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ST. WENDELER JOURNAL – VERBANDSGEMEINDE BIRKENFELD<br />
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Anzeige ST. WENDELER JOURNAL – VERBANDSGEMEINDE BIRKENFELD<br />
13<br />
Offene Worte<br />
Das St. Wendeler <strong>Journal</strong> im Gespräch mit Dr. Bernhard<br />
Alscher, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Birkenfeld<br />
St. Wendeler <strong>Journal</strong>: Herr Dr. Alscher,<br />
es wird immer gern von den<br />
Problemen und Schwierigkeiten<br />
der Kommunen gesprochen. Ich<br />
möchte Sie gerne einmal fragen:<br />
Welche Stärken hat denn die Verbandsgemeinde<br />
Birkenfeld?<br />
Michael Göbel<br />
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Dr. Alscher: Wir als Verbandsgemeinde<br />
haben den Mikrozenzus<br />
recht deutlich geschlagen. Das<br />
werte ich schon mal als Erfolg. Diese<br />
Entwicklung hat die Skeptiker<br />
Lügen gestraft. Unsere Bevölkerungszahl<br />
ist demnach nicht in dem<br />
Maße zurück gegangen, wie man<br />
erwartet hat. Wir haben die Hochschule<br />
auf dem Umweltcampus,<br />
die nach nunmehr gut 15 Jahren<br />
bei der Bevölkerung auch endlich<br />
angekommen ist. Ursprünglich für<br />
1.100 Studierende geplant, haben<br />
wir heute dort 2.500 junge Menschen,<br />
die einem Studium nachgehen.<br />
Ich möchte sogar sagen, es<br />
bestehen freundschaftliche Beziehungen<br />
zur Hochschule und das<br />
Verhältnis zwischen der Verbandsgemeinde<br />
und der FH ist einfach<br />
super. Wir arbeiten in vielen Bereichen<br />
ganz eng zusammen. Man<br />
sieht jetzt auch, dass dort Arbeitsplätze<br />
entstanden sind, dass wir<br />
sehr viele junge Leute nun auch in<br />
den umliegenden Ortschaften wohnen<br />
haben, was für alle eine Bereicherung<br />
darstellt. Das sollte unbedingt<br />
gefördert werden, zumal das<br />
die „grünste Hochschule Deutschlands“<br />
ist. Null-Emission sei da mal<br />
ein Stichwort und wir sind damit<br />
ganz vorne bei der Energiewende<br />
mit dabei. Hier fließt auch eine<br />
Menge an Forschungsgeldern gerade<br />
in diesen zukunftsträchtigen<br />
Bereich, im letzten Jahr allein über<br />
fünf Millionen Euro. Da sind natürlich<br />
auch eine Menge Arbeitsplätze<br />
dran gekoppelt.<br />
Seit zwei Jahren haben wir darüber<br />
hinaus auch ein chinesisches Engagement<br />
auf dem ehemaligen Militärgelände.<br />
„Oak Garden“ heißt<br />
die Ansiedlung chinesischer Trader,<br />
die Handelsbeziehungen zwischen<br />
China, Deutschland und<br />
ganz Europa vorantreiben wollen.<br />
Das allein bescherte uns aktuell<br />
zusätzlich 98 Mitbürgerinnen und<br />
Mitbürger in Neubrücke. Das sind<br />
die Mitarbeiter und Familien der<br />
über 65 dort entstandenen Handelsfirmen.<br />
Die erste Familie hat<br />
auch schon hier vor Ort ein Haus<br />
gekauft und das zeigt, dass man<br />
sich wohl auch langfristig hier engagieren<br />
möchte. Wir haben auch<br />
schon die ersten chinesischen Kinder<br />
in den Kindergärten und die Erzieherinnen<br />
und die Erzieher haben<br />
da wirklich einen Mordsspaß.<br />
Hier profitieren die beiden Kulturen<br />
ganz offensichtlich direkt voneinander.<br />
Desweiteren haben wir vier<br />
Kinder in der Grundschule in Hoppstädten,<br />
das erste Kind in einem<br />
Musikverein, das dort Klarinette<br />
spielt. Ein erfreulicher Nebeneffekt<br />
dieser neuen Schüler in der<br />
Grundschule war, dass wir die Zweizügigkeit<br />
in der Grundschule erhalten<br />
konnten, was letztendlich bessere<br />
Lernbedingungen für jedes<br />
einzelne Kind bedeutet. Außerdem<br />
besuchen schon sieben Schülerinnen<br />
und Schüler das Gymnasium<br />
Birkenfeld.<br />
Neben den Chinesen haben wir<br />
moderne Heiz- und Energie-Technik<br />
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Dr. Bernhard Alscher, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Birkenfeld<br />
