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26 REPORT MEDIAPLANUNG I<br />

HORIZONT10/2013 7.März2013<br />

Von Elke Jacob<br />

Er ist Pionier der deutschen Auditszene<br />

und gehörte anfänglich einer<br />

seltenen Spezies im Mediageschäft<br />

an. Doch im Januar ist Joachim<br />

Lenz’ Unternehmen FLE in Ebiquity<br />

aufgegangen. Nach mehr als 30 Jahren im<br />

Mediazirkus mahnt Lenz im Abschiedsinterview<br />

die Branche, zu einem partnerschaftlichen<br />

Dialog zurückzukehren.<br />

Nach 20 Jahren ist Lenz Media Audit<br />

Geschichte. Haben Sie Ihr Lebenswerk<br />

mit gutem Gewissen verkauft?<br />

Mit sehr gutem Gewissen, denn für unsere<br />

großen Kunden, die wir zum Teil weltweit<br />

betreuen, war dieser Schritt absolut richtig.<br />

Im Markt raunt es bis heute, dass Gut<br />

mit Böse ins Bett gegangen ist.<br />

Und? Bin ich der Gute?<br />

FLE und insbesondere Ihre Person wurden<br />

im Markt immer als fair beschrieben.<br />

Selbst die Mediaagenturbosse hielten<br />

große Stücke auf Sie.<br />

Schön, aber jetzt im Ernst. FLE und Ebiquity<br />

sind sicher zwei komplementäre<br />

Angebote und bei Ebiquity fließen weniger<br />

strategische Elemente in das Auditing<br />

ein als bei uns. Doch alle Shareholder von<br />

FLE wollten die Firma in eine gute Zukunft<br />

führen, denn als kleiner Anbieter<br />

kann man sich zwar in seiner Nische einrichten,<br />

bleibt aber relativ kapitalschwach.<br />

Gemeinsam mit Ebiquity ändert<br />

sich das. Zudem ergänzen sich die<br />

Bürostandorte im Interesse eines global<br />

tragfähigen Angebots sehr gut.<br />

Im Gegensatz zu FLE gilt Ebiquity aber<br />

als der Konditionentreiber, der angeblich<br />

nur die Benchmarks im Blick hat.<br />

Es ist immer leicht, die Auditoren dafür<br />

verantwortlich zu machen. Das wird Ebiquity<br />

in dieser apodiktischen Form nicht<br />

gerecht. Rabatte sind eine Sache und die<br />

müssen in Ordnung sein, aber sie nutzen<br />

überhaupt nichts, wenn die Markenziele<br />

nicht verfolgt und erreicht werden. Daher<br />

haben wir immer darauf geachtet, wie der<br />

von Kunden und Agenturen verabschiedete<br />

Mediaplan implementiert wurde und was<br />

dabei rauskam. Wir wollen keine Pitches<br />

forcieren, sondern die Zusammenarbeit<br />

zwischen Kunde und Agentur verbessern,<br />

sofern die Leistung der Agentur gut ist.<br />

Im Laufe der vergangenen 30 Jahre wurde<br />

das Procurement in allen Unternehmen<br />

immer mächtiger. Media wurde zu<br />

einem Rohstoff degradiert und das hat<br />

das Klima sehr viel rauer gemacht. Ich<br />

frage mich schon seit langem, wann die<br />

Preisschraube endlich festsitzen wird<br />

und wann sich die Marktpartner wieder<br />

vernünftig an einen Tisch setzen werden.<br />

Nach wie vor werden aber viele Pitches<br />

nach der Höhe der Einkaufsrabatte<br />

entschieden. Ist bei den Konditionen<br />

noch immer so viel zu holen?<br />

Der Einkauf ist doch nur ein Vehikel, worüber<br />

sich Menschen mittels einer Zahl<br />

profilieren können. Dabei ist doch eines<br />

klar: Die größten Gewinne werden immer<br />

über die Strategie und nicht über den<br />

Einkauf erzielt.<br />

Haben Sie den Eindruck, dass diese Botschaft<br />

schon bei allen Werbungtreibenden<br />

angekommen ist?<br />

Ganz und gar nicht. Der wachsende Einfluss<br />

des Einkaufs verlegt den Fokus auf<br />

Einkaufsvorteile zulasten der Strategie.<br />

Zudem ist das Media-Know-how auf<br />

Kundenseite nicht mit den gewachsenen<br />

Anforderungen durch die Medien- und<br />

Datenflut gestiegen. Das schwächt die<br />

strategische Seite von Media weiter.<br />

