren 12 Millionen Menschen<br />
weltweit staatenlos.<br />
• In den 131 bewaffneten Konflikten des Jahres<br />
2012 starben zwischen 794.000 und 1.115.000<br />
Menschen.<br />
• In 101 Ländern wurde das Recht auf freie Me<strong>in</strong>ungsäußerung<br />
unterdrückt.<br />
• 21 Regierungen ließen im Jahr 2012 Menschen<br />
h<strong>in</strong>richten.<br />
EKD-<strong>Europa</strong>-<strong>Informationen</strong> Nr. 143<br />
19
„<strong>Europa</strong>s Waffen für die Welt? – Rüstungsexporte<br />
im Spannungsfeld von<br />
Wirtschafts- und Außenpolitik“ - Podiumsdiskussion<br />
und Vorstellung des<br />
Friedensgutachtens 2013<br />
Am 18. Juni 2013 wurde im EKD-Büro Brüssel das<br />
Friedensgutachten 2013 vorgestellt, das von vier<br />
großen deutschen Instituten für Friedens- und Konfliktforschung<br />
herausgegeben wird und dieses Jahr<br />
den Titel „Neue Kriege, neue Rüstung, neue Rüstungsmärkte“<br />
trägt. Die Vorstellung und Moderation<br />
der anschließenden Podiumsdiskussion erfolgte<br />
durch Dr. Marc von Boemcken vom Bonn International<br />
Center for Conversion (BICC), das das Gutachten<br />
mitherausgibt. Bei der Veranstaltung <strong>in</strong> Brüssel<br />
wurde der Schwerpunkt der Betrachtung auf die<br />
europäische Dimension der Rüstungspolitik und die<br />
Rolle der Industrie gelegt.<br />
Michael Brzoska, Professor am Institut für Friedensforschung<br />
und Sicherheitspolitik an der Universität<br />
Hamburg und e<strong>in</strong>er der Autoren des Gutachtens,<br />
stellte <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>leitenden Impulsvortrag verschiedene<br />
Perspektiven für die europäische Rüstungspolitik<br />
vor: Die europäische Rüstungs<strong>in</strong>dustrie<br />
sei im Vergleich zur amerikanischen weniger<br />
wettbewerbsfähig, dies auch wegen der ger<strong>in</strong>geren<br />
Ausgaben für Forschung und Entwicklung. E<strong>in</strong>e<br />
stärkere Förderung, speziell für Technologien, die<br />
auch im zivilen Bereich nutzbar s<strong>in</strong>d, sei aber sehr<br />
teuer. Auch die Schaffung e<strong>in</strong>es europäischen Rüstungsmarkts<br />
sei schwierig, dieser ständen starke<br />
nationale Interessen entgegen. In der Sicherheitswirtschaft,<br />
die von der Rüstungswirtschaft als wichtiger<br />
Zukunftsmarkt gesehen werde, hätten viele<br />
europäische Rüstungsunternehmen <strong>in</strong> den letzten<br />
Jahren zwar Erfolge gehabt – dies könne jedoch die<br />
Schwäche der europäischen Rüstungspolitik nicht<br />
kompensieren. Die von Prof. Brzoska bevorzugte<br />
Entwicklung der europäischen Rüstungs<strong>in</strong>dustrie<br />
bestände <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er weiteren Konsolidierung, und<br />
zwar auf e<strong>in</strong> Niveau, das dem Bedarf der europäischen<br />
Streitkräfte entspreche, so dass man nicht<br />
weiter vom Export abhängig sei. Um die damit<br />
verbundene Schwächung der Unternehmen abzufedern,<br />
müssten Maßnahmen der Diversifizierung<br />
und der Konversion ergriffen werde.<br />
Jan Grebe vom Bonn International Center for Conversion,<br />
der gleichzeitig Vorsitzender der Fachgruppe<br />
Rüstungsexporte der Geme<strong>in</strong>samen Konferenz<br />
<strong>Kirche</strong> und Entwicklung (GKKE) ist, äußerte sich<br />
anschließend zu deutschen und europäischen Rüstungsexporten.<br />
Auch wenn der europäische Markt<br />
für die europäische Rüstungs<strong>in</strong>dustrie immer noch<br />
am wichtigsten sei, seien viele europäische Länder<br />
abhängig von Exporten <strong>in</strong> Drittstaaten, <strong>in</strong> denen<br />
die Militärhaushalte stiegen, wie <strong>in</strong> Südamerika<br />
oder im Nahen Osten. Die Entscheidungen über<br />
Rüstungsexporte liegen <strong>in</strong> der EU bei den e<strong>in</strong>zelnen<br />
Staaten. Der Geme<strong>in</strong>same Standpunkt von 2008<br />
enthält zwar e<strong>in</strong>en Verhaltenskodex, der die Staaten<br />
bei ihren Exporten anleiten soll, dieser werde<br />
jedoch von den Staaten höchst unterschiedlich <strong>in</strong>terpretiert<br />
und umgesetzt. Es gebe ke<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames<br />
Verständnis über kritische Exportländer. Die<br />
Konsultationsmechanismen <strong>in</strong>nerhalb der EU seien<br />
mangelhaft, man verständige sich derzeit lediglich<br />
über abgelehnte Transporte. Herr Grebe forderte<br />
dementsprechend mehr Transparenz und parlamentarische<br />
Kontrolle von Rüstungsexporten <strong>in</strong><br />
der EU. Rüstungsexporte und ihr Nutzen müssten<br />
zudem nicht nur außen- und sicherheitspolitisch,<br />
sondern auch entwicklungs- und friedenspolitisch<br />
begründet werden.<br />
Die grüne <strong>Europa</strong>abgeordnete Dr. Franziska Brantner,<br />
die Mitglied im Ausschuss für Auswärtige Angelegenheiten<br />
sowie außenpolitische Sprecher<strong>in</strong><br />
ihrer Fraktion ist, setzte sich dafür e<strong>in</strong>, dass Rüstungskapazitäten<br />
zurückgeführt werden. Der Rüstungsmarkt<br />
<strong>in</strong> der EU müsse geöffnet werden wie<br />
andere Märkte auch, denn die momentanen bilateralen<br />
Rüstungskooperationen hätten sich als wirtschaftlich<br />
nicht s<strong>in</strong>nvoll erwiesen. Frau Dr. Brantner<br />
schlug vor, für Rüstungsexporte geme<strong>in</strong>same<br />
schwarze und weiße Listen von Ländern zu erstellen.<br />
Außerdem müssten mit Unterstützung durch<br />
den Europäischen Auswärtigen Dienst Konsultationen<br />
durchgeführt werden, wenn Länder aus <strong>Europa</strong><br />
importierte Rüstungsgüter weiterverkaufen.<br />
Da die Forschungsförderung im neuen Programm<br />
„Horizon 2020“ stark gekürzt worden sei, sieht Frau<br />
Dr. Brantner wenig Chancen für e<strong>in</strong>e Erhöhung der<br />
Ausgaben für Forschung und Entwicklung <strong>in</strong> der<br />
Rüstungs<strong>in</strong>dustrie.<br />
In der anschließenden Podiumsdiskussion zwischen<br />
Prof. Brzoska, Herrn Grebe, Frau Dr. Brantner<br />
und Brigadegeneral Bernd Schulte Berge (Leiter<br />
des Arbeitsbereichs Militärpolitik der Ständigen<br />
Vertretung) g<strong>in</strong>g es darum, ob und wie die Rüstungspolitik<br />
auch <strong>in</strong> das geplante transatlantische<br />
Freihandelsabkommen <strong>in</strong>tegriert werden könne.<br />
Angesprochen wurde auch die aktuelle Debatte um<br />
deutsche Waffenexporte, zum Beispiel nach Indonesien.<br />
Hierzu äußerte Herr Grebe den Wunsch nach<br />
e<strong>in</strong>er stärkeren E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung des Deutschen Bundestages<br />
und nannte Beispiele der parlamentarischen<br />
Kontrolle aus anderen Ländern. So habe die Regierung<br />
<strong>in</strong> Großbritannien auf Druck des Parlaments<br />
den Abgeordneten und der Öffentlichkeit E<strong>in</strong>blick<br />
<strong>in</strong> Entscheidungsprozesse von Rüstungsexporten<br />
gewährt und ihre Kriterien transparent gemacht.<br />
E<strong>in</strong> solches Vorgehen könne <strong>in</strong> andere Länder übertragen<br />
werden.<br />
(Mart<strong>in</strong> Kasperek)<br />
Mehr <strong>Informationen</strong> zum aktuellen Friedensgutachten<br />
f<strong>in</strong>den Sie unter:<br />
www.friedensgutachten.de<br />
20 EKD-<strong>Europa</strong>-<strong>Informationen</strong> Nr. 143
EU-Außenm<strong>in</strong>ister e<strong>in</strong>igen sich auf<br />
Leitl<strong>in</strong>ien zur Religionsfreiheit -<br />
Zustimmung von Margot Käßmann<br />
Bei ihrer Tagung <strong>in</strong> Luxemburg am 24. Juni 2013<br />
haben die EU-Außenm<strong>in</strong>ister Leitl<strong>in</strong>ien zur Religions-<br />
und Glaubensfreiheit verabschiedet, die von<br />
nun an für die europäische Außenpolitik gelten sollen<br />
und auf die von Mitarbeitern von EU-Institutionen<br />
und von Mitgliedsstaaten bei Kontakten mit<br />
Drittstaaten zurückzugreifen ist. Kirchliche Vertretungen<br />
waren im Vorfeld der Verabschiedung vom<br />
Europäischen Auswärtigen Dienst konsultiert worden<br />
(siehe EKD-<strong>Europa</strong>-<strong>Informationen</strong> Nr. 141).<br />
Auf Grundlage dieser Leitl<strong>in</strong>ien möchte sich die EU<br />
weltweit für Religions- und Glaubensfreiheit e<strong>in</strong>setzen<br />
und gegen Verletzungen dieser Freiheiten<br />
vorgehen.<br />
Die Leitl<strong>in</strong>ien beschreiben die Religions- und Glaubensfreiheit<br />
als e<strong>in</strong> universelles Menschenrecht. Jedem<br />
Menschen stehe das Recht zu, se<strong>in</strong>en Glauben<br />
frei zu äußern, e<strong>in</strong>zeln oder <strong>in</strong> Geme<strong>in</strong>schaft. Menschen,<br />
die ihre Religion wechseln oder diese ablegen,<br />
oder die sich grundsätzlich zu ke<strong>in</strong>er Religion<br />
bekennen, müssten geschützt werden. Der Staat<br />
habe die Verantwortung, das Recht auf Religionsund<br />
Glaubensfreiheit für alle Menschen auf se<strong>in</strong>em<br />
Territorium zu garantieren.<br />
In den Leitl<strong>in</strong>ien werden mehrere Themenfelder genannt,<br />
die die EU mit besonderer Aufmerksamkeit<br />
verfolgen möchte:<br />
1. Religiös motivierte Gewalt: Die EU verurteilt<br />
religiös motivierte Gewalttaten und fordert,<br />
dass die (staatlichen oder nicht-staatlichen)<br />
Verantwortlichen vor die Justiz gebracht werden.<br />
Speziell genannt werden hierbei religiös<br />
motivierte Gewalttaten gegen Frauen und Mädchen,<br />
wie z. B. „Ehrenmorde“, Zwangsheiraten<br />
und Genitalverstümmelung.<br />
2. Religionsfreiheit und Me<strong>in</strong>ungsfreiheit: Religiöser<br />
Hass soll nicht von der Me<strong>in</strong>ungsfreiheit gedeckt<br />
werden und ist zu verurteilen. Gleichzeitig<br />
darf die Me<strong>in</strong>ungsfreiheit nicht beschränkt<br />
werden, um Kritik und Spott an Religionen zu<br />
vermeiden. Förderung von Respekt und Toleranz:<br />
Die EU möchte dafür sorgen, dass Wissen<br />
über verschiedene Religionen vermittelt wird,<br />
um gegenseitiges Verständnis und Respekt zu<br />
erreichen.<br />
3. Kampf gegen Diskrim<strong>in</strong>ierung: Die EU verurteilt<br />
Gesetze und Praktiken, die die Diskrim<strong>in</strong>ierung<br />
von Menschen e<strong>in</strong>es bestimmten Glaubens<br />
fördern.<br />
4. Wechsel oder Ablegen e<strong>in</strong>er bestimmten Religion:<br />
Die EU setzt sich gegen Gesetze und Praktiken<br />
e<strong>in</strong>, die Personen bestrafen, die ihre Religion<br />
wechseln oder ablegen.<br />
5. Äußerung von Religion oder Glauben: Die EU<br />
tritt dafür e<strong>in</strong>, dass jeder Mensch frei entscheiden<br />
können soll, ob und wie er se<strong>in</strong>en Glauben<br />
äußert. Staaten dürften Glaubensgeme<strong>in</strong>schaften<br />
nicht unverhältnismäßig Bürokratie auferlegen<br />
und werden dazu aufgerufen, religiöse<br />
Stätten zu pflegen und zu schützen.<br />
6. Unterstützung und Schutz von Menschenrechtsverteidigern:<br />
Die EU setzt sich für Menschenrechtsverteidiger<br />
e<strong>in</strong>, die für Glaubensgeme<strong>in</strong>schaften<br />
e<strong>in</strong>treten, und fördert die<br />
Anerkennung ihrer Arbeit.<br />
7. Unterstützung der Zivilgesellschaft und geme<strong>in</strong>sames<br />
Engagement: Die EU und ihre Mitgliedsstaaten<br />
unterstützen auch f<strong>in</strong>anziell die<br />
Arbeit von Organisationen der Zivilgesellschaft,<br />
die sich für die Religions- und Glaubensfreiheit<br />
engagieren.<br />
Über die weltweiten Delegationen der Europäischen<br />
Union sowie die Botschaften der Mitgliedsstaaten<br />
soll die Lage der Religions- und Glaubensfreiheit<br />
beobachtet werden und entsprechende Stellungnahmen<br />
sollen veröffentlicht werden. Hierzu soll auch<br />
der Kontakt zu Akteuren vor Ort aufrecht erhalten<br />
werden, speziell zu Frauenorganisationen, Menschenrechtsverteidigern<br />
und den Glaubensgeme<strong>in</strong>schaften<br />
selbst. Das Thema wird <strong>in</strong> den jährlichen<br />
EU-Menschenrechtsreport e<strong>in</strong>fließen. Religionsund<br />
Glaubensfreiheit sollen gemäß der Leitl<strong>in</strong>ien<br />
auf höchster Ebene behandelt werden, u. a. durch<br />
die Hohe Vertreter<strong>in</strong> der EU für Außen- und Sicherheitspolitik<br />
und den EU-Sonderbeauftragten für<br />
Menschenrechte.<br />
Bei Besuchen von Vertretern der EU-Institutionen<br />
oder der Mitgliedsstaaten wird die EU sicherstellen,<br />
dass diese vollständig über die Situation der<br />
Religions- und Glaubensfreiheit <strong>in</strong>formiert s<strong>in</strong>d.<br />
