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"... die Kunst zu sehn"

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Physiologie 105<br />

HARVEY, hat 1616 den Kreislauf entdeckt, 1628 bekannt gemacht, war Leibarzt<br />

Karl’s des I ten [,] er lebte noch 40 Jahre nach der Entdeckung; verlor durch <strong>die</strong>se<br />

Ruf und Praxis, wurde mit Streit- und Schmäh-Schriften überschüttet, 30 Jahre<br />

lang, als <strong>die</strong> Wahrheit seiner Behauptung erwiesen war, wurde ihm <strong>die</strong> Entdeckung<br />

abgestritten. # [am Rand:] <br />

[Bogensignatur von Schopenhauers Hand:] Physiologie 3<br />

[Foliierung mit Bleistift:] 7<br />

[7r]<br />

Den CIRCULUS SANGUINIS MINOR, d. h. dass das Blut vom Herzen in <strong>die</strong> Lunge und<br />

umgekehrt läuft, hat GALENUS schon gekannt.<br />

HARVEY’S Entdeckung erthielt grosse Bestätigung 1) durch <strong>die</strong> Erfindung der Mikroskope,<br />

mit denen man den Blutumlauf deutlich sah, z. B. in einem ausgespannten<br />

Frosch, Fischschwanz, Eydotter u.s.w. 2) durch Anatomische Injektionen;<br />

wenn man <strong>die</strong>se mit einer sehr feinen Masse vornimmt, dringt sie aus den Arterien<br />

in <strong>die</strong> Venen.<br />

Folgen jener Entdeckung waren 1) CHIRURGIA INFUSORIA d. i. Einspriz<strong>zu</strong>ng der<br />

Arzeneien ins Blut, <strong>die</strong> SIR CHRISTOPH WREN, (der berühmte Baumeister der Paul’s-<br />

Kirche, des Monum MONUMENT, des Oxfordschen Theaters und Bibliothek) <strong>zu</strong>erst<br />

mit gutem Erfolg versuchte, <strong>zu</strong>erst [darüber:] an Thieren, dann an<br />

Menschen.# [am Rand:] 2) TRANSFUSIO SANGUINIS, <strong>die</strong> KING und<br />

LOWER aufbrachten, und [darüber:] darin besteht dass man dem kranken<br />

Geschöpf das Blut auslaufen, lässt und <strong>zu</strong>gleich das eines gesunden einlaufen lässt.<br />

Es wurde bey Thieren mit gutem Erfolg versucht. Darauf wurde dem ARTHUR<br />

COGA 1767 das Blut zweier junger Lämmer eingelassen; er befand sich vortrefflich<br />

danach: da dann ward sie bey Mehreren angewandt. (DE ORTU ET OCCASU TRANSFU-<br />

SIONIS SANGUINIS AUCTORE G. A. MERCKLINO. NORIMBERGÆ 1679. Die Transfusion<br />

des Bluts von P. SCHEEL. COPENHAGEN 1802.)<br />

Man hat sie anwenden wollen um Eintracht zwischen Eheleuten verschiednen<br />

Temperaments her<strong>zu</strong>stellen, indem man ihr Blut vermischte. BURRMANN 25 in<br />

MAGDEBURG hat Aussäzzige geheilt, indem er ihnen das Blut von Thieren einliess.<br />

Bald zeigten sich an Vielen derer <strong>die</strong> <strong>die</strong> Operation überstanden hatten, schreckliche<br />

Zufälle denen der Tod folgte: andre blieben indessen wohl danach. Doch<br />

gerieth <strong>die</strong> Sache durch zwei schreckliche Erei Zufälle in Verfall. Man kann indessen<br />

bey Blutstürzen wo der Mensch sonst durchaus sterben muss Anwendung<br />

25 Matthias Gottfried Purmann.

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