hu wissen 1 (pdf) - Humboldt-Universität zu Berlin
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k<br />
deutsch<br />
»Arbeit ist das halbe Leben«, heißt es in einem<br />
ironischen Liedertext von Peter Maffay. »Das liegt halt bei<br />
uns so drin … Gehorsam dienen, Pflicht und Macht, alles muss<br />
geregelt sein …«, geht es weiter. Und was ist mit dem anderen<br />
Stück des Lebens? Der Liedermacher meint: »Ordnung ist die<br />
andre Häle«. Sebastian Braun, Professor für Sportsoziologie<br />
und Leiter des Forsc<strong>hu</strong>ngszentrums für Bürgerschaliches Engagement<br />
der <strong>Humboldt</strong>-Universität, ist da anderer Ansicht:<br />
»Wir haben vergessen, dass es neben der Erwerbstätigkeit noch<br />
andere Bereiche des Tätigkeitseins, des gesellschalichen Arbeitens<br />
gibt.«<br />
Das ist <strong>zu</strong>m Beispiel das freiwillige, bürgerschaliche Engagement,<br />
das Ehrenamt. Bis heute kommen die »ehrenamtlich«<br />
Engagierten vor allem aus der gebildeten Mittelschicht. Sie stehen<br />
voll im Erwerbsleben und arbeiten nebenbei <strong>zu</strong>m Beispiel<br />
in Krankenhäusern, Hospizen, in Sportgruppen oder Umweltorganisationen.<br />
»Das bürgerschaliche Engagement wird vielfach<br />
in seiner gesellschalichen Bedeutung unterschätzt«, sagt<br />
Sebastian Braun, »denn es kann ebenfalls <strong>zu</strong>r Integration beitragen<br />
sowie neben oder auch jenseits der Erwerbstätigkeit<br />
sinnstiend sein.« Mehr noch: Es kann sogar spezielle Kompetenzen<br />
fördern. Das untersucht Sebastian Braun mit seinem<br />
Wissenschasteam in verschiedenen Projekten der Deutschen<br />
Forsc<strong>hu</strong>ngsgemeinscha genauer. »Wir wollen unter anderem<br />
<strong>wissen</strong>, welche besonderen Lernerfahrungen das bürgerschaliche<br />
Engagement in Vereinen bietet.«<br />
Das Ergebnis aus Interviews mit Vereinsmitgliedern: Freiwillige<br />
Arbeit in Vereinen sc<strong>hu</strong>lt soziale Fähigkeiten, Organisationstalent,<br />
rhetorisches Geschick, Durchset<strong>zu</strong>ngsvermögen<br />
sowie die Fertigkeit des Einzelnen, Probleme <strong>zu</strong> lösen. »Eine<br />
solche Entwicklung ist omals in engen beruflichen Kontexten<br />
gar nicht möglich«, kommentiert Sebastian Braun die Resultate,<br />
die gerade in einer Gesellscha, in der die Berufsarbeit nicht<br />
für alle selbstverständlich ist, interessant sind. »Natürlich darf<br />
das kein Verschiebebahnhof für fehlende Arbeitsplätze sein«,<br />
betont er, »aber in Zeiten der Erwerbslosigkeit, im Ruhestand<br />
oder nach der Kinderpause kann bürgerschaliches Engagement<br />
als Lern- und Erfahrungsfeld sehr sinnvoll sein.« Eine andere<br />
Studie im Aurag des Bundesfamilienministeriums und<br />
des Europäischen Sozialfonds hat ergeben, dass ein Soziales<br />
Jahr in Sportvereinen, Kinder- und Jugendeinrichtungen oder<br />
anderen sozialen Institutionen bei Jugendlichen in Deutschland<br />
insbesondere die so genannten »So Skills«, die sozialen<br />
Fertigkeiten, entwickelt. Gefördert wurden junge Menschen mit<br />
niedrigem oder ohne Sc<strong>hu</strong>labschluss, denen der Zugang <strong>zu</strong>r<br />
Bildung erschwert ist. Sie sollen später bessere Chancen auf<br />
dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt haben. Die Resultate zeigen<br />
unter anderem, dass sie sich in dem Sozialen Jahr beruflich<br />
orientieren und dafür berufsqualifizierende Abschlüsse nachholen<br />
möchten.<br />
Nicht nur junge, benachteiligte Menschen erwerben bestimmte<br />
Fähigkeiten beim freiwilligen Einsatz, sondern auch<br />
Erwachsene, die im Berufsleben stehen. So interviewte Brauns<br />
Forsc<strong>hu</strong>ngsteam rund 1.500 Mitarbeiter des Energie-Unternehmens<br />
»E.ON Westfaler Weser AG« in Paderborn <strong>zu</strong> diesem Thema.<br />
Dabei wurde deutlich: Die Befragten lernen im bürgerschalichen<br />
Engagement mehr soziale Kompetenz, Toleranz<br />
und Organisationsgeschick. Darüber gaben diejenigen, die in<br />
Vereinen und Initiativen mitwirken, an, dass sie sich dadurch<br />
vor allem persönlich weiter entwickeln. Sie gewinnen mehr<br />
Selbstbewusstsein, sind offener und geduldiger gegenüber ihren<br />
Mitmenschen. Das beweist: Bürgerschaliches Engagement<br />
fördert »So Skills«. Sind diese Fähigkeiten erst einmal erworben,<br />
können sie in die berufliche Arbeit eingebracht werden.<br />
Davon haben beide etwas: »Das Unternehmen hat leistungsfähige,<br />
motivierte und qualifizierte Angestellte. Diese wieder-<br />
ARBEIT / WORK<br />
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