Die Leitl<strong>in</strong>ien erwähnen auch, dass die EU <strong>in</strong> ihrem<br />
E<strong>in</strong>satz für die Religions- und Glaubensfreiheit <strong>in</strong><br />
Drittländern auch auf verschiedene Möglichkeiten<br />
der f<strong>in</strong>anziellen Förderung zurückgreifen kann, so<br />
z. B. das Europäische Instrument für Demokratie<br />
und Menschenrechte (EIDHR) oder die verschiedenen<br />
„Country-Based Support Schemes“ der EU-<br />
Delegationen.<br />
Die EU verpflichtet sich mit den Leitl<strong>in</strong>ien, auch<br />
mit <strong>in</strong>ternationalen und regionalen Organisationen<br />
beim Thema der Religions- und Glaubensfreiheit<br />
zusammenzuarbeiten. Dies betrifft vor allem<br />
die Vere<strong>in</strong>ten Nationen (deren Menschenrechtsrat,<br />
deren Hohen Kommissar für Menschenrechte,<br />
deren Sonderberichterstatter für Religions- und<br />
Glaubensfreiheit), die Organisation für Sicherheit<br />
und Zusammenarbeit <strong>in</strong> <strong>Europa</strong> (deren Büro für<br />
demokratische Institutionen und Menschenrechte<br />
– ODIHR) und den <strong>Europa</strong>rat (dessen Venedig-<br />
Kommission).<br />
Die EU-Arbeitsgruppe Menschenrechte (COHOM)<br />
wird sich, ggf. zusammen mit entsprechend län-<br />
EKD-<strong>Europa</strong>-<strong>Informationen</strong> Nr. 143<br />
21
der- oder regionenspezifischen Arbeitsgruppen des<br />
Rates um die Umsetzung der Leitl<strong>in</strong>ien kümmern.<br />
Nach drei Jahren soll die Umsetzung der Leitl<strong>in</strong>ien<br />
unter Berücksichtigung der Berichte der verschiedenen<br />
Missionsleiter und nach Konsultation von<br />
Organisationen der Zivilgesellschaft evaluiert werden.<br />
Hierbei werden auch <strong>Kirche</strong>n und Glaubensgeme<strong>in</strong>schaften<br />
konsultiert, so wie es nach Art. 17<br />
III des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen<br />
Union (AEUV) vorgesehen ist.<br />
Der Europäische Auswärtige Dienst wird <strong>in</strong> Koord<strong>in</strong>ation<br />
mit den Mitgliedsstaaten und <strong>in</strong> Kooperation<br />
mit Organisationen der Zivilgesellschaft, darunter<br />
auch <strong>Kirche</strong>n, Ausbildungsmaterialien für das Personal<br />
der EU und der Mitgliedsstaaten zu diesem<br />
Thema erstellen.<br />
Grundsätzlich ist die Verabschiedung der Leitl<strong>in</strong>ien<br />
zu begrüßen, zeigt sich doch aktuell an dem ökumenischen<br />
Bericht zur Religionsfreiheit von Christen<br />
weltweit (im Juni vorgelegt von EKD und DBK),<br />
dass dort, „wo die Religionsfreiheit verletzt ist, es<br />
<strong>in</strong> der Regel auch um die generelle Wahrung der<br />
Menschenrechte nicht gut bestellt ist“.<br />
Gleichzeitig wären <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Punkten Überarbeitungen<br />
wünschenswert: Religions- und Glaubensfreiheit<br />
wird vor allem als <strong>in</strong>dividuelles Recht genannt.<br />
Die kollektive Dimension dieser Freiheiten,<br />
also der spezielle Schutz von Religionsgeme<strong>in</strong>schaften,<br />
wird nur am Rande angesprochen. Die Bedeutung<br />
der Freiheit religiöser und theologischer Ausbildung<br />
wird zudem nicht <strong>in</strong> angemessener Weise<br />
aufgegriffen, ebenso fehlt es an H<strong>in</strong>weisen, die bei<br />
der Analyse von Daten zu religiöser Diskrim<strong>in</strong>ierung<br />
und Verfolgung die Verlässlichkeit und Unabhängigkeit<br />
der Quellen sicherstellen sollen.<br />
Auf der Veranstaltung von Auswärtigem Amt und<br />
EKD-Büro Brüssel „Die Reformation – Aufbruch <strong>in</strong><br />
die Toleranz? – Außen-(politische) Ansichten von<br />
Staatsm<strong>in</strong>ister<strong>in</strong> Cornelia Pieper und Dr. Margot<br />
Käßmann“ am 9. Juli 2013 <strong>in</strong> der Ständigen Vertretung<br />
<strong>in</strong> Brüssel erläuterte Margot Käßmann die Bedeutung<br />
der Reformation für die Herausbildung des<br />
Menschenrechts auf freie Religionsausübung. In<br />
diesem Zusammenhang begrüßte sie ausdrücklich<br />
die Verabschiedung der Richtl<strong>in</strong>ien zur Religionsund<br />
Gewissensfreiheit durch die EU-Außenm<strong>in</strong>ister<br />
und würdigte auch das Europäische Parlament. Es<br />
habe mit se<strong>in</strong>em Engagement wesentlich dazu beigetragen,<br />
dass diesem wichtigen Thema Rechnung<br />
getragen worden sei.<br />
Über die gebotene Stärkung der EU-Menschenrechtspolitik<br />
h<strong>in</strong>aus sollte der „Faktor Religion“ aus<br />
kirchlicher Sicht jedoch fester Bestandteil der EU-<br />
Außenpolitik werden. Wissen um religiöse H<strong>in</strong>tergründe<br />
sei unabd<strong>in</strong>glich zum Verständnis fremder<br />
Kulturen, aber auch zur Konfliktprävention und<br />
Mediation <strong>in</strong> Krisenzeiten. In ihrem Vortrag unterstrich<br />
sie daher die Notwendigkeit, Religion auch<br />
<strong>in</strong> ihrer friedensstiftenden Rolle zu beleuchten. „Religion<br />
besitzt e<strong>in</strong> riesiges Friedenspotential, das <strong>in</strong><br />
politischen Gewaltkonflikten durchaus deeskalierend<br />
wirken kann.“<br />
Die Staatsm<strong>in</strong>ister<strong>in</strong> im Auswärtigen Amt, Cornelia<br />
Pieper, unterstrich an dem Abend ihrerseits den<br />
E<strong>in</strong>satz der Bundesregierung für Religionsfreiheit,<br />
für Pluralität und gegen Verfolgung und Unterdrückung.<br />
Sie lobte die EU-Leitl<strong>in</strong>ien für ihr klares politisches<br />
Bekenntnis zum Schutz der Religionsfreiheit<br />
<strong>in</strong> der Außenpolitik der EU.<br />
In e<strong>in</strong>em moderierten Podiumsgespräch wurde die<br />
Frage nach Vermittlung von Wissen um Religion<br />
<strong>in</strong> der Attaché-Ausbildung <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> vertieft<br />
und der Beitrag der auswärtigen Politik zur Achtung<br />
der Religionsfreiheit diskutiert.<br />
Zum Abschluss des Abends wurde dem Schirmherr<br />
der Veranstaltung, Botschafter Peter Tempel, e<strong>in</strong><br />
roter „Lutherzwerg“ aus Wittenberg als Botschafter<br />
des Reformationsjubiläums für die Räume der Ständigen<br />
Vertretung übereicht.<br />
(Mart<strong>in</strong> Kasperek/Katr<strong>in</strong> Hatz<strong>in</strong>ger)<br />
Die Leitl<strong>in</strong>ien f<strong>in</strong>den Sie unter:<br />
www.consilium.europa.eu<br />
Die Statements von Frau Dr. Käßmann und Staatsm<strong>in</strong>ister<strong>in</strong><br />
Pieper f<strong>in</strong>den Sie hier:<br />
www.ekd.eu<br />
In ihrem Statement hob die Botschafter<strong>in</strong> des Rates<br />
der EKD für das Reformationsjubiläum hervor,<br />
dass „gerade <strong>in</strong> Staaten, die augenblicklich schwere<br />
politische Umwälzungen erfahren, der Umgang mit<br />
Religion und Religionsfreiheit e<strong>in</strong> elementarer Bauste<strong>in</strong><br />
für e<strong>in</strong>e zukünftige, friedliche Gesellschaftsordnung<br />
se<strong>in</strong> wird“.<br />
22 EKD-<strong>Europa</strong>-<strong>Informationen</strong> Nr. 143
Umwelt & Energie<br />
Kommission für neue Weichenstellungen<br />
der Energiepolitik<br />
Mit dem Grünbuch „Klima- und Energiepolitik bis<br />
2030“, welches im März 2013 veröffentlich wurde,<br />
stellte die Kommission e<strong>in</strong> umfassende energieund<br />
klimapolitische Strategie für die Zeit nach 2020<br />
vor. Dabei wird auf den bisherigen Zielen aufgebaut<br />
und weiterh<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Erhöhung des Anteils erneuerbarer<br />
Energien angestrebt. Auch Verbesserungen<br />
bei der Energieeffizienz bleiben e<strong>in</strong> zentrales Anliegen<br />
der Kommission. Gleichermaßen s<strong>in</strong>d aus Sicht<br />
der Kommission Investitionen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e bessere, <strong>in</strong>telligentere<br />
Energie<strong>in</strong>frastruktur notwendig, um<br />
die nötigen Anpassungen bewältigen zu können. Bis<br />
2030 e<strong>in</strong> Anstieg der Energiepreise erwartet, unabhängig<br />
davon, ob im Energiesystem wesentliche<br />
CO2-Emissionsm<strong>in</strong>derungen erreicht werden oder<br />
nicht. Dies führt die Kommission auf die Investitionen<br />
<strong>in</strong> das Energiesystem zurück, die <strong>in</strong> jedem<br />
Fall anfallen würden. Der für Energie zuständige<br />
EU-Kommissar Oett<strong>in</strong>ger kommentierte: „Wir müssen<br />
unseren klima- und energiepolitischen Rahmen<br />
bis 2030 möglichst bald aufstellen, um angemessene<br />
Investitionen zu sichern, die uns nachhaltiges<br />
Wachstum, erschw<strong>in</strong>gliche, wettbewerbsfähige<br />
Energiepreise und e<strong>in</strong>e höhere Energieversorgungssicherheit<br />
gewährleisten.“ Weiterh<strong>in</strong> stellte Oett<strong>in</strong>ger<br />
heraus, dass der neue Politikrahmen gleichzeitig<br />
den Folgen der Wirtschaftskrise als auch den<br />
langfristigen Zielen der Emissionsm<strong>in</strong>derung um<br />
80 bis 95 Prozent bis 2050 Rechnung tragen müsse.<br />
EU-Kommissar<strong>in</strong> Connie Hedegaard, zuständig für<br />
Klimapolitik, verwies noch e<strong>in</strong>mal auf das Ziel der<br />
Erreichung e<strong>in</strong>er CO2-armen Gesellschaft bis 2050.<br />
Bisher s<strong>in</strong>d die Ziele bis 2020 vorgegeben. „Das ist<br />
für die meisten Investoren aber be<strong>in</strong>ahe übermorgen.“<br />
Mit dieser Argumentation und der Begründung,<br />
dass Unternehmen und Investoren mehr<br />
Sicherheit benötigten, ist es laut EU-Kommission<br />
wichtig, die Weichen frühzeitig für die Dekade nach<br />
2020 zu stellen.<br />
als Kernstücke der europäischen Energie- und Klimapolitik<br />
s<strong>in</strong>d jedoch nicht mehr konsensfähig.<br />
Besonders bei der Frage nach der Reduzierung der<br />
Treibhausgase gehen die Vorstellungen der Mitgliedstaaten<br />
ause<strong>in</strong>ander. Die Kommission rechnet<br />
<strong>in</strong> ihrem „Grünbuch zum klima- und energiepolitischen<br />
Rahmen bis 2030“ vor, dass die Treibhausgasemissionen<br />
der EU um 40 Prozent gegenüber dem<br />
Stand von 1990 verr<strong>in</strong>gert werden müssen, um bis<br />
2050 e<strong>in</strong>e Treibhausgas-M<strong>in</strong>derung um 80 bis 95<br />
Prozent erreichen zu können. Diese Verr<strong>in</strong>gerung<br />
müsse erreicht werden, um den globalen Temperaturanstieg<br />
auf 2 Grad Celsius zu beschränken.<br />
Für die Energiewende <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> ist dabei e<strong>in</strong>e<br />
europäische Kooperation und Koord<strong>in</strong>ation unerlässlich.<br />
Zwar hat jeder europäische Staat Spielräume<br />
<strong>in</strong> der Energie- und Klimapolitik, auch der<br />
Energiemix ist e<strong>in</strong>e autonome Entscheidung von nationalen<br />
Regierungen, jedoch s<strong>in</strong>d die Verflechtungen<br />
mittlerweile sehr eng. Durch die E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung <strong>in</strong><br />
den europäischen Stromverbund und durch den europäischen<br />
Emissionshandel s<strong>in</strong>d wesentliche Bereiche<br />
der Energie- und Klimapolitik europäisiert.<br />
Auch die Rolle neuer Technologien, wie das „Hydraulic<br />
Fractur<strong>in</strong>g“ („Frack<strong>in</strong>g“) <strong>in</strong> der zukünftigen<br />
Energiepolitik steht somit zur Debatte. Entsprechend<br />
wird es wichtig se<strong>in</strong>, dass <strong>Deutschland</strong> an<br />
den Erfolg der Ratspräsidentschaft 2007 anknüpft<br />
und auch bei den Verhandlungen für e<strong>in</strong>e Energiepolitik<br />
nach 2020 verb<strong>in</strong>dliche Ziele aushandelt.<br />
(Christoph Schnabel)<br />
Das Grünbuch zur Klima- und Energiepolitik bis<br />
2030 f<strong>in</strong>den Sie unter:<br />
http://eur-lex.europa.eu<br />
Die europäische Energie- und Klimapolitik geht <strong>in</strong><br />
ihren Grundzügen auf Verhandlungen und Kompromisse<br />
aus den Jahren 2005 bis 2007 zurück.<br />
Unsicherheit bei der Versorgung von Öl und Gas<br />
aus Russland, vor allem jedoch die ambitionierten<br />
UN-Klimaschutzverhandlungen ermöglichten e<strong>in</strong>e<br />
Schwerpunktsetzung von umwelt-und energiepolitischen<br />
Richtungsentscheidungen. Die Zielsetzung<br />
wurde <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Dreiklang von Klimaschutz-Ziel,<br />
Erneuerbaren-Ziel und Effizienz-Ziel 2007 von der<br />
deutschen Ratspräsidentschaft ausgehandelt und<br />
quantifizierbare Teilergebnisse für das Jahr 2020<br />
