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28 REPORT MEDIAPLANUNG I<br />

HORIZONT10/2013 7.März2013<br />

FOTO: SVORT / FOTOLIA<br />

Auf den Kopf gestellt<br />

Regionale Zeitungsverlage, die ihre Vermarktung gleich einer Agentur ausrichten,<br />

berichten von guten Erfahrungen und Geschäften<br />

Portal mit Pantoffeln<br />

3600 registrierte Nutzer<br />

liefern eine Fülle an User<br />

Generated Content für Griassdi.de,<br />

inzwischen gibt es auch<br />

die gedruckte Verwandte:<br />

2010 startete das „Griaß<br />

di“-Magazin in Füssen, dieses<br />

Jahr folgte eine Ausgabe für<br />

Marktoberdorf. Damit nicht<br />

genug: Das „Griaß di“-Logo<br />

ziert eine ganze Palette von<br />

Merchandisingprodukten.<br />

Neben Aufklebern, Tattoos<br />

und Pins sind unter anderem<br />

Bodys für Babys, Regenschirme,<br />

Pantoffeln und seit<br />

wenigen Monaten sogar<br />

naturtrübes Kellerbier im<br />

Sechserpack zu 6,99 Euro<br />

käuflich zu erwerben.<br />

Wenig überraschend gibt es<br />

nun auch „Griaß di“-Partys<br />

wie „Alprausch“ oder<br />

„Oktoberfest“.<br />

Von Roland Karle<br />

Für alle, die nicht aus dem Allgäu<br />

stammen, zunächst einmal eine<br />

Übersetzungshilfe: „Griaß di“<br />

heißt im Duden-Deutsch „Grüße<br />

dich“. Die regionale Variante des Willkommensgrußes<br />

hat der Allgäuer Zeitungsverlag<br />

zu einer Medienmarke entwickelt.<br />

Dreh- und Angelpunkt ist die<br />

2009 gestartete Website Griassdi.de – die<br />

zum Mitmach-Portal gewordene Idee, eine<br />

Plattform für lokale Inhalte und Diskussionen<br />

zu schaffen.<br />

Der Allgäuer Zeitungsverlag (AZV) in<br />

Kempten verspricht sich dadurch nicht<br />

nur publizistische Aufmerksamkeit und<br />

mehr Lesernähe, sondern auch Impulse<br />

für die sublokale Vermarktung. „Wir wollen<br />

dadurch auch Werbekunden mit kleinem<br />

Budget erreichen, die aufgrund der<br />

sehr spitzen Zielgruppe eher online als in<br />

der Tageszeitung werben“, sagt AZV-Geschäftsführer<br />

Markus Brehm.<br />

Das Beispiel „Griaß di“ illustriert, welche<br />

Möglichkeiten in regionalen Zeitungen<br />

stecken – wenn ihre Macher erfinderisch<br />

genug sind und nicht verzweifelt an<br />

Papier und klassischer Anzeige<br />

kleben. Der Begriff „hyperlokal“<br />

hat in diesem Zusammenhang<br />

eine erstaunliche Karriere<br />

gemacht. Wobei er eigentlich<br />

eine Selbstverständlichkeit<br />

meint, nämlich dass sich regionale<br />

und lokale Zeitungen vornehmlich<br />

um das Geschehen<br />

am Ort kümmern. Dazu gehört<br />

für Journalisten unter anderem,<br />

Gespräche mit Lesern<br />

zu führen, statt sich in Redaktionsstuben<br />

zu verschanzen.<br />

Und für Vermarkter, dass sie<br />

nicht nur mit dem gewohnten<br />

Ein Hoch im Norden<br />

Reichweitengewinner unter den Abo-Tageszeitungen<br />

MA-Reichweite 2012 in Mio.<br />

* MA-Reichweite 2011 = Index 100; ohne Kaufzeitungen; Gesamtbevölkerung 70,16 Mio.<br />

