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34 REPORT MEDIAPLANUNG I<br />

HORIZONT10/2013 7.März2013<br />

In der<br />

Warteschleife<br />

Die Entwicklung der Webradio-Konvention kommt kaum voran /<br />

Vermarkter Audimark hat eine eigene Reichweitenstudie entwickelt<br />

Rivalen<br />

Matthias Mroczkowski (Foto)<br />

will mit seinem Webradiovermarkter<br />

Audiomark an die<br />

Werbeetats des Hörfunks und<br />

hat seine Tausend-Kontakt-<br />

Preise (TKP) dem klassischen<br />

Radio angepasst. RMS-Chef<br />

Florian Ruckert hat sich<br />

dagegen zum Ziel gesetzt,<br />

Webradio wie Internet zu<br />

vermarkten. Er geht mit<br />

deutlich höheren TKPs in den<br />

Markt und will Geld aus dem<br />

Onlinewerbemarkt ziehen. Der<br />

Zwist der beiden Vermarkter<br />

belastet die Verhandlungen<br />

um eine Konvergenzwährung<br />

für Webradio.<br />

Von Guido Schneider<br />

Radionutzung im Internet stagniert<br />

Abruf von Audiodateien im Internet 2008 bis 2012<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

2008 2009 2010 2011 2012<br />

Basis: bis 2009 deutsche Onlinenutzer ab 14 Jahren, ab 2010 deutschsprachige Onlinenutzer ab 14 Jahren<br />

