Geschäftsbericht - Sozialberatung Ludwigsburg eV
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Anti-Gewalt-training<br />
Ein ehemaliger Gewalttäter schaut mit Verantwortung nach vorne<br />
Harald Z., der selbst Gewalt in seiner Familie ausgeübt und inzwischen erfolgreich ein Anti-Gewalttraining<br />
absolviert und seine Verantwortung angenommen hat, berichtet nachfolgend von seinen Erfahrungen im<br />
Anti-Gewalttraining der <strong>Sozialberatung</strong> <strong>Ludwigsburg</strong>.<br />
Geboren wurde ich am 24. Januar 1957 in einer ländlichen Gemeinde nahe Heilbronn. Aufgewachsen<br />
und „erzogen“ wurde ich in einer „bürgerlichen Familie“, aber immer mit der Vorgabe, Stärke und Härte<br />
gegenüber allen Menschen zu beweisen. Verantwortlich hierfür war ausschließlich mein Vater, der mir<br />
und meiner Mutter gegenüber sehr dominant und gewalttätig war. Verheiratet bin ich bis zum heutigen<br />
Tag. Ich habe zwei Söhne, die beide fest im Leben stehen, obwohl hauptsächlich meine Frau und unsere<br />
Kinder unter der von mir psychisch und physisch ausgeübten Gewalt gelitten haben.<br />
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Nachdem mein Leben immer mehr aus dem Ruder gelaufen ist, wurde ich von meiner Frau aufgefordert,<br />
mein Verhalten zu ändern und professionelle Hilfe anzunehmen. Diese Aufforderung war mit der Maßgabe<br />
verbunden, die häusliche Gemeinschaft zu verlassen. Auch ich selbst spürte, am Ende angelangt zu sein.<br />
Wie schon vor 23 Jahren. Damals war es das Thema Alkohol mit all seinen dunklen Seiten, das ich heute<br />
als immer noch trockener Alkoholiker sehr genau kenne.<br />
Eine Recherche im Internet führte mich zur Beratungsstelle der <strong>Sozialberatung</strong> <strong>Ludwigsburg</strong>. Einer ersten<br />
telefonischen Kontaktaufnahme folgte ein persönliches Gespräch mit der Sozialarbeiterin Britta Graf, die<br />
mir die Möglichkeit eröffnete, an einem Anti-Gewalttraining teilzunehmen. Dieses Angebot nahm ich an,<br />
da ich mir nichts mehr wünschte, als endlich eine Lösung für mein gewalttätiges Verhalten zu finden.<br />
Konflikte konstruktiv und angemessen lösen<br />
Das erste Treffen im März 2012 in den Räumen der <strong>Sozialberatung</strong> habe ich mit Spannung erwartet,<br />
obwohl ich bereits über Therapieerfahrung verfügte. Positiv empfunden habe ich die vorurteilslose<br />
Aufnahme. Wichtig war für mich die Arbeit in der Gruppe, da ich bis dato immer Einzelgespräche mit Therapeuten<br />
hatte. Ebenfalls war es aus meiner Sicht sehr hilfreich, über mehrere Stunden hinweg zusammenhängend<br />
an einer Lösungsfindung arbeiten zu können.<br />
Die Arbeit in der Gruppe und die kompetenten Mitarbeiter haben mir dabei geholfen, mein gewalttätiges<br />
Verhalten zu reflektieren. Sie haben mir aufgezeigt, wie ich Konflikte konstruktiv und angemessen<br />
lösen kann. Durch Rollenspiele und Gespräche habe ich gelernt, mich selbst zu erkennen und das mir in<br />
meinem Elternhaus vermittelte Gewaltschema abzulegen.<br />
In die Rolle des Opfers schlüpfen<br />
Meine persönlich wichtigste Erfahrung war, mich in die Rolle des Opfers zu versetzen und zu spüren, wie<br />
gedemütigt sich meine Opfer fühlen mussten. Dieses absolute Erkennen und Annehmen meiner Schuld,<br />
verbunden mit der Möglichkeit, eine Entschuldigung zu formulieren, führte mich an den Rand eines totalen<br />
Zusammenbruches. Letztlich war aber gerade dieses Erlebnis dafür verantwortlich, meine Seele zu heilen<br />
und mich auf einen guten Weg zu bringen. Ich habe zusammen mit den Mitarbeitern und der Gruppe<br />
meine Sprachlosigkeit und meine Ohnmacht überwunden.<br />
Die Selbsterkenntnis und die aufgezeigten Lösungsmöglichkeiten im Umgang mit meiner Gewaltproblematik<br />
haben mir ein besseres Leben geschenkt. Obwohl meine Eltern seit über 15 Jahren tot sind, kann<br />
ich ihnen heute ihre Gewalt mir gegenüber verzeihen. Ohne die Hilfe der <strong>Sozialberatung</strong> wäre dies nicht<br />
möglich gewesen. Ich akzeptiere mich nach dem Anti-Gewalttraining heute als wertvollen Menschen und<br />
betrachte mich nicht mehr als wert- und nutzlos. Ein weiterer Erfolg der guten Arbeit ist, dass ich nach 12<br />
Monaten wieder mit meiner Familie gemeinsam unser Leben planen und gestalten darf.<br />
Ich möchte mich an dieser Stelle herzlich bei Frau Graf, Herrn Salenbauch, Herrn Eberhardt und allen<br />
Mitarbeitenden der <strong>Sozialberatung</strong> <strong>Ludwigsburg</strong> bedanken und appeliere an die Verantwortlichen, diese<br />
Einrichtung zu fördern und zu unterstützen. Mit Blick auf eine zunehmend gewaltbereite Gesellschaft ist es<br />
unbedingt erforderlich und notwendig, solche Einrichtungen weiter auszubauen.<br />
Harald Z.