Als Konsequenz des Kostendrucks soll<br />

die Beratungsqualität der Agenturen<br />

sinken. Teilen Sie diese Beobachtung?<br />

Das stimmt, wobei die Beratungsteams<br />

nicht unbedingt kleiner werden, sondern<br />

billiger, weil Jüngere die Jobs der erfahrenen<br />

Planer übernehmen. Der Profitdruck<br />

ist in den Agenturen extrem hoch und die<br />

Margen ebenso. Die Kennziffern müssen<br />

erfüllt werden und das hat dazu geführt,<br />

dass die Beratungsqualität im täglichen<br />

Geschäft stark nachlässt.<br />

Welchen Anteil haben die Kunden daran?<br />

Sie können nicht erwarten, dass durch immer<br />

mehr Einsparungen und immer höhere<br />

Profite qualitative Verbesserungen bei<br />

den Agenturen erreicht werden.<br />

Gibt es eine Lösung für dieses Dilemma?<br />

Momentan sehe ich da keine Lösung. In<br />

regelmäßigen Abständen kommt ja die<br />

Trennung des Einkaufs von der Beratung<br />

aufs Tapet. Das könnte eine Möglichkeit<br />

der Verbesserung sein. Für die Kunden<br />

wird das aber teurer, weil sie dann mehr<br />

für die Beratung und Planung bezahlen<br />

müssen. Wenn jedoch die Bereitschaft<br />

fehlt, für gute Arbeit gutes Geld zu bezahlen,<br />

dann bekommt man eben keine gute<br />

Leistung.<br />

Womit machen die Agenturen denn<br />

mehr Geld: mit der Beratung und Planung<br />

oder mit dem Einkauf?<br />

Mit dem Einkauf, denn hier haben die<br />

Agenturen zwei verschiedene Income-<br />

Quellen.<br />

Sie meinen die Kunden und die Medien?<br />

Richtig. Meiner Ansicht nach sind die<br />

Kunden allerdings in einer schlechteren<br />

Position, weil sie den Agenturen viel weniger<br />

bezahlen als die Medien. Anders<br />

kann ich mir die hohen Gewinnmargen<br />

der Agenturen nicht erklären.<br />

Sie sollen bei 40 bis 50 Prozent liegen.<br />

Sind die Margen der Mediaagenturen<br />

tatsächlich so hoch?<br />

Diese Zahlen kann ich nicht bestätigen,<br />

aber 30 Prozent dürften eine nicht zu gewagte<br />

Schätzung sein.<br />

„Media wurde<br />

zu einem Rohstoff<br />

degradiert“<br />

Finden Sie solch hohe Agenturgewinne<br />

ebenso verwerflich wie die Kunden?<br />

Über den Prozentsatz der Agenturgewinne<br />

kann man streiten. Im Vergleich mit<br />

der Industrie ist die Größenordnung<br />

schon recht hoch, aber auch große produzierende<br />

Konzerne kommen auf eine<br />

Rendite von 12 Prozent und mehr. Ich<br />

sehe daher nicht, dass für einen Dienstleister,<br />

der eine ganz andere Kostenstruktur<br />

hat, eine höhere Gewinnmarge per se<br />

verwerflich ist.<br />

Aus Kundensicht resultiert das Gros dieser<br />

Gewinne aus Volumenrabatten im<br />

Einkauf. Deshalb gehörten diese aber<br />

den Kunden und nicht den Agenturen.<br />

Wie beurteilen Sie das?<br />

Nach wie vor herrscht Angebot und<br />

Nachfrage. Doch seit dem Moment, als<br />

sich die Mediaagenturen als eine offensichtlich<br />

lukrativere eigenständige Wirtschaftsstufe<br />

definiert haben, wurde das<br />

Verhältnis zwischen Kunden und Agenturen<br />

gestört. Das zu heilen, bedeutet<br />

nicht, den einen oder anderen Gewinnprozentpunkt<br />

aufzugeben. Gewinn ist<br />

schließlich das, was ein Geschäft treibt<br />

und verbessert. Doch seit dem Moment,<br />

als die Agenturen ihren Dienstleistungsgedanken<br />

aufgeben haben, steht man gegeneinander.<br />

Seitdem muss der Kunde<br />

mehr für die Beratungsleistung kämpfen,<br />

die früher das selbstverständliche Herz in<br />

der Beziehung zur Agentur war.<br />

Für Herzattacken bei den Kunden hat<br />

auch das Tradinggeschäft der Agenturen<br />

gesorgt, die damit eine weitere Erlösquelle<br />

aufgetan haben.<br />