wurden festgelegt. Die M<strong>in</strong>derung der Treibhausgasemissionen<br />
um 20 Prozent, der Ausbau des Anteils<br />
erneuerbarer Energien auf 20 Prozent sowie<br />
die Steigerung der Energieeffizienz um 20 Prozent<br />
EKD-<strong>Europa</strong>-<strong>Informationen</strong> Nr. 143<br />
23
Grüner wird’s nicht – Verständigung<br />
auf GAP-Reform<br />
Am 26. Juni 2013 haben das Europäische Parlament,<br />
die Kommission und der Rat der Landwirtschaftsm<strong>in</strong>ister<br />
ihre im April begonnenen Trilogverhandlungen<br />
(siehe EKD-<strong>Europa</strong>-<strong>Informationen</strong><br />
Nr. 142) mit e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>igung auf e<strong>in</strong>e Reform der Geme<strong>in</strong>samen<br />
Agrarpolitik (GAP) abgeschlossen. Die<br />
Reform soll nun noch bis Ende des Jahres von den<br />
Abgeordneten und vom Rat verabschiedet werden,<br />
um am 1. Januar 2014 <strong>in</strong> Kraft treten zu können.<br />
In der Agrarpolitik soll künftig e<strong>in</strong>e ausgeglichenere<br />
Verteilung der Gelder zwischen Mitgliedsstaaten<br />
und Landwirten erreicht werden: Ab 2019 soll ke<strong>in</strong><br />
Mitgliedsstaat Direktzahlungen <strong>in</strong> Höhe von weniger<br />
als 75 Prozent des EU-Durchschnitts erhalten.<br />
Bis zu 15 Prozent der maximalen Summe der Direktzahlungen<br />
(1. Säule der GAP) können Staaten<br />
künftig zu den Fördermaßnahmen für die ländliche<br />
Entwicklung (2. Säule) umschichten.<br />
Junglandwirte werden <strong>in</strong> den ersten fünf Jahren<br />
nach ihrer Niederlassung zusätzliche Beihilfen erhalten.<br />
Direktzahlungen werden nur noch an „aktive<br />
Landwirte“ gezahlt und nicht mehr wie bisher<br />
auch an Betreiber von Flughäfen oder Sportanlagen.<br />
Gegenüber der Kommission konnte durchgesetzt<br />
werden, dass der Anteil der Flächen, die ökologisch<br />
nachhaltig zu nutzen s<strong>in</strong>d („Green<strong>in</strong>g“ – hieran s<strong>in</strong>d<br />
30 Prozent der Direktzahlungen gebunden), zuerst<br />
nur fünf Prozent betragen muss und erst nach e<strong>in</strong>er<br />
Prüfung der Kommission 2017 möglicherweise auf<br />
sieben Prozent angehoben wird. Ökobetriebe und<br />
Betriebe mit hohem Grünlandanteil bleiben von<br />
den „Green<strong>in</strong>g“-Auflagen ausgenommen.<br />
Schwierig war e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>igung über die Fortsetzung<br />
der Instrumente der geme<strong>in</strong>samen Marktordnung,<br />
die staatliche E<strong>in</strong>griffe <strong>in</strong> den Markt ermöglichen<br />
und die bereits für mehrere Produkte abgeschafft<br />
wurden: Die Quoten für Zucker laufen 2017 aus,<br />
die für Milch wie geplant bereits 2015. Gleichzeitig<br />
wird die Kommission die Erzeugerorganisationen<br />
stärken, die künftig <strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelnen Fällen marktregulierend<br />
e<strong>in</strong>greifen dürfen.<br />
Die EKD hat die Diskussion um die Agrarreform<br />
kritisch begleitet. Entsprechend der Stellungnahme,<br />
die die Kammer für nachhaltige Entwicklung<br />
der EKD im Herbst 2011 veröffentlicht hatte (siehe<br />
EKD-<strong>Europa</strong>-<strong>Informationen</strong> Nr. 139), s<strong>in</strong>d die<br />
Maßnahmen für e<strong>in</strong>e nachhaltige und ökologische<br />
Landwirtschaft wie das „Green<strong>in</strong>g“ zu begrüßen.<br />
Anzumahnen wäre jedoch mehr <strong>in</strong>ternationale Verantwortung,<br />
speziell für Entwicklungsländer.<br />
Im zweiten Anlauf: Reform des europäischen<br />
Emissionshandels<br />
Das Europäische Parlament hat der temporären<br />
Verknappung von CO2-Zertifikaten („Backload<strong>in</strong>g“)<br />
im zweiten Anlauf am 3. Juli 2013 zugestimmt. Mit<br />
knapper Mehrheit votierten die Abgeordneten allerd<strong>in</strong>gs<br />
nicht für den im Umweltausschuss erarbeiteten<br />
Kompromiss, sondern für den Text, den sie im<br />
April zunächst abgelehnt hatten. Damit revidierte<br />
das <strong>Europa</strong>parlament se<strong>in</strong> Votum vom April 2013,<br />
als es das „Backload<strong>in</strong>g“ noch ablehnte. Der europäische<br />
Emissionshandel soll den Ausstoß klimaschädlicher<br />
Treibhausgase begrenzen und Anreize<br />
für Investitionen <strong>in</strong> emissionsarme Technologien<br />
geben. In den letzten Jahren hatte sich jedoch e<strong>in</strong><br />
großer Überschuss an Emissionszertifikaten angesammelt.<br />
Gründe hierfür waren vor allem unerwartete<br />
Emissionsm<strong>in</strong>derungen aufgrund der<br />
Wirtschaftskrise und e<strong>in</strong> starkes Anwachsen von<br />
<strong>in</strong>ternationalen Emissionsgutschriften.<br />
Die EU-Klimaschutzkommissar<strong>in</strong> Connie Hedegaard,<br />
die mit ihrem Vorschlag im April gescheitert<br />
war, wertete das neue Votum des Parlaments als<br />
Arbeitsauftrag, „e<strong>in</strong>en funktionierenden europäischen<br />
Emissionshandel“ zu schaffen, um <strong>in</strong>novative,<br />
CO2-arme Technologien <strong>in</strong> <strong>Europa</strong> zu fördern.<br />
„Als nächsten Schritt muss nun der Rat e<strong>in</strong>e Entscheidung<br />
treffen: „Je eher, desto besser, damit wir<br />
so schnell wie möglich e<strong>in</strong>e strukturelle Reform des<br />
Emissionshandels angehen können“, so Hedegaard.<br />
Der Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe im Europäischen<br />
Parlament, Herbert Reul, sah den Beschluss<br />
kritisch: „Mit dieser Wendehals-Entscheidung<br />
macht sich <strong>Europa</strong> lächerlich. Der E<strong>in</strong>griff wird den<br />
Zertifikatepreis vielleicht von drei auf vier Euro<br />
steigern, aber er löst die strukturellen Probleme des<br />
Emissionshandels überhaupt nicht.“ E<strong>in</strong>e durchweg<br />
positive Bilanz zog Matthias Groote (SPD), Vorsitzender<br />
des Umweltausschusses. Das EU-Parlament<br />
habe den Europäischen Emissionshandel vor dem<br />
Aus gerettet, sagte er unmittelbar nach der Abstimmung<br />
<strong>in</strong> Straßburg. Im nächsten Schritt wird das<br />
Europäische Parlament unter der Leitung des Berichterstatters<br />
und Umweltausschussvorsitzenden<br />
Matthias Groote (SPD) <strong>in</strong> Trilogverhandlungen mit<br />
dem Rat treten.<br />
(Christoph Schnabel)<br />
Die Pressemitteilung zu der Abstimmung f<strong>in</strong>den Sie<br />
hier:<br />
www.europarl.europa.eu<br />
(Mart<strong>in</strong> Kasperek)<br />
Mehr <strong>Informationen</strong> zur GAP-E<strong>in</strong>igung f<strong>in</strong>den Sie<br />
unter:<br />
http://ec.europa.eu/agriculture/<br />
24 EKD-<strong>Europa</strong>-<strong>Informationen</strong> Nr. 143
Forschung & Ethik<br />
Gesundheitsforschung um welchen<br />
Preis? – Streit um Standards für Arzneimitteltests<br />
Am 29. Mai 2013 hat sich der Ausschuss für Umwelt,<br />
Gesundheit und Lebensmittelsicherheit des Europäischen<br />
Parlaments für Änderungen an der im Juli<br />
2012 von der Kommission vorgeschlagenen Verordnung<br />
zu kl<strong>in</strong>ischen Prüfungen mit Humanarzneimitteln<br />
ausgesprochen. Ziel des Kommissionsvorschlags<br />
ist die Vere<strong>in</strong>fachung und Verkürzung der<br />
Genehmigungsverfahren für neue Medikamente,<br />
auch um zu verh<strong>in</strong>dern, dass Pharmaunternehmen<br />
ihre Aktivitäten aus <strong>Europa</strong> abziehen.<br />
Der Entwurf der Kommission sorgt seit se<strong>in</strong>er<br />
Veröffentlichung für laute Kritik: Anfang 2013<br />
hatte der Deutsche Bundestag <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em fraktionsübergreifenden<br />
Entschließungsantrag das Papier<br />
bemängelt, Proteste kamen auch von der Bundesärztekammer<br />
sowie vom Deutschen Ethikrat. Kritisiert<br />
wird, dass mit dem Kommissionsvorschlag<br />
der Schutz des Patienten zu kurz komme. Bedacht<br />
werde mehr der Nutzen für die öffentliche Geme<strong>in</strong>schaft<br />
als der Nutzen für die Gesundheit des Probanden.<br />
Auch verzichte die Kommission darauf, die<br />
Konsultation e<strong>in</strong>er Ethikkommission zu Beg<strong>in</strong>n der<br />
kl<strong>in</strong>ischen Studie vorzuschreiben. Die Kommission<br />
verteidigte ihren Entwurf, sie ließ mitteilen, dass<br />
sie weiterh<strong>in</strong> an sehr hohen Standards für die Patientensicherheit<br />
festhalte, diese sogar verstärke.<br />
In dem von den Abgeordneten verabschiedeten<br />
Änderungsantrag steht nun, dass e<strong>in</strong>e Ethikkommission<br />
jeden Prüfplan zu genehmigen habe. Auch<br />
fordern die Ausschussmitglieder e<strong>in</strong>en speziellen<br />
Schutz für Schwangere, K<strong>in</strong>der und Menschen mit<br />
Beh<strong>in</strong>derung. Der Datenschutz der Probanden solle<br />
gewährleistet werden, gleichzeitig wünschen sich<br />
die Abgeordneten mehr Transparenz, unabhängig<br />
vom Ergebnis der Studie.<br />
Das Vorhaben der Kommission ist trotz des Änderungsvorschlags<br />
weiterh<strong>in</strong> kritisch zu sehen:<br />
Im Zuge der Vere<strong>in</strong>fachung sollen viele Entscheidungen<br />
den Mitgliedsstaaten überlassen werden.<br />
Hierzu gehört auch die Bewertung der Nutzen und<br />
Risiken der kl<strong>in</strong>ischen Prüfung, die von e<strong>in</strong>em Mitgliedsstaat<br />
federführend vorgenommen wird und<br />
anschließend EU-weit gilt. Jedoch kann nicht davon<br />
ausgegangen werden, dass alle Staaten gleich hohe<br />
Schutzstandards haben oder e<strong>in</strong> Pharmaunternehmen<br />
sich unbed<strong>in</strong>gt für e<strong>in</strong> Land mit hohen Standards<br />
entscheidet.<br />
Als nächstes folgt die Abstimmung im M<strong>in</strong>isterrat.<br />
Die Kommission plant, dass die Verordnung 2016<br />
<strong>in</strong> Kraft tritt.<br />
(Mart<strong>in</strong> Kasperek)<br />
Jugend & Bildung<br />
Litauens Schwerpunkte im Bereich<br />
Bildung und Jugend<br />
(Doris Kl<strong>in</strong>genhagen, Referent<strong>in</strong>)<br />
Am 1. Juli 2013 hat Litauen als erster baltischer<br />
Mitgliedsstaat die EU-Ratspräsidentschaft übernommen.<br />
Das Land setzt damit die am 1. Januar<br />
2013 begonnene Triopräsidentschaft von Irland,<br />
Litauen und Griechenland turnusgemäß fort. Als<br />
übergeordnete Schwerpunkte setzt Litauen auf e<strong>in</strong><br />
zuverlässiges <strong>Europa</strong> im S<strong>in</strong>ne stabiler F<strong>in</strong>anzen,<br />
e<strong>in</strong> wachsendes <strong>Europa</strong> im S<strong>in</strong>ne von Wirtschaftswachstum<br />
und e<strong>in</strong> offenes sowie sicheres <strong>Europa</strong><br />
mit Themen wie EU-Erweiterung und Freihandel.<br />
Schwerpunkt im Jugendbereich wird die Verbesserung<br />
der sozialen Integration von Jugendlichen<br />
se<strong>in</strong>, die sich nicht <strong>in</strong> Beschäftigung, Bildung oder<br />
Ausbildung bef<strong>in</strong>den (NEETs – Not <strong>in</strong> Education,<br />
Employment or Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g). Weiter wird Litauen an<br />
der Verstärkung des Querschnittsansatzes <strong>in</strong> der<br />
Jugendpolitik arbeiten, den Austausch von „Guter<br />
Praxis“ im Bereich der sozialen Integration junger<br />
Menschen sowie die jugendpolitische Zusammenarbeit<br />
mit Osteuropa und der Kaukasusregion fördern.<br />
Darüber h<strong>in</strong>aus wird Litauen die Bemühungen der<br />
vorherigen Präsidentschaften fortsetzen, die aktuell<br />
hohe Jugendarbeitslosigkeit <strong>in</strong> <strong>Europa</strong> zu bekämpfen.<br />
Insbesondere geht es dabei um die Umsetzung<br />
der Jugendgarantie, die Jugendlichen bis 25 Jahren<br />
e<strong>in</strong>e qualitativ gute Stelle, Fortbildung, Ausbildung<br />
oder Praktikumsstelle <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es Zeitrahmens<br />
von vier Monaten nach dem Schulabschluss oder<br />
dem Verlust des Arbeitsplatzes zusagt. In diesem<br />
Kontext soll auch die Schaffung e<strong>in</strong>er Europäischen<br />
Ausbildungsallianz angegangen werden. Erreicht<br />
werden soll e<strong>in</strong>e Vere<strong>in</strong>barung zwischen Mitgliedsstaaten,<br />
Partnern aus dem sozialen Bereich und<br />
Unternehmen über das geme<strong>in</strong>same Handeln für<br />
die Öffnung und Erweiterung der Lehrl<strong>in</strong>gsausbildung.<br />
Im Bereich Bildung wird Litauen die Initiativen der<br />
irischen Ratspräsidentschaft aufnehmen und für<br />
e<strong>in</strong>e hohe Qualität von Bildung sowie ihre Internationalisierung<br />
e<strong>in</strong>treten. Dies umfasst die Verbesserung<br />