Standardwerbeformat wedeln, sondern<br />

mit Kunden besprechen, worin deren<br />

Kommunikationsziel besteht.<br />

Ehrgeizige Angreifer im Netz machen<br />

Druck. „Prenzlauerberg Nachrichten“,<br />

„Tegernseer Stimme“ und „Meine Südstadt“<br />

sind drei Beispiele von vielen Portalen,<br />

die lokalen Internetjournalismus<br />

auf ansehnlichem Niveau betreiben und<br />

von stetig steigenden Nutzerzahlen berichten.<br />

Das Problem: Die verlagsunabhängigen<br />

Lokalportale sind auf Werbeerlöse<br />

angewiesen, doch die reichen für den<br />

dauerhaft professionellen Betrieb meist<br />

nicht aus. Publizistisch erwächst den Zeitungen<br />

durch die Onliner aus der Nachbarschaft<br />

dennoch Konkurrenz.<br />

AZV-Manager Brehm hat davor keine<br />

Angst, weil er sein Medienhaus sublokal<br />

ausgerichtet sieht. „In den vergangenen<br />

Jahren wurde eine vertikale Erweiterung<br />

des Kerngeschäfts vernachlässigt, zum<br />

Teil auch wegen fehlender technischer<br />

Optionen.“ Das ändert sich: Beispielsweise<br />

kann der Verlag durch die Inbetriebnahme<br />

einer modernen Druckmaschine<br />

künftig flexibler mit sublokalen Wechselseiten<br />

in einzelnen Ausgaben arbeiten.<br />

Erwünschter Nebeneffekt: Das Werbegeschäft<br />

soll belebt werden.<br />

Verlagschef Brehm weiß, dass<br />

„heute kreative Ideen und<br />

Konzepte notwendig sind,<br />

um den regionalen und lokalen<br />

Markt zu bearbeiten“.<br />

Was nicht zwangsläufig bedeutet,<br />

dass Print an Bedeutung<br />

verliert. Im Gegenteil:<br />

Beim Allgäuer Zeitungsverlag<br />

hat sich zum Beispiel die<br />

Zahl der kollektiv bearbeiteten<br />

Themen in einer Lokalausgabe<br />

von 90 im Jahr 2003<br />

auf heute 160 nahezu verdoppelt.<br />

Index*<br />

Schleswig-Holsteinische Zeitung (sh:z) 0,55<br />

115<br />

Lausitzer Rundschau<br />

Nordkurier<br />

Eßlinger Zeitung<br />

Leipziger Volkszeitung<br />

Morgenpost für Sachsen<br />

Straubinger Tagblatt/Landshuter Zeitung<br />

Süddeutsche Zeitung<br />

Märkische Allgemeine<br />

Main-Echo<br />

RheinMainMedia Gesamt<br />

Der neue Tag<br />

Schweriner Volkszeitung<br />

„Wir müssen<br />

unseren Kunden<br />

unterschiedliche<br />

Kanäle bieten“<br />

Sebastian Kmoch,<br />

MSO Medien-Service<br />

0,12<br />

0,22<br />

0,30<br />

0,28<br />

0,24<br />

0,25<br />

0,25<br />

0,32<br />

0,44<br />

0,49<br />

0,55<br />

1,48<br />

111<br />

110<br />

109<br />

108<br />

108<br />

107<br />

105<br />

105<br />

104<br />

104<br />

104<br />

104<br />

Auch der Verlag der „Neuen<br />

Osnabrücker Zeitung“<br />

reagiert umtriebig auf den<br />

strukturellen Wandel, der die<br />

Zeitungen auf Vertriebs- und<br />

Vermarktungsseite erfasst<br />

hat. „Wir müssen unsere Organisation<br />

entsprechend ausrichten“,<br />

sagt Sebastian<br />

Kmoch. Er ist Geschäftsführer<br />

des MSO Medien-Service,<br />

der vor sechs Jahren aus der<br />

Anzeigenabteilung hervorgegangenen<br />

Vermarktungsgesellschaft<br />

der „Neue Osnabrücker<br />

Zeitung“ (Neue OZ).<br />

MSO Medien-Service kümmert sich vor<br />

allem ums Printgeschäft, während die<br />

Geschwister MSO Digital als Fullservice-<br />

Digitalagentur mit SEM-Schwerpunkt<br />

und Basecom als IT- und Programmierspezialist<br />

agieren.<br />

„Wir verstehen es als unsere Aufgabe,<br />

