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Nationalidee und Nationaldenkmal in Deutschland im 19. Jahrhundert

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fre<strong>und</strong>liche oder fe<strong>in</strong>dselige Haltung den Juden gegenüber" geworden 122 • Versuche,<br />

die ältere, nicht rassisch best<strong>im</strong>mte Judenfe<strong>in</strong>dschaft als ,Antijudaismus'<br />

oder ,Ant<strong>im</strong>osaismus' vom modernen Antisemitismus abzusetzen, s<strong>in</strong>d praktisch<br />

erfolglos geblieben: <strong>im</strong> allgeme<strong>in</strong>en Sprachgebrauch hat sich der Begriff ,Antisemitismus'<br />

<strong>in</strong> se<strong>in</strong>em weitesten S<strong>in</strong>ne <strong>im</strong> wesentlichen durchgesetzt. Auch die<br />

Wissenschaft wird diesen Sprachgebrauch berücksichtigen müssen; für e<strong>in</strong> angemessenes<br />

historisches Verständnis des Phänomens ,Antisemitismus' kann sie jedoch<br />

auf den älteren, engeren Begriff nicht verzichten 123 •<br />

7. <strong>Nationalidee</strong> <strong>und</strong> <strong>Nationaldenkmal</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

<strong>19.</strong> Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

1.<br />

Die Beschäftigung mit den Symbolen, <strong>in</strong> denen e<strong>in</strong> politischer, religiöser,<br />

kultureller historischer Bewußtse<strong>in</strong>szustand anschaulich geworden ist, oder mit<br />

den Objektivationen solchen Bewußtse<strong>in</strong>s <strong>in</strong> der Kunst 1 ist für den Historiker<br />

älterer Zeiten seit langem. selbstverständlich geworden; für den Historiker, der<br />

sich mit der Neuzeit, spätestens mit der Zeit seit der Französischen Revolution<br />

befaßt, ist sie es bisher nicht gewesen; weil es nicht an schriftlichen Quellen<br />

mangelte, gab es ke<strong>in</strong>en Zwang, der zur Erschließung solcher neuen Quellengruppen<br />

führte; weil es <strong>im</strong> <strong>19.</strong> Jh. ke<strong>in</strong>en alle Lebensbereiche be;t<strong>im</strong>menden<br />

"Stil" gibt, m~g der Aussagewert von künstlerischen Symbolen zweifelhaft erschienen<br />

se<strong>in</strong>. Im folgenden wird der:Versuch gemacht, durch e<strong>in</strong>e Analyst der<br />

Nationaldenkmäler Aufschlüsse über die Struktur von Nationalbewegung'<strong>im</strong>d<br />

<strong>Nationalidee</strong> zu gew<strong>in</strong>nen 2 ; dabei werden freilich nicht nur die Denkmäler<br />

selbst, sondern die Fülle der Äußerungen der »Denkmalsbewegungen", zumal<br />

die Denkmalsfeste mit berücksichtigt. Diese Analyse e<strong>in</strong>er neuen Quellengrup·<br />

pe ersche<strong>in</strong>t deshalb auch <strong>im</strong> <strong>19.</strong> Jh. erfolgversprechend, w~i1 <strong>in</strong> den hier untersuchten<br />

Denkmälern <strong>und</strong> Denkmalsbewegungen zum e<strong>in</strong>en Äußerungen der<br />

Nationalbewegung vorliegen, an denen jeweils e<strong>in</strong>e Vielzahl unterschiedlicher<br />

Gruppen - Stifter, Geldgeber, Planer, Künstler, Juroren, Kritiker, Propagandisten,<br />

die "öffentlichkeit" <strong>und</strong> das" Volk" bei den Denkmalsfesten beteiligt<br />

ist, die den Gedanken des Denkmals hervorbr<strong>in</strong>gen, mitformen oder ihm<br />

Resonanz verleihen. Die vergleichende Geschichte der Denkmäler <strong>und</strong> ihrer<br />

verschiedenen Formen kann darum e<strong>in</strong> Beitrag zur Sozialgeschichte der nationalen<br />

Idee werden. Zum andern: weil die Denkmäler objektiv gewordene Äußerungen<br />

von Ideen s<strong>in</strong>d, Werke, die aus der Menge konkurrierender Vorschläge<br />

<strong>und</strong> e<strong>in</strong>er Vielzahl von Entscheidungen hervorgehen, <strong>und</strong> Produkte, die ihrem<br />

Wesen nach e<strong>in</strong>en besonderen Anspruch <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e besondere Art von öffentlichkeit<br />

<strong>und</strong> von Dauer besitzen. In der "Objektivität" der Denkmäler<br />

kommen zum al Momente zum Vorsche<strong>in</strong>, die <strong>in</strong> den literarischen Explikationen<br />

des nationalen Bewußtse<strong>in</strong>s nicht oder nur verstellt zu f<strong>in</strong>den s<strong>in</strong>d 3 •<br />

Zwei E<strong>in</strong>schränkungen s<strong>in</strong>d sogleich zu machen. Zum e<strong>in</strong>en: politische<br />

Denkmäler werden <strong>im</strong> wesentlichen von etablierten Kräften, vom Staat oder<br />

von »staatstragenden" Gruppen gebaut. Die Opposition baut, solange sie<br />

nichts als Opposition ist, ke<strong>in</strong>e Denkmäler. Zwar k~ die Opposition <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Geschichte des Denkmals b'erlicksichtig werden, <strong>in</strong>dem Entwürfe <strong>und</strong> Ideen,<br />

Kritik der etablierten Denkmäler <strong>und</strong> "Ersatz"-Bauten zur Geltung kommen,<br />

132<br />

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