der Lehrer- und Lehrer<strong>in</strong>nenausbildung sowie<br />
Zugangserleichterungen zur Hochschulbildung für<br />
alle Bürger. Ebenso will sich Litauen für e<strong>in</strong>e gute<br />
Ausbildung stark machen, die von den Strukturfonds<br />
unterstützt wird.<br />
Weitere Infos zu Litauens Ratspräsidentschaft f<strong>in</strong>den<br />
Sie unter:<br />
www.eu2013.lt/de/<br />
Die Änderungsanträge f<strong>in</strong>den Sie unter:<br />
www.europarl.europa.eu<br />
EKD-<strong>Europa</strong>-<strong>Informationen</strong> Nr. 143<br />
25
„ERASMUS+“ - Endphase der Verhandlungen<br />
zum neuen EU-Programm<br />
für Bildung, Jugend, Sport<br />
Nachdem der Ausschuss für Bildung, Kultur, Jugend<br />
und Sport (CULT) am 26. November 2012 über<br />
den Bericht von Doris Pack (CDU) für e<strong>in</strong>e Verordnung<br />
des Europäischen Parlaments und des Rates<br />
zur E<strong>in</strong>richtung des EU-Programms „ERASMUS<br />
FÜR ALLE“ abgestimmt hatte, folgten von Februar<br />
bis Juni 2013 die Trilogverhandlungen. In den Trilogtreffen<br />
der Verhandlungsführer von EU-Rat, EU-<br />
Kommission und Europäischem Parlament wurden<br />
Kompromisse <strong>in</strong> allen strittigen Punkten gesucht.<br />
Zu den Kompromissen gehört u. a. der neue Programmname<br />
„ERASMUS+“, der auf ke<strong>in</strong>e große Begeisterung<br />
stößt. Unter dieser Überschrift bleiben<br />
jedoch die alten Programmnamen wie „GRUNDT-<br />
VIG“, „LEONARDO DA VINCI“, „COMENIUS“ und<br />
„Jugend <strong>in</strong> Aktion“ erhalten und geben den Nutzern<br />
e<strong>in</strong>e schnelle Orientierung.<br />
E<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>igung wurde auch über den ganz neuen<br />
Programmteil der „Student Loan Gurantee Facility“<br />
erzielt, der als Pilotprojekt mit 3,5 Prozent des<br />
Gesamtbudgets (13,01 Mrd. Euro) Studierenden im<br />
Masterstudiengang als e<strong>in</strong>e Art Kredit zur Verfügung<br />
stehen soll. Wichtiger E<strong>in</strong>igungspunkt darüber<br />
h<strong>in</strong>aus war die Aufteilung des Budgets auf die<br />
weiteren Programmteile: 77,5 Prozent für Bildung<br />
und Ausbildung, davon 43 Prozent für Hochschulbildung,<br />
22 Prozent für Ausbildung und Berufliche<br />
Bildung, 15 Prozent für Schulbildung und 5 Prozent<br />
für Erwachsenenbildung. Der Jugendbereich erhält<br />
10 Prozent, „Jean Monnet“ 1,9 Prozent und der<br />
Sport 1,8 Prozent. Die Arbeit der Nationalen Agenturen<br />
wird mit 3,4 Prozent ausgestattet und für die<br />
Verwaltung des Programms stehen 1,9 Prozent zur<br />
Verfügung. Festgelegt wurden auch die Prozentsätze<br />
<strong>in</strong>nerhalb der drei großen Aktionsl<strong>in</strong>ien, die alle<br />
Programmteile durchziehen: 63 Prozent für Mobilität,<br />
28 Prozent für Innovation und Kooperation<br />
und 4,2 Prozent für politische Reformen. Zugleich<br />
würde e<strong>in</strong>e Flexibilitätsrate von nicht mehr als 5<br />
Prozent zwischen den Aktionsbereichen festgelegt.<br />
Für den Jugendbereich kann resümiert werden,<br />
dass es rund e<strong>in</strong> Drittel mehr Fördermittel geben<br />
wird für weitgehend gleiche Aktionen wie <strong>in</strong> „Jugend<br />
<strong>in</strong> Aktion“. Zum ersten Mal wird das Budget<br />
mehr als e<strong>in</strong>e Milliarde Euro betragen. Auch die<br />
Förderung europäischer Netzwerke und NGOs, die<br />
bis zuletzt umstritten war, f<strong>in</strong>det Berücksichtigung.<br />
Mit der E<strong>in</strong>igung über den Mehrjährigen F<strong>in</strong>anzrahmen<br />
der EU (2014-2020) zwischen EU-Rat und<br />
dem Europäischen Parlament Ende Juni/Anfang<br />
Juli dürften damit alle wichtigen Weichen für den<br />
Programmstart am 1. Januar 2014 gestellt se<strong>in</strong>.<br />
(Doris Kl<strong>in</strong>genhagen)<br />
Weitere „Gipfel“ gegen Jugendarbeitslosigkeit<br />
Am 28. Juni 2013 haben die Europäischen Staatsund<br />
Regierungschefs auf ihrem Gipfeltreffen e<strong>in</strong>em<br />
Beschäftigungsprogramm für junge Menschen <strong>in</strong><br />
<strong>Europa</strong> zugestimmt. Mit der gleichzeitigen E<strong>in</strong>igung<br />
über den zukünftigen Haushalt der EU (2014-<br />
2020) stehen damit zunächst 6 Mrd. Euro für die<br />
Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit <strong>in</strong> den<br />
Jahren 2014 und 2015 zur Verfügung. Dieses Geld<br />
soll <strong>in</strong> Regionen fließen, <strong>in</strong> denen mehr als 25 Prozent<br />
Jugendarbeitslosigkeit herrschen und dazu<br />
beitragen, die von allen EU-Institutionen bereits<br />
beschlossene Jugendgarantie umzusetzen. Mit der<br />
EU-Jugendgarantie soll erreicht werden, dass Jugendliche<br />
spätestens vier Monate nach Beendigung<br />
der Schule, dem Ende e<strong>in</strong>er Ausbildung oder nach<br />
Verlust des Arbeitsplatzes e<strong>in</strong>en Ausbildungsplatz,<br />
e<strong>in</strong>en neuen Arbeitsplatz oder zum<strong>in</strong>dest e<strong>in</strong>en<br />
Praktikumsplatz erhalten. Bis Ende des Jahres<br />
sollen die Mitgliedsländer nationale Pläne mit konkreten<br />
Schritten zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit<br />
vorlegen. Verabredet wurde auch, die<br />
Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass es nicht<br />
bei den 6 Mrd. Euro bleibt.<br />
So sollen mit den Geldern aus dem EU-Haushalt,<br />
die zwischen 2014 und 2017 nicht ausgegeben werden,<br />
<strong>in</strong>sbesondere Maßnahmen zur Bekämpfung der<br />
Jugendarbeitslosigkeit f<strong>in</strong>anziert werden. Weiter<br />
soll die Europäische Investitionsbank aus den zusätzlichen<br />
Eigenkapitalmitteln aus 2012 Kredite an<br />
kle<strong>in</strong>- und mittelständische Unternehmen zur Verfügung<br />
stellen, die Ausbildungs- und Arbeitsplätze<br />
für junge Menschen schaffen. Die <strong>in</strong>nereuropäische<br />
Mobilität junger Arbeitsloser soll zudem durch die<br />
Verwendung von Mitteln aus dem Europäischen Sozialfonds<br />
und durch das Programm „ERASMUS+“<br />
gefördert werden.<br />
Dem EU-Gipfel <strong>in</strong> Brüssel folgten wenige Tage<br />
später der von Bundesarbeitsm<strong>in</strong>ister<strong>in</strong> Ursula<br />
von der Leyen <strong>in</strong>itiierte Job-Gipfel <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> am 3.<br />
Juli 2013, zu dem Kanzler<strong>in</strong> Angela Merkel Regierungschefs<br />
aus <strong>Europa</strong>, die europäischen Arbeitsm<strong>in</strong>ister<br />
und Spitzenvertreter der Gewerkschaften<br />
und Arbeitgeber e<strong>in</strong>geladen hatte. Sie klärten, wie<br />
die 6 Mrd. Euro für europäische Förderprogramme<br />
konkret e<strong>in</strong>gesetzt werden sollen und sammelten<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Erklärung Beispiele für erfolgreiche<br />
Maßnahmen zur Integration junger Leute <strong>in</strong> den<br />
Arbeitsmarkt, wie etwa Lohnkostenzuschüsse und<br />
e<strong>in</strong>e bessere Verzahnung von schulischer und betrieblicher<br />
Ausbildung. Zuvor hatte die deutsche<br />
Arbeitsm<strong>in</strong>ister<strong>in</strong> bereits Kooperationsprojekte mit<br />
e<strong>in</strong>zelnen Ländern vere<strong>in</strong>bart. Mit Italien wurde<br />
e<strong>in</strong> Lehrl<strong>in</strong>gsprojekt beschlossen. Jugendlichen aus<br />
Spanien, Portugal und Griechenland werden Ausbildungsplätze<br />
<strong>in</strong> Mangelberufen <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong><br />
angeboten. In weiteren Projekten werden Mitglieds-<br />
26 EKD-<strong>Europa</strong>-<strong>Informationen</strong> Nr. 143
staaten bei der E<strong>in</strong>führung der dualen Ausbildung<br />
unterstützt.<br />
Am 2. Juli 2013 war bereits im Rahmen des Berufsbildungswettbewerbs<br />
„WorldSkills 2013“ der Startschuss<br />
der Europäischen Beschäftigungsallianz <strong>in</strong><br />
Leipzig gefallen. Die Europäische Jugendbeschäftigungsallianz<br />
ist Teil des von der EU-Kommission<br />
<strong>in</strong>s Leben gerufenen Jugendbeschäftigungspakets,<br />
zu dem auch die Jugendgarantie gehört. Die Allianz<br />
soll aus zentralen Akteuren der Arbeitswelt und<br />
dem Bildungswesen gebildet werden. Zugleich soll<br />
die Allianz e<strong>in</strong>en Wandel der E<strong>in</strong>stellung gegenüber<br />
Berufsausbildungen herbeiführen und nationale<br />
Reformen zum Aufbau oder zur Stärkung von<br />
Berufsbildungssystemen unterstützen.<br />
Mit der Unterzeichnung der geme<strong>in</strong>samen Erklärung<br />
verpflichteten sich die europäischen Dachverbände<br />
der Gewerkschaften und der Arbeitgeberverbände<br />
sowie die Kommission, darauf h<strong>in</strong>zuwirken,<br />
dass Arbeitgeber und junge Menschen für die Vorteile<br />
der Berufsausbildung sensibilisiert werden.<br />
Die Kommission soll <strong>in</strong> den Mitgliedsstaaten „Peer<br />
Learn<strong>in</strong>g“ und „Peer Reviews“ zur Unterstützung<br />
politischer Reformen zur Verfügung stellen. Die<br />
Mitgliedsstaaten wurden <strong>in</strong> der Erklärung dazu<br />
ermutigt, mit Schulen und Arbeitsverwaltungen<br />
zusammenzuarbeiten und das Angebot an Ausbildungsplätzen<br />
und die Qualität der Berufsausbildung<br />
zu verbessern.<br />
Die Quote der Jugendarbeitslosigkeit (bis 25 Jahre)<br />
ist <strong>in</strong> <strong>Europa</strong> weiter steigend. Im Mai 2013 waren<br />
nach Berechnungen der Statistikbehörde Eurostat<br />
<strong>in</strong> den 17 Ländern der Eurozone 23,8 Prozent der<br />
unter 25-Jährigen arbeitslos. In der gesamten EU<br />
s<strong>in</strong>d derzeit knapp sechs Millionen junge Menschen<br />
ohne Beschäftigung. In Griechenland ist die Jugendarbeitslosenquote<br />
auf fast 63 Prozent gestiegen,<br />
<strong>in</strong> Spanien liegt sie bei 56 und <strong>in</strong> Italien bei 38<br />
Prozent. Im neuen EU-Mitgliedsland Kroatien liegt<br />
die Arbeitslosenquote junger Erwachsener bei 52<br />
Prozent.<br />
(Doris Kl<strong>in</strong>genhagen)<br />
Die Erklärung des Berl<strong>in</strong>er Jobgipfels f<strong>in</strong>den Sie<br />
unter:<br />
www.bmas.de<br />
Jugendm<strong>in</strong>isterrat stößt Qualitätsdebatte<br />
von Jugendarbeit an und fordert<br />
Beitrag der Jugendpolitik zur Strategie<br />
„<strong>Europa</strong> 2020“<br />
Zwei bedeutende Schlussfolgerungen hat der Jugendm<strong>in</strong>isterrat<br />
am 16. Mai 2013 angenommen:<br />
e<strong>in</strong>mal zu dem Thema „Der Beitrag e<strong>in</strong>er qualitätsvollen<br />
Jugendarbeit zur Entwicklung, zum Wohlbef<strong>in</strong>den<br />
und zur sozialen Inklusion junger Menschen“<br />
und dann zur „Bestmöglichen Nutzung des Potenzials<br />
der Jugendpolitik im H<strong>in</strong>blick auf die Ziele der<br />
Strategie ‚<strong>Europa</strong> 2020‘“.<br />
Beide Schlussfolgerungen s<strong>in</strong>d an dem übergeordneten<br />
Ziel e<strong>in</strong>er besseren sozialen Inklusion aller<br />
jungen Menschen aus der EU-Jugendstrategie ausgerichtet.<br />
Junge Menschen spüren die Auswirkungen<br />
der Wirtschaftskrise gegenwärtig besonders<br />
stark. Deshalb solle auch die Jugendarbeit mit ihrer<br />
spezifischen Rolle politische Maßnahmen für<br />
e<strong>in</strong>en größeren sozialen Zusammenhalt ergänzen.<br />
Jugendarbeit müsse darauf bedacht se<strong>in</strong>, sich ihrer<br />
Qualität ständig zu vergewissern und das Optimum<br />
zu bieten. Dafür soll sie „qualitäts-konzentriert“,<br />
„evidenz-<strong>in</strong>formiert“ und „outcome-orientiert“ se<strong>in</strong>.<br />
Gefordert wird e<strong>in</strong>e klar def<strong>in</strong>ierte Platzierung von<br />
Jugendarbeit im Kontext von Bildung und lebenslangem<br />
Lernen, die ihren komplementären Charakter<br />
herausstelle. Solch e<strong>in</strong> Qualitätsansatz für<br />
die Jugendarbeit könne auch dazu beitragen, die<br />
Zugänglichkeit, Sichtbarkeit, Wirksamkeit und Effektivität,<br />
kurz den Stellenwert von Jugendpolitik,<br />
zu erhöhen. Umgekehrt solle Jugendpolitik für die<br />
Entwicklung der Qualität von Jugendarbeit sorgen.<br />
Dafür wird vorgeschlagen, Qualitätsrahmen sowie<br />
Systeme für die Selbst- und Fremdevaluation e<strong>in</strong>zurichten.<br />
Dies alles sowie e<strong>in</strong>e engere Zusammenarbeit<br />
und der Wissensaustausch zwischen Politik,<br />
Forschung und Praxis sollten zu e<strong>in</strong>er kohärenteren<br />
Ausrichtung der Jugendpolitik und e<strong>in</strong>er besseren<br />
Praxis führen. Qualitätssicherungs<strong>in</strong>itiativen s<strong>in</strong>d<br />