im Sinne des Kunden dafür zu sorgen,<br />

dass er auf unterschiedlichen Kanälen<br />

zielorientiert kommunizieren kann“, erklärt<br />

Kmoch. Anders gesagt: Der Kunde<br />

wünscht, der Verlag liefert. „Wenn ein<br />

Autohändler aus der Region seine Marke<br />

pflegen will, kann er bei unserem lokalen<br />

Fernsehsender einen Werbespot schalten.<br />

Geht es um Kontaktgenerierung, haben<br />

wir diverse Möglichkeiten auf unseren digitalen<br />

Plattformen und für den konkreten<br />

Abverkauf funktioniert meist Printwerbung<br />

am besten“, so Kmoch.<br />

In Osnabrück, in Kempten und anderswo<br />

hat ein Umdenken stattgefunden.<br />

Verlage tun das, was Rainer H. Wagner,<br />

Gründer der Unternehmensberatung Sipa<br />

in Saarbrücken, „eigentlich trivial“<br />

findet: „Alle Überlegungen zur Zukunft<br />

des Werbemarkts von Tageszeitungen<br />

müssen vom Nutzen für den Kunden ausgehen“,<br />

betont er.<br />

Fest verwurzelt bei Ü60<br />

Reichweitenentwicklung bei regionalen Abonnementzeitungen<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

„Die vertikale<br />

Erweiterung des<br />

Kerngeschäfts<br />

wurde vernachlässigt“<br />

Markus Brehm,<br />

Allgäuer Zeitungsverlag<br />

Im Medienhaus Neue OZ<br />

funktioniert das schon recht<br />

gut. Allein dass das Digitalgeschäft<br />

bereits nach kurzer Zeit<br />

mehr als 10 Prozent zum Gesamtumsatz<br />

beiträgt, war vor<br />

wenigen Jahren noch schwer<br />

vorstellbar. Zugleich entwickelt<br />

der Verlag frische Ideen in<br />

Print – und setzt sie um. Dabei<br />

geht selten darum, noch nie<br />

Dagewesenes zu erfinden, sondern<br />

Trends aufzunehmen und<br />

Ansätze konsequent weiterzuverfolgen.<br />

Zum Beispiel: regionale<br />

Themenmagazine.<br />

Mit dem Fahrradmagazin „Rad &<br />

Tour“ (Copypreis 8,90 Euro) für das Osnabrücker<br />

Land und das Emsland sowie<br />

den Koch- und Backmagazinen „Unsere<br />

Lieblingsrezepte“ (4,95 Euro) hat der Verlag<br />

erfolgreich Paid Content auf Papier<br />

produziert. „Wir sehen einen Bedarf an<br />

regionalen Nischen- und Special-Interest-Angeboten“,<br />

betont Verlagsmanager<br />

Kmoch. „Auf diese Weise stellen wir unser<br />

Geschäftsmodell auf mehrere Füße<br />

und bieten unseren Werbekunden zusätzliche<br />

Kommunikationskanäle.“<br />

Zur Riege der jungen Printtitel, die<br />

dem Verlag bei einem Deckungsbeitrag<br />

von bis zu 50 Prozent auch ökonomisch<br />

Freude machen, zählt ferner „Die Wirtschaft“.<br />

Im Dezember 2011gestartet, wird<br />

die konsequent lokal gehaltene Wirtschaftszeitung<br />

in einer Auflage von 17000<br />

Exemplaren verbreitet. „Überregionale<br />

Wirtschaftsinformationen sind im Internet<br />

leicht verfügbar, aber im Lokalen gibt<br />

es einen Mangel“, sagt Kmoch. 10000<br />

Hefte landen über einen personalisierten<br />

Verteiler direkt beim Business-Publikum.<br />

Eine begehrte Zielgruppe – und noch ein<br />

Grund, mit Premium-Werbekunden ins<br />

Gespräch zu kommen.<br />

Altersgruppen<br />

(in Prozent)<br />

über 70 Jahre<br />

60 bis 69 Jahre<br />

Gesamtbevölkerung<br />

30 bis 39 Jahre<br />

20 bis 29 Jahre<br />

30<br />

2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012<br />

Quelle: MA Tageszeitungen 2012 HORIZONT 10/2013<br />

Quelle: AG.MA HORIZONT 10/2013

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