aber gerade durch die Hochschule<br />
gute Kontakte zu aller Herren Länder.<br />
Oftmals kommt das durch die<br />
Studenten direkt, aber es ergeben<br />
sich auch aus den internationalen<br />
Verflechtungen der Hochschule Beziehungen<br />
zu beispielsweise Kapverden,<br />
Brasilien, Tunesien, Marokko<br />
und viele mehr. Dadurch ergibt<br />
sich eine gewisse<br />
Internationalität, die man nicht<br />
unterschätzen sollte, denn letztendlich<br />
resultiert auch die Ansiedlung<br />
der Chinesen aus solchen<br />
Kontakten. Im Herbst soll in Verbindung<br />
mit Kaiserslautern ein Projekt<br />
anlaufen, das es chinesischen<br />
jungen Leuten ermöglichen soll,<br />
hier in Deutschland zu studieren.<br />
30 junge Leute machen da den Anfang.<br />
Das ist für eine solch abseits<br />
gelegene Region, wie der Verbandsgemeinde<br />
Birkenfeld, schon<br />
eine tolle Sache, zumal wir als einer<br />
der schwächsten Kreise in<br />
Westdeutschland gelten. Das war<br />
im Übrigen hier im Landkreis gar<br />
<br />
nicht so bewusst. Ich erwarte daher<br />
auch von der Bundesregierung<br />
und vom Land Rheinland-Pfalz,<br />
dass unsere Lebensbedingungen<br />
entsprechend den Bedingungen im<br />
Rest der Republik angepasst werden.<br />
Das ist ja so im Bundesplanungs-<br />
und im Landesplanungsgesetz<br />
vorgesehen und ich als Bürgermeister<br />
und auch der Landrat<br />
sind hier in der Pflicht, dafür Sorge<br />
zu tragen, dass dem auch entsprochen<br />
wird. Dass das keine leichte<br />
Aufgabe ist, das liegt auf der Hand.<br />
Das ist aber unter anderem auf unsere<br />
Grenzlage im Bundesland zurückzuführen.<br />
Das ist überall so in<br />
Deutschland, dass es in den Grenzgebieten<br />
zu den Nachbarländern<br />
strukturschwache Regionen gibt.<br />
Wenn es dann auch noch zwischen<br />
Landkreis und Verbandsgemeinde<br />
etwas holpert und die Zusammenarbeit<br />
nicht ganz optimal läuft,<br />
dann wird es immer schwieriger<br />
Entscheidungen zu treffen und an<br />
der gemeinsamen Entwicklung zu<br />
arbeiten. Gut für die Entwicklung<br />
ist aber auch und ganz besonders<br />
das Gewerbegebiet rund um Birkenfeld<br />
und Hoppstädten, wo ja<br />
namhafte Firmen angesiedelt sind.<br />
Neben Zuliefereren für VW und Audi<br />
nenne ich nur exemplarisch die<br />
Firmen Fissler und Rofu, die hier ihren<br />
Sitz haben. Und das nicht ohne<br />
Grund, denn die Bevölkerung<br />
hier vor Ort ist sehr wohl in der Lage<br />
zu arbeiten. Ein günstiges Lohn-<br />
niveau in Verbindung mit relativ niedrigen<br />
Lebenshaltungskosten<br />
macht es für ein Unternehmen attraktiv,<br />
neben der guten Verkehrsanbindung,<br />
sich hier anzusiedeln.<br />
Wir hätten also nichts dagegen,<br />
wenn sich mehr Firmen hier niederlassen<br />
würden.<br />
St. Wendeler <strong>Journal</strong>: Sie haben<br />
gerade schon die Verkehrsanbindung<br />
angesprochen. Wie stellt sich<br />
das denn für den Bereich der Verbandsgemeinde<br />
Birkenfeld dar?<br />
Dr. Alscher: Die Verkehrssituation<br />
ist sicherlich nicht vollauf optimal,<br />
wird aber jetzt auch wieder verbessert<br />
durch die Elektrifizierung der<br />
Bahnstrecke zwischen Türkismühle<br />
und Hoppstädten. Wir haben hier<br />
eine sehr interessante Entwicklung,<br />
denn auf dem Bahnhof Neubrücke<br />
steigen pro Tag zwischen<br />
700 und 900 Fahrgäste ein und<br />
aus. Das ist eine riesengroße Zahl<br />
für das „bahntechnische“ Eintrittstor<br />
in die Verbandsgemeinde, zum<br />
Umweltcampus und eventuell einmal<br />
zum Nationalpark. Aber gerade<br />
die Bestrebungen in Richtung<br />
Nationalpark sind noch sehr umstritten<br />
und es bedarf noch vieler<br />
Diskussionen, um herauszufinden,<br />
was tragbar und sinnvoll ist. Denn<br />
ein Nationalpark allein macht wenig<br />
Sinn, wenn die Region darum<br />