der deutschen Jugendarbeit nicht fremd, zugleich<br />
kann man sich fragen, woh<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e europaweite Qualitäts<strong>in</strong>itiative<br />
angesichts völlig unterschiedlicher<br />
Systeme und Tradition führen soll. Klar wird jedoch:<br />
Die Erwartungen an Jugendarbeit im H<strong>in</strong>blick auf<br />
Wirkungsnachweise werden deutlicher und diese<br />
werden sich auch <strong>in</strong> den Förderbed<strong>in</strong>gungen der<br />
kommenden EU-Programmen niederschlagen.<br />
Die Schlussfolgerungen im H<strong>in</strong>blick auf den Beitrag<br />
der Jugendpolitik zu der <strong>Europa</strong>-2020-Strategie<br />
verstärken die Erwartungen: Sie zielen neben der<br />
Anerkennung der Selbständigkeit auf die komplementäre<br />
Rolle zu benachbarten Politikbereichen.<br />
E<strong>in</strong>e Politik, die junge Menschen mit Fertigkeiten<br />
und Kompetenzen ausstattet, die sie benötigen, um<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er wissensbasierten Wirtschaft und Gesellschaft<br />
ihren Part e<strong>in</strong>zunehmen, sei vor allem Jugendpolitik,<br />
heißt es dort. Die besondere Expertise<br />
EKD-<strong>Europa</strong>-<strong>Informationen</strong> Nr. 143<br />
27
des Jugendsektors – die u.a. dar<strong>in</strong> bestehe, benachteiligte<br />
junge Menschen e<strong>in</strong>zubeziehen und zu befähigen<br />
– verlange nach e<strong>in</strong>er Vernetzung von Politikmaßnahmen<br />
im Bereich Beschäftigung, Bildung<br />
und Ausbildung. Auf der anderen Seite müsse die<br />
„Jugendperspektive“ <strong>in</strong> alle relevanten Politikfelder<br />
e<strong>in</strong>geführt werden. Konsequent fordert der Rat<br />
auch e<strong>in</strong>e prom<strong>in</strong>entere Rolle der Jugendpolitik bei<br />
der Umsetzung des „Europäischen Semesters“ (das<br />
Europäische Semester beschreibt e<strong>in</strong>en jährlichen<br />
Zyklus für die Koord<strong>in</strong>ierung der Wirtschaftspolitik.).<br />
Darüber h<strong>in</strong>aus werden Maßnahmen vorgeschlagen,<br />
die die sektorübergreifende und <strong>in</strong>ter<strong>in</strong>stitutionelle<br />
Zusammenarbeit verbessern und junge<br />
Menschen an der Formulierung politischer Ziele<br />
und Maßnahmen beteiligen.<br />
Die Förderung der Mobilität zu Lernzwecken im<br />
Rahmen des neuen EU-Förderprogramms für Bildung,<br />
Jugend und Sport, speziell im Jugendkapitel,<br />
sowie e<strong>in</strong>e Schwerpunktsetzung der EU-Förderprogramme<br />
auf die Förderung der für das 21. Jahrhundert<br />
notwendigen Fertigkeiten und Kompetenzen<br />
junger Menschen ist e<strong>in</strong>e weitere Forderung<br />
der EU-Jugendm<strong>in</strong>ister. Die EU- Mitgliedsstaaten<br />
sollen darüber h<strong>in</strong>aus im Rahmen der Umsetzung<br />
der EU-Jugendstrategie sowie mit ihren jugendpolitischen<br />
Maßnahmen die Ziele der <strong>Europa</strong>-2020-<br />
Strategie verfolgen und ergänzen und enger mit der<br />
Bildungs- und Beschäftigungspolitik verknüpfen.<br />
Weitere Empfehlungen s<strong>in</strong>d die E<strong>in</strong>beziehung der<br />
für Jugend zuständigen M<strong>in</strong>isterien <strong>in</strong> die nationale<br />
Politik zur Umsetzung der <strong>Europa</strong>-2020-Strategie<br />
wie auch die Prüfung jugendpolitischer Maßnahmen<br />
im H<strong>in</strong>blick auf deren Beitrag zu Bildungsund<br />
Beschäftigungschancen junger Menschen.<br />
Schließlich fordern die M<strong>in</strong>ister auch, dass die Kommission<br />
Maßnahmen vorsehen solle, um e<strong>in</strong>e eigenständige<br />
jugendpolitische Dimension <strong>in</strong> die Umsetzung<br />
der <strong>Europa</strong>-2020-Strategie e<strong>in</strong>zubr<strong>in</strong>gen.<br />
Um den jugendpolitischen E<strong>in</strong>fluss im Europäischen<br />
Semester zu sichern, ist geplant, e<strong>in</strong>en mittelfristigen<br />
Arbeitsplan für die Ratsarbeitsgruppe Jugend<br />
aufzustellen, mit dem alle Themen und Trends erfasst<br />
werden sollen, bei denen e<strong>in</strong>e Koord<strong>in</strong>ation<br />
und Zusammenarbeit im Bereich der Bildung-, Ausbildungs-<br />
und Beschäftigungspolitik angebracht ist.<br />
(Doris Kl<strong>in</strong>genhagen)<br />
Die Ratsschlussfolgerungen f<strong>in</strong>den Sie hier:<br />
www.consilium.europa.eu<br />
www.consilium.europa.eu<br />
EU-Bildungsm<strong>in</strong>ister: Zugänge zur<br />
Hochschulbildung verbessern<br />
Im Bildungsm<strong>in</strong>ister-Rat wurden am 16./17. Mai<br />
2013 „Schlussfolgerungen über die soziale Dimension<br />
von Hochschulbildung“ verabschiedet. Diese stehen<br />
im Kontext des <strong>in</strong> der <strong>Europa</strong>-2020-Strategie<br />
formulierten Ziels, den Anteil der 30- bis 34-Jährigen<br />
mit e<strong>in</strong>em Hochschulabschluss auf 40 Prozent<br />
e<strong>in</strong>es Jahrgangs zu erhöhen. Die Mitgliedstaaten<br />
stimmten dar<strong>in</strong> übere<strong>in</strong>, dass die aktuellen Herausforderungen<br />
<strong>Europa</strong>s zwar nicht alle<strong>in</strong> durch die<br />
Verbesserung der Bildungs- und Ausbildungssysteme<br />
gelöst werden können, dass diese aber e<strong>in</strong>en entscheidenden<br />
Beitrag zur Befähigung der Menschen<br />
für die Anforderungen des heutigen europäischen<br />
Arbeitsmarktes leisten. Deshalb müssten noch mehr<br />
Anstrengungen unternommen werden, um gleichberechtigte<br />
Zugänge zur Hochschulbildung für alle<br />
zu schaffen. Die Zahl von Menschen, die aus sozialen,<br />
kulturellen oder wirtschaftlichen Gründen oder<br />
wegen mangelnder Unterstützung und fehlender<br />
Information ke<strong>in</strong>en Zugang zur Hochschule haben<br />
oder diese vorzeitig verlassen, sei noch deutlich zu<br />
hoch. Benötigt werden unter anderem e<strong>in</strong>e stärkere<br />
Unterstützung der Studierenden und Absolventen<br />
<strong>in</strong> ihrer persönlichen und beruflichen Entwicklung<br />
sowie die Förderung von Solidarität untere<strong>in</strong>ander.<br />
Um hier Fortschritte zu machen, schlagen die Mitgliedsstaaten<br />
den Austausch guter Praxis vor, e<strong>in</strong>e<br />
vergleichbare wissensbasierte Politikanalyse dieses<br />
Feldes und die Bereitstellung weiterer f<strong>in</strong>anzieller<br />
Mittel für nachhaltige Unterstützungssysteme, die<br />
die Bereitschaft der Mobilität unterrepräsentierter<br />
und benachteiligter Studierendengruppen erhöhen.<br />
Die Mitgliedstaaten sehen darüber die Möglichkeit,<br />
die Zusammenarbeit aller Bildungsakteure – auch<br />
<strong>in</strong> der <strong>in</strong>formellen und non-formalen Bildung – zu<br />
fördern, um Personengruppen zu erreichen, die<br />
bisher an der Hochschule unterrepräsentiert s<strong>in</strong>d.<br />
Aus diesen Gruppen sollten auch <strong>in</strong> größerer Zahl<br />
Personen für die Lehre gewonnen werden. Weiter<br />
sollten alle Mitgliedstaaten Strategien für e<strong>in</strong>e bessere<br />
Erreichbarkeit dieser Zielgruppe entwickeln<br />
und Angebote schaffen, die über die Hochschule<br />
h<strong>in</strong>ausreichen. Dazu gehören <strong>Informationen</strong> und<br />
Beratung über weitergehende Bildungsmöglichkeiten<br />
und arbeitsmarktbezogene Möglichkeiten.<br />
E<strong>in</strong>e Überprüfung der f<strong>in</strong>anziellen Fördersysteme<br />
halten sie ebenfalls für e<strong>in</strong>e geeignete Maßnahme.<br />
E<strong>in</strong>en weiteren Ansatzpunkt sehen die Mitgliedsstaaten<br />
dar<strong>in</strong>, die Durchlässigkeit zu Angeboten<br />
der Hochschulbildung zu verbessern. Dabei wird<br />
<strong>in</strong>sbesondere an ausbildungsbezogene Lernwege<br />
und Abschlüsse oder auch an non-formal erworbene<br />
Qualifikationen gedacht. E<strong>in</strong>e andere Möglichkeit<br />
wäre, Lernangebote zu flexibilisieren, z.B. durch<br />
die Möglichkeit e<strong>in</strong>es Teilzeitstudiums, die Anerkennung<br />
von Praktika oder praktischen Tätigkei-<br />
28 EKD-<strong>Europa</strong>-<strong>Informationen</strong> Nr. 143
ten, durch Modularisierung von Lern<strong>in</strong>halten und<br />
Angebote von E-Learn<strong>in</strong>g wie auch durch den E<strong>in</strong>satz<br />
neuer Medien. Auch vergleichbare Daten und<br />
Erkenntnisse über H<strong>in</strong>dernisse des Zugangs, der<br />
Teilhabe oder Gründe e<strong>in</strong>es vorzeitigen Abbruchs<br />
bzw. der Beendigung e<strong>in</strong>es Studiums der bisher<br />
unterrepräsentierten und benachteiligten Gruppen<br />
könnten e<strong>in</strong>en Beitrag leisten.<br />
Die Schlussfolgerungen be<strong>in</strong>halten darüber h<strong>in</strong>aus<br />
folgende Möglichkeiten für die EU-Kommission, tätig<br />
zu werden: Die EU-Kommission sollte die Mitgliedsstaaten<br />
bei der Erstellung, Sammlung und<br />
Auswertung von vergleichbaren Daten zur sozialen<br />
Dimension der Hochschulen unterstützen. Die<br />
Mitgliedstaaten begrüßten die Initiative der Kommission,<br />
über die Auswirkungen von verschiedenen<br />
f<strong>in</strong>anziellen Fördersystemen auf die Effektivität,<br />
Wirtschaftlichkeit sowie über den gleichberechtigten<br />
Zugang zu Hochschulsystemen e<strong>in</strong>e Studie anzufertigen.<br />
Die Kommission sollte weiterh<strong>in</strong> Peer-<br />
Learn<strong>in</strong>g-Modelle entwickeln und die Verknüpfung<br />
von Maßnahmen und Initiativen mit dem Bologna-<br />
Prozess zur Realisierung der sozialen Dimension<br />
<strong>in</strong> der Hochschulbildung herstellen – wie auch<br />
für e<strong>in</strong>en optimalen E<strong>in</strong>satz der Fördermittel aus<br />
dem neuen EU-Programm für Bildung, Jugend und<br />
Sport sorgen. Darüber h<strong>in</strong>aus sollte sie f<strong>in</strong>anzielle<br />
Mittel aus der Jugendbeschäftigungs<strong>in</strong>itiative der<br />
EU für Arbeitslose unter 25 Jahren ebenso für die<br />
Förderung e<strong>in</strong>es Hochschulzugangs e<strong>in</strong>setzen.<br />
(Doris Kl<strong>in</strong>genhagen)<br />
Den L<strong>in</strong>k zu den Schlussfolgerungen f<strong>in</strong>den Sie hier:<br />
www.consilium.europa.eu<br />
Bildungsrelevante Förderung für K<strong>in</strong>der<br />
mit Migrationsh<strong>in</strong>tergrund -Kommission<br />
legt Studie vor<br />
(Gisela de Vries, Referent<strong>in</strong>)<br />
Am 11. April 2013 stellte die Europäische Kommission<br />
e<strong>in</strong>e Studie zum Thema „Bildungsrelevante<br />
Unterstützung für neu zugewanderte Schüler mit<br />
Migrationsh<strong>in</strong>tergrund“ vor. Diese wurde vom „Public<br />
Policy and Management Institute“ aus Litauen<br />
erstellt. In der Studie wurde die Situation <strong>in</strong> den<br />
15 Mitgliedstaaten der EU untersucht, die <strong>in</strong> den<br />
letzten Jahren bedeutende Zuwanderungsströme<br />
verzeichneten (Österreich, Flämische Geme<strong>in</strong>schaft<br />
<strong>in</strong> Belgien, Tschechische Republik, Zypern, Dänemark,<br />
Frankreich, <strong>Deutschland</strong>, Griechenland, Irland,<br />
Italien, Luxemburg, Niederlande, Norwegen,<br />
Schweden und Vere<strong>in</strong>igtes Königreich).<br />
H<strong>in</strong>tergrund der Studie ist die Strategie für Wachstum<br />
und Beschäftigung (<strong>Europa</strong>-2020-Strategie)<br />
der Europäischen Union. E<strong>in</strong>er ihrer Schwerpunkte<br />
betrifft den Bereich Bildung. Dabei haben die Mitgliedstaaten<br />
anspruchsvolle Ziele vere<strong>in</strong>bart, wie<br />
zum Beispiel, dass der Anteil der 15-Jährigen mit<br />
unzureichenden Fertigkeiten <strong>in</strong> Lesen, Mathematik<br />
und Naturwissenschaften bis 2020 auf unter 15<br />
Prozent und der Anteil der Schul- und Ausbildungsabbrecher<br />
auf unter 10 Prozent reduziert werden<br />
soll.<br />
Um diese Ziele zu erreichen, s<strong>in</strong>d große Anstrengungen<br />
zu unternehmen für alle Schüler<strong>in</strong>nen und<br />
Schüler. Migrantenk<strong>in</strong>der s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e wichtige Untergruppe,<br />
da ihre Zahl <strong>in</strong> den letzten Jahren deutlich<br />
angestiegen ist. So hatten, um nur e<strong>in</strong>ige Zahlen zu<br />
nennen, im Schuljahr 2009/2010 17,6 Prozent der<br />
<strong>in</strong> österreichischen Schulen angemeldeten Schüler<strong>in</strong>nen<br />
und Schüler e<strong>in</strong>e andere Muttersprache als<br />
Deutsch. In Griechenland ist der Prozentsatz an<br />
Schülern mit Migrationsh<strong>in</strong>tergrund von der Vorschule<br />
