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32 REPORT MEDIAPLANUNG I<br />

HORIZONT10/2013 7.März2013<br />

Von Guido Schneider<br />

Sekündlich taucht im Internet eine<br />

Flut neuer Videos auf und macht<br />

damit dem guten alten Fernsehen<br />

mächtig Konkurrenz. Die großen<br />

TV-Sendergruppen haben sich zwar<br />

längst darauf eingestellt. Sie bieten Mediatheken<br />

und verbreiten einen Teil ihres<br />

Programmangebots sogar live im Internet,<br />

um dem wachsenden Druck von Bewegtbildplattformen<br />

und Onlinevideos<br />

etwas entgegenzusetzen. Dennoch wird<br />

die Konkurrenz zwischen TV und Online<br />

immer härter: Seit es Smartphones und<br />

Tablets gibt, wächst die Zahl derer, die<br />

parallel zum Fernsehkonsum auch online<br />

sind.<br />

All das erklärt, weshalb es TV-Sender<br />

und Onliner bislang nicht geschafft haben,<br />

sich auf einen gemeinsamen Standard<br />

zur Messung von Online-Bewegtbild<br />

zu einigen. Dabei wäre eine Konvention,<br />

die die lineare und nicht lineare<br />

Nutzung von Bewegtbild erfasst, dringend<br />

notwendig. Werbekunden und<br />

Agenturen schalten immer mehr Werbung<br />

in Onlinevideos und fordern seit<br />

Jahren eine Leistungsmessung, die vergleichbare<br />

Ergebnisse zum linearen TV<br />

liefert. „Wir erwarten, dass der Markt sich<br />

endlich im Sinne aller Beteiligten auf einen<br />

einheitlichen Standard einigt“,<br />

mahnt Lothar Prison, Chief Digital Officer<br />

bei Vivaki, zur Eile.<br />

Die im Markt kursierenden Einzellösungen<br />

hält er für kontraproduktiv, denn<br />

Kunden und Agenturen setzen Bewegtbild<br />

längst ergänzend zu TV ein und wollen<br />

beide Ausspielwege direkt miteinander<br />

vergleichen können. „Durch Onlinevideos<br />

ist erstmals eine emotionale Ansprache<br />

von Konsumenten im Web möglich“, sagt<br />

Prison. „Diesen Mechanismus haben unsere<br />

Werbekunden längst aus dem TV gelernt.“<br />

Interessant ist Online-Bewegtbild<br />

auch aus einem anderen Grund: Oftmals<br />

schauen es Menschen, die sich vom linearen<br />

TV verabschiedet haben. Prison: „Das<br />

macht Instream-Werbung für unsere<br />

Kunden hoch attraktiv.“<br />

D<br />

ie Diskussion um eine Bewegtbildwährung<br />

fing eigentlich verheißungsvoll<br />

an. Im Jahr 2008<br />

taten sich die Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung<br />

(AGF) und die Arbeitsgemeinschaft<br />

Onlineforschung (Agof) zusammen,<br />

um eben jene Konvention zu<br />

entwickeln, die die Nachfrager wünsch(t)<br />

en. Schon im März 2009 trennten sich die<br />

Wege von AGF und Agof aber wieder, weil<br />

sie nicht auf einen gemeinsamen Nenner<br />

kamen. Kein Wunder: Da es für Onliner<br />

und TV-Sender in der Bilderschlacht um<br />

viel Werbegeld geht, will jeder den Standard<br />

definieren, der für ihn am besten ist.<br />

Für die Fernsehleute steht in erster Linie<br />

im Fokus, die Nutzung ihrer Inhalte über<br />

alle Ausspielwege zu messen. Das ist dem<br />

Online-Lager zu wenig. „TV-Inhalte über<br />

digitale Kanäle sind nur ein Teil dessen,<br />

was an Bewegtbildformaten im Netz existiert<br />

und möglich ist“, hebt Björn Kaspring,<br />

stellvertretender Vorstandsvorsitzender<br />

der Agof, hervor. Das Spektrum<br />

sei im Netz viel breiter, weshalb es sich<br />

nicht auf die verlängerte TV-Ausspielung<br />

reduzieren darf, so Kaspring.<br />

Und so müssen die Nachfrager zusehen,<br />

wie die Bewegtbildkontrahenten in<br />

verschiedene Richtungen marschieren.<br />

Die Agof arbeitet zurzeit an der Maßeinheit<br />

Zeit pro Page Impression und hat<br />

nach den Worten von Kaspring verschiedene<br />

Tests mit Mess- und Erfassungsmethoden<br />

von Bewegtbild-Formaten durchgeführt.<br />

Wie die konkret aussehen werden,<br />

verrät er nicht.<br />

Zuerst will sich die Agof mit ihren<br />

Marktpartnern einigen. Die Konkurrenz<br />

von der AGF hat ihr Messmodell im ver-<br />

TV und Online in<br />

parallelen Welten<br />

Seit Jahren arbeiten AGF und Agof getrennt an einer Konvention für Bewegtbild,<br />