Der Audit-Pionier<br />

Als Joachim Lenz 1992 seine Hamburger Firma<br />

Lenz Media Audit gründete, gehörte er zunächst<br />

einer seltenen Spezies an. Doch der heute 61-<br />

jährige Mediakontrolleur konnte schnell Kunden<br />

wie Volkswagen von seinem Angebot überzeugen,<br />

das zusehends internationaler werden musste.<br />

Daher schloss sich Lenz 2002 mit zwei britischen<br />

Auditoren zusammen und es entstand die gemeinsame<br />

Company Fairbrother, Lenz, Eley (FLE). Für<br />

eine globale Expansion fehlte allerdings das Kapital,<br />

so dass sich die FLE-Inhaber Anfang 2012<br />

dazu entschlossen, ihre Firma an Ebiquity zu<br />

verkaufen. Seit diesem Jahr ist FLE Teil von Ebiquity<br />

und wurde als eigenständige Marke aufgegeben.<br />

Ist Ihnen das mit der Harmonie in den<br />

zwei Jahrzehnten denn immer gelungen?<br />

Nein, bei weitem nicht immer. Manchmal<br />

waren die Zerwürfnisse so groß, dass nur<br />

noch ein Pitch half. Doch als ich 1992 im<br />

Auditing angefangen habe, gab es diese<br />

Diskussion um Freispots und Agenturrabatte<br />

noch gar nicht.<br />

Unseres Wissens gab es damals schon<br />

Kickbacks von den Medien an die Mediaagenturen<br />

und das nicht zu knapp.<br />

Ich weiß seit Mitte der 1990er Jahre von<br />

Kickbacks, die es aber nur für sehr wenige<br />

Agenturen gab. Das war ein überschaubarer<br />

Kreis, der sich dadurch enorme Wettbewerbsvorteile<br />

verschafft hat.<br />

Können Sie Namen nennen oder haben<br />

Sie lebenslange Schweigepflicht?<br />

Ich weiß es nicht, aber im Zweifel entscheide<br />

ich mich fürs Schweigen.<br />

Wussten die Kunden von den Kickbacks?<br />

Nur die Kunden wussten damals Bescheid,<br />

die davon profitiert haben.<br />

Und die fanden das in Ordnung?<br />

Gegenfrage: Welcher Kaufmann verzichtet<br />

auf durch konsequente Verhandlungen erzielte<br />

Vorteile? Das ist nicht unmoralisch.<br />

Heute sind Kickbacks salonfähig – aber<br />

weiter in der Kritik. Wie ist das Klima<br />

zwischen Kunde und Agentur?<br />

Joachim Lenz: Der Gründer<br />

von Lenz Media Audit,<br />

über die Entwicklung der<br />

Auditszene und positive<br />

sowie negative Trends im<br />

Mediabusiness<br />

FOTO: FAIRBROTHER, LENZ, ELEY<br />

Was spricht gegen eine Resteverwertung?<br />

Wenn eine Agentur bereit ist, auf eigenes<br />

Risiko Geld für diese verderbliche Ware<br />

zu bezahlen, dann soll sie das machen.<br />

Ein Kunde kann doch sehen und überprüfen,<br />

ob sich das für ihn lohnt oder<br />

nicht. Die einzige Ausnahme ist<br />

der Online-Bereich, denn da wissen die<br />

Kunden bei diesem ganzen Tradingzeug<br />

überhaupt nicht mehr, auf welcher<br />

Internetseite ihre Banner stehen werden.<br />

Hinsichtlich der Compliance-Regeln ist<br />

das nicht ungefährlich für die Werbekunden.<br />

Inwiefern kann das gefährlich werden?<br />

Rotationen über ein Set von Sites können<br />

nicht wirklich kontrolliert werden.<br />

Was raten Sie für das Dreieck aus Kunden,<br />

Medien und Agenturen, das so sehr<br />

unter Spannung steht?<br />

Ich fürchte, in nächster Zeit wird sich das<br />

nicht ändern. Das Mediageschäft ist drauf<br />

und dran, sein partnerschaftliches Verhältnis<br />

zu verlieren. Aber auch ein gutwilliger<br />

Mediaentscheider in einem Unternehmen<br />

hat keine, aber auch gar keine<br />

Chance, eine nennenswert höhere Vergütung<br />

für die Agentur durchzusetzen.<br />

Also bleibt der Ton wohl rau und kann<br />

sich nur dann ändern, wenn die Beteiligten<br />

diesen Druck nicht mehr aushalten<br />

und wieder beginnen, miteinander zu<br />

reden.

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