bis h<strong>in</strong> zur weiterführenden Schule zwischen<br />
den Schuljahren 2006/2007 und 2010/2011 von 7,3<br />
Prozent auf 12 Prozent angestiegen.<br />
In der Studie wurde festgestellt, dass die neu zugewanderten<br />
Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler mit Migrationsh<strong>in</strong>tergrund<br />
(NAMS) bis auf e<strong>in</strong>ige Ausnahmen<br />
im Schnitt auf allen Stufen ihres Bildungsweges<br />
schlechter abschneiden als e<strong>in</strong>heimische Schüler.<br />
Sie haben häufig e<strong>in</strong>en nur begrenzten Zugang zu<br />
hochwertiger Bildung, die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit, dass<br />
sie an vorschulischen Bildungsangeboten teilnehmen<br />
ist ger<strong>in</strong>ger, sie brechen häufiger vor Abschluss<br />
der Sekundarstufe die Schulbildung ab, erzielen im<br />
Schnitt schlechtere Noten und besuchen hauptsächlich<br />
Schulen mit e<strong>in</strong>er sozial benachteiligten Schülerschaft.<br />
Viele dieser Schwierigkeiten haben die<br />
NAMS mit K<strong>in</strong>dern aus E<strong>in</strong>wandererfamilien der<br />
zweiten oder dritten Generation geme<strong>in</strong>sam. Jedoch<br />
EKD-<strong>Europa</strong>-<strong>Informationen</strong> Nr. 143<br />
29
wurde festgestellt, dass ihre Ausgangsbed<strong>in</strong>gungen<br />
<strong>in</strong> vielerlei H<strong>in</strong>sicht schwieriger s<strong>in</strong>d.<br />
So brachen im Jahr 2010 25,9 Prozent der im Ausland<br />
geborenen Schüler ihre Schul- und Ausbildung<br />
ab, im Vergleich zu 13 Prozent der e<strong>in</strong>heimischen<br />
Schüler. Diese Ergebnisse werden von 17 PISA-<br />
Umfragen bestätigt, die ger<strong>in</strong>gere Leistung von<br />
Migranten der ersten Generation im Vergleich zu<br />
e<strong>in</strong>heimischen Schülern festgestellt haben.<br />
Dafür sehen die Durchführenden der Studie verschiedene<br />
Ursachen: 1) Durch frühe Leistungserfassung<br />
oder das Wohnsitzerfordernis als Bed<strong>in</strong>gung<br />
für die E<strong>in</strong>schulung ist die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />
höher, dass NAMS Schulen mit schlechterer Ausstattung<br />
besuchen als e<strong>in</strong>heimische Schüler. 2)<br />
Ebenso ist es notwendig, dass die K<strong>in</strong>der mit Migrationsh<strong>in</strong>tergrund<br />
<strong>in</strong> der Schule verbleiben und<br />
ihre Ausbildung abschließen. Schulabbrecher kommen<br />
häufig aus sozio-ökonomischen Schichten, aus<br />
benachteiligten und Risiko-Gruppen. E<strong>in</strong>wanderer<br />
s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> diesen Gruppen häufig überrepräsentiert.<br />
3) Schlechtere schulische Leistungen rühren aber<br />
auch oft daher, dass die Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler<br />
zu Hause e<strong>in</strong>e andere Sprache als die Unterrichtssprache<br />
sprechen.<br />
Insgesamt gilt, dass für das schlechte Abschneiden<br />
der NAMS der sozio-ökonomische H<strong>in</strong>tergrund, der<br />
Zeitpunkt der Ankunft im Land und die Kenntnisse<br />
der Sprache des Aufnahmelands den Zugang zu<br />
qualitativ hochwertiger Bildung, die schulischen<br />
Leistungen und das Erreichen von m<strong>in</strong>destens der<br />
Sekundarstufe II bee<strong>in</strong>flussen. Ebenfalls von Bedeutung<br />
für die Integration von NAMS wird der<br />
Grad der Zentralisierung des Bildungssystems und<br />
damit e<strong>in</strong>hergehend die Möglichkeit, zielgruppenspezifische<br />
Angebote machen zu können, angesehen.<br />
Geme<strong>in</strong>den. Ebenso wird <strong>in</strong>terkulturelles Lernen<br />
<strong>in</strong> die Bildung mite<strong>in</strong>bezogen. Ergänzt werden die<br />
schulischen Maßnahmen durch e<strong>in</strong> positives Umfeld<br />
der Schulen und verschiedene <strong>in</strong>terkulturelle<br />
Initiativen.<br />
Zum Schluss geben die Wissenschaftler Entscheidungsträgern<br />
und Akteuren drei Kernbotschaften<br />
auf den Weg:<br />
1. Für die Integration von NAMS ist e<strong>in</strong> <strong>in</strong>tegrierter<br />
Ansatz besonders vielversprechend. Dabei<br />
s<strong>in</strong>d die Gesamtstruktur des Bildungssystems<br />
und dessen Auswirkungen für die Integration<br />
von NAMS wichtiger als gezielte Maßnahmen<br />
für die Zielgruppe.<br />
2. Für e<strong>in</strong>e umfassende Integrationspolitik ist es<br />
nicht notwendig, NAMS als spezifische Zielgruppe<br />
für Bildung zu identifizieren. Stattdessen<br />
profitieren sie besonders von Systemen, die<br />
alle leistungsschwachen Schüler, nicht nur die<br />
Migranten, erfassen.<br />
3. Als letzten Punkt empfehlen die Wissenschaftler<br />
e<strong>in</strong> System, <strong>in</strong> dem Schulen und Kommunen<br />
e<strong>in</strong>en angemessenen Grad an Autonomie haben<br />
sollten, um den lokalen Bedürfnissen besser gerecht<br />
werden zu können. Gleichzeitig fordern<br />
sie die E<strong>in</strong>führung umfassender Evaluationsund<br />
Monitor<strong>in</strong>g-Systeme, um feststellen zu können,<br />
ob angebotenen Bildungsmaßnahmen die<br />
Migrantenk<strong>in</strong>der erreichen und ihren (Lern-)<br />
Bedürfnissen gerecht werden.<br />
Die gesamte Studie f<strong>in</strong>den Sie unter:<br />
http://ec.europa.eu/education/<br />
In ihrer Untersuchung der Systeme der 15 Staaten<br />
konnten die Forscher vier bildungsrelevante<br />
Fördermaßnahmen identifizieren, die die Integration<br />
von NAMS <strong>in</strong> die nationalen Bildungssysteme<br />
unterstützen sollen. Dazu zählen die sprachliche<br />
und schulische Unterstützung, die E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung und<br />
Kooperation mit den Eltern sowie <strong>in</strong>terkulturelle<br />
Bildung <strong>in</strong> den Schulen. Diese s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> unterschiedlichen<br />
Komb<strong>in</strong>ationen und Ausprägungen <strong>in</strong> fünf<br />
nationalen Fördermodellen umgesetzt.<br />
Dabei schnitt das umfassende Fördermodell, das <strong>in</strong><br />
Dänemark und Schweden angewendet wird, am besten<br />
ab. In diesem s<strong>in</strong>d alle vier Arten der Förderung<br />
gut ausgeprägt. Dabei wird e<strong>in</strong>e kont<strong>in</strong>uierliche<br />
Förderung zur Entwicklung von Sprachkenntnissen,<br />
Unterstützung von Lehrkräften und zur Hilfe<br />
bei dem Übertritt <strong>in</strong> höhere Bildungse<strong>in</strong>richtungen<br />
gewährleistet. Dezentralisierte Bildung und hohe<br />
Schulautonomie gehen e<strong>in</strong>her mit e<strong>in</strong>em starken<br />
Fokus auf Unterstützungsangebote für Eltern und<br />
30 EKD-<strong>Europa</strong>-<strong>Informationen</strong> Nr. 143
Religion & Gesellschaft<br />
Was glaubt <strong>Deutschland</strong> - Der Religionsmonitor<br />
2013<br />
Am 28. April 2013 veröffentlichte die Bertelsmann<br />
Stiftung den diesjährigen Religionsmonitor. Dafür<br />
wurden 14.000 Personen <strong>in</strong> 13 Ländern zu ihrer<br />
persönlichen Religiosität, ihren Werte<strong>in</strong>stellungen<br />
und dem Verhältnis von Religion, Politik und Gesellschaft<br />
befragt. Dabei kam man im H<strong>in</strong>blick auf<br />
<strong>Deutschland</strong> zu folgenden Ergebnissen.<br />
Grundsätzlich gibt es e<strong>in</strong>e Offenheit gegenüber<br />
anderen Religionen. Religiöse Vielfalt wird sowohl<br />
als bereichernd als auch als konfliktträchtig angesehen.<br />
Insbesondere herrschen <strong>in</strong> der Bevölkerung<br />
große Vorbehalte gegenüber dem Islam vor. So sehen<br />
60 Prozent der Befragten <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> religiöse<br />
Vielfalt als zunehmende Bereicherung an,<br />
64 Prozent h<strong>in</strong>gegen sehen dar<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Ursache von<br />
Konflikten. Hervorzuheben ist, dass höhere Bildung<br />
und e<strong>in</strong>e bessere wirtschaftliche Lage der Befragten<br />
die Offenheit gegenüber anderen Religionen erhöhen.<br />
Der Religionsmonitor macht deutlich, dass e<strong>in</strong>e<br />
klare Mehrheit der Christen, Muslime und Konfessionslosen<br />
<strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> die Demokratie und die<br />
Trennung von Religion und Politik schätzten. Auch<br />
<strong>in</strong> den anderen untersuchten Ländern wurde dies<br />
als hohes Gut anerkannt.<br />
Unterschiede <strong>in</strong>nerhalb <strong>Deutschland</strong>s und auch<br />
zwischen den Religionen zeigen sich <strong>in</strong> ethisch-moralischen<br />
Fragen. Es zeigt sich <strong>in</strong> Ostdeutschland<br />
und bei Konfessionslosen e<strong>in</strong>e liberalere Auffassung.<br />
So werden Sterbehilfe und die Möglichkeit<br />
homosexueller Eheschließungen von der Mehrheit<br />
der Christen und Konfessionslosen befürwortet. Dagegen<br />
lehnt die Mehrheit der Muslime die Ehe zwischen<br />
gleichgeschlechtlichen Partnern und die Sterbehilfe<br />
ab. Dem Thema Schwangerschaftsabbruch<br />
stehen Muslime und Katholiken, im Gegensatz zu<br />
Protestanten und Konfessionslosen, ablehnend gegenüber.<br />
In <strong>Europa</strong> hat die Religion laut der Studie e<strong>in</strong>e relativ<br />
niedrige Bedeutung. Unterschiede gibt es auch<br />
<strong>in</strong>nerhalb <strong>Deutschland</strong>s, so ist Ostdeutschland die<br />
säkularste Region des Religionsmonitors. Auch zwischen<br />
den Konfessionen wird die Bedeutung der<br />
Religion unterschiedlich bewertet. So spielt sie für<br />
Muslime e<strong>in</strong>e deutlich größere Rolle als für Christen,<br />
wobei Katholiken etwas religiöser s<strong>in</strong>d als<br />
Protestanten. Religiosität wird dabei im Religionsmonitor<br />
als multidimensionales Phänomen verstanden,<br />
bei dem Merkmale wie religiöse Praxis, Identität<br />
und Glauben betrachtet werden.<br />
Die Zahl derer, die religiös erzogen wurden, hat <strong>in</strong><br />
den letzten Jahrzenten kont<strong>in</strong>uierlich abgenommen.<br />
Jüngere Menschen f<strong>in</strong>den Religion weniger<br />
wichtig und s<strong>in</strong>d weniger religiös als Ältere.<br />
Für die Wertevermittlung spielen Religionsgeme<strong>in</strong>schaften<br />
nur e<strong>in</strong>e nachgeordnete Rolle. Bei der Befragung<br />
wurde angegeben, Werte am stärksten <strong>in</strong><br />
der Familie, im Freundeskreis und <strong>in</strong> der Schule<br />
erworben zu haben.<br />
Religion ist nur e<strong>in</strong> und nicht unbed<strong>in</strong>gt der wichtigste<br />
Faktor für zwischenmenschliches Vertrauen<br />
und ehrenamtliches Engagement. Jedoch haben religiösere<br />
Menschen e<strong>in</strong> höheres Vertrauen <strong>in</strong> andere<br />
Menschen und s<strong>in</strong>d mit größerer Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />
freiwillig engagiert. Dieser Zusammenhang gilt<br />
nicht für Muslime. Dies lässt sich dadurch erklären,<br />
dass sie den familiären Beziehungen den Vorrang<br />
vor zivilgesellschaftlichem Engagement geben.<br />
Den Vollständigen Bericht f<strong>in</strong>den sie hier:<br />
www.bertelsmann-stiftung.de<br />
(Joachim Clauß)<br />
Die Studie belegt, dass über die Generationen h<strong>in</strong>weg<br />
e<strong>in</strong> Wertewandel stattf<strong>in</strong>det. So s<strong>in</strong>d das Bedürfnis<br />
nach Sicherheit und der Wunsch, Traditionen<br />
fortzuführen, die von Familie oder Religion<br />
gelehrt worden s<strong>in</strong>d, eher bei Älteren ausgeprägt.<br />
Demgegenüber tritt bei Jüngeren der Hedonismus<br />
stärker hervor. Hilfsbereitschaft wird <strong>in</strong> allen Altersgruppen<br />
gleichgeschätzt und erhält <strong>in</strong>sgesamt<br />
die höchste Zustimmung. Zwischen den Religionen<br />
zeigen sich kaum Unterschiede, wobei die Hilfsbereitschaft<br />
bei Muslimen am stärksten wertgeschätzt<br />
wird.<br />
EKD-<strong>Europa</strong>-<strong>Informationen</strong> Nr. 143<br />
31
Kurze Meldungen<br />
EU/EMRK: Die EU und der <strong>Europa</strong>rat haben sich<br />
am 5. April 2013 auf e<strong>in</strong>en Entwurf zum Beitritt der<br />
EU zur Europäischen Menschenrechtskonvention<br />
(EMRK) gee<strong>in</strong>igt. Dieser Beitritt war im 2009 wirksam<br />
gewordenen Vertrag von Lissabon vorgesehen.<br />
Die Europäische Menschenrechtskonvention umfasst<br />
e<strong>in</strong>en Katalog von Grund- und Menschenrechten,<br />
deren Umsetzung vom Europäischen Gerichtshof<br />
für Menschenrechte (EGMR) überwacht wird.<br />
