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"... die Kunst zu sehn"

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150<br />

Anhang<br />

In der jetzigen wunderlichen Zeitperiode möchte es wohl nicht überflüssig<br />

seyn <strong>zu</strong> versichern, daß ich von nichts weiter entfernt bin, als jemals irgendwie<br />

einen Einfluß auf <strong>die</strong> politischen Meinungen der Zeit <strong>zu</strong> gewinnen: meine Schrift<br />

zeugt hievon hinlänglich. Zudem versichere ich Sie, von dem Gefühl durchdrungen<br />

<strong>zu</strong> seyn, daß das Streben und Denken des eigentlichen Gelehrten auf <strong>die</strong><br />

Menschheit im Ganzen, <strong>zu</strong> allen Zeiten und in allen Ländern gerichtet seyn müsse,<br />

wenigstens würde ich es für eine Herabwürdigung meiner selbst halten, eine so<br />

enge und kleinliche Sphäre als <strong>die</strong> gerade gegenwärtige Zeit und ihre Umstände<br />

<strong>zu</strong>m Wirkungskreise meines Geistes <strong>zu</strong> nehmen. Ich denke außerordentlich gering<br />

von jenen soit-disant Philosophen, <strong>die</strong> <strong>zu</strong> Publicisten geworden sind, und <strong>die</strong> eben<br />

dadurch, daß sie auf <strong>die</strong> Zeitgenossen als solche unmittelbar wirken wollen, das<br />

Bekenntniß ablegen, daß sie keine Zeile schreiben können, <strong>die</strong> einst ein Nachkomme<br />

<strong>zu</strong> lesen würdigt.<br />

Sie haben, verehrter Herr Obermedicinalrath, mein Anliegen. Von Ihrer Güte<br />

<strong>die</strong> Erfüllung desselben hoffend verharre ich mit der innigsten Hochachtung …<br />

Arthur Schopenhauer<br />

<br />

149. Blumenbach an Schopenhauer<br />

Göttingen den 15. December<br />

Herzlichen Dank, mein theurer Freund, für Ihren lieben Brief und besonders für<br />

<strong>die</strong> Freude, <strong>die</strong> mir Ihr Vorsatz macht Sich dem academischen Leben <strong>zu</strong> widmen.<br />

Die Fragen, <strong>die</strong> Sie mir deshalb in Rücksicht auf Göttingen vorlegen, sind meist<br />

leicht <strong>zu</strong> beantworten. Ob ich meyne daß man im Ganzen Ihnen hier nicht abgeneigt<br />

seyn werde? Zuverlässig nicht. Dafür bürgt schon der vortreffliche Charakter<br />

unserer beiden mit so allgemeinem Beyfall lesenden Philosophen, Bouterweck und<br />

Schulze, welcher letztere jetzt Decanus seiner Facultät ist. Die <strong>zu</strong> prästirenden<br />

Prästanda reduciren sich bloß auf eine öffentliche Disputation pro facultate legendi<br />

und circa 30 Thaler für <strong>die</strong> Nostrification. Diese Fragen sind also gar bald abgethan.<br />

Nicht aber so <strong>die</strong> über <strong>die</strong> <strong>zu</strong> vermuthenden Zuhörer, als worüber ich mir<br />

durchaus nie etwas voraus<strong>zu</strong>sagen getraue, selbst nicht im Falle einer Lücke in<br />

einem Fache. Nur so viel recht aufrichtig (wie Sie es ausdrücklich von mir vorlangen),<br />

daß ich hier nicht höre, daß man etwa einen andern Vortrag der Philosophie<br />

vermisse (was mir hingegen neuerlich von Heidelberg gesagt worden) und daß es<br />

dem letzten jungen Philosophen, der es mehrere Jahre bey uns versuchte, Dr.<br />

Stiedenroth, nicht gelingen wollte. So viel über <strong>die</strong>sen Punkt nach meiner – vielleicht<br />

irrigen – Ansicht, aber so aufrichtig als ich mit Herz und Mund beharre Ihr<br />

ganz ergebenster<br />

Blumenbach

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