doch Kunden und Agenturen drängen auf einen einheitlichen Standard<br />

gangenen Herbst vorgestellt. Es besteht<br />

aus einer Panel-Erhebung bei mindestens<br />

20000 berichtenden Personen. Ihnen<br />

wird ein Software-Meter im PC installiert,<br />

über das sich Daten zur Demographie,<br />

Nettoreichweite und Nutzungsdauer<br />

der Teilnehmer gewinnen lassen. Bewegtbildanbieter,<br />

die an diesem Verfahren<br />

teilnehmen wollen, müssen einen<br />

Mess-Code in ihren Mediaplayer einbauen.<br />

Demnächst wird die AGF mit der<br />

Messung von gestreamten TV-Inhalten<br />

auf PCs und Notebooks beginnen. „Im<br />

Lauf des Jahres werden erste Ergebnisse<br />

veröffentlicht, 2014 werden sie mit den<br />

gewohnten AGF-Daten fusionierbar<br />

sein“, kündigt AGF-Vorstand Martin<br />

Krapf an. Im kommenden Jahr sollen<br />

dann auch die Streams von Tablets,<br />

Smartphones und Smart-TVs berücksichtigt<br />

werden, sodass sich schließlich<br />

Gesamtnettoreichweiten und Nutzungsüberschneidungen<br />

für lineares und nicht<br />

lineares Fernsehen beziffern lassen.<br />

Wie die AGF betont, soll es sich bei<br />

ihrem Währungsansatz nicht um ein Modell<br />

handeln, dass auf TV zentriert ist.<br />

„Wir können und wollen künftig auch auf<br />

Verlagsseite Bewegtbildinhalte messen,<br />

genauso wie für jegliche anderen Anbieter<br />

von Bewegtbild-Content“, hebt Krapf<br />

hervor. „Absender und Ausspielweg sollen<br />

künftig keine Rolle für den Forschungsauftrag<br />

spielen, sondern nur der<br />

Bewegtbildinhalt.“<br />

Was wie die Lösung aller Probleme<br />

klingt, ist eher das Gegenteil. Indirekt<br />

räumt Krapf ein, dass die Ansätze von<br />

AGF und Agof nicht zusammenpassen.<br />

„Beide haben unterschiedliche Messgegenstände,<br />

es gibt keine Überschneidungen.<br />

Jeder muss seine Angebote über alle<br />

Plattformen messbar machen, und das ist<br />

überschneidungsfrei möglich.“ Kunden<br />

und Agenturen könnten also für ein und<br />

dasselbe Angebot zu unterschiedlichen<br />

Ergebnissen kommen – je nachdem, ob<br />

sie dem AGF- oder Agof-Ansatz folgen.<br />

A<br />

GF und Agof tauschen sich zwar<br />

darüber aus, wie die Arbeiten an<br />

der jeweiligen Bewegtbildmessung<br />

vorangehen. Und Agof-Vize Kaspering<br />

betont auch, dass die Onlineforscher<br />

einen gemeinsamen Marktstandard anstreben<br />

und eine Zusammenarbeit mit<br />

der AGF für empfehlenswert und notwendig<br />

halten.<br />

Im Grunde aber verharren beide Organisationen<br />

in ihrer Parallelwelt, was<br />

keinen von ihnen stärker macht. Das zeigt<br />

sich auch daran, dass es weder AGF noch<br />

Agof geschafft haben, globale Mitspieler<br />

wie Yahoo oder Googles Videoplattform<br />

Youtube in die Diskussion um eine nationale<br />

Konvergenzwährung einzubeziehen.<br />

Was durchaus wichtig wäre, weil sich<br />

auf deren Plattformen immer mehr Videonutzer<br />

tummeln. AGF-Vorstand<br />

Krapf zweifelt jedoch, ob die US-Giganten<br />

mitmachen wollen und fordert:<br />