In der Europäischen Union gilt derzeit die Grundrechtecharta<br />
der EU und durch den Vertrag von<br />
Lissabon wurden auch die Grundrechte der EMRK<br />
als allgeme<strong>in</strong>e Grundsätze Teil des Unionsrechts.<br />
Mit e<strong>in</strong>em Beitritt der EU zur EMRK gibt es künftig<br />
e<strong>in</strong>e externe gerichtliche Kontrolle durch den<br />
EGMR, welcher ke<strong>in</strong> EU-Organ ist. Dies stärkt die<br />
Möglichkeiten der EU-Bürger die Menschenrechte<br />
e<strong>in</strong>zufordern, <strong>in</strong>dem bei der Verletzung von Grundrechten<br />
durch EU-Gesetze oder EU-Beamte gegen<br />
EU-Institutionen vor dem EGMR geklagt werden<br />
kann.<br />
Seit 2010 wurden mit den 47 Konventionsstaaten<br />
Verhandlungen geführt. Nun wird der vere<strong>in</strong>barte<br />
Vertragstext zum Beitritt durch den Europäischen<br />
Gerichtshof geprüft. Anschließend muss der Rat<br />
das Abkommen e<strong>in</strong>stimmig beschließen, das Europäische<br />
Parlament zustimmen und alle 47 Konventionsstaaten<br />
das Abkommen ratifizieren. Der Beitritt<br />
kann frühestens 2015 wirksam werden.<br />
JC<br />
<strong>Europa</strong>rat/Schutz von Religionsgeme<strong>in</strong>schaften:<br />
Am 24. April 2013 wurde von der Parlamentarischen<br />
Versammlung des <strong>Europa</strong>rates e<strong>in</strong>e Resolution<br />
über den Schutz von Religionsgeme<strong>in</strong>schaften<br />
vor Gewalt verabschiedet. Schon vor zwei Jahren,<br />
im Januar 2011, hatte die Versammlung e<strong>in</strong>e Empfehlung<br />
mit großer Mehrheit verabschiedet, um gegen<br />
die Gewalt gegen Christen im Mittleren Osten<br />
vorzugehen. Jedoch wurde dies vom M<strong>in</strong>isterkomitee<br />
des <strong>Europa</strong>rates ignoriert. Nach zwei Jahren<br />
läuteten die Parlamentarier nun erneut die Alarmglocken.<br />
Die Resolution ruft die Mitgliedstaaten des <strong>Europa</strong>rates<br />
auf, im politischen Dialog mit anderen Staaten<br />
die Situation der Religionsgeme<strong>in</strong>schaften zu<br />
berücksichtigen.<br />
Damit soll die E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung von Demokratieklauseln,<br />
welche auch die Religionsfreiheit abdecken, <strong>in</strong><br />
Verträge mit Drittstaaten erreicht werden.<br />
Außerdem appelliert die Parlamentarische Versammlung<br />
an die Europäische Union und fordert<br />
sie auf, die Beobachtung der Situation der Religionsgeme<strong>in</strong>schaften<br />
<strong>in</strong> ihren Beziehungen zu Drittstaaten<br />
zu verstärken.<br />
Die Resolution wurde aber auch von Mitgliedern<br />
der Parlamentarischen Versammlung kritisiert, da<br />
sie impliziere, dass religiöse Rechte wichtiger als<br />
die Grundrechte seien. Außerdem beklagte man,<br />
dass die Resolution nicht über Säkularismus und<br />
die Gewalt <strong>in</strong>nerhalb von Religionsgeme<strong>in</strong>schaften,<br />
wie zum Beispiel die Genitalverstümmelung oder<br />
Zwangsehen, spreche.<br />
Die vollständige Resolution f<strong>in</strong>den Sie hier:<br />
http://assembly.coe.<strong>in</strong>t<br />
JC<br />
EU/Unionsbürgerschaft: Am 8. Mai 2013 hat<br />
die EU-Kommission ihren zweiten Bericht über die<br />
Unionsbürgerschaft veröffentlicht. In diesem erklärt<br />
sie, an welchen Stellen sie seit ihrem letzten<br />
Bericht im Jahr 2010 tätig wurde, um H<strong>in</strong>dernisse<br />
abzubauen, die den Bürgern die Wahrnehmung ihrer<br />
Rechte erschweren. So sei z.B. die Inanspruchnahme<br />
grenzüberschreitender Gesundheitsleistungen<br />
erleichtert oder der Verwaltungsaufwand für<br />
die Anmeldung e<strong>in</strong>es Fahrzeugs <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em anderen<br />
EU-Land reduziert worden. Außerdem nennt sie,<br />
welche Maßnahmen sie <strong>in</strong> Zukunft für e<strong>in</strong>e bessere<br />
Wahrnehmung der Unionsbürgerrechte ergreifen<br />
möchte: EU-Bürgern soll es erleichtert werden, e<strong>in</strong>en<br />
Studien- oder Arbeitsplatz <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em anderen<br />
EU-Staat anzunehmen. Grenzüberschreitende<br />
Steuerangelegenheiten sollen genauso wie grenzüberschreitende<br />
E<strong>in</strong>käufe vere<strong>in</strong>facht werden.<br />
Schließlich sollen Bürger, die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em anderen<br />
EU-Staat als ihrem Heimatstaat leben, besser über<br />
ihr Wahlrecht bei Kommunal- und <strong>Europa</strong>wahlen<br />
<strong>in</strong>formiert werden.<br />
Näheres unter:<br />
http://europa.eu/rapid/<br />
MK<br />
EU/Fonds für Bedürftige: Das aktuelle EU-Nahrungsmittelprogramm<br />
für bedürftige Menschen<br />
wird durch e<strong>in</strong>en EU-Fonds für Bedürftige ersetzt<br />
(siehe EKD-<strong>Europa</strong>-<strong>Informationen</strong> Nr. 141).<br />
Am 12. Juni 2013 stimmte das Europäische Parlament<br />
der E<strong>in</strong>führung des Fonds zu, der besonders<br />
Obdachlosen und bedürftigen K<strong>in</strong>dern zugutekommen<br />
soll.<br />
Weitere <strong>Informationen</strong> unter:<br />
www.europarl.europa.eu<br />
CS<br />
32 EKD-<strong>Europa</strong>-<strong>Informationen</strong> Nr. 143
KOM/Horizont 2020: Am 25. Juni 2013 wurde<br />
im sog. Trilogverfahren e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>formelle E<strong>in</strong>igung<br />
über das neue Forschungsrahmenprogramm (FRP)<br />
„Horizont 2020“ erreicht. Es besteht aus der allgeme<strong>in</strong>en<br />
Verordnung zur E<strong>in</strong>richtung von „Horizont<br />
2020“, den Beteiligungsregeln, dem spezifischen<br />
Programm, der Verordnung über das „European Institute<br />
of Innovation and Technology“ (EIT) sowie<br />
der „Strategic Innovation Agenda“ des EIT. Der Ausschuss<br />
der Ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten<br />
(AStV) hat <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Sitzung am 17. Juli 2013 diese<br />
E<strong>in</strong>igung bestätigt. Die formelle Beschlussfassung<br />
wird für den Herbst erwartet.<br />
H<strong>in</strong>sichtlich des Bereichs „Wissenschaft und Gesellschaft“<br />
wird es <strong>in</strong> dem neuen FRP e<strong>in</strong>e separate<br />
Struktur mit eigenem Budget außerhalb der drei<br />
Prioritäten Wissenschaftsexzellenz, führende Rolle<br />
der Industrie und gesellschaftliche Herausforderungen<br />
geben. Der Name des Programms lautet<br />
„Wissenschaft mit und für die Gesellschaft“ („Science<br />
with and for society“). Zu den Zielen des Programms<br />
gehört es, wissenschaftliche und technologische<br />
Bestrebungen harmonisch <strong>in</strong> die Gesellschaft<br />
e<strong>in</strong>zubetten, die Attraktivität von wissenschaftlichen<br />
Karrieren (<strong>in</strong>sbesondere für junge Menschen)<br />
zu steigern und das bestehende Ungleichgewicht<br />
zwischen den Geschlechtern <strong>in</strong> der Wissenschaft zu<br />
adressieren, so die Nationale Kontaktstelle Wissenschaft<br />
<strong>in</strong> der Gesellschaft.<br />
Im Januar soll das Programm mit e<strong>in</strong>em Budget<br />
von ca. 70 Mrd. EUR für den Zeitraum 2014-2020<br />
starten.<br />
Den Vorschlag der Europäischen Kommission zu<br />
dem neuen FRP f<strong>in</strong>den Sie unter:<br />
www.forschungsrahmenprogramm.de<br />
KH<br />
OECD/Bildungsbericht: Der jährliche Bericht der<br />
Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit<br />
und Entwicklung (OECD) mit dem Titel „Bildung<br />
auf e<strong>in</strong>en Blick“, der am 25. Juni 2013 <strong>in</strong> Brüssel<br />
vorgestellt wurde, enthält wichtige H<strong>in</strong>weise zum<br />
Stand der Bildungssysteme <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>. Der Bericht,<br />
der 21 EU-Länder e<strong>in</strong>schließt, weist z.B. darauf<br />
h<strong>in</strong>, dass <strong>in</strong> den meisten EU-Ländern die Bildungsausgaben<br />
pro Schüler/Student s<strong>in</strong>ken oder im Jahr<br />
2011 15 Prozent der 15- bis 29-Jährigen weder e<strong>in</strong>en<br />
Arbeitsplatz haben noch e<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong>e oder<br />
berufliche Ausbildung absolvieren. Dieser Anteil<br />
liegt nur e<strong>in</strong> Prozent über dem OECD-Schnitt. Dagegen<br />
haben die EU-Länder e<strong>in</strong>en hohen Anteil von<br />
Schülern <strong>in</strong> Berufsschulprogrammen der Sekundarstufe<br />
II.<br />
Die Webseite mit dem vollständigen Bericht (engl.)<br />
f<strong>in</strong>den Sie hier:<br />
www.oecd-ilibrary.org/education/<br />
Kurzzusammenfassung (deutsch):<br />
www.oecd.org/berl<strong>in</strong>/<br />
DK<br />
KOM/GEAS: Nach langjährigen Verhandlungen<br />
(siehe EKD-<strong>Europa</strong>-<strong>Informationen</strong> Nr. 143) ist zwischen<br />
den EU-Institutionen E<strong>in</strong>igkeit über das „Geme<strong>in</strong>same<br />
Europäische Asylsystem“ (GEAS) erzielt<br />
worden. Die EURODAC-Verordnung KOM(2012)<br />
254, die Dubl<strong>in</strong>-III-Verordnung KOM(2008) 820, die<br />
Asylverfahrensrichtl<strong>in</strong>ie KOM(2011) 319 und die<br />
Asylaufnahmerichtl<strong>in</strong>ie KOM(2008) 815 wurden<br />
am 29. Juni 2013 im Amtsblatt der EU veröffentlicht.<br />
Die Dubl<strong>in</strong>-Verordnung wird voraussichtlich<br />
Anfang 2014 wirksam werden, die übrigen Vorschriften<br />
im zweiten Halbjahr 2013.<br />
Nachzulesen unter:<br />
http://eur-lex.europa.eu<br />
KH<br />
EU/Kroatien: Am 1. Juli 2013 ist Kroatien der Europäischen<br />
Union als 28. Mitgliedsstaat beigetreten.<br />
Auf der Beitrittsfeier <strong>in</strong> der kroatischen Hauptstadt<br />
Zagreb sprach EU-Kommissionpräsident José<br />
Manuel Barroso von e<strong>in</strong>er „historischen Nacht“ und<br />
betonte dabei, dass Kroatien hart gearbeitet habe<br />
und gut auf den Beitritt <strong>in</strong> die Europäische Union<br />
vorbereitet sei. Schon im Jahr 2003 hatte das auf<br />
dem westlichen Balkan gelegene kle<strong>in</strong>e Land mit<br />
4,4 Mio. E<strong>in</strong>wohnern se<strong>in</strong>en Antrag auf EU-Beitritt<br />
gestellt. Es wurden alle notwendigen Reformen<br />
durchgeführt, so dass im Dezember 2011 der<br />
Beitrittsvertrag unterzeichnet werden konnte und<br />
Kroatien erst den Status e<strong>in</strong>es aktiven Beobachters<br />
erhielt, bis es nun vollständig beitreten konnte.<br />
Doch trotz aller Euphorie äußerten sich auch kritische<br />
Stimmen. So sieht Bundeskanzler<strong>in</strong> Angela<br />
Merkel noch viel Reformbedarf und sagte: „Gerade<br />
im Bereich der Rechtssicherheit und der Korruptionsbekämpfung<br />
s<strong>in</strong>d noch viele weitere Schritte zu<br />
gehen.“<br />
JK<br />
EU/<strong>Europa</strong>wahlen: Die kommenden <strong>Europa</strong>wahlen<br />
werden vom 22. bis zum 25 Mai 2014 stattf<strong>in</strong>den.<br />
Alle fünf Jahre entscheiden die EU-Bürger<br />
über ihre Vertreter im Europäischen Parlament,<br />
das ihre Interessen im EU-Entscheidungsprozess<br />
vertritt. Das Parlament wird seit 1979 <strong>in</strong> allgeme<strong>in</strong>en<br />
unmittelbaren Wahlen gewählt.<br />
In e<strong>in</strong>er von Andrew Duff (ALDE/UK) e<strong>in</strong>gebrachten<br />
Entschließung hat das Europäische Parlament<br />
am 4. Juli 2013 dafür gestimmt, dass die Kandidaten<br />
für das Amt des Präsidenten der EU-Kommission<br />
ihr politisches Programm <strong>in</strong> allen EU-Ländern<br />
persönlich vorstellen und mehrere öffentliche Diskussionen<br />
veranstalten sollten. Die Namen der<br />
europäischen Parteien sollen neben denen der nationalen<br />
Parteien auf dem Stimmzettel stehen. Au-<br />
EKD-<strong>Europa</strong>-<strong>Informationen</strong> Nr. 143<br />
33
ßerdem sollten sich die nationalen Parteien im Vorh<strong>in</strong>e<strong>in</strong><br />
zu e<strong>in</strong>er europäischen Partei bekennen. Duff<br />
will mit diesen Veränderungen mehr Bürger<strong>in</strong>nen<br />
und Bürger dafür begeistern, wählen zu gehen. Ob<br />
diesen unverb<strong>in</strong>dlichen Empfehlungen Folge geleistet<br />
wird, bleibt abzuwarten.<br />
Die Entschließung f<strong>in</strong>den Sie unter:<br />
www.europarl.europa.eu<br />
KH<br />
EP/Datenschutz: Jan Philipp Albrecht (GRÜNE),<br />
Berichterstatter zur Datenschutz-Grundverordnung<br />
und Dimitrios Droutsas (S & D, GR), Berichterstatter<br />
zur Datenschutzrichtl<strong>in</strong>ie für Polizei und<br />
Justiz, haben am 9. Juli 2013 im federführenden<br />
Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und<br />