Der Markt der Webradios gilt<br />

als zersplittert. Die BLM-Studie<br />

Webradiomonitor zählt<br />

2012 deutschlandweit mehr<br />

als 3000 Angebote, davon annähernd<br />

2500 ausschließlich im Netz, hinzu kommen<br />

fast 400 UKW-Radios, die ihre<br />

Hauptprogramme parallel auch im Internet<br />

verbreiten, sowie rund 150 Spezialsender,<br />

die den Markennamen eines<br />

UKW-Senders tragen. Trotzdem ist Webradio<br />

noch kein echtes Massenmedium,<br />

denn gerade mal 3,8 Millionen Menschen<br />

ab zehn Jahren hören es täglich.<br />

Erschwerend kommt hinzu, dass viele<br />

Webradios bis heute nicht nachweisen<br />

können, wen sie eigentlich in welcher<br />

Zahl erreichen. Webradio- und UKW-<br />

Radioanbieter konnten sich bislang nicht<br />

auf einen Standard zur Reichweitenermittlung<br />

einigen. „Die Diskussion um eine<br />

Währung befindet sich in einer Endlosschleife“,<br />

kritisiert Jörg Brandt, Head<br />

of Radio bei der Agentur Omnicom Media<br />

Group (OMG): „Wir benötigen dringend<br />

eine Konvention, damit wir das Medium<br />

nachweisbar empfehlen können.“<br />

Doch die im Herbst 2011 initiierte<br />

Taskforce IP Audio kommt nur langsam<br />

voran. Die Runde wurde von der AG Radio<br />

innerhalb der Arbeitsgemeinschaft<br />

Media-Analyse (AG.MA) ins Leben gerufen;<br />

in ihr berät das Radiolager zusammen<br />

mit dem Bundesverband Digitale Wirtschaft<br />

(BVDW) und einzelnen Webradioanbietern<br />

über die Ausgestaltung einer<br />

Konvention für Onlineradio. Inzwischen<br />

hat die AG.MA bei der Arbeitsgemeinschaft<br />

Onlineforschung einen Test in Auftrag<br />

gegeben. Das Ziel: sich auf einen Standard<br />

zur Logfile-Auswertung zu einigen.<br />

Das dürfte alsbald gelingen, deutet<br />

AG.MA-Radiovorstand Dieter K. Müller<br />

an: „Im nächsten Jahr könnte die Agma<br />

dann erstmals Nutzerzahlen von Webradio<br />

auf einer gemeinsamen Logfile-Basis<br />

vorlegen. Diese werden allerdings nicht direkt<br />

mit der Radio-MA vergleichbar sein.“<br />

D<br />

enn dazu müsste geklärt werden,<br />

wie eine Webradio-Konvention<br />

konkret ausgestaltet sein soll. Eine<br />

Grundsatzentscheidung scheint bereits<br />

gefallen zu sein: „In der Taskforce IP Audio<br />

besteht Konsens, dass wir keine neue<br />

Währung, sondern eine spezifische Erhebungsmethodik<br />

für Webradio benötigen,<br />

um die Angebote mit dem UKW-Radio<br />

vergleichbar zu machen“, sagt Matthias<br />

Mroczkowski, Geschäftsführer des Düsseldorfer<br />

Vermarkters Audimark.<br />

Dabei genügt es nicht, nur Streams<br />

auszuwerten, benötigt werden personalisierbare<br />

Daten. „Ich kann mir vorstellen,<br />

dass die telefonisch erhobene Radio-MA<br />

die Grundlage für die Personalisierung<br />

der über Server gewonnenen Webradio-<br />

(zumindest gelegentlich, in Prozent)<br />

Radioprogramme<br />

live im Internet<br />

Musikdateien<br />

andere<br />

Audiodateien<br />

Audios von<br />

Radiosendungen<br />

zeitversetzt<br />

Audiopodcasts<br />

Quelle: ARD/ZDF Onlinestudien 2008-2012, Media Perspektiven HORIZONT 10/2013<br />