„Währung sollte für alle gelten.“<br />

Doch der Internetkonzern Google<br />

kann sich angesichts der verfahrenen Lage<br />

elegant aus der Affäre ziehen: „Im Augenblick<br />

ist für uns nicht zu erkennen,<br />

dass irgendeine der Parteien an einer echten<br />

Bewegtbild-Konvention arbeitet“,<br />

kritisiert Google-Sprecher Klaas Flechsig.<br />

„Die Initiative der Fernsehsender beispielsweise<br />

wird aufgrund der gewählten<br />

Methode nur einen Teil der Bewegtbildinhalte<br />

und -werbung erfassen.“ Stattdessen<br />

bläst Flechsig zur Gegenoffensive:<br />

„Wir arbeiten bereits seit Jahren mit der<br />

GfK bei ihrem Media Efficiency Panel zusammen.<br />

Die Fernsehsender sind herzlich<br />

eingeladen, sich daran zu beteiligen.“<br />

Auch Google lebt also in seiner eigenen<br />

Welt, die nach eigenen Regeln funktioniert.<br />

So hat Youtube vor einiger Zeit<br />

das sogenannte True-View-Prinzip eingeführt:<br />

Nutzer können Pre-Roll-Werbung<br />

in Filmchen wegklicken, wenn sie ihnen<br />

nicht gefällt. Die Kunden zahlen nur für<br />

die tatsächlich aufgerufene Werbung, die<br />

Youtube in Form des Active GRP abrechnet.<br />

„True View bedeutet nicht weniger<br />

als die Revolution des Targeting, da Werbungtreibende<br />

damit ausschließlich die<br />

Nutzer ansprechen können, die auch<br />

wirklich Interesse am Werbevideo haben“,<br />

glaubt Flechsig. Das Prinzip soll<br />

Onlinewerbung effizienter und besser<br />

messbar machen, sagt er.<br />

T<br />

atsächlich aber wird die Suche<br />

nach einer Konvergenzwährung<br />

dadurch nur komplizierter. Geht<br />

es nach Vivaki-Manager Prison, dann<br />

muss diese neben der plattformübergreifenden<br />

Bewegtbilderfassung auch Informationen<br />

aus Targeting und Cookies einbeziehen.<br />

Doch genau daran hapert es.<br />

„Die neuen Generationen der TV-Geräte<br />

bieten zwar die Möglichkeit, Cookies zu<br />

setzen und mit der zunehmenden Verbreitung<br />

von Smart-TV hätte man bald<br />

auch genügend Reichweite, um entsprechende<br />

Planungen durchzuführen.“<br />

Trotzdem wäre damit wohl noch keine<br />

Aussteuerung von Bewegtbildinhalten<br />

über verschiedene Geräte hinweg möglich,<br />

glaubt Prison. Der Agenturmanager<br />

träumt vom sogenannten digitalen Fingeraufdruck.<br />

Soll heißen: Jeder Nutzer ist<br />

mit seinen Merkmalen für die Bewegtbildwerbung<br />

künftig identifizierbar und<br />

bekommt seinen individuellen Werbeblock<br />

zu sehen, der sich je nach Empfangsgerät<br />

sogar unterscheiden kann. Angenehmer<br />

Nebeneffekt: Das klassische<br />

Fernsehen könnte damit vollständig in<br />

den medienübergreifenden Kaufentscheidungsprozess<br />

von Marken integriert<br />

werden. Fernseh- und Onlineforscher<br />

dürften Prisons Wunschvorstellungen einiges<br />

Kopfzerbrechen bereiten. Wenn sie<br />

sie in die Tat umsetzen wollen, vergehen<br />

wohl noch ein paar Jahre, ehe die Bewegtbildkonvention<br />

Wirklichkeit wird.

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