Inneres (LIBE) im Europäischen Parlament betont,<br />
dass die Arbeiten an dem Datenschutzpaket andauern.<br />
Fortschritte seien zu verzeichnen, aber aufgrund<br />
der Komplexität des Themas und der vielen<br />
Änderungsvorschläge stehe man auch weiterh<strong>in</strong> vor<br />
großen Herausforderungen. Sarah Ludford (ALDE/<br />
UK) fordert e<strong>in</strong>e funktionsfähige, für Bürger und<br />
Unternehmen vertrauenswürdige Gesetzgebung<br />
von höchster Klarheit und Qualität Mehrere Ausschussmitglieder<br />
warben für e<strong>in</strong>en zügigen und<br />
pragmatischen Abschluss der Debatten angesichts<br />
der Tatsache, dass sich die Legislaturperiode dem<br />
Ende zuneige. Die Abstimmung im LIBE-Ausschuss<br />
wird voraussichtlich zwischen Mitte September und<br />
Mitte Oktober 2013 stattf<strong>in</strong>den.<br />
KH<br />
34 EKD-<strong>Europa</strong>-<strong>Informationen</strong> Nr. 143
Veranstaltungen<br />
(Wera Kl<strong>in</strong>khardt)<br />
Am 16. April 2013 hielt Christoph Schnabel, Referent<br />
für EU-Förderpolitik/-projekte, beim Landesverband<br />
der Inneren Mission e.V. der Diakonie<br />
Bayern <strong>in</strong> Nürnberg e<strong>in</strong>en Vortrag zu europäischen<br />
Förderprogrammen und -projekten sowie zu den<br />
Dienstleistungen der Brüsseler Servicestelle EU-<br />
Förderpolitik/-projekte von EKD und Diakonie<br />
<strong>Deutschland</strong>.<br />
Am 22. April 2013 fand <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> e<strong>in</strong> Treffen des<br />
Rates der EKD unter der Leitung des Ratsvorsitzenden<br />
Dr. h.c. Nikolaus Schneider mit dem Präsidium<br />
der CDU <strong>Deutschland</strong>s unter der Leitung der<br />
Vorsitzenden, Bundeskanzler<strong>in</strong> Dr. Angela Merkel,<br />
statt. An dem Spitzengespräch zu Fragen der Ökumene,<br />
der <strong>Europa</strong>politik, Grundfragen der Ethik,<br />
zu aktuellen Entwicklungen im Sozialwesen <strong>in</strong><br />
<strong>Deutschland</strong> und zu Fragen der Familienförderung<br />
nahm u.a. auch Katr<strong>in</strong> Hatz<strong>in</strong>ger, die Leiter<strong>in</strong> des<br />
EKD-Büros Brüssel, teil.<br />
Am 25. April 2013 veranstaltete die Servicestelle<br />
EU-Förderpolitik/-projekte mit der Diakonie Sachsen<br />
<strong>in</strong> Radebeul e<strong>in</strong>e Tagung zum Thema „EU-<br />
Förderung aktuell und ab 2014“. Die Referenten<br />
der Förderstelle, Christoph Schnabel und Gisela<br />
de Vries, erläuterten Fördermöglichkeiten für 2013<br />
und die kommende Förderperiode ab 2014 und zeigten<br />
die beste Vorbereitung auf die veränderten Förderprogramme<br />
auf.<br />
Am 26. April 2013 referierte Katr<strong>in</strong> Hatz<strong>in</strong>ger <strong>in</strong><br />
München auf E<strong>in</strong>ladung der Arbeitsgruppe <strong>Europa</strong><br />
im Landeskirchenamt der Evangelisch-Lutherischen<br />
<strong>Kirche</strong> <strong>in</strong> Bayern zum Thema „Europäische<br />
Migrations- und Asylpolitik: Eckpunkte, Entwicklungen,<br />
Perspektiven“.<br />
Am 29. April 2013 waren Christoph Schnabel und<br />
Gisela de Vries beim <strong>Kirche</strong>nkreis Jülich e<strong>in</strong>geladen<br />
und sprachen dort über Möglichkeiten europäischer<br />
Förderprogramme.<br />
Der 33. Deutsche <strong>Evangelische</strong> <strong>Kirche</strong>ntag fand<br />
vom 1. bis 5. Mai 2013 <strong>in</strong> Hamburg statt. Katr<strong>in</strong><br />
Hatz<strong>in</strong>ger war als Mitglied der Projektleitung aktiv<br />
an der Durchführung und Konzeption der Podienreihe<br />
<strong>Europa</strong> beteiligt.<br />
Am 5. Mai 2013 sprach Christoph Schnabel im Rahmen<br />
des Jahresfestes des <strong>Evangelische</strong>n Diakonissenhauses<br />
Berl<strong>in</strong> Teltow Lehn<strong>in</strong> zur europäischen<br />
Dimension von <strong>Kirche</strong> und Diakonie.<br />
Am 6. und 7. Mai 2013 fand <strong>in</strong> Ma<strong>in</strong>z das Treffen<br />
der evangelischen Beauftragten bei den Landesregierungen<br />
statt. Frau Hatz<strong>in</strong>ger berichtete aus der<br />
Arbeit der Dienststelle. Neben dem Austausch über<br />
aktuelle Entwicklungen <strong>in</strong> der Landespolitik standen<br />
Gespräche im rhe<strong>in</strong>land-pfälzischen Landtag,<br />
beim ZDF und mit M<strong>in</strong>isterpräsident<strong>in</strong> Malu Dreyer<br />
auf dem Programm.<br />
Beim „<strong>Evangelische</strong>n Frühstück“ am 14. Mai 2013<br />
sprachen die Mitarbeiter des EKD-Büros Brüssel<br />
mit Abgeordneten des Europäischen Parlaments<br />
über die E<strong>in</strong>igung auf das Geme<strong>in</strong>same Europäische<br />
Asylsystem (GEAS) und die Flüchtl<strong>in</strong>gsproblematik<br />
<strong>in</strong> <strong>Europa</strong>.<br />
Am 30. Mai 2013 fand auf E<strong>in</strong>ladung von Kommissionspräsident<br />
Barroso das 9. Treffen europäischer<br />
Religionsführer („Religious Leaders‘ Meet<strong>in</strong>g“)<br />
statt. Der Vorsitzende des Rates der EKD, Nikolaus<br />
Schneider, nahm <strong>in</strong> Begleitung von Katr<strong>in</strong> Hatz<strong>in</strong>ger<br />
an dem Gespräch teil, das das diesjährige<br />
„Europäische Jahr der Bürger<strong>in</strong>nen und Bürger“<br />
thematisierte, und rief die Staats- und Regierungschefs<br />
der Europäischen Union dazu auf, die soziale<br />
Dimension <strong>Europa</strong>s durch konkrete Maßnahmen zu<br />
untermauern (siehe voranstehen-der Artikel).<br />
Vom 2. bis 4. Juni 2013 führte Doris Kl<strong>in</strong>genhagen,<br />
Referent<strong>in</strong> der Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft der <strong>Evangelische</strong>n<br />
Jugend (aej), mit 16 jungen Ehrenamtlichen<br />
aus der aej die Politik-Konkret-Tage <strong>in</strong> Brüssel<br />
durch. Die Ehrenamtlichen trafen Akteure <strong>in</strong> den<br />
Brüsseler Institutionen und führten Gespräche über<br />
das neue Dialog<strong>in</strong>strument der EU-Jugendstrategie,<br />
den Strukturierten Dialog mit der Jugend.<br />
Am 4. Juni 2013 nahm Katr<strong>in</strong> Hatz<strong>in</strong>ger auf E<strong>in</strong>ladung<br />
der Akademie Tutz<strong>in</strong>g an der der Tagung<br />
„Wissenschaftliche Politikberatung ohne Rat“ teil.<br />
Im Mittelpunkt stand die Frage nach dem Ort der<br />
Ethik zwischen Wissenschaft und politischer Entscheidung.<br />
Die Tagung war e<strong>in</strong>e Kooperationsveranstaltung<br />
des Instituts TTN mit der Forschungsstätte<br />
der <strong>Evangelische</strong>n Studiengeme<strong>in</strong>schaft FEST <strong>in</strong><br />
Heidelberg und der <strong>Evangelische</strong>n Akademie Tutz<strong>in</strong>g.<br />
Sie diskutierte geme<strong>in</strong>sam mit Prof. Dr. Peter<br />
Dabrock und Prof. Dr. Andreas Busch über „Rollen<br />
des Protestantismus bei der wissenschaftlichen Politikberatung“.<br />
Den Tagungsbericht f<strong>in</strong>den Sie unter:<br />
www.ttn-<strong>in</strong>stitut.de<br />
EKD-<strong>Europa</strong>-<strong>Informationen</strong> Nr. 143<br />
35
Vor e<strong>in</strong>er Besuchergruppe des Pfarrkonvents Erlangen<br />
stellte Christoph Schnabel am 4. Juni 2013<br />
die Aufgaben und Arbeit des EKD-Büros Brüssel<br />
vor.<br />
Vom 5. bis 7. Juni 2013 referierte Gisela de Vries<br />
vor der Arbeitsgruppe Bildung der Konferenz Europäi-scher<br />
<strong>Kirche</strong>n (KEK) über die Förderprogramme<br />
der Europäischen Union.<br />
Die alljährliche Fahrt des Bevollmächtigen des Rates<br />
der EKD mit Abgeordneten des Deutschen Bundestages<br />
und des Europäischen Parlaments führte<br />
auch Katr<strong>in</strong> Hatz<strong>in</strong>ger am 7. und 8. Juni 2013 auf<br />
die Spuren Mart<strong>in</strong> Luthers nach Eisleben und Erfurt.<br />
Am 11. Juni 2013 erläuterte Doris Kl<strong>in</strong>genhagen<br />
vor dem Kreis der EU-Referenten der AWO <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong><br />
den aktuellen Stand der Programmverhandlungen<br />
zum neuen EU-Programm für Bildung, Jugend<br />
und Sport.<br />
Am 17. und 18. Juni 2013 tagte der Vorstand der aej<br />
<strong>in</strong> Brüssel. Katr<strong>in</strong> Hatz<strong>in</strong>ger und Doris Kl<strong>in</strong>genhagen<br />
berichteten über die Kooperation <strong>in</strong> Brüssel. Im<br />
Anschluss fand e<strong>in</strong> Austausch mit den Vorstandsmitgliedern<br />
über aktuelle Fragen aus der Arbeit des<br />
EKD-Büros statt.<br />
Vom 1. bis zum 3. Juli 2013 nahm Katr<strong>in</strong> Hatz<strong>in</strong>ger<br />
als e<strong>in</strong>e der beiden deutschen Vertrete-r<strong>in</strong>nen<br />
von Nichtregierungsorganisationen an den „Annual<br />
tripartite Consultations on Resettlement“ des UN-<br />
HCR <strong>in</strong> Genf teil (siehe Artikel)<br />
Auf e<strong>in</strong>er geme<strong>in</strong>samen Veranstaltung des Auswärtigen<br />
Amts und des EKD-Büros Brüssel referierten<br />
am 9. Juli 2013 Dr. Margot Käßmann und<br />
Cornelia Pieper, Staatsm<strong>in</strong>ister<strong>in</strong> im Auswärtigen<br />
Amt, zum Thema „Die Reformation: Aufbruch <strong>in</strong> die<br />
Toleranz?“ (siehe voranstehender Artikel).<br />
Am 11. Juli 2013 sprachen die Mitarbeiter des EKD-<br />
Büros Brüssel bei e<strong>in</strong>em „<strong>Evangelische</strong>n Frühstück“<br />
mit den Assistenten und Büroleitern der Abgeordneten<br />
des Europäischen Parlaments <strong>in</strong> Anlehnung an<br />
die Aktion „Mach mal Sonntag“ des ökumenischen<br />
Vere<strong>in</strong>s Andere Zeiten über das Thema „Mach mal<br />
Pause! - Bewusst Freiräume schaffen“.<br />
Katr<strong>in</strong> Hatz<strong>in</strong>ger nahm am 17. Juli 2013 am „British<br />
German Forum“ zur Zukunft <strong>Europa</strong>s im 21.<br />
Jahrhundert <strong>in</strong> britischen Wilton Park, West Sussex<br />
teil. Hier war sie Referent<strong>in</strong> <strong>in</strong> der Arbeitse<strong>in</strong>heit<br />
„European Identity - What does it <strong>in</strong>volve?“.<br />
Am 18. Juni 2013 veranstaltete das EKD-Büro<br />
Brüssel e<strong>in</strong>e Podiumsdiskussion mit Vertretern aus<br />
Politik, Wirtschaft, Militär und <strong>Kirche</strong> über <strong>Europa</strong>s<br />
Rüstungsexporte im Spannungsfeld von Wirtschafts-<br />
und Außenpolitik, bei der das diesjährige<br />
Friedensgutachten, vorgestellt wurde. Es wird geme<strong>in</strong>sam<br />
von vier großen deutschen Instituten für<br />
Friedens- und Konfliktforschung herausgegeben<br />
(siehe vorangehender Artikel).<br />
Katr<strong>in</strong> Hatz<strong>in</strong>ger war am 19. Juni 2013 bei der Super<strong>in</strong>tendantentagung<br />
der <strong>Evangelische</strong>n <strong>Kirche</strong><br />
im Rhe<strong>in</strong>land zu Gast, um über das Thema „Europäische<br />
Fördermittel – Chancen und Mög-lichkeiten<br />
für die <strong>Evangelische</strong> <strong>Kirche</strong> im Rhe<strong>in</strong>-land“ zu<br />
sprechen.<br />
Am 29. Juni 2013 führte Doris Kl<strong>in</strong>genhagen auf<br />
E<strong>in</strong>ladung des YMCA Europe <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> mit 35<br />
Jugendlichen aus 12 europäischen Ländern zwei<br />
Workshops zu den Themen „Meilenste<strong>in</strong>e europäischer<br />
Jugendpolitik“ und „Europäische Jugendpolitik<br />
konkret – von JUGEND IN AKTION zu Erasmus+“<br />
durch.<br />
In eigener Sache:<br />
Willkommen und Abschied<br />
Christoph Schnabel, bislang Referent für EU-<br />
Förderpolitik/-projekte im EKD-Büro Brüssel, wird<br />
sich ab dem 1. September 2013 beim Baden-Württembergischen<br />
Genossenschaftsverband e.V. um<br />
(europa-) politische Fragen kümmern. Wir danken<br />
Herrn Schnabel für die außerordentlichen Leistungen,<br />
die er für das EKD-Büro erbracht hat, speziell<br />
beim Aufbau der Servicestelle EU-Förderpolitik/-<br />
projekte, und wünschen ihm und se<strong>in</strong>er Familie für<br />
die Zukunft alles Gute.<br />
Wir freuen uns, dass seit dem 1. August 2013 Frau<br />
Susanne Herkommer das Team des EKD-Büros als<br />
juristische Referent<strong>in</strong> verstärkt. Frau Herkommer<br />
war vorher als Referent<strong>in</strong> im Bundesm<strong>in</strong>isterium<br />
für Wirtschaft und Technologie <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> und Brüssel<br />
tätig.<br />
36 EKD-<strong>Europa</strong>-<strong>Informationen</strong> Nr. 143
Pr<strong>in</strong>t: ISSN 2034-7847<br />
Onl<strong>in</strong>e: ISSN 2034-7855<br />
Evangelisch. In <strong>Europa</strong>.