Daten liefert“, regt Florian Ruckert, Geschäftsführer<br />

von Radio Marketing Service<br />

(RMS) an. „Durch Fusion in die MA<br />

Radio hätte man dann auch die Konvergenzwährung<br />

Audio, die eine einheitliche<br />

Planung von UKW- und Webradio ermöglichen<br />

würde.“<br />

aut Ruckert treibt RMS die Entwicklung<br />

einer Konvention aktiv voran.<br />

L<br />

Doch im Vermarktungsalltag tut sich das<br />

Unternehmen schwer: „Wir halten nichts<br />

davon, Webradio wie UKW-Radio anzubieten,<br />

denn bei Webradio ist der USP ein<br />

anderer“, sagt Ruckert. Also verkauft<br />

RMS das Online-Audio-Angebot nach<br />

Internet-Kriterien. Was scheinbar naheliegt,<br />

denn der Radiovermarkter will an<br />

die Online-Etats. Also darf Webradio<br />

nicht sein UKW-Kerngeschäft kannibalisieren.<br />

Und so rechnet RMS beim Webradio-Kunden<br />

ausgelieferte Kontakte ab,<br />

bietet Targeting und Frequency Capping.<br />

Für die Kunden geht das allerdings ins<br />

Geld: RMS nimmt zweistellige Brutto-<br />

Tausend-Kontakt-Preise (TKP), wie sie<br />

für Bannerwerbung üblich sind.<br />

Agenturexperte Brandt ist das Hin<br />

und Her zwischen Radio und Online zuviel:<br />

„Ich verstehe nicht, weshalb RMS das<br />

Webradio-Angebot einerseits als Radio<br />

einstuft, es dann aber wie Online vermarkten<br />

will und TKPs aufruft, die weit<br />

über dem klassischen Radio liegen.“<br />

Brandt kritisiert auch, dass RMS das eigene<br />

Online-Audio-Angebot als qualitativ<br />

hochwertig einstuft, dies aber nicht<br />

mit Zahlen belegen kann.<br />

Mroczkowski hält die Positionierung<br />

von RMS ebenfalls für unglücklich:<br />

„Wenn der TKP eines 30-Sekünders in<br />

der RMS Super Kombi unter 3 Euro liegt,<br />

kann man nicht das Zehnfache für den<br />

gleichen Spot im Webradio verlangen.“<br />

Audimark hat seine TKPs hingegen dem<br />

klassischen Radio angenähert. In seiner<br />

Top-Kombi kosten tausend Kontakte in<br />

Zoff um Spotlängen<br />

Florian Ruckert war wenige Monate<br />

Chef des Hörfunkvermarkters<br />

Radio Marketing Service (RMS),<br />

als er im September 2011 eröffnete,<br />

dass RMS ab 2012 einen Spotlän-<br />

Vor mehr als einem Jahr hat RMS disproportionale Preise eingeführt /<br />

genbonus einführen wird. Das disproportionale<br />

Preismodell hat der vormalige<br />

Die Kritik am neuen Tarifsystem reißt nicht ab<br />

Manager von IP Deutschland aus dem<br />

TV-Markt entlehnt: Kürzere Spots wurden<br />

in Relation zu längeren teurer. Damit<br />

will Ruckert die Kundenzu einem anderen<br />

Buchungsverhalten motivieren.<br />

Der Erfolg lässt auf sich warten: 2012<br />

sind die Spots bei RMS nicht länger, sondern<br />

kürzer geworden. Lag der Mittelwert<br />

2011 bei 21,7 Sekunden, so betrug er<br />

2012 lediglich 21,5 Sekunden. RMS hat es<br />

zwar geschafft, mehr Spots mit Längen<br />

zwischen 31 und 60 Sekunden zu vermarkten.<br />

Doch nach wie vor sind annähernd<br />

80 Prozent des gesamten Spotaufkommens<br />

kürzer als 30 Sekunden.<br />

Für Thorsten Storck, Managing Director<br />

von Zenith München, steht daher<br />

fest, dass das Modell in erster Linie ein<br />

Instrument zur versteckten Preiserhöhung<br />

ist: „Die Länge von Radiospots<br />

Von Guido Schneider<br />

muss sich danach richten, wie viel Zeit die<br />

Kreation für eine Werbebotschaft<br />

braucht. Meist sind dabei Längen von 20<br />

Sekunden oder kürzer das Mittel der<br />

Wahl.“ Aber die sind nun teurer. RMS-<br />

Chef Ruckert spürt angeblich dennoch<br />

Kein Trend zu längeren Spots<br />

Entwicklung der Radiospotlängen 2011/2012<br />

Durchschn. Spotlänge in Sek.<br />

2012 2011<br />

Veränd.<br />

in<br />

Prozent<br />

keine ablehnende Haltung: „Schon nach<br />

kürzester Zeit waren unsere disproportionalen<br />

Preise kein Thema mehr im<br />

Markt.“ Das habe auch an den moderaten<br />

Aufschlägen gelegen. Wenn Kunden und<br />

Agenturen keine längeren Spots schalten,<br />

0-7<br />

Sek.<br />

2012<br />

Veränd. zu<br />

2011 in<br />

Prozent<br />

8-15<br />

Sek.<br />

2012<br />

Veränd. zu<br />

2011<br />

in Prozent<br />

ist das für ihn ein Beleg dafür, dass die<br />

Werbewirkung bei ihnen hinter anderen<br />

Kriterien zurücksteht. Spots werden kürzer,<br />

weil der Einkauf auf einen niedrigeren<br />

Cost per Gross Rating Point (GRP)<br />

drängt, glaubt Ruckert: „Wenn das für<br />

Quelle: Nielsen, eigene Berechnungen HORIZONT 10/2013<br />

16-29<br />

Sek.<br />

2012<br />

Veränd. zu<br />

2011<br />

in Prozent<br />

30<br />

Sek.<br />

2012<br />

Veränd. zu<br />

2011<br />

in Prozent<br />

31-45<br />

Sek.<br />

2012<br />

Veränd. zu<br />

2011<br />

in Prozent<br />

Radio gesamt 21,29 21,38 –0,4 217,3 4,9 812,9 10,4 1791,6 1,1 371,9 3,5 307,4 22,9 59,2 –15,9<br />

RMS 21,46 21,65 –0,9 128,9 8,9 471,4 15,8 1005,8 3,5 207,5 6,2 200,3 26,1 37,5 –11,1<br />

AS&S Radio 20,83 20,79 0,2 87,0 –0,7 335,1 3,7 768,5 –1,9 158,9 0,8 103,0 18,1 15,8 –33,1<br />

