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Fanatismus - Psychoanalyse eines unheimlichen Phänomens

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9. Nachwort<br />

Wird die Menschheit ihre Neigung zu <strong>Fanatismus</strong> und Gewalt wenn nicht ausmerzen, so doch<br />

eindämmen können? Diese Frage erscheint heute fast schicksalsschwerer als die Lösung der<br />

großen ökologischen und ökonomischen Herausforderungen. Ein großes globales<br />

Konfliktszenario, ein „Kampf der Kulturen“ ist derzeit noch kaum vorstellbar. Aber schon<br />

kleine und kleinste Gruppen mit perversen pseudoreligiösen Überzeugungen könnten enormes<br />

Unheil anrichten. Kein Denker hat sich so konsequent dem Ethos der Aufklärung verpflichtet<br />

gefühlt und gleichzeitig so illusionslos die Ohnmacht der Vernunft herausgearbeitet wie<br />

Freud. Schon 1930 nahm er geradezu prophetisch die Ängste der Menschheit vor ihrem<br />

Selbstvernichtungspotential vorweg: „Die Menschen haben es jetzt in der Beherrschung der<br />

Naturkräfte so weit gebracht, dass sie es mit deren Hilfe leicht haben, einander bis auf den<br />

letzten Mann auszurotten. Sie wissen das, daher ein gut Stück ihrer gegenwärtigen Unruhe,<br />

ihres Unglücks, ihrer Angststimmung.“ Freilich fährt er fort: „Aber nun ist zu erwarten, dass<br />

die andere der beiden ´himmlischen´ Mächte, der ewige Eros, eine Anstrengung machen wird,<br />

um sich im Kampf mit seinem ebenso unsterblichen Gegner zu behaupten. Aber wer kann den<br />

Erfolg und den Ausgang voraussehen (1930, S. 506)?“ Was will man Freuds Worten auch in<br />

unserer heutigen Situation noch hinzufügen?<br />

Literatur<br />

Auchter, T, Büttner, C, Schultz-Venrath, U, Wirth, HJ (Hrsg) (2003) Der 11. September. Psychoanalytische,<br />

psychosoziale und psychohistorische Analysen von Terror und Trauma. Psychosozial-Verlag, Gießen<br />

Bohleber, W (1992) Nationalismus, Fremdenhaß und Antisemitismus. Psychoanalytische Überlegungen. Psyche<br />

46: 689-709<br />

Bolterauer, L (1989) Die Macht der Begeisterung. <strong>Fanatismus</strong> und Enthusiasmus in tiefenpsychologischer Sicht.<br />

Edition discord, Tübingen<br />

Conzen, P (2005) <strong>Fanatismus</strong>. <strong>Psychoanalyse</strong> <strong>eines</strong> <strong>unheimlichen</strong> Phänomens. Kohlhammer, Stuttgart<br />

Erikson, E H (1981) Jugend und Krise. Die Psychodynamik im sozialen Wandel. Suhrkamp, Frankfurt aM<br />

Erlich, S (2003): Trauma, Terror und Identitätsbildung. In: Auchter et al. 219-230<br />

Fest, JC (1973) Hitler. Propyläen, Berlin<br />

Freud, S (1930) Das Unbehagen in der Kultur, GW 14, 419-506<br />

Hole, G. (1995): <strong>Fanatismus</strong>. Der Drang zum Extrem und seine psychischen Wurzeln. Gießen: Psychosozial-<br />

Verlag<br />

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