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"... die Kunst zu sehn"

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Marco Segala: Auf den Schultern eines Riesen 31<br />

1780er Jahren verfolgt hatte, dokumentieren <strong>die</strong> Aufsätze Specimen physiologiae comparatae<br />

inter animantia calidi et frigidi sanguinis (1787) – dessen Untertitel ausdrücklich<br />

Be<strong>zu</strong>g auf den Bildungstrieb nimmt – und Specimen physiologiae comparatae inter animantia<br />

calidi sanguinis, vivipara et ovipara (1789). 35 Als 1805 sein Handbuch der vergleichenden<br />

Anatomie erschien, würdigten Wissenschaftler aus Zoologie und Botanik sogleich<br />

Potenzial, Reichweite und Tiefe der neuen Methode für ihre Fachrichtungen. Das<br />

Vergleichen war der Schlüssel, um <strong>zu</strong> Erkenntnis und Zusammenhang jenseits der<br />

Grenzen bloßer Naturbeschreibung <strong>zu</strong> gelangen. Die vergleichende Anatomie lieferte<br />

einen Beitrag sowohl <strong>zu</strong>r Erklärung der Wege von Variationen in der Naturgeschichte<br />

als auch <strong>zu</strong>r Begründung einer natürlichen Klassifikation auf der tragfähigeren<br />

Grundlage von Abweichung und Übereinstimmung zwischen den Merkmalen der<br />

Organismen.<br />

Blumenbachs Vorlesungen: Schopenhauer und der Professor<br />

Wenn auch nicht ins Einzelne gehend, dürfte <strong>die</strong> hier skizzierte Biographie Blumenbachs<br />

verständlich machen, warum er als magister Germaniae bezeichnet wurde.<br />

Göttingen hatte in ihm einen Wissenschaftler auf dem weiten Feld der Naturgeschichte<br />

gefunden, der den großen Haller ersetzen konnte, und <strong>die</strong> noch junge<br />

Universität profitierte beträchtlich von ihrem neuen Star. Angezogen vom wissenschaftlichen<br />

Ruf Blumenbachs entschieden sich nicht nur viele Studenten für Göttingen,<br />

sondern auch bedeutende Gäste und gestandene Wissenschaftler kamen<br />

wegen des Vergnügens, Blumenbach <strong>zu</strong> hören, nach Göttingen. Zudem sind sich<br />

alle Quellen in der außerordentlich positiven Bewertung seiner didaktischen Fähigkeiten<br />

einig: Mit einer Mischung aus profunder Gelehrsamkeit und geistvollem<br />

Humor vermochte er seine Hörerschaft <strong>zu</strong> fesseln und <strong>zu</strong> faszinieren. 36 Gerne<br />

bezog er sich auf Objekte aus den reichen Sammlungen des von ihm geleiteten,<br />

öffentlich <strong>zu</strong>gänglichen Academischen Museums, <strong>die</strong> er <strong>zu</strong>r Veranschaulichung<br />

oft auch in den Unterricht mitbrachte. 37 Schopenhauers Mitschriften sind hierfür<br />

te Blumenbach Goethes Auffassung in <strong>die</strong>ser Frage nie, vgl. Wells, George A.: „Goethe and the<br />

Intermaxillary Bone“, in: The British Journal for the History of Science 3 (1967), S. 348–361.<br />

35 Specimen physiologiae comparatae inter animantia calidi et frigidi sanguinis; praemissae sunt de nisu formativo et<br />

generationis negotio observationes nuperae, Göttingen: Dieterich 1787; Specimen physiologiae comparatae inter<br />

animantia calidi sanguinis, vivipara et ovipara, Göttingen: Dieterich 1789.<br />

36 Marx, Zum Andenken an Johann Friedrich Blumenbach (wie Anm. 19), S. 28–37, über Blumenbach als<br />

Göttinger Professor, „<strong>zu</strong> dessen Hörsälen <strong>die</strong> Jugend wie das Alter strömte, um aus seinem von<br />

Witz und Humor übersprudelnden Munde Worte bleibender Belehrung <strong>zu</strong> vernehmen“ (S. 28).<br />

Vgl. den Aus<strong>zu</strong>g im Anhang, S. 145–147.<br />

37 Vgl. etwa in der Vorlesung <strong>zu</strong>r Naturgeschichte (siehe unten, S. 59): „Unter 100 Kröten Pipa <strong>die</strong><br />

nach Europa kommen ist kaum Eine deren Junge auf dem Rücken geschwänzt sind; weswegen<br />

gestritten ist, ob überhaupt ihre Jungen nicht vollendet gleich aus dem Ey kämen: doch ist im<br />

Gött[inger] Museum eine mit geschwänzten Jungen: B. vermuthet dass der geschwänzte Zustand<br />

bey ihnen sehr kurz ist.“ und Schopenhauers häufige Anmerkung „B. produzirt …“.

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