45-60<br />

Sek.<br />

2012<br />

Veränd. zu<br />

2011<br />

in Prozent<br />

der Zielgruppe 14plus 3,45 Euro und sind<br />

damit nicht viel teurer als in der RMS<br />

Super Kombi. Und weil Audimark nicht<br />

ewig auf eine Konvergenzwährung warten<br />

will, bietet es seinen Kunden mit dem<br />

Webradiotest eine eigene Studie für sein<br />

Portfolio, die es gemeinsam mit TNS Infratest<br />

entwickelt hat. Die Studie wertet<br />

technisch gemessene Streams aus und<br />

führt sie mit Befragungsdaten aus einem<br />

Online-Panel mit 3000 Webradiohörern<br />

und einer repräsentativen Telefonbefragung<br />

von 3500 Personen zusammen.<br />

R<br />

uckert lehnt den Webradiotest ab:<br />

„Er entspricht nicht dem AG.MA-<br />

Standard und wird eine Währung nicht<br />

ersetzen können.“ Audimark fordert er<br />

auf, sich an einer gemeinsamen Währung<br />

zu beteiligen und nicht länger eine „forscherische<br />

Extrawurst zu braten“. Doch<br />

Mroczkowski liegt der Schulterschluss<br />

mit dem Markt am Herzen: „Wir wollen<br />

möglichst schnell einen Konsens mit<br />

Kunden und Agenturen erzielen.“ Der<br />

Audimark-Chef braucht die Werbeerlöse<br />

aus der Audiovermarktung dringender<br />

als die große RMS und hat es eilig in<br />

Sachen Währung. Er kann sich sogar vorstellen,<br />

sein Reichweitenmodell in die<br />

AG.MA einzubringen, um die Sache zu<br />

beschleunigen: „Ich frage mich aber, ob<br />

RMS und AS&S es übernehmen wollen.“<br />

OMG-Manager Brandt lobt Audimarks<br />

Bemühungen um Leistungsnachweise:<br />

„Der Webradiotest ist zwar nicht<br />

der Weisheit letzter Schluss, methodisch<br />

ist er aber in Ordnung und hilft uns.“<br />

Dem Mediaexperten gefällt auch die Orientierung<br />

der TKPs an denen von UKW:<br />

„Viele Kunden sind nicht bereit, einen<br />

höheren TKP als im klassischen Radio zu<br />

akzeptieren. Der Ansatz von Audimark,<br />

sich auf Basis von TKPs des UKW-Radios<br />

zu vermarkten, ist daher verständlich.“<br />

Interessant: Seit März sind die Audimark-Angebote<br />

mit Preisinfos in der Planungssoftware<br />

Radio Xpert enthalten<br />

und können mit den UKW-Tarifen verglichen<br />

werden. RMS stellt dort keine Tarifdaten<br />

für seine Online-Audio-Angebote<br />

ein. Auch auf der Homepage finden sie<br />

sich derzeit nicht, was sich aber bald ändern<br />

soll, beteuert Ruckert. Nach seinen<br />

Worten hat RMS 2012 einen hoch siebenstelligen<br />

Betrag mit Online-Audio erzielt,<br />

der Nettoumsatz dürfte angesichts der<br />

TKP-Problematik weit darunter liegen.<br />

Konkurrent Audimark spricht für 2012<br />

von einem Nettoumsatz im einstelligen<br />

Millionenbereich und konnte die Gewinnziele<br />

angeblich übertreffen. Stimmt<br />

dies, wäre es beachtlich für ein Unternehmen,<br />

das die großen Radiovermarkter<br />

partout nicht ernst nehmen wollen.<br />

Kunden und Agenturen die einzige Zielgröße<br />

ist, dann besteht für sie ein Anreiz,<br />

das Werbemittel immer weiter zu verkürzen.<br />

Dem wollten wir etwas entgegensetzen.“<br />

Außerdem ist er überzeugt, dass<br />

längere Spots besser wirken als kurze.<br />

Jörg Brandt, Head of Radio bei Omnicom<br />

Media Group, widerspricht: „Längere<br />

Spots wirken nicht per se besser. Wichtiger<br />

ist, ob ein Spot am Point of Sale die<br />

gewünschte Wirkung erzielt.“ Kritik<br />

kommt auch vom RMS-Rivalen AS&S<br />

Radio: „Die Kreation eines Spots hat wesentlich<br />

stärkeren Einfluss auf die Werbewirkung<br />

als die Spotlänge“, sagt Geschäftsführer<br />

Oliver Adrian. „Ein gut gemachter<br />

Spot wirkt auch, wenn er kurz ist<br />

– und umgekehrt.“ AS&S Radio will das<br />

Modell nicht nachahmen: „Wir sehen<br />

keinen Vorteil darin, den Marktpartnern<br />

ein Preismodell aufzuzwingen, das sich<br />

nicht sinnvoll mit wichtigen Kommunikationszielen<br />

in Einklang bringen lässt.“<br />

Auch aus dem Agenturlager bläst Gegenwind.<br />

Zenith-Manager Storck wirft<br />

RMS vor, die Funktion von Radio im Gattungsmix<br />

zu missachten: „Es wird überwiegend<br />

als taktisches Medium genutzt.<br />

Wer ‚20 Prozent auf alles‘ kommunizieren<br />

will, braucht keine 30 Sekunden.“

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