herum nicht für den Besucher eine<br />
ansprechende Attraktivität bereit<br />
hält, eine Infrastruktur, die dem<br />
Besucher die Region erschließt.<br />
Dazu gehört auch, dass man in den<br />
Köpfen der Menschen verankert,<br />
dass wir hier eine Tourismusregion<br />
sind und dass mit den Gästen aus<br />
Nah und Fern auch ein Umgang gepflegt<br />
wird, der die Menschen dazu<br />
bringt, gern wieder zu kommen.<br />
All diese Rahmenbedingungen<br />
müssen mit gestaltet werden. Bei<br />
30 Millionen Euro Schulden mit<br />
20.000 Einwohnern in der Verbandsgemeinde<br />
ist unser Gestaltungsspielraum<br />
allerdings mehr<br />
als eingeschränkt. Als defizitärer<br />
Haushalt sind uns da die Hände<br />
geradezu gebunden.<br />
St. Wendeler <strong>Journal</strong>: Tourismus<br />
ist auch ein gutes Stichwort. In der<br />
Nachbargemeinde Nohfelden hat<br />
ja gerade der Ferienpark am Bostalsee<br />
seine Tore geöffnet. Gibt<br />
es da auch schon Auswirkungen in<br />
die Verbandsgemeinde Birkenfeld?<br />
Dr. Alscher: Gefühlt ist die Entwikklung<br />
sehr positiv, aber richtig merken<br />
tun wir das hier<br />
noch nicht. Ich kann<br />
aber der Gemeinde Nohfelden<br />
und dem Landkreis<br />
St. Wendel nur dazu<br />
gratulieren, dass sie<br />
20 Jahre durchgehalten<br />
haben und jetzt endlich<br />
das Tourismuskonzept<br />
des Bostalsees mit<br />
dem Ferienpark abgerundet<br />
haben. Auch entgegen<br />
aller Widerstände<br />
und Bedenken. Aber<br />
wir beobachten die Entwicklung<br />
am Ferienpark<br />
mit großem Interesse<br />
und Wohlwollen. Es wird<br />
sich auch ganz sicher<br />
immer mal wieder ein<br />
Gast aus dem Park in<br />
die Verbandsgemeinde<br />
Birkenfeld verirren. Wir<br />
haben ja so einiges zu<br />
bieten hier in der Verbandsgemeinde.<br />
Der<br />
Umweltcampus zählt<br />
ganz sicher zu den sehenswerten<br />
Zielen<br />
ebenso wie unser Museum<br />
oder die Nahelandschaft.<br />
Natürlich<br />
stehen wir den Gästen<br />
des Bostalsees auch<br />
mit unserer attraktiven<br />
Gastronomie gerne zur<br />
Verfügung.<br />
St. Wendeler <strong>Journal</strong>:<br />
Ein wichtiges Thema in<br />
allen Kommunen ist die<br />
Finanzlage. Wie sieht es<br />
denn in der Verbandsgemeinde<br />
Birkenfeld aus?<br />
µDr. Alscher: Die Finanzen<br />
sind bei uns - wie<br />
anderswo auch - ein<br />
ständig wiederkehrendes<br />
Thema. Dabei sind<br />
unsere Spielräume<br />
mehr als gering, bekommen<br />
wir doch die Standards,<br />
die wir erfüllen<br />
müssen durch Gesetze<br />
und Verordnungen vorgeschrieben.<br />
Wir müssen<br />
eine gewisse Anzahl<br />
an Feuerwehren vorhalten,<br />
müssen dafür Sorge tragen, dass<br />
jeder mögliche Brandort innerhalb<br />
von acht Minuten zu erreichen ist.<br />
Gerade jetzt müsste hier ein Feuerwehrhaus<br />
für dreieinhalb Millionen<br />
Euro gebaut werden, wir kriegen<br />
aber nur bis zu 900.000 Euro Zuschuss.<br />
Das heißt es müsste fast<br />
alles fremdfinanziert werden. In<br />
Hoppstädten haben wir einen<br />
Superkindergarten auf dem Umweltcampus,<br />
damit die Studierenden<br />
und die Professoren die Möglichkeit<br />
haben, dort vor Ort eine<br />
funktionierende Kinderbetreuung<br />
vorzufinden. Das alles sind Investitionen,<br />
die fast ohne Zuschüsse finanziert<br />
werden müssen. Dazu<br />
kommen ja auch noch die nicht unerheblichen<br />
Personalkosten. Um<br />
es mal ganz plakativ zu sagen: Die<br />
kleinen Kinder, die dort zurzeit im<br />
Kindergarten sind, die müssen<br />
später einmal die Schulden abarbeiten,<br />
die wir heute hier in der Verbandsgemeinde<br />
aufnehmen!<br />
St. Wendeler <strong>Journal</strong>: Da spielt<br />
ganz gewiss auch der demographische<br />
Wandel eine Rolle. Wie sieht<br />
sich die Verbandsgemeinde Birkenfeld<br />
dieser Herausforderung<br />
gegenüber gewachsen?